der atmende gott - MFA Film
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DER ATMENDE GOTT -<br />
Reise zum Ursprung des mo<strong>der</strong>nen Yoga<br />
Kinostart: 5.1.2012<br />
Im Verleih von: Pressebetreuung:<br />
<strong>MFA</strong>+ <strong>Film</strong>Distribution e.K. arne höhne. presse + öffentlichkeit<br />
Bismarckplatz 9 boxhagener strasse 18<br />
93047 Regensburg 10245 Berlin<br />
Tel. 0941-5862462 Tel. 030-29361616<br />
Mail to: info@mfa-film.de Mail to: info@hoehnepresse.de<br />
Pressematerial unter: http://www.mfa-film.de/pressebereich/
Inhalt<br />
Technische Daten 3<br />
Credits 3<br />
Das Projekt 4<br />
Leben und Werk Krishnamacharyas 5<br />
Der Erfin<strong>der</strong> des mo<strong>der</strong>nen Yoga: Krishnamacharya (1888-1989) 5<br />
Wie<strong>der</strong>entdeckung des Yoga 5<br />
Der Guru des Guru: Sri Ramamohan Brahmachari 6<br />
Entwicklung des Ashtanga Yoga 7<br />
Von Mysore nach Chennai (Madras) 8<br />
Die Protagonisten 10<br />
Krishnamacharyas erster Schüler: K. Pattabhi Jois (1915-2009) 10<br />
Die First Lady des Yoga: Indra Devi (1900-2002) 10<br />
Der Meisterschüler: B.K.S. Iyengar (*1918) 11<br />
Der mittlere Sohn – T.K.V. Desikachar (*1938) 13<br />
Der jüngste Sohn: T.K. Sribhashyam (*1940) 14<br />
Umsetzung 15<br />
Dokumente … 15<br />
… und Artefakte 15<br />
Unterricht bei den Gurus 15<br />
Yoga ohne Wellness 15<br />
Klassische Fotografie 16<br />
Authentisches und rekonstruiertes Archivmaterial 17<br />
Drehen im Orient - Brief des Regisseurs 19<br />
Team 20<br />
Jan Schmidt-Garre, Regie 20<br />
Marieke Schroe<strong>der</strong>, Produzentin 20<br />
Diethard Prengel, Kamera 20<br />
Irina Kromayer, Szenenbild 21<br />
Gaby Kull-Neujahr, Schnitt 21<br />
Claudia Alvarez-Kutzeer, Co-Produzentin 21<br />
PARS MEDIA: <strong>Film</strong>e über Kunst / <strong>Film</strong> als Kunst 22<br />
2
Technische Daten<br />
Mit T. Krishnamacharya, K. Pattabhi Jois, B.K.S. Iyengar, T.K. Sribhashyam und<br />
Alexan<strong>der</strong> Medin<br />
• Dokumentarfilm – 16mm/35mm Blow up – 100 Minuten<br />
• Regie: Jan Schmidt-Garre<br />
• Kamera: Diethard Prengel<br />
• Fertigstellung: November 2011<br />
Credits<br />
Produktion: PARS MEDIA<br />
Regie: Jan Schmidt-Garre<br />
Mit: B. K. S. Iyengar<br />
Pattabhi Jois<br />
T.K. Sribhashyam<br />
T. Krishnamacharya<br />
Kamera: Diethard Prengel<br />
Schnitt: Gaby Kull-Neujahr BFS<br />
Produktionsleitung: Surya<br />
Projektberatung: R. Alexan<strong>der</strong> Medin<br />
Choreographie: R. Alexan<strong>der</strong> Medin<br />
Szenenbild: Irina Kromayer<br />
Kostüm: B. M. Ramachandra<br />
Maske: Annette Kopp<br />
Hemavathy<br />
Raghu<br />
Licht: Arun Cine Service, Bangluru<br />
Ravi Prasad Unit, Chennai<br />
Jenni Cine Equipment, Mumbai<br />
Ton: Martin Müller<br />
Rohan<br />
Patrick Veigel<br />
Mischung: Eberhard Weckerle<br />
Produzenten: Jan Schmidt-Garre<br />
Marieke Schroe<strong>der</strong><br />
Geför<strong>der</strong>t von FFF Bayern, DFFF und MEDIA.<br />
3
Das Projekt<br />
Die Erfin<strong>der</strong> des mo<strong>der</strong>nen Yoga versammelt in einem <strong>Film</strong> - unbekanntes<br />
Archivmaterial neben authentischen Reenactments<br />
Der mo<strong>der</strong>ne Yoga, täglich praktiziert von Millionen Anhängern in aller Welt, geht<br />
unmittelbar auf Gott Shiva zurück, <strong>der</strong> 84 Millionen Haltungen beherrschte, die Asanas,<br />
so die weitverbreitete indische Überlieferung. Zugleich ist <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne Yoga aber eine<br />
Erfindung des frühen 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts, eine Erfindung des indischen Gelehrten Tirumalai<br />
Krishnamacharya (1888-1989). Diese Geschichte ist weit weniger bekannt. Sie erzählt<br />
dieser <strong>Film</strong>.<br />
Der <strong>Film</strong> zeigt mithilfe von historischem <strong>Film</strong>material, Reenactments, Gesprächen und<br />
Beobachtungen <strong>der</strong> großen Yogalehrer Indiens, wie Krishnamacharya aus so heterogenen<br />
Quellen wie den alten yogischen Texten, <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen britischen Gymnastik und <strong>der</strong><br />
indischen Kampfkunst eine höchst individuelle Synthese entwickelte, die zu einem<br />
weltweit erfolgreichen System körperlicher und geistiger Ertüchtigung wurde.<br />
Verbreitet wurde die Lehre Krishnamacharyas, <strong>der</strong> sich zeitlebens wie ein indischer<br />
Mönch kleidete und erst in seinen letzten Jahren etwas Englisch lernte, von seinen<br />
Schülern K. Pattabhi Jois, B.K.S. Iyengar, Indra Devi und zuletzt schließlich von seinen<br />
Söhnen T.K.V. Desikachar und T.K. Sribhashyam. Mit Ausnahme von Indra Devi und K.<br />
Pattabhi Jois leben und praktizieren diese Schüler Krishnamacharyas noch heute in<br />
hohem Alter in den südindischen Städten Chennai, dem früheren Madras, Mysore und<br />
Puna. K. Pattabhi Jois starb im Mai 2009. Vor seinem Tod konnten noch mehrere lange<br />
Interviews, Yogastunden und dokumentarische Szenen mit ihm gedreht werden.<br />
Die Geschichte und Wirkung Krishnamacharyas wird in diesem <strong>Film</strong> durch die Augen des<br />
Regisseurs erzählt, <strong>der</strong> zusammen mit dem jungen, charismatischen Yogi Alexan<strong>der</strong><br />
Medin nach <strong>der</strong> authentischen Yoga-Praxis sucht. Ihre Reise führt sie über die Schüler<br />
und Familie Krishnamacharyas zu den Ursprüngen des Yoga am Palast des Maharajas von<br />
Mysore.<br />
4
Leben und Werk Krishnamacharyas<br />
Der Erfin<strong>der</strong> des mo<strong>der</strong>nen Yoga: Krishnamacharya (1888-1989)<br />
Wer auch immer heute Yoga praktiziert – ob die dynamische Serie von Pattabhi Jois, die<br />
ausgefeilten Haltungen von B.K.S. Iyengar, die klassischen Positionen von Indra Devi<br />
o<strong>der</strong> die sanfte Therapie des Viniyoga -, seine Praktik entstammt ein und <strong>der</strong>selben<br />
Quelle: Einem 1,57m großen Brahmanen, <strong>der</strong> vor mehr als hun<strong>der</strong>t Jahren in einem<br />
kleinen südindischen Dorf geboren wurde. Nie hat er einen Ozean überquert, und<br />
dennoch hat sich Krishnamacharyas Yoga in ganz Europa, Asien und Amerika<br />
ausgebreitet. Heute ist es schwer, eine Yogatradition zu finden, die er nicht beeinflusst<br />
hat. Viele seiner Beiträge wurden so vollständig in die Struktur des Yogas integriert, dass<br />
ihr Ursprung in Vergessenheit geraten ist. Er ist für die Betonung von Sirsasana<br />
(Kopfstand) und Sarvangasana (Schulterstand) verantwortlich. Er war ein Pionier <strong>der</strong><br />
Weiterentwicklung <strong>der</strong> Haltungen und ihrer optimalen Abfolge sowie <strong>der</strong> Ergündung des<br />
therapeutischen Wertes bestimmter Asanas. Indem er Pranayama (Atemübungen) und<br />
Asana (Haltungen) kombinierte, machte er die Haltungen zu einem integralen Teil <strong>der</strong><br />
Meditation anstelle einer Zwischenstufe auf dem Weg zu ihr.<br />
Am deutlichsten ist Krishnamacharyas Einfluss bei <strong>der</strong> Verschiebung des Gewichts auf die<br />
Asana-Praxis zu bemerken, die zum Hauptmerkmal des zeitgenössischen Yoga geworden<br />
ist. Wohl kein Yogi vor ihm hat die physischen Übungen so bewusst entwickelt. Dadurch<br />
hat er Hatha –zuvor eine Ran<strong>der</strong>scheinung im Yoga – zu dessen Zentralfigur gemacht.<br />
Indien verdankt die Auferstehung des Yoga hauptsächlich seinen zahllosen<br />
Vorlesungsreisen und Demonstrationen während <strong>der</strong> 30er Jahre, und fünf seiner<br />
berühmtesten Schüler – Pattabhi Jois, Iyengar, Indra Devi und Krishnamacharyas Söhne<br />
Desikachar und Sribhashyam – haben für die Popularisierung des Yoga im Westen eine<br />
bedeutende Rolle gespielt.<br />
Wie<strong>der</strong>entdeckung des Yoga<br />
Die Yogawelt, die Krishnamacharya bei seiner Geburt vorfand, sah wesentlich an<strong>der</strong>s aus<br />
als die heutige. Unter dem Druck <strong>der</strong> britischen Kolonialherrschaft war Hatha Yoga in<br />
Vergessenheit geraten. Es gab nur noch einen kleinen elitären Kreis praktizieren<strong>der</strong><br />
In<strong>der</strong>. Doch in <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts und im frühen 20. Jahrhun<strong>der</strong>t erweckte<br />
eine hinduistische Bewegung Indiens Erbe zu neuem Leben. Als junger Mann verschrieb<br />
sich Krishnamacharya diesem Ziel, indem er verschiedene klassisch indische Disziplinen<br />
studierte: Sanskrit, Logik, die Lehre <strong>der</strong> Rituale, Recht und die Grundlagen <strong>der</strong> indischen<br />
Medizin. Bald kanalisierte er diesen breiten Hintergrund in das Studium des Yoga, wo er<br />
das Wissen dieser Traditionen vereinte.<br />
Laut biographischer Aufzeichnungen, die Krishnamacharya nicht lange vor seinem<br />
Lebensende machte, hat ihn sein Vater im Alter von fünf Jahren ans Yoga herangeführt,<br />
indem er begann, ihn Patanjalis Yoga-Sutren zu lehren – den wichtigsten Text zum Yoga<br />
aus dem 5. Jahrhun<strong>der</strong>t vor Christus - und ihm erzählte, dass ihre Familie von einem<br />
verehrten Yogi des 9. Jahrhun<strong>der</strong>ts, Nathamuni, abstamme. Obwohl sein Vater starb,<br />
5
evor Krishnamacharya die Pubertät erreichte, hatte er in seinem Sohn doch einen<br />
großen Wissensdurst geweckt und den beson<strong>der</strong>en Wunsch, Yoga zu studieren. In einem<br />
an<strong>der</strong>en Manuskript schrieb Krishnamacharya, dass er „noch als Bengel“ 24 Asanas von<br />
einem Swami von Sringeri Math lernte, demselben Tempel, in dem auch Sivanada<br />
Yogandas Lehre entstanden war. Dann, im Alter von zehn Jahren, pilgerte er zum Schrein<br />
von Nathamuni in Alvar Tirunagari, wo ihm sein legendärer Vorfahre in einer<br />
außergewöhnlichen Vision erschien.<br />
Krishnamacharya erzählte die Geschichte immer so: Er habe einen alten Mann am Tor<br />
des Tempel vorgefunden, <strong>der</strong> ihn in die Richtung eines nahegelegenen Mangohains wies.<br />
Krishnamacharya ging zum Hain, wo er erschöpft zusammenbrach. Als er erwachte,<br />
hatten sich drei Yogis um ihn versammelt. Sein Vorfahre Nathamuni saß in <strong>der</strong> Mitte.<br />
Krishnamacharya wandte sich ihnen zu und bat um Anweisungen. Während Stunden sang<br />
ihm Nathamuni Verse aus <strong>der</strong> Yogarahasya vor (Das Geheimnis des Yoga), ein Text, <strong>der</strong><br />
seit mehr als tausend Jahren verloren war. Krishnamacharya hat die Verse memoriert<br />
und später nie<strong>der</strong>geschrieben. Der Ursprung vieler Elemente <strong>der</strong> innovativen Lehre<br />
Krishnamacharyas können in diesem Text wie<strong>der</strong>gefunden werden. Wenn auch die<br />
Geschichte dieser Wie<strong>der</strong>entdeckung phantastisch erscheint und nur im indischen<br />
Kontext richtig verstanden werden kann, so weist sie doch einen wichtigen Zug<br />
Krishnamacharyas Persönlichkeit auf: Er hat niemals Anspruch auf Originalität erhoben.<br />
Aus seiner Sicht gehört Yoga Gott. Alle seine Ideen, authentisch o<strong>der</strong> nicht, schrieb er<br />
entwe<strong>der</strong> antiken Texten o<strong>der</strong> seinem Guru zu.<br />
Der Guru des Guru: Sri Ramamohan Brahmachari<br />
Nach seiner Erfahrung am Schrein Nathamunis fuhr Krishnamacharya fort mit seiner<br />
Erkundung einer Pallette klassischer indischer Disziplinen. Er erhielt Auszeichnungen in<br />
Philologie, Logik, Theologie und Musik. Er übte Yoga nur rudimentär aus, anhand von<br />
Texten sowie gelegentlichen Gesprächen mit Yogis, doch er wünschte sich, Yoga<br />
vertiefter zu studieren, so wie es ihm sein Vater nahegelegt hatte. Ein Universitätslehrer<br />
sah einmal, wie Krishnamacharya seine Asanas übte und empfahl ihm, einen Meister des<br />
Namens Sri Ramamohan Brahmachari aufzusuchen, einen <strong>der</strong> wenigen übriggebliebenen<br />
Hatha Yoga-Meister.<br />
Über Brahmachari wissen wir wenig, außer, dass er mit seiner Frau und drei Kin<strong>der</strong>n in<br />
einer abgelegenen Höhle im Himalaya lebte. Laut Krishnamacharyas Erzählung hat er<br />
sieben Jahre bei seinem Lehrer gelebt, wo er die Yoga Sutren von Patanjali memorisierte,<br />
Asanas und Pranayama lernte und die therapeutischen Aspekte des Yoga studierte.<br />
Während seiner Lehrjahre behauptet Krishnamacharya, 3000 Asanas gemeistert zu<br />
haben und mitunter die bemerkenswertesten Fähigkeiten entwickelt zu haben, wie<br />
beispielsweise seinen Puls zu stoppen. Als Gegenleistung für seinen Unterricht verlangte<br />
Brahmachari von seinem treuen Schüler, dass er in sein Heimatland zurückkehre, Yoga<br />
unterrichte und einen Haushalt gründe. Krishnamacharyas Ausbildung hatte ihn für eine<br />
Position an sämtlichen prestigeträchtigen Institutionen vorbereitet, doch er verzichtete<br />
auf diese Möglichkeit und erfüllte den Abschiedswunsch seines Gurus. Trotz all seiner<br />
6
Studien kehrte Krishnamacharya nach Hause zurück in die Armut. In den 20er Jahren<br />
war es nicht sehr lukrativ, Yoga zu unterrichten. Es gab nur wenig Schüler, und<br />
Krishnamacharya war gezwungen, eine Arbeit auf einer Kaffeeplantage anzunehmen. An<br />
freien Tagen reiste er durch die Provinz und gab Vorlesungen sowie Yoga-<br />
Demonstrationen. Krishnamacharya versuchte Yoga zu popularisieren durch das<br />
Demonstrieren von Siddhis, den übernatürlichen Fähigkeiten des yogischen Körpers.<br />
Diese Demonstrationen, wie das Stoppen des Pulses o<strong>der</strong> das Anhalten von Autos mit<br />
bloßer Hand, das Vorführen schwieriger Asanas sowie das Heben schwerer Gegenstände<br />
mit den Zähnen, sollten Interesse an einer vom Aussterben bedrohten Tradition wecken.<br />
Um den Leuten etwas über Yoga beizubringen, meinte Krishnamacharya, zuerst ihre<br />
Aufmerksamkeit gewinnen zu müssen.<br />
Entwicklung des Ashtanga Yoga<br />
Als Krishnamacharya im Jahre 1931 eingeladen wurde, am Sanskrit College in Mysore zu<br />
unterrichten, verbesserten sich seine Lebensumstände. Er verdiente dort ein hohes<br />
Gehalt und hatte die Möglichkeit, sich ganzzeitlich dem Unterricht von Yoga zu widmen.<br />
Die regierende Familie von Mysore hatte seit langem sämtliche Formen einheimischer<br />
Kunst geför<strong>der</strong>t, indem sie die Wie<strong>der</strong>belebung indischer Kultur unterstützte. Hatha Yoga<br />
stand bereits seit einem Jahrhun<strong>der</strong>t unter dem Mäzenat <strong>der</strong> Familie, und ihre Bibliothek<br />
war unter an<strong>der</strong>em bestückt mit einer <strong>der</strong> ältesten uns bekannten illustrierten Asana-<br />
Sammlung, <strong>der</strong> Sritattvanidhi.<br />
Während <strong>der</strong> folgenden zwei Jahrzehnte half <strong>der</strong> Maharaja von Mysore Krishnamacharya,<br />
Yoga in ganz Indien zu för<strong>der</strong>n, indem er Yoga-Demonstrationen und -Publikationen<br />
finanzierte. Da <strong>der</strong> Maharaja Diabetiker war, empfand er eine beson<strong>der</strong>e Affinität für den<br />
Zusmmenhang zwischen Yoga und Heilung, so dass Krishnamacharya diesem Thema viel<br />
Zeit widmete. Doch Krishnamacharyas Posten am Sanskrit College war nicht von langer<br />
Dauer. Seine Studenten beklagten sich über seine disziplinäre Strenge. Da <strong>der</strong> Maharaja<br />
Krishnamacharya mochte und seine Freundschaft und seinen Rat nicht missen wollte,<br />
schlug er eine Lösung vor; er bot Krishnamacharya die Gymnastikhalle seines Palastes an<br />
als seine eigene Yogashala, o<strong>der</strong> Yogaschule. So begann einer von Krishnamacharyas<br />
produktivsten Lebensabschnitten, während dem er das heute als Ashtanga bekannte<br />
Vinyasa Yoga entwickelte. Da Krishnamacharyas Schüler meist aktive Knaben waren,<br />
vereinte er mehrere Disziplinen, darunter Yoga, britische Gymnastik und indisches<br />
Ringen, um dynamisch ausgeführte Asana-Sequenzen zu entwickeln, mit dem Ziel,<br />
körperliche Fitness aufzubauen. Dieser Vinyasa-Stil bedient sich <strong>der</strong> Bewegungen des<br />
Surya Namaskar (Sonnengruß), <strong>der</strong> in jedes Asana hinein- und wie<strong>der</strong> hinausführt. Jede<br />
Bewegung wird mit vorgeschriebener Atmung koordiniert sowie mit drishti,<br />
„Konzentrationspunkten“, die das Auge fokussieren muss. Schließlich hat<br />
Krishnamacharya die Sequenzen von Yogahaltungen zu drei Serien standardisiert:<br />
grundlegende, mittlere und fortgeschrittene Asanas. Die Studenten wurden entsprechend<br />
ihrer Erfahrung und Fähigkeit gruppiert. Jede Sequenz musste zuerst memorisiert und<br />
gemeistert werden, bevor <strong>der</strong> Student zur nächsten fortfahren durfte.<br />
7
Von Mysore nach Chennai (Madras)<br />
In den vierziger Jahren sah Krishnamacharya wie<strong>der</strong> harten Zeiten entgegen. Der Zulauf<br />
zur Yogashala hatte sich bis 1947 stark dezimiert. Laut seinem Schüler Pattabhi Jois<br />
waren nur drei Studenten übriggeblieben. Die staatliche Unterstützung endete; Indien<br />
erlangte Unabhängigkeit, und die Politiker, die die königliche Familie von Mysore<br />
ablösten, hatten kein Interesse an Yoga. Krishnamacharya kämpfte um die Erhaltung <strong>der</strong><br />
Schule, doch im Jahre 1950 wurde sie geschlossen. Der sechzigjährige Yoga-Lehrer<br />
Krishnamacharya musste noch einmal von vorne beginnen.<br />
An<strong>der</strong>s als viele seiner Schützlinge konnte Krishnamacharya von <strong>der</strong> wachsenden<br />
Popularität des Yoga nicht profitieren. In <strong>der</strong> Zurückgezogenheit fuhr er fort, seinen Yoga<br />
zu studieren, zu unterrichten und weiterzuentwickeln. Iyengar mutmaßt, dass dieser<br />
Abschnitt <strong>der</strong> Einsamkeit Krishnamacharyas Einstellung verän<strong>der</strong>t hat. Unter dem<br />
Schutze des Maharaja war es ihm vergönnt, eine abgehobene Existenz zu führen.<br />
Angesichts <strong>der</strong> Notwendigkeit allerdings, selber um Studenten zu werben, wuchs<br />
Krishnamacharyas Motivation, sich <strong>der</strong> Gesellschaft anzugleichen und mehr Mitgefühl zu<br />
entwickeln. Wie in den 20er Jahren hatte Krishnamacharya Schwierigkeiten, Arbeit zu<br />
finden, so dass er schließlich Mysore verließ und eine Lehrerstelle am Vivekananda<br />
College in Chennai annahm. Langsam tauchten neue Studenten verschiedenster Herkunft<br />
in verschiedensten Gesundheitszuständen auf, und Krishnamacharya fand neue Wege,<br />
sie zu unterrichten. Bei Schülern mit wenig körperlicher Eignung, einschließlich körperlich<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen, konzentrierte sich Krishnamacharya darauf, die Haltungen den<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> Schüler anzupassen. Er gab beispielsweise einem Studenten die<br />
Anweisung, Paschimottanasana (Sitzende Vorwärtsbeugung) mit gestreckten Knien<br />
auszuführen, um dadurch die Oberschenkelsehnen zu dehnen, während er einem<br />
steiferen Schüler riet, dieselbe Haltung mit angewinkelten Knien auszuführen. Auf<br />
dieselbe Weise verän<strong>der</strong>te er die Atemtechnik nach dem Bedarf des Schülers, manchmal<br />
durch betontes Ausatmen, um die Bauchmuskulatur zu stärken, ein an<strong>der</strong>es Mal durch<br />
betontes Einatmen zur Kräftigung <strong>der</strong> Rückenmuskulatur. Krischnamacharya modifizierte<br />
die Dauer, Häufigkeit und Abfolge <strong>der</strong> Asanas, um seinen Studenten beim Erreichen von<br />
Zwischenzielen zu helfen, wie beispielsweise <strong>der</strong> Genesung von einer Krankheit. Wenn<br />
ein Student weiter fortgeschritten war, so half er ihm, die Asanas zu verbessern und sie<br />
<strong>der</strong> Idealform näherzubringen. Auf seine eigene Art gelang es Krishnamacharya, seine<br />
Studenten von einem Yoga, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten war, an ein Yoga<br />
heranzuführen, das über ihre Grenzen hinausging und ihre Fähigkeiten erweiterte. Im<br />
letzten Jahrzehnt seines Lebens wurde diese Herangehensweise, die meist als Viniyoga<br />
bezeichnet wird, zum Markenzeichen seines Unterrichts.<br />
Krishnamacharya war bereit, diese Methode auf fast alle Gebrechen anzuwenden. Ein<br />
Arzt bat ihn einmal, einem Schlaganfallpatienten zu helfen. Krishnamacharya<br />
manipulierte seine leblosen Körperteile in verschiedene Haltungen in einer Art yogischer<br />
Physiotherapie. Die Gesundheit des Mannes, wie die vieler an<strong>der</strong>er Schüler<br />
Krishnamacharyas, verbesserte sich – und so auch Krishnamacharyas Ruf als Heiler. Und<br />
8
genau dieser Ruf als Heiler war es, <strong>der</strong> Krishnamacharyas letzte große Schüler zu ihm<br />
führte. Zu <strong>der</strong> Zeit jedoch hätte keiner geglaubt – und zuletzt Krishnamacharya selbst –<br />
dass ausgerechnet seine Söhne, Desikachar und Sribhashyam, berühmte Yogis werden<br />
würden, die das gesamte Ausmaß von Krishnamacharyas Lebenswerk, insbeson<strong>der</strong>e<br />
seine spätere Lehre, an die westliche Yogawelt weitergeben würden.<br />
9
Die Protagonisten<br />
Krishnamacharyas erster Schüler: K. Pattabhi Jois (1915-2009)<br />
Obschon Krishnamacharya diese Art von Yogapraktik schon während <strong>der</strong> 30er Jahre<br />
entwickelte, blieb sie dem Westen für beinahe 40 Jahre praktisch unbekannt. In jüngster<br />
Vergangenheit ist er einer <strong>der</strong> am weitesten verbreiteten Yoga-Stile geworden, vor allem<br />
dank <strong>der</strong> Arbeit eines <strong>der</strong> treuesten und berühmtesten Schülers Krishnamacharyas, K.<br />
Pattabhi Jois. Pattabhi Jois begegnete Krishnamacharya in <strong>der</strong> harten Zeit vor den<br />
Mysore-Jahren. Als robuster Zwölfjähriger besuchte er eine von Krishnamacharyas<br />
Vorlesungen. Fasziniert von <strong>der</strong> Asana-Demonstration bat Jois Krishnamacharya, ihn<br />
Yoga zu lehren. Der Unterricht begann am nächsten Tag, Stunden vor dem Erklingen <strong>der</strong><br />
Schulglocke, und ging weiter jeden Morgen während drei Jahren, bis Jois seine<br />
Heimatstadt verließ, um das Sanskrit College zu besuchen. Als zwei Jahre später<br />
Krishnamacharya seinen Lehrauftrag am College antrat, fuhr <strong>der</strong> überglückliche Pattabhi<br />
Jois mit seinen Yogastunden fort. Jois hat einen Reichtum an Einzelheiten während seiner<br />
Studienzeit bei Krishnamacharya in Erinnerung behalten. Jahrzehntelang hat er<br />
Krishnamacharyas Werk mit großer Hingabe gepflegt und die Asana-Sequenzen ohne<br />
bedeutende Än<strong>der</strong>ungen ausgefeilt und verfeinert, so wie ein klassischer Geiger eine<br />
Phrase eines Mozart-Konzertes nuancieren würde, ohne je eine Note zu verän<strong>der</strong>n.<br />
Heute zeigt sich, dass Ashtanga Vinyasa eine <strong>der</strong> wirkmächtigsten Entdeckungen<br />
Krishnamacharyas ist. Vielleicht öffnet diese ursprünglich für junge Männer entwickelte<br />
dynamische und schweißtreibende Methode unserer energetischen Kultur ein Tor zu den<br />
tieferen Dimensionen des Yoga. In den letzten drei Jahrzehnten hat die Präzision und<br />
Intensität dieser Methode eine immer größere Zahl von Yogis angezogen. Viele von ihnen<br />
sind nach Mysore gepilgert, wo Jois bis zu seinem Tod im Jahr 2009 unterrichtete.<br />
Die First Lady des Yoga: Indra Devi (1900-2002)<br />
Selbst als Krishnamacharya am Mysore Palast junge Männer und Knaben unterrichtete,<br />
haben seine öffentlichen Vorführungen ein breiteres Publikum angezogen. Die<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung, Leuten verschiedenen Hintergrunds Yoga nahezubringen, hat ihm stets<br />
gefallen. Auf seinen häufigen Reisen, die er „Propagandareisen“ nannte, führte er<br />
britische Soldaten ins Yoga ein, muslimische Maharajas, sowie In<strong>der</strong> je<strong>der</strong><br />
Glaubensrichtung. Krishnamacharya betonte immer, dass Yoga für Menschen jeden<br />
Glaubens geeignet sei und passte seine Herangehensweise an, um den Glauben eines<br />
jeden Studenten zu respektieren. Doch während er kulturelle, religiöse und<br />
Klassenunterschiede zu überbrücken verstand, so blieb seine Haltung zu Frauen stets<br />
patriarchalisch. Ironischer Weise bewarb die erste Person, die seinen Yoga auf die<br />
Weltbühne bringen sollte, sich bei ihm in einem Sari. Und sie war obendrein eine<br />
Westlerin. Die Frau – Zhenia Labunskaia, geboren im prä-sowjetischen Lettland -, die als<br />
Indra Devi bekannt wurde, war eine Freundin <strong>der</strong> königlichen Familie von Mysore.<br />
Nachdem sie eine von Krishnamacharyas Demonstrationen gesehen hatte, bat sie ihn um<br />
10
Unterricht. Zunächst weigerte er sich. Seine Schule nehme keine Auslän<strong>der</strong> auf und auch<br />
keine Frauen. Aber Devi blieb hartnäckig und überredete den Maharaja dazu, seinen<br />
Brahmanen zu überstimmen. Ungern begann Krishnamacharya sie zu unterrichten und<br />
unterwarf sie einer strikten Diät und einem heftigen Stundenplan mit <strong>der</strong> Absicht, ihren<br />
Willen zu brechen. Sie leistete allen seinen Anfor<strong>der</strong>ungen Folge und wurde schließlich<br />
zur Musterschülerin und guten Freundin. Nach einer einjährigen Lehre bildete<br />
Krishnamacharya Indra Devi zur Yogalehrerin aus. Er bat sie, ein Notitzbuch<br />
mitzubringen und verbrachte die nächsten Tage damit, Lektionen über das<br />
Yogaunterrichten, über Diät und über Pranayama zu diktieren. Auf <strong>der</strong> Basis dieser Lehre<br />
schrieb Devi später den ersten Bestseller des Hatha Yoga: Forever Young, Forever<br />
Healthy (1953). Einige Jahre nach ihrem Studium bei Krishnamacharya gründete Devi die<br />
erste Yogaschule in Shanghai, wo Madame Chiang Kai-Shek ihre Schülerin wurde.<br />
Nachdem es ihr schließlich gelungen war, die sowjetische Regierung davon zu<br />
überzeugen, dass Yoga keine Religion ist (was zutrifft), öffnete sie dem Yoga die Türen<br />
<strong>der</strong> Sowjet-Union, wo es bislang illegal gewesen war. Im Jahr 1947 siedelte sie in die<br />
Vereinigten Staaten über. Sie lebte in Hollywood, wurde als die „First Lady des Yoga“<br />
bekannt und unterrichtete Marilyn Monroe, Elizabeth Arden, Greta Garbo und Gloria<br />
Swanson. Dank Devi erlebte Krishnamacharyas Yoga seine erste internationale<br />
Erfolgswelle. Obwohl Devi im April des Jahres 2002 im Alter von 102 Jahren starb, sind<br />
ihre sechs Yogaschulen in Buenos Aires weiterhin aktiv. Bis drei Jahre vor ihrem Tod<br />
unterrichtete sie Asanas. Mit weit über Neunzig reiste sie weiterhin durch die Welt, um<br />
Krishnamacharyas Werk einer weiten Anhängerschaft in ganz Nord- und Südamerika zu<br />
vermitteln.<br />
Der Meisterschüler: B.K.S. Iyengar (*1918)<br />
In <strong>der</strong> Zeit, in <strong>der</strong> Krishnamacharya Devi und Jois ausbildete, unterrichtete er während<br />
kurzer Zeit auch einen Jungen namens B.K.S. Iyengar, <strong>der</strong> später die wahrscheinlich<br />
bedeutendste Rolle von allen bei <strong>der</strong> Einführung des Hatha Yoga im Westen spielte. Es ist<br />
schwierig, sich unser Yoga ohne Iyengars Beiträge dazu vorzustellen, beson<strong>der</strong>s seine<br />
präzise, detailierte, systematische Artikulation jedes Asanas, seine Erforschung <strong>der</strong><br />
therapeutischen Anwendungen, sowie sein vielstufiges, rigoroses Ausbildungssystem, das<br />
so viele einflussreiche Lehrer hervorgebracht hat. Auch ist es schwierig zu wissen, wie<br />
stark Krishnamacharyas Unterricht Iyengars spätere Entwicklung beeinflusste. Iyengars<br />
Zeit bei seinem Lehrer dauerte kaum ein Jahr, wenn es auch ein intensives war.<br />
Zusammen mit <strong>der</strong> glühenden Hingabe zu Yoga, die er in Iyengar auslöste, hat<br />
Krishnamacharya die Grundlage für Iyengars ausgereiftes Yoga gelegt. Auf alle Fälle hat<br />
Iyengar seinen Kindheits-Guru immer verehrt. Er sagt noch immer: „Ich bin eine kleine<br />
Nummer im Yoga; mein Guru war ein großer Mann.“<br />
Iyengars Bestimmung war nicht von Anfang an deutlich. Als Krishnamacharya ihn zu sich<br />
nach Hause einlud – Krishnamacharyas Frau war Iyengars Schwester –, traute er dem<br />
steifen, kränklichen Teenager keinen Erfolg im Yoga zu. Iyengars eigene Erzählung<br />
11
seines Lebens erinnert an einen Roman von Dickens. Krishnamacharya konnte ein extrem<br />
roher Zuchtmeister sein. Anfangs hat er sich kaum die Mühe gemacht, Iyengar zu<br />
unterrichten, <strong>der</strong> stattdessen die Tage mit Gartenbewässerung und an<strong>der</strong>er Hausarbeit<br />
zubringen musste. Iyengars einziger Freund war sein Zimmernachbar, ein Junge namens<br />
Keshavamurthy, <strong>der</strong> zufälligerweise Krishnamacharyas Lieblingsschüler war. Eines<br />
Morgens verschwand Keshavamurthy und kehrte nie wie<strong>der</strong> zurück. Krishnamacharya<br />
stand nur wenige Tage vor einer wichtigen Demonstration an <strong>der</strong> Yogashala und hatte<br />
sich darauf verlassen, dass sein Starschüler die Asanas vorführen würde. In dieser<br />
Notlage machte sich Krishnamacharya daran, Iyengar schnell eine Serie schwieriger<br />
Haltungen beizubringen. Iyengar übte gewissenhaft und überraschte Krishnamacharya<br />
am Tag <strong>der</strong> Demonstration mit einer außergewöhnlichen Vorführung. Danach begann<br />
Krishnamacharya, seinen willensstarken Schüler ernsthaft zu unterrichten. Iyengar<br />
machte rasante Fortschritte, assistierte bei Kursen in <strong>der</strong> Yogashala und begleitete<br />
Krishnamacharya zu Tourneen mit Yoga-Demonstrationen. Doch Krishnamacharya fuhr<br />
weiter mit seinem authoritären Unterrichtsstil fort. Als Krishnamacharya ihn einmal<br />
auffor<strong>der</strong>te, ihm Hanumanasana (den Spagat) zu demonstrieren, beklagte sich Iyengar,<br />
dass er diese Haltung nie gelernt habe. „Tu es!“ befahl Krishnamacharya. Iyengar folgte<br />
und zog sich einen Oberschenkelmuskelriss zu.<br />
Iyengars kurze Lehre endete abrupt, als eine Gruppe von Frauen nach einer Yoga-<br />
Demonstration in Nord-Karnataka um Unterricht baten. Krishnamacharya entschied, dass<br />
Iyengar, <strong>der</strong> jüngste Student, <strong>der</strong> bei ihm war, die Frauen in einer separaten Gruppe<br />
unterrichten solle, denn Männer und Frauen wurden in dieser Zeit nicht zusammen<br />
unterrichtet. Sie waren von Iyengars Unterricht beeindruckt, und Krishnamacharya<br />
bestimmte auf ihr Bitten hin, dass Iyengar ihr Lehrer bleibe. Iyengar empfand das<br />
Unterrichten als eine Beför<strong>der</strong>ung, doch an seinen Lebensumständen än<strong>der</strong>te sich wenig.<br />
Das Yogaunterrichten war noch immer ein marginaler Beruf. Zu manchen Zeiten, erinnert<br />
sich Iyengar, aß er nur einen Teller Reis in drei Tagen und hielt sich hauptsächlich mit<br />
Leitungswasser am Leben. Dennoch galt seine ganze Hingabe dem Yoga. Er war in <strong>der</strong><br />
Tat so besessen, erzählt er, dass ihn Nachbarn und Familie zum Teil für verrückt hielten.<br />
Er übte stundenlang, bediente sich schwerer Pflastersteine, um seine Beine in Baddha<br />
Konasana (Gefesselter Engel) zu zwingen, und beugte sich rückwärts über eine auf <strong>der</strong><br />
Straße geparkte Dampfwalze, um sein Urdhva Dhanurasana (Rückwärtsblicken<strong>der</strong><br />
Bogen) zu verbessern. Aus Sorge um Iyengars Gesundheit arrangierte sein Bru<strong>der</strong> für ihn<br />
eine Heirat mit einer Sechzehnjährigen namens Ramamani. Sehr zu Iyengars Glück<br />
respektierte Ramamani seine Arbeit und wurde zu einer wichtigen Partnerin in <strong>der</strong><br />
Erforschung <strong>der</strong> Asanas. Hun<strong>der</strong>te von Meilen entfernt von seinem Guru bestand seine<br />
einzige Möglichkeit, mehr über Asanas zu lernen, im Selbststudium <strong>der</strong> Haltungen am<br />
eigenen Körper und in <strong>der</strong> Analyse ihrer Auswirkungen. Mit Ramamanis Hilfe konnte<br />
Iyengar die Asanas, die er von Krishnamacharya gerlernt hatte, ausfeilen und zu einem<br />
regelrecht wissenschaftlichen System weiterentwickeln.<br />
Wie Iyengars Schülerzahl langsam zunahm, so begann er – wie Krishnamacharya – die<br />
Haltungen abzuän<strong>der</strong>n und den Bedürfnissen und Voraussetzungen <strong>der</strong> Schüler<br />
12
anzupassen. Und wie Krishnamacharya scheute Iyengar keine Innovation. Er löste sich<br />
größtenteils von <strong>der</strong> Vinyasa-Praxis seines Mentors. Stattdessen ergründete er stets die<br />
Natur <strong>der</strong> inneren Ordnung des Körpers, indem er beim Entwickeln je<strong>der</strong> einzelnen<br />
Haltung die Wirkung jedes Körperteils, einschließlich <strong>der</strong> Haut, in Betracht zog. Da viele<br />
Leute, weniger kräftig als Krishnamacharyas junge Studenten, zu Iyengar in den<br />
Unterricht kamen, führte er den Gebrauch von Hilfsmitteln wie Holzblöcken und Gurten<br />
ein. Und zumal einige seiner Studenten krank waren, begann Iyengar, Asana als<br />
Heilpraktik anzuwenden, indem er bestimmte therapeutische Programme erstellte. Dazu<br />
kam, dass Iyengar den Körper als einen Tempel zu sehen lernte und das Asana als<br />
Gebet. “My asana is my prayer.” Sein früherer Lehrer war nicht gänzlich begeistert von<br />
Iyengars Fixierung auf die Asanas. Obschon Krishnamacharya Iyengars Fähigkeit in <strong>der</strong><br />
Asana-Praxis an dessen sechzigsten Geburtstagsfeier lobte, so legte er ihm auch nahe,<br />
dass es nun Zeit sei, sich von den Asanas abzuwenden und auf die Meditation zu<br />
konzentrieren. Während <strong>der</strong> 30er, 40er und 50er Jahre wuchs Iyengars Ruf als Lehrer<br />
und Heiler. Er unterrichtete berühmte Studenten wie den Philosophen Jiddhu<br />
Krishnamurti und den Geiger Yehudi Menhuin, die ihm zu enormer Popularität im Westen<br />
verhalfen. In den 60er Jahren war Yoga zu einem Teil <strong>der</strong> Weltkultur geworden und<br />
Iyengar zu seinem Hauptvertreter.<br />
Der mittlere Sohn – T.K.V. Desikachar (*1938)<br />
Obwohl Desikachar in eine Familie von Yogis hineingeboren wurde, verspürte er kein<br />
Verlangen, <strong>der</strong> Berufung zu folgen. Wenn als Kind sein Vater ihn zu Asanas auffor<strong>der</strong>te,<br />
rannte er weg. Einmal packte ihn Krishnamacharya, fesselte ihm Hände und Füsse zu<br />
Baddha Padmasana (Gefesselter Lotussitz), und ließ ihn für eine halbe Stunde<br />
angebunden. Diese Art von Pädagogik motivierte Desikachar nicht zum Yogastudium,<br />
doch war Desikachar eines Tages so beeindruckt von den Erfolgen seines Vaters als<br />
Heiler, dass er beschloss, seinen Ingenieursberuf aufzugeben und Yoga zu studieren. Um<br />
sich <strong>der</strong> Ernsthaftigkeit seines Sohnes zu versichern – vielleicht auch um ihn<br />
abzuschrecken – verlangte Krishnamacharya, dass <strong>der</strong> Unterricht jeden Morgen um 3:30<br />
begann. Desikachar willigte ein, sich den Konditionen seines Vaters zu fügen unter <strong>der</strong><br />
einen Bedingung: Kein Gott. Krishnamacharya respektierte diesen Wunsch, und <strong>der</strong><br />
Unterricht begann mit Asanas und dem Rezitieren von Patanjalis Yoga Sutren. Der<br />
Unterricht dauerte über 28 Jahre an. In den Jahren, in denen Krishnamacharya seinen<br />
Sohn unterrichtete, fuhr er fort, den Viniyoga-Stil zu verfeinern, indem er die Yoga-<br />
Methoden auf Kranke, Schwangere, kleine Kin<strong>der</strong> und natürlich auf die zuschnitt, die<br />
spirituelle Erleuchtung suchten. Er teilte Yoga in drei Phasen ein: Jugend, mittleres und<br />
hohes Alter. Zuerst kam die Entwicklung <strong>der</strong> Muskelkraft und <strong>der</strong> Flexibilität; dann galt<br />
es, die Gesundheit während <strong>der</strong> produktiven Jahre in <strong>der</strong> Arbeit o<strong>der</strong> im Haushalt<br />
beizubehalten; schließlich galt es, über die physische Praxis hinauszugehen und sich auf<br />
das Göttliche zu konzentrieren.<br />
Desikachar beobachtete, dass Krishnamacharya mit fortschreiten<strong>der</strong> Fähigkeit <strong>der</strong><br />
Studenten den Schwerpunkt nicht mehr nur auf die Asanas setzte, son<strong>der</strong>n auch auf den<br />
13
spirituellen Aspekt des Yoga. Desikachar begriff, dass sein Vater jede Handlung als einen<br />
Akt von Andacht empfand, so dass jedes Asana innere Ruhe bringen sollte. Ebenso sollte<br />
Krishnamacharyas Betonung <strong>der</strong> Atmung den Studenten neben den körperlichen<br />
Auswirkungen die spirituelle Dimension eröffnen. Laut Desikachar beschrieb<br />
Krishnamacharya den Atmungskreislauf als einen Akt <strong>der</strong> Hingabe: „Atme ein, und Gott<br />
kommt zu dir. Halte den Atem an, und Gott bleibt bei dir. Atme aus, und du näherst dich<br />
Gott. Halt die Ausatmung an, und ergib dich Gott.“<br />
Der jüngste Sohn: T.K. Sribhashyam (*1940)<br />
An<strong>der</strong>s als sein älterer Bru<strong>der</strong> interessierte sich Sribhashyam schon als Kind für die<br />
geistige Welt seines Vaters. Von seinem sechzehnten Jahr an wurde er unterrichtet und<br />
durfte Krishnamacharya bei Yogastunden und therapeutischen Behandlungen assistieren.<br />
Zusammen mit ihren drei Schwestern und ihrem ältesten Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> heute<br />
zurückgezogen als Mönch in <strong>der</strong> Nähe von Bangalore lebt, traten Sribhashyam und<br />
Desikachar bei Yoga-Demonstrationen in Chennai auf. Im Jahr 1970 verliebte sich<br />
Sribhashyam in eine französische Yoga-Studentin und zog zu ihr nach Nizza. Von dort<br />
aus unterrichtet er einen Yogastil, <strong>der</strong> die sanfte Praxis des Viniyoga mit Atemübungen,<br />
Konzentration und Meditation verbindet. Das Verhältnis zu seiner traditionell<br />
brahmanisch lebenden Familie, in <strong>der</strong> die arrangierte Ehe üblich war, war nach <strong>der</strong> Heirat<br />
für einige Jahre getrübt, und Desikachar übernahm, als <strong>der</strong> Vater älter wurde, die Rolle<br />
des Familienoberhaupts.<br />
Heute betreut Desikachar das Vermächtnis seines Vaters als Leiter des Krishnamacharya<br />
Yoga Mandiram in Chennai, wo die verschiedenen Yogamethoden Krishnamacharyas<br />
gelehrt und seine Schriften herausgegeben werden. Über die Jahre hinweg hat<br />
Desikachar die gesamte Spannweite <strong>der</strong> Lehre seines Vaters verinnerlicht, einschließlich<br />
<strong>der</strong> Verehrung Gottes. Dennoch fehlt ihm nicht das Verständnis für westliche Skepsis,<br />
und er betont die Notwendigkeit, Yoga aus seiner hinduistischen Isolation zu befreien,<br />
damit es als ein Werkzeug für alle Menschen verwendet werden kann.<br />
14
Umsetzung<br />
Dokumente ...<br />
Die Geschichte Krishnamacharyas und seiner Schüler wird auf zwei Ebenen erzählt. Da ist<br />
die klassische <strong>Film</strong>biografie mit dokumentarischen Situationen, Interviews, historischem<br />
Material und nachgestellten Szenen, die den historischen Bil<strong>der</strong>n angeglichen werden.<br />
Diese Reenactments wirken dabei nicht wie Spielszenen, son<strong>der</strong>n wie weiteres News<br />
Reel-Material aus den 20er o<strong>der</strong> 30er Jahren, das durch einen glücklichen Zufall erhalten<br />
geblieben ist und uns scheinbar authentische Bil<strong>der</strong> aus dem Indien des frühen 20.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts liefert. (Dazu weitere Ausführungen unten.)<br />
... und Artefakte<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Ebene erzählt <strong>der</strong> <strong>Film</strong> die Suche zweier Europäer nach den Ursprüngen<br />
ihrer Yoga-Praxis. Der eine, aus Oslo, mit Wohnsitzen in Hong Kong und<br />
Mysore/Südindien, hat sein Leben dem Yoga gewidmet; er beherrscht die schwierigsten<br />
Haltungen (Asanas) und spricht fließend Sanskrit: <strong>der</strong> Ex-Boxer, Ex-Tänzer, Indologe und<br />
Beinahe-Yogi Alex Medin. Der an<strong>der</strong>e, aus Deutschland, etwas älter, ohne sportlichen<br />
Background, praktiziert erst seit ein paar Jahren Yoga und sieht sich in je<strong>der</strong> Hinsicht als<br />
Neuling in dieser Welt: Regisseur Jan Schmidt-Garre. Sie reisen von Station zu Station,<br />
von Guru zu Guru, entdecken allmählich, dass alle Wege zu Krishnamacharya führen und<br />
versuchen, diesem großen und doch merkwürdig unbekannten Mann näherzukommen.<br />
Übereinan<strong>der</strong>gelegt ergeben die beiden Ebenen des <strong>Film</strong>s ein Portrait <strong>der</strong> Kunstform Yoga<br />
in ihrer ganzen Fülle.<br />
Unterricht bei den Gurus<br />
An je<strong>der</strong> Station ihrer Reise unterrichtet Alex seinen Freund und Schüler Jan im Yoga, so<br />
dass sich über dessen mühevolles Lernen etwas von <strong>der</strong> lebendigen Yoga-Praxis<br />
vermittelt. Und auch die Gurus unterrichten den Regisseur: Pattabhi Jois vermittelt die<br />
Grundlage des Yoga, den Sonnengruß, Iyengar dessen Höhepunkt, den Kopfstand. Und<br />
Krishnamacharyas jüngster Sohn lässt sich nach langem Drängen die Yoga-Sequenz<br />
entlocken, die sein Vater noch mit über neunzig Jahren täglich ausübte, die Life Saving<br />
Yoga Session, wie er selber sie nannte. Er lehrt sie Jan Schmidt-Garre in genau <strong>der</strong><br />
Weise, in <strong>der</strong> sein Vater westliche Schüler unterrichtete. Am märchenhaften Palast des<br />
Maharaja von Mysore, wo <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne Yoga entwickelt wurde, endet die Reise.<br />
Yoga ohne Wellness<br />
Die Perspektive des <strong>Film</strong>s richtet sich ganz auf das Ursprungsland des Yoga. Mo<strong>der</strong>ne<br />
Gurus des Westens kommen nicht vor. Yoga hat hier nichts mit Wellness zu tun, nichts<br />
mit Räucherstäbchen, die nur vermeintlich zur indischen Praxis gehören. Bei den Vätern<br />
des Yoga geht es sachlich zu. Es wird konzentriert geübt, es wird gegessen und gelacht,<br />
es wird gebetet und philosophiert. Aber selbstverliebte Verzückung und kitschige<br />
Innerlichkeit gibt es hier nicht. Wenn die Westler im <strong>Film</strong> vorkommen, dann am Rande,<br />
beiläufig, als Gäste <strong>der</strong> Gurus, wie zu Iyengars 90. Geburtstag. Erfolgreiche<br />
15
Geschäftsleute aus New York lassen hier alle Kontrolle fahren und geben sich den<br />
Wonnen <strong>der</strong> Unmündigkeit hin, im Angesicht des Meisters.<br />
Klassische Fotografie<br />
Die filmischen Mittel und auch die Arbeitsweise passen sich dem Thema und dem Land<br />
an. Es wird auf dem klassischen Format des Dokumentarfilms gedreht (16 mm, Blow up<br />
auf 35 mm), mit aufwendigem Licht und klassischer Bildgestaltung, meistens vom Stativ.<br />
Der Kameramann Diethard Prengel, <strong>der</strong> schon Jan Schmidt-Garres ersten Kino-<br />
Dokumentarfilm “Celibidache” drehte, ist bekannt für seine fotografisch strengen,<br />
sorgfältig komponierten und ausgeleuchteten Bil<strong>der</strong>.<br />
16
Authentisches und rekonstruiertes Archivmaterial<br />
Eines <strong>der</strong> faszinierendsten <strong>Film</strong>dokumente aus dem Indien <strong>der</strong> 30er Jahre ist ein<br />
17minütiger Schwarzweiß-<strong>Film</strong>, in Auftrag gegeben vom Maharaja von Mysore und<br />
gedreht von Captain V.B. Gokhale in Pune. Der <strong>Film</strong> zeigt den etwa fünfzigjährigen<br />
Krishnamacharya, wie er auf einem im Freien ausgebreiteten Teppich – Yoga-Matten gab<br />
es damals noch nicht – eine Reihe von Yoga-Übungen ausführt, ernst und äußerst<br />
konzentriert. Auf dem bloßen Oberkörper sieht man nur die rituelle Schnur, die ein<br />
Mitglied <strong>der</strong> Brahmanen-Kaste niemals ablegt, und auf <strong>der</strong> Stirn die Zeichen des Vishnu-<br />
Verehrers. Die Übungen sind extrem anspruchsvoll und könnten heute nur von einer<br />
Handvoll Yoga-Schüler wie<strong>der</strong>holt werden. Krishnamacharya verknotet die Beine hinter<br />
dem Kopf, lässt sie wie Fe<strong>der</strong>n nach vorne schnellen; auf dem Rücken liegend stellt er<br />
die Stirn auf dem Boden ab und stemmt den Oberkörper hoch, so dass nur noch Stirn<br />
und Steißbein die Matte berühren; bei <strong>der</strong> abschließenden Atemübung zieht er den Bauch<br />
ein, bis die Wirbelsäule sich abzeichnet (eine Übung aus dem esoterischen, heute fast<br />
ganz verlorengegangen Kriya-Yoga). In dieser Demonstration treffen sich Zirkus-hafte<br />
Artistik und meditative Ruhe in einer für Indien sehr charakteristischen Weise und<br />
erinnern uns daran, dass die sanfte Yoga-Kultur unserer Zeit, die üblicherweise über die<br />
harmlosen Pole des Wellness und des Workout nicht hinauskommt, ihre Ursprünge in den<br />
kühnen Selbstdisziplinierungen <strong>der</strong> Yogis hat, die auf Nagelbetten schliefen und über<br />
glühende Kohlen liefen.<br />
Angelehnt an dieses einmalige <strong>Film</strong>dokument, das natürlich im <strong>Film</strong> gezeigt wird, werden<br />
wir wichtige Szenen aus Krishnamacharyas Leben nachstellen und dokumentieren, als<br />
wäre ein News Reel-Team vor Ort gewesen und hätte zum Glück <strong>der</strong> Nachwelt<br />
Schlüsselmomente <strong>der</strong> Yoga-Geschichte auf 35mm-Schwarzweiß-Material festgehalten.<br />
Alle Stilmittel <strong>der</strong> Zeit sind dabei willkommen: Reißschwenks, auslaufendes <strong>Film</strong>material,<br />
Unschärfen. Aber eben auch: brillante, kontrastreiche Aufnahmen mit sattem Schwarz<br />
und feinen Abstufungen in den Grauwerten.<br />
Yoga-Demonstration im Palast des Maharaja von Mysore<br />
Den Höhepunkt des <strong>Film</strong>s wird zweifellos die Rekonstruktion <strong>der</strong> Yoga-Demonstration im<br />
Palast des Maharaja von Mysore bilden. Krishnamacharya pflegte in den 30er Jahren mit<br />
seinen Schülern durch Indien zu reisen und öffentliche Yoga-Demonstrationen zu geben.<br />
Der spektakuläre Aspekt extremer Verrenkungen in fortgeschrittenen Asanas stand<br />
damals noch viel stärker im Vor<strong>der</strong>grund als heute und lockte ein ahnungsloses Publikum<br />
an, das über den Kö<strong>der</strong> <strong>der</strong> äußerlichen Attraktion für die tieferen Dimensionen des Yoga<br />
gewonnen werden sollte.<br />
Krishnamacharya stand in den 30er Jahren im Dienst des Maharaja von Mysore, einem<br />
sehr gebildeten För<strong>der</strong>er <strong>der</strong> Künste, <strong>der</strong> beispielsweise auch sämtliche Werke des<br />
russischen Komponisten Nikolai Medtner von den besten Musikern seiner Zeit einspielen<br />
ließ. Für die Gäste des Maharaja musste Krishnamacharya seine Demonstrationen<br />
17
aufführen, vor <strong>der</strong> Tribüne des eindrucksvollen Fin de siècle-Palastes – ein Stein<br />
gewordener Traum des Orients. Diese Demonstrationen werden wir rekonstruieren.<br />
Junge Brahmanen in traditioneller Kleidung führen die anspruchsvollsten Asanas vor,<br />
während ein Krishnamacharya-Darsteller die positiven Auswirkungen <strong>der</strong> Haltungen auf<br />
die Gesundheit erläutert. Diese Rekonstruktion erlaubt es, uns zum einen spektakuläre<br />
Asanas vorzuführen, zum an<strong>der</strong>en ermöglicht sie es uns, legitime Bil<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Kulisse<br />
des Sommer-Palastes zu drehen.<br />
18
Drehen im Orient – Aus einem Brief des Regisseurs an einen indischen Freund<br />
“Alles was Du schreibst, spricht mir aus <strong>der</strong> Seele. Ich möchte<br />
wirklich nicht - und habe das von Anfang an bedacht - die<br />
eurozentrische Außenansicht eines indischen Kulturphänomens<br />
herstellen. Genauso wenig möchte ich, vermeintlich vertraut mit <strong>der</strong><br />
indischen Perspektive, die Unterschiede verwischen und in den Sitar-<br />
Klängen einer Kultur versinken, die ich von meiner Prägung her nicht<br />
wirklich verstehe. Nein, ich hoffe, dem Thema durch genaues Hinhören<br />
und Hinsehen gerecht zu werden: Hinhören und Hinsehen, Prüfen und<br />
Nochmal-Hören und Auswählen und Ordnen und Verdichten. Und dabei<br />
immer den kulturellen Abstand wissen und thematisieren. Von Louis<br />
Malle, auf dessen Indien-<strong>Film</strong>e Du mich aufmerksam gemacht hast, kann<br />
man da lernen. O<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Geschichte, die ich Dir erzählt habe,<br />
von Rimsky-Korsakoffs „Hindu Song‟ aus „Sadko‟, einem russischen<br />
Orientalismus des Fin de siècle, über den <strong>der</strong> in England<br />
sozialisierte In<strong>der</strong> Kaikhosru Sorabji, ein schwuler snobistischer<br />
Intellektueller, in den 30er Jahren eine Klavier-Paraphrase<br />
schreibt. Um diese Brechungen geht es, die mich jedes vor<strong>der</strong>gründig<br />
attraktive Genre-Bild auf einem indischen Markt, bei dem <strong>der</strong><br />
Kameramann reflexhaft die Kamera zückt, ungefilmt vorbeziehen<br />
lassen. Und umso glücklicher bin ich, wenn sich ein legitimes Bild<br />
ergibt. Pattabhi Jois hat uns bei unserem Kennenlern-Dreh zum Ort<br />
<strong>der</strong> alten Yogshala in Mysore geführt, die inzwischen abgerissen ist.<br />
Als wir kamen, hat genau dort eine Klasse von Kin<strong>der</strong>gartenkin<strong>der</strong>n in<br />
Schuluniformen mit ihrer Lehrerin einfache Gymnastik-Übungen<br />
gemacht! Eine Szene voller Charme, Atmosphäre, Exotismus... Aber<br />
zugleich wie aus einem Werbefilm des indischen Ministeriums für<br />
Tourismus. Für meinen <strong>Film</strong> aber: ein wun<strong>der</strong>schönes legitimes Indien-<br />
Bild. ... P.s.: Ich suche ja immer noch nach einem vernünftigen<br />
Titel - „Asana Travelogue‟ ist wirklich nicht mehr als ein<br />
Platzhalter. Irgendeine Idee?”<br />
19
Team<br />
Regisseur<br />
Jan Schmidt-Garre, Regisseur und Produzent. Philosophie-Studium in München. Regie-<br />
Studium an <strong>der</strong> Münchner <strong>Film</strong>hochschule.<br />
<strong>Film</strong>e u. a.: Celibidache - Man will nichts, man lässt es entstehen, Bruckners<br />
Entscheidung, Belcanto - Die Tenöre <strong>der</strong> Schellackzeit, (13 Teile), Opera Fanatic, Aida's<br />
Brothers & Sisters (Co-Regie), Der Gefesselte (Tanzfilm), Furtwänglers Liebe, This Not<br />
That – Der Künstler John Baldessari, Sophia – Biografie eines Violinkonzerts, Long Shot<br />
Close Up – Andreas Gursky, Chopin at the Opera.<br />
Preise u. a.: Nominierung zum Deutschen <strong>Film</strong>preis, Chicago <strong>Film</strong>festival, Columbus<br />
<strong>Film</strong>festival, Classique en images, Dance Screen Monte Carlo, Dokumentarfilmfestival<br />
München, Golden Prague.<br />
Produzentin<br />
Marieke Schroe<strong>der</strong>, Regisseurin und Produzentin. Studium <strong>der</strong> Kommunikationswissenschaften,<br />
<strong>der</strong> Politik und des Rechts in München. <strong>Film</strong> Class an <strong>der</strong> New York<br />
University.<br />
<strong>Film</strong>e u. a. als Produzentin: A Woman and a half – Hildegard Knef, Der Gefesselte,<br />
Furtwänglers Liebe. Als Regieassistentin: Mir sejnen da – Juden in Deutschland seit 1945.<br />
Als Regisseurin: Aida's Brothers & Sisters (Co-Regie), Reri Grist – Oper ist Theater,<br />
Legenden – Osho vormals Bhagwan, Sophie Scholl – allen Gewalten zum Trotz, Mozart in<br />
Wien, Bella Figura, Stage Light – Stage Fright.<br />
Preise u. a.: Nominierung zum Deutschen <strong>Film</strong>preis und zum Rose d’Or, Golden Prague,<br />
Columbus <strong>Film</strong>festival.<br />
Kamera<br />
Diethard Prengel, Kameramann, BVK. Zusammenarbeit u. a. mit den Regisseuren Hans-<br />
Christoph Blumenberg, Martin Enlen, Max Färberböck, Dominik Graf, Ralf Huettner,<br />
Hermine Huntgeburth, Mark Schlichter, Jan Schmidt-Garre, Helge Schnei<strong>der</strong>, Tomy<br />
Wigand.<br />
<strong>Film</strong>e als Kameramann u. a.: Die Sieger, Fußball ist unser Leben, Rote Glut, Der kalte<br />
Finger, Der Papagei, Der Fluch, Baal, Texas – Doc Sny<strong>der</strong>, Celibidache.<br />
Preise u. a.: Nominierung zum Deutschen <strong>Film</strong>preis, Nominierungen zum Deutschen<br />
Kamerapreis.<br />
20
Szenenbild<br />
Irina Kromayer, Architektin, Szenenbildnerin. Zusammenarbeit mit u. a. den Regisseuren<br />
Fritz Böhm, Miriam Dehne, Ian Emes, Lars Kraume, Caroline Link, Jan Schmidt-Garre,<br />
Oliver Storz, Margarete von Trotta, Corinna Winter.<br />
<strong>Film</strong>e als Szenenbildnerin u. a.: Little Paris, Stadt als Beute, Der Gefesselte,<br />
Menschenkörper, Mondmann, Guten Morgen Herr Grothe, Die kommenden Tage.<br />
<strong>Film</strong>e als Szenenbildassistentin u. a.: Mission Impossible III, The Golden Man, Nancy und<br />
Frank, Der Verleger.<br />
Schnitt<br />
Gaby Kull-Neujahr, Cutterin, BFS. Zusammenarbeit mit u. a. den Regisseuren Hartmut<br />
Bitomsky, Uli Kick, Jens Meurer, Doris Metz, Jan Schmidt-Garre, Marieke Schroe<strong>der</strong>,<br />
Xaver Schwarzenberger, Georg Stefan Troller, Michael Verhoeven.<br />
<strong>Film</strong>e als Cutterin u. a.: Highway 40, Die schnelle Gerdi, Frankie, Belcanto (13 Teile),<br />
Jeckes, Opera Fanatic, Hollywood Profile (5 Teile), Gnadenlos, Der Gefesselte, Das<br />
Teufelsweib, Selbstbeschreibung, Georgisches Liebeslied, Schattenväter, This Not That –<br />
Der Künstler John Baldessari, Draußenbleiben, Scary, Domspatzen, Zurück in Bismuna,<br />
Letzte Chance<br />
Preise u. a.: Nominierung zum Deutschen Kamerapreis.<br />
Co-Produktion<br />
Claudia Alvarez-Kutzeer, Produzentin. Absolventin <strong>der</strong> University of Navarra IESE<br />
Business School, Global Executive MBA 2007<br />
<strong>Film</strong>e als Produzentin: Radioactive Paradise - <strong>Film</strong>expedition zum Bikini Atoll, 2008, in<br />
Zusammenarbeit mit Context TV, Vulcan Productions, ZDF und Discovery<br />
21
PARS MEDIA: <strong>Film</strong>e über Kunst / <strong>Film</strong> als Kunst<br />
Die PARS MEDIA hat viele preisgekrönte Dokumentar- und Spielfilme zu Themen <strong>der</strong><br />
Klassischen Musik, des Tanzes und <strong>der</strong> Bildenden Kunst produziert. Ein cineastischer<br />
Ansatz macht die <strong>Film</strong>e <strong>der</strong> PARS MEDIA aus und unterscheidet sie von journalistischen<br />
Beiträgen zu Themen <strong>der</strong> Kultur. Dieses künstlerische Profil kann für den großen<br />
internationalen Erfolg <strong>der</strong> <strong>Film</strong>e und die vielen Auszeichnungen verantwortlich gemacht<br />
werden. So gewannen die <strong>Film</strong>e <strong>der</strong> PARS MEDIA u. a. eine Nominierung zum Deutschen<br />
<strong>Film</strong>preis sowie Hauptpreise auf den <strong>Film</strong>festivals von Chicago, Paris, Monte Carlo, Ohio,<br />
München und Prag. PARS MEDIA ist einer <strong>der</strong> international führenden Produzenten von<br />
Kunst- und Musikfilmen.<br />
Die <strong>Film</strong>e <strong>der</strong> PARS MEDIA wurden in Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien,<br />
Österreich, <strong>der</strong> Schweiz, Spanien, England, Irland, Dänemark, den Nie<strong>der</strong>landen,<br />
Luxemburg, Schweden, Norwegen, Finnland, Island, Ungarn, Rumänien, <strong>der</strong><br />
Tschechischen Republik, Kroatien, Slowenien, Polen, Estland, Israel, China, Korea, Japan,<br />
Australien, Neuseeland, Canada, Venezuela und in den USA ausgestrahlt.<br />
Sie wurden auf den <strong>Film</strong>- und Fernsehfestivals in Berlin (Berlinale), Wien, Prag, Riccione,<br />
New York, Chicago, San Francisco, Ohio, Minnesota/St. Paul, München, Leipzig, Paris,<br />
Biarritz, Monte-Carlo und Melbourne gezeigt und im Kino, auf Bildplatte, Video und DVD<br />
vertrieben. Bei Arthaus Musik erscheint zur Zeit eine Werkausgabe auf DVD (zehn Titel<br />
bis Sommer 2010).<br />
<strong>Film</strong>ografie<br />
Absolute Zero, Tanzfilm, 2002, 30 Minuten. Nominiert für "Dance Screen".<br />
Koproduzenten: BR und ARTE. Auf DVD bei Arthaus Musik<br />
Aida's Brothers & Sisters, Musikfilm, 1999, 90 Minuten.<br />
Koproduzenten: BR, SWR, WDR, NRK, SF, YLE und Thirteen/WNET. Auf DVD bei<br />
Arthaus Musik<br />
Belcanto – Die Tenöre <strong>der</strong> Schellackzeit, Sängerportraits, 1996, 390 Minuten. Preise beim<br />
Columbus International <strong>Film</strong> Festival und bei "Classique en images".<br />
Koproduzenten: BR, NDR, ORB, SDR, SFB, SR, SWR und WDR. Auf DVD bei Medici<br />
Arts<br />
Bella Figura – Müssen Sänger dick sein? Musikfilm, 2006, 60 Minuten.<br />
Koproduzenten: SWR, ORF, SF, TSI, SVT, NRK, YLE, VRT, RTV und Artsworld<br />
Bruckners Entscheidung, Spielfilm, 1995, 80 Minuten.<br />
Koproduzenten: ZDF, ARTE, DR, HFF und Te Deum Media. Auf DVD bei Arthaus<br />
Musik<br />
22
Celibidache – Man will nichts, man läßt es entstehen, Musikfilm, 1992, 100 Minuten.<br />
Nominiert für den Deutschen <strong>Film</strong>preis, Silbermedaille beim Chicago International <strong>Film</strong><br />
Festival, Midem Classical Award.<br />
Koproduzent: ZDF. Auf DVD bei Arthaus Musik<br />
Celibidache in St. Florian, Konzertfilm, 1993, 60 Minuten.<br />
Koproduzenten: BR, SDR und Brillant Media/Videal. Auf DVD bei Arthaus Musik<br />
Celibidache probt Bruckners Neunte, Musikfilm, 2006, 60 Minuten.<br />
Koproduzenten: BR und ARTE<br />
Chopin at the Opera, <strong>Film</strong>essay, 2010, 60 Minuten.<br />
Koproduzenten: ZDF/3sat, NRK, SVT, VRT, YLE und RB <strong>Film</strong>. Auf DVD bei<br />
Arthaus Musik (Juli 2010)<br />
Cumponists Svizzers, Komponistenportraits, 2001, 150 Minuten.<br />
Koproduzent: SF. Auf DVD bei Idée Suisse<br />
Der Gefesselte, Tanz-Spielfilm, 2002, 45 Minuten.<br />
Koproduzenten: SF, ZDF/3sat, ORF und NRK. Auf DVD bei Arthaus Musik<br />
Furtwänglers Liebe, <strong>Film</strong>essay, 2004, 70 Minuten. Preis beim "Golden Prague".<br />
Koproduzenten: MTV, NRK, ORF, SF, SVT, TSI und YLE. Auf DVD bei Arthaus<br />
Musik<br />
Gubaidulina: 2. Violinkonzert, Konzertfilm, 2008, 40 Minuten.<br />
Koproduzent: SF<br />
Joseph Schmidt, Musikfilm, 2004, 60 Minuten.<br />
Koproduzenten: SF, ZDF/3sat, ORF, VRT und YLE. Auf DVD bei Salzgeber<br />
Klatschen, Buhen, Schlafen – die Oper und ihr Publikum, Musikfilm, 2011, 60 Minuten.<br />
Koproduzenten: SWR, SVT.<br />
Klaus Huber am Werk, Musikfilm, 2009, 60 Minuten.<br />
Koproduzenten: WDR, SF und Siemens Stiftung<br />
Legato – The World of the Piano, Pianistenportraits und Konzerten, 2006-08, 720<br />
Minuten.<br />
Koproduzenten: NHK, SVT und Euroarts. Auf DVD bei Medici Arts<br />
Long Shot Close Up – Andreas Gursky, Künstlerportrait, 2010, 60 Minuten.<br />
Koproduzenten: BR, ARTE und Tilk <strong>Film</strong>produktion<br />
Maß – Farbe – Licht, Portrait, 1992, 45 Minuten.<br />
No More Wun<strong>der</strong>kind - Sergei Nakariakov, Musikfilm, 2004, 60 Minuten.<br />
Koproduzenten: BR und ARTE<br />
Notion Motion – Olafur Eliasson, Künstlerportrait, 2005, 30 Minuten.<br />
Koproduzent: ZDF/3sat. Auf DVD bei Arthaus Musik<br />
Opera Fanatic, Opern-Roadmovie, 1998, 90 Minuten. Preise beim Internationalen<br />
Dokumentarfilmfestival München und beim "Golden Prague" (Czech Crystal).<br />
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Koproduzenten: ZDF/3sat, NRK, SF und YLE. Auf DVD bei Arthaus Musik<br />
Reri Grist - Oper ist Theater, Musikfilm, 2002, 60 Minuten. Preis beim Columbus<br />
International <strong>Film</strong> Festival.<br />
Koproduzent: BR<br />
Schiller und die Musik, <strong>Film</strong>essay mit Peter Gülke, 2009, 75 Minuten.<br />
Koproduzenten: SWR und Scholz <strong>Film</strong>produktion. Auf DVD bei Arthaus Musik<br />
Sophia – Biographie eines Violinkonzerts, Musikfilm, 2008, 60 Minuten. Preis beim<br />
Columbus International <strong>Film</strong> Festival, nominiert zum Prix Italia.<br />
Koproduzenten: SF, ZDF/ARTE, NRK, SVT und YLE<br />
Stage Light – Stage Fright, Musikfilm, 2008, 53 Minuten.<br />
Koproduzenten: SWR, NRK, SF, SVT und YLE<br />
Still move, Tanzfilm, 2003, 45 Minuten.<br />
Koproduzenten: ZDF/3sat und SF. Auf DVD bei Arthaus Musik<br />
Suite of Multiple Attitudes, Tanzfilm, 2000, 45 Minuten.<br />
Koproduzent: SF<br />
This not that - The Artist John Baldessari, Künstlerportrait, 2005,<br />
90 Minuten.<br />
Koproduzenten: ZDF/3sat, Andy Warhol Foundation und Broad Art Foundation.<br />
Auf DVD bei Arthaus Musik<br />
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