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Robert Skoczek Eindeutschung der polnischen Eigennamen im DAWB

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BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENVERMITTLUNG 51 (2011), 125-133<br />

<strong>Eindeutschung</strong> <strong>der</strong> <strong>polnischen</strong> <strong>Eigennamen</strong> <strong>im</strong> <strong>DAWB</strong><br />

<strong>Robert</strong> <strong>Skoczek</strong><br />

In dem nachstehenden Beitrag wird die bei je<strong>der</strong> Kodifizierung <strong>der</strong> deutschen Aussprache<br />

aufgeworfene Frage <strong>der</strong> Aussprache <strong>der</strong> fremdsprachlichen Namen umrissen. Der Autor<br />

richtet sein Augenmerk auf die <strong>Eindeutschung</strong>sprinzipien von Nomina Propria des Polnischen,<br />

das <strong>im</strong> Deutschen Aussprachewörterbuch (<strong>DAWB</strong>) als eine <strong>der</strong> 19 Fremdsprachen<br />

behandelt wurde. Hierbei werden sie mit <strong>der</strong> <strong>polnischen</strong> Orthophonie verglichen. Weiterhin<br />

wird nach alternativen Lösungen gesucht, die sowohl mit <strong>der</strong> deutschen als auch mit <strong>der</strong> <strong>polnischen</strong><br />

Artikulationsbasis nicht <strong>im</strong> Wi<strong>der</strong>spruch stehen.<br />

Inhalt:<br />

1. Zum Problem <strong>der</strong> Aussprache von Fremdnamen<br />

2. Prinzipien <strong>der</strong> gemäßigten <strong>Eindeutschung</strong><br />

3. <strong>Eindeutschung</strong>svorschläge des GWDA und des <strong>DAWB</strong> <strong>im</strong> Vergleich<br />

4. Der polnische Wortakzent und die Vokalquantität<br />

5. Zur <strong>Eindeutschung</strong> einiger polnischer Vokale<br />

6. Phonetische Repräsentationen des Graphems <br />

7. Nasalvokale und <br />

8. Zur <strong>Eindeutschung</strong> einiger polnischer Konsonanten<br />

Literaturverzeichnis<br />

1. Zum Problem <strong>der</strong> Aussprache von Fremdnamen<br />

Mit den Massenmedien und den neuen Übermittlungsformen kam bei Informationen<br />

über Ereignisse aus dem In- und Ausland das Problem <strong>der</strong> Aussprache fremdsprachlicher<br />

Namen auf. Bis heute kann man in Fernseh- und Rundfunkberichten bisweilen<br />

den Eindruck haben, dass es sich bei Mitglie<strong>der</strong>n einer Auslandsdelegation um unterschiedliche<br />

Abgeordnete handelt, auch wenn ein und dieselbe Person gemeint ist.<br />

Das mag daran liegen, dass die Sprecher <strong>der</strong> jeweiligen Sen<strong>der</strong> in Zweifelsfällen<br />

nicht auf zuverlässige Quellen zurückgreifen, son<strong>der</strong>n versuchen, nach eigenen Regeln<br />

vorzugehen. Ein Beispiel aus den <strong>polnischen</strong> Medien: <strong>der</strong> Antrittsbesuch des<br />

deutschen Außenministers Guido Westerwelle in Warschau. Der zweisilbige Vorname<br />

des Vizekanzlers wurde schriftgetreu ausgesprochen, obwohl die Graphemfolge<br />

monophonematisch als [i:] auszusprechen wäre. Ähnliches geschah mit seinem<br />

Nachnamen , wo die Verdopplung des <strong>im</strong> Deutschen als orthografisches<br />

Merkmal für die Vokalkürze steht und das [l] als ambisilbischer Konsonant an<br />

den vorausgehenden Vokal fest angeschlossen wird. Man hat es hier auf keinen Fall<br />

mit einem Geminaten zu tun.<br />

Eine gewisse Gegentendenz stellt die möglichst originalgetreue Fremdwörteraussprache<br />

dar. Parodistisch wird dies in dem Loriot-Sketsch „Inhaltsangabe“ vorgeführt:<br />

Das unaufhörliche Bemühen um eine originalnahe Aussprache <strong>der</strong> <strong>im</strong> deutschen<br />

Kontext eingebetteten fremdsprachlichen <strong>Eigennamen</strong> führt schließlich zu unendlichen<br />

Versprechern. Der genannte Sketsch stellt dar, auf welche Schwierigkeiten eine<br />

Ansagerin bei <strong>der</strong> originalgetreuen Aussprache englischer Namen stoßen kann. Man<br />

125


kann sich leicht vorstellen, wie <strong>der</strong> Schwierigkeitsgrad <strong>im</strong> Falle einer Häufung polnischer<br />

Wörter steigt. 1<br />

2. Prinzipien <strong>der</strong> gemäßigten <strong>Eindeutschung</strong><br />

Die Frage, wie man mit <strong>der</strong> Fremdwörteraussprache umgehen sollte, kam jedoch viel<br />

früher zur Diskussion. Bereits bei den Kodifizierungsarbeiten <strong>der</strong> deutschen Aussprache<br />

in <strong>der</strong> ehemaligen DDR sahen sich die Wissenschaftler genötigt, dieses<br />

Problem anzugehen. Konkrete Hinweise wurden u.a. in dem Großen Wörterbuch <strong>der</strong><br />

deutschen Aussprache (1982) veröffentlicht. Man stützte sich auf das Prinzip <strong>der</strong><br />

gemäßigten <strong>Eindeutschung</strong>, um die zwei extremen Ansätze zu vermeiden. Für eine<br />

solche Lösung sprachen <strong>im</strong> Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen war kein Sprecher<br />

<strong>im</strong>stande, den fremdsprachlichen Klang <strong>der</strong> Wörter originalgetreu wie<strong>der</strong>zugeben.<br />

Dies würde eine große sprachliche Kompetenz und insbeson<strong>der</strong>e eine außergewöhnliche<br />

phonetische Sensibilität verlangen, um einer solchen Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

gerecht zu werden. Zum an<strong>der</strong>en kann die fremdsprachliche Aussprache <strong>im</strong><br />

deutschen Kontext möglicherweise den Sprecher wie auch die Zuhörer vom Inhalt<br />

ablenken. Das Switchen zwischen muttersprachlicher und fremdsprachlicher Aussprache<br />

ist ohne Frage mühsam und bedeutet für den Sprecher, sich speziell auf die<br />

formale Seite <strong>der</strong> Mitteilung konzentrieren zu müssen.<br />

Das gemäßigte Prinzip <strong>der</strong> <strong>Eindeutschung</strong> fremdsprachlicher Namen wird von Teske<br />

(1961) folgen<strong>der</strong>maßen verdeutlicht:<br />

„Jedes Fremdwort, das <strong>im</strong> deutschen Zusammenhang vorkommt, wird nach den Merkmalen<br />

<strong>der</strong> Artikulationsbasis <strong>der</strong> deutschen Hochlautung ausgesprochen. Fremdsprachige<br />

Laute, die <strong>im</strong> Deutschen nicht vorkommen, werden <strong>im</strong> Prinzip eingedeutscht. Das gilt für<br />

die Qualität und Quantität. Sie werden durch die physiologisch und akustisch ähnlichsten<br />

Laute ersetzt“ (Teske 1961: 94, zit. nach Heinemann 2007).<br />

Diese einfache Regel schließt jedoch viele Zweifelsfälle nicht aus, auf die Sprechwissenschaftler<br />

bei <strong>der</strong> Aussprachekodifizierung gestoßen sind. Im Falle des Polnischen<br />

gibt es z.B. Sprachlaute wie etwa Zæ\ <strong>im</strong> Wort Zæq!Da&h]D\, die in keiner Weise mit<br />

den deutschen Phonen korrespondieren. Weiterhin muss man mit spezifischen phonologischen<br />

Prozessen <strong>im</strong> Polnischen rechnen, die <strong>im</strong> Deutschen unbekannt sind.<br />

Entsprechende Kodifikationsregeln sollten somit nicht nur die Aussprache von<br />

Fremdwörtern vereinheitlichen, son<strong>der</strong>n all denen, die die Standardsprache beruflich<br />

und öffentlich nutzen, auch nachvollziehbare Richtlinien zur <strong>Eindeutschung</strong> bereitstellen.<br />

Die Hinweise zur <strong>Eindeutschung</strong> sollten zum einen den Artikulationsschwierigkeiten<br />

Rechnung tragen, zum an<strong>der</strong>n sollten dem Deutschen angepasste Wörter<br />

nicht total deformiert werden. Das Prinzip <strong>der</strong> gemäßigten <strong>Eindeutschung</strong> umfasste<br />

ursprünglich folgende Postulate:<br />

1. Die Wörter werden auf <strong>der</strong> gleichen Silbe betont wie in <strong>der</strong> Ausgangssprache.<br />

2. „So original wie möglich, so deutsch wie nötig.“ (Teske 1961)<br />

3. Die Aussprache fremdsprachlicher Wörter <strong>im</strong> deutschen Redekontext wird <strong>der</strong><br />

deutschen Artikulationsweise angepasst.<br />

4. Die Erhaltung <strong>der</strong> Vokalqualität ist wichtiger als die Vokalquantität.<br />

1 Zweifler seien auf die Szene einer <strong>polnischen</strong> Komödie verwiesen, in <strong>der</strong> sich die Hauptfigur gegenüber<br />

einem deutschen Kommandanten als Grzegorz Brzęczyszczykiewicz ausgibt<br />

(http://www.youtube.com/watch?v=ftrqO-jkMpE).<br />

126


5. Fremdsprachliche Laute, die nicht zum deutschen Lautinventar gehören, werden<br />

durch Laute ersetzt, die artikulatorisch und/o<strong>der</strong> auditiv möglichst ähnlich sind.<br />

6. Einzelne <strong>Eindeutschung</strong>sregeln bauen auf <strong>der</strong> kontrastiven Methode auf.<br />

7. Die Hinweise zur <strong>Eindeutschung</strong> sollten von den Vertretern des Fernsehens und<br />

des Rundfunks wie auch von den Muttersprachlern des Kodifizierungsgremiums<br />

gleichermaßen anerkannt werden (vgl. Heinemann 2007).<br />

Die Prinzipien <strong>der</strong> gemäßigten <strong>Eindeutschung</strong> fremdsprachlicher Wörter gehen auf<br />

das Wissen um die Phonetik <strong>der</strong> Einzelsprachen zurück. Bisher hat sich diese Vorgehensweise<br />

bei <strong>der</strong> Erstellung von Nachschlagewerken und Sprachratgebern für<br />

Fernseh- und Radiosprecher bewährt.<br />

3. <strong>Eindeutschung</strong>svorschläge des GWDA und des <strong>DAWB</strong> <strong>im</strong><br />

Vergleich<br />

Eine Pionierarbeit haben Phonetiker und Sprechwissenschaftler <strong>der</strong> ehemaligen<br />

DDR geleistet, als sie die Grundsätze <strong>der</strong> <strong>Eindeutschung</strong> <strong>im</strong> GWDA publik machten.<br />

Hier wurden Hinweise zur Aussprache von <strong>Eigennamen</strong> für 24 Sprachen angegeben,<br />

darunter auch für das Polnische. Die erarbeiteten Regeln umfassten jedoch nicht alle<br />

<strong>polnischen</strong> Laute mit <strong>Eindeutschung</strong>svorschlägen. Beispielsweise wurde die Affrikate<br />

Zc˝Y\ ausgelassen. Keine richtige Wahl traf man bei <strong>der</strong> Stellungsvariante Zh}]\<br />

des Phonems /I/, die vor Frikativen und <strong>im</strong> absoluten Wortauslaut vorkommt. In diesem Falle blieb man originalgetreu, ohne eine <strong>Eindeutschung</strong>salternative<br />

vorzugeben. Sonstige Regeln wurden in einer Tabelle kurz gefasst<br />

und mit Beispielen belegt, ohne auf die Beschlüsse einzugehen.<br />

Die Vokale [a], [i], [u] vor einem Konsonanten sollten nach dem Grundsatz <strong>der</strong> <strong>Eindeutschung</strong><br />

lang und <strong>im</strong> Wortauslaut halblang realisiert werden. Die sonstigen Vokale<br />

werden als kurz bezeichnet. Erst in <strong>der</strong> Tabelle wird auf die Aussprache von <br />

und hingewiesen. Ungespannte Vokalaussprache erscheint unabhängig vom<br />

Silbenbau und von <strong>der</strong> Position <strong>im</strong> Wort, auch die Betonung bewirkt keine Qualitätsverän<strong>der</strong>ungen<br />

, , , .<br />

Die Konsonanten und Affrikaten werden durch recht komplizierte Konsonantenhäufungen<br />

[RB\ und ZsRB\ ersetzt. Diese komplizierte Artikulation<br />

verlangt von Sprechern eine Reihe von Diktionsübungen. Im GWDA schrieb<br />

man ebenfalls vor, die weichen Konsonanten möglichst originalgetreu auszusprechen.<br />

Die Palatalisierung wurde mit dem Diakritikum Z&\ Zo&h!khsr@∂\ gekennzeichnet.<br />

Nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung Deutschlands wurden die Kodifizierungsarbeiten wie<strong>der</strong><br />

aufgenommen. Ihr Ziel war die Erarbeitung eines Aussprachewörterbuches für den<br />

ganzen deutschsprachigen Raum. Auch den österreichischen und schweizerischen<br />

Nationalvarietäten schenkte man beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit. Unter <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong>führung<br />

des traditionsreichen sprechwissenschaftlichen Instituts in Halle konnten die<br />

mehrjährige Forschungsarbeiten 2009 mit <strong>der</strong> Veröffentlichung des Deutschen Aussprachewörterbuches<br />

gekrönt werden. <strong>DAWB</strong>, das an die Stelle des GWDA tritt, basiert<br />

auf soziophonetischen Umfragen, fassettenreichen instrumentalen Untersuchungen<br />

und umfasst viele an<strong>der</strong>e Blickfel<strong>der</strong> <strong>der</strong> deutschen Orthophonie.<br />

Auch in diesem Wörterbuch setzte man sich mit <strong>der</strong> <strong>Eindeutschung</strong> fremdsprachlicher<br />

Namen auseinan<strong>der</strong> und versuchte die Grundsätze zu vereinfachen und sie zu<br />

vereinheitlichen. Im Wörterbuch wurden Regeln für 19 Sprachen angegeben, auch<br />

127


für das Polnische. Den Hinweisen zur <strong>Eindeutschung</strong> gehen Informationen über die<br />

jeweilige Sprache, ihren Ursprung und charakteristische phonetische Merkmale voraus.<br />

Im Vergleich zum GWDA werden die Grundsätze zur <strong>Eindeutschung</strong> des Polnischen<br />

umfangreicher und expliziter bearbeitet. Viele wenig treffende Regeln wurden durch<br />

nutzerfreundliche Tipps ersetzt. Die Informationen über die polnische Standardlautung<br />

bleiben jedoch klärungsbedürftig. Für manche Streitfragen werden in diesem Artikel<br />

einige alternative Lösungen vorgeschlagen, sofern sie <strong>der</strong> ursprünglichen Konzeption<br />

<strong>der</strong> Autoren nicht zuwi<strong>der</strong>laufen.<br />

4. Der polnische Wortakzent und die Vokalquantität<br />

Die Frage nach den akustischen Merkmalen des <strong>polnischen</strong> Wortakzents ist bis heute<br />

nicht ganz eindeutig beantwortet. Im Allgemeinen wird er als dynamisch bezeichnet,<br />

denn die prominente Silbe <strong>im</strong> Wort wird mit größerer Artikulationsenergie ausgesprochen<br />

(Dłuska 1947, Doroszewski 1952). Unter akustischem Aspekt zeichnet sich<br />

die betonte Silbe durch größere Intensität aus <strong>im</strong> Vergleich zu unbetonten Silben.<br />

Jassem (1962) konstatiert aufgrund seiner instrumental-auditiven Analysen, dass die<br />

Differenzen in dem Intensitätspegel <strong>der</strong> <strong>polnischen</strong> Vokale nicht regelmäßig zum<br />

Vorschein kommen. Unter Berücksichtigung verschiedener Kontexte untersuchte er<br />

die relativen Intensitätswerte <strong>der</strong> Vokale, Artikulationslänge und die Höhe <strong>der</strong> Grundfrequenz.<br />

Seine Forschungsergebnisse bestätigen, dass die Erhöhung des Grundtons<br />

als häufigster akzentbilden<strong>der</strong> Faktor gilt. Der Anstieg <strong>der</strong> Intensität und die<br />

Dehnung des Akzentvokals sind zweifellos ebenfalls feststellbar, sie haben jedoch<br />

eine weniger regelmäßige Ausprägung. Die Behauptung, „<strong>der</strong> polnische Wortakzent<br />

ist melodisch-dynamisch, hinzu kommen Quantitätsverän<strong>der</strong>ungen (Dehnung) in akzentuierten<br />

Silben“ (<strong>DAWB</strong>, 2009:176), kann somit teilweise bestätigt werden. Sawicka<br />

(1995: 177) konstatiert, dass bei <strong>der</strong> Prominenzbildung innerhalb des Wortes<br />

alle drei prosodische Faktoren beteiligt sind. Welche von ihnen dominiert, hängt von<br />

<strong>der</strong> Akzentposition <strong>im</strong> Wort und <strong>der</strong> Art des Wortes ab. In Zweisilbern mit <strong>der</strong> Betonung<br />

auf <strong>der</strong> ersten Silbe gilt die Intensität als physisches Korrelat. Im Allgemeinen<br />

geht er mit einer geringfügigen Vokaldehnung einher. Tritt das Wort jedoch vor einer<br />

Pause auf, bleibt die Intensität als einziges Korrelat des Wortakzents in zweisilbischen<br />

Wörtern mit Initialbetonung erhalten. In Wörtern mit mehr als zwei Silben kann<br />

man als Korrelat des Akzents die Höhe <strong>der</strong> Grundfrequenz betrachten, die <strong>im</strong> Vergleich<br />

mit einer <strong>der</strong> Nachbarsilben höher o<strong>der</strong> tiefer ist. Die Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> F0 in <strong>der</strong><br />

Akzentsilbe konkurrieren in dieser Position mit den Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Vokalquantität.<br />

Der nichtinitiale Akzent beruht somit auf den Än<strong>der</strong>ungen des Grundtons und/o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Vokaldehnung. Als Korrelat des <strong>polnischen</strong> Wortakzents wird vor allen Dingen<br />

die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> F0-Richtung angesehen (vgl. Sawicka 1995: 177, Dukiewicz 1995,<br />

78; Wisniewski 2001: 127).<br />

Auch <strong>im</strong> Aussprachewörterbuch Podręczny słownik poprawnej wymowy polskiej<br />

(1994) von Lubaś und Urbańczyk wird <strong>der</strong> polnische Wortakzent als dynamisch bezeichnet.<br />

Es wird aber hinzugefügt, dass <strong>der</strong> Vokal ein kleines bisschen länger und<br />

höher <strong>im</strong> Vergleich zu unbetonten Silben artikuliert wird (Lubaś / Urbańczyk 1994: 19).<br />

Bezüglich <strong>der</strong> Dynamik ist <strong>der</strong> polnische Akzent viel schwächer als <strong>der</strong> Wortakzent<br />

<strong>im</strong> Deutschen. Er kann auch nicht bewirken, die gesamte Artikulationsenergie auf die<br />

betonte Silbe zu konzentrieren ist. Bildhaft ausgedrückt steht <strong>der</strong> polnische Akzent<br />

128


als eher solidarisch den unbetonten Silben gegenüber. Das bedeutet, dass die Artikulationsenergie<br />

fast gleichmäßig auf alle Silben verteilt ist und die Akzentsilbe <strong>im</strong><br />

Vergleich mit dem Deutschen nur etwas lauter, stärker artikuliert, was automatisch<br />

eine Quantitätsän<strong>der</strong>ung nach sich zieht. Da das Polnische keine Lang-Kurz-<br />

Distinktivität kennt und alle Vokale an den Folgekonsonanten lose angeschlossen<br />

werden, steht <strong>der</strong> Vokaldehnung nichts <strong>im</strong> Wege. Dies betrifft vor allem die Position<br />

in <strong>der</strong> Emphase.<br />

5. Zur <strong>Eindeutschung</strong> einiger polnischer Vokale<br />

Im Vergleich mit dem GWDA liegen in dem neusten Aussprachewörterbuch mehr<br />

ausgebaute Regeln zur <strong>Eindeutschung</strong> <strong>der</strong> Vokale in den <strong>polnischen</strong> <strong>Eigennamen</strong><br />

vor. Sie fußen auf dem Silbenbau und <strong>der</strong> Akzentposition, sodass sie damit <strong>der</strong> Aussprache<br />

<strong>der</strong> deutschen Vokale nahe kommen. Alle Vokale außer sollen in <strong>der</strong><br />

akzentuierten offenen Silbe lang und gespannt ausgesprochen werden, in den geschlossenen<br />

kurz und ungespannt. In den unbetonten offenen Silben entschloss man<br />

sich für die Aussprache kurz und ungespannt außer [i] und [u], welche trotzdem gespannt<br />

zu artikulieren sind. Es wird <strong>im</strong> Wörterbuch nicht näher auf diesen Beschluss<br />

eingegangen und man kann mutmaßen, dass <strong>der</strong> Leitsatz „So original wie möglich,<br />

so deutsch wie nötig” Anwendung fand. Die beiden Vokale werden positionsunabhängig<br />

unverän<strong>der</strong>t ausgesprochen, hinsichtlich ihrer Qualität stehen sie den deutschen<br />

Äquivalenten nahe.<br />

Erwähnt sei an dieser Stelle, dass es <strong>im</strong> Polnischen auch in unbetonten Silben in <strong>der</strong><br />

Umgebung <strong>der</strong> palatalen Laute eine vorverlagerte und erhöhte Variante Zd\ des Phonems<br />

/D/ gibt: ZÅdlh]`mNu!hsrD\, Zuh]dI!`erbh\. Dies könnte<br />

auch bei <strong>der</strong> <strong>Eindeutschung</strong> mitberücksichtigt werden.<br />

Im Kontext <strong>der</strong> oben angeführten Beispiele kommt die Frage auf, warum sich die Autoren<br />

bei den palatalisierten Konsonanten für die Transkription durch das unsilbische<br />

ZH]\ z.B. ZBH]DlH]`mNuh9sr?\+ ZuH]DmH]!`erjh9\ entschieden. Für Wörter, die seit langem <strong>im</strong><br />

Deutschen behe<strong>im</strong>atet sind, wird eine Umschrift angegeben (vgl. <strong>DAWB</strong> 2009: 57),<br />

die auch eine gewisse Nähe zur <strong>polnischen</strong> Sprache aufweist: Zoh]nm!h95]\ Zoh]dcDrs!`9k\ Zeh]!`rjn9\. Für diese Transkription spricht auch die Tatsache,<br />

dass <strong>im</strong> gegenwärtigen Polnisch die asynchrone Aussprache <strong>der</strong> weichen<br />

Konsonanten mit deutlichem „jot“ als gleichberechtigt daneben tritt (Lubaś / Urbańczyk<br />

1994: 27; Wierzchowska 1971: 184ff.). Dementsprechend könnte die eingedeutschte<br />

Lautform folgen<strong>der</strong>maßen vorgegeben werden: Zuh]Dmh]!`erjh9\. Im Falle <strong>der</strong><br />

eingedeutschten Konsonanten ZÅ\, ZsÅ\ oraz reichen die palatalen ZB\ i ZsB\:<br />

ZBDlh]`mNu!Hsr?\, ZsBDw!`9mTe\, ZB!D9Q`sr\.<br />

6. Phonetische Repräsentationen des Graphems <br />

Eine Inkonsequenz lässt sich auch bei <strong>der</strong> Aussprache von feststellen. Nach den<br />

vorgegebenen Regeln zur <strong>Eindeutschung</strong> <strong>der</strong> <strong>polnischen</strong> Vokale sind die Vokale in<br />

akzentuierten geschlossen Silben als kurz und ungespannt zu realisieren. Diese Regel<br />

wird somit für Wörter wie Zj!`kHR\, ZsB!Hrm`9\ (<strong>DAWB</strong> 2009: 178)<br />

angewendet. Dies ist <strong>im</strong> Falle von insofern unklar,<br />

als man nicht von vorne herein präzisiert, nach welchen phonotaktischen Grund-<br />

129


sätzen vorgegangen wird. Während <strong>im</strong> Polnischen die Silbe <strong>im</strong> Wort ZjkD-I!h-sr`\ offen<br />

ist, gilt sie <strong>im</strong> Deutschen als durchaus geschlossen. Richtet man sich hier nach<br />

<strong>der</strong> <strong>polnischen</strong> Silbentrennung, dann müsste man auch für das Wort einen<br />

langen gespannten Vokal vorschreiben, denn hier gelten sowohl ZsÅh-rm`\ als auch<br />

ZsÅhr-m`\ als richtig (vgl. Wisniewski 2001: 37). Darüber hinaus hört man bei vielen<br />

Deutschen, die in Polen als Lektoren tätig sind, dass sie wenigstens bei dem Stadtnamen<br />

die Lautform Zj`sNu!Hsr?\ vorziehen.<br />

7. Nasalvokale und <br />

Zur Amtszeit von Lech Wałęsa konnte man in den deutschen Fernseh- und Radiosen<strong>der</strong>n<br />

vielfältige Aussprachevarianten seines Namens hören: Zu`k!Dr`9\, Zu`k!Dmr`9\,<br />

Zu`k!N}r`9\, Zu`k!Dy`9\. Selbst exzellent geschulte Sprecher waren nicht <strong>im</strong> Stande, die<br />

schwierige Segmenthäufung <strong>der</strong> Originalfassung wie<strong>der</strong>zugeben. Die Ursache geht<br />

unter an<strong>der</strong>em auf die Aussprachehinweise zu den <strong>polnischen</strong> Nasalvokalen in den<br />

gängigen deutschen Refferenzwerken zurück, wo man die synchrone Artikulation von<br />

und den Transkriptionen entnehmen kann. Dabei wäre zu beachten, dass<br />

sich die Realisation <strong>der</strong> Nasalvokale <strong>im</strong> Polnischen vor<strong>der</strong>gründig auf die Position<br />

vor Frikativen beschränkt. Darüber hinaus werden sie <strong>im</strong> Gegensatz zu den echten<br />

Nasalvokalen wie etwa <strong>im</strong> Französischen asynchron in Form eines Diphthongs ausgesprochen.<br />

Die erste Komponente des Zwielautes wird dabei nicht nasal realisiert.<br />

Erst in <strong>der</strong> weiteren Haltephase des Vokals erfolgt die Velumssenkung, in <strong>der</strong> verschiedene<br />

kontextbedingte Nasalapprox<strong>im</strong>ate wie ZL]}\ o<strong>der</strong> [i] artikuliert werden (vgl.<br />

Wiśniewski 2001: 78, Dukiewicz 1995: 32, Wierzchowska 1980).<br />

Die asynchrone Aussprache <strong>der</strong> <strong>polnischen</strong> Nasalvokale wird auch <strong>im</strong> Podręczny<br />

słownik poprawnej wymowy polskiej (1994) von Lubaś und Urbańczyk <strong>der</strong> Präskription<br />

<strong>der</strong> synchronen Artikulation in Słownik wymowy polskiej (1977) von Karaś und<br />

Madejowa entgegengesetzt. Dukiewicz (1995: 36) wirft Karaś / Madejowa vor, dass<br />

sie keine objektiven Methoden nennen, nach denen die synchrone Artikulation an <strong>der</strong><br />

Stelle vor Frikativen nachgewiesen worden wäre. Wie etliche instrumental-auditive<br />

Analysen zeigen, kann man annehmen, dass sich die Konstatierung <strong>der</strong> Autoren<br />

eher auf Impressionen und nicht auf Tatsachen stützt (Dukiewicz 1995: 36). Eine<br />

ähnliche Kritik an diesem Aussprachewörterbuch wird von Nowakowski (1997) geübt:<br />

„Ponadto Status Słownika Karasia i Madejowej nie jest do końca jasny, poniewaŜ autorzy<br />

nie zdecydowali się nazwać go słownikiem poprawnej wymowy czy ortofonicznym.” (Nowakowski<br />

1997: 43) 2<br />

In den beiden deutschen Aussprachewörterbüchern GWDA (1982) und <strong>DAWB</strong><br />

(2009) wird die Frage <strong>der</strong> <strong>Eindeutschung</strong> <strong>der</strong> Nasalvokale etwas an<strong>der</strong>s behandelt.<br />

Während <strong>im</strong> GWDA die Aussprache von vor Frikativen nicht eingedeutscht<br />

wurde, schlägt das <strong>DAWB</strong> eine biphonematische Aussprache ZNm\ZDm\ wie <strong>im</strong> Falle<br />

<strong>der</strong> Distribution vor an<strong>der</strong>en Obstruenten vor. Es sei jedoch darauf hingewiesen,<br />

dass in <strong>der</strong> Tabelle Spalte „Aussprache polnisch“ (<strong>DAWB</strong> 2009: 178f.), als Aussprachemuster<br />

z.B. [qD}a!NuN\, ZqD}jRNu!hsrD\,<br />

2 „Außerdem ist <strong>der</strong> Status dieses Wörterbuches nicht ganz klar, denn die Autoren haben es unterlassen,<br />

es als Wörterbuch <strong>der</strong> korrekten Aussprache o<strong>der</strong> als orthophonisches Wörterbuch zu<br />

bezeichnen.“ (Übers. R.S.)<br />

130


Zc!N}ojh\, ZlN}jNR!HsrD\ angegeben wurden, welche als nicht korrekt gelten (vgl. Nowakowski<br />

1997, Toczyska 2007).<br />

Lubas / Urbańczyk weisen in ihrem Aussprachewörterbuch Podręczny słownik poprawnej<br />

wymowy polskiej (1994: 22-25) darauf hin, dass die Nasalvokale asynchron<br />

ausgesprochen und als solche nur vor Frikativen und <strong>im</strong> absoluten Auslaut (insbeson<strong>der</strong>e<br />

) vorkommen. Sonst werden sie als orale Vokale ZN\ und ZD\ mit einem<br />

entsprechenden Nasalkonsonaten ausgesprochen, dessen Artikulationsstelle an die<br />

folgenden Obstruenten angeglichen wird. In <strong>der</strong> Umgangssprache ist ab und zu die<br />

normwidrige, biphonematische Aussprache ZNm\, ZDm] vor Reibelauten zu hören. Davon<br />

zeugen Rechtschreibfehler von Kin<strong>der</strong>n, die sich <strong>der</strong> gültigen Sprachnorm noch<br />

nicht bewusst sind. Im <strong>DAWB</strong> deckt sich die <strong>Eindeutschung</strong> von und somit<br />

sowohl mit <strong>der</strong> präskriptiven als auch mit den subsistenten Aussprachenormen <strong>im</strong><br />

Polnischen. Die Spalte „Aussprache polnisch“ (<strong>DAWB</strong> 2009: 178f.) müsste somit <strong>der</strong><br />

<strong>polnischen</strong> Aussprachenorm angepasst werden.<br />

8. Zur <strong>Eindeutschung</strong> einiger polnischer Konsonanten<br />

Im Vergleich mit dem GWDA (1982) verzichtete man <strong>im</strong> <strong>DAWB</strong> (2009) auf die recht<br />

komplizierte Konsonantenkombination ZRB\+ ZsRB\ für die Grapheme und . Sie wurden durch einfachere und dem deutschen System näher stehende ZB\,<br />

ZsB\ ersetzt. Wenn man die deutsch-<strong>polnischen</strong> und polnisch-deutschen Interferenzfehler<br />

<strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Aussprache in Betracht zieht, scheint die Beschlussfassung <strong>der</strong><br />

Kodifikatoren durchaus begründet zu sein.<br />

Wenig überzeugend scheint jedoch <strong>der</strong> Hinweis zur <strong>Eindeutschung</strong> <strong>der</strong> Konsonantenhäufung<br />

ZsY‡\: (<strong>DAWB</strong>, 2009: 998). Infolge<br />

<strong>der</strong> progressiven St<strong>im</strong>mlosigkeitsass<strong>im</strong>ilation wird <strong>im</strong> Polnischen ZY\ als ZR\ ausgesprochen.<br />

Die st<strong>im</strong>mhafte Realisation nach den st<strong>im</strong>mlosen Konsonanten gilt als inkorrekt<br />

(Lubaś 1994: 30). Im Zusammenhang damit führt die Verbindung von ZsR\ ohne<br />

Lenisierung ZY‡\ einerseits zur einfacheren Artikulation durch den deutschen Sprecher.<br />

An<strong>der</strong>erseits ist die Aussprache mit dem Fortis-Frikativ auch gar nicht so originalfern:<br />

ZsRDa!h9mh]`9\.<br />

Im <strong>DAWB</strong> (2009) ist auf S. 177 ein Fehler unterlaufen, wenn es um die Aussprache<br />

des Vornamens P Z!`mc˝YDi\ geht. Die Konsonatenhäufungen ZcY\ <br />

und ZsR\ dürfen nicht affrikatisiert werden. Diese für Südpolen typische Aussprache<br />

wird als fehlerhaft betrachtet, denn <strong>der</strong> Unterschied zwischen Zs˝R0\ vs<br />

ZsR0\ wird dadurch aufgehoben. So gilt die Aussprache Z!`mcYDi\, die sich mit<br />

<strong>der</strong> eingedeutschten Wortform deckt, nach <strong>der</strong> <strong>polnischen</strong> Rechtlautungsnorm als alleingültig.<br />

Die Affrikate Zc˝Y\ wird erst bei <strong>der</strong> Graphemverbindung (z.B. <br />

Zc˝Y&hmr0\) realisiert. Dieses Prinzip gilt insofern, als die Konsonatenhäufung nicht<br />

an <strong>der</strong> Morphemgrenze steht: .<br />

Nicht ganz st<strong>im</strong>mt auch die folgende Regel (<strong>DAWB</strong> 2009: 177): „Im Gegensatz zum<br />

Deutschen werden st<strong>im</strong>mlose Konsonanten vor st<strong>im</strong>mhaften Konsonanten st<strong>im</strong>mhaft<br />

realisiert, z.B. P ZYDYI!hjNuN\. Im Aussprachewörterbuch wird <strong>der</strong><br />

Grundsatz folgen<strong>der</strong>maßen expliziert:<br />

„Spółgłoski w grupie wymawia się albo dźwięcznie albo bezdźwięcznie, decyduje o tym<br />

ostatnia z nich, np. proźba, kłatka, bapka, gwistka. Spółgłoski m m’ n ń l ł r stojące na<br />

131


końcu grupy nie narzucają dźwięczności, np. Mokry, pasmo, płatny.” (Lubaś / Urbanczyk<br />

1994: 30) 3<br />

Laut <strong>der</strong> <strong>im</strong> <strong>DAWB</strong> stehenden Regel wäre die Aussprache Zc!tYmN\ von ,<br />

was <strong>der</strong> Sprechrealität nicht entspricht. Die Behauptung <strong>im</strong> <strong>DAWB</strong> (2009: 178), „die<br />

Auslautverhärtung wird auch innerhalb des Wortes silbenauslautend realisiert, z.B.<br />

Sadkowice DZr`sjNu!h9sr?\“ läuft <strong>der</strong> <strong>polnischen</strong> Orthophonie zuwi<strong>der</strong>. Würde man<br />

dem Silbengrenzenprinzip folgen, so müsste man PZIDc˝æu&!hs˝r`\ –<br />

DZmh]DcYu!Hsr`\ als PZIDsÅ˝u&!hs˝r`\ aussprechen. Im Polnischen kommt es zur Auslautverhärtung<br />

von st<strong>im</strong>mhaften Obstruenten nur <strong>im</strong> absoluten Auslaut, sonst wird die<br />

St<strong>im</strong>mlippenaktivität von dem Folgelaut, auch innerhalb <strong>der</strong> Wortgrenze, mit beeinflusst.<br />

Polnisch lässt sich wie jede natürliche Sprache in verschiedene Präzisionsstufen einteilen.<br />

Neben den vollen Formen kann man in <strong>der</strong> Umgangssprache auch eine Reihe<br />

von Schwächungen vermerken. Von den gängigen Reduktionsformen könnte man<br />

bei <strong>der</strong> <strong>Eindeutschung</strong> polnischer <strong>Eigennamen</strong> Gebrauch machen. Beispielsweise<br />

werden <strong>im</strong> <strong>DAWB</strong> recht ausführliche Regeln zur <strong>Eindeutschung</strong> des Approx<strong>im</strong>anten<br />

von Zv\ gegeben. Neben dem labiodentalen Frikativ Zu\ <strong>im</strong> absoluten Anlaut vor<br />

dem Vokal gibt das Wörterbuch in <strong>der</strong> vor- und nachkonsonatischen Stelle<br />

eine Reihe unsilbischer Hinterzungenvokale Zt]\ZT]\ZN]\ , czy an.<br />

In <strong>der</strong> intervokalischen Position enthält die eingedeutschte Form den labiodentalen<br />

Frikativ. Wenn man auf die Präzisionsstufen des Polnischen zurückgreift, könnte<br />

man für diese Distribution von Zv\ zwar eine informelle, aber dennoch sehr verbreite<br />

Aussprache vorschlagen, in <strong>der</strong> es zur Elision des Approx<strong>im</strong>anten kommt:<br />

PZuN!Nl&hm\ – DZuN!n9lh9m\, P Zu`!D}r`\ – DZu`!Dmr`\.<br />

Bei <strong>der</strong> Lautkombination werden <strong>im</strong> Wörterbuch bereits Ausspracheformen<br />

<strong>der</strong> unteren Formstufen angegeben, indem die Aussprache des langen<br />

gespannten Zt9\, z.B. DZo!t9sTrj\ vorgegeben wird. Eine ähnliche Lösung<br />

könnte man für Zvt\ <strong>im</strong> absoluten Anlaut als Zt9\ in Angriff nehmen, z.B. <br />

Zt9sB\. Die dargestellten Reduktionsformen kommen <strong>im</strong> weniger gepflegten Polnisch<br />

vor.<br />

Zur Aussprache von ZI\: Im Falle des Nasalkonsonanten ZI\ gibt das Aussprachewörterbuch<br />

(Lubaś / Urbanczyk 1994: 27f.) positionsbedingte Ausspracheformen<br />

an. Dies sollte man auch bei <strong>der</strong> <strong>Eindeutschung</strong> <strong>der</strong> <strong>polnischen</strong> Namen berücksichtigen<br />

und die Form wählen, die sowohl dem deutschen Sprecher keine Schwierigkeiten<br />

bei <strong>der</strong> Artikulation bereitet als auch <strong>der</strong> Originalfassung nahe steht. Die Aussprache<br />

von ZI\ kann vor Frikativen folgen<strong>der</strong>maßen aussehen: Anstelle von ZI\ tritt<br />

ein palataler Nasalapprox<strong>im</strong>ant Zh}]\ z.B. Zfc!`h}]rj\- Vor Obstruenten kann die Aussprache<br />

von ZI\ in zweifacher Weise realisiert werden:<br />

a) Es wird die exakte Form ausgesprochen: Zg!`IsR˝`\+<br />

b) es kann auch zu einer Diphthongierung kommen; Vokal + Zh]\. Ihm folgt ein Nasal-<br />

3 Konsonantenhäufungen werden entwe<strong>der</strong> st<strong>im</strong>mhaft o<strong>der</strong> st<strong>im</strong>mlos ausgesprochen, darüber entscheidet<br />

<strong>der</strong> letzte von ihnen, z.B. Zoq!Næa`\, Zjw!`sj`\, Za!`oj`\,<br />

Zfu&!hrsj`\. Die Konsonanten Zll&mIkvq\, die am Ende <strong>der</strong> Gruppe stehen, zwingen<br />

ihr keine St<strong>im</strong>mhatigkeit auf.<br />

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konsonant, dessen Artikulationsstelle an den Folgekonsonanten ass<strong>im</strong>iliert wird:<br />

Zg!`h]msR˝`\, ZjNh]msr!Nu0\, Zl!`h]Mjts\, Zw!`h]la`\.<br />

Für die <strong>Eindeutschung</strong> bietet sich die folgende Lösung, die sich <strong>der</strong> oben angeführten<br />

Originalversion annähert.<br />

Schreibung Aussprache Beispiel<br />

Vokal + ń + Frikativ Diphthong+ [n] + Frikativ Gdańsk Zfc`D]mrj\<br />

Vokal + ń + Explosiv Diphthong + Zm\Zl\ lub ZM\ + Explosiv Hańcza Zg!`D]msR`9\<br />

Die falsch angegebene Form von ZokNmrj\ (<strong>DAWB</strong> 2009: 829) könnte folgen<strong>der</strong>maßen<br />

realisiert werden: Zot]N8]mrj\.<br />

F a z i t : Die dargestellten Überlegungen sind lediglich als Vorschlag zu verstehen.<br />

Die Lösungen sind nicht in den allgemeinen Kontext des <strong>Eindeutschung</strong>skonzepts <strong>im</strong><br />

<strong>DAWB</strong> eingebettet und können demzufolge <strong>der</strong> Grundidee zuwi<strong>der</strong>laufen. Da die orthophonischen<br />

Normen des Polnischen lediglich auf den <strong>im</strong> Wörterbuch von Karas und<br />

Madejowa festgehaltenen Ausspracheregeln basieren, werden hier noch zusätzliche<br />

Quellen angeführt, die an<strong>der</strong>e Ansichten und Forschungsergebnisse wie<strong>der</strong>geben.<br />

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