Zylinderköpfe gasfest machen Tanken - MOTOR-TALK.de

technik werkstattpraxis
T
anken zum halben Preis – dieses
Motto löste einen regelrechten
Umrüstboom aus. Zahlreiche Kfz-
Betriebe sind auf den Zug mit der
Gas-Umrüstung aufgesprungen
und haben sich mit dem Nachrüsten von
Gasanlagen ein einträgliches Zusatz-
Standbein geschaffen.
Doch es ist nicht alles eitel Sonnenschein,
denn im Gasbetrieb ist insbesondere
der Zylinderkopf deutlich höheren
Belastungen ausgesetzt.
Gasbedingte Motorschäden
„Mit der wachsenden Zahl der umgerüsteten
Fahrzeuge steigt zwangsläufig
auch die Zahl der Motoren mit gasbetriebsbedingten
Zylinderkopfschäden“,
berichtet Otmar Gährken, Mitinhaber
des Motoreninstandsetzungsbetriebs
Wessel & Gährken (www.wessel-gaehrken-ag.de)
in Münster. „Doch mit speziellen
Maßnahmen lässt sich ein Motor
gasfest machen“, sagt der Fachmann, der
sich auf das Instandsetzen von Zylinderköpfen
spezialisiert hat.
Hauptursache für derartige Ausfälle
ist der vorzeitige Verschleiß der Ventilsitzringe
sowie der Ein- und Auslassven-
Motoreninstandsetzer –
Problemlöser und Partner
Probleme am Motor sind die häufigste Ursache
für einen außerplanmäßigen Werkstattbesuch.
Dann tauchen Fragen auf wie „Ist der Motor
noch zu reparieren?“ oder „Gibt es Alternativen?“.
Reparaturlösungen vom Hersteller, wie
sie Vertragswerkstätten üblicherweise anbieten,
sind oft recht kostspielig. Eine Lösung des Problems
kann die Zusammenarbeit der Kfz-Werkstatt
mit einem Motoreninstandsetzer sein.
Die Mitglieder des Verbandes der Motoreninstandsetzungsbetriebe
e. V. (www.vmi-ev.de)
etwa bieten ein breit gefächertes Leistungs-
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Zylinderköpfe
gasfest machen
tile selbst, was zum Kompressionsverlust
führt. Außerdem hat nach den Erkenntnissen
des Zylinderkopfspezialisten auch
die Fahrweise großen Einfluss: Ein hoher
Volllastanteil, etwa häufige „Autobahn-
Hatz“, begünstigt den Verschleiß deutlich.
An Motoren mit mechanisch einzustellenden
Ventilen kann es aufgrund
des sich stetig verringernden Ventilspiels
sogar zum Durchbrennen der Ventile
kommen.
Hinzu kommt, dass nicht alle Motorentypen
gleichermaßen für den Gasbetrieb
geeignet sind. Zwar haben einige
Fahrzeughersteller bestimmte Motorenfamilien
ausdrücklich für den Gasbetrieb
freigegeben, doch die Erfahrung Gährkens
zeigt, dass selbst herstellerseitig
auf Gasbetrieb ausgelegte Aggregate
durchaus einem erhöhten Verschleiß unterliegen
können.
Kennzeichnend für den vorzeitigen
Verschleiß ist ein erosionsartiger Abtrag
am Ventilsitz. Dieser entsteht durch Mikroverschweißen
zwischen Ventilteller
und Ventilsitz, wobei beim Öffnen des
Ventils kleinste Teile aus dem Sitzmaterial
heraus gerissen werden. Ursachen hiefür
sind unter anderem eine ungeeignete
Materialpaarung von Ventil und Ventil-
spektrum, von dem Werkstätten und deren
Kunden profitieren. Dazu gehören etwa die
motorbezogene Diagnose sowie das Beseitigen
des Schadens mittels einer zeitwertgerechten
Teil-Instandsetzung, einer schadensbezogenen
Instandsetzung oder einer Generalüberholung.
Darüber hinaus können die Spezialisten
des VMI die Werkstatt zu wirtschaftlichen
und technisch sinnvollen Reparaturlösungen
beraten. Überdies können die Motorenexperten
beim Erkennen und Beseitigen der eigentlichen
Schadensursache helfen, denn häufig führen
Fehler außerhalb des Motors zum Defekt.
Werden diese nicht erkannt und beseitigt,
kann innerhalb kurzer Zeit wieder
ein ähnlicher Schaden auftreten. kk
_ Auf Gasbetrieb umgerüstete Motoren sind
thermisch hoch belastet. Deshalb kommt es
immer wieder zu Schäden am Ventiltrieb. Mit
speziellen Maßnahmen lassen sich Zylinderköpfe
jedoch „gasfest“ machen.
sitz sowie die fehlende Schmierwirkung
des Gas-Kraftstoffs.
Spezialteile schaffen Abhilfe
Um das Mikroverschweißen zu verhindern,
muss entweder ein entsprechender
Verschleißschutz zwischen Ventil und
Ventilsitz aufgebracht werden – oder die
eingesetzte Materialpaarung entsprechend
hochwertig sein. Ideal für „trockene“
und thermisch hoch belastete
Motorensysteme sind Ventilsitzringe
aus Sinterwerkstoff wie sie etwa die MS
Motor Service International GmbH mit
der „HT“-Serie (High Temperature Resistance)
anbietet. Bei Wessel & Gährken
verwendet man darüber hinaus noch ein
weiteres spezielles Vollmaterial, aus dem
die Speziallisten in Eigenregie Ventilsitzringe
herstellen, sowie Spezialventile,
die in Kleinserie nach den Vorgaben der
Münsteraner hergestellt werden.
Für den Gasbetrieb gerüstet
Das Umrüsten erfordert allerdings die
fachkundige Hand und den Maschinenpark
eines Motoreninstandsetzers. Dieser
zerlegt, reinigt und prüft zuerst den
Zylinderkopf, bevor er die „weichen“
Ventilsitzringe mit einer Spezial-Fräsmaschine
entfernt und die Sitzaufnahme
vorbereitet. Anschließend werden die
mittels Stickstoff unterkühlten Spezialsitzringe
eingesetzt, die zuvor aus Rohlingen
hergestellt und für den jeweiligen
Kopf angepasst wurden. Im Anschluss
daran fräst der Instandsetzer sämtliche
Sitz- und Korrekturwinkel mittels einer
besonders harten Schneidvorrichtung
präzise nach den Vorschriften des Motorenherstellers.
Überdies prüft der
Spezialist den Rundlauf der mechanisch
gereinigten Ventile mit einer speziellen
Messvorrichtung an der Ventilschleifmaschine.
Läuft das Ventil rund und ist eine
eventuell aufgebrachte Härteschicht am
Ventilteller, etwa bei nitrierten Ventilen,

noch in ausreichender Dicke vorhanden,
schleift der Instandsetzer auch dort die
Winkel vorschriftsgemäß nach. Unrunde
oder verschlissene Ventile werden ersetzt.
Auch das Spiel der Ventile in den
Ventilführungen ermittelt der Spezialist.
Gährken legt dabei bei gasbetriebenen
Motoren strengere Maßstäbe an, als bei
normalen. Der Einbau neuer Schaftabdichtungen
schließt die Instandsetzung
ab.
Klaus Kuss
Im Gasbetrieb können
„weiche“ Ventilsitzringe
vorzeitig
verschleißen und weit
einschlagen. Aufgrund
der fehlenden Schmierwirkung
des Gas-
Kraftstoffs kann es zu
Mikroverschweißungen
zwischen Ventilsitz und
-teller kommen.
Nachdem die „weichen“
Ventilsitze vollständig
herausgefräst wurden,
wartet der Kopf auf
den Einsatz der Spezialsitzringe.
Um diese
zu bearbeiten, bedarf
es entsprechend harter
Schneidwerkzeuge.
Lauftest: Auf der
Ventilschleifmaschine
werden die ausgebauten
Ventile auf
ihren Rundlauf geprüft
und – falls möglich –
die Winkel am Teller
nachgeschliffen.
Fotos: Kuss
Millimeterarbeit: Mit
der Messuhr prüft
Otmar Gährken die
Einbaulage des Ventils.
Bei Bedarf wird der
Schaft nachgearbeitet.
Letzte Rettung: Mit
neuen, harten Ventilsitzen
auf Ein- und
Auslassseite sind
problemlos weitere
200.000 Kilometer
Laufleistung drin.
Ein Umrüsten ist bei
nahezu allen Köpfen
möglich.
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