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Doppelausgabe - AStA Uni Hannover

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KontrASt 2/2004<br />

Demokratisierung des Weltsystems<br />

ist ohnehin die Vorbedingung für die<br />

genannten Veränderungen. Lediglich<br />

die internationalen Organisationen zu<br />

reformieren reiche dabei nicht. Sein Vorschlag,<br />

einen Diskurs zu entwickeln und<br />

zur Hegemonie zu verhelfen (S. 263),<br />

bleibt jedoch recht vage: Mögliche Träger<br />

der gesellschaftlichen Kritik und soziale<br />

Akteure im Diskurs, sind die Mitglieder<br />

der „politischen Opposition“ (ebd.), also<br />

Anti-Globalisierungsbewegung (mit all<br />

ihren Gegensätzen), Nichtregierungsorganisationen<br />

(„realer Wirkungsgrad“?)<br />

und Gewerkschaftsbewegungen (Diskrepanz<br />

zwischen Erkenntnis und politischer<br />

Praxis).<br />

Mit diesen Vorschlägen zielt Burchardt<br />

nicht auf die Revolution. Er stellt klar,<br />

dass die Krise des Neoliberalismus keine<br />

Krise des Kapitalismus ist (S. 271). Er<br />

ist „bescheidener“ und will lediglich das<br />

spezifische Regulationsregime verändern<br />

(S. 272), also die Marktbeziehungen und<br />

die Produktionsverhältnisse. Er erkennt<br />

die Existenz von Märkten ausdrücklich<br />

an, fordert aber staatliche Steuerung zu<br />

seiner sozialen Regulierung (S. 277), z.<br />

B. in Form aktiver Arbeitsmarktpolitik<br />

oder Strukturpolitik, wobei Arbeitszeitverkürzungen<br />

elementar seien.<br />

Unter dem Aspekt der Produktionsverhältnisse<br />

schlägt er für eine antisystemische<br />

Politik eine Mischung aus unterschiedlichen<br />

Eigentumsformen vor.<br />

Neben Staatsbetrieben in strategischen<br />

Sektoren, macht er für genossenschaftliche<br />

Betriebsformen äußerst konkrete<br />

Vorschläge.<br />

Neu sind nicht alle Vorschläge Burchardts,<br />

aber dafür erstens eine erfrischende<br />

Abwechslung im akademischen<br />

Mainstream und zweitens nicht nur aus-<br />

Seite 56<br />

gesprochen lesbar dargelegt, sondern zudem<br />

fundiert begründet. Das Buch „Zeitenwende“<br />

schafft also, woran andere<br />

wissenschaftliche Werke scheitern: Es ist<br />

informativ-darstellend und<br />

gleichzeitig provozierendkontrovers.<br />

Es gibt einen<br />

umfassenden Überblick über<br />

aktuelle Entwicklungen und<br />

relevante Theorieansätze,<br />

ohne die historische Perspektive<br />

zu verlieren. Es ordnet<br />

ein, ohne Voreingenommen<br />

zu sein (zunächst hat man<br />

den Eindruck, Burchardt<br />

wolle sämtliche Theorieansätze<br />

kritisieren und das Rad<br />

neu erfinden). Er schult damit<br />

den/die Leser/in, genau<br />

hinzusehen und Theorie auf<br />

ihre Ansprüche hin zu überprüfen.<br />

Dass bei einem solch umfangreichen<br />

Thema, einzelne<br />

Aspekte kurz kommen,<br />

ist unvermeidbar (siehe<br />

Bourdieu auf 13 Seiten oder<br />

150 Jahre Lateinamerika auf<br />

33 Seiten). So fallen genderspezifische<br />

Konflikte nahezu<br />

und ethnische Aspekte<br />

gänzlich hinten über. Ist<br />

erstmal die Ökonomie demokratisiert,<br />

erledigen sich<br />

diese Probleme von selbst,<br />

so könnte man meinen. Auch dass einzelne<br />

Kapitel recht zusammenhanglos<br />

nebeneinander stehen, ist eine Schwäche,<br />

kann aber auch positiv gewendet werden.<br />

Dieser Aspekt des „Nachschlagewerkes“<br />

macht das Buch für „junge“ Studierende<br />

der „Internationalen Beziehungen“ oder<br />

Transformation Studies unverzichtbar.<br />

Fortgeschrittenen Studierenden oder<br />

„globalisierungskritisch“ Interessierten<br />

buchrezension<br />

sei es als Diskussionsgrundlage oder argumentative<br />

Handreichung ans Herz gelegt.<br />

„Zeitenwende. Politik nach dem Neoliberalismus“<br />

von Hans-Jürgen Burchardt.<br />

Erschienen im Schmetterling Verlag<br />

Stuttgart, ISBN 3-89657-610-0, 16,80<br />

Euro.

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