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Die Farben in den Glasuren

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<strong>Farben</strong> <strong>in</strong> <strong>Glasuren</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>Farben</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Glasuren</strong><br />

Wolf Matthes<br />

<strong>Die</strong> <strong>Farben</strong> <strong>in</strong> keramischen <strong>Glasuren</strong> s<strong>in</strong>d absolut<br />

lichtecht, sie verblassen am Licht nicht – im<br />

Gegensatz zu vielen organischen <strong>Farben</strong> – <strong>den</strong>n<br />

es s<strong>in</strong>d M<strong>in</strong>eralfarben, die durch große oder auch<br />

sehr kle<strong>in</strong>e Anteile von Metalloxi<strong>den</strong> im Glas<br />

hervorgerufen wer<strong>den</strong>. Nicht nur die Menge und<br />

Art der Oxide, sondern auch deren Teilchengröße,<br />

also deren Fe<strong>in</strong>teiligkeit spielen e<strong>in</strong>e wesentliche<br />

Rolle bei der Bildung der <strong>Farben</strong>. Außerdem<br />

können sie durch die Zusammensetzung<br />

der Glasur und durch die Art des Brennens, des<br />

Schmelzens und des Abkühlens bee<strong>in</strong>flusst wer<strong>den</strong>.<br />

Es kann e<strong>in</strong>er dieser E<strong>in</strong>flussfaktoren bestimmend<br />

se<strong>in</strong> oder es können verschie<strong>den</strong> Umstände<br />

gleichzeitig oder nache<strong>in</strong>ander zur entsprechen<strong>den</strong><br />

Färbung führen. Ohne die Metalle<br />

Eisen, Kupfer, Kobalt, Mangan, Nickel, Chrom,<br />

Blei, Antimon, Titan, Z<strong>in</strong>n, Z<strong>in</strong>k, Uran, Gold und<br />

Silber gäbe es ke<strong>in</strong>e keramischen <strong>Farben</strong>. Dazu<br />

zählen auch – aber weniger wichtig – Vanadium,<br />

Cadmium, Selen, Praseodym und Zirkonium.<br />

Außer Kupfer, Gold und Silber s<strong>in</strong>d die re<strong>in</strong>en<br />

Metalle lediglich mehr oder weniger grau -<br />

schwarze Pigmente im Glas/<strong>in</strong> der Glasur. <strong>Die</strong><br />

Metalle s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> silikatischen Schmelzen nicht löslich,<br />

sonder nur ihre Oxide. Metallisches Kupfer,<br />

Gold oder Silber können aber bei entsprechender<br />

kle<strong>in</strong>ster Teilchengröße rote und gelbe Färbungen<br />

hervorrufen. <strong>Die</strong> Metalloxide färben die<br />

Glasur entweder durch Auflösung <strong>in</strong> der Glasurschmelze<br />

(= Ionen oder Lösungsfärbung) oder<br />

sie verb<strong>in</strong><strong>den</strong> sich untere<strong>in</strong>ander oder mit Bestandteilen<br />

der Glasur zu neuen farbigen Verb<strong>in</strong>dungen<br />

(=Pigmentfärbung), oder sie s<strong>in</strong>d selbst<br />

farbiges Pigment mit ihrer Eigenfarbe, wenn sie<br />

ungelöst (d. h. <strong>in</strong> zu großem Anteil) <strong>in</strong> der Glasurschmelze<br />

bleiben, weil diese ke<strong>in</strong>e »Lösekraft«<br />

mehr hat. Das passiert, wenn die Temperatur<br />

Wissen<br />

Kupferrot- und Silbergelb-Lüster,<br />

Alan Caiger-Smith, ca 1980-81<br />

Unten: Eisenblau – Jun-ware, ca 1250, Ch<strong>in</strong>a, Percival-David-<br />

Foundation of Ch<strong>in</strong>ese Art, London<br />

nicht hoch genug ist, die Schmelze deshalb zu<br />

zähflüssig ist oder wenn der Anteil an stark lösen<strong>den</strong><br />

Flussmitteln (Alkalioxide, Bleioxid, Boroxid)<br />

zu ger<strong>in</strong>g ist, dafür der Gehalt an <strong>den</strong> Glasbildnern<br />

Siliziumoxid, SiO 2 und Alum<strong>in</strong>iumoxid,<br />

AI 2O 3 zu hoch ist. E<strong>in</strong> prächtiges Beispiel für<br />

komplexe, Farbe verursachende Vorgänge bieten<br />

35


36<br />

Wissen <strong>Farben</strong> <strong>in</strong> <strong>Glasuren</strong><br />

die Eisenoxide: FeO – M<strong>in</strong>eralname Wüstit mit<br />

grauschwarzer Farbe; Fe 20 3 – M<strong>in</strong>eralname Hämatit<br />

mit rostroter Farbe, und Fe 30 4 (= Fe0-Fe 20 3)<br />

– M<strong>in</strong>eralname Magnetit mit schwarzer Farbe.<br />

Ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Glas/e<strong>in</strong>er Glasur FeO völlig aufgelöst,<br />

so ergibt das Blau. Ist nur das sauerstoffreichere<br />

Fe 20 3 völlig gelöst, entsteht gelb. S<strong>in</strong>d beide,<br />

FeO und Fe 20 3 gelöst im Glas vorhan<strong>den</strong>, entstehen<br />

diverse Grüntöne zwischen Gelb und Blau,<br />

je nach <strong>den</strong> Anteilen von FeO und Fe 20 3. Weil<br />

FeO als solches grauschwarz, und Fe 20 3 rostrot<br />

aussieht, färbt ungelöstes FeO mit se<strong>in</strong>er Eigenfarbe<br />

grau, und ungelöstes Fe 20 3 rostrot; umso<br />

stärker, je mehr davon im Glas vorhan<strong>den</strong> ist.<br />

Grau und Rostrot ergeben zusammen Braun. Bei<br />

Temperaturen oberhalb 1000 °C spaltet das rote<br />

Fe 20 3 von selbst Sauerstoff ab und bildet so<br />

FeO. Und weil FeO und Fe 20 3 dann leicht <strong>den</strong><br />

schwarzen Magnetit bil<strong>den</strong>, kann e<strong>in</strong>e rostrote<br />

bis hellbraune Färbung <strong>in</strong> hochgebrannten <strong>Glasuren</strong><br />

schnell <strong>in</strong> dunkelbraun bis schwarz umschlagen.<br />

<strong>Die</strong>s ist dann e<strong>in</strong>e sehr stabile Färbung.<br />

Dafür muss <strong>in</strong> der Regel mehr als 8% Eisenoxid<br />

<strong>in</strong> der Glasur se<strong>in</strong>.<br />

Je fe<strong>in</strong>er verteilt das rostrote Eisenoxid Hämatit<br />

vorliegt, desto heller und leuchtender wird<br />

die rote Färbung. Besonders bei hohen Temperaturen<br />

kann e<strong>in</strong>e silikatische Glasurschmelze<br />

mehr FeO als Fe 2O 3 auflösen, also <strong>in</strong> fe<strong>in</strong>ster<br />

Form, nämlich von »Molekülgröße« enthalten.<br />

Wenn jetzt die Oberfläche e<strong>in</strong>er durch Eisenoxide<br />

schwarz gefärbten Glasurschmelze beim<br />

Glattbrand oder beim Abkühlen mit sehr viel<br />

Sauerstoff, also Luft <strong>in</strong> Berührung kommt, wird<br />

dort, also meist nur <strong>in</strong> der obersten Glasurschicht,<br />

das FeO zu Fe 2O 3 oxidiert, welches sich<br />

dann <strong>in</strong> allerfe<strong>in</strong>sten roten Hämatit Kriställchen<br />

ausscheidet; so fe<strong>in</strong>, wie man es durch Fe<strong>in</strong>mahlen<br />

nicht erreichen kann.<br />

Verb<strong>in</strong>dungen der Eisenoxide mit anderen Elementen<br />

können grün, grau, gelb, rotbraun oder<br />

Oben: Eisenrot, -gelb und -braun im Holzbrand,<br />

Owen Rye 2001/02<br />

Unten: Eisenrot-Temmoku, Horst Kerstan, ca. 1988


<strong>Farben</strong> <strong>in</strong> <strong>Glasuren</strong><br />

schwarz aussehen und entstehen oft <strong>in</strong> Mattglasuren<br />

durch entsprechende Kristallbildungen<br />

von Erdalkalisilikaten. Liegen nebene<strong>in</strong>ander verschie<strong>den</strong><br />

zusammengesetzte Kristallite vor, kann<br />

e<strong>in</strong>e verschie<strong>den</strong>farbig gesprenkelte Oberfläche<br />

entstehen.<br />

Kupferverb<strong>in</strong>dungen sehen <strong>in</strong> der Regel grün,<br />

blaugrau oder blau, schwarz manchmal auch rotbraun<br />

aus; Kupferoxid CuO ist tiefschwarz. In<br />

Bleiglasuren völlig aufgelöstes CuO färbt grün, <strong>in</strong><br />

Alkali- oder Alkaliborglasuren färbt es blau.<br />

Bleibt CuO ungelöst, weil zu viel davon <strong>in</strong> der<br />

Glasurschmelze enthalten ist, kommt durch se<strong>in</strong>e<br />

Eigenfarbe e<strong>in</strong>e Grau- bis Schwarzkomponente<br />

h<strong>in</strong>zu. Beim Kupferrot handelt es sich weder<br />

um e<strong>in</strong>e Pigment-, noch um e<strong>in</strong>e Lösungsfärbung,<br />

sondern um e<strong>in</strong>e Kolloidalfarbe. Davon aber später.<br />

Kobaltverb<strong>in</strong>dungen s<strong>in</strong>d schwarz, grün, purpurrosa<br />

oder bläulich. <strong>Die</strong> Kobaltoxide (CoO,<br />

Co 20 3) sehen schwarz oder grünlich grau aus –<br />

Kobaltsilikate und -alum<strong>in</strong>ate s<strong>in</strong>d immer blau. In<br />

Verb<strong>in</strong>dung mit 2- oder 3-wertigen anderen<br />

Metalloxi<strong>den</strong> (FeO, CuO, NiO, Fe 20 3, Mn 20 3, Cr 20 3<br />

z. B.) bil<strong>den</strong> die Kobaltoxide sehr stabile schwarze<br />

Pigmente. E<strong>in</strong> Kobalttitanat sieht grün aus,<br />

sonst färbt Titanoxid TiO 2 üblicherweise <strong>Glasuren</strong><br />

weiß oder gelblich und macht sie schnell undurchsichtig<br />

und matt; Eisenoxidfärbungen<br />

macht es gelb bis orange bis hellrotbraun. Im reduzieren<strong>den</strong>,<br />

sauerstoffarmen Brand, können<br />

durch Titanoxide blaue Farbtöne entstehen,<br />

wenn sich Titanoxidkristalle <strong>in</strong> kolloidaler Größe<br />

bil<strong>den</strong> können. Kupferoxid und zusätzliches Titanoxid<br />

können braune <strong>Farben</strong> verursachen. Mit<br />

Chromoxid färbt man <strong>in</strong> der Regel grün opak,<br />

weil das schwerlösliche grüne Chromoxid Cr 20 3<br />

als Pigment färbt. In alkalireichen <strong>Glasuren</strong> kann<br />

sehr wenig Cr 2O 3 e<strong>in</strong>e gelbe Farbe verursachen,<br />

weil es sich als Natrium-, Kalium- oder Bariumchromat<br />

<strong>in</strong> der Glasurschmelze auflöst. Bei<br />

niedrigen Temperaturen unterhalb 960 °C kann<br />

Chromoxid mit Bleioxid e<strong>in</strong> hochgiftiges, gelbes<br />

bis dunkel tomatenrotes Bleichromat bil<strong>den</strong>,<br />

welches früher als Malfarbe und keramische Dekorfarbe<br />

viel benutzt wurde.<br />

Wissen<br />

37<br />

Gelbe <strong>Farben</strong> entstehen – außer durch gelöstes<br />

Fe 20 3 – durch Bleioxid und Z<strong>in</strong>noxid <strong>in</strong> re<strong>in</strong>er<br />

Bleisilikatglasur bei Temperaturen bis 900<br />

°C; durch Bleioxid und Antimonoxid bei Temperaturen<br />

bis ca. 1060 °C – stabilisiert durch Z<strong>in</strong>koxid,<br />

ZnO, oder Z<strong>in</strong>noxid, SnO 2. <strong>Die</strong>ses »Neapelgelb«<br />

war das opake Zitronengelb bis ca.<br />

1850. Es konnte durch wenig Fe 20 3 zum orangegelb<br />

variiert wer<strong>den</strong>.<br />

Nach der Entdeckung des Urans nutzte man e<strong>in</strong>e<br />

gelbe Verb<strong>in</strong>dung von Uranoxid und Bleioxid,<br />

die auch höhere Brenntemperaturen als das Neapelgelb<br />

vertrug. Bei höherem Bleioxidanteil<br />

konnte daraus e<strong>in</strong>e orangerote bis hellrote opake<br />

bleireiche Glasur entstehen, die sich bis 1940<br />

auf Ste<strong>in</strong>gutartikeln großer Beliebtheit erfreute.<br />

Danach war das Cadmiumgelb (nur <strong>in</strong> Alkaliglasuren<br />

brauchbar) beliebt, das durch e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung<br />

von Cadmium mit Schwefel gebildet wird.<br />

Heute gibt es bleifreie, ungiftige gelbe Pigmente,<br />

die aus Z<strong>in</strong>noxid und Vanadiumoxid, Zirkonsilikat<br />

und Vanadiumoxid, Zirkonsilikat und Praseodymoxid<br />

hergestellt wer<strong>den</strong>. Sie s<strong>in</strong>d auch noch bei<br />

hohen Brenntemperaturen oberhalb 1200 °C<br />

beständig.<br />

<strong>Die</strong> schwarzen bis braunen Manganoxide<br />

(MnO, Mn 20 3, MnO 2, Braunste<strong>in</strong>) verursachen <strong>in</strong><br />

re<strong>in</strong>en Alkaliglasuren e<strong>in</strong> transparentes Violett,<br />

wenn sie völlig aufgelöst vorliegen; ungelöstes<br />

Manganoxid färbt braun bis schwarz als Pigment<br />

mit se<strong>in</strong>er Eigenfarbe. Z<strong>in</strong>noxidgetrübte Alkaliglasuren<br />

können e<strong>in</strong> opakes Violett ergeben,<br />

wenn sie mit wenig Manganoxid gefärbt s<strong>in</strong>d.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs hat das Manganviolett stets e<strong>in</strong>en<br />

Stich <strong>in</strong>s Bräunliche. Sehr viel Manganoxid <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Glasuren</strong> verursacht häufig e<strong>in</strong>e unerwünschte<br />

Blasenbildung durch Sauerstoffabspaltung <strong>in</strong> bestimmten<br />

Temperaturbereichen und e<strong>in</strong>e tiefschwarze,<br />

dünnflüssige Glasurschmelze. Geschmolzenes<br />

Manganoxid (Braunste<strong>in</strong>, MnO 2)<br />

kristallisiert leicht und ist deshalb für schwarze<br />

Kristallglasuren e<strong>in</strong> geeignetes Färbemittel – oft<br />

auch <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit schwarzem Kupferoxid.<br />

Nickel Verb<strong>in</strong>dungen sehen schwarz, olivgraugrün,<br />

braun und grün aus. Das schwarze Nickelo-


38<br />

Wissen <strong>Farben</strong> <strong>in</strong> <strong>Glasuren</strong><br />

xid (NiO, Ni 2O3) färbt <strong>in</strong> der Regel unsche<strong>in</strong>bar<br />

gelblichbraun bis dunkelbraun, im Überschuss<br />

schwarz. Nur <strong>in</strong> Mattglasuren, die Z<strong>in</strong>k-Barium-<br />

Silikatkristalle bestimmter Zusammensetzung<br />

ausbil<strong>den</strong>, kann es nur diese Kristalle rosa bis<br />

himbeerrot oder blaugrün bis leuchtend blau färben.<br />

In Kalkmattglasuren färbt es Calciumsilikatkristalle<br />

bestimmter Zusammensetzung himmelblau.<br />

Zusammen mit passen<strong>den</strong> Anteilen von<br />

Fe 2O 3, Cr 2O 3 und CoO bildet Nickeloxid e<strong>in</strong> sehr<br />

stabiles schwarzes Pigment.<br />

<strong>Die</strong> roten <strong>Farben</strong> <strong>in</strong> keramischen <strong>Glasuren</strong> s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong> besonderes Problem: das hochgiftige Chromrot<br />

(bas. Bleichromat) und das giftige Uranrot<br />

können heute nicht mehr benutzt wer<strong>den</strong> und<br />

benötigen Bleiglasuren zur <strong>Farben</strong>twicklung. Der<br />

Goldpurpur (Niederschlag von kolloidalem Gold<br />

auf Z<strong>in</strong>noxid oder Alum<strong>in</strong>iumoxid) ist sehr teuer<br />

und verträgt nur niedrige Temperaturen bis max.<br />

1000 °C.<br />

<strong>Die</strong> sog. P<strong>in</strong>kfarbkörper, welche aus CaO, Sn0 2<br />

und Cr 2O 3 hergestellt wer<strong>den</strong>, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> fast allen<br />

<strong>Glasuren</strong> bis max. 1200 °C anwendbar, vertragen<br />

aber ke<strong>in</strong>e sauerstoffarme Brennatmosphäre,<br />

brauchen e<strong>in</strong>e CaO-reiche, leicht SnO 2-haltige<br />

Glasur und ergeben <strong>Farben</strong> zwischen Rosa und<br />

Purpurrot bis Violettrot – aber niemals e<strong>in</strong><br />

leuchtendes, sattes Tomatenrot. <strong>Die</strong>ses ist erst<br />

wieder mit <strong>den</strong> nach dem 2. Weltkrieg <strong>in</strong> großem<br />

Umfang entwickelten Selenrotglasuren möglich,<br />

deren Farbe mithilfe e<strong>in</strong>es Selen-Cadmium-Sulfids<br />

<strong>in</strong> alkalischer Glasur entsteht, welche aller-<br />

Kupferrot, Vietnamesische Reisschale, Fa. UPS, Saigon 2000<br />

d<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e anderen Metalloxide (vor allem Bleioxid)<br />

<strong>in</strong> der Glasur verträgt, <strong>den</strong>n die bil<strong>den</strong><br />

schnell mit dem Schwefel e<strong>in</strong> schwarzes Metallsulfid.<br />

<strong>Die</strong> Selenrotglasuren lassen sich mit <strong>den</strong><br />

Cadmium-gelb-<strong>Glasuren</strong> unbegrenzt zu allen<br />

möglichen Orange-Farbtönen mischen. Weil alle<br />

Cadmium-Verb<strong>in</strong>dungen giftig s<strong>in</strong>d, wur<strong>den</strong> <strong>in</strong>zwischen<br />

sog. E<strong>in</strong>schlußpigmente entwickelt, bei<br />

<strong>den</strong>en die <strong>in</strong>tensiv gelben, roten und orangen<br />

Farbpartikel von schwerlöslichem farblosem kristall<strong>in</strong>em<br />

Zirkonsilikat umhüllt s<strong>in</strong>d. Dadurch<br />

s<strong>in</strong>d diese Pigmente für alle <strong>Glasuren</strong> bis 1250°C<br />

anwendbar und nicht mehr gefährlich, allerd<strong>in</strong>gs<br />

aber auch teuer.<br />

Das Kupferrot entsteht, wenn wenig (0,1 bis<br />

2%) <strong>in</strong> der Glasurschmelze gelöstes Kupferoxid<br />

durch Sauerstoffentzug (reduzieren<strong>den</strong> Brand)<br />

<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>ste atomare metallische Kupferteilchen<br />

verwandelt wird, die ja dann nicht mehr löslich<br />

s<strong>in</strong>d und sich zu Teilchen solcher Größe zusammenf<strong>in</strong><strong>den</strong>,<br />

die e<strong>in</strong>er kolloidalen, submikroskopischen<br />

Größe von etwa der Wellenlänge des<br />

sichtbaren Lichts (700 bis 300 Nanometer) entspricht.<br />

Durch Wechselwirkung mit <strong>den</strong> Lichtwellen<br />

ergibt sich im optimalen Falle e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensives<br />

kräftiges Rot. Wer<strong>den</strong> die Teilchen zu groß<br />

(weil zu viel Kupfer vorhan<strong>den</strong> ist) entsteht eher<br />

e<strong>in</strong> Leberbraun, bleiben sie zu kle<strong>in</strong>, entsteht ke<strong>in</strong>e<br />

Färbung. Kommt wieder Luft h<strong>in</strong>zu (z. B. beim<br />

Abkühlen der noch nicht erstarrten Glasur) verschw<strong>in</strong>det<br />

wieder das Rot und die Glasur wird<br />

wieder mehr oder weniger grün. Generell kann<br />

das Kupferrot <strong>in</strong> allen <strong>Glasuren</strong> und bei allen<br />

Temperaturen entstehen. Ganz ähnlich verhält es<br />

sich beim Silbergelb und beim Titanblau, bei dem<br />

aber Titanoxidkristalle entsprechender Größe<br />

wirksam s<strong>in</strong>d.<br />

Gelbe, braune, graue bis schwarze <strong>Farben</strong><br />

(meist s<strong>in</strong>d es ungewollte Verfärbungen) können<br />

im reduzieren<strong>den</strong> Brand auch entstehen, wenn <strong>in</strong><br />

der schmelzen<strong>den</strong> Glasur sehr wenig bis viel<br />

Kohlenstoff (Ruß) e<strong>in</strong>geschlossen bleibt, der<br />

auch bis zum Abkühlen und Erstarren der Glasurschicht<br />

nicht mehr verbrennen kann. Das<br />

Kohlenstoffschwarz ist e<strong>in</strong> wundervolles wirk-


<strong>Farben</strong> <strong>in</strong> <strong>Glasuren</strong><br />

lich re<strong>in</strong>es Neutralschwarz.<br />

Wer<strong>den</strong> 2 oder mehrere verschie<strong>den</strong> farbige<br />

<strong>Glasuren</strong> übere<strong>in</strong>ander auf <strong>den</strong> keramischen<br />

Scherben aufgetragen, können lebhafte bunte<br />

Oberflächen entstehen, die so mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen<br />

Glasur niemals zu erreichen s<strong>in</strong>d. Natürlich kann<br />

man auch e<strong>in</strong> transparentes Kobaltblau mit e<strong>in</strong>er<br />

opakrosa Pigmentfärbung zu e<strong>in</strong>em halbtransparenten<br />

Violett komb<strong>in</strong>ieren, oder e<strong>in</strong> durch Eisenoxid<br />

hervorgerufenes helles Seladongrün und<br />

wenig Kobaltoxid zu e<strong>in</strong>em Türkisblau mischen,<br />

was auch durch Komb<strong>in</strong>ation von Kupfer- und<br />

Kobaltoxid möglich ist. Violett entsteht auch <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er kobaltblauen Glasur durch wenig Kupferoxid<br />

und reduzieren<strong>den</strong> Brand, der das Kupferrot<br />

dar<strong>in</strong> entstehen lässt.<br />

E<strong>in</strong> sattes Blaugrün kann man durch Komb<strong>in</strong>ation<br />

von Kobaltoxid mit Chromoxid <strong>in</strong> stark oxidierendem<br />

Brand erreichen und e<strong>in</strong> opakes<br />

Himmelblau, wenn Kobaltoxid mit Z<strong>in</strong>n- und viel<br />

Z<strong>in</strong>koxid komb<strong>in</strong>iert wird. Grün ohne Kupfer-,<br />

Eisen- oder Chromoxid entsteht auch wenn e<strong>in</strong><br />

Vanad<strong>in</strong>-Gelb-Pigment und e<strong>in</strong> Vanad<strong>in</strong>-Blau-<br />

Farbkörper gleichzeitig benutzt wer<strong>den</strong>. <strong>Die</strong>ses<br />

Grün verträgt aber ke<strong>in</strong>e reduzierende Ofenatmosphäre,<br />

während das Chromoxidgrün <strong>in</strong> jeder<br />

Art von Brand stabil grün bleibt, auch bei höchsten<br />

Temperaturen, es verträgt nur ke<strong>in</strong> Z<strong>in</strong>koxid<br />

<strong>in</strong> der Glasur, dann bildet sich e<strong>in</strong>e hellbraune<br />

Färbung.<br />

Nicht alle Farboxide und färben<strong>den</strong> keramische<br />

Pigmente lassen sich e<strong>in</strong>fach zu Mischfarben<br />

vermengen wie etwa die Aquarell- oder Ölfarben,<br />

weil sie eben bei hohen Temperaturen <strong>in</strong> der<br />

Glasurschmelze mite<strong>in</strong>ander reagieren können,<br />

e<strong>in</strong>ige durch höhere Temperaturen zerstört<br />

oder farblos wer<strong>den</strong>.<br />

<strong>Die</strong> richtige Wahl von Lösungs- und Pigmentfärbung<br />

und deren Mischung <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />

der Zusammensetzung der Glasur, der Glattbrandtemperatur<br />

und Ofenatmosphäre ist die<br />

große Kunst des begabten Keramikers.<br />

Kupfertürkis und Antimongelb, Große Moschee <strong>in</strong> Isfahan,<br />

ca. 1620<br />

Wissen<br />

39

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