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Ein Jungbaum steht im Walde - Emme-Forstbaumschulen

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Baumschulen<br />

Text: Anita C. Kägi Vontobel<br />

Bilder: Anita C. Kägi Vontobel und<br />

<strong>Emme</strong> <strong>Forstbaumschulen</strong><br />

Forstbaumschule<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Jungbaum</strong> <strong>steht</strong> <strong>im</strong> <strong>Walde</strong><br />

Fast schon glaubt man, vom Weg abgekommen<br />

zu sein. Immer schmaler wird<br />

das ungeteerte Waldsträsschen, bis dann<br />

unvermittelt das Ökonomiegebäude der<br />

<strong>Emme</strong> <strong>Forstbaumschulen</strong> AG ins Blickfeld<br />

rückt und sich dahinter eine Waldschneise<br />

öffnet. «Das Gelände meiner<br />

Forstbaumschule gehörte früher der Firma<br />

Von Roll», erzählt Inhaber Jörg Hirt.<br />

«Sie hat während des Zweiten Weltkriegs<br />

hier Wald gerodet, um Kartoffeln anzubauen.»<br />

Heute wachsen und gedeihen<br />

auf der ebenen Fläche nahe der <strong>Emme</strong><br />

Abertausende von Forst- und Wildgehölzen<br />

– bis sie in Schweizer Wäldern, an<br />

Strassenböschungen, in Wildhecken,<br />

Christbaumkulturen, Grünanlagen usw.<br />

gepflanzt werden.<br />

Hochsaison von März bis Mai<br />

Neun Hektaren umfasst das Produktionsgelände<br />

rund um das Ökonomiegebäude<br />

in Wiler bei Utzenstorf. Weitere<br />

rund neun Hektaren hat Jörg Hirt in<br />

vier umliegenden Gemeinden dazugepachtet.<br />

Der Boden in Wiler hat den Vorteil,<br />

dass er leicht ist und nach Nieder-<br />

Die meisten Forstgehölze werden in<br />

Breitsaat auf Beete gesät.<br />

Nur noch wenige Betriebe in der Schweiz befassen sich mit der Aufzucht<br />

von Forst- und Wildgehölzen. <strong>Ein</strong>e davon ist die <strong>Emme</strong> <strong>Forstbaumschulen</strong> AG<br />

in Wiler bei Utzenstorf. <strong>Ein</strong> Blick hinter die Kulissen.<br />

die Gärtner-Fachzeitschrift 14/2009<br />

In all den Jahren hat sich der gelernte Förster Jörg Hirt ein grosses Wissen über Forst- und<br />

Wildgehölze erarbeitet. Heute leitet er die grösste Forstbaumschule der Deutschschweiz.<br />

schlägen rasch wieder befahren werden<br />

kann. Er hat aber den Nachteil eines<br />

recht hohen pH-Werts, was nicht alle Gehölze<br />

goutieren. Auf den gepachteten<br />

Flächen können dank den tieferen pH-<br />

Werten praktisch alle Pflanzen kultiviert<br />

werden.<br />

Die jungen Hainbuchen wurden <strong>im</strong> letzten<br />

Herbst gesät.<br />

Betreut werden die jungen Forst- und<br />

Wildgehölze von rund 13 Mitarbeitenden<br />

– umgerechnet auf Vollzeitstellen. Davon<br />

sind nur drei Männer, der Betriebsleiter<br />

und sein Stellvertreter mitgezählt. «Viele<br />

Arbeiten in einer Forstbaumschule werden<br />

traditionell von Frauen ausgeführt,<br />

das war schon <strong>im</strong>mer so», erklärt der Betriebsinhaber.<br />

Vor allem be<strong>im</strong> Sortieren<br />

und Pikieren der Sämlinge fällt viel repetitive<br />

Arbeit an, die gutes Fingerspitzengefühl<br />

erfordert und die von Frauen vielfach<br />

speditiver erledigt werden, weiss Hirt.<br />

Absolute Arbeitsspitze in der Forstbaumschule<br />

sind je nach Witterung die<br />

Monate März bis Mai. In dieser Zeit werden<br />

die Jungbäume verkauft, die Nadelgehölze<br />

gesät, alle Laubgehölze und sogar<br />

ein Teil der Nadelgehölze aufgeschult.<br />

«In sechs bis acht Wochen <strong>im</strong><br />

Frühling machen wir rund drei Viertel unseres<br />

Jahresumsatzes», erzählt Jörg Hirt.<br />

Da die Forst- und Wildgehölze in aller Regel<br />

mit nackten Wurzeln ausgeliefert und<br />

gepflanzt werden, kommt nur diese kurze<br />

Zeit <strong>im</strong> Frühling für den Verkauf in Frage.<br />

Entsprechend mehr Hände sind dann<br />

in der Forstbaumschule am Werk.


Vom Samen zum Waldbaum<br />

<strong>Ein</strong>er der augenfälligsten Unterschiede<br />

zwischen einer Forstbaumschule und einer<br />

«normalen» Baumschule ist, dass die<br />

Vermehrung in der Forstbaumschule fast<br />

ausschliesslich über Samen geschieht.<br />

Entscheidend sind nicht die Sorten oder<br />

die Sortenechtheit der Gehölze, sondern<br />

ihre Herkunft, ihr Genotyp. Wichtige Kriterien<br />

für die Forstämter und Waldbesit-<br />

Die <strong>im</strong> Mai in Reihen gesäten Fichten<br />

sind gut aufgelaufen.<br />

zer – die grössten Kundengruppen der<br />

<strong>Emme</strong> <strong>Forstbaumschulen</strong> – sind Höhenlage,<br />

Bodenverhältnisse und Exposition,<br />

in denen die Mutterbäume wachsen. So<br />

kann jeder Kunde auf die für seine Ansprüche<br />

am besten geeigneten Genotypen<br />

zurückgreifen.<br />

<strong>Ein</strong>en grossen Teil der Samen für seine<br />

Vermehrungen sammelt Jörg Hirt selbst –<br />

an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen<br />

Höhenlagen. Dazu muss er<br />

zum Teil auf die Bäume klettern, z.B. bei<br />

Tannen und Fichten. Eicheln werden am<br />

Boden aufgesammelt, unter Buchen Netze<br />

ausgelegt, um die herabfallenden Samen<br />

samt Hüllen aufzufangen und sie anschliessend<br />

in einer «Röndle» zu reinigen.<br />

Im August ihres zweiten Jahres werden<br />

die Fichtensämlinge verschult.<br />

Gesät werden die Forstbäume und<br />

Wildgehölze auf einen Meter breite Freilandbeete,<br />

manchmal in Reihen, meist<br />

aber in Breitsaat. Laubgehölzsamen<br />

kommen <strong>im</strong> Herbst in den Boden; sie<br />

ke<strong>im</strong>en <strong>im</strong> nächsten Frühling. Die Saat<br />

der Nadelhölzer erfolgt <strong>im</strong> Mai. Tannen<br />

Mit einer Pflanzmaschine<br />

werden<br />

die ein- bis zweijährigenBäumchen<br />

ähnlich wie<br />

Gemüsesetzlinge<br />

auf die Beete gepflanzt.<br />

und Fichten ke<strong>im</strong>en bereits nach zwölf<br />

bis 15 Tagen, Douglasien nach rund 30<br />

Tagen. Meist werden die Saaten mit Vlies<br />

abgedeckt, um sie vor Austrocknung<br />

und Vogelfrass zu schützen. Um dem<br />

grössten Unkrautdruck Herr zu werden,<br />

sterilisiert Jörg Hirt die Saatbeete vor der<br />

Aussaat. Nach der Ke<strong>im</strong>ung ist die Unkrautbekämpfung<br />

in den Saatbeeten reine<br />

Handarbeit.<br />

Die Nadelgehölze sind so weit, dass sie<br />

<strong>im</strong> Frühling pflanzbereit sind.<br />

Nach einer Saison <strong>im</strong> Saatbeet werden<br />

die kleinen Laubbäumchen <strong>im</strong> Spätherbst<br />

gerodet, nach Grösse und Brauchbarkeit<br />

sortiert und <strong>im</strong> Kühlraum ge -<br />

lagert. Im Frühling (April/Mai) pflanzt<br />

sie dann das <strong>Emme</strong>-<strong>Forstbaumschulen</strong>-<br />

Team mit Hilfe einer Pflanzmaschine, die<br />

auch <strong>im</strong> Gemüsebau eingesetzt werden<br />

könnte, ins Freiland. Fünf Reihen kommen<br />

auf ein Beet, sieben bis vierzehn<br />

Pflanzen pro Laufmeter, je nach Pflanzenart.<br />

Die Fichtensämlinge werden<br />

dann <strong>im</strong> August ihres zweiten Jahres verschult,<br />

um die Arbeitsspitzen des kommenden<br />

Frühlings zu brechen. «Die Nadelgehölzsämlinge<br />

sollen nach dem Verschulen<br />

nur noch Wurzeln bilden, dann<br />

bin ich schon zufrieden», erklärt Jörg<br />

Hirt. Dies garantiert ein gutes Überwintern.<br />

Die Wildgehölze werden als mehrtriebige<br />

Pflanzen verkauft, sie müssen also<br />

pinziert werden. Dies geschieht in der<br />

Forstbaumschule recht rationell: «Zuerst<br />

fahren wir mit dem Mulchgerät über die<br />

Beete, anschliessend mit einem auf rund<br />

20 cm hoch gestellten Mäher», schildert<br />

Hirt.<br />

Baumschulen<br />

die Gärtner-Fachzeitschrift 14/2009 3


Baumschulen<br />

4<br />

Nach zwei Jahren auf dem Pflanzbeet<br />

verlassen die meisten Gehölze die Forstbaumschule.<br />

Im Spätherbst werden die<br />

zwei- bis dreijährigen Bäumchen gerodet,<br />

sortiert und gebündelt und warten dann<br />

<strong>im</strong> <strong>Ein</strong>schlag <strong>im</strong> Freiland – Lärchen und<br />

Kirschen <strong>im</strong> Kühlraum – auf ihre weitere<br />

Best<strong>im</strong>mung. Die Fichten sind dann je<br />

nach Genotyp zwischen 40 bis 70 resp. 25<br />

bis 50 cm hoch, Buchen und Eichen 50 bis<br />

80, Ahorne und Eschen 120 bis 160 cm.<br />

Grössere Anwachserfolge<br />

Früher, als Jörg Hirt noch als Förster Bäume<br />

pflanzte, hat er sich oft bessere Anwachsraten<br />

der Jungbäume gewünscht.<br />

Allzu oft sei der Aufwand für die Pflanzen,<br />

die Pflanzung und vor allem für die aufwändigen<br />

<strong>Ein</strong>zelschutzmassnahmen in<br />

keinem Verhältnis zum Aufwuchs der<br />

Bäumchen gestanden. Dies hat ihn<br />

als Forstbaumschulisten dazu bewogen,<br />

sein Sort<strong>im</strong>ent mit Bäumen in Quick-Pots<br />

zu erweitern. Diese Bäume gedeihen in<br />

speziellen Multitopfplatten mit sehr<br />

tiefen, konischen Vierecktöpfen. Jeder<br />

<strong>Jungbaum</strong> hat damit einen kleinen Wurzelballen,<br />

der ihn durch das Substrat länger<br />

vor Austrocknung schützt. Im Wald<br />

sind die Anwachsraten deutlich höher<br />

und die Pflanzarbeiten rationeller, da die<br />

Wurzeln nicht mehr angeschnitten werden<br />

müssen. Bei längerer Trockenheit<br />

nach der Pflanzung müssen aber auch<br />

diese Bäume bewässert werden. Durch<br />

Nach der Hochsaison von März bis Mai ist<br />

die Unkrautbekämpfung auf den Beeten<br />

eine der wichtigsten Arbeiten.<br />

die Gärtner-Fachzeitschrift 14/2009<br />

Die Hainbuchen haben sich gut entwickelt.<br />

Sie können <strong>im</strong> Herbst gerodet und<br />

nächsten Frühling verkauft werden.<br />

die Quick-Pots lässt sich zudem der<br />

Pflanztermin um mehrere Wochen verschieben.<br />

Das Befüllen der Platten und<br />

das Pikieren der Sämlinge ist Winterarbeit<br />

in den <strong>Emme</strong> <strong>Forstbaumschulen</strong>. Doch<br />

auch die kleinen Quick-Pot-Bäumchen<br />

kommen gleich wieder ins Freiland.<br />

Wurden zu Beginn vor allem Lärchen<br />

und Douglasien in Quick-Pots angezogen,<br />

verfügt Hirt nun über ein breites<br />

Sort<strong>im</strong>ent aus den Multitopfplatten.<br />

«Zwischen sechs und acht Prozent der<br />

Bäume liefern wir inzwischen in Quick-<br />

Pots aus», schätzt er – Tendenz steigend.<br />

Autodidakt mit Zukunftsplänen<br />

Seine Karriere als Forstbaumschulist begann<br />

der ausgebildete Förster Jörg Hirt<br />

vor 24 Jahren als Pächter der damaligen<br />

A. Jäggi <strong>Forstbaumschulen</strong> in Recherswil.<br />

Da es nicht möglich war, die Baumschule<br />

zu kaufen, machte er sich <strong>im</strong> Jahr 2000 in<br />

Wiler selbstständig. Vieles von dem, was<br />

er heute weiss, hat sich Jörg Hirt selbst<br />

angeeignet. «Oft habe ich <strong>Forstbaumschulen</strong><br />

<strong>im</strong> Ausland besucht – ausgerüs -<br />

tet mit Papier und Bleistift – und habe mir<br />

alles aufgeschrieben», erinnert er sich. Er<br />

habe aber auch manchen «Lehrblätz»<br />

selber bezahlt, bis er wusste, wie lange<br />

1/2 Textinserat<br />

Die Pflanzen in Quick-Pots haben einen<br />

Wurzelballen und sind somit vor Austrocknung<br />

besser geschützt.<br />

welche Samen lagerfähig sind, wie sie<br />

stratifiziert werden müssen, um besser zu<br />

ke<strong>im</strong>en, wie viele Fichten von einem Kilo<br />

Samen zu erwarten sind, dass es Jahre<br />

gibt, in denen die Eichen praktisch keine<br />

Samen produzieren, wie das Wachstum<br />

durch Unterschneiden reguliert werden<br />

kann usw. Er hat auch miterlebt, dass es<br />

<strong>im</strong>mer weniger <strong>Forstbaumschulen</strong> in der<br />

Schweiz gibt und braucht: «In den<br />

1970er-Jahren wurden noch jährlich zwischen<br />

18 und 20 Mio. Forstgehölze in die<br />

Schweizer Wälder gepflanzt. Heute sind<br />

es noch zwischen zwei und drei Mio.», so<br />

Hirt. <strong>Ein</strong>erseits setzen die Förster heute<br />

vermehrt auf Naturverjüngung des <strong>Walde</strong>s,<br />

andererseits sind die Pflanzabstände<br />

viel grösser als früher.<br />

All sein Wissen will Jörg Hirt nun schon<br />

bald seinem Sohn Marc weitergeben, der<br />

derzeit noch Erfahrungen in verschiedenen<br />

anderen Baumschulen sammelt. Er<br />

wird den Betrieb zusammen mit dem<br />

derzeitigen Stellvertreter S<strong>im</strong>on Schori<br />

übernehmen. Dann wird Jörg Hirt wieder<br />

mehr Zeit für seine Leidenschaft haben:<br />

dem Sammeln, Aufbereiten und Aussäen<br />

der einhe<strong>im</strong>ischen Gehölze – als «Angestellter»<br />

seines Sohnes und seines jetzigen<br />

Stellvertreters.

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