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pdf katalog weites feld - Milena Meller

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Vielleicht hat das ja auch nur mit der uralten Rivalität der Städte<br />

Innsbruck, Hall und Schwaz zu tun? Salz und Silber gegen eine<br />

Sommeresidenz der Kaiserfamilie? Jedenfalls liess die Stadt<br />

Innsbruck sich selbst als Ort dort enden, wo sie dachte, dass sie<br />

ihren letzten symbolträchtigen Markierungsakt setzen könne: mit<br />

einer technischen Innovation einer der weltweit ersten Standseilbahnen<br />

und einem gemalten Schaupanorama für eine im Weltgeschehen<br />

vergleichsweise kleine Schlacht in den napoleonischen<br />

Kriegen.<br />

Wie auch immer, <strong>Milena</strong> <strong>Meller</strong> klinkt sich mit ihrem Projekt genau<br />

dort ein, wo die Stadt Hall als Ort, dem Namen nach zumindest<br />

offenbar anfängt: nach der letzten innerstädtischen Innbrücke.<br />

Als mich <strong>Milena</strong> <strong>Meller</strong> bat, ihr Projekt theoretisch und textlich<br />

zu begleiten, fiel mir als erstes ein, wie oft ich selbst diese Straße<br />

entlang gefahren bin, jahrelang tagein tagaus von Innsbruck<br />

nach Hall und wieder zurück. Außer ein paar sonderbaren Namen<br />

von Haltestellen, wie „Arbeiterbäckerei“, „Coca Cola Fabrik“ oder<br />

„Grenobler Brücke“, über die ich mich immer gewundert habe,<br />

ist mir von dieser Strecke nichts Nennenswertes nachhaltig in<br />

Erinnerung geblieben. Außer natürlich jene unendliche Zeit, die ich<br />

damit verbringen musste, und um die es mir immer schon schade<br />

war. Wenigstens haben also diese Nicht-Orte doch einen Namen –<br />

zumindest den von Haltestellen – und so könnte man eigentlich den<br />

Namen nachgehen, um ihnen ein Gesicht zu geben. <strong>Milena</strong> <strong>Meller</strong><br />

tut das nicht. Sie erforscht auf andere Weise den Nicht-Ort, um der<br />

Stadt etwas zurückzubringen, was ihr eigentlich gehört: den Rand.<br />

Und sie bringt damit nichts in Unordnung. Genau, diskret,<br />

verantwortungsvoll und mit viel Zeit. Ihre Vorgangsweise ist vielschichtig<br />

und erschliesst sich nicht auf den ersten schnellen Blick.<br />

Es scheint, als hätte sich <strong>Milena</strong> <strong>Meller</strong> vorgenommen, die Zeit<br />

zwischen dem Switchen durch die Orte einfach einzufrieren, um<br />

die Aufmerksamkeit für deren Wahrnehmung aufzubewahren für<br />

einen passenden Augenblick. Einen, den sie künstlerisch akribisch<br />

inszeniert, und einen, von dem sie sich selbst nicht auslässt.<br />

Sie geht oft vor Ort, streunt, unternimmt zwei Jahre lang zu jeder<br />

Tages- und Nacht-, zu jeder Jahreszeit ausgedehnte Streifzüge um<br />

dem Objekt ihrer Forschungsbegierde auf die Schliche zu<br />

kommen, nicht aufdringlich, nein, sie stalkt nicht, sie lässt den<br />

Rand in Ruhe. Sie fotografiert ihn wie er sich darstellt. Poetisch<br />

zwar, mit dem Blick einer Malerin, aber niemals mit der Absicht, zu<br />

stören.<br />

Dem eher flüchtigen und schnellen Akt des Fotografierens lässt<br />

<strong>Milena</strong> <strong>Meller</strong> einen intensiven langsamen Akt der Annäherung an<br />

den Nicht-Ort folgen: Sie malt Ausschnitte der Fotografien<br />

detailgenau auf Leinwand. In einem weiteren Schritt fotografiert sie<br />

diese Malereien ab, lässt davon große Abzüge machen, um diese<br />

wiederum zu übermalen. Auf diese Weise entstehen Arbeiten, die<br />

immer mehr ins Abstrakte übergehen. Die Vorgangsweise selbst<br />

ermöglicht der Künstlerin, dem Gegenstand ihrer Untersuchung<br />

immer noch einen Schritt weit näher zu kommen. Dabei spielen<br />

Parameter wie Schärfe und Unschärfe sowie Nähe und Distanz<br />

eine Rolle. Es geht ihr aber vor allem auch um den Faktor Zeit, um

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