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Die Gegenwärtigkeit von Vergangenem - Thomas Loth

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Inhalt<br />

Vorbemerkung<br />

Teil I<br />

<strong>Die</strong> erste Begegnung mit den Namen „Gerhart Hauptmann“ in Schwerin/Mecklenburg Seite 01<br />

Begebenheiten<br />

Der Dichter Gerhart Hauptmann im Schulunterricht Seite 06<br />

Aufführung <strong>von</strong> „Fuhrmann Henschel“ in der Volksbühne in Berlin Seite 07<br />

Episode in der Gerhart Hauptmann Allee Seite 06<br />

„Hauptmanns Hund“ Seite 09<br />

Aufenthalt der Familie Hauptmann in Berlin - Müggelheim Seite 11<br />

Gerlindes Fund 2000-Zeitungsausschnitt aus dem Jahre 1946 Seite 11<br />

Rekonstruktion des Ereignisses, dass zum Einzug ins Haus führte Seite 12<br />

Kopie des Zeitungsartikels Seite 13<br />

Fragen, die wir stellten und versuchten zu beantworten Seite 13<br />

Teil II<br />

Häuser, in denen Gerhart Hauptmann gewohnt hat. Seite 16<br />

Fotos der Häuser Seite 16<br />

I. Hiddensee Seite 17<br />

II. Agnetendorf (Jagniatkow) Oktober 2000 Seite 18<br />

III. Erkner Seite 21<br />

Verabredung in Erkner im Jahre 2006 Seite 21<br />

Johannes R. Becher 10.Klasse Seite 22<br />

Johannes R.(Robert) Becher und Gerhart Johann Robert Hauptmann Seite 24<br />

Definition für Hauptmann und Becher Seite 25<br />

Ausstellungsräume mit Informationen über Theateraufführungen Seite 25<br />

Realisierung des Testamentes <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann Seite 26<br />

Gerhart Hauptmann Vermächtnis Seite 26<br />

16.08.2010 – Seite 1 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

12627 Berlin Rathener-Straße 16 Tel. 030 - 9987194


Teil III<br />

Text der Familie zum Lesen gegeben Seite 27<br />

Überlegungen- Entscheidung Entweder- Oder Seite 27<br />

Entledigung Seite 28<br />

Herr S. und Herr Dr. L.- Im Januar 2010 Seite 29<br />

Treffen in Berlin -Müggelheim Mai 2010 Seite 31<br />

Juni 2010 Neuenhagen Seite 32<br />

Anlage 1-Text der Hymne der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) Seite 34<br />

Literaturnachweis Seite 35<br />

16.08.2010 – Seite 2 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

12627 Berlin Rathener-Straße 16 Tel. 030 - 9987194


<strong>Die</strong> <strong>Gegenwärtigkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Vergangenem</strong><br />

über Gerhart Hauptmann<br />

Vorbemerkung<br />

Geschichten, die ich erlebte und die in Verbindung mit den Namen <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann stehen<br />

ziehen sich wie ein roter Faden durch mein Leben. <strong>Die</strong>se Ereignisse habe ich aufgeschrieben und sie<br />

unter drei Gesichtspunkten gegliedert.<br />

<strong>Die</strong> Geschichten im ersten Teil sind außerhalb und unabhängig <strong>von</strong> mir geschehen. Ich konnte<br />

keinen Einfluss darauf ausüben. Ich bin in diese hineingeboren worden. So wie man sich die Eltern,<br />

die herbeiführen das man geboren wird, auch nicht aussuchen kann.<br />

<strong>Die</strong> Geschichten im zweiten Teil beinhalten das aktive Nachfragen und erkunden was für ein Mensch<br />

Gerhart Hauptmann war. Wie er gelebt, gewohnt und gearbeitet hat.<br />

Der Dritte Teil entstand unter dem Gesichtspunkt der Veröffentlichung meiner Aufzeichnungen über<br />

Gerhart Hauptmann.<br />

I.Teil<br />

<strong>Die</strong> erste Begebenheiten mit den Namen „Gerhart Hauptmann“ in<br />

Schwerin/Mecklenburg<br />

Das erste Mal lernte ich den Namen Gerhart Hauptmann 1950 kennen. Ich musste Gerhart<br />

Hauptmann ständig schreiben und sagen.<br />

Wenn ich gefragt wurde, wo wohnst du, antwortete ich: „In der Gerhart Hauptmann Straße“.<br />

Wurde ich gefragt, wie heißt die Schule, die Du besuchst? So antwortete ich: “Ich besuche die<br />

Gerhart Hauptmann Schule“.<br />

<strong>Die</strong> Ursache dafür war, dass mein Vater eine Arbeitsstelle in Schwerin / Meckl. erhalten hatte.<br />

Er kümmerte in dieser Stadt um eine Wohnung für die Familie. Als diese gefunden war, zog meine<br />

Mutter mit uns Kindern <strong>von</strong> Halle an der Saale in Sachsen/Anhalt nach Schwerin in Mecklenburg um.<br />

Nachdem ich die erste Klasse in Halle, in der Goethe- Schule absolviert hatte, besuchte ich dann<br />

<strong>von</strong> der zweiten Klasse an die Gerhart- Hauptmann-Schule in Schwerin.<br />

<strong>Die</strong> Umstellung auf die andere Umgebung viel mir nicht leicht. Für mich war sehr vieles neu und ich<br />

musste erst einmal Freundschaften schließen.<br />

In dem Charakterfundament zwischen den Menschen aus Sachsen/Anhalt und Schwerin/Mecklenburg<br />

liegen Welten. Auch in der Sprache sind die Unterschiede groß.<br />

In Schwerin sprachen die Einheimischen „platt.“ Wir waren sozusagen Ausländer mit unserem „Sing-<br />

Sang“ in der Stimme und der damit vorhandenen Aussprache. Es dauerte lange bis ich den Namen<br />

Gerhart Hauptmann richtig schreiben konnte.<br />

Ich kam aus einer Gegend in der man die Buchstaben „T“ und „P“ unterscheidet in ein weiches „T“ das<br />

entspricht einen „D“ und einem weiches „P“ das entspricht einem „B“.<br />

Das Wort „Gerhart“ und „Haupt“ zu schreiben bereitete mir deshalb einige Probleme.<br />

Gerhart endet hinten mit einem „harten „T“ und nicht mit einem weichen „T“.<br />

Ende der zweiten Klasse hatte ich wohl dieses Problem gemeistert da ist aus dem Wort „Haupdmann“<br />

oder „Haubtmann“ ein Hauptmann geworden.<br />

Nun, beim Niederschreiben der Geschichte, und den dafür benötigten Informationen habe ich gelesen,<br />

dass der Geburtsname <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann „Gerhard“ war, also doch mit weichen „T“ geschrieben<br />

wurde. Ich hätte vielleicht mit einem Fehler weniger im Deutschdiktat eine Zensur besser erhalten!<br />

Ab wann und warum er das „T“ benutzte, ist mir nicht bekannt.<br />

Erkundet habe ich, dass er auf den Namen Gerhard Johann Robert getauft wurde. <strong>Die</strong> Schreibweise<br />

seines Vornamens änderte Hauptmann später.<br />

Es ist nur merkwürdig mit der Einschätzung der Wahrheit.<br />

Was einmal richtig ist, kann unter anderem Gesichtspunkten wieder falsch sein.<br />

Mir machte das Schreiben des Namens Schwierigkeiten. Bei dem Einrichten der Wohnung stellte sich<br />

meine Eltern auch ein Problem. Es bestand darin was für ein Bild die Wand schmücken sollte.<br />

Bei den Deutschen war es über Generationen üblich, dass ein Bild des gerade regierenden<br />

Staatsmannes an der Wand im Wohnzimmer hing.<br />

Nun hing dort ein Stalinbild, wo früher ein Kaiser- oder Hitlerbild gehangen hatte. Bei christlichen<br />

Familien schmückte die Wand ein Bild „Jesus mit der Dornenkrone“ oder eine „Kreuzigung“, bei<br />

wieder anderen hing dort ein „Röhrender Hirsch“ oder ein „Blumenstillleben“.<br />

16.08.2010 – Seite 3 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

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Zwischen meinen Eltern muss es darüber wohl starke Diskussionen darüber gegeben haben was für<br />

ein Bild an die Wand unseres Wohnzimmers gehangen wird.<br />

Ein Porträt <strong>von</strong> Stalin kam für meine Mutti generell nicht in Betracht. Sie sagte: „In meiner Familie hing<br />

nie ein Porträt eines Politikers an der Wohnzimmerwand. Wenn ich für eine Sache bin, bekunde ich<br />

dieses anders als mit einem Porträt des Politikers an der Wand. Meinetwegen kannst du es hinhängen<br />

wo du willst, aber nicht im Wohnzimmer“. Sie beharrte auf ihren Standpunkt.<br />

Mein Vater, als Kommunist, wollte durch das anbringen des Porträts seine Verbundenheit mit der<br />

Politik der Sowjetunion bekunden.<br />

Über dem Sofa im Wohnzimmer hing ein Ölgemälde.<br />

Ich denke das Porträt <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann war eine Kompromisslösung.<br />

So hing ein kleines Porträt <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann an der kleinen Wandfläche neben dem Fenster im<br />

Wohnzimmer.<br />

Mein Vater hatte die Begründung dafür, dass es kein Porträt <strong>von</strong> Stalin war.<br />

Ich bin Schlesier und in Breslau geboren.<br />

Er sagte: „Gerhart Hauptmann ist ein großer deutscher Dichter, der in Schlesien wohnte und die<br />

Mühsal des Volkes in seinen Dramen schilderte. Er war mit dem großen russischen Schriftsteller<br />

Maxim Gorki befreundet.“ Daran war nichts zu bemängeln.<br />

<strong>Die</strong>ses war die positive Seite.<br />

<strong>Die</strong> negative Seite war, dass unter der Macht Stalins die Schlesier 1946 aus ihrem Land vertrieben<br />

wurden. So musste meine Großmutter und meine Tanten Breslau 1946 verlassen.<br />

Auf Grund der politischen Verhältnisse drängte mein Vater darauf, dass wir endlich ein Porträt <strong>von</strong><br />

Stalin an die Wand hängen sollten. Meine Mutti sagte: „Ich hänge, im Sinne <strong>von</strong> strangulieren, keinen<br />

noch lebenden Menschen auf!<br />

War sie schon gegen Personenkult?<br />

Ich wusste damals nicht, dass das Fehlen eines Stalinbildes in der Wohnung eines Kommunisten<br />

weitgreifende Konsequenzen haben konnte. Mein Vater wusste es. Deshalb redete er meiner Mutti<br />

immer wieder zu das Bild auszutauschen.<br />

Er sagte: „Du wirst doch nicht wegen so ein Foto unsere Familie aufs Spiel setzen“. Man hätte zur Not<br />

als Argument für das fehlen des Bildes die Krankheit meiner Mutter anführen können, doch ob dann<br />

die Familie zusammengeblieben wäre, wusste man auch nicht.<br />

Mir war es egal, wer da „hing“.<br />

Ich sah also jeden Tag das Bild <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann.<br />

Gerhart Hauptmann hatte auf dem Bild seine abstehenden Haare, fast wie einen Heiligenschein.<br />

Irgendwie anbetungswürdig.<br />

Meine Omi achtete darauf, dass ich gekämmt zur Schule ging. Sie flocht mir jeden morgen meine<br />

Haare zu Zöpfen.<br />

Wenn ich wieder mal unordentlich um die Haare aussah bekam ich die Ermahnung „kämme dich“. Ich<br />

rebellierte. Gerhart Hauptmann hat auch nicht seine Haare gekämmt und seine Haare sehen viel<br />

zerzauster aus, als meine. Ja, wenn du erst einmal so berühmt bist wie er, dann kannst du mit einer<br />

ausgefallenen Haarfrisur herumlaufen. Jetzt kämme dich.<br />

Ich stellte mir vor, wie dann meine Haarfrisur aussehen würde. Vielleicht eine Haarseite länger als die<br />

andere, oder die Haare „hoch stehend“ frisiert wie bei Gerhart Hauptmann? Ich kam zu keiner<br />

Entscheidung. Doch zu der Erkenntnis, dass auch so eine ausgefallene Frisur Pflege braucht. Nun<br />

bedauerte ich Gerhart Hauptmann sogar. Wie lange muss der vor dem Spiegel gestanden haben, um<br />

so auszusehen.<br />

Eines Tages im März, wir hatten nach den ersten Schulstunden „Schulfrei“ bekommen und wir durften<br />

nach Hause gehen. Dort angekommen ging ich ins Wohnzimmer. Mir fiel sofort auf, dass an der Stelle<br />

wo sonst das Bild <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann hing nun das Porträt vom Genossen „Josef<br />

Wissarionowitsch Dschugaschwili “ – Stalin zu sehen war. Meine Mutter hatte den Wunsch meines<br />

Vaters erfüllt.<br />

Es war eine eigentümliche Stimmung im Raum. Durch das Fenster fielen diffuse Lichtstrahlen. Ich sah<br />

das erste Mal bewusst, wie die Staubkörner sich in den Lichtstrahlen bewegten. Auch die Luft ist kein<br />

hohler Raum. <strong>Die</strong>se sonst nicht sichtbaren Staubpartikel sind immer vorhanden. Sie umschließen<br />

jedes Lebewesen und Gegenstand und dringen durch die Atmung ins Lebewesen, in die Körper ein.<br />

Sie lösen Gegenstände auf. „Aus Staub bist du geworden, zu Staub wirst du werden“, dieses steht<br />

schon in der Bibel. Doch dieses mit eigenen Augen zu sehen kommt einer Enthüllung gleich.<br />

Mir war als müsste ich mit viel Kraftaufwand aus diesem Lichtkegel, der mit den Partikeln gefüllt war,<br />

treten, um das Bild an der halbdunklen Fensterseite zu betrachten.<br />

Nun stand ich davor und sah mir dieses Porträt intensiv an.<br />

Mir gefiel das Porträt <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann besser als das <strong>von</strong> Stalin.<br />

Es fiel mir schwer eine Begründung dafür zu finden.<br />

Gerhart Hauptmann hat vielleicht einen unzufriedenen, eigensinnigen, abgehärmten, leidenden<br />

Gesichtsausdruck? Er könnte verraten, dass er die Probleme im Leben kritisch betrachtet und<br />

eingeschätzt hat.<br />

Oder ist es ein herabschauender forschender Blick?<br />

16.08.2010 – Seite 4 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

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Vielleicht empfand ich wie Max Liebermann. <strong>Die</strong>ser sagte <strong>von</strong> einen Porträt <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann<br />

im Jahre 1892:<br />

„Einen schöneren Kopf gibt es kaum. Er ist der große deutsche Dichter, auch weil er so aussieht.“<br />

Gerhart Hauptmann Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili – Stalin<br />

Stalin benutze seit 1912 den Namen (der Stählerne). Ich empfand, dass er auf dem Foto einen<br />

strengen in die Ferne schweifenden fast belauernden Blick besaß, der gebietend in die Welt sah. <strong>Die</strong><br />

Uniform, die er trug, unterstrich noch seine befehlende Persönlichkeit.<br />

Er war ein Georgier.<br />

Er war „geschniegelt und gebügelt“, wie meine Omi zu sagen pflegte. Nichts <strong>von</strong> Unordentlichkeit. So<br />

korrekt und ordentlich sollte er uns als Vorbild dienen!<br />

So stand ich einige Zeit vor dem Bild. <strong>Die</strong>sen Wechsel im Ausdruck der Gesichter musste ich erst mal<br />

verarbeiten.<br />

Ein Zitat <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann erklärt die Unterschiede vortrefflich.<br />

Es lautet:<br />

„Abhängigkeiten? Ja! Durch Liebe, aber nicht durch Furcht.“<br />

Ich wusste damals nicht, dass es so ein Zitat <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann gibt.<br />

Bei Stalin müsste es heißen:<br />

„Abhängigkeiten? Ja! Durch Furcht, aber nicht durch Liebe.“<br />

Ich hatte das Vergleichen der Porträts kaum verarbeitet, da kam mein Vater nach Hause. Es war am<br />

späten Vormittag und außergewöhnlich, dass er um diese Tageszeit nach Hause kam.<br />

Es war der 05.03.1953.<br />

Meine Mutti empfing ihn mit den Worten: „Ich habe Stalin aufgehängt.“<br />

Mein Vater legte den Finger an den Mund. Er sah sehr bedrückt aus. „Was habe ich denn schon<br />

wieder falsch gemacht? Nun habe ich dir doch endlich den Gefallen getan“: sagte sie. Da erwiderte<br />

mein Vater: „Du kannst ihn wieder abhängen, - er ist heute gestorben. Oder lasse ihn doch hängen.“<br />

Viele Menschen wussten nach dem Tode <strong>von</strong> Stalin nicht, welchen Ablauf die politische Entwicklung<br />

nehmen würde.<br />

Musste man immer noch den Finger an den Mund legen und flüstern oder konnte man es wagen die<br />

polischen und wirtschaftlichen Probleme in der Öffentlichkeit zu sagen?<br />

Wegen dieser Umstände kann ich mich an die Porträts <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann und Stalin erinnern,<br />

aber nicht mehr daran, was für ein Bild danach an dieser Stelle hing.<br />

16.08.2010 – Seite 5 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

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Der Dichter Gerhart Hauptmann im Schulunterricht<br />

Mein Vater wechselte die Arbeitsstelle wieder und unsere Familie zog im Jahre 1956 nach Berlin. Das<br />

Problem Staatsmännerporträts an den Wohnzimmerwänden zu hängen war nicht mehr aktuell.<br />

In der Schule trat Gerhart Hauptmann nun wieder in mein Leben.<br />

Nun erfuhr ich, dass Gerhart Hauptmann am 15. November 1862 in Ober-Salzbrunn (Schlesien)<br />

heutiges Szczawno Zdrój geboren wurde und erst am 6. Juni 1946 in Agnetendorf (Schlesien)<br />

heutiges (Jagniatków) gestorben war.<br />

Es ist schon eigenartig festzustellen, dass ein Bild <strong>von</strong> einem Menschen im Wohnzimmer an der<br />

Wand hing, der noch vor ein paar Jahren gelebt hatte. Ich dachte, dass Gerhart Hauptmann zu den<br />

Deutschen Dichtern gehörte, zu den Klassikern, wie Goethe, die schon „lange“ gestorben waren.<br />

Aber, dass ein Bild <strong>von</strong> einen vor „kurzem“ Gestorbenen an unsere Wohnzimmerwand zu sehen war,<br />

setze mich nachträglich in Verwunderung. Bilder <strong>von</strong> verstorbenen Familienangehörigen im<br />

Wohnzimmer, dass ist noch nachvollziehbar. Aber <strong>von</strong> Fremden???<br />

Auch lernten wir im Deutschunterricht derzeit Gerhart Hauptmanns Leben und seine Werke kennen.<br />

Er wurde uns als Vertreter des Naturalismus und des kritischen Realismus vorgestellt.<br />

Seine Sozialkritik, die er in seinen Dramen übte, wurde als Beispiel für die positive Tradition des<br />

bürgerlichen deutschen Humanismus erläutert.<br />

Wir wurden vertraut gemacht, dass charakteristisch für seine naturalistischen Werke die Fülle der<br />

Milieuschilderungen und die Vielfalt der Figuren aus allen Schichten der Bevölkerung sind. In ihnen<br />

beschrieb er präzise die sozialen Ereignisse und Situationen in denen sich die handelnden Personen<br />

befanden.<br />

Im Drama „<strong>Die</strong> Weber“ brachte er das Proletariat (den „vierten Stand“) als selbstständig handelnde<br />

Kraft auf die Bühne. Gerhart Hauptmanns Drama „<strong>Die</strong> Weber“, gestaltet künstlerisch den<br />

Schlesischen Weberaufstand.<br />

Im Jahre 1892 stellte er zunächst das gesellschaftskritische Drama im schlesischen Dialekt als "De<br />

Waber" fertig. Aus der Darstellung seiner handelnden Personen und der Sprache erkannte man seine<br />

Verbundenheit mit dem Volk und seiner schlesischen Heimat.<br />

Er stellte Menschen, die Reformen anstreben und die Gesellschaft verändern wollten in den<br />

Mittelpunkt.<br />

Kurz nach der Fertigstellung des Dramas erfolgte die Uraufführung im Jahre 1892 im Deutschen<br />

Theater Berlin.<br />

Kaiser Wilhelm II. war als Stammgast anwesend. Er war empört über die Aufführung und kündigte<br />

sofort seine dortige Loge.<br />

<strong>Die</strong> Aufführung wurde damals durch den Berliner Polizeipräsidenten verboten. So ein Aufsehen<br />

erregte sie.<br />

Wir mussten in der Schule das Textbuch lesen. Es gehörte zur Pflichtliteratur, als ich zur Schule ging.<br />

Gerhart Hauptmann war der Repräsentant des deutschen Naturalismus in der Literatur. Im Jahre 1912<br />

wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen.<br />

Ab dem Jahr 1933 zog Gerhart Hauptmann sich für längere Zeit aus der Öffentlichkeit zurück. Er<br />

versäumte es jedoch, gegen das NS-Regime Stellung zu nehmen.<br />

Anlässlich seines 80. Geburtstages im Jahre 1942, nahm Joseph Goebbels eine offizielle Ehrung vor.<br />

Sie bestand darin, dass<br />

„<strong>Die</strong> Gesammelten Werke in der Ausgabe letzter Hand“<br />

neu verlegt wurden.<br />

Ein weiteres bekanntes Drama <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann das wir behandelten war „Fuhrmann<br />

Henschel.<br />

Hier steht im Mittelpunkt das mit Sorgen beladene Individuum, das leidet und scheitert, weil es keine<br />

Lösungen zum Beheben seiner Probleme findet.<br />

So wurden mir einige Eindrücke des Lebens und der Inhalte seiner Werke vermittelt und ich lernte<br />

Gerhart Hauptmann unter einem anderen Gesichtspunkt einen Rang zu zuweisen.<br />

Darum sind mir <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann die Werke „<strong>Die</strong> Weber“ und „Fuhrmann Henschel“ am<br />

bekanntesten.<br />

16.08.2010 – Seite 6 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

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Aufführung <strong>von</strong> „Fuhrmann Henschel“ in der Volksbühne in Berlin<br />

<strong>Die</strong> Berufsschule besuchte ich ab September 1959. Ein Teil der Lehrlinge aus unserer Gruppe hatte<br />

ein Theateranrecht abgeschlossen. Das ermöglichte uns eine Theaterkarte zu einem geringen Preis,<br />

als an der Theaterkasse zu erweben. Damit war auch festgelegt einmal im Monat ins Theater zu<br />

gehen.<br />

Meine damalige Freundin aus dem Lehrlingskreis hieß Barbara, sie wollte <strong>von</strong> uns „Bambi“ genannt<br />

werden. Sie wandelte ihren Namen so um, dass er mit den Namen des Filmpreises übereinstimmte.<br />

Ihre Marotte akzeptierten wir. Es ist ihr „Künstlername“, wie wir sie neckten. Sie wollte Schauspielerin<br />

werden und sie ging regelmäßig in eine Laiengruppe für Kabarett. Dort wolle sie schon Schauspiel -<br />

Erfahrungen sammeln. Wir beide haben viele Theateraufführungen und Konzerte gemeinsam<br />

besucht.<br />

Im März des Jahres 1960 wurde in der Volksbühne Berlin, das erste Mal nach Kriegsende das Drama<br />

„Fuhrmann Henschel“ <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann, aufgeführt.<br />

Durch unser Theateranrecht erhielten wir für diese Aufführung Karten.<br />

Es war Zufall, dass für uns in diesem Monat die „Volksbühne“ auf den Veranstaltungsplan stand und<br />

das Datum auf den 22.März fiel. <strong>Die</strong> Theaterkarten waren restlos ausverkauft.<br />

<strong>Die</strong> Sensation war, dass mit schlesischem Dialekt gesprochen wurde. In der Sprache, in der es<br />

Gerhart Hauptmann geschrieben hatte.<br />

Den „Fuhrmann Henschel“ spielte 1960 nicht so ein berühmter Schauspieler wie Eduard <strong>von</strong><br />

Winterstein 1916 oder Emil Jannings 1932.<br />

Aus der „Spielzeitchronik 1953 bis 1960“ der Volksbühne ist folgende Besetzung zu entnehmen;<br />

"FUHRMANN HENSCHEL" / Gerhart Hauptmann<br />

P: 22. März 1960<br />

Regisseur: Erich-Alexander Winds<br />

Bühnenbild/Kostüme: Herbert Pfeiffenberger<br />

Darsteller: Manja Behrens, Hannelore Schüler, Steffie Spira, Albert Garbe, Karl Körner, Erwin<br />

Adlerhold, Wilfried Ortmann, Joachim Konrad<br />

Je näher der Tag der Aufführung kam, umso mehr stieg der Wert der Eintrittspreise. Wenn wir für die<br />

Karte 8 (Ost) Mark, ich glaube es waren nur 5 (Ost) Mark, bezahlt hatten, so wurden nun 20 (West)<br />

Mark dafür geboten. 20 (West) Mark entsprachen 80 (Ost) Mark und das entsprach der Höhe unserer<br />

monatlichen Lehrlingsentlohnung.<br />

<strong>Die</strong> 0,05 Pfennig Kulturbeitrag, die für jede Eintrittskarte erhoben wurde, habe ich bei der Berechnung<br />

vernachlässigt.<br />

Bei dem Gewinn, den man durch den Verkauf erzielen konnte, kam man schon in die Versuchung sich<br />

das Theaterstück nicht anzusehen und die Karten zu verkaufen.<br />

Doch wir entschieden für uns dafür ins Theater zu gehen. Geld ist nicht alles was zählt. Wir konnten<br />

uns zu den „Auserwählten“ zählen, die eine Theaterkarte besaßen. So traten wir „das Glück nicht mit<br />

Füssen“, sondern gingen ins Theater.<br />

Eine Überlegung hatte ich noch. Da ich wusste, dass es für meinem Vater eine große Freude<br />

gewesen wäre ein Drama <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann , seinen so verehrten Dichter, im Theater zu sehen<br />

wollte ich ihm meine Karte geben damit er sich das Drama ansehen kann. Doch er willigte nicht ein. Er<br />

sagte: „Ohne deine Mutter sehe ich mir das Stück nicht an, und mit ihr auch nicht, es würde sie zu<br />

sehr aufregen.“<br />

So kam der Tag Aufführung.<br />

Das Theater “<strong>Die</strong> Volksbühne“ war voll. Mir kam es vor, als ob sich alle Schlesier hier trafen. <strong>Die</strong><br />

Westberliner Bürger konnten auch ins Theater kommen. Es gab noch keine „Mauer“.<br />

War es politisch gesehen ein verdecktes „Schlesiertreffen“ oder „Vertriebenentreffen“?<br />

Mich interessierte es nicht. Ich wollte das Theaterstück <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann erleben!<br />

Wir gingen in den Theatersaal. Der Vorhang hob sich. Das Bühnenbild war düster.<br />

Hier die Kurzfassung des Inhalts des Dramas.<br />

In der Kellerstube des Gasthofs "Grauer Schwan", in einem schlesischen Badeort, lebt Fuhrmann<br />

Henschel mit seiner Frau und dem halbjährigen Töchterchen. Frau Henschel liegt krank zu Bett.<br />

<strong>Die</strong> junge dralle Magd Hanne Schäl versorgt den Haushalt. Sie ist zwar eine fleißige Arbeitskraft, aber<br />

grob und frech zu ihrer kranken Herrin. Umso mehr leidet die Kranke darunter, dass ihr Mann offenbar<br />

gut mit dem Mädchen auskommt. Sie zwingt ihm das Versprechen ab, dass er Hanne nicht heiratet,<br />

falls sie sterben sollte.<br />

Hanne hat ein Geheimnis. Sie hat eine uneheliche Tochter <strong>von</strong> sechs Jahren. <strong>Die</strong>se wohnt bei<br />

Hannes Vater in einem benachbarten Dorf.<br />

Nachdem Frau Henschel und ihr kleines Kind gestorben sind, sorgt sich der Gasthofpächter<br />

Siebenhaar um den bekümmerten Henschel und rät ihm, wieder zu heiraten. Henschel vertraut ihm<br />

16.08.2010 – Seite 7 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

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an, dass er die tüchtige Hanne gern nehmen würde, sich aber an das Versprechen gebunden fühlt,<br />

dass er seiner Frau gab. Schließlich überwindet er aber seine Bedenken und heiratet Hanne. Sie, die<br />

sich als Frau Henschel nun für etwas Besseres hält, zeigt ihr wahres Gesicht und macht sich bei den<br />

anderen Dorfbewohnern durch Geiz und Bosheit schnell unbeliebt. Darüber hinaus betrügt sie<br />

Henschel mit einem Kellner.<br />

Henschel will die Verbindung mit Hanna retten und bringt überraschend Hannes Tochter mit nach<br />

Hause, als Beweis seiner Liebe zu ihr. Doch nun erkennt er, dass ihr an dem Kind gar nichts liegt. Sie<br />

geraten in heftigen Streit.<br />

Damit nicht genug, Im Dorf kursieren Gerüchte, dass die erste Frau Henschel keines „natürlichen<br />

Todes“ gestorben sei. Henschel, wegen Hanne auch <strong>von</strong> seinen früheren Freunden zunehmend<br />

isoliert, beginnt an seiner zweiten Ehe zu zweifeln.<br />

Er glaubt, nun für das gebrochene Versprechen gegenüber seiner 1. Frau bestraft zu werden.<br />

Henschel kann die entstandenen persönlichen und die gesellschaftlichen Widersprüche nicht lösen.<br />

Von Schuldgefühlen zerrüttet, geht er freiwillig in den Tod.<br />

Soviel vom Inhalt des Dramas.<br />

Wir schauten uns das Drama an. Bambi neben mir, rutschte ab und zu hin und her. Für mich ein<br />

Signal, dass sie nicht zufrieden war. Mich berührte der 1. Akt nicht sonderlich.<br />

Dann geschah etwas Unvorhersehbares. In einer Szene läuft Fuhrmann Henschel in langer Unterhose<br />

und langärmligen Unterhemd mit Schlafmütze und einem Kerzenhalter, über die Bühne. Der<br />

Kerzenhalter hatte die Form eines Tellers an dem eine Öse befestigt war, in die man zum besseren<br />

Tragen den Zeigefinger steckte. Ein bekannter Haushaltsgegenstand. Auf der rechten Seite im<br />

Hintergrund steht ein Bett.<br />

Ich sah plötzlich „Onkel Fritz“ aus „Max und Moritz“ <strong>von</strong> Wilhelm Busch vor mir. Ich wollte mich gerade<br />

zu Bambi wenden, um ihr dies zu sagen, da flüsterte sie mir ihre Assoziation ins Ohr: „Der schiebt<br />

Reklame für „Damol“ - „Damol tut wohl“.<br />

Das war ein bekanntes Mittel, gegen Magen oder Darmschmerzen und hieß nichts anderes als<br />

Fuhrmann Henschel muss die Toilette aufsuchen.<br />

Trotz der Traurigkeit des Monologes, erheiterte mich die Bemerkung. <strong>Die</strong> Theaterbesucher hinter uns<br />

zischten schon.<br />

Man kann in solchen Situationen keine Erklärung für das Publikum abgeben. Wer hat schon solche<br />

Gedanken in einem so traurigen Stück?<br />

In der Pause der Aufführung wollte ich gehen. Bambi fragte mich: „Warum? Verstehst du den Text<br />

nicht? Mir macht es auch Schwierigkeiten zuzuhören. Doch ich möchte noch sehen, wie es ausgeht.“<br />

Um uns herum sprachen alle Besucher sehr leise. Sie waren des Lobes voll über diese Aufführung.<br />

Man verbarg den schlesischen Dialekt in der Unterhaltung nicht. Man gab sich zu erkennen. Man<br />

versuchte herauszufinden aus welcher Gegend in Schlesien man kommt. Konnte ich da was<br />

Schlechtes über das Stück sagen? Ich wollte Bambi meine Gründe nicht im Theater kundgeben, wo<br />

viele Personen mithören konnten.<br />

Außerdem wusste ich, dass mein Vater mich fragt, wie mir das Stück gefallen hat. Ich wusste ich<br />

muss es loben. Es wäre nicht schön gewesen ihn zu sagen, dass ich schon nach der Pause<br />

gegangen bin.<br />

Wir blieben und sahen uns die Theaterbesucher an.<br />

Viele Besucher trugen ausgesuchte Garderobe, sogar Pelz und teurer Schmuck wurde an diesem<br />

Abend getragen.<br />

Doch auch wir Beide hatten uns für den Theaterbesuch gut angezogen. Das Auffälligste, war unsere<br />

Haarfrisur. Normalerweise trugen wir die Frisur „Pferdeschwanz“ Dazu wurden alle Haare am<br />

Hinterkopf hochgekämmt und das Haarbüschel mit einem Band zusammen gehalten. Zu besonderen<br />

Anlässen, und der Theaterbesuch war so einer, kämmten wir das Haar auf eine Seite und ließen es<br />

auf eine Schulter herabfallen. Natürlich in Wellen, die wir vorher erzeugt hatten, indem wir die Haare<br />

wuschen und auf dicke Haarwickler drehten. Danach wurden sie trocken gefönt. So erzielte man<br />

Locken die eine beachtliche Haarfülle darboten.<br />

Zwei heranwachsende junge Frauen geschminkt mit dieser Haarfrisur müssen auffallen. Wir wollten,<br />

dass man uns Beachtung schenkt ob Positiv oder im Negativ - aber Auffallen -dieses war uns wichtig.<br />

Ob wir deshalb beachtet wurden oder aus anderem Grund kann ich nicht sagen.<br />

Wir beobachteten die luxuriös gekleideten Personen wie Sie durch die Theatergänge gingen. Ihr Blick<br />

fiel auf uns <strong>von</strong> oben herab, arrogant. Ihre Nase war nach oben gerichtet. Es gibt dafür eine<br />

Redensart, wenn man so erhaben daher schreitet „Pass auf, dass es nicht rein regnet.“<br />

Den Blicken, den wir nicht ausweichen konnten deutete ich so „Was sucht ihr denn hier, ihr<br />

„Proletarierkinder“ aber vielleicht waren sie brüskiert über unser Erscheinungsbild. Offene Haare dazu<br />

geschminkt, dass grenzt an Unsittlichkeit bei „gut Bürgerlichen“.<br />

Mir war unbehaglich zu Mute.<br />

Wir blieben und nahmen nach der Pause unsere Plätze wieder ein.<br />

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Bis zur Pause stand für mich die kranke Frau Henschel im Mittelpunkt, danach war es Herr Henschel<br />

der die Probleme seiner Ehe zu lösen hatte.<br />

Wir verließen das Theater und gingen zusammen zur S-Bahn Station.<br />

Auf der Straße konnte ich nun meine Meinung über das Stück Bambi mitteilen und meine jetzigen<br />

Probleme.<br />

Das Gespräch eröffnete ich, indem ich zu Bambi sagte: „Das Verstehen der Sprache war für mich kein<br />

Problem. Wenn sich meine Tanten mit meinem Vater unterhalten reden sie nur so. Ich bin <strong>von</strong><br />

Kindheit her mit diesem Dialekt aufgewachsen. Nun verstehe ich auch, warum mein Vater Gerhart<br />

Hauptmann so verehrt hat. Wir haben hier en Klang der schlesischen Sprache gehört.<br />

Aber das war für mich nicht das Wichtigste. Für mich ist etwas anderes <strong>von</strong> Wichtigkeit. Ich sagte zu<br />

Bambi: „Nun sage ich es nur Dir, meine Mutter ist schwanger“.<br />

<strong>Die</strong> Erörterung der Nöte und Probleme in diesem Drama sind genau die Nöte und Probleme meiner<br />

Eltern. Sie sind so realistisch, bis ins Detail dargestellt und behandelt.<br />

Nun kannst du mich ein bisschen verstehen, warum ich in der Pause gehen wollte. Das Theater habe<br />

ich jeden Tag zu Hause. Das muss ich mir nicht im Theater ansehen. Aber dadurch, dass wir bis zum<br />

Ende der Vorstellung geblieben sind kann ich das Problem <strong>von</strong> einer anderen Perspektive aus<br />

betrachten.“<br />

Bis jetzt hatte ich nur die Probleme im Einzelnen gesehen, nun wurde mir der Zusammenhang klar.<br />

Ich hatte Angst um meine Mutter, aber dass mein Vater die Probleme nicht bewältigen könnte, ist mir<br />

erst durch dieses „Drama“ erkennbar gemacht worden.<br />

Mir wurde nochmals bewusst, dass eine Schwangerschaft tödlich enden kann, was für Probleme bei<br />

den Eltern anstehen und wie die Kinder behandelt werden können, wenn ein Elternteil stirbt.<br />

Ich habe große Angst um meine Eltern. Ich mache mir Sorgen wie es “Jetzt“ und „Danach“ in unserer<br />

Familie mit den Haushalt und dem Zusammenleben mit meinen Schwestern weiter gehen wird.<br />

Nach einer Weile sagte ich: „Du weißt ja, dass meine Mutter chronisch krank ist und ihr ein Tumor aus<br />

dem Kopf entfernt wurde.<br />

<strong>Die</strong> Ärzte wollen aber eine Schwangerschaftsunterbrechung nicht vornehmen, wegen der geltenden<br />

Gesetze, der Erhaltung des Lebens. Meine Eltern gehen zu den unterschiedlichsten Gremien, um den<br />

Antrag dafür genehmigt zu bekommen, aber sie erhalten keine Zustimmung.<br />

Ich verstehe es nicht!<br />

Meine Mutter hat doch fünf Kinder geboren. Da<strong>von</strong> hat sie zwei Kinder mit Kaiserschnitt zur Welt<br />

gebracht. Ein Kind, ein Junge ist im Alter <strong>von</strong> fünf Monaten gestorben. Nun noch eine Entbindung! Ist<br />

das human?<br />

Ich verstehe es nicht!<br />

Würden wir in einem anderen Staat leben oder hätten wir genügend Geld, wer die<br />

Schwangerschaftsunterbrechung möglich!<br />

Meine Mutter kann genauso bei der Schwangerschaftsunterbrechung an der Narkose wie an der<br />

Entbindung sterben. Wer will dieses Risiko aufnehmen?<br />

Wenn sie stirbt, ist mein Vater mit vier Kindern und dem Baby alleine. Mein Vater könnte sich das<br />

Leben nehmen, dann sind wir Kinder ohne Eltern! Müssen wir dann ins „Heim“ oder werden wir an<br />

Pflegeeltern verteilt? Das alles sind Gedanken, die mir durch den Kopf gehen.“<br />

Ich stellte Bambi die Frage: “Kann ich als „Älteste“ mit fast 18 Jahren das Sorgerecht für das Baby<br />

erhalten? Will meine Mutter wieder mal ein Baby im Hause haben?<br />

Eigentlich könnte ich theoretisch schon ein Baby bekommen. Dann hätte meine Mutter auch ein Baby<br />

zu Hause. Aber ein „uneheliches Kind“ war für meinen Vater nicht vorstellbar und ich wollte noch kein<br />

Baby! Es war nur eine Überlegung.<br />

Bambi sagte: „Wenn Du schwanger würdest zu gleicher Zeit wie Deine Mutter dann wäre es ein Fall,<br />

wo Onkel und Neffe fast gleich alt sind. Müssen sie dann auch „Sie“ zueinander sagen?“. Ich wusste,<br />

dass in einigen Familien die Anstandsregeln eingehalten wurden und man den älteren Onkel oder<br />

Tante mit „Sie“ anredete. Nur wenn diese dass „Du“ anboten, durfte man sie damit ansprechen. <strong>Die</strong>se<br />

Fragestellung interessierte mich im Augenblick nicht so sehr. Ich lies Bambi reden. Wollte sie meine<br />

düstere Stimmung damit vertreiben? Oder belastete ich sie mit Problemen, die ihr fremd waren?<br />

Ich begann das Thema Schwangerschaftsverhütung zu erörtern. <strong>Die</strong> Pille gab es noch nicht, eine<br />

Schwangerschaftsunterbrechung war eine Straftat.<br />

„Gut erzogene“ junge Frauen und Männer heirateten, wenn es „Passiert“ war. Dadurch war zu dieser<br />

Zeit die Verantwortung <strong>von</strong> Frau und Mann höher. Der Mann mit dem man sich „einließ“ könnte der<br />

Vater des Kindes werden, die Frau mit der ein Mann sich „einließ“ könnte die Mutter des Kindes<br />

werden. Es gab eine Redewendung<br />

„Statt „dessen“ Apfel essen.“<br />

Es war das sicherste Schwangerschaftsverhütungsmittel. Doch das half mir nichts um meine<br />

Probleme zu lösen.<br />

Trost oder einen Ratschlag konnte Bambi mir nicht geben. Es war aber für mich eine Erleichterung mit<br />

jemanden darüber gesprochen zu haben.<br />

Dann waren wir am S-Bahnhof angekommen und verabschiedeten uns.<br />

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Mein Vater erkundigte sich am nächsten Tag, wie mir das Stück gefallen hat. Ich musste ihn über<br />

meine Eindrücke erzählen. Da wurden meine Äußerungen die ich zu Bambi gesagt habe ins Positive<br />

gekehrt. Ich erzählte ihm nicht den eigentlichen Inhalt. Nur verschwommen. Ich wollte seinen Gerhart<br />

Hauptmann loben, um ihn eine Freude zu machen. Ich wollte ihm nicht seine Probleme vor Augen<br />

führen. Beim Erzählen stand er mir gegenüber und hörte mir mit gesenktem Kopf zu, wie ein Junge<br />

der vor seiner Mutter oder Lehrerin steht und lauscht um jedes Wort zu hören.<br />

Als ich das Ende des Dramas erzählte, beobachtete ich ihn sehr stark. Ich sah keine Regung in der<br />

Körperhaltung, die darauf schließen lies, dass er sich mit ähnlichen Gedanken trug wie „Fuhrmann<br />

Henschel“.<br />

Nach dem Ende des Berichtes erhob mein Vater sein Haupt. Ich sah in Augen die strahlten. Während<br />

meines Erzählens muss er weit in seine Vergangenheit gewesen sein.<br />

Mein Vater habe ich wohl das erste Mal in meinen Leben hoch geachtet, weil er sich trotz aller<br />

belastenden Umstände, die das Leben mit sich brachte, immer um seine Familie sorgte. Ich traute ihm<br />

keinen Selbstmordgedanken zu.<br />

Meine Mutter entband im November 1960 einen Sohn. <strong>Die</strong>ser starb im Alter <strong>von</strong> vier Monaten. Meine<br />

Mutter starb 1967 im Alter <strong>von</strong> 46 Jahren. Unsere jüngste Schwester mit 15 Jahren wohnte noch bei<br />

unserem Vater. Wir anderen „Kinder“ hatten unsere eigenen Familien. Mein Vater heiratete einige<br />

Jahre später noch einmal.<br />

Wieder steht der Name Gerhart Hauptmann in Beziehung zu unserer Familie.<br />

So schließt sich der Kreis.<br />

<strong>Die</strong> zweite Frau meines Vaters, verbrachte ihren Lebensabend in dem Senioren – Wohnpark Erkner.<br />

Er befindet sich, wie sollte es anders sein, in der Gerhart Hauptmann Straße 12.<br />

Im April 2006 sind meine Schwestern und ich, Sie besuchen gegangen. Sie kann nicht mehr aus dem<br />

Bett aufstehen und wird rund um die Uhr gepflegt. Sie lag mit dem Kopf auf ihren Kissen. Sie hat<br />

schlohweißes, starkes Haar. Es ist kurz geschnitten. <strong>Die</strong> Haare sind aber so lang, dass sie wie beim<br />

Gerhart Hauptmann einen Kranz bilden, der auch bei ihr, die ehemaligen Autorität unterstrich.<br />

Episode in der Gerhart Hauptmann Allee<br />

<strong>Die</strong>ses Vorkommnis was mir hier widerfuhr veranlasste mich mir Gedanken zumachen wie ich mein<br />

zukünftiges Leben gestalten will.<br />

Will ich alleine leben? Sozusagen ein Single- Dasein führen und über meine Taten allein bestimmen?<br />

Oder will ich nun endlich heiraten, mich irgendwie einordnen? Ich beschloss bei mir<br />

Erstens, du bis zu deinem 25 Geburtstag verheiratet und das erste Kind wird geboren, oder<br />

Zweitens, du heiratest erst mit 34 Jahren, dann aber ohne Kinder.<br />

<strong>Die</strong> Variante 1 bedeutete für mich volles Risiko. <strong>Die</strong> Problemkreis Ehe und darin die Kindererziehung.<br />

<strong>Die</strong> Variante 2 war leichter. In dieser wurde das Problem Kindererziehung ausgeschlossen.<br />

Ich hatte Angst zu heiraten und wohl auch Angst, dass meine geborenen Kinder früh sterben könnten.<br />

Das Leben fügte sich so, dass „erstens“ zur Realität wurde.<br />

„Hauptmanns Hund“<br />

Als zukünftige Frau vom Siegfried zog ich 1967 in das Haus der Familie <strong>Loth</strong> in Berlin - Müggelheim<br />

Grünstadter Weg 14-18.<br />

Siegfried erzählte mir, dass nach Kriegsende im Jahre 1945 seine Mutter mit den fünf Kindern,<br />

mehrere Male das Haus verlassen mussten, weil die Russen es und den Garten in Beschlag nahmen.<br />

Im Sprachgebrauch hießen die Angehörigen der Sowjetarmee „Russen“. Es war egal aus welcher der<br />

15 Unionsrepubliken, Ukrainische SSR, Kirgisische SSR oder Georgische SSR usw., sie kamen.<br />

Mutti (Charlotte <strong>Loth</strong>) war zu der Zeit 36 Jahre alt. <strong>Die</strong> zugewiesenen Wohnungen befanden sich in<br />

Berlin - Müggelheim. Im Grünstadter Weg bei Zanni, bei Müller im Krampenburger Weg, dann bei<br />

Troppens, um die wichtigsten zu nennen.<br />

In dieser schweren Zeit hat ihr Lotti, eine Verwandte ihres Mannes beigestanden und geholfen sowohl<br />

bei der Kindererziehung wie bei der Bewältigung der anstehenden Probleme. Schon die<br />

Nahrungsbeschaffung für alle war eine grundlegende sich täglich wiederholende Schwierigkeit, die<br />

diese Frauen meisterten.<br />

Da kann es schon passieren, dass die Kinder in einer „freien Minute“ an der Haustür und an den<br />

Wohnungstüren Kratzspuren beim Spielen oder Herumtollen hinterlassen. Irgendwann fragte ich<br />

Siegfried wie diese entstanden sind. Er sagte: „Das war „Hauptmanns Hund“.<br />

Bei „Hautmanns Hund“ dachte ich es wäre der Hund <strong>von</strong> einem „russischen“ Hauptmann gewesen.<br />

Doch die grammatische Formulierung hatte mich etwas stutzig gemacht. „Hauptmanns Hund“ hat die<br />

Spuren hinterlassen“ ist doch nicht richtig. Es müsste heißen „Der Hund vom Hauptmann“!<br />

Es konnte eine Kurzfassung in der berlinerische Sprache sein, dachte ich.<br />

Ich dachte nie daran, dass es der Hund vom Dichter Gerhart Hauptmann gewesen sein könnte.<br />

<strong>Die</strong> Familienmitglieder wussten Bescheid, was sich hinter der Formulierung verbarg. Das Ereignis<br />

geschah in den nicht guten Zeiten für die Familie. Es wurde geschwiegen.<br />

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Durch Zufall wurde mir der grammatikalische Fehler erklärt.<br />

Mitte der 70erJahre ging ich zur beruflichen Weiterbildung. Frau Doktor N. gab uns in Philosophie<br />

Unterricht. In einem Gespräch stellten wir fest, dass wir beide in Berlin - Müggelheim wohnen. Sie<br />

sagte, dass sie „Am Müggelberg“ wohnt. Wir waren erstaunt, dass wir uns in Berlin - Müggelheim noch<br />

nie gesehen hatten. Ich sagte ihr, dass ich im Grünstadter Weg wohne und beschrieb ihr die Lage.<br />

„Da muss ich ja täglich vorbei! Das ist doch das Haus, indem Gerhart Hauptmann auf seiner<br />

Überführung nach Hiddensee untergebracht war“: sagte sie. Mir fiel ein „Hauptmanns Hund“.<br />

So ein Ereignis!<br />

Nicht nur das Bild <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann an der Wand in Schwerin, sondern nun auch der Sarg im<br />

Wohnzimmer in Berlin - Müggelheim!<br />

Aufenthalt der Familie Hauptmann<br />

Am Abend fragte ich meine Schwiegermutter, ob das mir erzählte seine Richtigkeit hat. Sie bestätigte<br />

es mir. Ich hatte bis zu diesem Zeitraum nie da<strong>von</strong> gehört. dass hier im Haus der Sarg vom<br />

Schriftsteller Gerhart Hauptmann stand, und seine Familie und Angehörige hier zeitweilig gewohnt<br />

hatten.<br />

Charlotte <strong>Loth</strong> erzählte. Dann hörte ich die Geschichte.<br />

„Im April 1945 besetzten die Russen Berlin - Müggelheim und errichteten in Alt Müggelheim 14 die<br />

Ortskommandantur. Es wurde ein deutscher Bürgermeister berufen und er bildete die provisorische<br />

Gemeindeverwaltung. Anfang Juli 1946 erließ der Magistrat <strong>von</strong> Berlin eine Verordnung in der die<br />

Beschlagnahme des Vermögens aller Naziführer vom Zellenleiter aufwärts und der Personen, die sich<br />

aktiv für die NSDAP einsetzten anordnete.<br />

Weiter erzählte sie: „Mitte Juli 1946 wurde meinem Mann, Ulrich <strong>Loth</strong>, durch Herrn B., Einwohner <strong>von</strong><br />

Müggelheim Bescheid gegeben, dass er sich in der Kommandantur Alt- Müggelheim 14 melden soll.<br />

Er kam seiner Pflicht nach und ging hin. Er wurde in Haft genommen. Konnte aber noch einige Zettel<br />

schreiben, die ich aufgehoben habe. Er hatte sich nichts vorzuwerfen und hoffte bald wieder bei der<br />

Familie zu sein. Doch er wurde Ende Juli nach Sachsenhausen ins ehemalige Konzentrationslager<br />

der Nazis gebracht. Nachdem haben wir nie mehr etwas <strong>von</strong> ihm erfahren.<br />

Wir wurden mehrere Male aus dem Haus ausquartiert. Das letzte Mal hatte die „Sowjetische<br />

Militärverwaltung“ das Haus auserwählt, um die Witwe Gerhart Hauptmanns sowie den Zinksarg mit<br />

der sterblichen Hülle Gerhart Hauptmanns und den sie begleitenden Künstlern und Bekannten eine<br />

Unterkunft zu bieten. Von hier wurde der Sarg nach Hiddensee überführt.“<br />

Schwiegermutter erzählte weiter:<br />

„Ich versuchte vieles, um mit meinen fünf Kindern wieder ins Haus zu ziehen. Ein Versuch bestand<br />

darin, eine Gelegenheit zu nutzen, um Frau Hauptmann erfahren zu lassen, dass die Eigentümerin<br />

des Hauses daraus verwiesen wurde und noch in Berlin - Müggelheim mit ihren Kindern lebt. Das<br />

gelang mir.“ Nachdem Frau Hauptmann gehört hatte, dass in diesem Haus eine Frau mir fünf Kindern<br />

gewohnt hat, soll sie gesagt haben: „Ich kann doch einer Mutter mit fünf Kindern das Haus nicht<br />

wegnehmen“ oder „Ich will nicht in einem Haus leben, dass einer Frau mit fünf Kindern gehört“.<br />

Schwiegermutter sagte; „Ich zog mit den Kindern und Lotti Ende 1946 wieder in das Haus.“<br />

Damit beendete sie ihre Darlegung der Ereignisse in dieser Zeit.<br />

So hatte Mutti in Frau Gerhart Hauptmann vielleicht eine Fürsprecherin?<br />

Sie kann sich mit ihrer Persönlichkeit sogar eingesetzt haben, dass Mutti wieder in das Haus einzieht?<br />

Doch ob Frau Hauptmann etwas dazu beigetragen hat, ist nicht bewiesen.<br />

Der Fund im Jahre 2000 - Zeitungsausschnitt aus dem Jahre 1946<br />

Es ist Tradition, dass sich Ostern die Söhne <strong>von</strong> Ulrich und Charlotte <strong>Loth</strong>, und die dazugehörigen<br />

Angehörigen in Berlin - Müggelheim zum Kaffeetrinken treffen. Siegfried und Familie bereiteten<br />

diesmal die Kaffeetafel. Manfred <strong>Loth</strong> mit Frau und einige seiner Familienangehörigen kamen aus<br />

Köpenick zu uns. Achim mit Frau und Familienangehörigen, sowie Harald, die in Berlin - Müggelheim<br />

zu Hause sind, gesellten sich zeitweise dazu.<br />

Es war der Ostermontag im April 2000. Das Wetter lies es zu und wir saßen im Garten.<br />

Nach den üblichen Austauschen <strong>von</strong> Informationen wurden wir <strong>von</strong> Manfreds Frau, die im Nachlass<br />

ihrer Mutter einen Zeitungsartikel aus dem Jahre 1946 gefunden hatte, mit diesem vertraut gemacht.<br />

<strong>Die</strong>ser Artikel ist ein Bericht, der über die Überführung der sterblichen Hülle <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann<br />

<strong>von</strong> Agnetendorf (Jagniatkow) bis Hiddensee schildert.<br />

Als wir uns alle mit den Inhalt vertraut gemacht hatten, wurde das Gesprächsthema darauf gelenkt.<br />

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Rekonstruktion des Ereignisses<br />

So könnte das Gespräch zu Ostern 2000 stattgefunden haben.<br />

Wir unterhielten uns über die Varianten wie das Gespräch zwischen Mutti und Frau Margarete<br />

Hauptmann stattgefunden haben kann. Gründe, die den Einzug in das Haus beeinflusst haben<br />

können-<br />

<strong>Die</strong> vier Brüder Harald, Manfred, Siegfried und Joachim versuchten sich zu erinnern.<br />

Joachim sagte: „Ich weiß nichts, ich war noch zu klein.“<br />

Siegfried sagte: „Mutti oder Lotti hat uns in den Garten, an der Garage vorbei, in den Garten<br />

geschickt. Ich kann mich nur daran erinnern, das wir, ich war nicht alleine, im Garten standen und ein<br />

großer Hund über den Rasen lief. Wir hatten große Angst vor ihm. Ich habe mich hinter der Eiche<br />

versteckt. <strong>Die</strong> Eiche steht immer noch im Garten.“<br />

Wir versuchten das Ereignis zu rekonstruieren. Es könnte so gewesen sein.<br />

Während des Aufenthaltes <strong>von</strong> Frau Hauptmann im Haus hat Mutti die Kinder in den Garten<br />

geschickt, denn sie kannte ja die Handhabung des Verschlusses an der Tür am hinteren Eingang. Von<br />

dort schickte sie die Kinder an der Garage vorbei, in den Garten damit sie gesehen werden und ihre<br />

Anwesenheit Aufsehen erregt. <strong>Die</strong> Anwesenheit <strong>von</strong> Kindern hat seine eigene Wirkung. Wenn sie<br />

gefragt werden „Was machst ihr hier?“ und darauf die Antwort kommt, ich habe hier immer gespielt, in<br />

diesem Haus ist mein Zimmer oder ähnliches so gibt es Anlass zum Denken. Mutti wird am<br />

Gartenzaun außerhalb des Grundstückes gestanden haben, um die Sache zu beobachten und notfalls<br />

einzugreifen.<br />

Manfred erzählte es anders. Er sagt, dass Mutti und Kinder an der vorderen Gartentür standen. Dann<br />

hat sie an der Haustür geklingelt, um mit Frau Hauptmann zu sprechen?<br />

So konnte sie ihr Problem direkt erläutern.<br />

Daraus ist zu folgern, dass Mutti vermutlich mehrere Male am Haus oder im Garten gewesen ist.<br />

Aber, ob der Hergang wirklich so wahr, weiß keiner.<br />

Der große Hund war ein Schäferhund. Darüber bestand Einigkeit.<br />

<strong>Die</strong> Angst vor großen Hunden ist bei Beiden bis heute geblieben. An mehr können sie sich nicht mehr<br />

erinnern.<br />

Das Interesse daran den Zeitungsartikel zu diskutieren, um unseren Wissensdrang zu befriedigen war<br />

nun beachtlich gestiegen.<br />

Zunächst wurde Manfred Frau gefragt: „Warum hat Deine Mutti diesen Zeitungsartikel aufbewahrt“.<br />

Sie sagte: „Meine Mutter, Frau Bach, war leider nicht im Berlin-Friedrichshagen Dichterkreis<br />

eingebunden. Sie war zu jung, um diesen Kreis anzugehören. Doch sie schrieb eigene Gedichte.<br />

Sie wohnte und wir wohnen in Berlin-Köpenick.“<br />

Berlin-Friedrichshagen ist ein Teil <strong>von</strong> Berlin –Köpenick. Erkner ist nur ca. 6 Kilometer <strong>von</strong> Berlin-<br />

Friedrichshagen entfernt.<br />

Um 1885 wurde Friedrichshagen zu einer Zufluchtsstätte bekannter Literaten.<br />

Der Friedrichshagener Dichterkreis "Durch!" war eine lose Vereinigung <strong>von</strong> Schriftstellern des<br />

Naturalismus. <strong>Die</strong> naturbegeisterten Gründer des „Friedrichshagener Dichterkreises“, Bruno Wille<br />

(1854-1904) und Wilhelm Bölsche (1861-1939) aus Berlin, verband eine enge Freundschaft zu<br />

Gerhart Hauptmann, der in Erkner <strong>von</strong> 1885-1888 wohnte.<br />

Als Wilhelm Bölsche Friedrichshagen 1893 verließ, löste sich der Dichterkreis auf.<br />

<strong>Die</strong> Vermutung liegt nahe, dass Frau Bach, sich ohne Zweifel für Literatur interessierte und ihr auch<br />

der Friedrichshagener Dichterkreis bekannt war.<br />

Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass Sie, den Zeitungsartikel über Gerhart Hauptmann, aufbewahrte.<br />

Manfreds Frau war nur verwundert über den Zufall. Sie sagte: „Meine Mutter konnte zu der Zeit nicht<br />

wissen, dass ich in Berlin - Friedrichshagen die Gerhart-Hauptmann-Schule besuchen werde. Sie<br />

konnte auch nicht wissen, dass ich mir einen Mann fürs Leben erwählen werde indessen Vaterhaus<br />

der Sarg <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann gestanden hat.<br />

Danach erzählte sie auch eine Geschichte aus ihrer Schule in Bezug auf Gerhart Hauptmann.<br />

„Mein Direktor an der Gerhart Hauptmann Schule hieß Herr Sack. Er hatte Militärdienst geleistet und<br />

sich bis Mitte der 50er Jahre den Befehlston noch nicht abgewöhnt. Wie ein Hauptmann gab er seine<br />

Anweisungen. Deshalb erhielt er <strong>von</strong> uns Schülern den Spitznamen „Hauptmann Sack“. Wieder das<br />

Spiel mit dem Wort Hauptmann als Offiziersgrad und Familienname.<br />

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Kopie des Zeitungsartikels<br />

Hier ist nun der Artikel, der den Aufenthalt <strong>von</strong> Frau Margarete Hauptmann in Berlin - Müggelheim<br />

bestätigt.<br />

Zitat aus der Täglichen Rundschau vom 23.Juli 1946.<br />

Major Dymschitz, Chef der Kulturabteilung der Sowjetischen Militärverwaltung „brachte Frau<br />

Hauptmann und die Mitglieder ihres Hauses nach einer ländlichen Villa in Müggelheim bei Köpenick,<br />

in der Frau Margarete Hauptmann wohnen wird.“<br />

Auf Grund des Zeitungsartikels wird klar, dass die Überführung des Leichnams <strong>von</strong> Gerhart<br />

Hauptmann ein bedeutendes öffentliches Ereignis war.<br />

Fragen, die wir stellten und versuchten zu beantworten<br />

Auf Grund des Zeitungsartikels stellten sich diese und jene Fragen ein.<br />

Es wurden viele Interpretationen und Vermutungen erörtert.<br />

Einige konnten wir durch unser Wissen bestärken, andere konnten nicht beantwortet werden.<br />

Ich fragte: „Wieso hat die Familie nicht ihr Haus in Erkner benutzt. War es zu der Zeit <strong>von</strong> der<br />

sowjetischen Armee besetzt oder unbewohnbar?<br />

<strong>Die</strong> Menschen der Sowjetunion haben Gerhart Hauptmann in allen Ehren gehalten. Hauptmann war<br />

einer der ersten in Europa, der seine Stimme gegen die zaristische Tyrannei erhoben hat und im<br />

Briefwechsel mit Maxim Gorki stand. Gerhart Hauptmann hatte die Bildung der sowjetischen Republik<br />

befürwortet.<br />

<strong>Die</strong> Bestattung auf Hiddensee wurde durch die sowjetischen Offiziere vorbereitet<br />

Der sowjetische Kulturoffizier Oberst Sergej Tjulpanow hielt eine Trauerrede.<br />

Deshalb kann es eigentlich <strong>von</strong> der sowjetischen Seite nicht der Grund sein!<br />

Wollte Frau Margarete Hauptmann das Haus in Erkner nicht betreten, weil Gerhart Hauptmann hier<br />

mit seiner ersten Frau Marie und den drei Söhnen vier Jahre lang gewohnt hat?“<br />

In diesem Kreis ist es nicht zu klären.<br />

Siegfried wollte wissen, ob Frau Hauptmann in Berlin - Müggelheim bleiben wollte?<br />

<strong>Die</strong> Vermutung, dass Frau Hauptmann nicht in Berlin - Müggelheim bleiben wollte wird dadurch<br />

unterstrichen, dass die literarisch-wissenschaftliche Gesellschaft „Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft“<br />

im Jahre 1952 in Baden-Baden gegründet wurde. <strong>Die</strong> Grundlage für sie war der handschriftliche<br />

Nachlass <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann, der sich in der Obhut Benvenuto Hauptmanns, des Sohnes <strong>von</strong><br />

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Margarete Hauptmann, befanden. Er nahm sie Ende Februar/Anfang März 1945 aus Agnetendorf<br />

(Jagniatkow) mit, um sie in seiner Wohnung in Süddeutschland sicher aufzubewahren.<br />

Frau Hauptmann war zu der Zeit über 70 Jahre alt und so ist es menschlich voll zu verstehen, dass<br />

sie in die Nähe ihres Sohnes wohnen wollte, um nach den Strapazen der letzten Zeit in der Familie<br />

einbezogen zu leben.<br />

Nun war <strong>von</strong> allgemeinem Interesse in welchen Zimmer der Sarg gestanden hat?“<br />

<strong>Die</strong> Tochter <strong>von</strong> Siegfried, sagte: „Oma (Charlotte <strong>Loth</strong>) hat gesagt, er stand auf dem Boden im<br />

Dachgeschoß, im „Sommerzimmer“ <strong>von</strong> Harald. Siegfried sagte darauf: „Es kann nicht sein. <strong>Die</strong><br />

Konstruktion der Leitertreppe zum Dach lässt es nicht zu“.<br />

Es stellt sich die Frage, ob Oma die Enkelin beruhigen wollte, damit sie keine Angst bekommt wenn<br />

sie erfährt, dass ein Sarg in dem Wohnräumen stand.<br />

<strong>Die</strong> Söhne waren alle einer Meinung, er hat im „Herrenzimmer“ gestanden.<br />

Doch Harald, Manfred, Siegfried und Joachim wissen alle nicht, wer die Personen waren, die mit Frau<br />

Hauptmann im Haus wohnten.<br />

Harald fragten wir, da er der Ältere <strong>von</strong> den Anwesenden Brüdern ist, was er noch weiß? Er sagte:<br />

„Frau Margarete Hauptmann war mit einer Anzahl <strong>von</strong> Personen hier im Haus. Wie viele und wer es<br />

war, weiß ich auch nicht. Der Zinksarg hat im „Herrenzimmer“ gestanden. Das Zimmer war leer. <strong>Die</strong><br />

„Russen“ und auch Nachbarn hatten in den davor liegenden Monaten viele Einrichtungsgegenstände<br />

und Bücher aus dem Haus entfernt.“<br />

Nun tat sich die Frage auf, wie lange denn der Sarg im Haus stand.<br />

Auskunft darüber konnten wir nun aus dem Zeitungsartikel aus dem Jahre 1946 der „Täglichen<br />

Rundschau“ vom 23.Juli 1946, entnehmen.<br />

Am 06.06.1946 ist Gerhart Hauptmann in seinem Haus „Wiesenstein“ gestorben. Sein Leichnam<br />

wurde in einem Zinksarg aufbewahrt und im Arbeitszimmer seines Hauses abgestellt.<br />

Erst am 21.07.1946 wurde der Sarg zur Überführung nach Deutschland abgeholt. Am Abend des<br />

Tages traf der Zug mit der Familie und den Sarg in Berlin-Niederschöneweide ein. <strong>Die</strong> Fahrt ging<br />

weiter bis nach Berlin - Müggelheim. Für den 27.07.1946 wurde der Weitertransport über Stralsund<br />

geregelt.<br />

In Stralsund fand am 27. Juli eine große Trauerfeier statt, bei der der Sarg im Rathaus aufgebahrt<br />

wurde und Wilhelm Pieck (Mitbegründer der SED und <strong>von</strong> 1949 bis zu seinem Tode 1960 der erste<br />

und einzige Präsident der DDR), Johannes R. Becher (Präsident des Kulturbunds) und der<br />

sowjetische Kulturoffizier Oberst Sergej Tjulpanow (Sowjetischer Kulturpolitiker; Chef der<br />

Informationsverwaltung der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) Trauerreden hielten.<br />

Am 28. Juli 1946 fand bei Sonnenaufgang die Beisetzung auf dem Friedhof <strong>von</strong> Kloster auf Hiddensee<br />

statt.<br />

So befand sich der Sarg mit Gerhart Hauptmann fast 8 Wochen in Agnetendorf (Jagniatkow) und nur<br />

6 Tage hier im Haus in Berlin - Müggelheim. Man kann es nahezu unerwähnt lassen.<br />

Warum ist er nicht in Agnetendorf (Jagniatkow) in Schlesien gegraben worden, fragte die Tochter <strong>von</strong><br />

Manfred?<br />

Es herrschten noch Nachkriegszustände. Im Mai 1945 wurden alle ehemaligen deutsche Gebiete<br />

durch die Rote Armee besetzt, im Juni desselben Jahres folgte die polnische Verwaltung.<br />

Alle deutschen Staatsangehörigen mussten den Kreis Hirschberg (Jelenia Góra), der nun polnisch<br />

war, verlassen. Das betraf auch Gerhart Hauptmann. <strong>Die</strong> offiziellen Stellen stellten den “Wiesenstein”<br />

in “Agnetendorf (Jagniatkow), unter ihren Schutz und behandelten Gerhart Hauptmann<br />

zuvorkommend und mit Hochachtung, sodass er seinen Auszug aus dem Haus „Wiesenstein<br />

hinausschieben konnte. Für Freunde und Bekannte <strong>von</strong> Gerhart Hauptmanns wurde ein Schutzbrief<br />

ausgestellt. Am 7. April 1946 appellierte der sowjetrussische Oberst Sokolow nochmals an Gerhart<br />

Hauptmann und besprach mit ihm das letzte Angebot zur Übersiedlung nach Berlin. <strong>Die</strong> Aussiedlung<br />

aller Deutschen stand bevor. Vielleicht wurde hier schon der Termin für die Übersiedlung nach<br />

Deutschland für den Juli des Jahres festgelegt?<br />

In der Zeit danach sagte Gerhart Hauptmann zu Gerhart Pohl, Schriftsteller und Freund des Hauses:<br />

“Ich werde natürlich gehen – die Füße zuerst!” Er starb im Juni.<br />

Dann fragte eine andere Tochter <strong>von</strong> Manfred: „Wenn es so ein bedeutender Dichter war, und einen<br />

Nobelpreis erhielt, wieso hat er dann nicht die <strong>von</strong> Prominenten bevorzugte Insel Sylt in<br />

Westdeutschland ausgewählt sondern die in Ostdeutschland liegende Insel Hiddensee?<br />

Frau Hauptmann musste die Entscheidung treffen für den Ort seiner Beisetzung. Sie entschied sich<br />

für Hiddensee.<br />

Siegfried sagte: “Was dem einen Sylt ist dem anderen Hiddensee.“<br />

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Wir fanden einige Begründungen, dass Hiddensee der geeignete Ort war.<br />

1. Gerhart Hauptmann sagte: “Wenn ich nicht fürchten müsste, meine guten Schlesier zu kränken, so<br />

möchte ich am liebsten auf diesem schlichten Friedhof <strong>von</strong> Hiddensee meinen ewigen Schlaf<br />

schlafen."<br />

2. Gerhart Hauptmann besuchte im Jahre 1885 das erste Mal Hiddensee. Es war der Ort der ihn<br />

immer wieder anzog. Er verbrachte einige Zeit der Sommermonate, in den Jahren 1885 bis 1943, auf<br />

Hiddensee.<br />

Hier erwarb er 1930 ein kleines Anwesen das "Haus Seedorn". Er ließ es umbauen.<br />

3. In den „Goldenen Zwanziger“ verbrachten viele Prominente ihren Urlaub auf Hiddensee. So hatte er<br />

viele Freunde und Bekannte hier unter anderem auch Gustav Gründgens und Eduard <strong>von</strong> Winterstein.<br />

4. Was soll ein Dichter, der das Leben der Proletarier beschreibt auf Sylt? Er war vielleicht noch<br />

niemals auf der Insel!<br />

5. Im Oktober 1945 fuhr Johannes R. Becher Präsident des “Kulturbundes zur demokratischen<br />

Erneuerung Deutschlands” nach Agnetendorf (Jagniatkow), um Gerhart Hauptmann zu besuchen. In<br />

einem Gespräch bat Johannes R. Becher ihn um seine Mithilfe bei der demokratischen Erneuerung<br />

Deutschlands. Gerhart Hauptmann sagte: „Ich stelle mich zur Verfügung.“<br />

<strong>Die</strong>se Zusage ist ein Grund mehr warum Ostdeutschland und nicht Westdeutschland für den Ort der<br />

Beisetzung gerechtfertigt war.<br />

Wie hat sich das Leben <strong>von</strong> Margarete Hauptmann nach der Beisetzung auf Hiddensee gestaltet, war<br />

eine weitere Frage.<br />

Harald erzählte: „Nach der Beisetzung kam Frau Margarete Hauptmann nach Berlin - Müggelheim<br />

zurück. Es muss so im August 1946 gewesen sein als sie dann nach dem Westen umgesiedelt ist.<br />

Danach verlies <strong>von</strong> der „Hauptmann-Begleitung“ einer nach dem anderen das Haus. Daraus ist zu<br />

folgern, dass sie ungefähr zwei Monate das Haus bewohnten.<br />

Dann zog Mutti so im Oktober /November 1946 mit uns wieder rein.<br />

Nur die Spuren <strong>von</strong> „Hauptmanns Hunds“ waren an den Wohnungstüren noch zu sehen. Ich habe sie<br />

so gut es ging beseitigt.“ Er schaute zu Joachim und sagte: „Nun sind sie nicht mehr zu sehen, denn<br />

es ist eine neue Eingangstür sowie neue Wohnungstüren eingebaut worden.“<br />

Wie hat sich das Leben <strong>von</strong> Frau Hauptmann danach gestaltet?<br />

Nach der Beisetzung <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann besuchte Margarete Hauptmann die Insel nie wieder.<br />

Sie starb 1957 in Ebenhausen bei München. Erst 1983 wurde sie in Hiddensee beigesetzt. <strong>Die</strong>s<br />

veranlasste ihre Enkeltochter Anja Hauptmann.<br />

Ich machte den Vorschlag in die Runde eine Gedächtnistafel anzubringen, die darauf hinweißt, dass<br />

der Sarg mit den Leichnam <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann hier im Haus gestanden hat. Damit wollte ich sie<br />

alle provozieren. Es gelang.<br />

Zum wiederholten Male erzählten sie, dass in ihrer Schulzeit viele Schulklassen im Rahmen des<br />

Deutschunterrichtes zum „<strong>Loth</strong>schen Haus“ geführt wurden, um die Stätte zu sehen, in der Gerhart<br />

Hauptmanns Sarg gestanden hat. Es waren nur sechs Tage! Das war uns schon damals unangenehm<br />

und peinlich genug. Harald sagte: „Das fehlte gerade noch! So etwas nicht noch einmal“! Alle vier<br />

anwesenden Brüder waren sich einig. So etwas ist unerträglich und es wird daran kein Gedanke<br />

verschwendet.<br />

16.08.2010 – Seite 15 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

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II.Teil<br />

Häuser, in denen Gerhart Hauptmann gewohnt hat.<br />

Das Gespräch wurde nun auf die Häuser gelenkt, in denen Gerhart Hauptmann gelebt hat. Er lebte in<br />

Szklarska Poreba (Schreiberhau), in Erkner bei Berlin<br />

Kloster auf Hiddensee und in Jagniatow (Agnetendorf).<br />

Eigentlich müsste man die Häusern in denen Gerhart Hauptmann gelebt hat mal gemeinsam<br />

besuchen“: sagte Joachim. Doch wir wussten, dass dieses nur ein Phantasiewunsch bleibt.<br />

In Kloster auf Hiddensee ist der Standort, wo die Wirkungsstätte original erhalten ist.<br />

In Agnetendorf, das heute polnische Jagniatkow und Schreiberhau, das heute polnische Szklarska<br />

Poreba, sind Orte in Polen früher Schlesien, in denen Hauptmann lange lebte.<br />

Erkner ist der Ort, wo unter anderem die Aufführungen seiner Stücke dokumentiert vorliegen.<br />

Nach meiner Einschätzung sind es Villen zur Repräsentation und Empfang <strong>von</strong> anspruchsvollen<br />

Gästen.<br />

Fotos der Häuser<br />

Kloster Haus „Seedorn“<br />

Haus in Schreiberhau (Szklarska Poreba) Haus „Wiesenstein“ in Agnetendorf (Jagniatkow)<br />

Haus „Lassen“ in Erkner bei Berlin Haus „<strong>Loth</strong>“ Berlin-Müggelheim 2005 –<br />

Hier stand der Sarg während der Überführung nach<br />

Hidensee1946<br />

16.08.2010 – Seite 16 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

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I. Hiddensee<br />

In der Gesprächsrund zu Ostern2000 kamen wir auf das Haus auf der Insel Hiddensee zu sprechen.<br />

Von den Anwesenden war außer mir noch keiner in Kloster auf Hiddensee.<br />

Nach der Aufforderung zum Erzählen berichtete ich über meine Erinnerungen.<br />

Im Sommer 1964 verbrachten meine Freundin Gabi und ich unseren Urlaub in Juliusruh auf der Insel<br />

Rügen. Kloster auf Hiddensee war <strong>von</strong> unserem Urlaubsort sehr günstig zu erreichen. Von der<br />

Boddenseite, Breeger Bodden, fuhren Fahrgastschiffe nach Hiddensee.<br />

Ich wollte das Haus indem Gerhart Hauptmann gelebt hat sehen, um mir eine Vorstellung <strong>von</strong> seiner<br />

Lebensart zu machen und die Umgebung in der er gewohnt hat auf mich wirken zu lassen.<br />

Wir fuhren für einen Tag nach Hiddensee. Vitte ist der Hauptort der Insel Hiddensee. Dort<br />

angekommen mussten wir circa 2 Kilometer am Strand entlang laufen, um nach Kloster zu kommen.<br />

<strong>Die</strong> Insel ist lang gestreckt und schmal. An einer Stelle kann man sich einbilden, dass man auf einer<br />

kleinen Insel steht und ringsherum ist das Meer. Es ist ein unbeschreiblich schöner Blick. Man ist mit<br />

sich und den Wind, dem Meer und den Wellen alleine.<br />

In Kloster angekommen mussten wir erst an der Gartenanlage vorbei gehen ehe wir das Wohnhaus<br />

<strong>von</strong> Gerhart Hauptmann erblickten.<br />

Mich beeindruckte der große Garten stark. Auf der grünen Rasenfläche standen vereinzelt große,<br />

alte, hohe Bäume. <strong>Die</strong> Büsche und Sträucher teilten den Garten in kleinere gemütliche Flächen ein.<br />

Wir waren nun am Haus, besser am Anwesen, und gingen hinein. Das Wohnhaus, war und ist als<br />

Gerhart Hauptmann-Museum eingerichtet. Ins Haus selber durften wir nicht, nur in das Arbeitszimmer.<br />

Das Haus ist in einem anderen Stil erbaut, als hier in Müggelheim. Ob die Wohnfläche flächenmäßig<br />

größer ist, als das „<strong>Loth</strong>sche – Wohnhaus“ kann ich nicht einschätzen.<br />

Doch das Arbeitszimmer <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann war sehr groß und lag zu ebener Erde. An den<br />

Wänden standen die Bücherregale voll mit Büchern gefüllt. Ich empfand es als traumhaft, dass man<br />

so ein Arbeitszimmer besitzt und <strong>von</strong> diesem den Garten betreten konnte und kann.<br />

Für einen Menschen so viel eigene Wohn- Arbeits- und Gartenfläche! Wie schön hat er hier gelebt!<br />

Hier in Berlin-Müggelheim im Garten wo wir sitzen ist die Rasenfläche auch sehr groß und die hohen<br />

Bäumen und der anschließende Wald lässt den Eindruck <strong>von</strong> Abgeschiedenheit entstehen. Dort auf<br />

Hiddensee ist die Gartenanlage in Anlehnung eines „englischen Garten“ gestaltet.<br />

Hier in Berlin - Müggelheim ist alles geometrisch, praktisch geordnet, als Mustergarten. Es sind die<br />

Gartenflächen so eingeteilt, dass man zeigen konnte wie man den Garten den verschiedenen<br />

Bedürfnissen entsprechend gestalten kann, angefangen beim Gemüsegarten bis zum Rosengarten<br />

und Bassin mit Springbrunnen.<br />

Hier in Berlin - Müggelheim entspricht es den Ideen des Gartenbauarchitekten Ulrich <strong>Loth</strong>, der bei der<br />

Firma L. Späth in Berlin-Baumschulenweg tätig war. Er lies das Haus zweckmäßig bauen. Hier leben<br />

und erholen sich noch immer seine Söhne und mit ihnen ihre Familien.<br />

Als Nachkommen <strong>von</strong> Ulrich <strong>Loth</strong> können wir wirklich zu frieden und glücklich sein, so ein Haus „<strong>Loth</strong>“<br />

zu besitzen. Das Joachim der Besitzer des Hauses ist, Harald lebenslanges Wohnrecht im Haus hat,<br />

Siegfried das Wochenendgrundstück sein eigen nennt und Manfred mit Familie uns jederzeit<br />

besuchen kommen kann, ist doch eine Bereicherung unseres Lebens. Schade, dass Rolf mit Familie<br />

es nicht nutzt.<br />

Es ist schön, dass wir uns hier zu Jubiläen und runden Geburtstagen treffen, die gesamte „Sippe<br />

<strong>Loth</strong>“. Wir sind auf etwa 40 Personen mit Kinder und Kindeskinder angewachsen.<br />

Wie glücklich können wir sein! Wir beendeten die Kaffeetafel und wer wollte beteiligte sich am<br />

gemeinsamen Waldspaziergang.<br />

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II. Agnetendorf (Jagniakow) Oktober 2000<br />

Seit Ostern 200 war Siegfrieds Interesse sich in Agnetendorf (Jagniatkow) das Haus „Wiesenstein“<br />

anzusehen geweckt worden.<br />

So beschlossen wir im Herbst des Jahres 2000 nach Cieplice (Bad Warmbrunn) in Schlesien, am<br />

Fuße des Riesengebirges, zur Kur zu fahren.<br />

Der Tagesablauf war so gestaltet, dass wir bis zum Mittag medizinische Behandlungen und am<br />

Nachmittag Freizeit hatten. <strong>Die</strong>se benutzten wir, um uns die wunderschöne Herbstlandschaft in<br />

Schlesien anzusehen.<br />

Wir besuchten die Schneekoppe. Wir erfuhren, dass die besten Wetterbedingungen im Frühherbst<br />

herrschen. Wir hatten sie. Wir durchliefen Alleen an deren Ränder alte Bäume mit uralten Eichen<br />

standen.<br />

Wir durchstreiften den Norweger Park das Laub der Bäume hatte Herbstfarben angenommen. Wir<br />

saßen am Fischteich und aßen frisch gebratenen Fisch vom Grill. Zwischen Cieplice (Bad<br />

Warmbrunn) und Podgorzyn (Giersdorf) zieht sich ein ausgedehnter Komplex <strong>von</strong> ca.100 ha<br />

Fischteichen. Er wurde im Mittelalter <strong>von</strong> Zisterziensern Mönchen angelegt und im 18. Jahrhundert<br />

erweitert. Ein idyllisches Fleckchen Erde.<br />

Wir waren in Schreiberhau (Szklarska Poreba), doch das Gerhart Hauptmann –Museum haben wir<br />

nicht besucht.<br />

Wir fuhren nach Agnetendorf (Jagniatkow) um uns das Haus „Wiesenstein“ anzusehen.<br />

Das Landschaftsbild <strong>von</strong> Cieplice (Bad Warmbrunn) bis Agnetendorf (Jagniatkow) ist sehr<br />

abwechslungsreich und besteht aus zahlreichen kurzen Bergrücken, einzelnen Hügeln, und tiefen<br />

felsigen Tälern. Jagniatkow (Agnetendorf) ist heute noch eine beliebte Feriensiedlung inmitten <strong>von</strong><br />

Wäldern weit ab <strong>von</strong> den Haupttouristenwegen. Wir stiegen aus, um den Weg zum Gerhart<br />

Hauptmann Haus zu erkunden.<br />

Plötzlich hörten wir ein Geräusch, fast wie Musik, das durch trabende Pferden entsteht. Ich machte<br />

meinen Fotoapparat startklar und stellte mich an die Straße, um die Verursacher des Geräusches im<br />

Bild festzuhalten. Dann sahen wir auf der Straße, die vom Berg herunter führt einen Pferdewagen in<br />

einer rasenden Geschwindigkeit heruntergefahren kommen. Der Lenker muss sich wohl dieses<br />

Vergnügen öfter gönnen. Er war erstaunt zwei fremde Personen zu sehen und bremste ab. Wir<br />

staunten, weil es im Jahre 2000 einen Menschen gibt, der einen Pferdewagen so lenken und fahren<br />

kann.<br />

Das Gesehene erstaunte mich umso mehr, denn das Motiv kannte ich. Im meinen Arbeitszimmer hatte<br />

ich über eine lange Zeitspanne das Gemälde <strong>von</strong> dem Maler Rudolf Koller (1825 bis 1905) „Gefährt im<br />

Holweg“ an der Wand zu hängen. Hier sah ich es lebendig vor mir. Das grenzte fast an ein Wunder.<br />

So kann ein Genie malen. Ich konnte nur fotografieren, das was sich mir präsentierte. Ein Maler kann<br />

es so kombinieren, wie es seinen Vorstellungen am besten entspricht. Mit der Computertechnik <strong>von</strong><br />

heute ist es auch möglich eine Bildkombination zu erstellen! Das muss man auch erstmal<br />

beherrschen. Mir bleibt nur das Foto.<br />

Foto im Jahre 2000 <strong>von</strong> B.-Sylvia <strong>Loth</strong><br />

Nach dieser kleinen Begebenheit fanden wir den befestigten Weg, der zum Gerhart Hauptmann Haus<br />

führt. An ihm standen vielleicht sechs Wohnhäuser. Dann sahen wir das Haus. Es gefällt mir. Es sieht<br />

aus wie ein kleines Schloss oder eine Burg. Außen ist die Fassade erneuert einschließlich der<br />

Fenster. Das Dach ist fertig hergestellt.<br />

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Innen wird das Haus gerade umgebaut <strong>von</strong> der Benutzung als Kindergarten zum Gerhart Hauptmann<br />

Museum.<br />

Als wir das Haus betraten standen wir in der „Paradieshalle“. Wir waren erschlagen <strong>von</strong> der<br />

Wandmalerei, <strong>von</strong> der Farbfülle in ihr, dazu die Säulen im Raum und die geschnitzte Holztreppe die in<br />

die obere Etage führt. Eine Entfaltung <strong>von</strong> Luxus, die in einem Ehrfurcht und Unterwürfigkeit, sowohl<br />

Begeisterung wie Unverständnis hervorrufen kann.<br />

Zeugt die Prachtentfaltung <strong>von</strong> einem übersteigerten Geltungsbedürfnis?<br />

Ich fand die Ausgestaltung der Empfangshalle schon als Ausdruck <strong>von</strong> Größenwahn. <strong>Die</strong> schön<br />

geschnitzte Holztreppe, die weißen Säulen und die Wandmalerei beschwören eine Überladung des<br />

Raumes hervor. Noch den Eindruck verarbeitend standen wir in der Halle.<br />

Da wurden wir <strong>von</strong> einer Frau „Polin“ angesprochen. Sie übte hier die Aufsicht aus und führte sie uns<br />

durch die Räume der unteren Etage. Wir gingen <strong>von</strong> der Eingangstür gesehen nach rechts. Dort<br />

befanden sich die Esszimmer, das kleine für die Familie und das große für Gäste. Daneben ist noch<br />

ein Raum mit Kreuzgewölbe. Es machte den Eindruck auf mich, als ob es als Männerstube oder<br />

Trinkstube, genutzt wurde. Alle Räume waren weiß gestrichen und ohne Mobiliar. Dann führte sie uns<br />

in das Arbeitszimmer <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann. Es befindet sich rechts neben der Holztreppe, die in<br />

die oberen Etagen führt. Es ist nicht so riesig wie in Hiddensee dafür gemütlicher. Der eingebaute<br />

Erker mit Glasfenster gewährt einen 180 Grad Blick in die Landschaft. Nur dass die Bäume nach fast<br />

100 Jahren der Fertigstellung des Hauses so hoch gewachsen sind, dass sie diesen einstmals<br />

herrlichen Blick in die Landschaft verstellen.<br />

Wir erzählten unserer Gesprächspartnerin, nachdem sie uns erzählt hat, dass Gerhart Hauptmann<br />

hier im Zimmer wochenlang im Sarg gestanden hat. Darauf sagten wir ihr, dass er dann in Berlin -<br />

Müggelheim in unserem Wohnzimmer noch eine Woche gestanden hat. Ich weiß nicht, ob sie es<br />

inhaltlich oder phonetisch nicht verstanden hat. <strong>Die</strong>se Information rief keine Reaktionen in ihr hervor.<br />

Wir versuchten es nicht noch einmal sie zu wiederholen. So blieb es dabei.<br />

Da das Haus gerade in den oberen Etagen renoviert wird, konnten wir sie nicht besichtigen.<br />

Wir machten nun eine Bemerkung über die üppige Wandmalerei im Haus. Daraufhin erklärte sie uns<br />

sachkundig den Inhalt einiger Darstellungen. Es ist phantastisch, was man alles daraus entnehmen<br />

kann. Da hat man Monate zu tun sich diese expressionistische Wandmalerei zu erschließen und kann<br />

sie wieder und wieder betrachten. Das also ist ein Werk <strong>von</strong> Professor Johannes Maximilian<br />

Avenarius.<br />

Nach den Ausführungen <strong>von</strong> Frau „Polin“ bedankten wir uns bei ihr und machten noch einen<br />

Spaziergang im Gelände um das Haus. An der Anordnung der Wege und der verwitterten kleinen aus<br />

Stein gefertigten Gegenstände, die wir sahen, entnahmen wir, dass es einst ein angelegter Park<br />

gewesen sein muss.<br />

Avenarius? Avenarius? Der Name, woher kenne ich ihn? Siegfried überlegte. In Berlin - Müggelheim<br />

wohnte ein Pofessor Avenarius, sagte er.<br />

Ist es ein Fakt, dass Professor Johannes Maximilian Avenarius am 7. 01. 1887 in Greiffenberg<br />

(Schlesien) geboren wurde und am 21. 08. 1954 in Berlin – Müggelheim „Gosener Damm 14“<br />

gestorben ist.<br />

Er ist es, denn er wurde vor allem bekannt durch seine Illustrationen zu Werken <strong>von</strong> Gerhart<br />

Hauptmann mit dem ihn eine enge und langjährige Freundschaft verband.<br />

Im Jahre 1922 gestaltete er die "Paradieshalle im Haus 'Wiesenstein' in Agnetendorf (Jagniatkow) mit<br />

Decken- und Wandgemälden im expressionistischen Stiel aus.<br />

Im Jahre 1924 wurde Johannes Maximilian Avenarius zum Professor an der staatlichen Kunstschule<br />

Plauen berufen. Er war ein expressionistischer Grafiker, Maler und Illustrator.<br />

Wegen seines Engagements für Künstler wie Wassily Kandinsky, Paul Klee und Lyonel Feininger , sie<br />

waren alle im „Bauhaus Dessau“ tätig, wurde er 1933 inhaftiert und aus dem Schuldienst entlassen.<br />

Das Bauhaus war die bedeutendste Schule für Design, Architektur und Kunst im 20. Jahrhundert.<br />

Es arbeiteten hier Künstler und Handwerker gemeinsam in Lehre und Produktion. Auf diese Weise<br />

sollte die Trennung zwischen freier und angewandter Kunst aufgehoben werden.<br />

1932 erzwangen die Nationalsozialisten die Schließung des Bauhauses Dessau.<br />

Danach wohnte Avenarius wieder in Schlesien. Dann war das Ende des II. Weltkrieges.<br />

Er flüchtete schon kurz nach dem 9. November 1945 aus Schlesien und erhielt in Berlin - Müggelheim<br />

eine Wohnung.<br />

Ist es ein Fakt, dass Professor Johannes Maximilian Avenarius eine Wohnung in Berlin -Müggelheim<br />

Gosener Damm 14 <strong>von</strong> 1945 bis 1954 bewohnte, hier lebte und arbeitete.<br />

Ich will noch erkunden, ob sich das Grab in Berlin-Müggelheim oder in Görlitz befindet.<br />

Im Internet habe ich gelesen, dass sich das Grab sich auf dem Städtischen Friedhof Berlin –<br />

Müggelheim, auf dem kleinen „Waldfriedhof befindet. Dort haben wir es aber nicht gefunden.<br />

Nachfragen ergaben, dass er auf besonderen Wunsch hin 1954 auf dem Nikolaifriedhof in Görlitz<br />

beigesetzt wurde.<br />

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<strong>Die</strong> Stadt Görlitz ist nach dem II. Weltkrieg geteilt worden. Ein Teil da<strong>von</strong> ist bei Deutschland<br />

verblieben, der andere gehört zu Polen. Alles liegt auf ehemaligen schlesischen Gebiet und unweit<br />

seines Geburtsortes Gryfow Slaski= Greiffenstein.<br />

Im expressionistischen Stil gestaltete Martin Elsässer den Kirchenbau auf dem Nikolaifriedhof neu.<br />

Das ist vielleicht ein weiterer Grund, dass Avenarius hier seine Grabstelle wünschte?<br />

Aber nun kommt für mich der Stilbruch oder auch nicht?<br />

Das Grabmal ist ein grünes barockes Kreuz. Sind die verschlungenen barocken Formen des Kreuzes<br />

vielleicht so verschlüsselt wie seine expressionistischen Malereien.<br />

Soweit zu Avenarius.<br />

Durch Siegfrieds Bemerkung „Avenarius!-Avenarius“! ergaben sich weitere Zusammenhänge in Bezug<br />

des Aufenthaltes des Sarges <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann in Berlin –Müggelheim. Erst aus vielen<br />

kleineren Mosaiksteinen ergibt sich ein Bild!<br />

Da er ein Freund der Hauptmann – Familie war, so ist es möglich, dass er immer mit der Familie<br />

Hauptmann in Kontakt stand und Frau Hauptmann dazu veranlasste wieder in seine Nachbarschaft,<br />

nun in Berlin -Müggelheim, zu ziehen.<br />

Oder hatte die Kulturabteilung der Sowjetischen Militärverwaltung die Bereitstellung der Wohnungen<br />

in Berlin - Müggelheim geregelt? Es ist wahrscheinlicher! Auch Avenarius hatte eine Wohnung<br />

zugewiesen bekommen.<br />

Wir gingen zum Auto. Wir wählten den kürzesten Weg zu unserer Unterkunft.<br />

Das Eulengebirge wo der schlesische Weberaufstand <strong>von</strong> 1844 stattfand, war zu weit entfernt. So<br />

konnten wir uns nicht die Orte Peterswaldau, der heute polnischen Stadt Pieszyce, und Langenbielau<br />

der heute polnischen Stadt Bielawa ansehen wo 1844 die Weberaufstände begannen und Grundlage<br />

für Gerhart Hauptmann Drama „<strong>Die</strong> Weber“ waren.<br />

Wenn wir nicht nach Pieszyce (Peterswaldau) kommen so wollte ich mir noch den Ort Piechowice<br />

(Petersdorf) ansehen.<br />

Er lag auf der Strecke.<br />

Der Name des Ortes klingt im deutschen wie im polnischen so ähnlich. Hier hatte es bereits<br />

1785/1786, 1793 und 1798 größere Weberaufstände gegeben.<br />

Erst fuhren wir den Berg hinauf, den Weg, den der Pferdewagen heruntergefahren war. Dann ging es<br />

durch ein Waldgebiet den Berg hinunter. Es war Nachmittag und die Dämmerung setzte ein.<br />

Dann fuhren wir durch den im Tal liegende Ort Piechowice (Petersdorf).<br />

Dort war es nebelig. Wir fuhren die Straße entlang. Ich sah aus dem Fenster des Autos. <strong>Die</strong> dunklen,<br />

schwarz glänzenden Felswände und die darauf gewachsenen Bäume erwecken in mir den Eindruck<br />

der Trostlosigkeit. <strong>Die</strong> Felswände hinterlassen den Eindruck einer dunklen Behausung und die Bäume<br />

sehen aus wie gebeugte menschliche Gestalten mit an dem Körper hängenden Armen. Der Nebel der<br />

herunterwallte gab dem Bild noch Bewegung. Es ist, als ob dem Elend, dem Jammer und der Not der<br />

Weber hier ein Naturdenkmal gesetzt wurde. Es war für mich unheimlich.<br />

Wir fuhren deshalb ohne weitere Unterbrechung nach Cieplice (Bad Warmbrunn) zurück.<br />

Am letzten Tag unseres Kuraufenthaltes und mit dem Blick auf das „Riesengebirge“ sagte ich, dass ist<br />

also das gesamte Riesengebirge. Ich meinte die Gebirgskette vor uns. Siegfried sagte: „das ist<br />

Schlesien“ und meinte die schönen landschaftlichen Eindrücke die wir in uns aufgenommen hatten.<br />

Es ist hier in der Gegend so wunderschön, dass ich „die alten Schlesier“ jetzt erst verstehe, dass sie<br />

sich zurücksehnen. Für mich ist es egal, ob das Gebiet zu Deutschland, Polen oder Tschechei gehört.<br />

<strong>Die</strong> Hauptsache ist doch, dass es für die Menschen aller Nationen zum Ansehen und zur<br />

Sinnenfreude zur Verfügung steht und sie die Möglichkeit haben hierher zu gelangen.<br />

Doch es gibt in Deutschland fünf Millionen Arbeitslose und einige Millionen, die nicht das Geld haben,<br />

um hier Urlaub zu machen, denen und so manchen anderen bleibt diese Schönheit verborgen.<br />

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III. Erkner<br />

Doch nun zu dem Haus „Lassen“ in Erkner.<br />

Schon Goethe sagte in seinem Gedicht "Erinnerung":<br />

Willst du immer weiter schweifen?<br />

Sieh, das Gute liegt so nah.<br />

Lerne nur das Glück ergreifen.<br />

Denn das Glück ist immer da.<br />

Es gibt zwei Wege um <strong>von</strong> Berlin-Hellersdorf unserem Wohnort nach Berlin - Müggelheim zu fahren,<br />

der eine führt über Berlin - Köpenick und der andere über Erkner und Gosen.<br />

Fährt man über Erkner nach Berlin - Müggelheim sieht man das Gerhart Hauptmann Museum <strong>von</strong> der<br />

Straße aus.<br />

Es befindet sich in der Straße gleichen Namens. Wir sind deshalb mehrmalig an dem Gerhart<br />

Hauptmann Haus vorbeigefahren, doch haben wir uns nie die Zeit genommen in das Museum zu<br />

gehen. Es ist noch ein Vorhaben, das wir realisieren wollen.<br />

Verabredung in Erkner im 2006<br />

Im Oktober des Jahres hatte ich mit einer Mitarbeiterin des Gerhart Hauptmann Museums<br />

gesprochen. Aber nur kurz, denn wir hatten beide keine Zeit. Ich sagte ihr, dass der Sarg <strong>von</strong> Gerhart<br />

Hauptmann während der Überführung nach Hiddensee in Berlin - Müggelheim im Haus der Familie<br />

<strong>Loth</strong> untergebracht war. Sie tat erstaunt über diese Information. Ich entnahm daraus, dass es ihr nicht<br />

bekannt war oder es keine Bedeutung für die Gerhart Hauptmann Gedenkstätte hat.<br />

Wir verabredeten, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal anrufen werde.<br />

Das tat ich und verabredete für den November 2006 einen Termin mit Herrn R., der sein Interesse an<br />

der Informations- Geschichte zeigte.<br />

Alleine wollte ich nicht dort hin fahren. So bat ich Frau K. mich zu begleiten. Sie stimmte zu. So fuhren<br />

wir zum Termin nach Erkner.<br />

Wir gingen die Gerhart- Hauptmann - Straße entlang bis zum Gartentor. Im Garten, der das<br />

Museumsgebäude umgibt, angekommen mussten wir erst einmal die Eingangstür zum Haus finden.<br />

Das Herumlaufen um das Haus gab uns die Möglichkeit den Garten auf uns wirken zu lassen. Erst<br />

nun entdeckte ich die hohen Bäume und die Ausmaße des Gartens. Er erinnerte mich an den Garten,<br />

der sich um das Haus in Hiddensee befindet.<br />

Durch die Treppe, die vom Wohnraum in den Garten herunterführt erhält das Haus ein<br />

herrschaftliches Aussehen. Wir gingen weiter um das Haus herum und fanden die Eingangstür zum<br />

Haus. Wir klingelten und traten in den Eingangsraum oder <strong>Die</strong>le. Von hier führt eine großzügige<br />

Holztreppe in die obere Etage. Ich denke hier befanden sich die Schlaf- und Kinderzimmer, die <strong>von</strong><br />

Gerhart Hauptmann und Familie genutzt wurden. Nun sind es Arbeitsräume für das Gerhart<br />

Hauptmann Museum.<br />

Dort wurden wir erwartet. Mein Blick erfasste sofort die Wände der Räume, diese sind halbhoch mit<br />

Holz verkleidet. Das erzeugt bei mir einen Eindruck <strong>von</strong> Wohlbefinden.<br />

<strong>Die</strong>ses Gefühl wurde aber sofort nach dem ersten Blickkontakt und der Begrüßung<br />

durch Herr R. beendet. Ich wusste sofort, dass wir eine Abneigung zueinander haben.<br />

Wir gingen durch die <strong>Die</strong>le in einen Raum, der gegenwärtig als Arbeits- oder Beratungszimmer<br />

genutzt wird.<br />

Nun erboste ich mich darüber, dass er sein „Recht als Chef“ wahrnahm, wie es ihm zustand, und sich<br />

an den Tisch setzte mit der Fensterfront im Rücken. Er bot uns vorher die Stühle ihm gegenüber an.<br />

Ich bin doch kein Bittsteller. Wo steht denn sein Denkmal? Wer liest seine Bücher?<br />

Am liebsten wäre ich gegangen. Ich stufte die Unterhaltung als aussichtslos ein. Warum musste ich<br />

mich dieser Demütigung aussetzen? Nur weil ich denke was zu wissen und es anderen mitteilen<br />

möchte?<br />

Nach der Aufforderung zum Sprechen, erzählte ich kurz über die <strong>von</strong> mir aufgeschriebene<br />

Geschichte. Mir war jedes Wort was ich sprach zuviel, ihm bestimmt auch!<br />

Nach der Beendigung meiner Ausführungen kam dann auch sinngemäß dieser Satz: „ Das Gesagte<br />

dient nicht der Forschung über das Leben <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann.“<br />

Das war mir klar, was „Neues“ oder „Spektakuläres“ ist nicht mehr zu entdecken nach 50 Jahren<br />

wissenschaftlicher Forschung!!!!<br />

Der andere Satz lautete etwa: „Es ist wohl eher eine Kurzgeschichte und gehört ins literarische<br />

Gebiet.“ Er ist doch Leiter des literarischen Zirkels im Museum. Daraufhin habe ich ihn nicht<br />

angesprochen. Das Gespräch war damit beendet.<br />

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Ich habe ihn informiert darüber, wie Gerhart Hauptmanns Leben und Schaffen mich mein Leben lang<br />

begleitet hat, ohne mein aktives Dazutun. Er fand es wohl nicht interessant.<br />

Wieder im Garten sagte Frau K. zu mir: „Da hast du es mal versucht, jemanden für deine Geschichte<br />

zu interessieren. Es hat nicht geklappt. Du leidest darunter nicht, denn du willst es ja nicht unbedingt<br />

veröffentlichen. Du musst Dir nichts beweisen. <strong>Die</strong> Ereignisse in Deinem Leben kann Dir keiner<br />

wegnehmen. Wenn wir schon hier sind so schauen wir uns noch die Ausstellung an.“ Ich war voll ihrer<br />

Meinung.<br />

Wir gingen zur Eingangstür des Museums. Ein junger Mann öffnete und gab uns den Ratschlag erst<br />

durch alle Räume zu gehen, bis zu den Wohnräumen und <strong>von</strong> dort aus die Betrachtung zu beginnen.<br />

Das taten wir auch. Der Letzte oder Erste Raum, ihn kann man auch <strong>von</strong> der <strong>Die</strong>le, <strong>von</strong> der wir in die<br />

obere Etage gegangen waren betreten, ist als Kaffeestube eingerichtet. Es ist im jetzigen Zustand<br />

nicht zu empfehlen sich dort längere Zeit aufzuhalten.<br />

Im früheren Wohnzimmer steht unter anderem eine Sesselgarnitur. Zu ihr gehört ein Fußkissen. Alle<br />

Teile sind mit grünem Samt bezogen. Meine Großeltern besaßen auch Möbel dieser Art. Als kleines<br />

Kind saß ich auf den Fußkissen, um meinen Urgroßvater Gesellschaft zu leisten. Das schönste an<br />

diesem Fußkissen waren für mich die Fransen, die am Rand als Verzierung angebracht waren. Hier<br />

nun sah ich eine Variante des Fußkissens wieder.<br />

<strong>Die</strong> vielen Bücher, die in den Wandschränken untergebracht sind, es wird nicht der gesamte<br />

ehemalige Bestand sein, gehören in ein Zimmer eines Schriftstellers. Sie repräsentieren das Wissen<br />

und das Können desjenigen der sie besitzt.<br />

Was für eine Platzersparnis heute, wo man das Wissen auf eine CD oder DVD speichern kann. Mit<br />

dem Computer kann man Informationen aus dem Internet holen ohne sich aus dem Arbeitszimmer zu<br />

entfernen. Der Computer beinhaltet allumfassendes Wissen, das gespeicherte im Internet wie das<br />

persönlich zusammengetragene. Das Wissen ist nicht mehr augenscheinlich.<br />

Doch den Kontakt zu den Mitmenschen erhält man dadurch auch nicht, um über Gefühle und<br />

Probleme der Menschen zu schreiben muss man sich wie eh und je, unter sie mischen.<br />

Wir verließen die Wohnräume und benutzten die Stufen um in die Ausstellungsräume zu gelangen.<br />

Wir befanden uns in einem Glasverbindungsbau, vielleicht auch als Wintergarten zu bezeichnen,<br />

ähnlich wie in Hiddensee, denn auch hier schließen sich die Arbeitsräume <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann an<br />

die Wohnräume durch ein „verglasten Verbindungsraum“ an. In diesem „Wintergarten“ sind Vitrinen<br />

aufgestellt, in denen man über die Aufführungen der Werke <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann informiert wird.<br />

Doch eine Vitrine zog meine Aufmerksamkeit besonders auf sich. In dieser war die Totenmaske <strong>von</strong><br />

Gerhart Hauptmann zu sehen. Darüber hing ein Foto. Auf diesem ist Gerhart Hauptmann mit<br />

Johannes R. Becher zu sehen. Dadurch wurde ich darauf hingewiesen, dass diese zwei Dichter<br />

miteinander bekannt waren.<br />

Johannes R. Becher 10Kl.<br />

Eigentlich ist es unglaublich doch es entspricht der Realität. Als ich die 10. Klasse besuchte hing ein<br />

Bild mit dem Porträt <strong>von</strong> Johannes R. Becher in unserem Klassenzimmer an der Wand. Eine<br />

Verbindung zwischen Gerhart Hauptmann und Johannes R. Becher war mir damals nicht bekannt.<br />

Wer kennt heute noch Johannes R. Becher? Wir lernten sein Leben und Werk in der Schule kennen.<br />

Unser Direktor unterrichtete uns im Fach Deutsch. Er verehrte Johannes R. Becher sehr. So mussten<br />

wir das Gedicht „Gesang vom Lernen“ lernen und immer und immer wieder vortragen.<br />

Wir hatten die Nase voll, es kam uns zum Halse raus.<br />

Es war zum „R“ brechen. Damit hieß er in unserer Klasse nur noch „Erbrecher“.<br />

Sagten wir nun das Gedicht auf so hieß es:<br />

„Gesang vom Lernen“ <strong>von</strong> Johannes Erbrecher.<br />

Beim ersten Male, als einer <strong>von</strong> uns es so sagte, hielten wir Schüler in der Klasse den Atem an.<br />

Unser Herr Direktor merkte diese Verspöttelung nicht. So trauten sich einige es zu wiederholen. Jeder<br />

hatte Angst, der Herr Direktor könnte die unkorrekte Aussprache hören. Dann hatte derjenige mit<br />

einem Brief an die Eltern zu rechnen. Doch dazu kam es nicht.<br />

Wir konnten das Gedicht schon singen, wie ein Lied. Es war aber der „Gesang“.<br />

Den Unterschied zwischen „Lied“ und „Gesang“ hat unser Lehrer uns auch vermittelt.<br />

Unsere Spöttelei hat er nicht bemerkt.<br />

Das Gedicht soll Ansporn zum Lernen sein.<br />

Was wir alles wollten!<br />

16.08.2010 – Seite 22 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

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Das Lied vom Lernen, Nein, der<br />

„Gesang vom Lernen“ <strong>von</strong> Johannes R. Becher<br />

Wir wollen lernen!<br />

Wir wollen begreifen,<br />

<strong>Die</strong> Welt erkennen<br />

Und uns verstehn!<br />

Wir wollen die Fernen<br />

Des Weltraums durchstreifen<br />

Und auf den Grund der Dinge sehn.<br />

Es gilt nicht zu zagen!<br />

Es gilt zu beenden<br />

<strong>Die</strong> Herrschaft des Alten,<br />

Denn Friede muss sein.<br />

Es gilt den Traum durch die Tat zu vollenden!<br />

Wir wollen lernen und Vorbild sein.<br />

Wir wollen das Bild des Menschen gestalten.<br />

Wir wollen lernen und Vorbild sein.<br />

Wir wollen das Schöne<br />

Uns machen zu eigen<br />

Und dienen dem Wahren<br />

Mit ganzer Kraft!<br />

Wir wollen den Völkern, den friedlichen zeigen,<br />

Daß Willens wir sind, den Frieden zu wahren.<br />

Wir lieben das Leben voll Leidenschaft.<br />

Wir wollten nicht so oft das Gedicht aufsagen!<br />

Wir konnten es fast „singen“ mehr wie ein Lied als ein Gesang.<br />

Wir wollten nicht, dass ein Bild mit seinem Porträt an der Wand in unserem Klassenzimmer hing.<br />

Dann kam der 11. Oktober 1958, der Tag an dem Johannes R. Becher starb.<br />

Am Morgen des Tages waren wir Schüler im Klassenzimmer und unterhielten uns über die Ereignisse<br />

des vergangenen und heutigen Tages. Einer sagte: „Habt ihr schon gehört, Johannes R. Becher ist<br />

gestorben.“ Dann kann das Bild <strong>von</strong> der Wand, sagte darauf ein anderer. <strong>Die</strong> nächste unmittelbare<br />

Handlung war, dass einer <strong>von</strong> uns das Bild <strong>von</strong> der Wand abhing, dass <strong>von</strong> uns so störend<br />

empfunden wurde. Es wurde auf den Schrank gelegt, der in unserem Klassenzimmer stand. Es sollte<br />

dort liegen bleiben bis uns etwas eingefallen würde es oder „ihn“ würdevoll zu beerdigen. Doch<br />

wussten wir nicht wie und wo.<br />

Keinem der Lehrer fiel auf, dass das Bild weg war. Nur unseren Herrn Direktor. Er machte einen<br />

„Staatsakt“ daraus. Er drohte fast mit Gefängnisstrafe. Er entschied, ich mache eine Doppelstunde<br />

Deutsch und länger, bis der Fall geklärt ist.<br />

Wer hat das gemacht? Wer war es? Waren seine Fragen. Wir hielten zusammen. Keiner meldete sich<br />

um etwas zu wissen. Zuerst wurden wir alle zusammen befragt, danach der „Primus“ und der<br />

„Schwächste“ vor der Klasse, danach erfolgten Einzelbefragengen, keiner verriet etwas.<br />

Wir wollten nicht Einen verraten.<br />

Wir wollen nicht, dass einer bestraft wird.<br />

Wir wollten zusammenhalten.<br />

Wir dachten Venceremos! Heute sagt man „Wir schaffen es!“<br />

Nach vielen Drohungen und Befragungen merkte er, dass er dadurch nichts erreichen würde.<br />

Vielleicht hat er auch Respekt vor der Klasse bekommen, weil niemand den Klassenkameraden<br />

verraten hatte. Deshalb sagte er. „Ich gehe jetzt in mein Direktorenzimmer und ihr hängt das Bild<br />

wieder an die Wand, dann könnt ihr mich wieder holen und ich werde diesen Vorfall vergessen“.<br />

Nachdem er gegangen war, diskutierten wir das Angebot und wir vertrauten seiner Zusage. Einer <strong>von</strong><br />

uns hängte das Bild wieder an. Danach holten zwei Schülerinnen unseren Direktor aus seinem<br />

Zimmer. Als er den Raum betrat und das Bild an seinem Platz vorfand, begann er den Unterricht mit<br />

seiner pedantischen sich immer wiederholenden Handlung zum Beginn der Stunde. Er richtete die<br />

Gegenstände auf seinem Lehrertisch akkurat im Winkel aus. Nur sein großes Schlüsselbund hatte<br />

zwar seinen Platz, doch die einzelnen Schlüssel ließen sich nicht symmetrisch anordnen.<br />

Wir Schüler und – innen, Kinder der Arbeiter, Angestellten, Handwerker und sogar der Sohn vom<br />

Minister hatten zusammengehalten und trotzten der Macht des Direktors. <strong>Die</strong>se Deutschstunde hat<br />

uns für das Leben mehr gelehrt als eine Deutschstunde mit Pflichtstoff.<br />

Vielleicht hatte unser Herr Direktor, mit seinem Lehrstoff über Johannes R. Becher, uns beigebracht<br />

so zu handeln?<br />

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Gedicht - Geburt des Menschen <strong>von</strong> Johannes R. Becher<br />

1. Er stand gefangen da in ihrem Haufen.<br />

„Wer bist du?! Sag: Ich- bin ein- Juden-<br />

schwein.“<br />

Es wurde still. Er hörte nur ein Schnaufen.<br />

Wie lange wird es noch so stille sein?!<br />

2.Er horchte, um die Antwort dort zu finden<br />

In dieser Stille: Sag, was bin ich, sag!<br />

Schon sah er um sich her den Haufen<br />

schwinden,<br />

Da holte einer aus zum ersten Schlag:<br />

3.„Was bist -du? Ein- verfluchtes- Juden“ -<br />

Nein!“<br />

Warf der Gefangene sich dem Schlag<br />

entgegen.<br />

-O würde einmal stille sein.<br />

Dann wüßte ich-...Und unter ihren<br />

Schlägen<br />

4.Wuchs er empor, und wie er höher ragte<br />

Als alle rings, da sah er weit um sich<br />

<strong>Die</strong> Welt, Es war die Welt, die ihn befragte:<br />

„Was bist du, sag! Wir alle hören dich.“<br />

5.„Ich bin-, ich- bin –ein-„ O welch jubelnd<br />

Glück<br />

<strong>Die</strong>s Wort, es riß ihn los aus allen Banden!<br />

Da wichen sie entsetzt vor ihm zurück,<br />

Als sei ein Geist vor ihnen auferstanden-<br />

6.„Ein –Mensch! Ich- bin- ein- Mensch!“ O<br />

neugeboren<br />

Ward hier ein Mensch aus seiner Folterqual.<br />

Es brauste seinen Henkern in den Ohren,<br />

Als hörten sie das Wort zum erstenmal.<br />

7.Und duckten sich, und Schritt für Schritt, so<br />

schlichen<br />

Sie auf die Menschen Mitte zu.<br />

Sie maßen ihren Feind, den fürchterlichen,<br />

Sie schoben vor das Kinn und knurrten „du“-<br />

8.Ich bin ein Mensch!“ So hörten sie ihn<br />

schwören.<br />

Er hob die Hände als er niederbrach.<br />

„Ich bin ein Mensch!“ Es klang ihm wie in<br />

Chören<br />

<strong>Die</strong> eigene Stimme. Klang im Tod ihm nach<br />

Das Gedicht „Geburt des Menschen“ <strong>von</strong> Johannes R. Becher ist ein Beispiel dafür,<br />

wie man der Macht trotzen kann. Ich unterstelle sogar, dass die Losung „Wir sind das Volk“ <strong>von</strong> 1989<br />

seinen Ursprung in unserer Erziehung hat, die mitbestimmt war <strong>von</strong> Menschen die Antifaschisten<br />

waren.<br />

<strong>Die</strong>se Erinnerung hat sich ergeben, aus dem gemeinsamen Foto <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann und<br />

Johannes R. Becher. Das Porträt <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann hing in unserem Wohnzimmer und das<br />

Porträt <strong>von</strong> Johannes R. Becher in unserem Klassenraum.<br />

Johannes R.(Robert) Becher und Gerhart Johann Robert Hauptmann<br />

Wer kennt denn heute noch Johannes R. Becher und Gerhart Hauptmann?<br />

Wird über seine Werke in den Schulen gesprochen?<br />

Wer weiß noch, dass Johannes R. Becher Margarete Hauptmann nach Hiddensee zur Beisetzung<br />

ihres Mannes begleitete?<br />

Wie kam es dazu?<br />

Johannes R. Becher lebte <strong>von</strong> 1891-1958.<br />

In den Jahren 1933-1945 lebte er im Exil in der UdSSR. Unmittelbar nach dem Krieg kamen<br />

die Emigranten aus der UdSSR (Sowjetunion) nach Deutschland zurück. Becher kam nach Berlin<br />

(Ost) in den sowjetischen Sektor.<br />

Auf der Gründungskonferenz des „Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands”, am<br />

08.08.1945 wurde er zum ersten Präsidenten dieser demokratischen Vereinigung der Intelligenz und<br />

kulturinteressierten Bürger gewählt.<br />

Im Oktober 1945 reiste Johannes R. Becher nach Agnetendorf (Jagniatkow) ins sowjetisch besetzte<br />

Riesengebirge und erörterte dort mit dem greisen Gerhart Hauptmann die Fragen der Entwicklung<br />

Deutschland nach dem Krieg. Entweder hatte er den Auftrag oder er wollte ihn selbst als<br />

Ehrenpräsident des Kulturbundes gewinnen.<br />

Gerhart Hauptmann letztes Vorhaben war, wie Gerhart Pohl, Dichter und Freund Gerhart<br />

Hauptmanns, berichtet, eine “Rede an das deutsche Volk zu halten. Ich will noch einmal sagen,<br />

worum es geht: Furchtlosigkeit, Zuversicht und – Einigkeit.“<br />

Dazu kam es nicht mehr. Gerhart Hauptmann starb.<br />

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Definitionen für Hauptmann - Becher<br />

Lässt man die Dichter einmal unbeachtet und beschränkt sich auf die Definition der Worte, so ist im<br />

Lexikon unter Hauptmann zu lesen, dass es sich um einen militärischen <strong>Die</strong>nstgrad handelt und unter<br />

dem Wort Becher findet man, dass es sich um ein Trinkgefäss handelt. Somit gibt sich auch hier ein<br />

Zusammenhang.<br />

Es gibt wohl keinen Mann geben, der den <strong>Die</strong>nstgrad Hauptmann erworben hat und der noch nie<br />

einem Becher, in der Hand gehalten hat. Es gibt wohl keinem Hauptmann der noch nie gebechert hat<br />

das heißt einem Trinkgelage beiwohnte!<br />

Auch einen Hauptmann, der einen Becher als Symbol des Lebens in der Hand hält ist denkbar, sowie<br />

dass ein Hauptmann denkt, „Möge der Kelch (Becher) an mir vorüber gehen“, wie es in der Bibel<br />

heißt.<br />

Noch etwas ist erwähnenswert.<br />

Gerhart Hauptmann hat noch die Vornamen<br />

und Becher mit ausgeschriebenen Vornamen heißt<br />

Johann, Robert<br />

Johannes, Robert,<br />

Es gibt noch etwas. <strong>Die</strong> Johannes R. Becher Oberschule in Erkner hat mit dem Altersheim in der<br />

Gerhart-Hauptmann-Straße einen Vertrag geschlossen. Er beinhaltet, dass Schüler der Schule zur<br />

Betreuung oder Zerstreuung der alten Menschen dorthin gehen. <strong>Die</strong>ser Beitrag lief im RBB-Fernsehen<br />

2007.<br />

Nach diesen Ausführungen nun aber wieder zurück ins Gerhart Hauptmann Museum.<br />

Ausstellungsräume mit Informationen über Theateraufführungen<br />

Wir gingen in einem sich anschließenden Raum. In diesen Raum standen Glasvitrinen. An den<br />

Wänden waren Fotos angebracht. Hier konnten wir uns Programmhefte, Kritiken und andere<br />

Dokumente über die Aufführungen <strong>von</strong> Gerhart Hauptmanns Dramen ansehen. Mir fiel das<br />

Programmheft vom Drama „Vor Sonnenaufgang“ auf. <strong>Die</strong> Aufführung aus der „Volksbühne“ war hier<br />

dagestellt.<br />

Vielleicht, habe ich etwas länger hingeschaut, weil Gerhart Hauptmannes es hier in Erkner im Jahre<br />

1889 schrieb. Es spielt natürlich in Schlesien und behandelt das Leben der dort wohnenden<br />

Bevölkerung. Hier zeigt er die Probleme des übermäßigen Alkoholkonsums, aber auch sexuelle<br />

Zügellosigkeit, die in Ehebruch und Kuppelei gipfeln auf. Sie werden in diesem Werk als Ursache für<br />

Not und Elend gebrandmarkt. Gerhart Hauptmann faszinierten in seiner Jugend die Ideen <strong>von</strong><br />

Rassenreinheit und Sozialdemokratismus. <strong>Die</strong>se empfand er als eine Art Lösung dieser Missstände.<br />

Im ausgestellten Programmheft las ich, dass eine Figur „Alfred <strong>Loth</strong>“ heißt. Sonderbar!<br />

Durch die Person Alfred <strong>Loth</strong> verdeutlicht Gerhart Hauptmann seine Anschauungen zu diesem<br />

Problem. So lässt er <strong>Loth</strong> an die Vererbbarkeit der Trinksucht glauben. Er akzeptiert keinen Alkohol.<br />

Er ist Abstinenzler. Für seine Ehe kommt nur eine Frau in Frage, die einwandfreies Erbgut besitzt.<br />

Seine Nachkommen sollen reinrassige, gesunde und erblich unvorbelastete Kinder sein. Soviel zum<br />

Drama.<br />

Nach über 100 Jahren sind die Probleme des übermäßigen Alkoholkonsums und der sexuellen<br />

Zügellosigkeit immer noch vorhanden. So gibt es nun die „Antibabypille“ sowie die Möglichkeit des<br />

Schwangerschaftsabbruches. Nur daraus ergeben sich in der heutigen Zeit andere Probleme und<br />

Zusammenhänge. Ich glaube diese Probleme gibt es auch noch in den nächster 100 Jahren. Ich<br />

behaupte, diese Probleme der Menschheit gibt es schon so lange wie es die Menschen gibt. Doch<br />

den prozentualen Anteil dieser Bevölkerungsgruppe in Grenzen zu halten ist vom jeweiligen Staat zu<br />

realisieren.<br />

Durch das Lesen des Programmheftes in der Ausstellung bin ich auf den Namen „<strong>Loth</strong>“ im Drama „Vor<br />

Sonnenaufgang“ aufmerksam gemacht geworden.<br />

Nun hätte es wirklich gepasst, wenn diese Person <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann den Namen Ulrich <strong>Loth</strong><br />

erhalten hätte! Der Name des Eigentümers des Hauses, in dem der Sarg <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann<br />

stand.<br />

Wer war dieser Alfred <strong>Loth</strong>? Wer oder was inspirierte Gerhart Hauptmann zu diesen Namen?<br />

Aus der Familienchronik weiß ich nur, dass die Ahnen der Familie <strong>Loth</strong> in der Gemeinde Pobanz<br />

(1815) und in Groß Dubberow (1877) gelebt haben. <strong>Die</strong>se Orte liegen in Pommern. Ein „Alfred“ ist mir<br />

nicht bekannt.Ist es nicht ein eigenartiger Zufall, dass Gerhart Hauptmann diesen Namen im Drama<br />

benutzt und sein Sarg im Haus „<strong>Loth</strong>“ in Berlin - Müggelheim stand!?<br />

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Realisierung des Testamentes <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann<br />

Im Frühling des Jahres 2004 sitze ich hier in Berlin - Müggelheim lese den geschriebenen Text durch.<br />

Harald sieht mich im Garten sitzen und kommt zu mir. Er sagt: „Du hast dich doch für Gerhart<br />

Hauptmann interessiert. Ich habe noch in Muttis Unterlagen diesen Zeitungsartikel aus dem Jahre<br />

1947 gefunden.“ Er reichte ihn mir.<br />

Ich las ihn mir durch und entschloss mich diese Information in meine Aufzeichnungen mit<br />

aufzunehmen.<br />

Kopie des Artikels „Tägliche Rundschau“ vom 23.Februar 1947<br />

Gerhart Hauptmann Vermächtnis<br />

Aus dem Artikel ist zu entnehmen, dass Gerhart Hauptmann dem deutschen Volke seine Bibliothek,<br />

sein Archiv und seine Sammlungen testamentarisch vermacht. Es war die Bestrebung, dass diese in<br />

einer Gerhart Hauptmann Gedenkstätte in ihrer Gesamtheit dem Volke zur Verfügung stehen.<br />

„Alle an der Schaffung des Hauptmann-Museums Interessierten sollten sich vereinigen, ihre<br />

Vorschläge aufeinander abstimmen und jede Zersplitterung des schönen Projektes verhindern.“ Es ist<br />

ein Zitat aus der Täglichen Rundschau aus dem Jahre 1947.<br />

<strong>Die</strong> Trennung Deutschland in zwei Teile dauerte 40 Jahre. Nun, über 60 Jahre nach dem Tod <strong>von</strong><br />

Gerhart Hauptmann ist Deutschland wieder vereinigt.<br />

„Laß uns dir zum Guten dienen, Deutschland einig Vaterland“, wie es bei Johannes R. Becher in der<br />

Nationalhymne der ehemaligen DDR so schön heißt. (Anlage 1- Nationalhymne der DDR)<br />

Der entstandene „Museumsverbund Gerhart Hauptmann“ vernetzt die Aktivitäten der vier Hauptmann<br />

Museen in Deutschland und Polen: das Gerhart Hauptmann Museum in Erkner (Brandenburg), das<br />

Gerhart Hauptmann Haus in Kloster auf Hiddensee (Mecklenburg-Vorpommern), das Gerhart<br />

Hauptmann Haus in Agnetendorf bei Hirschberg (Jelenia Góra – Jagniatków) und das Carl und<br />

Gerhart Hauptmann Haus in Schreiberhau (Szklarska Poręba).<br />

Damit geht die Bestrebung den Hauptmannschen Nachlass unter einer Regie zu stellen in Erfüllung.<br />

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Teil III<br />

Text der Familie zum Lesen gegeben<br />

Ich habe den Text Siegfrieds und meiner Familie zum Lesen gegeben.<br />

<strong>Die</strong> Bemerkungen dazu waren:<br />

-Na, schön, das Geschriebene geht uns doch nichts mehr an.<br />

-Womit Du dich in Deiner Freizeit beschäftigst! Da musst Du ja Langeweile haben.<br />

-Lies es Mal, dann weißt Du etwas über Deine Schwester und deine Familie, aus der Zeit, an die Du<br />

Dich nicht erinnern kannst, weil Du noch so klein warst.<br />

-Wer kümmert sich denn außer Dir noch um Gerhart Hauptmann?<br />

Manchmal hatte ich auch das Gefühl, dass ich durch die Erzählung der Ereignisse Mitleid oder<br />

Unverständnis bei den Mitgliedern der Familie erzeugt hatte, die diese Geschichten gelesen hatten.<br />

Damit war auch für mich das Thema Gerhart Hauptmann erledigt und zu den anderen Unterlagen<br />

abgelegt, die nur für mich selber Bedeutung haben.<br />

Überlegungen- Entscheidung Entweder- Oder<br />

Doch der Gedanke das <strong>von</strong> mir Aufgeschriebene zu veröffentlichen war latent vorhanden?!<br />

Es sind doch so viele Gedanken, die doch auch andere interessieren könnten???!<br />

Ich überlege, ob ich diese Ausführungen an Frau Anja Hauptmann, Enkelin <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann<br />

und, oder, Herrn Doktor Herbert Pieper vom Müggelheimer Heimatverein e.V. zusenden soll. Ich<br />

überlege, ob ich es überhaupt jemanden zeigen soll, denn es sind doch viele persönliche<br />

Begebenheiten geschildert.<br />

Anruf bei Frau Anja Hauptmann - 2005<br />

Bei meinen erstellten Ausführungen machte ich die Entdeckung im Internet, dass Frau Anja<br />

Hauptmann, die Enkelin <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann in Berlin wohnt. Im Telefonbuch fand ich Ihre<br />

Telefonnummer und Ihre Adresse. Ich fasste Mut und rief sie im Jahre 2005 an. Der erste Anruf und<br />

ich hatte eine Verbindung mit ihr. Nach den anfänglichen Begrüßungsworten fragte ich sie, ob ihr<br />

bekannt sei, dass der Sarg <strong>von</strong> Ihrem Großvater Gerhart Hauptmann während der Überführung nach<br />

Hiddensee in Berlin - Müggelheim gestanden hat. Sie verneinte, Doch fragte sie mich, ob ich über<br />

Gerhart Hauptmann etwas schreiben wollte. Ich war durch die Frage sehr irritiert. Ich bin keine<br />

Schriftstellerin und das was ich geschrieben habe hat ja nur am Rande etwas mit Gerhart Hauptmann<br />

zu tun. Deshalb erwiderte ich: „Nein“. Damit war das Gespräch beendet. Doch damit reifte der<br />

Gedanke meine in Notizen geschriebenen Ausführungen, über mein Leben in Bezug auf Gerhart<br />

Hauptmann, auszuarbeiten.<br />

Müggelheimer Heimatverein e.V.- 2008<br />

Mein Mann als „alter Müggelheimer“ kennt selbstverständlich das - „Müggelheim Buch“ - Landschaft-<br />

Geschichte – Personen- erarbeitet <strong>von</strong> der Arbeitsgruppe „Müggelheimgeschichte“ unter der Leitung<br />

<strong>von</strong> Dr. Herbert Pieper.<br />

Natürlich kennt er auch Herbert. Er ist mit ihm in Berlin –Müggelheim aufgewachsen. Sie besuchten in<br />

der Müggelheimer Schule dieselbe Klasse.<br />

Im oben genannten Buch erwähnt er, dass der Sarg <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann zwei Tage in Berlin –<br />

Müggelheim gestanden hat.<br />

Ein Anlass ihn zu besuchen war ihn über den Tatbestand, auf Grund des Zeitungsartikels, zu<br />

informieren.<br />

Es war also kein Fremder zu den wir gingen. Wir machten einen Termin mit ihm aus. Wir wussten<br />

auch, dass er schwer krank ist. Doch bei unserem Treffen wurde nicht darüber gesprochen. Nachdem<br />

wir über den Zeitungsartikel aus dem Jahre 1946 gesprochen hatten versprach er die neue<br />

Information bei der nächsten Überarbeitung des „Müggelheim Buch“ zu berücksichtigen. Ich übergab<br />

ihm meine Ausführungen. Er wollte sie sich ansehen und mit uns reden, wenn er Fragen dazu hat<br />

oder etwas daraus veröffentlichen würde.<br />

Ich weiß nicht, ob er sie gelesen hat, denn er verstarb ein Jahr später.<br />

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„Müggelheimer Boten“<br />

Wie es sich so ergibt!!<br />

Harald hatte Besuch <strong>von</strong> Frau S. Wir saßen im Garten. Sie sahen uns und kamen zu uns an den<br />

Kaffeetisch. Im Gespräch stellte sich heraus, dass sie für den „Müggelheimer Boten“ schreibt und<br />

zwar eine Serie für den Natur- und Gartenfreund. Des Weiteren ist sie auch in der AG Heimatmuseum<br />

Müggelheim aktiv tätig.<br />

Harald hatte ihr erzählt, dass ich die Geschichte über Gerhart Hauptmann, die sich hier im Haus<br />

abgespielt hat, aufgeschrieben habe. Das machte sie neugierig. Sie versprach mir mit Frau Dr. K., die<br />

Kunsthistorikerin ist und in der AG Heimatmuseum Müggelheim auch tätig ist, beim nächsten<br />

Zusammentreffen mit ihr, sie über das Thema zu informieren.<br />

So kam es, dass wir im Sommer 2008 gemeinsam am Tisch saßen und uns über die Geschehnisse im<br />

Haus und meinen Ausführungen dazu unterhielten. Es war eine sehr harmonische Atmosphäre. Ich<br />

übergab ihr meine Aufzeichnungen und sie versprach diese nur teilweise und mit Abstimmung mit uns<br />

zu veröffentlichen.<br />

Sie schrieb mir im Juli 2008, dass „die AG „Heimatmuseum/Baeyer-Grottewitz-Gedenkstätte“ in<br />

Müggelheim sich sehr herzlich für die Überlassung der Zweitschrift bedankt.<br />

Weiter schreibt sie: „Sollte sich einmal der Glücksfall ergeben und die AG ein kleines Museum in<br />

Müggelheim einrichten, so wird man auf die Ausführungen zurückgreifen um den darin geschilderten<br />

wahren Hergang der Aufbahrung Gerhart Hauptmann in Berlin –Müggelheim sowie die Beziehung<br />

zwischen Gerhart Hauptmann und M. Avenarius, aufzuzeigen.<br />

Nach der Übergabe meiner Ausführungen im Juni 2008 über Gerhart Hauptmann an Frau Dr. K. habe<br />

ich dass Thema abgeschlossen.<br />

<strong>Die</strong> Möglichkeiten, die mir bekannt waren hatte ich ausgelotet. Nun schloss ich die „Bekanntmachung<br />

der Geschichte“ für mich ab.<br />

Frau S. die bei dem Gespräch dass wir mit Frau Dr. K. im Garten geführt hatten anwesend war, bat<br />

mich ihr ein Teil der Aufzeichnungen zu geben, die die Geschehnisse im Haus betrafen. Siegfried und<br />

ich sind zu Ihr gefahren und haben sie ihr im Juni 2009 übergeben. Sie will ein Buch schreiben über<br />

Berlin –Müggelheim.<br />

Entledigung<br />

Ich hatte mich damit abgefunden mir Gedanken darüber zu machen, warum in meinen Leben immer<br />

wieder Verbindungen mit den Namen und Werken <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann auftreten.<br />

Aber es ist schon rätselhaft und unerklärlich!<br />

Was für eine Bewandtnis liegt dem Allen zu Grunde?<br />

Ich wollte meinen Seelenfrieden haben durch das Aufschreiben der Geschichten sowie der dadurch<br />

erforderlichen Beschäftigung mit den Leben und den Werken <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann.<br />

Ich hatte geglaubt Gerhart Hauptmann als „Lebensbegleiter“ loswerden zu können.<br />

Doch diese Erlebnisse könnten Grundlage für ein Buch oder einen Film sein.<br />

Für eine Doktorarbeit müssten meinen Ausführungen Beweise für den Aufenthalt <strong>von</strong> Gerhart<br />

Hauptmann zugefügt werden. Wenn es Tagebuchaufzeichnungen <strong>von</strong> Margarete Hauptmann gibt,<br />

können diese meine Aussagen bestätigen!?<br />

Gibt es Notizen über diese Zeit <strong>von</strong> J. Maximilian Avenarius!?<br />

In der Akademie der Künste befindet sich im Bestand das Gerhart- Pohl- Archiv.<br />

Unter der Klassifikationsgruppe: 03.01. ist die Korrespondenz <strong>von</strong> G. Pohl mit Privatpersonen zu<br />

finden. Es betrifft den Korrespondenzzeitraum <strong>von</strong> 1939- 1965.<br />

Auch wäre es interessant zu erfahren, ob Gerhart Hauptmann in den Unterlagen in seinen<br />

Vorarbeiten zum Drama „Vor Sonnenaufgang“ begründet, weshalb ein Hauptdarsteller den Namen<br />

„<strong>Loth</strong>“ erhalten hat. Kannte er eine Person, die ihm als Vorbild dafür diente? Wer war dieser Alfred<br />

<strong>Loth</strong>?<br />

In den Unterlagen, wenn man sie durchforscht könnten meine Aussagen Bestätigung finden.<br />

So würden sie wissenschaftlich belegt werden.<br />

Es würde mich auf jeden Fall interessieren, die in meinen erarbeiteten Text verarbeiteten Tatsachen<br />

zu überprüfen. Doch selber werde ich diese Arbeit nicht mehr durchführen.<br />

Ich habe die Aufzeichnungen über Gerhart Hauptmann abgeschlossen“: sagte ich zu meinem Mann.<br />

Darauf antwortete er: „<strong>Die</strong>ses glaube ich nicht“. Er sollte Recht behalten!<br />

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Herr S. und Herr Dr. L.- Im Januar 2010<br />

Der Anruf <strong>von</strong> Jochim im Januar 2010 war für mich erstaunlich und sehr erfreulich. Er teilte mir mit,<br />

dass bei Ihm an der Haustür geklingelt wurde und als er die Tür öffnete erblickte er zwei Männer.<br />

Nach der Begrüßung fragten diese: „Ob das das Haus ist, indem Gerhart Hauptmanns Sarg<br />

gestanden hat?“ Nachdem Achim es bejahte, erzählten sie, dass in den schriftlichen Unterlagen <strong>von</strong><br />

Frau Margarete Hauptmann die Adresse Grünstadter Weg 10 angegeben war. Ja, aber es ist hier das<br />

Haus 16, obwohl die Nummer 18 steht. Er klärte sie Achim auf, dass die Nummern Grünstadter Weg<br />

10-18 zu dieser Zeit einem Eigentümer gehörten.<br />

Sie fragten auch, ob sie ein Foto <strong>von</strong> dem Raum machen könnten in dem der Sarg stand. Achim sagte<br />

zu, aber erst im Frühjahr.<br />

Sie konnten nicht wissen, dass im Augenblick fast drei Familien hier wohnen. Es ist also ein<br />

Durcheinander pur. In so einem Zustand lässt man kaum Verwandte aber auf keinen Fall Fremde in<br />

die Wohnung.<br />

Auch konnten sie nicht wissen, dass Achim nur ungern die Tür aufgemacht hat, weil er gerade mit<br />

seinem Enkelkind beim Essen war. Er empfand es als eine unangenehme Unterbrechung sie dabei zu<br />

stören. Deshalb gab er nur auf die gestellte Frage eine kurze Antwort und für ein weiterführendes<br />

Gespräch vertröstete er sie. Sie sollen ein paar Minuten warten. Sie warteten, vor der Tür 10 Minuten<br />

bei 20 Grad Minus. Für Erkundungen muss man Opfer bringen. Natürlich warteten die „Beiden“ nicht<br />

in der Kälte, sondern sie saßen im warmen Auto.<br />

Im Gespräch was darauf folgte verwies Achim die beiden Männer an mich und sagte Ihnen, sie sollen<br />

mit mir Kontakt aufnehmen.<br />

Er sagte: „Meine Schwägerin hat sich intensiver mit dieser Angelegenheit beschäftigt.“<br />

Aus diesem Grund rief er auch an, um mich auf einen Anruf <strong>von</strong> Ihnen vorzubereiten.<br />

Ich erzählte es meiner Tochter und wir machten uns lustig über den Vorfall.<br />

Wir stellten uns vor, wie zwei wildfremde Männer Auskunft über Gerhart Hauptmann <strong>von</strong> <strong>Loth</strong>s<br />

erhalten wollten. Na, erst einmal Abstand waren.<br />

Denkbar wären die Antwortvarianten gewesen, „was wollen sie denn <strong>von</strong> Ihm, er ist doch schon lange<br />

tot“ oder „das geht sie gar nichts an, wer hier gewohnt hat.<br />

Wir lachten herzlich über unsere Interpretation. Natürlich reden die <strong>Loth</strong>s Söhne Fremden gegenüber<br />

nicht in diesem Ton, aber familiär wäre es möglich, denn man versteht den Ton und weiß, dass es erst<br />

einmal ein Abblocken ist und keine Unfreundlichkeit.<br />

Als wir am Sonntag nach Berlin -Müggelheim fuhren und bei Achim und Familie einen Tee tranken,<br />

übergab er mir die Visitenkarte <strong>von</strong> Herrn S. Er ist ein polnischer Landsmann.<br />

Ende Januar rief der „Zweite Mann“ an. Er heißt Dr. L.<br />

Wir haben ein langes Gespräch geführt. Ich war erfreut, dass sich doch noch Personen mit Gerhart<br />

Hauptmanns Episode „Der Standort vom Sarg Gerhart Hauptmann“ beschäftigen.<br />

Vielleicht habe ich ihm kaum die Chance gegeben zu reden.<br />

Doch er kam auch zu Wort.<br />

Er erzählte, dass sie nach dem Besuch in Berlin-Müggelheim nach Erkner gefahren sind, um im<br />

dortigen Gerhart Hauptmann Museum Erkundigungen einzuholen. Doch was sie in Erfahrung bringen<br />

konnten war nicht viel. Sie erfuhren dort, dass die Möbel <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann in Berlin-<br />

Müggelheim gestanden haben sollen und <strong>von</strong> dort ins Märkische Museum übernommen wurden und<br />

diese <strong>von</strong> dort nach Erkner kamen. Er kannte aber nur die Adresse Berlin -Müggelheim Grünstadter<br />

Weg 10. Dort sollen die Möbel gestanden haben. <strong>Die</strong>ses hatte er aus den Tagebuchaufzeichnungen<br />

<strong>von</strong> Margarete Hauptmann entnommen.<br />

Das ist aber eine Aussage, die <strong>von</strong> den „<strong>Loth</strong>s Söhnen“ keiner bestätigen kann. <strong>Die</strong> wissen nur, dass<br />

im „Herrenzimmer“ – vom Eingang erstes Zimmer links- keine Möbel standen (weder ihre oder <strong>von</strong><br />

anderen), als sie ins Haus wieder eingezogen sind.<br />

Dr. L. will genauere Informationen im Märkischen Museum erfragen.<br />

Dann besprachen wir die Themen<br />

Aufenthalt Margarete Hauptmann in Berlin -Müggelheim<br />

Mich würde interessieren, was Sie während dieder Zeitin Ihrem Tagebuch eingetragen hat.<br />

Ich erzählte, dass Dr. Avenarius in Berlin-Müggelheim gelebt hat. Darüber war er erstaunt.<br />

Das Drama „Vor Sonnenaufgang“ <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann kam ins Gespräch, natürlich weiß ich, dass<br />

dort ein Mann namens <strong>Loth</strong> eine Rolle spielt. Ich sagte ihm: “Viel interessanter ist, dass die „<strong>Loth</strong>s<br />

Söhne“ nach diesen Wertvorstellungen leben.<br />

Mich würden die Aufzeichnungen <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann interessieren, wie er um 1888 /89 auf den<br />

Namen „<strong>Loth</strong>“ gekommen ist.<br />

Natürlich durfte in diesem Gespräch nicht Gerhart Pohl fehlen. Er machte mich auf den Gerhart mit „T“<br />

aufmerksam und ich ihn darauf, dass in der Akademie der Künste am Pariser Platz sich ein „Gerhart<br />

Pohl-Archiv befindet, indem sich unter anderem der handschriftlicher Briefverkehr <strong>von</strong> ihm aufbewahrt<br />

wird. Mich würde interessieren ob sich im Archiv lfd. NR.262 (entnommen unter adk.findbuch.net)<br />

etwas über Berlin-Müggelheim erfahren lässt. Dann kam noch die Zeitung „Tägliche Rundschau“ ins<br />

16.08.2010 – Seite 29 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

12627 Berlin Rathener-Straße 16 Tel. 030 - 9987194


Gespräch. Es gibt eine Aufzeichnung <strong>von</strong> Gregori Weiss, in der er über seine Reise mit R. Becher<br />

nach Agnetendorf berichtet.<br />

Das Gespräch streifte noch andere Themen die Gerhart Hauptmann zum Inhalt hatten.<br />

Das Gespräch ging soweit, dass ich erfuhr, dass Herr Dr. L. nicht nur mit Thema beschäftigt, sondern<br />

auch mit Ahnenforschung in Schlesien. Herr Dr. L. ist 1936 in Schlesien geboren. <strong>Die</strong>ses erfuhr ich<br />

<strong>von</strong> Ihm. Da ist er schon 74 Jahre alt.<br />

Ich dachte, „100 Jahre sollst Du werden“. Ein deutscher wie ein polnischer Spruch zum Geburtstag.<br />

Ich sagte ihn, dass ich etwas Ahnenforschung betreibe und dass mein Vater in Breslau geboren<br />

wurde. Wieder ein Ansatzpunkt zum weiteren Gespräch.<br />

Wir hätten reden können ohne Ende, denn es stellte sich heraus, dass er auch in Schwerin/<br />

Mecklenburg gelebt hat.<br />

Doch eigentlich war das Thema Gerhart Hauptmann.<br />

Er war überrascht mit jemand zu sprechen, der sich soviel mit Gerhart Hauptmann beschäftigt hat. Ich<br />

war froh, dass ich mit jemand sprechen konnte der für meine Aufzeichnungen Interesse bekundete.<br />

Am Ende des Gespräches verblieben wir mit der Verabredung uns im April oder Mai 2010 in Berlin-<br />

Müggelheim zu treffen und mit der Zusicherung die Gedanken und neue Erkenntnisse auszutauschen.<br />

Zu diesem Treffen würde auch Herr S. mitkommen.<br />

Er beschäftigt sich mit der deutsch-polnischen Geschichte in den Jahren 1945-47 und ist auf Grund<br />

<strong>von</strong> Eintragungen im Tagebuch <strong>von</strong> Margarete Hauptmann auf Berlin -Müggelheim Grünstadter Weg<br />

10 gestoßen. Das ist interessant!!!<br />

Wie verhalten sich ihre Aussagen zu den <strong>von</strong> mir aufgeschriebenen!?<br />

Ich werde es erfahren, wenn wir uns treffen.<br />

Nachdem das Telefongespräch beendet war fiel mir ein, dass ich vor vielen Jahren einen<br />

Herrn Dr. L. gekannt hatte.<br />

<strong>Die</strong> Stimme am Telefon war so angenehm wir plauschten wie zwei Bekannte. Ist es vielleicht Dr. L.,<br />

der in der Neubausiedlung erbaut 1977 und genannt „Am Tierpark“ gewohnt hat und<br />

der ein Teil der Organisation der Kinderfeste im Wohngebiet für fast 1000 Kindern aus 36<br />

11geschossigen Häusern übernommen hat.<br />

Das nach der normalen 8-stündiger Arbeitszeit zuzüglich der Fahrzeit <strong>von</strong> ca.2 Stunden!<br />

Das wird sich herausstellen!<br />

16.08.2010 – Seite 30 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

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Treffen in Berlin -Müggelheim Mai 2010<br />

Im Mai hat Herr Dr. L. angerufen und wir haben für den letzten Freitag im Monat den Termin in Berlin<br />

–Müggelheim um 10 Uhr festgelegt.<br />

Auf meine Frage bezüglich seines Wohnsitzes in den 80er Jahren bestätigte er, dass er am Tierpark<br />

gewohnt hat. Es wird also ein Wiedersehen nach fast 25 Jahren.<br />

Harald, Joachim und Manfred habe ich Bescheid gesagt, damit sie kommen können.<br />

Im Bungalow auf den größeren Tisch hatte ich den Tisch gedeckt. Kaffee und Kuchen standen bereit.<br />

Der Besuch brachte Blumen mit. Es war eine freundschaftliche Begrüßung.<br />

Wir setzten uns an den runden Tisch nur mit den gefüllten Kaffeetassen, denn die Wissbegierde über<br />

Gerhart Hauptmann musste erst befriedigt werden.<br />

Herr S. hatte die ihn interessierenden Fragen vorbereitet. Im Gespräch machte er Tonaufnahmen, um<br />

das <strong>von</strong> uns Gesagte später zu rekonstruieren. Es war ein richtiges Arbeitsfluidum im Raum. Jeder<br />

war nur mit dem Problem beschäftigt. Für ein abschweifendes Gespräch war keine Zeit. Harald kam<br />

kurz vorbei und erzählte seine Sicht. Von uns „Drei“ <strong>Loth</strong>s machte Herr S., eine Fotografie. Von<br />

meinen Aufzeichnungen fotografierte er das Inhaltsverzeichnis und einige für ihn wichtige Geschichten<br />

daraus.<br />

Erstaunt war er, dass und wie eine Frau mit fünf kleinen Kindern diese Zeit bewältigt hat. Er bat um<br />

ein Foto <strong>von</strong> Frau Charlotte <strong>Loth</strong> mit den Kindern um 1947. Ich versprach es ihm zu senden. Siegfried<br />

und ich dachten an das Foto auf dem sie und ihre Kinder Siegfried und Joachim zu sehen sind.<br />

Vorbereitet hatte ich die Fotografien vom „Herrenzimmer 1938 und 1967. <strong>Die</strong>se übergab ich ihm.<br />

Herr S. hatte in den Erinnerungen <strong>von</strong> Krankenschwester Maxa Mueck folgendes entdeckt. Sie<br />

schrieb:<br />

"In Müggelheim bekam Margarete Hauptmann ein Haus zugewiesen, in dessen Zimmer links im<br />

Hauseingang wir zunächst wieder den Sarg aufstellen, bis wir die Möglichkeit zur Weiterfahrt nach<br />

Stralsund und Hiddensee erhielten."<br />

Es ist das „Herrenzimmer“.<br />

Unter de.wikipedia.org/.../Gerhart-Hauptmann-Museum – ist die Adresse Grünstadter Weg 10<br />

angegeben. Zitat: „Schon kurz nach dem Tod <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann im Jahre 1946 sollte ein<br />

Gerhart-Hauptmann-Museum entstehen. Der Nachlass <strong>von</strong> Hauptmann wurde damals in Berlin-<br />

Müggelheim eingelagert. 1948 wurde dann das Hauptmann-Archiv in Radebeul gegründet. <strong>Die</strong> in<br />

Müggelheim verbliebenen Reste wurden dem Märkischen Museum in Berlin übergeben. <strong>Die</strong><br />

Gedenkstätte im Märkischen Museum bestand bis 1981. Das Hauptmann Archiv in Radebeul wurde<br />

1982 aufgelöst.“<br />

Doch auf diesem Grundstück steht seit eh und je eine Baracke (Handwerkzeugschuppen mit einem<br />

Raum für die Arbeiter) und eine Garage. Von einer Einlagerung <strong>von</strong> Möbel ist nichts bekannt.<br />

Worüber ich mich sehr freute waren die Aufzeichnungen aus dem Tagebuch <strong>von</strong> Margarete<br />

Hauptmann und die Geburtsurkunde <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann. <strong>Die</strong>se hat mir Herr S, auf einen Stick<br />

überspielt. <strong>Die</strong>se Aufzeichnung konnte ich nicht lesen oder habe sie gelöscht. So konnte ich meine<br />

Vermutungen nicht mit den Aufzeichnungen <strong>von</strong> Margarete Hauptmann gegenüberstellen<br />

Kurze Zeit später sendete ich Herrn S. das versprochene Foto.<br />

Herr S. sagte noch, dass im Internet unter „Müggelheim <strong>Loth</strong>“ zu lesen ist, dass die Überführung des<br />

Sarges mit den sterblichen Überresten des Dichters <strong>von</strong> Agnetendorf (Schlesien)<br />

nach Hiddensee über Müggelheim führt, wo der Sarg etwa zwei Tage in der Villa der Familie <strong>Loth</strong><br />

aufbewahrt wird.<br />

Ich behaupte, dass diese Information aus dem Buch „Das Müggelheimbuch“, erarbeitet <strong>von</strong> der<br />

Arbeitsgruppe „Müggelheimgeschichte“ entnommen ist.<br />

Es ist im Internet unter „beepworld.de“ zu lesen. Doch wer hat es dort hineingestellt???<br />

<strong>Die</strong> Familie <strong>Loth</strong> bestimmt nicht.<br />

Herr Dr. L. fand bemerkenswert, dass <strong>von</strong> der Familie <strong>Loth</strong> keiner irgendwo oder irgendwann etwas<br />

<strong>von</strong> der Aufstellung des Sarges <strong>von</strong> Gerhart Hauptmann im Haus erwähnt hat und dass in meiner<br />

Familie ein Gerhart Hauptmann Bild im Wohnzimmer hing.<br />

Wir haben viele Informationen ausgetauscht und zwischendurch doch auch den frisch gebackenen<br />

Kuchen gegessen. Das Gespräch brachen wir so gegen 15 Uhr ab. Wir hätten noch länger über<br />

Gerhart Hauptmanns Leben und die Umstände, warum? weshalb? wieso? der Sarg <strong>von</strong> ihm in Berlin<br />

-Müggelheim gestanden hat sprechen können.<br />

Herr S. lud uns im Juni nach Jagniatow (Agnetendorf) ein, um an der Veröffentlichung seines Buches<br />

teilzunehmen. Ich hätte sie gerne angenommen. Doch Siegfried wollte nicht und ich kann nicht Auto<br />

fahren. Im Herbst findet eine weitere Buchvorstellung in Berlin statt.<br />

Da wird wohl das Kapitel "<strong>Die</strong> vergessene Haltestelle Berlin -Müggelheim" vorkommen. <strong>Die</strong>ses Kapitel<br />

will er in seinem neuen Buch veröffentlichen. Vielleicht werden wir dort hingehen. Ich versprach, wenn<br />

ich meine Aufzeichnungen überarbeitet habe ihm diese zu senden.<br />

16.08.2010 – Seite 31 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

12627 Berlin Rathener-Straße 16 Tel. 030 - 9987194


Juni 2010 Neuenhagen<br />

Im Juni verbrachte ich einige Tage in Neuenhagen bei Berlin. Anfang Juni ging ich am "Schäferplatz"<br />

einkaufen. Auf dem Rückweg, mit Einkaufsbeutel in der Hand, lief ich nicht den gleichen Weg zurück.<br />

Ich spazierte um das Einkaufsgebäude herum und stand in einem <strong>von</strong> drei Seiten mit Gebäuden<br />

bebauten Platz. <strong>Die</strong>ser Platz war mit Stühlen und Tischen bestellt. Es wird <strong>von</strong> einem Italienischen<br />

Restaurant bewirtschaftet. Ich entdeckte eine Bibliothek deren Tür offen stand. Na, gut, dann fragst du<br />

da mal nach Gerhart Hauptmanns "Vor Sonnenaufgang". Doch ich fragte nach „Vor<br />

Sonnenuntergang“. Ich bemerkte diese falsche Formulierung und sagte: „Ich bin schon so alt. Da<br />

denke ich mehr an den „(Vor) Sonnenuntergang“ als an den „(Vor) Sonnenaufgang“. Gerhart<br />

Hauptmann hat Dramen mit diesem Namen geschrieben.<br />

Ich erhielt die Auskunft „Vor Sonnenaufgang“ ist im Bestand. Den "<strong>Loth</strong>" im Drama wollte ich<br />

kennenlernen. Es war Sonnenschein. Leser der Bibliothek wollte ich nicht werden, deshalb fragte ich,<br />

ob es mir gestattet wird das Buch vor der Bibliothek zu lesen. <strong>Die</strong> Antwort war: „Ja, aber wir schließen<br />

in 40 Minuten“. Ich dachte die Zeit wird reichen, um das Drama zu lesen.<br />

<strong>Die</strong> Sonne schien. Das Wetter lud ein sich vor die Bibliothek an die dort stehenden Tische zu setzten<br />

und zu lesen.<br />

Ich schlug das Buch auf sah mir erst einmal die Ausführung des Buches an.<br />

Dann begann ich zu lesen.<br />

Ein Kellner vom italienischen Restaurant brachte mir unaufgefordert eine Tasse Kaffee. Sitzen im<br />

Freien, Buch in der Hand und eine Tasse Kaffee auf den Tisch, so kann man entspannt lesen.<br />

Schon auf der zweiten Seite konnte ich mich eines Auflachens nicht erwehren. Wie schon bei der<br />

Aufführung <strong>von</strong> „Fuhrmann Henschel“.<br />

Bei „Vor Sonnenaufgang“ steht auf Seite 8 des Textbuches,<br />

„Miele: A wull ock a Inschinnär sprechen.“ (Ich will auch den Ingenieur sprechen)<br />

Als wir Ende 1970 unsere Ingenieurprüfung ablegten gab es zwei mir bekannte Redewendungen.<br />

1. Gestern konnte ich Ingenieur nicht schreiben und heute bin ich einer.<br />

2. Einem Injenjer - ist Nichts zu schwer.<br />

<strong>Die</strong> Erste benutze man so wie eine Entschuldigung, wenn man unbewusst in einer Gruppe seine<br />

Qualifizierung gesagt hatte und damit als Außenstehender betrachtet wurde.<br />

<strong>Die</strong> Zweite um der Gruppe zu verstehen zu geben, lass mich dieses machen ich habe da<strong>von</strong> Ahnung.<br />

Jedoch ich merkte, dass die mir zur Verfügung stehende Zeit nicht ausreichen würde, um das Drama<br />

bis zum Ende zu lesen. Nun kam auch noch Frau Bibliothekarin zu mir und sagte: „Wenn Sie sich für<br />

Gerhart Hauptmann interessieren habe ich noch ein Buch“.<br />

Sie gab mir das Buch „Gerhart Hauptmann und seine Häuser“. Ich bedankte mich dafür.<br />

Doch meine zur Verfügung stehende Zeit verringerte sich dadurch. Deshalb entschloss ich mich die<br />

Daten der betreffenden Verlage <strong>von</strong> diesen beiden Büchern zu notieren, um sie dort zu bestellen.<br />

Danach blieb mir noch etwas Zeit zum Lesen bis zum Schließen der Bibliothek. <strong>Die</strong>se nutzte ich.<br />

Ich las auf Seite 9 des Textbuches:<br />

<strong>Loth</strong>: Ich bin ganz zufällig…(hier)<br />

Hoffmann: Trinkst Du was? Sag!- Bier? Wein? Kognak? Kaffee? Tee? Es ist alles im Hause.<br />

<strong>Loth</strong>: Danke, danke für alles.<br />

Hoffmann: (präsentiert ihm Zigarren)<br />

Aber das ist war für dich -nicht?!...Auch nicht?!<br />

<strong>Loth</strong>: Nein, danke.<br />

Hoffmann: Beneidenswerte Bedürftiglosigkeit!<br />

Über das Gelesene war ich überrascht. <strong>Die</strong>se Situation spielt sich bei den <strong>Loth</strong>`s Söhnen aus Berlin -<br />

Müggelheim gleichermaßen ab, wenn sie irgendwo zu Gast sind.<br />

Sie sind Antialkoholiker und Nichtraucher. Natürlich trinken sie hin und wieder ein Bier oder ein Glas<br />

Wein bei festlichen Angelegenheiten.<br />

Aber die Bemerkung <strong>von</strong> Hoffmann „Beneidenswerte Bedürfnislosigkeit“ war für mich endlich eine<br />

kurze Formulierung mit der ich mit der geschilderten, sich in der Familie ständig wiederholenden<br />

Situation nun mein betrübtes Empfinden, was dabei bei mir hervorgerufen wird, gelassen hinnehmen<br />

kann. Mein Gleichgewicht kann ich somit herstellen indem ich die Beiden Worte benutze. Entweder<br />

nur für mich oder sie laut zitiere.<br />

<strong>Die</strong>se Worte können mit der Stimme der Hochachtung oder der Herablassung hervorgebracht werden.<br />

Je nach Situation werde ich sie so oder so benutzen.<br />

Nun war es Zeit, die Bücher abzugeben. Das tat ich und machte mich auf den Weg in das derzeitige<br />

Quartier.<br />

16.08.2010 – Seite 32 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

12627 Berlin Rathener-Straße 16 Tel. 030 - 9987194


Am Abend setze ich mich an den Computer, um etwas über den Findling - Verlag, in dem das Buch<br />

„Gerhart Hauptmann und seine Häuser“ herausgegeben wurde zu erfahren. Was ich erfuhr war eine<br />

Überraschung. Der Findling – Verlag hat eine Partnerschaft mit der Bibliothek in Neuenhagen!<br />

Wieder eine Verbindung, die man nicht geahnt hat oder ein nicht zu entwirrender Zufall.<br />

Ungefähr 14 Tage später bestellte ich mir die oben genannten Bücher bei den Verlagen. Ich erhielt sie<br />

kurz danach. Nun konnte ich diese in aller Ruhe lesen. Zuerst nahm ich mir das Textbuch „Vor<br />

Sonnenaufgang“ zum Lesen.<br />

Für meine Findung zu Parallelen zwischen „<strong>Loth</strong>- Drama“ und „<strong>Loth</strong>- Lebenden“ fand ich, nicht nur,<br />

dass sie Antialkoholiker und Nichtraucher sind. Alle Brüder sind immer noch mit der ersten Frau, die<br />

sie geheiratet zusammen und leben miteinander. Es werden bald 50 Jahre. Unvorstellbar!!!<br />

Das zeugt auch <strong>von</strong> Willensstärke.<br />

So wie der <strong>Loth</strong> im Drama nicht die Frau heiratet, die er sich erwählt hat, da deren soziales Umfeld<br />

seinen Vorstellungen nicht gerecht wird.<br />

Er bleibt seinen Prinzipien treu. Es ist auch eine Art <strong>von</strong> Willensstärke.<br />

Weitere Übereinstimmungen konnte ich nicht entnehmen.<br />

Schwierig war es für mich, die in schlesischer Sprache geschriebenen Sätze zu lesen. Aber nach und<br />

nach hörte ich die Wörter wieder.<br />

„Naus“ – hinaus; Asu einer- unser einer;<br />

Uf da Pfenning kimmt`s ins nee ernt oa, nee ock nee….- Auf einen Pfennig kommt es uns nicht an,<br />

nein oh nein…;<br />

Doa zeucht se an Flunsch biis hinger beede Leffel- Da verzieht sie ihren Mund bis hinter beide Löffel<br />

(Ohren).<br />

<strong>Die</strong> Erinnerung an die Wörter und Redewendungen, die ich in meiner Kindheit in der Familie gehört<br />

hatte waren wieder da.<br />

Beim Lesen des Buches „Gerhart Hauptmann und seine Häuser“ entnahm ich nur, dass die Adresse<br />

Grünstadter Weg 10 angegeben ist. Wieder ein Beispiel <strong>von</strong> Nichtübereinstimmung <strong>von</strong> Theorie und<br />

Praxis.<br />

<strong>Die</strong> wissenschaftliche Arbeit am Schreibtisch, die übernommen wird aus Aufzeichnungen aber nicht in<br />

der Praxis überprüft wurde. Ich gehe da<strong>von</strong> aus, dass die Herausgeber dieser Information, das<br />

Grundstück in Berlin -Müggelheim nie gesehen haben.<br />

So weit, so gut.<br />

Nun denke ich, dass es noch nicht das Ende der Geschichte ist, doch werde ich sie hiermit vorerst<br />

beenden.<br />

16.08.2010 – Seite 33 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

12627 Berlin Rathener-Straße 16 Tel. 030 - 9987194


Anlage 1- Text der Hymne der Deutschen Demokratischen Republik<br />

(DDR)<br />

Johannes R. Becher<br />

1. Auferstanden aus Ruinen<br />

Und der Zukunft zugewandt,<br />

Laß uns dir zum Guten dienen,<br />

Deutschland, einig Vaterland.<br />

Alte Not gilt es zu zwingen,<br />

Und wir zwingen sie vereint,<br />

Denn es muß uns doch gelingen,<br />

Daß die Sonne schön wie nie<br />

|: Über Deutschland scheint. :|<br />

2. Glück und Friede sei beschieden<br />

Deutschland, unserm Vaterland.<br />

Alle Welt sehnt sich nach Frieden,<br />

Reicht den Völkern eure Hand.<br />

Wenn wir brüderlich uns einen,<br />

Schlagen wir des Volkes Feind!<br />

Laßt das Licht des Friedens scheinen,<br />

Daß nie eine Mutter mehr<br />

|: Ihren Sohn beweint. :|<br />

3. Laßt uns pflügen, laßt uns bauen,<br />

Lernt und schafft wie nie zuvor,<br />

Und der eignen Kraft vertrauend,<br />

Steigt ein frei Geschlecht empor.<br />

Deutsche Jugend, bestes Streben<br />

Unsres Volks in dir vereint,<br />

Wirst du Deutschlands neues Leben,<br />

Und die Sonne schön wie nie<br />

|: Über Deutschland scheint. :|<br />

16.08.2010 – Seite 34 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

12627 Berlin Rathener-Straße 16 Tel. 030 - 9987194


Literaturnachweis<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Gerhart_Hauptmann - 40 kB - 16.03.2006<br />

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/HauptmannGerhart - 8 kB - 14.03.2006<br />

http://www.gerhart-hauptmann-museen.de/gesellschaft.html - 15 kB - 20.12.2004<br />

http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za874/homepage/hauptmann.htm - 45 kB - 05.01.2004<br />

http://www.hiddensee.de/kultur/hauptmann_portrait.html - 45 kB - 04.11.2003<br />

http://home.nikocity.de/raderdoll/Literatur/biographien/hauptmann.html - 3 kB - 16.06.2001 (Porträt<br />

Gerhart Hauptmann )<br />

http://www.gerhart-hauptmann-museen.de/gesellschaft.html - 15 kB - 20.12.2004<br />

http://www.gerhart-hauptmann-museen.de/biografie.html - 11 kB - 20.12.2004<br />

http://www.klassikerforum.de/Bodies/nobel.php?nummer=00013 - 14 kB - 06.01.2006<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Stalin - 73 kB - 24.03.2006<br />

http://www.ddr-im-www.de/Personen/Becher.htm - 17 kB - 13.11.2003<br />

Barbara Jänichen - Aus der Berliner Morgenpost vom 9. Mai 2004 Anja Hauptmann<br />

bpb.de/publikationen/CAETVS,1,0,<strong>Die</strong>_SED_und_die_Schriftsteller_1946... - 82k - Im Cache –<br />

www.beepworld.de/...shop/heimatgeschichten.htm - „...Zwei Tage in Müggelheim..“<br />

Am 17. Juli 1946 wurde Hauptmanns Leichnam zunächst nach Berlin überführt. Literatur:<br />

www.thienemann-archive.org---Genealogie der Familie Thiedemann und Hauptmann<br />

www.meinebioothek.de/Texte6/index.html<br />

www.volksbuehne-berlin.de/.../volksbuehne/.../1953_bis_1960/ - Im Cache - Ähnlich<br />

bpb.de/publikationen/CAETVS,1,0,<strong>Die</strong>_SED_und_die_Schriftsteller_1946... - 82k - Im Cache -<br />

Am 17. Juli 1946 wurde Hauptmanns Leichnam zunächst nach Berlin überführt. Literatur:<br />

Gerhart Pohl: „Bin ich noch in meinem Haus? <strong>Die</strong> letzten Tage Gerhart Hauptmanns“<br />

Gerhart Hauptmann - Haus „Wiesenstein“ in Agnetendorf – Verlag Slawomir Banaszak<br />

Gerhart –Hauptmann - Haus in Kloster Hiddensee – Sonja Kühne<br />

Gerhart Hauptmann und seine Häuser- Wolfgang de Bryn und Antje Johanning<br />

Das Müggelheimbuch – erarbeitet <strong>von</strong> der Arbeitsgruppe „Müggelheimgeschichten“ unter Leitung <strong>von</strong><br />

Dr. Herbert Pieper- Herausgeber Müggelheimer Heimatverein e.V. 1997<br />

Geburt des Menschen <strong>von</strong> Johannes R. Becher - „Das große Balladenbuch Verlag Neues Leben 1965<br />

Mück Maxa: Gerhart Hauptmanns letzte Tage in Schlesien. Bericht seiner Krakenschwester [w:]<br />

Kulturpolitische Korrespondenz, nr 53/86 z 30.11.1986, s.31.<br />

Tagebuchaufzeichnungen Margarete Hauptmann: Staatsbibliothek zu Berlin Stiftung Preußischer<br />

Kulturbesitz<br />

16.08.2010 – Seite 35 Barbara - Sylvia <strong>Loth</strong><br />

12627 Berlin Rathener-Straße 16 Tel. 030 - 9987194

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