Literatur - KLIO Buchhandlung und Antiquariat
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<strong>Literatur</strong><br />
1. Schweizer <strong>Literatur</strong><br />
02-1 Amann, Jürg: Der Kommandant. Monolog.<br />
Zürich 01.2011, 112 S., geb., 23.10*<br />
Amann hat die Aufzeichnungen, die Auschwitz-<br />
Kommandant Rudolf Höss vor seiner Hinrichtung niederschrieb,<br />
zu einem ungeheuerlichen Monolog verdichtet<br />
02-2 Amann, Jürg: Die Reise zum Horizont.<br />
Novelle. Innsbruck 2010(L), 100 S., geb., 25.90*<br />
02-3 Bachmann, Dieter: Unter Tieren. Zürich<br />
2010(L), 160 S., geb., 32.-*<br />
Hebel, ein Mann fortgeschrittenen Alters, hat die<br />
Menschheit zunehmend satt. Er will keine neuen Menschen<br />
mehr kennenlernen. Lieber vereinsamt er, <strong>und</strong><br />
das mit Behagen. Und geht zu den Tieren: Gegenstand<br />
niemals ermüdender Anschauung, der Bew<strong>und</strong>erung,<br />
des Nachsinnens. So war die Schöpfung gemeint, denkt<br />
Hebel. Er beobachtet, macht Notizen, legt Zeitungsmeldungen<br />
beiseite. Und während sein Fre<strong>und</strong> Schlösser in<br />
seinem Haus tote Käferchen <strong>und</strong> Fliegen in einem<br />
Schaukästchen sammelt, ordnet Hebel seine «Zettelwirtschaft»<br />
zu einer Art Tagebuch mit Tieren. «Das Gedächtnis<br />
der Hand» ist formal <strong>und</strong> inhaltlich ein Buch<br />
ungewohnter Art - in knappen, pointierten Texten die<br />
immer erneute, immer anders gefasste Verw<strong>und</strong>erung<br />
über die Kreatur: «Das Tier dir anheim gegeben, der<br />
du doch nur ein Mensch bist: tiefste Rührung, Verzückung.»<br />
Die Verletzbarkeit dieser sprachlosen Welt<br />
vor Augen, hegt Hebel die bittere Vermutung, dass der<br />
Mensch seiner Welt nicht würdig war.<br />
02-4 Beglinger, Peter u.a. (Hg.): Ich bin an wenigen<br />
Orten daheim. Die Zürcher Kronenhalle in Geschichten.<br />
Frankfurt a.M. 2010(L), 128 S., geb., 30.50*<br />
02-5 Binder, Elisabeth: Der Wintergast. Roman.<br />
Stuttgart 2010(L), 180 S., geb., 29.90*<br />
Ein Bergdorf an der schweizerischen Grenze zu Italien:<br />
Die Bewohner haben sich eingerichtet, mit ihren Erinnerungen<br />
<strong>und</strong> Sehnsüchten. Doch dann stören zwei<br />
Neuankömmlinge das gewohnte Leben: ein ausgebrannter<br />
junger Großstadt-Künstler <strong>und</strong> ein Adler ...<br />
Andreas ahnt bei seiner Ankunft in einem abgeschiedenen<br />
Bergdorf noch nicht, worauf er sich eingelassen<br />
hat. Den ganzen Winter soll er hier verbringen, um<br />
über seine Kunst nachzudenken. Doch die interessiert<br />
ihn zunächst gar nicht. Denn er ist nicht der einzige<br />
Gast in dem herrschaftlichen Palazzo: Ein kranker<br />
Adler wurde von der schönen Maddalena zur Pflege<br />
abgegeben. Der Raubvogel <strong>und</strong> die Frau ziehen ihn<br />
gleichermaßen in ihren Bann. Als an Weihnachten auch<br />
noch ein Kind verschwindet, wird Andreas unvermittelt<br />
Teil einer Gemeinschaft, die ihm zu Beginn völlig fremd<br />
erschien. In Elisabeth Binders Roman bricht sich das<br />
Licht des Lebens wie in einem Schneekristall. Eine<br />
bewegende Meditation über das Schweigen der Natur<br />
<strong>und</strong> das Verlangen der Menschen nach einer<br />
Offenbarung.<br />
02-6 Bonalumi, Giovanni: Die Geiseln. Gli<br />
ostaggi. Roman. Frauenfeld 2010(L), 240 S., zahlr.<br />
Fot., geb., 38.-*<br />
Obwohl eher von südlichem Gepräge, ist Giovanni Bonalumis<br />
genialer Erstling «Die Geiseln» von 1953 ein<br />
Buch aus der Verwandtschaft von Musils Verwirrungen<br />
des Zöglings Törless. Als Bonalumis Gli Ostaggi 1953<br />
erschien, löste das Buch im Tessin einen Skandal aus.<br />
Es wurde als Attacke gegen die katholische Kirche <strong>und</strong><br />
das chauvinistisch <strong>und</strong> autoritär geführte Internat,dem<br />
bischöflichen Priesterseminar San Carlo in Lugano<br />
verdächtig ähnlich, verstanden. Was heute für den Roman<br />
einnimmt, ist das feinsinnig-glaubwürdige Seelenporträt<br />
eines jungen Mannes,der nach dem Tod seines<br />
Vaters in die kirchliche Zuchtanstalt gerät <strong>und</strong> dort<br />
zwischen den asketischen Forderungen der Kirche <strong>und</strong><br />
der verlockenden Welt draussen hin- <strong>und</strong> hergerissen<br />
wird, bis er sich gegen den Priesterberuf entscheidet.<br />
Mit einem ausführlichen <strong>und</strong> bebilderten biographischen<br />
Anhang von Danielle Benzonelli, erstmals auf<br />
Deutsch herausgegebenvon Charles Linsmayer.<br />
02-7 Bouvier, Nicolas: Die Erfahrung der Welt.<br />
(=LP 138) Basel 2010(L), 443 S., br., 17.50*<br />
1963 erschien "L'Usage du monde" ("Die Erfahrung<br />
der Welt"), das Erstlingswerk des Genfer Schriftstellers<br />
<strong>und</strong> Fotografen Nicolas Bouvier. Das Buch gehört heute<br />
zu den Klassikern der modernen Reiseliteratur. Der<br />
Text ist das Ergebnis einer fast zweijährigen Reise, die<br />
Nicolas Bouvier mit dem Maler Thierry Vernet 1953/54<br />
unternahm. Die beiden Fre<strong>und</strong>e fahren mit einem Fiat<br />
Topolino "in sehr gemächlichem Tempo" via Balkan,<br />
Türkei <strong>und</strong> Iran nach Afghanistan. Sie nehmen sich viel<br />
Zeit für die Entdeckung eines sowohl archaisch wie<br />
surreal anmutenden Kulturraums, wobei ihre Erfahrungen<br />
<strong>und</strong> Begegnungen mitunter an ein tragikomisches<br />
Welttheater erinnern. So wie sich dieses "langsame<br />
Reisen" an die Fremde herantastet, erk<strong>und</strong>et der Autor<br />
geduldig die Welt der Sprache, indem er den Reichtum<br />
der Dinge mit demjenigen der Worte zu verbinden versucht.<br />
Dabei entstehen atmosphärisch eindringliche<br />
Beschreibungen <strong>und</strong> farbige Porträts, durchdrungen
2 <strong>Literatur</strong><br />
von einem melancholischen Humor. Dieser Ausgabe<br />
beigegeben sind auch Fotografien, die während der<br />
Fahrt entstanden. Ihre ungewöhnliche Qualität macht<br />
das Buch von Nicolas Bouvier zusätzlich zu einem<br />
Ereignis.<br />
02-8 Caduff, Corina: Kränken <strong>und</strong> Anerkennen.<br />
Essays. (=LP 143) Basel 2010(L), 160 S., br., 17.50*<br />
Unser emotionales Leben vollzieht sich zwischen den<br />
Polen Kränkung <strong>und</strong> Anerkennung. Der Bedarf an Anerkennung<br />
scheint dabei unerschöpflich: Wieder <strong>und</strong><br />
wieder wollen wir anerkannt sein, in unserem Charakter,<br />
in unserem Beruf <strong>und</strong> Körper, wieder <strong>und</strong> wieder<br />
brauchen wir neuen Zuspruch. Wo einem solche Anerkennung<br />
verweigert oder entzogen wird, da tritt die<br />
Kränkung auf den Plan: Wir sind gekränkt, wenn wir<br />
uns missachtet <strong>und</strong> ungerecht behandelt fühlen, wenn<br />
wir zurückgesetzt <strong>und</strong> respektlos behandelt werden,<br />
wenn wir nicht so wahrgenommen werden, wie wir es<br />
uns wünschen. Je stärker das Streben nach Anerkennung,<br />
desto größer das Risiko von Kränkung. In der<br />
heutigen Zeit scheint das Kränkungsgefühl besonders<br />
verbreitet. Weshalb behalten wir Kränkungen so gut im<br />
Gedächtnis? Warum leiden Künstler so sehr, wenn ihre<br />
Werke keine Anerkennung finden? Wie kränkt <strong>und</strong> wie<br />
anerkennt man mit Blicken? Wie wird der Tod als wohl<br />
größte Kränkung des Lebens inszeniert? In ihren<br />
Essays geht Corina Caduff sowohl von eigenen Erfahrungen<br />
- unter anderem einem Gang zu einem Medium,<br />
das Kontakt mit dem Jenseits verspricht - als auch von<br />
Beispielen aus dem Kunstbetrieb oder der Wissenschaftsgeschichte<br />
aus. Dabei behandelt sie scheinbar<br />
Entlegenes genauso wie klassische Themen: Geld,<br />
Krankheit <strong>und</strong> das Antlitz von Toten.<br />
02-9 Chessex, Jacques: Der Kinderfresser. Roman.<br />
(=LP 136) Basel 2010(L), 248 S., br., 17.50*<br />
"Den Vater vernichten. In ein Häufchen Asche am<br />
Gr<strong>und</strong>e einer Urne auflösen. Wie Sand. Staub, namenlos<br />
<strong>und</strong> ohne Stimme." Am Tag der Kremation seines<br />
Vaters durchströmt Jean Calmet, Lateinlehrer in Lausanne,<br />
ein Gefühl der Erleichterung, mehr noch: der<br />
Befreiung. Endlich ist der vor Leben strotzende Koloss,<br />
der seine Jugend zerstört hatte, gebannt. Einst hatte<br />
der Patriarch die ganze Familie beherrscht, seinen<br />
Sohn verhöhnt <strong>und</strong> gedemütigt, um die eigene Macht<br />
<strong>und</strong> Potenz zu demonstrieren. Ja, er war selbst nicht<br />
davor zurückgeschreckt, Jeans erste zarte Jugendliebe<br />
zu verführen. Doch das Gefühl ist trügerisch: Der Vater<br />
ist nicht tot. Das Bild seiner übermächtigen Gestalt<br />
verfolgt den Sohn unerbittlich überallhin, nimmt immer<br />
monströsere Züge an <strong>und</strong> raubt ihm schließlich jede<br />
Lebenskraft. Chessex' berühmtes sprachgewaltiges<br />
Werk, "eines der bedeutendsten psychologischen Erzählwerke<br />
gegenwärtiger Sprachkunst" (Die Tat), wurde<br />
virtuos von Marcel Schwander ins Deutsche übertragen.<br />
02-10 Dinkelmann, Fritz H.: Die Kanzlerin. Roman.<br />
(=LP 134) Basel 2010(L), 624 S., br., 22.80*<br />
"Sommerzeit. Doch der politische Alltag im Berliner<br />
Kanzleramt ist kalt <strong>und</strong> herzlos. Ein gelangweilter Redenschreiber<br />
surft im Internet <strong>und</strong> lernt dort Frau Male<br />
kennen. Die Affäre ist anonym <strong>und</strong> hemmungslos.Die<br />
Hitze treibt aber auch andere seltsame Blüten: Die<br />
Gruppe Cookie & Co vertreibt sich die Zeit mit virtuellen<br />
Spielen, die zunehmend konkreter <strong>und</strong> gefährlicher<br />
wirken. Auch die Kanzlerin langweilt sich - obwohl<br />
Wahlen bevorstehen <strong>und</strong> es von den Geheimdiensten<br />
ernstzunehmende Hinweise auf mögliche terroristische<br />
Anschläge auf hochrangige deutsche Politiker gibt.<br />
Trotzdem planen einige Kabinettsmitglieder kurzfristig<br />
einen Ausflug in die Schweiz. Um etwas Luft zu holen,<br />
schließt sich die Kanzlerin dieser Reisegruppe an, die<br />
mit der berühmten Seilbahn auf den Säntis fahren will,<br />
um dort bei einem fre<strong>und</strong>schaftlichen Treffen mit Mitgliedern<br />
der Schweizer Regierung das angespannte<br />
Verhältnis zwischen den beiden Ländern etwas zu lockern.<br />
Doch die virtuellen Spiele im Internet realisieren<br />
sich: Spannung <strong>und</strong> Entladung - ein Geschehen, das<br />
die Welt erschreckt."<br />
02-11 Dobelli, Rolf: Massimo Marini. Zürich<br />
2010(L), 384 S., geb., 38.90*<br />
Es ist der Höhepunkt in der Karriere eines Mannes, als<br />
am 17. Oktober 2007 der erste große Durchstich des<br />
längsten Tunnels der Welt, des Gotthard-Basistunnels,<br />
gefeiert wird. Aber dieser Tag ist zugleich ihr Ende.<br />
Ein packender Gesellschafts- <strong>und</strong> Entwicklungsroman.<br />
02-12 Dürrenmatt, Friedrich: Meine Schweiz.<br />
Ein Lesebuch. (=detebe 23006) Zürich 3. Aufl.<br />
2010(L), 256 S., br., 17.90*<br />
"Ich bin gerne Schweizer", sagte Dürrenmatt. Damit<br />
meinte er nicht die Nation, die sich in Mythen feiert,<br />
sondern das Nebeneinander <strong>und</strong> problematische Miteinander<br />
der vier verschiedenen Kulturen. Als Kleinstaat<br />
war die Schweiz für den pragmatischen Schweizer<br />
eine politische Chance: ein Staatenb<strong>und</strong> "en miniature"<br />
<strong>und</strong> als solcher durchaus eine Art Modell für Europa.<br />
Als Vaterland war sie ihm oft ein Ärgernis.<br />
02-13 Elmiger, Dorothee: Einladung an die Waghalsigen.<br />
Roman. Köln 2010(L), 140 S., geb., 28.-*<br />
In den Stollen eines Kohlereviers ist vor Jahrzehnten<br />
ein Feuer ausgebrochen - <strong>und</strong> noch immer lodern unter<br />
Tage die Flammen. Margarete <strong>und</strong> Fritzi sind die übrig<br />
gebliebene Jugend einer verschwindenden Stadt. Ihr<br />
Erbe ist nichts als ein verlassenes Gebiet, in dem Verwüstung<br />
herrscht. Frühere Ereignisse sind nur bruchstückhaft<br />
überliefert. Doch die beiden Schwestern wollen<br />
diesen Zustand nicht hinnehmen. Entschlossen brechen<br />
sie auf zu einer Expedition, um ihre eigene Herkunft<br />
zu erforschen. Denn nur wer seine Geschichte<br />
kennt, kann sich eine hoffnungsvolle Zukunft aufbauen<br />
…
<strong>Literatur</strong> 3<br />
02-14 Faber, Katharina: Fremde Signale. Roman.<br />
(=LP 129) Basel 2010(L), 329 S., br., 19.80*<br />
Drei Schutzengel behüten von Geburt an Ali, die<br />
Hauptfigur in Katharina Fabers Roman. Michail, Linette<br />
<strong>und</strong> Boris sind ausgeschickt, über das Leben des<br />
Mädchens zu wachen. Die Engel sind junge Erwachsene<br />
aus anderen Orten <strong>und</strong> Zeiten, die zu früh sterben<br />
mussten <strong>und</strong> vielleicht gerade darum so großes Interesse<br />
am Leben ihres Schützlings haben. Sie berichten <strong>und</strong><br />
beschreiben, sich dabei gegenseitig klug, witzig oder<br />
naseweis ins Wort fallend, Alis Lebensstationen, ihr<br />
(meist) fahrlässiges Verhalten <strong>und</strong> den - aus ihrer Sicht<br />
oft absurden - mitteleuropäischen Alltag in der zweiten<br />
Hälfte des 20. Jh. Daneben notieren sie Fragmente ihrer<br />
eigenen, viel zu kurzen Leben.<br />
02-15 Faes, Urs: Paarbildung. Roman. Berlin<br />
2010(L), 192 S., geb., 32.80*<br />
Eigentlich ist Andreas Lüscher Unfallpsychologe. Seit<br />
er jedoch eine Stelle als Gesprächstherapeut in der onkologischen<br />
Abteilung eines Krankenhauses angetreten<br />
hat, bestimmen Vokabeln aus der Krebstherapie seinen<br />
Arbeitsalltag: Dosisfraktion, Rezidivrisiko, Paarbildung.<br />
Ihn, der lieber beobachtet als mittendrin steht,<br />
der lieber Distanz wahrt, als zu nahe zu kommen, fasziniert<br />
das Verhältnis zwischen Patient <strong>und</strong> Arzt, die Bedeutung<br />
von Kommunikation, von Worten.Suggestiv,<br />
leicht <strong>und</strong> präzise erzählt Urs Faes in seinem neuen<br />
Roman vom Kampf mit einer Krankheit, vor allem aber<br />
von der Auseinandersetzung zweier Menschen mit sich<br />
selbst <strong>und</strong> der eigenen Vergangenheit.»Vor zwei Jahren<br />
wurde ich überraschend vom Chefarzt für Onkologie<br />
eines Schweizer Kantonsspitals angerufen. Er wollte<br />
jemanden mit einem Blick von außen die Menschen, die<br />
Abläufe, die Situationen in seiner Abteilung betrachten<br />
lassen. Ein Schriftsteller sei doch jemand, sagte er zu<br />
mir, der gelernt habe, genau hinzuschauen <strong>und</strong> hinzuhören<br />
auf das, was mit Menschen <strong>und</strong> zwischen Menschen<br />
sich ereigne…« Urs Faes, Schweizer Monatshefte»In<br />
Urs Faes’ Prosa glüht die Liebe dunkel <strong>und</strong> melancholisch<br />
wie bei einem García Márquez.«Spiegel<br />
02-16 Frisch, Max: Antwort aus der Stille. Eine<br />
Erzählung aus den Bergen. (=st 4219) Berlin 02.2011,<br />
171 S., br., 13.10*<br />
Mehr als siebzig Jahre nach Erscheinen ist diese frühe<br />
Erzählung von Max Frisch jetzt wieder zugänglich.<br />
Drängend <strong>und</strong> ungeschliffen noch begegnet bereits hier<br />
die Frage nach der biographischen Identität, die sein<br />
gesamtes Schaffen prägen sollte: Was macht ein erfülltes<br />
Leben aus?<br />
02-17 Frisch, Max: Die Schwierigen oder J'adore<br />
ce qui me brûle. Roman. Zürich 2010(L), 288 S., br.,<br />
29.90*<br />
Ein früher Roman von Max Frisch, der viele Jahre lang<br />
nicht mehr einzeln lieferbar war. Yvonne, Tochter aus<br />
gutem Haus, heiratet den Archäologen Hinkelmann.<br />
Als sie schwanger wird <strong>und</strong> er hilflos reagiert, verlässt<br />
sie ihn kurzerhand. Yvonne will in Zürich in der<br />
Schweiz unabhängig leben, gerät aber in eine schwierige<br />
Liebe zum jungen Künstler Jürg Reinhart. Der Roman,<br />
"ein Gespinst aus dicht verwobenen Handlungsfäden<br />
<strong>und</strong> zarten Seelenanalysen, unterscheidet sich<br />
von Frischs späteren Büchern besonders durch das<br />
Rätselvolle seiner Menschen, das Geheimnis, das sie<br />
umgibt". (Karlheinz Deschner) Vor dem 100. Geburtstag<br />
Frischs im Mai 2011 ist das Buch in Peter von<br />
Matts Kollektion endlich wieder zugänglich.<br />
02-18 Gahse, Zsuzsanna: Das Nichts in Venedig.<br />
Alpnach Dorf 2010(L), 100 S., geb., 23.-*<br />
02-19 Gerster, Andrea: Schandbriefe. Roman.<br />
Basel 2010(L), 150 S., geb., 28.80*<br />
Aik ist Einzelkind, seine Mutter lebt mit ihm allein. Die<br />
sehr junge, eigenwillige Frau hat sich ihr Leben trotz<br />
schwieriger Umstände eingerichtet. Der Vater des Kindes<br />
ist kein Thema, sie verschweigt seinen Namen. Ihre<br />
wichtigsten Bezugspunkte sind das Kind, das sie fürsorglich<br />
<strong>und</strong> liebevoll betreut, <strong>und</strong> die Palme Toni.<br />
Kontakte vermeidet sie, um neugierigen Fragen <strong>und</strong><br />
scheinbar gutgemeinten Ratschlägen zu entgehen, die<br />
sich immer wieder als versteckte Vorurteile <strong>und</strong> als<br />
Misstrauen ihr als alleinerziehender Mutter gegenüber<br />
entpuppen. Doch sie wird nicht in Ruhe gelassen. Regelmäßig<br />
erhält sie anonyme Briefe mit groben Beleidigungen,<br />
manchmal Drohungen. Auch ein Umzug in die<br />
Stadt kann die Briefe nicht stoppen. Erst nach Aiks<br />
schwerem Unfall im Alter von zehn hört dieser Terror<br />
schlagartig auf. - Aiks Leben als Mann ist von der Suche<br />
nach seiner Herkunft geprägt. Seine Mutter<br />
schweigt immer noch beharrlich. Doch plötzlich steht<br />
Aik unter Druck: Seine schwangere Fre<strong>und</strong>in verlangt<br />
ultimativ von ihm, dass er seinen Vater ausfindig<br />
macht. Erst dann könne ein harmonisches Familienleben<br />
mit ihr <strong>und</strong> dem gemeinsamen Kind gelingen. - In<br />
ihrem zweiten Roman erzählt Andrea Gerster eine<br />
nichtalltägliche, berührende Familiengeschichte. In<br />
zwei Erzählsträngen - aus der Sicht der Mutter sowie<br />
des erwachsenen Sohnes - entsteht das sensible Geflecht<br />
einer Mutter-Sohn-Beziehung unter besonderen<br />
Lebensumständen.<br />
02-20 Giovannelli-Blocher, Judith: Die einfachen<br />
Dinge. Worauf es im Leben ankommt. Zürich 2010(L),<br />
176 S., br., 29.90*<br />
Viele Menschen erleben die heutige Gesellschaft als<br />
beängstigend, weil wichtige Werte zu verschwinden<br />
scheinen: soziale Verantwortung, Rücksicht, Fairness,<br />
Solidarität, Mitleid. Judith Giovannelli-Blocher, die<br />
"Alters-Expertin" (Die ZEIT) aus der Schweiz, zeigt,<br />
wie aus der je eigenen Lebenserfahrung Zuversicht <strong>und</strong><br />
Gelassenheit gegenüber den Zumutungen einer sozial<br />
erkaltenden Welt erwachsen kann. Ihre Geschichten<br />
handeln von Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Familiensinn, von Ver
4 <strong>Literatur</strong><br />
antwortung <strong>und</strong> der Verunsicherung bei der Begegnung<br />
mit Fremden, aber auch von der Fähigkeit, das Leben<br />
in die Hand zu nehmen. Ein klares, verständliches <strong>und</strong><br />
starkes Buch - ein Ratgeber, der Mut macht, Trost<br />
spendet <strong>und</strong> die Gültigkeit traditioneller Werte neu erschließt.<br />
02-21 Hartmann, Lukas: Finsteres Glück. Zürich<br />
2010(L), 304 S., geb., 35.90*<br />
Das Leben des achtjährigen Yves wird in einer einzigen<br />
Sek<strong>und</strong>e brutal entzweigerissen, in ein Vorher <strong>und</strong><br />
Nachher. Ein berührender Roman über Geborgenheit<br />
<strong>und</strong> Verlust; über die Familienbande, denen wir nicht<br />
entkommen, <strong>und</strong> diejenigen, die wir uns selbst erschaffen.<br />
02-22 Hasler, Eveline: Und werde immer Ihr<br />
Fre<strong>und</strong> sein. Hermann Hesse, Emmy Hennings <strong>und</strong><br />
Hugo Ball. Zürich 2010(L), 224 S., 4 s/w Abb., br.,<br />
31.90*<br />
Schweiz im Dezember 1920: Im Tessiner Dörfchen<br />
Cassarate lernen Emmy <strong>und</strong> Hugo Ball den Schriftsteller<br />
Hermann Hesse kennen. Jeder von ihnen hat eine<br />
schwierige Zeit hinter sich. Hesse befindet sich mitten<br />
in der Arbeit an "Siddharta". Hugo Ball verlor auf tragische<br />
Weise seinen geliebten Fre<strong>und</strong> Hans Leybold.<br />
Und Emmy Hennings, frisch mit Ball verheiratet, hat<br />
eine unruhige Zeit voller Liebhaber <strong>und</strong> Drogen durchlebt.<br />
Wie eine Fügung erscheint den dreien ihre<br />
Fre<strong>und</strong>schaft, die immer enger wird - bis zu Balls Tod<br />
nach der Fertigstellung seiner Hesse-Biographie 1927.<br />
In ihrem mitreißenden Roman erzählt Eveline Hasler<br />
von der Begegnung dieser drei schöpferischen Menschen<br />
<strong>und</strong> von den Jahren davor, der wilden Zeit der<br />
Avantgarde in München <strong>und</strong> Zürich.<br />
02-23 Heer, Roland: Fucking Friends. Zürich<br />
2010(L), 390 S., geb., 40.-*<br />
02-24 Hug, Annette: In Zelenys Zimmer. Roman.<br />
Zürich 2010(L), 200 S., geb., 29.-*<br />
02-25 Jaeggi, Urs: Eudora. Roman. Frauenfeld<br />
2010(L), 180 S., geb., 36.-*<br />
Urs Jaeggi schreibt Phantastisches, auf einem wirklichkeitsnahen<br />
Hintergr<strong>und</strong>. Wer sich in den Sog dieser<br />
Geschichte begibt, kommt nicht ungeschoren davon.<br />
Mehr als anders zu spüren, zu empfinden, zu sehen, anders<br />
zu denken <strong>und</strong> zu handeln, kann das Geschichtenerzählen<br />
nicht. Und das ist schon viel. Fred, einem<br />
Chemiker mit Weltruf, ist bei einer Explosion im Labor<br />
ein Teil seines Gedächtnisses zerstört worden. Er versucht<br />
zusammen mit seinem Bruder Edd, ein Vielbegabter,<br />
aber gesellschaftlich wenig Erfolgreicher, wichtige<br />
Teile des gemeinsamen <strong>und</strong> nichtgemeinsamen Lebens<br />
zusammenzustückeln. Eudora, die imaginierte oder<br />
reale Schwester, in die er <strong>und</strong> sein Bruder verliebt sind,<br />
begleitet ihn als innere, befehlende Stimme. Es entsteht<br />
ein verästeltes Bild einer Familie <strong>und</strong> der<br />
gegenwärtigen Gesellschaft.<br />
02-26 Koechlin, Florianne: Zellgeflüster. Streifzüge<br />
durch wissenschaftliches Neuland. (=LP 142) Basel<br />
2010(L), 256 S., br., 17.50*<br />
Zellen flüstern ununterbrochen mit ihren Nachbarinnen.<br />
Gene sind vieldeutig <strong>und</strong> dynamisch. Pflanzen<br />
kommunizieren mit Duftstoffen miteinander, sie lernen<br />
<strong>und</strong> erinnern sich. Sind sie sogar intelligent? Und haben<br />
Kühe eine Seele? Die faszinierenden Streifzüge der<br />
Biologin Florianne Koechlin durch wissenschaftliches<br />
Neuland zeigen ein Bild des Lebens, das sich weit von<br />
der mechanischen Utopie des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts entfernt<br />
hat: Leben erscheint als ein Prozess von Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Austausch in dynamischen Netzwerken.<br />
Seit 20 Jahren wehrt sich die Autorin gegen allzu simple<br />
Dogmen der Gentechnik, gegen deren Mythen <strong>und</strong><br />
falsche Versprechen. Aber sie bleibt bei der Kritik nicht<br />
stehen, sie fragt nach Gegenentwürfen. Sie erzählt von<br />
den Erfolgen indischer Saatgutbäuerinnen <strong>und</strong> von den<br />
innovativen Methoden, die in Kenia gegen Schädlinge<br />
bei Tieren <strong>und</strong> Pflanzen eingesetzt werden. Von dort<br />
geht die Reise weiter, zu einem tieferen Verständnis von<br />
Leben, mit vielen Interviews, Begegnungen <strong>und</strong> persönlichen<br />
Gesprächen. Florianne Koechlin spannt den Bogen<br />
vom Schamanenwissen der Ashaninca-Indianer zur<br />
abstrakten Welt der Quantenphysik, von der umfassenden<br />
Biologie Adolf Portmanns bis hin zu neuesten Erkenntnissen<br />
der Molekularbiologie.<br />
02-27 Krohn, Tim: Der Geist am Berg. Köln<br />
2010(L), 80 S., geb., 23.-*<br />
Eine Liebe, ungestüm wie ein Gewitter im Gebirge. Ein<br />
modernes Märchen von Tim Krohn über eine wilde<br />
Grenzgängerin zwischen Alp <strong>und</strong> Tal, zwischen den<br />
Zeiten <strong>und</strong> zwischen Freiheit <strong>und</strong> Liebe.<br />
02-28 Lappert, Rolf: Auf den Inseln des letzten<br />
Lichts. Roman. München 2010(L), 544 S., br., 37.90*<br />
02-29 Lappert, Rolf: Der Himmel der perfekten<br />
Poeten. Roman. (=dtv 13935) München 2010(L), 352<br />
S., br., 15.90*<br />
In einem abgelegenen Motel irgendwo in Arizona bietet<br />
ein kauziger alter Unternehmer vier Schriftstellern die<br />
Möglichkeit, einige Monate ungestört an neuen Projekten<br />
zu arbeiten. Doch inmitten von Kakteen <strong>und</strong> Sand<br />
erlahmt die Schaffenskraft der Autoren schnell,<br />
Schreibblockaden plagen sie <strong>und</strong> Frustration macht<br />
sich breit. Schwungvoll, pointiert <strong>und</strong> witzig erzählt<br />
Rolf Lappert in einer filmreifen Story von verschrobenen<br />
<strong>und</strong> liebenswerten Zeitgenossen, die sich mehr<br />
oder weniger erfolgreich gegen ihr Verlorensein zur<br />
Wehr setzen.<br />
02-30 Lascaux, Paul: Gnadenbrot. Müllers fünfter<br />
Fall. Messkirch 2010(L), 227 S., br., 15.90*<br />
02-31 Loosli, Carl A.: Loosli für die Jackentasche.<br />
Geschichten, Gedichte <strong>und</strong> Satiren. Zürich 2010(L),<br />
270 S., br., 28.-*<br />
02-32 Maillart, Ella: Verbotene Reise. Von Peking
<strong>Literatur</strong> 5<br />
nach Kaschmir. (=LP 141) Basel Sonderausgabe<br />
2010(L), 319 S., br., 17.50*<br />
Im Herbst 1934 reist die Genfer Autorin Ella Maillart<br />
im Auftrag der französischen Zeitung "Le Petit Parisien"<br />
als Berichterstatterin nach China. In Peking trifft<br />
sie den Kollegen Peter Fleming von der "Times". Gemeinsam<br />
fassen sie den tollkühnen Plan, von Peking<br />
durch die für Ausländer streng abgeriegelte Provinz<br />
Sinkiang - Chinesisch-Turkestan - nach Srinagar im indischen<br />
Kaschmir zu reisen. Dies ist ein in jeder Beziehung<br />
gewagtes Unterfangen: Gefahr droht nicht nur<br />
von der rauen Wüsten-, Sumpf- <strong>und</strong> Berglandschaft,<br />
sondern auch von aufständischen Rebellen, die in jedem<br />
Fremden einen Spion vermuten. Auf Pferden, Kamelen<br />
<strong>und</strong> zu Fuß legen die beiden ungleichen Reisegefährten<br />
fast 6000 abenteuerliche, beschwerliche Kilometer<br />
zurück - durch die Salzwüsten des Kuku Nor, die<br />
Sumpfplateaus des Tsaidam, die Sandwüste Takla Makan,<br />
die Gebirgsketten des Pamir <strong>und</strong> des Karakorum -<br />
<strong>und</strong> erreichen nach sieben Monaten erschöpft, aber<br />
glücklich ihr Ziel. Ella Maillarts spannender Reisebericht<br />
hält die Strapazen <strong>und</strong> Schönheiten dieser "verbotenen<br />
Reise" fest <strong>und</strong> erzählt ausführlich über die Begegnungen<br />
mit vergangenen Kulturen, die in den dreißiger<br />
Jahren des 20. Jh. oft noch die gleichen Züge trugen<br />
wie zweitausend Jahre zuvor.<br />
02-33 Merz, Klaus: Aus dem Staub. Gedichte.<br />
Innsbruck 2010(L), 80 S., geb., 25.90*<br />
02-34 Muschg, Adolf: Sax. Roman. München<br />
2010(L), 459 S., geb., 34.90*<br />
02-35 Nadj Abonji, Melinda: Tauben fliegen auf.<br />
Roman. Salzburg 2010(L), 304 S., geb., 36.30*<br />
02-36 Reichlin, Linus: Der Assistent der Sterne.<br />
Roman. (=KiWi 1169) Köln 2010(L), 384 S.,br., 14.50*<br />
"'Der Assistent der Sterne' ist spannend, geistreich <strong>und</strong><br />
manchmal fast philosophisch." BrigitteIn seinem zweiten<br />
Buch sprengt der Krimipreisträger 2009 erneut die<br />
Genre-Grenzen!Hannes Jensen, ehemaliger Inspecteur<br />
der Polizei von Brügge, hat einen fatalen Fehler gemacht:<br />
Während eines Seminars in Island schläft er mit<br />
einer Frau, die er kaum kennt. Als er nach Brügge zurückkehrt,<br />
zu Annick, die er liebt, trägt er am Hals<br />
noch die Spuren jener Nacht in Island: Die Frau hat<br />
ihn gebissen, <strong>und</strong> dieser Liebesbiss entzündet sich. Jensen<br />
versucht, ihn mit einem Kaschmirschal zu verdecken.<br />
Annick den Fehltritt zu gestehen, hält er für<br />
schädlich: Es würde nur die Beziehung gefährden, die<br />
ohnehin auf wackligen Füßen steht. Außerdem hat Annick<br />
im Augenblick andere Probleme, in die sie Jensen<br />
nach seiner Rückkehr einweiht: Ihrer besten Fre<strong>und</strong>in<br />
geht es nicht gut. Ein Féticheur, ein afrikanischer<br />
Wahrsager, hat ihr prophezeit, dass ihre einzige Tochter<br />
von einem Mann getötet werden wird, der ein Mal<br />
am Hals trägt.Jensen, ein leidenschaftlicher Hobby-<br />
Physiker, glaubt nicht ans Schicksal. Seiner Meinung<br />
nach ist das Leben eine Abfolge von Zufällen, nichts ist<br />
vorbestimmt. Aber die Ereignisse der nächsten Tage<br />
lassen ihn an seinem Weltbild zweifeln. Es scheint, als<br />
bekomme der Féticheur mit seiner Prophezeiung recht.<br />
Je mehr sich Jensen gegen die schicksalhaften Verstrickungen<br />
wehrt, in die er gerät, desto weniger kann er<br />
ihnen entfliehen.Ein Roman über Schicksal <strong>und</strong> Zufall,<br />
über Liebe <strong>und</strong> Betrug - spannend bis zum Schluss.<br />
02-37 Richle, Urs: Das taube Herz. Roman. München<br />
2010(L), 352 S., geb., 33.-*<br />
Die tragische Geschichte eines Schweizer Uhrmachergenies,<br />
dessen Automat am französischen Hof den berühmten<br />
Schachautomaten des Baron von Kempelen<br />
besiegt - eine Parabel über den Traum des Menschen,<br />
die Schöpfung zu vervollkommnen.<br />
02-38 Rudolf, Gisela: Das Leben der Eltern ist<br />
das Buch, in dem die Kinder lesen. Frankfurt a.M.<br />
2010(L), 300 S., geb., 32.70*<br />
02-39 Schneider, Hansjörg: Hunkeler <strong>und</strong> die Augen<br />
des Oedipus. Zürich 2010(L), 240 S., geb., 35.90*<br />
Der neue Fall des Kult-Kommissars aus Basel: Ein havariertes<br />
Hausboot auf dem Rhein. Ein Theaterskandal.<br />
Und ein paar alte Rechnungen. Hansjörg Schneiders<br />
Hunkeler-Krimis sind Bestseller, vier von ihnen<br />
wurden mit Mathias Gnädinger in der Hauptrolle verfilmt.<br />
02-40 Schnetzler, Kaspar: Kaufmann <strong>und</strong> das<br />
Klavierfräulein. Zürich 2010(L), 398 S., geb., 40.-*<br />
02-41 Schnyder, Marijke: Matrjoschka-Jagd. Kriminalroman.<br />
Messkirch 2010(L), 275 S., br., 15.90*<br />
02-42 Schümann, Beate: Lesereise Schweiz. Zwischen<br />
Sägemehl <strong>und</strong> Pulverschnee. (=Lesereisen )<br />
Wien 07.2010, 132 S., geb., 24.60<br />
02-43 Schwarzenbach, Annemarie: Das glückliche<br />
Tal. (=LP 135) Basel Sonderausgabe 2010(L), 199<br />
S., br., 17.50*<br />
In "Das glückliche Tal" führt uns die Autorin in einen<br />
gebirgigen, hoch über dem Kaspischen Meer gelegenen<br />
Winkel Persiens, von Winden durchstrichen, im Angesicht<br />
des traumhaft hohen <strong>und</strong> fernen Demawend. Hier<br />
sucht <strong>und</strong> findet sie Ruhe vor der Unruhe der Welt <strong>und</strong><br />
den Weg zu sich selbst <strong>und</strong> zu einem wahren Leben. Erinnernd<br />
lässt sie vor uns die ganze Welt des Orients mit<br />
ihren Blumengärten <strong>und</strong> Ruinenstädten erstehen, die<br />
sie, wie kaum eine zweite Europäerin, durchstreift <strong>und</strong><br />
begriffen hat. Magisch bezaubert uns ihre Geschichte<br />
in der w<strong>und</strong>ervoll geschliffenen Sprache.<br />
02-44 Schweizer Radio DRS (Hg.): Schweiz der<br />
Zukunft - Zukunft der Schweiz. Literarische Skizzen<br />
zur Sendereihe «Mit DRS 1 i d’Zuekunft. Zürich<br />
11.2010, 112 S., farb. Bildteil, br., 0.-*<br />
Literarische Skizzen von Sibylle Berg, Gion M. Cavelty,<br />
Simon Chen, Bänz Friedli, Friederike Kretzen, Isolde<br />
Schaad, Ralf Schlatter, Gabriel Vetter, Laura de Weck,<br />
Peter Zeindler.
6 <strong>Literatur</strong><br />
02-45 Schwendener, Severin: Schein & Heilig.<br />
Kriminalroman. Zürich 2010(L), 224 S., geb., 33.-*<br />
Der Tote, der in einem Lagerhaus in Schlieren gef<strong>und</strong>en<br />
wird, sieht entsetzlich aus. Der Täter, der ihn erschlagen<br />
hat, muss wie ein Berserker gewütet haben.<br />
Wenig später wird in einem Gerümpelhaufen in Dietikon<br />
ein zweiter Toter entdeckt. Beide Tatopfer sind Studenten<br />
der Biologie an der ETH Zürich. Tho- mas K.<br />
Hilvert, Hauptmann bei der Kantonspolizei Zürich,<br />
kann sich vorerst keinen Reim auf die beiden Mordfälle<br />
machen. Als auch noch ein ETH-Professor ermordet<br />
wird, verkompliziert sich die Sachlage zusätzlich. Bei<br />
seinen Ermittlungen an der Hochschule lernt der<br />
schrullige Polizist eine Welt kennen, die ihn fasziniert.<br />
In den Labors wird dort mit Hochdruck an der Medizin<br />
der Zukunft geforscht. Viren werden manipuliert, um<br />
dereinst als Waffen gegen Tumore ins Feld geschickt zu<br />
werden. Hilvert erkennt schnell, dass er den Fall nur<br />
lösen kann, wenn er sich mit der Forschung der Opfer<br />
<strong>und</strong> den Mechanismen inner- halb der Hochschule auseinandersetzt.<br />
Im jungen Biologiestudenten Reto Hagemann<br />
findet er einen Gesprächspartner <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>,<br />
der in ihm längst begrabene Sehnsüchte <strong>und</strong> Ideale<br />
weckt.Mit der Zeit entdeckt Hilvert hinter der noblen<br />
Fassade der ETH ungeahnte Abgründe. Aber auch die<br />
Intrigen im Polizei- korps, wo der Rücktritt des Polizeikommandanten<br />
heimtückische Energien freisetzt, machen<br />
ihm zu schaffen. Nur gut, dass sich der Hauptmann<br />
hier auf seinen Assistenten Bruno Jaun verlassen<br />
kann, selbst wenn der gr<strong>und</strong>sätzlich nicht viel von seinem<br />
arbeitsscheuen Chef hält. Schritt für Schritt kommt<br />
Hilvert der Auflösung der Fälle näher, doch je näher er<br />
ihr kommt, desto näher kommt der Täter auch Hilvert.<br />
Severin Schwendener, selbst ein Doktorand, lässt die<br />
Lesenden in seinem spannenden Kriminalroman die<br />
Welt der Hochschu- len <strong>und</strong> der Medizinforschung<br />
hautnah miterleben<br />
02-46 Stamm, Peter: Sieben Jahre. Roman. (=fi<br />
17384) Frankfurt a.M. 03.2011, 304 S., br., 16.40*<br />
Sonja ist schön <strong>und</strong> intelligent <strong>und</strong> lebt mit Alex. Eine<br />
vorbildliche Ehe, er müsste glücklich sein. Aber wann<br />
ist die Liebe schon einfach? Und wie funktioniert das<br />
Glück? Iwona wäre neben Sonja fast unsichtbar, sie ist<br />
spröde <strong>und</strong> grau. Aber Alex fühlt sich lebendig bei ihr -<br />
<strong>und</strong> weiß nicht, warum. Sie liebt ihn. Er trifft sie immer<br />
wieder, <strong>und</strong> als sie von ihm schwanger wird <strong>und</strong> das<br />
Kind kriegt, das Sonja sich wünscht, setzt er alles aufs<br />
Spiel. Peter Stamm erzählt so lakonisch <strong>und</strong> leidenschaftlich<br />
wie kein anderer von widerstreitenden Gefühlen<br />
<strong>und</strong> der Sehnsucht nach dem Leben. ›Sieben<br />
Jahre‹ ist ein großer Roman über die Zumutung des<br />
Glücks, geliebt zu werden.<br />
02-47 Stamm, Peter: Ungefähre Landschaft. (=fi<br />
18824) Frankfurt a.M. 11.2010, 192 S., br., 14.80*<br />
Ein kleines norwegisches Dorf nördlich des Polarkrei<br />
ses. An diesem Rand der Welt lebt Kathrine. Sie ist<br />
acht<strong>und</strong>zwanzig, hat aus erster Ehe ein Kind <strong>und</strong> unterbricht<br />
nur selten das Einerlei ihrer Tage. Sie lernt<br />
Thomas kennen <strong>und</strong> heiratet ihn. Er ist das, was man<br />
eine gute Partie nennt, er gibt ihr Halt. »Sein Leben<br />
war ein Strich durch die ungefähre Landschaft ihres<br />
Lebens.« Doch dann macht Kathrine eine Entdeckung,<br />
die sie tief verletzt.»Ungefähre Landschaft« ist der<br />
zweite Roman des Autors von »Agnes« <strong>und</strong> »Sieben<br />
Jahre«.<br />
02-48 Steiner, Jörg: Wer tanzt schon zu Musik<br />
von Schostakowitsch. (=st 4229) Berlin 2010(L), 104<br />
S., br., 11.50*<br />
Goody Eisinger ist einer, den die Leute mögen, weil er<br />
so erstaunliche, <strong>und</strong> wie er sagt, wahre Geschichten erfindet,<br />
in dessen Gegenwart sich jeder wohl fühlt <strong>und</strong><br />
sogar die »Äpfel singen«. Ein Philosoph, so heißt es in<br />
der Stadt. Hier wurde er geboren, hier ist er aufgewachsen,<br />
hier Vorarbeiter in den städtischen Werkhöfen<br />
gewesen <strong>und</strong> Aufseher im Museum für Vorgeschichte<br />
geworden, hier geblieben <strong>und</strong> von hier weggegangen,<br />
ohne Abschied zu nehmen. Eines Tages ist er einfach<br />
verschw<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> seinem Bruder bleibt nichts<br />
anderes, als von Goody zu erzählen. Und damit auch<br />
von sich.»Als eine Form der nachgetragenen Liebe<br />
rührt uns das Buch wie kein anderes. Man will nicht<br />
aufhören, seine schönsten Stellen weiterzuerzählen.<br />
[…] Was wäre die deutschsprachige Gegenwartsliteratur<br />
ohne den Schweizer Jörg Steiner?« DIE ZEIT<br />
02-49 Strebel, Ernst: Ein Letztes noch. Das Königsfelder<br />
Tagebuch von Konrad Liechti Roman. Zürich<br />
2010(L), 180 S., geb., 34.-*<br />
In den Neunzigerjahren des 19. Jh. arbeitet der Kantonsschüler<br />
Konrad Liechti für einen Sommer als Praktikant<br />
in der «Heil- <strong>und</strong> Pflegeanstalt» Königsfelden.<br />
In der Klinik hält sich auch der berühmte Dichter Conrad<br />
Ferdinand Meyer auf. Als dessen persönlicher Begleiter<br />
soll Konrad Liechti letzte Informationen für seinen<br />
Deutschlehrer <strong>und</strong> ersten Biografen des Dichters<br />
sammeln. Der alte Dichter aber erzählt ihm nicht seine<br />
eigene Geschichte, sondern die von Doktor Rainer<br />
Ernst. Dieser hatte sich in eben dieser Klinik in die Patientin<br />
Adelheid verliebt, deren Krankheit unheilbar<br />
schien. Nach kurzem, intensivem Liebesglück brachte<br />
er sie auf ihr Bitten um <strong>und</strong> folgte ihr in den Tod. In<br />
den täglichen Notizen Konrads vermischen sich die<br />
Wahnwelten aus dem Klinikalltag mit der unsicheren<br />
Suche des Schülers nach sich selbst <strong>und</strong> den letzten<br />
Versuchen des alten Dichters, eine dichterische Ordnung<br />
zu schaffen.<br />
02-50 Sulzer, Alain C.: Zur falschen Zeit. Roman.<br />
Köln 07.2010, 240 S., geb., 31.30*<br />
Mit der Wucht einer griechischen Tragödie erzählt<br />
Alain Claude Sulzer einen Roman über Liebe <strong>und</strong> Verrat<br />
<strong>und</strong> die Unausweichlichkeit des Schicksals.
<strong>Literatur</strong> 7<br />
02-51 Widmer, Urs: Herr Adamson. (=detebe<br />
24053) Zürich 12.2010, 208 S., br., 14.70*<br />
Es ist Freitag, der 22. Mai 2032. Einen Tag nach seinem<br />
vier<strong>und</strong>neunzigsten Geburtstag sitzt ein Mann in<br />
einem üppig blühenden Garten - es ist der Paradiesgarten<br />
seiner Kindheit -, neben sich einen Rekorder,<br />
<strong>und</strong> spricht seine Geschichte mit Herrn Adamson auf<br />
Band. Ein Buch über den Tod, erzählt in einer herzerwärmenden<br />
Heiterkeit.<br />
02-52 Wyss, Verena: Blutrunen. Kriminalroman.<br />
Messkirch 2010(L), 367 S., br., 18.90*<br />
2. Deutsche <strong>Literatur</strong><br />
02-53 Becker, Artur: Der Lippenstift meiner Mutter.<br />
Frankfurt a.M. 2010(L), 320 S., geb., 30.50*<br />
02-54 Beyer, Marcel: Spione. Roman. (=st 4207)<br />
Berlin 11.2010, 313 S., br., 16.40*<br />
Zu Spionen in ihren Familien werden Carl, Nora, Pauline<br />
<strong>und</strong> ihr Cousin. Wo andere in Fotoalben blättern,<br />
deren Bilder an die Eltern <strong>und</strong> Großeltern erinnern <strong>und</strong><br />
Familiengeschichte erzählen, stoßen sie auf Geheimnisse,<br />
auf Verschwiegenes <strong>und</strong> Verborgenes.<br />
02-55 Böldl, Klaus: Der nächtliche Lehrer. Roman.<br />
Frankfurt a.M. 2010(L), 128 S., geb., 25.90*<br />
In einer kleinen Stadt im hohen Norden von Schweden<br />
tritt Lennart eine Stelle als Lehrer an. Er heiratet die<br />
Bibliothekarin Elisabeth, die kurz darauf bei einem<br />
Unfall ums Leben kommt. Danach wird Lennart<br />
vollends zum Einzelgänger, der seine Tage auf einem<br />
prähistorischen Grabhügel verbringt <strong>und</strong> irgendwann<br />
seine Arbeit aufgibt. Nur manchmal kehrt er noch<br />
nachts in das Schulhaus zurück, wo er umgeht wie ein<br />
sanftes Gespenst, das sein Leben sucht.Klaus Böldl<br />
schreibt mit absoluter Souveränität über Sehnsucht,<br />
Erinnerung <strong>und</strong> den Lauf der Zeit - voller Lakonie, Humor<br />
<strong>und</strong> höchster Spannung. Es ist eine Prosa, die den<br />
Schleier der Wirklichkeit zerreißt, um das verborgene<br />
Geheimnis des Lebens aufzudecken.<br />
02-56 Braun, Volker: Die Unvollendete Geschichte<br />
<strong>und</strong> ihr Ende. (=BS 1277) Berlin 3. Aufl.<br />
2010(L), 122 S., br., 20.50*<br />
Geschildert wird die unmögliche Liebesbeziehung<br />
zwischen der achtzehnjährigen Tochter eines DDR-<br />
Funktionärs, Ratsvorsitzenden des Kreises K., <strong>und</strong><br />
einem jener typischen »Asozialen«, die sich dem Staat<br />
durch ihren Lebensstil verweigerten.Zwanzig Jahre<br />
später, 1996, nach Einsicht in seine Stasiakte, schreibt<br />
der Autor »Das Ende der Unvollendeten Geschichte«.<br />
Das Vorbild seiner Karin, erfuhr er, berichtete als IM<br />
»Martina« der Stasi von diesem Kontakt. Volker Braun<br />
nimmt die Eröffnung zum Anlaß für einen kritischen<br />
Rückblick auf die eigene Rolle des dissidenten, der<br />
DDR gleichwohl durch die Utopie des Sozialismus<br />
verb<strong>und</strong>enen Intellektuellen.<br />
02-57 Brinkmann, Rolf D: Vorstellung meiner<br />
Hände. Frühe Gedichte. Reinbek 2010(L), 96 S., geb.,<br />
24.50*<br />
Es hätte das eigentliche Debüt des Lyrikers Rolf Dieter<br />
Brinkmann werden sollen: der Gedichtband «Vorstellung<br />
meiner Hände», 1963 geschrieben, doch seinerzeit<br />
vom Verlag abgelehnt. Interesse hatte man an der<br />
Prosa des Autors, nicht an Gedichten, die sich von allem<br />
unterschieden, was damals als Lyrik galt. «Die<br />
Erde ist ein Sarg», «Rondo für Maleen», «Die hohen<br />
Feste des Luis Buñuel», «Die Bombe in meinem Kopf»,<br />
aber auch «Ihre schönen Knie», schon die Titel verraten:<br />
Die Verse des 23-Jährigen enthalten bereits den<br />
unverkennbaren Brinkmann-So<strong>und</strong>, vielleicht etwas roher,<br />
beredter, persönlicher, expressiver als später publizierte<br />
Texte des Autors. Was Georg Klein vor drei Jahren<br />
in der «Süddeutschen Zeitung» über Rolf Dieter<br />
Brinkmann schrieb, trifft auch für die neu aufgef<strong>und</strong>enen<br />
Gedichte zu: «Fast kindlich tastende Beschreibungspassagen<br />
wechseln mit Stücken, in denen die<br />
ganze Radikalität seiner Wahrnehmungsreflexion <strong>und</strong><br />
das merkwürdig verstockte, fast lauernde Potenzial seiner<br />
poetischen Möglichkeiten aufleuchten.»<br />
02-58 Bronsky, Alina: Die schärfsten Gerichte der<br />
tatarischen Küche. Roman. Köln 2010(L), 336 S., geb.,<br />
29.50*<br />
Die Geschichte der leidenschaftlichsten <strong>und</strong> durchtriebensten<br />
Großmutter aller ZeitenAm Anfang tut sie alles,<br />
um nicht Großmutter zu werden: Im Jahr 1978 ist<br />
Rosalinda wild entschlossen, die Schwangerschaft ihrer<br />
viel zu jungen <strong>und</strong> viel zu dummen Tochter zu beenden.<br />
Doch das misslingt, <strong>und</strong> sobald Aminat auf der<br />
Welt ist, entbrennt ein rücksichtsloser, grotesk-komischer<br />
Kampf um sie.Jenseits des Urals herrschen<br />
klare Verhältnisse: Die Tatarin Rosalinda bestimmt, ihr<br />
Gatte Kalganov spurt, <strong>und</strong> ihre Tochter Sulfia benimmt<br />
sich schlecht. Es mangelt an vielem, aber nicht an Ideen,<br />
<strong>und</strong> schon gar nicht an Willenskraft. Es steht also<br />
immer etwas Scharfes auf dem Tisch, <strong>und</strong> alle größeren<br />
Malheurs, die Sulfia anrichten könnte, werden verhindert.<br />
Nur ihre Schwangerschaft nicht, <strong>und</strong> auch nicht<br />
die Geburt von Aminat, dem genauen Gegenteil ihrer<br />
Mutter: schön, schlau, durchsetzungsfähig - ganz die<br />
Großmutter eben. Rosalinda steht zum ersten Mal einem<br />
Geschöpf gegenüber, das ihr ebenbürtig ist, <strong>und</strong><br />
wird die leidenschaftlichste Großmutter aller Zeiten.<br />
Im ungleichen Kampf zwischen der glücklosen Sulfia<br />
<strong>und</strong> der rücksichtslosen Rosalinda wird das Mädchen<br />
zur Wandertrophäe - <strong>und</strong> der Leser zum Zeugen haarsträubendster<br />
Ereignisse, komischster Szenen, schlagfertigster<br />
Dialoge.Alina Bronsky gelingt eine Glanzleistung:<br />
Sie lässt ihre radikale, selbstverliebte <strong>und</strong> komische<br />
Hauptfigur die Geschichte dreier Frauen erzählen,<br />
die unfreiwillig <strong>und</strong> unzertrennlich miteinander<br />
verb<strong>und</strong>en sind - in einem Ton, der unwiderstehlich ist.<br />
Durch drei Jahrzehnte <strong>und</strong> diverse Schicksalsschläge
8 <strong>Literatur</strong><br />
führt sie die ungleichen Frauen, <strong>und</strong> der Leser folgt ihr<br />
atemlos.Voller Gefühl, Sinnlichkeit, Drastik <strong>und</strong> Exotik:<br />
ein scharfer Frauenroman!<br />
02-59 Bruyn, Günter de: Die Zeit der schweren<br />
Not. Schicksale aus dem Kulturleben Berlins 1807 -<br />
1815. Frankfurt a.M. 2010(L), 432 S., geb., 37.90*<br />
Berlin nach der Niederlage gegen Napoleon. Preußen<br />
liegt wirtschaftlich <strong>und</strong> politisch am Boden. Zugleich<br />
aber öffnet gerade die Niederlage den Weg zu wichtigen<br />
Reformen, <strong>und</strong> bei aller materiellen Not erlebt Berlin<br />
weiterhin eine erstaunliche kulturelle Blüte. Im<br />
Zuge der sogenannten Befreiungskriege gelingt<br />
schließlich doch noch der Sieg über Napoleon, der<br />
neuerlichen Machtgewinn, aber nicht die erhoffte Einheit<br />
<strong>und</strong> Freiheit bringt. Wie schon in ›Als Poesie gut‹,<br />
seinem hoch gelobten Essay über die Berliner Kulturepoche<br />
zwischen 1786 <strong>und</strong> 1807, wird de Bruyn der<br />
Vielfalt <strong>und</strong> Widersprüchlichkeit von Preußens größter<br />
Epoche dadurch gerecht, dass er sie im Spiegel zahlreicher<br />
Einzelporträts <strong>und</strong> Geschichten reflektiert. Günter<br />
de Bruyn erzählt dabei von den berühmten Staatsmännern<br />
<strong>und</strong> Reformern der Zeit wie Hardenberg, Humboldt<br />
oder Gneisenau. Souverän <strong>und</strong> sensibel schildert<br />
er die Schicksale großer Autoren der Romantik wie<br />
Kleist, Rahel Varnhagen, Eichendorff <strong>und</strong> E.T.A. Hoffmann.<br />
Darüber hinaus aber folgt er auch den Abenteuern<br />
<strong>und</strong> politischen Irrwegen von Zeitgenossen wie<br />
Karl von François oder Turnvater Jahn.Einer der Autoren<br />
der Epoche, denen de Bruyns größte Sympathie<br />
gilt, ist Adelbert von Chamisso, von dem der Titel des<br />
Buches stammt. »Die Zeit der schweren Not« aber -<br />
darin liegt die bittere Ironie dieses Verses aus dem Jahr<br />
1813 - meint nicht Hunger <strong>und</strong> Elend nach der Niederlage<br />
gegen Napoleon, sondern die Not eines zum Deutschen<br />
gewordenen Franzosen, der inmitten der beginnenden<br />
Restauration <strong>und</strong> Kriegsbegeisterung seiner<br />
Zeit zum Außenseiter wird.((rechte Klappe:))Günter de<br />
Bruyn wurde am 1. November 1926 in Berlin geboren<br />
<strong>und</strong> lebt heute in Görsdorf bei Beeskow als freier<br />
Schriftsteller. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet,<br />
u.a. dem Heinrich-Böll-Preis, dem Thomas-<br />
Mann-Preis, dem Nationalpreis der Deutschen Nationalstiftung,<br />
dem Eichendorff-<strong>Literatur</strong>preis <strong>und</strong> dem<br />
Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache. Zu seinen bedeutendsten<br />
Werken gehören die beiden Bände seiner<br />
Autobiographie, ›Zwischenbilanz‹ <strong>und</strong> ›Vierzig Jahre‹,<br />
die frühen Romane ›Buridans Esel‹ <strong>und</strong> ›Neue Herrlichkeit‹<br />
<strong>und</strong> die Biographie ›Das Leben des Jean Paul<br />
Friedrich Richter‹.<br />
02-60 Buhl, Theodor: Winnetou August. Roman.<br />
Frankfurt a.M. 2010(L), 320 S., geb., 32.90*<br />
Der Krieg aus der Perspektive eines Jungen, der die<br />
Welt gerade erst entdeckt.<br />
02-61 Canetti, Veza: Die Schildkröten. Roman.<br />
(=fi 18414) Frankfurt a.M. 03.2011, 304 S., br., 16.40*<br />
Dr. Andreas Kain, ein stiller jüdischer Gelehrter, lebt<br />
mit seiner Frau in einer Villa am Rande von Wien. Als<br />
die Nazis Österreich besetzen, planen die Eheleute, mit<br />
einem heimlich gekauften Flugzeug zu fliehen.Veza Canettis<br />
Roman entstand kurz nach ihrer Flucht mit Elias<br />
Canetti nach England im Jahr 1938 - ein schockierendes<br />
<strong>und</strong> berührendes Zeugnis menschlicher Würde in<br />
einer Zeit allgegenwärtiger Niedertracht.<br />
02-62 Duve, Karen: Anständig essen. Wie ich versuchte,<br />
ein besserer Mensch zu werden. Ein Selbstversuch.<br />
Köln 01.2011, 280 S., geb., 31.30*<br />
Lebt es noch oder isst du es schon? Ein Selbstversuch.<br />
"Die dringendste Frage zu Beginn meiner Bio-Phase:<br />
ob ichweiterhin Cola-Light trinken kann. Davon gehe<br />
ich nämlich aus. Cola-Light besteht doch sowieso ausschließlich<br />
aus Chemie. Da dürfte sich die Bio-Frage<br />
eigentlich gar nicht erst stellen." Karen Duve gehörte<br />
nicht eben zur Ges<strong>und</strong>heitsfraktion.Bratwürstchen <strong>und</strong><br />
Gummibären wanderten genauso in ihren Einkaufswagen<br />
wie Schokolade <strong>und</strong> Curryketchup in 1-L-<br />
Plastikflaschen. Doch dann zog sie mit jemandem zusammen,<br />
der schnell den Spitznamen Jiminy Grille erhielt<br />
- nach dem personifizierten Gewissen der Holzpuppe<br />
Pinocchio. Denn Jiminy schrie auf, wenn Karen<br />
Duve nach der "Grillhähnchenpfanne für 2,99" griff.<br />
Und Karen Duve musste einräumen, dass das Leben<br />
der "Grillhähnchenpfanne" vor ihrer Schockfrostung<br />
wohl eher unerfreulich gewesen war. So stellten sich<br />
vor der Tief kühltruhe schnell gr<strong>und</strong>legende Fragen:<br />
Darf man Tiere eigentlich essen?Und wenn Tiere nicht,<br />
warum dann Pflanzen? Wo beginnt die menschliche<br />
Empathie, <strong>und</strong> warum? Was sind wir bereit aus Rücksicht<br />
auf die Mitlebewesen zu opfern? Oder können wir<br />
sogar einen persönlichen Gewinn daraus ziehen, unsere<br />
Gewohnheiten zu ändern?Irgendwann wollte Karen<br />
Duve es wirklich wissen: Jeweils zwei Monate lang testet<br />
sie seitdem Ernährungsweisen mit moralischem Anspruch:<br />
Biologisch-organisch, vegetarisch, vegan <strong>und</strong><br />
am Ende sogar frutarisch, also nur das, was die Pflanze<br />
freiwillig spendet. Parallel dazu setzt sie sich mit der<br />
dahinterstehenden Weltsicht auseinander - <strong>und</strong> liefert<br />
sich mit Jiminy Grille die unausweichlichen Verbalduelle.<br />
Erst kurz vor der Veröffentlichung dieses Buches<br />
wird sie eine Lebensentscheidung treffen - die, wie sie<br />
sich weiterernähren <strong>und</strong> weiter leben will. Schonungslos<br />
<strong>und</strong> mit der ihr eigenen knochentrockenen Komik<br />
setzt sie sich jenseits aller Ideologien mit der Frage<br />
auseinander: Wie viel gönne ich mir auf Kosten anderer?<br />
02-63 Enzensberger, Christian: Eins nach dem<br />
andern. Gedichte in Prosa. München 2010(L), 80 S.,<br />
br., 19.90*<br />
02-64 Enzensberger, Hans M.: Gedichte 1950-<br />
2010. (=st 4201) Berlin 2010(L), 250 S., br., 16.40*<br />
In dieser Auswahl mischt Enzensberger gegenüber den
<strong>Literatur</strong> 9<br />
gesammelten Gedichten von 2005 die Karten neu: Auf<br />
einiges darin mochte er aus der Sicht von 2010 verzichten,<br />
anderes aus der Geschichte der Wolken (2003)<br />
<strong>und</strong> vor allem aus dem zuletzt erschienenen Gedichtband<br />
Rebus (2009) hat er hinzugenommen. So schreibt<br />
sich die Auswahl seiner Gedichte fort als die Geschichte<br />
eines Zeitgenossen, der die Systeme hinter sich läßt<br />
<strong>und</strong> der unfaßlichen Monstrosität der ‚Realität’ (s)eine<br />
Sprache gibt.<br />
02-65 Erpenbeck, Jenny: Dinge, die verschwinden.<br />
München 01.2011, 160 S., br., 13.10*<br />
Sperrmüll. Jugend. Öfen <strong>und</strong> Kohle. Männer. Jahre.<br />
Fre<strong>und</strong>innen. Socken. Vielfältig <strong>und</strong> zahlreich sind die<br />
Dinge, die verschwinden können. Jenny Erpenbeck hat<br />
ein<strong>und</strong>dreißig davon in kleinen, hinreißenden Miniaturen<br />
des Alltags versammelt. Mal betrauert sie das Abhandenkommen,<br />
manchmal belächelt sie es, manchmal<br />
nimmt sie es mit Erleichterung zur Kenntnis. Zusammen<br />
ergeben die verschw<strong>und</strong>enen Dinge ein subtiles<br />
Porträt des Lebens von heute, in Deutschland.<br />
02-66 Gauß, Karl M.: Die fröhlichen Untergeher<br />
von Roana. Unterwegs zu den Assyrern, Zimbern <strong>und</strong><br />
Karaimen. (=dtv 34631) München 03.2011, 160 S.,<br />
Fot., br., 13.90*<br />
Sprechen Sie Zimbrisch? Das tun sonst nur noch ein<br />
paar tausend Menschen in Oberitalien. Gauß hat sie<br />
besucht. Außerdem berichtet er von seinen Begegnungen<br />
mit Assyrern in Schweden, aus dem Nahen Osten<br />
ausgewanderten Christen, die Aramäisch sprechen,<br />
<strong>und</strong> von seinen Erlebnissen mit den geheimnisvollen<br />
Karaimen in Litauen, von denen manche sich für Angehörige<br />
eines verlorengegangenen jüdischen Stammes<br />
halten.<br />
02-67 Genazino, Wilhelm: Das Glück in glücksfernen<br />
Zeiten. Roman. (=dtv 13950) München 01.2011,<br />
160 S., br., 14.70*<br />
Der Arbeitsmarkt kennt keine Gnade, erst recht nicht<br />
für promovierte Philosophen. Daher nimmt Gerhard<br />
Warlich einen Job in einer Großwäscherei an <strong>und</strong> richtet<br />
sich ein in seiner wenig aufregenden, aber sicheren<br />
Existenz. Doch als sich seine Fre<strong>und</strong>in Traudel ein<br />
Kind wünscht, gerät Warlich, der am liebsten nur halbtags<br />
leben möchte, völlig aus dem Tritt. Genazino erzählt<br />
diese Geschichte eines traurigen Helden, eines an<br />
Details leidenden Alltagsmelancholikers, <strong>und</strong> seiner<br />
viel weniger traurigen Fre<strong>und</strong>in, mit verblüffender Lakonie.<br />
02-68 Geyersbach, Ulf: Machandels Gabe. Roman.<br />
Zürich 2010(L), 240 S., geb., 30.50*<br />
Die sonderbare Geschichte vom Winzling Machandel,<br />
der auszog, der Welt das Geschenk des feinen Geschmacks<br />
zu machen.<br />
02-69 Goethe, Johann Wolfgang von: Gedichte<br />
1756-1799. (=DKVTb 44) Berlin 2010(L), 1336 S., br.,<br />
33.-*<br />
Gedichte haben ihn sein Leben lang begleitet, geradezu<br />
universal ist die Vielfalt der Themen <strong>und</strong> Formen seiner<br />
Lyrik. In ihnen breitete er seine Empfindungen <strong>und</strong><br />
Bekenntnisse aus, legte er seine Weltanschauung vor,<br />
reagierte er polemisch oder fre<strong>und</strong>lich auf Tagesereignisse<br />
<strong>und</strong> Zeitgenossen.Der Band enthält sämtliche Gedichte<br />
Goethes von 1756 bis 1799. Er bietet vollständig<br />
<strong>und</strong> überwiegend zum ersten Mal innerhalb einer Gesamtausgabe<br />
Goethes eigene Sammlungen sowie jene<br />
Gedichte, die er entweder nicht oder erst längere Zeit<br />
nach ihrer Entstehung in Sammlungen aufgenommen<br />
hat.Zusammen mit den Gedichten 1800-1832, die ebenfalls<br />
als Taschenbuch im Deutschen Klassiker Verlag<br />
erschienen sind (TB 45), umfaßt die Ausgabe das lyrische<br />
Gesamtwerk des Dichters mit Ausnahme des Westöstlichen<br />
Divans (Deutscher Klassiker Verlag TB 38) in<br />
allen Fassungen, angeordnet in der zeitlichen Folge<br />
der Erstdrucke sowie nach Goethes eigenen Sammlungen<br />
<strong>und</strong> damit so authentisch wie möglich. Alle Texte<br />
sind aus den Quellen ediert <strong>und</strong> von einem der besten<br />
Goethe-Kenner unserer Zeit umfassend kommentiert.Einer<br />
der Höhepunkte der berühmten Goethe-<br />
Ausgabe des Deutschen Klassiker Verlages!<br />
02-70 Goethe, Johann Wolfgang von: Gedichte<br />
1800-1832. (=DKVTb 45) Berlin 2010(L), 1432 S.,,<br />
33.-*<br />
Goethe hat seine Gedichtsammlungen als lyrische Lesebücher<br />
angelegt, in denen der Leser von Gedicht zu<br />
Gedicht geführt <strong>und</strong> in ein 'geselliges' Gesprächsspiel<br />
verwickelt werden sollte. Dieser Band bringt Goethes<br />
Gedichtausgabe 'letzter Hand' erstmals so übersichtlich,<br />
wie sie von Goethe tatsächlich beabsichtigt war.<br />
Darüber hinaus enthält der Band die von Goethe selbst<br />
nicht mehr veröffentlichten Gedichte des Zeitraums<br />
1800-1832: die zahlreichen Gedichte an Personen, die<br />
teils bissigen, teils humorvollen Verse, in denen er seinem<br />
Ärger über mißwollende Zeitgenossen Luft machte,<br />
<strong>und</strong> die fast legendär gewordenen Erotika aus dem<br />
'Walpurgisnachtsack'.Zusammen mit den Gedichten<br />
1756-1799, die ebenfalls als Taschenbuch im Deutschen<br />
Klassiker Verlag erschienen sind (TB 44), umfaßt<br />
die Ausgabe das lyrische Gesamtwerk des Dichters mit<br />
Ausnahme des West-östlichen Divans (Deutscher Klassiker<br />
Verlag TB 38) in allen Fassungen, angeordnet in<br />
der zeitlichen Folge der Erstdrucke sowie nach Goethes<br />
eigenen Sammlungen. Alle Texte sind aus den<br />
Quellen ediert <strong>und</strong> von einem der besten Goethe-Kenner<br />
unserer Zeit kommentiert.Einer der Höhepunkte<br />
der berühmten Goethe-Ausgabe des Deutschen<br />
Klassiker Verlages!<br />
02-71 Goldschmidt, Georges A.: Die Befreiung.<br />
Erzählung. (=fi 18131) Frankfurt a.M. 11.2010, 216 S.,<br />
br., 16.40*<br />
Arthur ist kein Kind mehr <strong>und</strong> doch nicht erwachsen,<br />
aber er leistet Großes. Allein flieht er vor den Nazis
10 <strong>Literatur</strong><br />
über Italien in die Französischen Alpen, versteckt sich<br />
bei einem Bauern <strong>und</strong> kehrt zurück ins Internat. Die<br />
Entdeckung des eigenen Körpers geht einher mit einer<br />
seltsamen Mischung aus Lust, Scham <strong>und</strong> Schuld,<br />
Schuld auch, als Jude überlebt zu haben. Jugendliche<br />
Sexualverwirrung <strong>und</strong> historische Katatsrophe bleiben<br />
untrennbar miteinander verwoben. Der Sprachjongleur<br />
Goldschmidt erzählt kraftvoll <strong>und</strong> sehr eindringlich.Wie<br />
kein anderer weiß George-Arthur Goldschmidt<br />
die eigene Lebensgeschichte in brilliante <strong>Literatur</strong> zu<br />
verwandeln.<br />
02-72 Götsch, Monika: Wasserblau. Roman. Zürich<br />
2010(L), 240 S., geb., 28.90*<br />
Es beginnt mit einem rätselhaften Anruf. Ellen, seit der<br />
Geburt ihrer Tochter chronisch überfordert <strong>und</strong> nun in<br />
Erwartung ihres zweiten Kindes, wird gebeten, von<br />
Hamburg nach Petersbach zu kommen, wo sie als kleines<br />
Mädchen für einige Zeit mit den Eltern gelebt hat.<br />
Dort soll ihr eine Mappe mit Unterlagen ausgehändigt<br />
werden. Ellen macht sich sofort auf den Weg. In Petersbach<br />
sieht sie sich mit verstörenden Dingen konfrontiert:<br />
Der mysteriöse Anruf galt gar nicht ihr, sondern<br />
ihrer vor kurzem verstorbenen Mutter Elisabeth, <strong>und</strong><br />
sie erfährt von der Existenz eines kleinen Bruders, an<br />
den sie sich nicht erinnern kann. Warum haben die Eltern<br />
den Bruder verschwiegen? Was ist mit ihm? Welches<br />
Geheimnis hat die Mutter mit ins Grab genommen?<br />
Ellen begibt sich beklommen auf die Spurensuche,<br />
um ihren Fragen auf den Gr<strong>und</strong> zu gehen <strong>und</strong><br />
taucht ein in die Vergangenheit ihrer Mutter.<br />
02-73 Grünbein, Durs: Aroma. Ein römisches<br />
Zeichenbuch. Berlin 2010(L), 182 S., geb., 30.50*<br />
Einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dichter<br />
der Gegenwert stellt sich in Vers <strong>und</strong> Prosa der Ewigen<br />
Stadt.„Aufblühen wird man hier, auch als kraut<br />
sich gern überlassen.Dem wohligen Phototropismus.<br />
Der man im Norden war,Dieser Eisblock Identität, Psyches<br />
Schneemann ist bald zerronnen.“Der so<br />
spricht, ist an einem Ort angekommen, wo viele seiner<br />
Schreib- <strong>und</strong> Lebensmotive zusammenlaufen. Durs<br />
Grünbeins Jahr in Rom hat Gestalt gewonnen in einem<br />
Zeichenbuch. Die Stadt - „Roma caput<br />
m<strong>und</strong>i“ - wird als ein Schauplatz der Zeichen<br />
<strong>und</strong> Verweise erfahren <strong>und</strong> schlägt sich, wie bei den<br />
Reisenden früherer Zeiten, in Zeichnungen nieder -<br />
freilich in geschriebener Form. Aus vier Kapiteln gefügt,<br />
entstand so sein opus incertum, nach dem Vorbild<br />
des altrömischen Mauerwerks aus Bruchsteinen.Grünbeins<br />
Aroma eröffnet mit langzeiligen Gedichten in<br />
freiem, hexametrisch gewitterndem Versmaß: doch<br />
nicht auf der Suche nach dem verlorenen Gestern. Vielmehr<br />
sind es die kaleidoskopisch zu fassenden Momente<br />
der Gegenwart, die den Blick des Dichters auf Stadt<br />
<strong>und</strong> Umland lenken. Die geistige Bruderschaft im Zeichen<br />
der Urbanität findet der Dichter, über die Zeiten<br />
hinweg, in Juvenal, dessen Dritte Satire er neu übersetzt<br />
<strong>und</strong> erläutert. In einer Reihe von Prosabildern,<br />
die an römischen Erinnerungsorten den Apostel Paulus<br />
so gut einfangen wie den Antiquitätenhändler <strong>und</strong> den<br />
afrikanischen Immigranten, bricht Grünbein mit dem<br />
lyrischen Maß, bevor in freien Versen das Zeichenbuch<br />
ausklingt: „Die Städte träumen alle voneinander.<br />
/ Sie rufen sich beim Markennamen, <strong>und</strong> das<br />
Echo / Hallt durch die engen Korridore der<br />
Straßen.“<br />
02-74 Gstrein, Norbert: Die ganze Wahrheit. Roman.<br />
München 2010(L), 304 S., geb., 29.90*<br />
02-75 Hacke, Axel u.a.: Wofür stehst Du? Was in<br />
unserem Leben wichtig ist. Eine Suche. Köln 09.2010,<br />
256 S., geb., 31.30*<br />
Wofür stehst Du? Ein Plädoyer gegen die Gleichgültigkeit.Giovanni<br />
di Lorenzo <strong>und</strong> Axel Hacke haben zusammen<br />
ein ungewöhnliches Buch geschrieben: Sie stellen<br />
die große Frage nach den Werten, die für sie maßgeblich<br />
sind - oder sein sollten. Zwei Fre<strong>und</strong>e, nahezu<br />
gleichaltrig, stellen fest, dass sie sich in Jahrzehnten<br />
über vieles Private ausgetauscht haben, Leidenschaften,<br />
Ehen <strong>und</strong> Trennungen, Erfolge, Ängste <strong>und</strong> Todesfälle,<br />
dass aber eines zwischen ihnen seltsam unbesprochen<br />
blieb: An welche gr<strong>und</strong>legenden Werte glaubst du<br />
eigentlich, wenn es nicht um dich, sondern um uns alle<br />
geht? Was ist wirklich wichtig in diesem Land? Für<br />
welche Ziele der Gemeinschaft bist du bereit, dich einzusetzen?<br />
Kurz: Wofür stehst du? Wir leben in Zeiten<br />
unübersehbaren Rückzugs ins Persönliche, einer nachgerade<br />
verbissenen, ja, verzweifelten Glückssuche im<br />
Privaten, der massenhaften Ablehnung gesellschaftlicher<br />
Verantwortung, in Zeiten von Missmut, Frust <strong>und</strong><br />
Gemoser über den Staat. Die Beteiligung an Wahlen<br />
sinkt kontinuierlich, die Bereitschaft, sich als Bürger zu<br />
verstehen, wird immer geringer. Dafür wachsen Ansprüche<br />
auf der einen, Gleichgültigkeit auf der anderen<br />
Seite. Das ist angesichts großer Herausforderungen<br />
eine unakzeptable Situation, aus der viele Menschen<br />
für sich selbst ratlos <strong>und</strong> vergeblich einen Ausweg suchen.In<br />
diesem Buch versuchen die Autoren zu beschreiben,<br />
welche Werte sie für wichtig halten - <strong>und</strong><br />
dies auf sehr ungewöhnlichen Wegen: nicht als abstrakten<br />
Tugendkatalog, sondern als eine Art Inventur<br />
bisheriger Lebensführung. Manchmal jeder für sich,<br />
dann wieder beide gemeinsam oder im Schlagabtausch,<br />
mal essayistisch, mal im Stile von Reportern, geradezu<br />
psychoanalytisch suchend, bisweilen poetisch <strong>und</strong> assoziativ,<br />
dann wieder sehr nüchtern reflektierend, immer<br />
subjektiv erzählend <strong>und</strong> sehr selbstkritisch suchen<br />
die Autoren nach Antworten in den großen Themenfeldern<br />
Politik <strong>und</strong> Staat, Klimawandel, Gerechtigkeit,<br />
Migration <strong>und</strong> Fremdheit, Angst <strong>und</strong> Depression,<br />
Krankheit <strong>und</strong> Tod.<br />
02-76 Handke, Peter: Ein Jahr aus der Nacht ge
<strong>Literatur</strong> 11<br />
sprochen. Salzburg 2010(L), 200 S., br., 30.90*<br />
02-77 Hermann, Judith: Alice. (=fi 18545)<br />
Frankfurt a.M. 11.2010, 192 S., br., 14.80*<br />
»Die Planeten laufen langsam. Aber sie machen ihre<br />
Transite. Und dann ändert sich dein ganzes<br />
Leben.«Wenn jemand geht, der dir nahe ist, ändert sich<br />
dein ganzes Leben, es ändert sich, ob du willst oder<br />
nicht. Alles wird anders. Alice ist die Heldin dieser fünf<br />
Geschichten, alle erzählen von ihr - <strong>und</strong> davon, wie das<br />
Leben ist <strong>und</strong> das Lieben, wenn Menschen nicht mehr<br />
da sind. Dinge bleiben zurück, Bücher, Briefe, Bilder,<br />
<strong>und</strong> ab <strong>und</strong> zu täuscht man sich in einem Gesicht. Lebenswege<br />
kreuzen sich, ändern die Richtung <strong>und</strong> werden<br />
unwiederbringlich auseinandergeführt. Die Autorin<br />
von »Sommerhaus, später« <strong>und</strong> »Nichts als Gespenster«<br />
schreibt Geschichten von ungeheurer Kraft<br />
<strong>und</strong> großer literarischer Schönheit.<br />
02-78 Hettche, Thomas: Die Liebe der Väter. Roman.<br />
Köln 2010(L), 224 S., geb., 25.90*<br />
Die berührende Geschichte eines Vaters, der um seine<br />
Tochter kämpft.Peter hat eine Tochter, aber das Sorgerecht<br />
für sie hat er nicht. Annika war zwei, als er <strong>und</strong><br />
ihre Mutter sich trennten. Seitdem gerät jede elterliche<br />
Absprache zum Machtkampf um die inzwischen dreizehnjährige<br />
Annika. Ein Silvesterurlaub auf Sylt wird<br />
für Vater <strong>und</strong> Tochter zur entscheidenden Probe auf<br />
ihre Liebe.Die Reise auf die Insel ist für den Verlagsvertreter<br />
Peter auch eine Rückkehr in Landschaften der<br />
Vergangenheit. Hier hat er die Sommer seiner Kindheit<br />
verbracht, als seine Mutter in einer <strong>Buchhandlung</strong> in<br />
Kampen arbeitete. Die Spaziergänge am Strand, die<br />
alte Kirche von Keitum, der Leuchtturm rufen Erinnerungen<br />
in ihm wach. Zum ersten Mal versucht er, seiner<br />
Tochter von sich zu erzählen. Er begegnet Susanne<br />
wieder, einer Fre<strong>und</strong>in aus der Schulzeit, mittlerweile<br />
verheiratet <strong>und</strong> Mutter zweier Kinder. Und er muss erleben,<br />
dass er auf die Väter der scheinbar heilen Familien,<br />
die diese Ferien zusammen verbringen, wie ein<br />
Menetekel wirkt. Es ist die Zeit zwischen den Jahren,<br />
die Rauhnächte, in denen Tiere sprechen können <strong>und</strong><br />
die Tore der Geisterwelt offen stehen. "Die Wilde Jagd"<br />
tobt um das Ferienhaus auf der Düne, ein Wintersturm.<br />
Und in der Silvesternacht, zusammen mit Fre<strong>und</strong>en im<br />
"Sansibar", steht plötzlich Peters gesamte Existenz auf<br />
dem Spiel. Atemlos folgt man seiner Stimme, die erzählt,<br />
was ihm geschieht - gegenwärtig, distanzlos, unmittelbar.<br />
Dieser Roman über die Schwierigkeit, heute<br />
Vater zu sein, ist Thomas Hettches persönlichstes Buch.<br />
Meisterhaft gelingt es ihm, die Atmosphäre des<br />
winterlichen Sylt mit einem Familiendrama zu<br />
verbinden, in dem es um die eigene Vergangenheit geht,<br />
die persönliche Integrität <strong>und</strong> eine gemeinsame<br />
Zukunft.<br />
02-79 Junge, Ricarda: Die komische Frau. Roman.<br />
Frankfurt a.M. 2010(L), 192 S., geb., 29.60*<br />
Geister oder die Schatten der Vergangenheit? Ein Haus<br />
nahe der Berliner Karl-Marx-Allee, durch das der<br />
Atem der Geschichte weht, eine junge Frau, die mit der<br />
Vergangenheit konfrontiert wird, als ihre Gegenwart<br />
aus den Fugen gerät, <strong>und</strong> ein kleiner Junge, dessen<br />
Phantasien immer realer werden.Lena <strong>und</strong> Leander<br />
ziehen mit ihrem Sohn von Hamburg nach Berlin - in<br />
einen der stalinistischen Prachtbauten nahe der Karl-<br />
Marx-Allee. In diesen Häusern, einst verdienten Kommunisten<br />
vorbehalten, sind auch Jahre nach der Wiedervereinigung<br />
die alten Strukturen <strong>und</strong> Seilschaften<br />
noch lebendig.Belustigt beobachten die Neuzugezogenen<br />
die alten Mieter, die hier seit Jahrzehnten wohnen<br />
<strong>und</strong> wie in alten Zeiten ihr Hausbuch führen. Dann<br />
trennen sich Lena <strong>und</strong> Leander, er zieht aus. Und plötzlich<br />
geschehen merkwürdige Dinge: Hatte Lena die<br />
Fenster nicht geschlossen? Hat sie wirklich vergessen,<br />
die Kerzen zu löschen? Und wen sieht ihr kleiner Sohn,<br />
wenn er immer öfter ängstlich von der „komischen<br />
Frau“ spricht?Eigentlich hatte sie gedacht, dass die<br />
Trennung von Leander eine Erlösung ist, dass sie den<br />
Weg frei macht für ein neues Leben. Plötzlich aber gerät<br />
alles aus dem Lot …<br />
02-80 Jünger, Ernst: Das abenteuerliche Herz. Figuren<br />
<strong>und</strong> Capriccios. (=RUB 18680) Ditzingen<br />
2010(L), 200 S., br., 7.90*<br />
Als Ernst Jünger 1938 "Das abenteuerliche Herz" in<br />
seiner zweiten Fassung veröffentlichte, war er 43 Jahre<br />
alt, dieses Buch markiert die Mitte seines Schriftstellerlebens.<br />
02-81 Jünger, Ernst: Kriegstagebuch 1914-1918.<br />
Stuttgart 2010(L), 660 S., geb., 46.90*<br />
Die Erstveröffentlichung des Kriegstagebuchs - kommentierte<br />
Ausgabe mit Nachwort Mit dieser Ausgabe<br />
sind Ernst Jüngers Tagebücher aus dem Ersten Weltkrieg<br />
erstmals allgemein zugänglich - ein einzigartiges<br />
literarisches <strong>und</strong> zeitgeschichtliches Dokument <strong>und</strong><br />
eine editorische Sensation! Ernst Jüngers Frontbericht<br />
"In Stahlgewittern" ist neben Erich Maria Remarques<br />
Roman "Im Westen nichts Neues" das berühmteste<br />
deutschsprachige Buch über den Ersten Weltkrieg. Die<br />
"Stahlgewitter" sind jedoch kein rein fiktionales Werk,<br />
sondern basieren auf den 15 Tagebuchheften, die Jünger<br />
während des Krieges von der ersten Fahrt an die<br />
Front am Jahreswechsel 1914/15 bis zu seiner letzten<br />
Verw<strong>und</strong>ung im August 1918 kontinuierlich führte. Der<br />
Verlauf vieler Tage wird nur in kurzen Notizen festgehalten,<br />
die Kampfeinsätze in den großen Schlachten<br />
werden hingegen erzählerisch vergegenwärtigt:<br />
Persönliches steht neben Militärischem, Empfindsames<br />
neben Martialischem, Amouröses neben<br />
Barbarischem,Anrührendes neben Abstoßendem. Und<br />
bei alledem lässt sich genauestens mitverfolgen,wie die<br />
Erfahrungen des Krieges von Jünger psychisch<br />
verarbeitet <strong>und</strong> stufenweise literarisiert wurden.
12 <strong>Literatur</strong><br />
02-82 Kehlmann, Daniel: Ruhm. Ein Roman in<br />
neun Geschichten. (=rororo 24926) Reinbek 2010(L),<br />
208 S., br., 14.50*<br />
Ein Schriftsteller mit der unheilvollen Neigung, Menschen,<br />
die ihm nahe stehen, zu <strong>Literatur</strong> zu machen, ein<br />
verwirrter Internetblogger, ein Abteilungsleiter mit<br />
Doppelleben, ein berühmter Schauspieler, der lieber<br />
unbekannt wäre, eine alte Dame auf der Reise in den<br />
Tod: Ihre Wege kreuzen sich in einem Geflecht von Episoden<br />
zwischen Wirklichkeit <strong>und</strong> Schein. Ein Spiegelkabinett<br />
voll unvorhersehbarer Wendungen - komisch,<br />
tiefgründig <strong>und</strong> elegant erzählt.<br />
02-83 Kempowski, Walter: Hamit. Tagebuch<br />
1990. München 12.2010, 432 S., br., 19.70*<br />
Es ist leichter fortzugehen als zurückzukommen. Diese<br />
Erfahrung steht über dem dritten Band des persönlichen<br />
Tagebuchs von Walter Kempowski. Nach »Sirius«<br />
<strong>und</strong> »Alkor«, den Sternenbildern, ist das Jahr 1990,<br />
das Jahr der Wiedervereinigung, für den leidenschaftlichen<br />
Wörtersammler aus Nartum das Jahr, in dem er<br />
sich zum fernsten Stern seines Lebens aufmacht, in die<br />
Heimat - Hamit, wie man im Erzgebirge sagt.<br />
02-84 Köhlmeier, Michael: Madalyn. Roman.<br />
München 2010(L), 176 S., geb., 26.90*<br />
02-85 Kronauer, Brigitte: Die Tricks der Diva.<br />
Die Kleider der Frauen. (=RTb 20212) Ditzingen<br />
2010(L), 250 S., br., 15.90*<br />
Das Buch vereint die beiden Erzählungszyklen "Die<br />
Tricks der Diva" <strong>und</strong> "Die Kleider der Frauen".<br />
02-86 Kronauer, Brigitte: Favoriten. Aufsätze zur<br />
<strong>Literatur</strong>. Stuttgart 2010(L), 200 S., geb., 30.50*<br />
Die vorliegenden Essays sind ein Glücksfall im Werk<br />
von Brigitte Kronauer <strong>und</strong> stammen aus einem Zeitraum<br />
von über dreißig Jahren. Einige davon werden<br />
hier zum ersten Mal publiziert. Darunter sind deutschsprachige<br />
"Favoriten" wie Georg Büchner <strong>und</strong> Robert<br />
Walser, aber auch internationale Lieblingsautoren von<br />
Knut Hamsun bis Joseph Conrad. Brigitte Kronauer<br />
spricht in ihrem neuesten Buch von der Wertschätzung<br />
für ihre literarischen "Favoriten". Sie schmeckt dem<br />
Aroma von deren <strong>Literatur</strong> nach <strong>und</strong> versucht hinter<br />
das Geheimnis ihrer Wirkung zu kommen. Mal schmecken<br />
die Lieblinge süß, mal bitter, am besten beides zugleich.<br />
Dieser Empfindung traut sie unbeirrt, manchmal<br />
bis zu glühender Parteilichkeit. Die Zuneigung<br />
kann sich dabei auf das Gesamtwerk, auf ein einzelnes<br />
Buch oder einen Werkabschnitt beziehen, ohne dass die<br />
menschlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Debakel vergessen<br />
werden. Immer aber sind es verführerische <strong>und</strong><br />
emphatische Aufforderungen zu eigener Lektüre. Die<br />
"Favoriten": Georg Büchner, Joseph Conrad, William<br />
Faulkner, Hubert Fichte, Grimmelshausen, Knut<br />
Hamsun, Helmut Heißenbüttel, Eckhard Henscheid,<br />
Gerard Manley Hopkins, Victor Hugo, Herman<br />
Melville, Eduard Mörike, Hans Erich Nossack, Jean<br />
Paul, Wilhelm Raabe, Marie-Luise Scherer, Adalbert<br />
Stifter, Robert Walser, William Carlos Williams, Ror<br />
Wolf, Virginia Woolf<br />
02-87 Lehr, Thomas: September. Fata Morgana.<br />
Roman. München 2010(L), 480 S., geb., 37.90*<br />
02-88 Lentz, Michael u.a. (Hg.): In diesem Land.<br />
Gedichte aus den Jahren 1990 - 2010. Frankfurt a.M.<br />
2010(L), 640 S., geb., 29.70*<br />
Am 3. Oktober 1990 entstand ein neues Land. Eine<br />
neue Epoche brach an. Seit 20 Jahren leben wir nun in<br />
diesem Deutschland. Und die <strong>Literatur</strong>? In 400 Gedichten<br />
von 100 Lyrikern <strong>und</strong> Lyrikerinnen spüren Michael<br />
Lentz <strong>und</strong> Michael Opitz dieser Gegenwart nach.<br />
Entstanden ist ein facettenreiches Porträt eines jungen<br />
Landes, ein breites Spektrum politischer <strong>und</strong> poetischer<br />
Positionen, ein Dokument der jüngsten Lyrikgeschichte.<br />
02-89 Lewitscharoff, Sibylle: Consummatus. Roman.<br />
(=st 4230) Berlin 11.2010, 240 S., br., 14.80*<br />
Stuttgart, Café Rösler, Samstag, den 3. April 2004 (vormittags)<br />
- ein Mann trinkt. Ralph Zimmermann ist allein<br />
mit sich <strong>und</strong> dem Alkohol. Oder auch nicht. Bei<br />
ihm sind Andy Warhol, Edie Sedgwick, Jim Morrison<br />
<strong>und</strong> nicht zuletzt seine Geliebte Joey. Tot zwar allesamt,<br />
aber doch anwesend genug, um einen Stift zumindest<br />
auf glatter Fläche ein paar Millimeter rollen zu<br />
lassen.<br />
02-90 Maier, Andreas: Das Zimmer. Roman. Berlin<br />
2010(L), 210 S., geb., 27.50*<br />
Mit einem Bein steht er noch im Paradies, dafür hat die<br />
Geburtszange gesorgt. Immer ist er ein Kind geblieben,<br />
<strong>und</strong> wurde doch stets älter, <strong>und</strong> leben mußte er auch irgendwie.<br />
Nun ist er schon dreißig <strong>und</strong> hat seine große<br />
Liebe, einen VW-Variant Typ 3, mit dem fährt er zwischen<br />
den blühenden Rapsfeldern umher. Es ist das<br />
Jahr der ersten Mondlandung, 1969, als man in Frankfurt<br />
am Main noch Treppensteigen geht in den Bordellaltbauten<br />
um den Bahnhof herum."Der begabteste<br />
Schwadroneur unter den jüngeren Autoren." Ulrich<br />
Greiner, Die Zeit<br />
02-91 Maron, Monika: Zwei Brüder. Gedanken<br />
zur Einheit 1989 - 2009. Frankfurt a.M. 2010(L), 208<br />
S., geb., 29.60*<br />
Als Monika Maron 2009 - im Jubiläumsjahr der Mauerfalls<br />
- mit dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet<br />
wurde, musste das als politisches Signal verstanden<br />
werden. Geehrt wurde eine Autorin <strong>und</strong> Intellektuelle,<br />
die die deutsche Wiedervereinigung von Anfang an befürwortet,<br />
kritisch begleitet <strong>und</strong> kommentiert hat. Monika<br />
Maron lässt sich nicht vereinnahmen, sie erhebt<br />
Widerspruch <strong>und</strong> mischt sich ein, ist unbequem, wenn<br />
es sein muss. Der Band ›Zwei Brüder‹ versammelt Monika<br />
Marons Essays <strong>und</strong> Reden zur deutschen Wiedervereinigung<br />
<strong>und</strong> deren Folgen, zur Befindlichkeit des<br />
geeinten Volkes, zu Fragen der gemeinsamen Vergan
<strong>Literatur</strong> 13<br />
genheit <strong>und</strong> Zukunft von Ost <strong>und</strong> West.<br />
02-92 Mingels, Annette: Tontauben. Roman. Köln<br />
2010(L), 200 S., geb., 28.90*<br />
Eine Insel in der Nordsee. Hier leben Anne <strong>und</strong> David<br />
mit zwei Kindern. Eines Nachts kommt ihre vierzehnjährige<br />
Tochter ums Leben. Yola war auf dem Fahrrad<br />
unterwegs, als sie angefahren wurde. Vom Täter gibt es<br />
keine Spur. Die Ehe der Eltern droht an der Trauer zu<br />
zerbrechen, die Mutter flüchtet sich in ein Verhältnis<br />
mit ihrem Psychologen. Zeitgleich findet eine Tagung<br />
auf der Insel statt. Dort lernen Esther <strong>und</strong> Frank sich<br />
kennen, beide sind verheiratet. Aus anfänglicher Skepsis<br />
entwickelt sich eine Affäre. Als es Zeit wäre, heimzufahren,<br />
bleiben sie: hin- <strong>und</strong> hergerissen zwischen<br />
Schuldgefühlen <strong>und</strong> der Faszination für ihre neue Leidenschaft.<br />
An ihrem letzten Abend auf der Insel kommt<br />
es zum Streit.<br />
02-93 Morgenstern, Christian: Carmina lunovilia<br />
/ Das Mondschaf. Lat.-Deut. Übers. v. Peter Wiesmann.<br />
Mannheim 2010(L), 60 S., geb., 6.50*<br />
Ein Lattenzaun, eine Unterhose <strong>und</strong> ein Huhn: Sie alle<br />
sind Teil der grotesken Lyrik Morgensterns. Durch sein<br />
geniales Spiel mit Worten <strong>und</strong> Gedanken macht uns der<br />
Dichter augenzwinkernd auf die Skurrilitäten <strong>und</strong> Unzulänglichkeiten<br />
unserer Sprache aufmerksam. Peter<br />
Wiesmann ist es gelungen, den besonderen Charakter<br />
der Gedichte im Lateinischen zu wahren <strong>und</strong> uns ein<br />
einmaliges Lesevergnügen zu bereiten.<br />
02-94 Mosebach, Martin: Was davor geschah.<br />
Roman. München 2010(L), 336 S., geb., 32.90*<br />
02-95 Müller, Herta: Heute wär ich mir lieber<br />
nicht begegnet. Roman. (=fi 18822) Frankfurt a.M.<br />
2010(L), 240 S., br., 15.90*<br />
»Ich bin bestellt.« Im Rumänien Ceauçescus begibt<br />
sich eine junge Frau auf den Weg zum Verhör durch<br />
den Geheimdienst. Sie hat diese Fahrt mit der Straßenbahn<br />
schon oft machen müssen, doch diesmal hat sie<br />
aus einer Vorahnung heraus Handtuch <strong>und</strong> Zahnbürste<br />
eingepackt. Unterwegs zieht ihr Leben vorüber: die<br />
Kindheit in der Provinz, die halberotische Liebe zum<br />
Vater, die Deportation der Großeltern, das gelegentliche<br />
Glück, das ihr mit Paul gelingt. Doch an diesem<br />
Tag hält die Bahn an der Station, an der sie aussteigen<br />
muss, nicht an. Und sie beschließt zum ersten Mal,<br />
nicht zum Verhör zu gehen.<br />
02-96 Müller, Herta: Reisende auf einem Bein.<br />
München 2010(L), 176 S., geb., 26.90*<br />
02-97 Noll, Ingrid: Ehrenwort. Roman Zürich<br />
2010(L), 336 S., geb., 38.90*<br />
Drei Generationen unter einem Dach: Student Max, die<br />
Buchhändlerin Petra, Ingenieur Harald <strong>und</strong> Willy Knobel,<br />
hochbetagt. Trautes Heim, Glück allein? Zwischen<br />
Maxiwindeln <strong>und</strong> mörderischer Eisenstange spielt diese<br />
bitterböse Kriminalkomödie. Ingrid Noll erzählt von<br />
einer Familie, die das Altern anpackt - auf unkonven<br />
tionelle Art.<br />
02-98 Ortheil, Hanns J.: Agenten. Roman. München<br />
11.2010, 320 S., br., 16.40*<br />
Nach dem Zerfall der politischen Zirkel <strong>und</strong> alternativen<br />
Bewegungen ging es um Geld, Karriere <strong>und</strong> Konsum<br />
<strong>und</strong> damit um die Kultivierung der Ego-Welten.<br />
Kühl, respektlos <strong>und</strong> präzise seziert Ortheils Ich-Erzähler,<br />
der junge Journalist Meynard, die Psycho-Dramen<br />
einer damals beginnenden neuen Epoche.<br />
02-99 Overath, Angelika: Alle Farben des<br />
Schnees. Senter Tagebuch. München 10.2010, 160 S.,<br />
geb., 28.-*<br />
Overath hat sich, zusammen mit ihrem Mann <strong>und</strong> dem<br />
jüngsten Sohn, aufgemacht, aus einem Traum Realität<br />
werden zu lassen. Die Familie ist nach Sent ins Unterengadin<br />
gezogen. Ihr Buch erzählt, wie sich Wahrnehmungen<br />
<strong>und</strong> Lebensweise ändern, wenn das Feriendorf<br />
in den Bergen zum festen Wohnort wird.<br />
02-100 Reitzer, Angelika: Unter uns. St.Pölten<br />
2010(L), 304 S., geb., 36.10*<br />
Am Beginn steht ein Familienfest, das ein Abschiedsfest<br />
ist: Clarissas Eltern steigen aus, auch aus dem Leben<br />
der Kinder. Clarissa <strong>und</strong> all die anderen stehen in der<br />
Mitte des Lebens, aber doch nur irgendwie, ungefähr.<br />
02-101 Remarque, Erich Maria: Das gelobte<br />
Land. Roman. (=KiWi 1189) Köln 11.2010, 448 S., br.,<br />
16.40*<br />
Zum ersten Mal als Taschenbuch: der letzte Roman<br />
Erich Maria Remarques - ein Vermächtnis!Er blieb<br />
Fragment <strong>und</strong> fasziniert dennoch nachhaltig: Der Roman<br />
"Das gelobte Land", an dem Remarque bis zu seinem<br />
Tod im September 1970 arbeitete, bietet ein schillerndes<br />
Bild des New York der Vierzigerjahre, der Weltmetropole,<br />
Kunststadt <strong>und</strong> Emigrantenhochburg.Ludwig<br />
Sommer hat es geschafft: Er ist als deutscher<br />
Flüchtling dem Naziregime entkommen <strong>und</strong> mit jüdischem<br />
Pass auf Umwegen nach New York gelangt. Er<br />
findet Anschluss an die Emigrantenszene <strong>und</strong> Anstellung<br />
bei einem Kunsthändler. Binnen Kurzem steht ihm<br />
das gesellschaftliche Leben der Stadt offen, er bewegt<br />
sich zwischen rauschenden Festen, teuren Restaurants<br />
<strong>und</strong> exklusiven Appartements - <strong>und</strong> doch kann er die<br />
Unbeschwertheit nicht zurückgewinnen. Erinnerungen<br />
an die Flucht suchen ihn heim, an die Monate in einem<br />
Versteck unter einem belgischen Museum <strong>und</strong> die Gefangenschaft<br />
in einem deutschen Konzentrationslager,<br />
wo er Zeuge der Ermordung seines Vaters wurde. Während<br />
er aufgr<strong>und</strong> seines Kunstverstands <strong>und</strong> seines<br />
kaufmännischen Geschicks immer erfolgreicher wird,<br />
quält ihn die Frage, ob ein Leben im Angesicht des<br />
Holocaust moralisch überhaupt vertretbar ist. Die<br />
Nachricht von der Befreiung Paris' weckt Hoffnung auf<br />
eine Rückkehr <strong>und</strong> die Aussicht auf Rache, doch als<br />
kurz darauf Jessie Stein, eine selbstlose Unterstützerin<br />
der Emigranten, schwer erkrankt, entschließt sich
14 <strong>Literatur</strong><br />
Sommer zu bleiben. Und dann eröffnet sich die<br />
Möglichkeit, seiner Geliebten Maria Fiola nach<br />
Hollywood zu folgen.Das Ende bleibt offen, mehrere<br />
Skizzen Remarques sind überliefert, aber das Nachwort<br />
von Tilmann Westphalen liefert Aufschluss über die<br />
Entstehungsgeschichte <strong>und</strong> das mögliche Ende.<br />
02-102 Richter, Hans W.: Die St<strong>und</strong>e der falschen<br />
Triumphe. Berlin 2010(L), 128 S., br., 16.30*<br />
Der letzte Satz dieses anrührenden Buchs lautet: »Wer<br />
soll das alles verstehen?« Erzählt wird eine Dorfgeschichte<br />
aus den dreißiger, vierziger Jahren, die uns<br />
besser verstehen lässt. Zwei junge Männer heißen beide<br />
Willi, der eine ist Friseur, der andere Lehrer. Der<br />
Friseur, der sich als »Mann der Mitte, nach allen Seiten<br />
offen« empfindet, unterliegt den Verlockungen der<br />
Anpassung. Der pazifistische Lehrer wird verhaftet,<br />
kommt wieder frei, verstummt. Zwischen beiden steht<br />
Fritz, der NSDAP- Ortsgruppenleiter, der den Friseur<br />
dazu bringt, in die Partei einzutreten; den Lehrer rettet<br />
seine Frau. 1945 wird der Lehrer als Bürgermeister<br />
eingesetzt <strong>und</strong> entnazifiziert Fritz. Keiner triumphiert.<br />
Alle passen sich wieder an. Wer soll das verstehen?<br />
02-103 Sauer, Beate: Die Schwertkämpferin. Historischer<br />
Roman. Dortm<strong>und</strong> 2010(L), 448 S., br., 19.80*<br />
Mitte des 13. Jhs.: Sizilianische Bauern finden eine<br />
schwer verletzte junge Frau, das Opfer eines Überfalls,<br />
<strong>und</strong> bringen sie in ein nahe gelegenes Kloster. Den<br />
Mönchen gelingt es, die Verw<strong>und</strong>ete zu retten, doch sie<br />
hat keine Erinnerung daran, wer sie ist. Teresa, wie sie<br />
fortan genannt wird, erweist sich als heilk<strong>und</strong>ig <strong>und</strong><br />
steht doch im Bann einer dunklen Macht, von der sie<br />
sich nicht befreien kann. Fast zeitgleich versucht der<br />
kaiserliche Gefolgsmann Alessio, Verschwörern auf die<br />
Spur zu kommen, die den Tod Friedrichs II. planen.<br />
Aber immer wieder gelingt es Alessios Feinden, seine<br />
Nachforschungen zu behindern. Währenddessen geht<br />
der frühere Templer Oliviér widerstrebend einem mysteriösen<br />
Todesfall innerhalb des Ordens nach. Doch als<br />
er entdeckt, dass tatsächlich ein Mord vorliegt <strong>und</strong> jemand<br />
ein intrigantes Spiel treibt, sind seine Jagdinstinkte<br />
erwacht. Weder Alessio noch Oliviér ahnen,<br />
dass der Schlüssel zu all dem jene Frau namens Teresa<br />
ist. Als sie selbst schließlich begreift, wer sie wirklich<br />
ist, scheint der Tod ihr einziger Ausweg<br />
02-104 Schertenleib, Hansjörg: Das Regenorchester.<br />
Roman. Berlin 01.2010, 230 S., br., 14.80*<br />
Irland sollte für einen Schweizer Schriftsteller zu einem<br />
Fluchtpunkt werden, zu dem Ort, an dem seine Frau<br />
<strong>und</strong> er ihre Liebe lebten. Doch nun sitzt er betrogen in<br />
seinem Haus. Da begegnet ihm Niamh, eine sechzigjährige<br />
Irin, die ihn zu sich einlädt, um ihn zum Chronisten<br />
ihres Lebens zu machen. Niamh reißt ihn aus seiner<br />
Trauer <strong>und</strong> führt ihm die W<strong>und</strong>er des alten, untergegangenen<br />
Irland vor Augen. Mit betörend schönen<br />
Worten nimmt sie ihn mit auf die Reise zurück zu ihrer<br />
vielköpfigen Familie, zu ihrer deutschen Fre<strong>und</strong>in, ihrer<br />
traurigen, verlorenen Liebe - <strong>und</strong> sie zeigt ihm eine<br />
andere Seite der Musik, die Musik des Regens, die man<br />
nur in Irland hören kann. Bald wird er zu ihrer Vertrauten<br />
<strong>und</strong> kann sich auf ihr letztes großes Geheimnis<br />
einlassen, das ihm nicht nur alles abverlangt, sondern<br />
ihm auch einen Weg in die Zukunft weist. "Hansjörg<br />
Schertenleib versteht sich aufs Erzählen." SÜDDEUT<br />
SCHE ZEITUNG - "Man überlasst sich gern Schertenleibs<br />
erzählerischem Talent, seiner schnörkellosen wie<br />
poetischen Sprache." BERLINER MORGENPOST<br />
02-105 Schlink, Bernhard: Sommerlügen. Zürich<br />
2010(L), 288 S., geb., 35.90*<br />
Lebensentwürfe, Liebeshoffnungen, Alterseinsichten -<br />
was ist Illusion, <strong>und</strong> was stimmt? Was bleibt, wenn eine<br />
Illusion zerplatzt? Die Flucht in eine andere? Weil das<br />
Leben ohne Lebenslügen nicht zu bewältigen ist? Sieben<br />
irritierend-bewegende Geschichten von Bernhard<br />
Schlink.<br />
02-106 Schmidt, Kathrin: Du stirbst nicht. Roman.<br />
München 12.2010, 362 S., br., 16.40*<br />
Helene Wesendahl weiß nicht, wie ihr geschieht: Sie<br />
findet sich im Krankenhaus wieder, ohne Kontrolle<br />
über ihren Körper, sprachlos, mit Erinnerungslücken.<br />
Ihr Weg zurück ins Leben konfrontiert sie mit einer<br />
fremden Frau, die doch einmal sie selbst war.<br />
02-107 Schott, Ben: Schotts Sammelsurium. Geschenkbuchedition.<br />
Berlin 2010(L), 160 S., br., 12.90*<br />
02-108 Sperber, Manes: Kultur ist Mittel, kein<br />
Zweck. St.Pölten 2010(L), 352 S., geb., 43.90*<br />
Der junge Sperber wollte sich nicht den Dogmen der<br />
KP beugen <strong>und</strong> verfasste 1930 diesen Essay. Bar jeglicher<br />
parteikonformen Engstirnigkeit philosophiert<br />
Sperber über die Phänomene des Kulturbegriffs <strong>und</strong><br />
deren Wirkung auf das Leben.<br />
02-109 Straub, Martina u.a.: Sommer mit Emma.<br />
Roman. (=detebe 24047) Zürich 03.2011, 416 S., br.,<br />
19.90*<br />
Die Ferien auf dem Hausboot sollten ein abwechslungsreiches<br />
Abenteuer werden, <strong>und</strong> das werden sie -<br />
allerdings auf andere Weise, als die Familie es sich<br />
vorgestellt hat ...<br />
02-110 Tellkamp, Uwe: Die Schwebebahn. Dresdner<br />
Erk<strong>und</strong>ungen. Berlin 09.2010, 100 S., geb., 32.80*<br />
Nach dem grandiosen Erfolg seines Beststellers Der<br />
Turm führt Uwe Tellkamp uns erneut in seine Heimatstadt<br />
Dresden. Auf den Stationen dieser Reise erwartet<br />
uns eine Fülle von Geschichten, die sich zu einem einzigartigen<br />
Roman der Stadt zusammenfügen. Wir begegnen<br />
der Klavierlehrerin Adolzaide <strong>und</strong> dem Vorsitzenden<br />
der Quittengesellschaft, hören Gesprächen über<br />
die Frauenkirche, Dresdner Maler <strong>und</strong> Architektur zu,<br />
besuchen den Jungen, dem in einem Johannstädter<br />
Plattenbau eine Tube Schuhcreme zum Gleichnis für<br />
den Traum vom Meer wurde. Dresden ist ein Stück Ita
<strong>Literatur</strong> 15<br />
lien, <strong>und</strong> eine Laufmaschenreparatur ist in Wahrheit<br />
eine Filiale des Amts zur Wiederherstellung der Schönheit.<br />
In der Bunten Republik Neustadt lebt Q., die<br />
Brombeeren <strong>und</strong> die Zahl 19 liebt. Zwergpudel Caligula,<br />
der die Dame mit Hut Gassi führt, gelangt nur bis<br />
zum linken Vorderreifen des Autos vom Koch. Die<br />
Schwebebahn wird zum Bild des Lebens in seiner sinnlichen<br />
Vielfalt, poetisch, humorbegabt. Mit den Aufzeichnungen<br />
eines Rüsselkäfers.<br />
02-111 Thome, Stephan: Grenzgang. (=st 4193)<br />
Berlin 2010(L), 453 S., br., 15.90*<br />
Alle sieben Jahre steht Bergenstadt Kopf: Beim traditionellen<br />
»Grenzgang« werden die Grenzen der Gemeinde<br />
bekräftigt - <strong>und</strong> alle anderen in Frage gestellt.<br />
Auch für Kerstin <strong>und</strong> Thomas, die in der kleinstädtischen<br />
Provinz hängen geblieben sind, nachdem sich<br />
ihre Lebensträume zerschlagen haben.<br />
02-112 Wawerzinek, Peter: Rabenliebe. Eine Erschütterung.<br />
Köln 2010(L), 304 S., geb., 32.90*<br />
Über fünfzig Jahre quälte sich Peter Wawerzinek mit<br />
der Frage, warum seine Mutter ihn als Waise in der<br />
DDR zurückgelassen hatte. Dann fand <strong>und</strong> besuchte er<br />
sie.<br />
02-113 Weinbörner, Udo: Der General des Bey.<br />
Das abenteurliche Leben des Amrumer Schiffsjungen<br />
Hark Olufs. Unkel 2010(L), 288 S., geb., 32.80*<br />
02-114 Wells, Benedict: Spinner. Roman. (=detebe<br />
24054) Zürich 2010(L), 320 S., br., 19.90*<br />
Jesper Lier, 20, weiß nur noch eines: Er muss sein Leben<br />
ändern, <strong>und</strong> zwar radikal. Er erlebt eine turbulente<br />
Woche <strong>und</strong> eine wilde Odyssee durch das neue Berlin.<br />
Ein tragikomischer Roman über die Angst, wirklich die<br />
richtigen Entscheidungen zu treffen.<br />
02-115 Wieland, Christoph M.: Geschichte des<br />
Agathon. (=DKVTb 46) Berlin 2010(L), 1156 S.,, 33.-*<br />
Wielands Agathon steht als Prototyp am Anfang der<br />
Geschichte des modernen Romans <strong>und</strong> war das Vorbild<br />
für viele folgende Werke, darunter für Goethes "Wilhelm<br />
Meister". In diesem Epochenroman, in der fiktionalen<br />
Auseinandersetzung mit der Gesellschaft des antiken<br />
Griechenlands, stellt Wieland die entscheidenden<br />
Fragen zur eigenen Zeit. In deren Mittelpunkt aber<br />
steht das zeitlose Problem, wie sich das Individuum<br />
selbst zu finden vermag zwischen hochfliegendem Ideal<br />
<strong>und</strong> persönlicher Erfahrung.Die Ausgabe bietet die<br />
"Geschichte des Agathon" in ihrer frühesten Gestalt.<br />
Wielands Zugaben, die Vorberichte sowie die Fortsetzung<br />
des Romans ergänzen diesen Text. Der Weg zur<br />
dritten, ganz erheblich überarbeiteten <strong>und</strong> erweiterten<br />
Ausgabe wird genau dokumentiert. Ein umfangreicher<br />
Kommentar erläutert Entstehung, Quellen <strong>und</strong> Wirkung<br />
des Werks <strong>und</strong> erläutert die Vielzahl seiner<br />
philosophischen, literarischen <strong>und</strong> mythologischen<br />
Anspielungen.„Das Werk markiert den Anfang der<br />
Geschichte des neueren deutschsprachigen Romans.<br />
Ergänzt mit allen Zusätzen der späteren<br />
Überarbeitungen bedeutet dies die Wiederentdeckung<br />
des lange Zeit verkannten, ebenso liebenswürdigen wie<br />
geistreich-witzigen vielseitigen Autors.“ Der Landbote<br />
02-116 Willemsen, Roger: Die Enden der Welt.<br />
Frankfurt a.M. 2010(L), 544 S., geb., 34.90*<br />
Auf fünf Erdteilen war Roger Willemsen unterwegs, um<br />
seine ganz persönlichen Enden der Welt zu finden.<br />
Manchmal waren es die großen geographischen: das<br />
Kap von Südafrika, Patagonien, der Himalaja, die Südseeinseln<br />
von Tonga, der Nordpol. Manchmal waren es<br />
aber auch ganz einzigartige, individuelle Endpunkte:<br />
eine Bahnstation in Birma, ein Bett in Minsk, ein Fresko<br />
des Jüngsten Gerichts in Orvieto, eine Behörde im<br />
kriegszerrütteten Kongo. Immer aber geht es in diesen<br />
grandiosen literarischen Reisebildern auch um ein Enden<br />
in anderem Sinn: um ein Ende der Liebe <strong>und</strong> des<br />
Begehrens, der Illusionen, der Ordnung <strong>und</strong> Verständigung.<br />
02-117 Zaimoglu, Feridun: Hinterland. Roman.<br />
(=fi 18774) Frankfurt a.M. 02.2011, 443 S., br., 16.40*<br />
Verträumte <strong>und</strong> Entflammte suchen einander, reisen<br />
von den Metropolen Osteuropas nach Istanbul <strong>und</strong> auf<br />
die Insel Föhr, ihre Gefühle sind in Aufruhr <strong>und</strong> die<br />
Köpfe nicht klar. Geschult an der deutschen Romantik,<br />
befeuert von orientalischen Bilderwelten <strong>und</strong> starken<br />
Gefühlen, entwirft Feridun Zaimoglu einen mitreißenden<br />
märchenhaften Episodenroman mit faszinierenden<br />
Figuren, die sich wie in einem Traumgespinst bewegen.<br />
02-118 Zopfi, Emil (Hg.): Über alle Berge. Geschichten<br />
vom Wandern. Zürich 2010(L), 224 S., geb.,<br />
22.90*<br />
3. Österreichische <strong>Literatur</strong><br />
02-119 Bernhard, Thomas: Goethe schtirbt. Erzählungen.<br />
Berlin 2010(L), 112 S., geb., 23.50*<br />
Bei der Begegnung zwischen Thomas Bernhard <strong>und</strong><br />
Siegfried Unseld in Wien am 17. Januar 1985 herrscht,<br />
wie der Verleger notiert, eine »blendende Stimmung«.<br />
Der Autor ist sich sicher, "Alte Meister" in wenigen<br />
Wochen abschließen zu können - der letzte von Thomas<br />
Bernhard abgeschlossene Roman erscheint tatsächlich<br />
Ende desselben Jahres. Von den Gesprächen hält Unseld<br />
einen Wunsch Bernhards fest: »Dann läge ihm<br />
doch sehr an einem Band ›Goethe schtirbt‹. Er enthielte<br />
die Texte ›Goethe schtirbt‹. - ›Wiedersehen‹. - ›Montaigne‹.<br />
- Und zwei Stücke, die noch keinen Titel haben.«In<br />
"Goethe schtirbt" werden diese Erzählungen<br />
zum ersten Mal, dem Wunsch ihres Verfassers<br />
entsprechend, in einem Band zusammengefügt: Sie<br />
zeigen den ironisch abgeklärten Meister der tragischen<br />
Momente <strong>und</strong> komischen Situationen, der auf der Höhe<br />
seiner Kunst Motive <strong>und</strong> Strukturen seines<br />
Gesamtwerks aufgreift: von den Einsamkeitsexpertisen<br />
in Amras, 1964 publiziert, bis zur Haßliebe gegenüber
16 <strong>Literatur</strong><br />
Österreich im Spätwerk.<br />
02-120 Breznik, Melitta: Nordlicht. Roman. München<br />
11.2010, 254 S., br., 16.40*<br />
Breznik zeichnet die Lebensläufe zweier Frauen nach,<br />
die sich auf den Lofoten begegnen. Die eine ist Ärztin<br />
<strong>und</strong> hat ihre Ehe <strong>und</strong> ihren Beruf in einer psychiatrischen<br />
Klinik hinter sich gelassen. Die andere Frau<br />
wurde während des 2. Weltkriegs als Kind einer Norwegerin<br />
<strong>und</strong> eines deutschen Besatzungssoldaten geboren.<br />
02-121 Gauß, Karl-Markus: Im Wald der Metropolen.<br />
Wien 2010(L), 304 S., br., 32.80*<br />
Karl-Markus Gauß erprobt sich mit seinem neuen Buch<br />
in verschiedenen Genres <strong>und</strong> erfindet dabei ein neues:<br />
"Im Wald der Metropolen" ist eine große Erzählung<br />
über eine Reise, die vom Burg<strong>und</strong> nach Transsilvanien,<br />
von der Kleinstadt in Thüringen auf die Insel in Griechenland<br />
führt, eine Reportage in dreizehn Stationen,<br />
die von den Straßen von Bukarest berichtet, im Niemandsland<br />
an der Grenze zwischen Slowenien <strong>und</strong><br />
Kroatien haltmacht, den Geräuschen von Istanbul <strong>und</strong><br />
der Stille auf einem Militärfriedhof in Italien nachspürt;<br />
es ist eine Kulturgeschichte von Europa, wie wir<br />
sie, so reich an Zusammenhängen <strong>und</strong> ungeahnten Verwandtschaften,<br />
bisher noch nicht gekannt haben.<br />
02-122 Handke, Peter: Immer noch Sturm. Berlin<br />
2010(L), 100 S., br., 24.50*<br />
02-123 Jelinek, Elfriede: Winterreise. Ein Theaterstück.<br />
Reinbek 01.2011, 128 S., geb., 24.70*<br />
Fremd in der Welt <strong>und</strong> fremd dem eigenen Leben gegenüber,<br />
folgt Elfriede Jelinek in ihrem neuen Text den<br />
Spuren des Wanderers aus Franz Schuberts «Winterreise».<br />
Der Weg beginnt im Wahnsinn der unmittelbaren<br />
Gegenwart (Bankenskandale, Entführungsopfer, die<br />
eingekerkert aus der Zeit fallen) <strong>und</strong> führt immer deutlicher<br />
zu Stationen in Jelineks Biographie: die komplizierte<br />
Beziehung zur Mutter, die Einweisung des Vaters<br />
in die Psychiatrie, bis hin zu einer ebenso schonungslosen<br />
wie ironischen Selbstabrechnung Jelineks mit ihrer<br />
Rolle als Autorin, die «das immer gleiche Lied leiert».<br />
Einer musikalischen Engführung gleich, ruft «Winterreise»<br />
in beeindruckender Klarheit <strong>und</strong> fast unheimlicher<br />
Dichte noch einmal all die Themen auf, die Elfriede<br />
Jelinek in den letzten Jahren <strong>und</strong> Jahrzehnten beschäftigt<br />
haben. Entstanden ist dabei eines ihrer persönlichsten<br />
<strong>und</strong> anrührendsten Werke überhaupt. Die<br />
Uraufführung von «Winterreise» ist im Februar 2011<br />
an den Münchner Kammerspielen in der Regie von<br />
Johan Simons.<br />
02-124 Kappacher, Walter: Ein Amateur. Roman.<br />
(=dtv 13965) München 02.2011, 272 S., br., 14.70*<br />
Auf dem Weg zum Schriftsteller. Walter Kappacher<br />
zeichnet mit feiner Ironie <strong>und</strong> sanfter Eindringlichkeit<br />
die Irrungen seines Helden Simon nach. Simon verlässt<br />
den »Keller« einer Motorradwerkstatt in Salzburg, um<br />
sich den Traum einer Ausbildung zum Schauspieler zu<br />
erfüllen. Ein widerspruchsreicher Prozess der Bewusstseinsbildung<br />
in den Fünfzigerjahren beginnt. Auf der<br />
Suche nach sich selbst führen die Wege Simons meist<br />
an die Ränder, zwischen Stadt <strong>und</strong> Peripherie, zwischen<br />
Konformität <strong>und</strong> Individualität – <strong>und</strong> zur <strong>Literatur</strong>,<br />
zu den Büchern, zum eigenen Schreiben.»Einer der<br />
präzisesten Erzähler der österreichischen Gegenwartsliteratur.«<br />
NZZ<br />
02-125 Kappacher, Walter: Rosina. Erzählung.<br />
Wien 2010(L), 128 S., br., 22.90*<br />
Rosina ist jung, sie kommt vom Land, immer schon hat<br />
sie vom aufregenden Leben in der Stadt geträumt. Tatsächlich<br />
schafft sie es, in kurzer Zeit zur rechten Hand<br />
von Herrn Fellner zu werden, dem Chef der kleinen<br />
Firma, bei der sie arbeitet, <strong>und</strong> auch außerhalb der Arbeitszeit<br />
greift Fellner gern auf ihre Dienste zurück.<br />
Doch nach einem Unfall wird der jungen Frau die<br />
schreckliche Enge ihres Daseins bewusst. In "Rosina",<br />
erstmals 1978 erschienen, setzt sich der Büchner-<br />
Preisträger Walter Kappacher mit der Anpassung des<br />
Menschen an scheinbar vorgezeichnete Lebensmuster<br />
auseinander.<br />
02-126 Menasse, Robert: Ich kann jeder sagen. Erzählungen<br />
vom Ende der Nachkriegsordnung. (=st<br />
4205) Berlin 11.2010, 185 S., br., 13.10*<br />
Alles kommt wieder. Sogar die Erinnerungen. Wann<br />
war sie zu Ende, die Nachkriegsordnung? Als die Mauer<br />
fiel? An diesen 9. November 1989 wird sich das junge<br />
Paar, das die Hochzeitsnacht vor dem Fernseher<br />
verbrachte, noch lange erinnern. Es hat in dieser<br />
Nacht deutsche Geschichte erlebt.<br />
02-127 Roth, Joseph: Beichte eines Mörders, erzählt<br />
in einer Nacht. Roman. (=dtv 13967) München<br />
02.2011, 192 S., br., 13.-*<br />
In einem russischen Emigrantenlokal in Paris erzählt<br />
der ehemalige Spitzel Semjon Golubtschik seine Lebensgeschichte,<br />
berichtet von Leidenschaft, Rache <strong>und</strong><br />
Mord. Ein Meisterstück über das Ausgeliefertsein <strong>und</strong><br />
die fatalen Verstrickungen eines Menschen, der sich<br />
nach Liebe sehnt.<br />
02-128 Roth, Joseph: Das Spinnennetz. (=RUB<br />
18684) Ditzingen 2010(L), 160 S., br., 7.30*<br />
"Das Spinnennetz", 1923 in der Wiener "Arbeiter-<br />
Zeitung" erschienen, ist ein unheimlicher Roman: Sein<br />
Thema ist die Formation von Rechtsextremismus <strong>und</strong><br />
Antisemitismus, deren Verbreitung Roth in den Zeitungsbeiträgen<br />
dieser Jahre mit stetig wachsender Beunruhigung<br />
kommentierte.<br />
02-129 Roth, Joseph: Radetzkymarsch. (=RUB<br />
18533) Ditzingen 2010(L), 500 S., br., 13.90*<br />
Der Roman wird in dieser Ausgabe ohne die Entstellungen<br />
der späteren Drucke in seiner ursprünglichen<br />
Gestalt zugänglich. Zusätzlich hilft ein Kommentar,<br />
historische Details <strong>und</strong> Hintergründe genauer zu ver
<strong>Literatur</strong> 17<br />
stehen.<br />
02-130 Schindel, Robert: Dunkelstein. Lesedrama.<br />
Innsbruck 2010(L), 120 S., geb., 27.90*<br />
02-131 Stangl, Thomas: Was kommt. Roman.<br />
München 01.2011, 184 S., br., 14.80*<br />
Zwei junge Menschen in Wien. Emilia lebt im Sommer<br />
1937, also kurz vor dem »Anschluss«, als die Schulst<strong>und</strong>en<br />
noch mit dem gemeinsamen Ruf »Österreich«<br />
beginnen, in der jüdisch geprägten Wiener Leopoldstadt;<br />
Andreas irgendwann Ende der siebziger Jahre,<br />
als Hans Rosenthal noch in die Höhe springt <strong>und</strong> im<br />
Radio »I don’t like Mondays« läuft.<br />
02-132 Streeruwitz, Marlene: Das wird mir alles<br />
nicht passieren ... Wie bleibe ich FeministIn. (=fi<br />
17734) Frankfurt a.M. 2010(L), 144 S., br., 14.50*<br />
In ihren neuen Erzählungen schildert Streeruwitz elf<br />
Schicksale, elf Figuren, die eines gemeinsam haben:<br />
die Entscheidung, sich ihren äußeren Bedingungen unterzuordnen<br />
oder auf einer autonomeren Lebensgestaltung<br />
zu bestehen.<br />
4. Angelsächsische <strong>Literatur</strong><br />
02-133 Atwood, Margaret: Das Jahr der Flut. Berlin<br />
03.2011, 480 S., br., 18.10*<br />
02-134 Boyle, T. C.: Die Frauen. Roman. (=dtv<br />
13927) München 2010(L), 608 S., br., 15.90*<br />
Er ist genial, exzentrisch <strong>und</strong> der berühmteste Architekt<br />
der USA - wenn nicht gar der Welt: Mit der überlebensgroßen<br />
Figur Frank Lloyd Wright porträtiert T.C.<br />
Boyle einen weiteren mythischen Amerikaner. Mitten in<br />
der Prärie hat Wright sich einen Traum verwirklicht:<br />
das Anwesen Taliesin. Hier lebt <strong>und</strong> arbeitet er mit seinen<br />
treuen Schülern <strong>und</strong> seinen geliebten Frauen, die<br />
erbitterte Kämpfe gegen ihre Nebenbuhlerinnen <strong>und</strong><br />
gegen die bigotte US-amerikanische Gesellschaft führen:<br />
die aparte Tänzerin aus Montenegro, die exaltierte<br />
Morphinistin <strong>und</strong> - natürlich - Mrs Wright. Boyles Geschichte<br />
des großartigen Egomanen ist zugleich eine<br />
Kritik an der Prüderie der Amerikaner in der ersten<br />
Hälfte des 20. Jh.<br />
02-135 Buruma, Ian: Die drei Leben der Ri Koran.<br />
Roman. München 2010(L), 400 S., br., 39.90*<br />
02-136 Carey, Peter: Parrot <strong>und</strong> Olivier in Amerika.<br />
Roman. Frankfurt a.M. 2010(L), 288 S., geb.,<br />
37.90*<br />
Parrot <strong>und</strong> Olivier sind zwei Schiffbrüchige des Lebens:<br />
Olivier ist adliger Franzose <strong>und</strong> auf der Flucht<br />
vor der Revolution. Parrot ist der buntscheckige Sohn<br />
eines englischen Kupferstechers <strong>und</strong> Falschmünzers,<br />
ein Stimmenimitator, den es einmal um den Globus<br />
jagt, bis er schließlich Frankreich erreicht. Ein<br />
zwielichtiger, einarmiger Marquis spannt sie<br />
zusammen: Olivier soll die Gefängnisse der neuen<br />
Demokratie von Amerika studieren <strong>und</strong> Parrot ihm als<br />
Kopist, Wächter <strong>und</strong> Spion folgen.Nie hat ein<br />
ungleicheres Paar seine Füße auf die Planken eines<br />
Schiffs gesetzt. Die Reise ins Land der Feuerwaffen<br />
<strong>und</strong> der rauen Sitten wird zu einem komischen<br />
Parforce-Ritt. Peter Careys »erzählerischer Mut, sein<br />
schier unerschöpflicher Einfallsreichtum <strong>und</strong> seine<br />
überbordende Bilderwelt« (The S<strong>und</strong>ay Telegraph)<br />
machen aus dem Abenteuer ein Feuerwerk, an dem<br />
Dickens seine Freude gehabt hätte.<br />
02-137 Coupland, Douglas: Generation A. Roman.<br />
Stuttgart 2010(L), 330 S., geb., 31.90*<br />
02-138 Díaz, Junot: Das kurze w<strong>und</strong>ersame Leben<br />
des Oscar Wao. Roman. (=fi 18862) Frankfurt a.M.<br />
2010(L), 384 S., br., 15.90*<br />
Eine Familie zwischen den Welten <strong>und</strong> zwischen den<br />
Zeiten: Junot Díaz erzählt von dem liebenswürdigen<br />
Nerd Oscar <strong>und</strong> seiner toughen Schwester Lola. Beide<br />
sind in New Jersey groß geworden, aber ihre Wurzeln<br />
liegen in der Karibik. Und dorthin verschlägt es sie immer<br />
wieder, wenn das Leben das mühsam zusammengekratzte<br />
Glück gerade wieder einmal wegwischt. Hier<br />
finden sie im Haus der Großtante Zuflucht - genau wie<br />
ihre Mutter vor vielen Jahren, deren düstere Vergangenheit<br />
auf ihnen lastet wie ein Fluch. Bis Oscar sich<br />
eines Tages aufmacht, den Fluch zu bannen.<br />
02-139 Dickens, Charles: Grosse Erwartungen.<br />
(=RTb 20208) Ditzingen 2010(L), 752 S., br., 19.70*<br />
Das ist die Geschichte des Waisenjungen Pip, der zu<br />
unverhofftem Reichtum kommt <strong>und</strong>, als sein Wohltäter<br />
stirbt, alles wieder verliert.<br />
02-140 Donovan, Gerard: Ein bitterkalter Nachmittag.<br />
Roman. München 2010(L), 300 S., geb., 32.90*<br />
Der Debütroman von Gerard Donovan erzählt von<br />
zwei Männern im Schnee, von Gut <strong>und</strong> Böse, von Kälte<br />
<strong>und</strong> Gewalt. In intensiven Bildern <strong>und</strong> mit unerbittlichem<br />
Tempo dringt diese Geschichte ins Wesen des<br />
Menschen vor<br />
02-141 Erdrich, Louise: Spuren. Roman. (=st<br />
4227) Berlin 02.2011, 300 S., br., 16.40*<br />
Argus, North Dakota zwischen 1912 <strong>und</strong> 1924. Die Pillagers,<br />
Kashpaws, Lazarres, Nachkommen der Chippewa-Indianer,<br />
versuchen zu verteidigen, was ihnen an<br />
Land noch geblieben ist. Zu lange haben sie zugeschaut,<br />
wie die Regierung ihnen den Boden schrittweise<br />
unter den Füßen weggezogen hat. Was übrig bleibt<br />
sind Spielsucht, Alkohol, Heimatlosigkeit <strong>und</strong> Tod.<br />
02-142 Fogel, Vanessa F.: Sag es mir. Frankfurt<br />
a.M. 2010(L), 380 S., geb., 30.50*<br />
02-143 Frame, Janet: Dem neuen Sommer entgegen.<br />
Roman. München 2010(L), 288 S., geb., 30.50*<br />
02-144 Franzen, Jonathan: Freiheit. Roman. Reinbek<br />
2010(L), 720 S., geb., 41.20*<br />
Patty <strong>und</strong> Walter Bergl<strong>und</strong> - Vorzeigeeltern <strong>und</strong> Umweltpioniere,<br />
fast schon ideale Nachbarn in ihrer<br />
selbstrenovierten viktorianischen Villa in St. Paul - geben<br />
plötzlich Rätsel auf: Ihr halbwüchsiger Sohn zieht
18 <strong>Literatur</strong><br />
zur proletenhaften republikanischen Familie nebenan,<br />
Walter lässt sich zum Schutz einer einzigen Vogelart<br />
auf einen zwielichtigen Pakt mit der Kohleindustrie<br />
ein, <strong>und</strong> Patty, Exsportlerin <strong>und</strong> Eins-a-Hausfrau, entpuppt<br />
sich als wahrlich sonderbar. Hat Walters bester<br />
Fre<strong>und</strong>, ein Rockmusiker, damit zu tun? Auf einmal lebt<br />
Patty ihre kühnsten Träume, führt sie ein Leben ohne<br />
Selbstbetrug. In diesem Roman einer Familie, der zugleich<br />
ein großes Epos der letzten dreißig Jahre amerikanischer<br />
Geschichte ist, erzählt Jonathan Franzen von<br />
Freiheit - dem Lebensnerv der westlichen Kulturen -<br />
<strong>und</strong> auch dem Gegenteil von ihr, zeigt er die tragikomischen<br />
Verwerfungen zeitgenössischer Liebe <strong>und</strong> Ehe,<br />
Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Sexualität. «Freiheit» ist ein bedeutsames<br />
Buch über unser Leben in einer immer unübersichtlicher<br />
<strong>und</strong> fragiler werdenden Welt.<br />
02-145 Gaddis, William: JR. Roman. München<br />
2010(L), 1040 S., geb., 48.50*<br />
JR ist ein kleiner elfjähriger Junge, dem ständig die<br />
Schnürsenkel an seinen zerschlissenen Turnschuhen<br />
reißen, der nie ein Taschentuch zur Hand hat <strong>und</strong> von<br />
seiner Mutter vernachlässigt wird. Keiner ahnt, dass er<br />
den Amerikanischen Traum beim Wort nimmt <strong>und</strong> - inspiriert<br />
vom Sozialk<strong>und</strong>eunterricht - vom Schultelefon<br />
aus seine erste Aktie ersteht. Nach <strong>und</strong> nach erwirbt er<br />
Anteile an Bergwerken, Papierfabriken <strong>und</strong> Verlagen,<br />
<strong>und</strong> bald versetzt das Finanzimperium des Schuljungen<br />
selbst die Big Players der Wirtschaftswelt in Erstaunen.<br />
Doch plötzlich bricht die JR Corporation bei einer<br />
Aktienbaisse zusammen, <strong>und</strong> nicht einmal JR kann den<br />
freien Fall ins Nichts am Ende verhindern.<br />
02-146 Greenberg, Michael: Der Tag, an dem meine<br />
Tochter verrückt wurde. Eine wahre Geschichte.<br />
(=dtv 34633) München 02.2011, 288 S., br., 16.30*<br />
Michael Greenberg ist Schriftsteller <strong>und</strong> führt ein mehr<br />
oder weniger geordnetes Leben in New York. Doch<br />
dann wird seine Tochter krank - <strong>und</strong> alles ändert sich.<br />
02-147 Horn, Dara: Vor allen Nächten. Berlin<br />
01.2011, 480 S., br., 16.40*<br />
02-148 Hornby, Juliet: Juliet, Naked. Roman.<br />
(=KiWi 1172) Köln 2010(L), 368 S., br., 14.50*<br />
"'Juliet, Naked' ist so gut, so lustig <strong>und</strong> so schräg wie<br />
seine Vorgänger 'High Fidelity' oder 'About a Boy'."<br />
Brigitte.Nick Hornby tut das, was er am besten kann:<br />
Er schreibt über Musik <strong>und</strong> die Liebe <strong>und</strong> die Überraschungen,<br />
die das Leben für alle bereithält. Tucker<br />
Crowe, ehemaliger Rockstar <strong>und</strong> Ikone einer kleinen<br />
Schar glühender Anhänger, lebt zurückgezogen in einer<br />
amerikanischen Kleinstadt. Seinetwegen stellt Annie im<br />
weit entfernten England ihre Beziehung zu Duncan in<br />
Frage ...Tucker Crowe, der 1986 kurz vor einem Gig<br />
spurlos verschwand, kann kaum glauben, was er im<br />
Internet alles über sich lesen muss. Dort tauschen seine<br />
glühendsten Fans Informationen aus, nachdem sie alle<br />
Stätten seines Schaffens besucht haben, sie lesen seine<br />
Songtexte rückwärts <strong>und</strong> tun noch manch andere<br />
merkwürdige Dinge, um Hinweise auf seine Person <strong>und</strong><br />
seinen Aufenthaltsort zu erhalten. Zu dieser leicht<br />
-verblendeten Community gehört auch Duncan, der mit<br />
seiner Fre<strong>und</strong>in Annie an der englischen Ostküste lebt.<br />
Annie hat sich nach 15 Jahren einigermaßen an seinen<br />
Spleen gewöhnt <strong>und</strong> lässt ihn gewähren, doch als dann<br />
plötzlich, welch eine Sensation!, ein neues Album von<br />
Crowe auf den Markt kommt, stellt sie eigenständig<br />
eine Kritik des neuen Albums ins Netz. Duncan ist<br />
entsetzt. Für ihn ist das der Beweis, wie ignorant Annie<br />
ist. Tucker Crowe himself wiederum fühlt sich zum<br />
ersten Mal verstanden, <strong>und</strong> er nimmt Kontakt zu Annie<br />
auf ...Von der englischen Ostküste nach Amerika <strong>und</strong><br />
wieder zurück führt diese Geschichte, in der zwei<br />
einsame Menschen ihr altes Leben satthaben <strong>und</strong> vor<br />
einem Neuanfang stehen.<br />
02-149 James, Henry: Die Drehung der Schraube.<br />
Novelle. Zürich 2010(L), 320 S., geb., 33.90*<br />
Zwei engelsgleiche Zöglinge, ein reizendes Landhaus<br />
für eine junge Lehrerin erweist sich gleich die erste Anstellung<br />
als glückliche Wahl. Doch die Idylle entpuppt<br />
sich rasch als brüchig. Mysteriöse Ereignisse trüben<br />
die Unbeschwertheit <strong>und</strong> wecken den Zweifel der Frau.<br />
Wissen die Kinder mehr, als sie verraten? Warum verweigert<br />
ihr Dienstherr, der charmante Onkel der Zöglinge,<br />
jede Hilfe? Ist sie selbst am Ende keine verlässliche<br />
Zeugin des Geschehens?<br />
02-150 Jones, Sadie: Kleine Kriege. Frankfurt a.M.<br />
2010(L), 448 S., geb., 37.90*<br />
Nach ihrem Roman "Der Außenseiter" beweist Sadie<br />
Jones mit diesem emotional dichten Porträt einer Ehe<br />
erneut ihre Begabung. Es ist die leidenschaftliche Beschreibung<br />
eines "kleinen Krieges" mit seinen weitreichenden<br />
Konsequenzen.<br />
02-151 Kerouac, Jack: On the Road. Die Urfassung.<br />
Reinbek 2010(L), 576 S., geb., 37.90*<br />
Jack Kerouacs epochemachender Roman «On the<br />
Road» (deutsch:«Unterwegs») über eine Schar junger<br />
Menschen, die auf der Suche nach Wahrheit, der Liebe<br />
<strong>und</strong> dem glückseligen Leben quer durch die USA reisen,<br />
hat weltweit Generationen junger Leute inspiriert.<br />
Er gehört zu den seltenen Büchern des 20. Jh., die<br />
nicht nur einen völlig neuen Ton anschlugen, sondern<br />
vom Geist einer neuen Zeit kündeten: Nahezu im Alleingang<br />
schuf «Unterwegs» mit den Beats eine der<br />
ersten großen amerikanischen Jugendbewegungen.<br />
Kerouac tippte das Manuskript in drei schlaflosen Wochen<br />
mit Hilfe von viel Kaffee <strong>und</strong> Benzedrin auf eine<br />
vierzig Meter lange Papierrolle. Beim Verlag wurde es<br />
später stark überarbeitet, eingekürzt <strong>und</strong> anonymisiert.<br />
Die Urfassung ist ein einziger, von Jazz <strong>und</strong> Marihuana<br />
inspirierter Energiestoß. Die Sprachmusik darin ist roher<br />
als in der späteren Bearbeitung, der Sex expliziter,<br />
die Figuren (u. a. Allen Ginsberg, William Burroughs
<strong>Literatur</strong> 19<br />
<strong>und</strong> der heimliche Held des Romans, der geniale Autodieb<br />
<strong>und</strong> Lebenskünstler Neal Cassidy) erscheinen mit<br />
Klarnamen. Hier liegt diese Fassung zum ersten Mal<br />
auf Deutsch vor. The beat goes on, <strong>und</strong> der wilde<br />
Rausch, den er erzeugt, verfehlt auch nach 50 Jahren<br />
nicht seine Wirkung. Dieses Buch war <strong>und</strong> ist ein «literarisches<br />
Ereignis» (FAZ).<br />
02-152 Lewisohn, Ludwig: Der Fall Crump. Zürich<br />
2010(L), 350 S., geb., 37.90*<br />
Ein Meister der Darstellung des Lebens zu zweit ist<br />
hier am Werk. Wenig liegt ihm am Banalen, auch wenn<br />
das Banale unter seiner Feder zur Hölle wird. Die Liebe<br />
verkehrt sich zu einem Käfig, dessen Enge die Kräfte<br />
in äußersten Hass umschlagen lassen. New York. Es<br />
treffen aufeinander: ein Mann <strong>und</strong> eine Frau. Er ein<br />
junger Komponist, sie eine Veteranin des Lebens. Sie<br />
träumen von Liebe. Jeder auf seine Art, verborgen dem<br />
andern. Ihre Heirat erfolgt, weil das Leben es so will.<br />
Dann beginnt das Crescendo der gegenseitigen Verachtung,<br />
Erniedrigung, Zermalmung,. Eine Schlacht der<br />
Emotionen, mit blank gelegten Neven, perfide, gewaltig,<br />
ausweglos. Der finale Mord: ein Monument der<br />
Selbstbehauptung.»Zugleich aber ist es auf Schritt <strong>und</strong><br />
Tritt mehr <strong>und</strong> weniger als ein Roman, nämlich Leben,<br />
krasse <strong>und</strong> ungeträumte Wirklichkeit, <strong>und</strong> sein künstlerisches<br />
Schweigen ist an mehr als einer Stelle von der<br />
Art, dass es einem Schrei verzweifelt ähnlich ist.« Aus<br />
dem Vorwort von Thomas Mann<br />
02-153 Martel, Yann: Ein Hemd des 20. Jh. Roman.<br />
Frankfurt a.M. 2010(L), 224 S., geb., 31.30*<br />
Henry T., ein ehemals erfolgreicher Schriftsteller, bekommt<br />
eines Tages einen Brief von einem Leser, der ihn<br />
sehr neugierig macht. Die Suche nach jenem führt<br />
Henry zur Tierpräparation »Okapi« <strong>und</strong> ihrem Besitzer.<br />
Der zeigt ihm Szenen eines ungewöhnlichen Theaterstückes,<br />
das er gerade schreibt. Es handelt vom<br />
»Schrecken«. Doch was ist der »Schrecken«, was geschieht<br />
da, <strong>und</strong> wie können wir Erlebnisse benennen,<br />
die sich in ihrer Grausamkeit jeglicher Sprache entziehen?<br />
Yann Martel hat ein literarisches Zauberspiel<br />
über die Barbarei der Diktatur geschrieben. Anwendbar<br />
für jeglichen fürchterlichen, alles Menschliche unterdrückenden<br />
Faschismus, zu jeder Zeit <strong>und</strong> an jedem<br />
Ort. Ein poetisches wie grauenerregendes Plädoyer für<br />
Menschenwürde <strong>und</strong> Toleranz.<br />
02-154 McDonell, Nick: Ein hoher Preis. Berlin<br />
08.2010, , geb., 36.30*<br />
02-155 McEwan, Ian: Solar. Zürich 2010(L), 368<br />
S., geb., 38.90*<br />
Michael Beard ist Physiker - <strong>und</strong> Frauenheld. Er hat<br />
den Nobelpreis erhalten, doch ist er alles andere als<br />
nobel: Im Beruf ruht er sich auf seinen Lorbeeren aus,<br />
privat hält es ihn auf Dauer bei keiner Frau. Bis die<br />
geniale Idee eines Rivalen für Zündstoff in seinem Leben<br />
sorgt. In ›Solar‹ geht es nicht nur<br />
um Sonnen-, sondern auch um kriminelle Energie.<br />
02-156 Melville, Herman: Billy Budd. Die grossen<br />
Erzählungen. München 03.2011, 576 S., br., 19.70*<br />
Melvilles große Erzählungen in einem Band geeint.<br />
02-157 O'Flynn, Catherine: Der vierte Versuch.<br />
Roman. Zürich 01.2011, 256 S., geb., 32.80*<br />
O'Flynn erzählt von der Größe des Lebens, das die<br />
einen so verzweifelt umarmen wie es die anderen fliehen.<br />
02-158 Parkes, Nii: Die Spur des Bienenfressers.<br />
(=metro ) Zürich 2010(L), 244 S., br., 29.90*<br />
02-159 Porter, Katherine A.: Das Narrenschiff.<br />
Roman. Zürich Neuausg. 2010(L), 500 S., geb., 44.90*<br />
Im Sommer 1931 tummelt sich im Hafen von Veracruz<br />
eine bunt zusammengewürfelte Reisegesellschaft, um<br />
sich nach Bremerhaven einzuschiffen. Kaum ist der Anker<br />
gelichtet, wird die "Vera" zu einem Sudkessel<br />
menschlichen Narrentums: Ein US-Amerikaner macht<br />
sich als alternder Playboy lächerlich, ein deutscher<br />
Verleger rühmt sich lauthals seiner Rasse, eine drogenabhängige<br />
Señorita betört den herzkranken Schiffsarzt.<br />
Moralische Verkommenheit, Stumpfsinn <strong>und</strong> Niedertracht,<br />
wohin man blickt. Die Tollheiten münden in ein<br />
groteskes Maskenfest, derweil auf dem Zwischendeck<br />
spanische Arbeiter in Schmutz <strong>und</strong> Elend dahinvegetieren.<br />
02-160 Power, Kevin: Die letzte Nacht des Sommers.<br />
Roman. (=KiWi 1175) Köln 2010(L), 304 S., br.,<br />
14.50*<br />
Alle kennen die Mörder. Keiner ihr Motiv. Auch sie<br />
selbst nicht.Stephen, Barry <strong>und</strong> Richard sind mit Conor<br />
zur Schule gegangen, jetzt besuchen sie das College,<br />
sie spielen Rugby <strong>und</strong> gehen zusammen aus. Bis sie ihn<br />
töten.In der Nacht des 31. August verlassen die vier<br />
einen Club in Dublin. Plötzlich erhält Conor einen<br />
Tritt. Dann noch einen. Er fällt zu Boden <strong>und</strong> wird weiter<br />
getreten. Um die Schläger stehen junge Männer <strong>und</strong><br />
Frauen, entsetzt von dem nur sek<strong>und</strong>enlangen Spektakel<br />
<strong>und</strong> fasziniert. Dann ist er tot.So beginnt Kevin Powers<br />
Roman, der mit allen Regeln des Spannungsromans<br />
bricht. Gleich am Anfang erfährt der Leser, wer<br />
das Opfer ist, wer die Täter, wie der Prozess endet <strong>und</strong><br />
wie die Urteile lauten. Die Frage, die die Handlung<br />
unerbittlich vorantreibt, ist die nach dem Warum. Der<br />
Erzähler erforscht die Ereignisse der Nacht <strong>und</strong> geht<br />
von da aus weiter, er schildert das Leben der vier jungen<br />
Männer, ihrer Fre<strong>und</strong>innen, ihrer Eltern. Er gräbt<br />
in der Vergangenheit, begegnet Fre<strong>und</strong>en, Lehrern,<br />
Priestern, Rugbytrainern. Dabei nähert er sich der<br />
Nacht aus immer neuen Perspektiven <strong>und</strong> lässt eine<br />
unerhörte psychologische Spannung entstehen.<br />
Inspiriert von einer wahren Geschichte, hat "Die letzte<br />
Nacht des Sommers" bei seinem Erscheinen in Irland<br />
sofort für erheblichen Wirbel gesorgt. Der Debütroman<br />
von Kevin Power fragt in einer ungewöhnlichen Weise
20 <strong>Literatur</strong><br />
nach dem, was Menschen antreibt <strong>und</strong> was sie niemals<br />
aussprechen würden. Das Buch ist eine beunruhigende<br />
Suche nach Wahrheit, die den Leser an das Innerste<br />
seines Selbst führen wird.<br />
02-161 Powers, Richard: Das Buch Ich # 9. Eine<br />
Reportage. Frankfurt a.M. 2010(L), 80 S., geb., 18.90*<br />
Wir schauen in unsere Gene wie in die Kristallkugel<br />
der Wahrheit. Alles glauben wir dort zu erkennen. Aber<br />
wir zahlen einen Preis. Die Angst vor einer angeborenen<br />
Neigung zu Depression oder Alzheimer würde unser<br />
Leben vergiften. Keine Zukunft, die wir in den Genen<br />
lesen, kann dies wettmachen.Richard Powers arbeitete<br />
an seinem Roman über das »Glücks-Gen«, als<br />
er die Chance erhielt, der neunte Mensch auf der Erde<br />
zu werden, dessen Genom vollständig entschlüsselt<br />
wird. Er zögerte lange, aber die Neugier siegte. Powers<br />
flog nach Boston, traf die Forscher <strong>und</strong> Macher<br />
der neuen Industrie, lernte den komplizierten Prozess<br />
der Entschlüsselung kennen. Schließlich hielt er einen<br />
USB-Stick in Händen mit der Wahrheit. Näher kam<br />
noch nie ein Schriftsteller dieser Welt, <strong>und</strong> genauer<br />
konnte uns noch nie jemand davon erzählen, wie wir in<br />
Zukunft mit unseren Genen leben.<br />
02-162 Powers, Richard: Das größere Glück. Roman.<br />
(=fi 18092) Frankfurt a.M. 02.2011, 416 S., br.,<br />
16.40*<br />
Eine junge Frau in Chicago, die vor Glück nur so<br />
strahlt. Sie lebt völlig ohne Zorn, alle Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bekannte<br />
kreisen nur um sie. Doch sie stammt aus Algerien,<br />
einem Hexenkessel aus Gewalt <strong>und</strong> Gegengewalt,<br />
dem sie nur knapp entging. Kennt sie das Geheimnis<br />
des Glücks, besitzt sie gar das »Glücks-Gen«? Laboratorien<br />
<strong>und</strong> Fernsehshows reißen sich um sie, ein Karussell,<br />
das sich immer schneller dreht, bis sie alles zu<br />
verlieren droht.Meisterhaft ist Richard Powers ein<br />
großer Roman gelungen über die Frage, was unser Leben<br />
bestimmt - die Sterne, die Eltern, oder liegt alles in<br />
den Genen? Mit einer zärtlichen Liebesgeschichte<br />
sucht er die Antwort: Greift die Zukunft nach uns oder<br />
wir nach der Zukunft?<br />
02-163 Pynchon, Thomas: Natürliche Mängel. Roman.<br />
Reinbek 2010(L), 512 S., geb., 37.90*<br />
1970: Der junge Hippie-Detektiv Larry «Doc» Sportello<br />
betreibt in LA ein Büro mit dem zweideutigen Kürzel<br />
LSD (Location, Surveillance, Detection). Er bekommt<br />
den Auftrag, beim Bodyguard eines Immobilienhais<br />
Schulden zu kassieren. Als Doc aus einem in grellem<br />
Neon-Pop gehaltenen Marihuanarausch aufwacht,<br />
kreist allerdings das Gesicht von Lieutenant Bigfoot<br />
Bjornsen über ihm; die blutüberströmte Leiche des<br />
Bodyguards daneben sieht aus wie ein frisch<br />
geschlachteter Truthahn. Der Immobilienhai selbst ist<br />
entführt worden, <strong>und</strong> Bigfoot, der Leuten gern seine<br />
Stacheldrahtsammlung zeigt, mag keine Hippies<br />
… Es folgen (nebst sprachlichem Feuerwerk <strong>und</strong><br />
albernen Liedchen) Sensationen aller Art: irre Surfer,<br />
ein hauptsächlich auf Donald Duck spezialisierter<br />
Anwalt, ein Verbrechersyndikat, das vielleicht aus<br />
Zahnärzten besteht, weitere Bösewichte wie Charles<br />
Manson <strong>und</strong> Richard Nixon <strong>und</strong>, nicht zuletzt, das<br />
verlorene Paradies Kalifornien. Der Roman ist<br />
nostalgisch, Marihuanaduft <strong>und</strong> Rockmusik wabern<br />
über die Seiten, die Pforten der Wahrnehmung stehen<br />
weit offen, <strong>und</strong> der militärisch-industrielle Komplex<br />
kriegt genauso sein Fett ab wie der Kapitalismus <strong>und</strong><br />
die große Politik. Doc Sportello ist Philip Marlowe in<br />
Bell Bottom Jeans - ein existenzialistischer<br />
Wahrheitssucher am Ende des Sommers der Liebe.<br />
02-164 Roth, Philip: Goodbye, Columbus. Ein<br />
Kurzroman <strong>und</strong> fünf Stories. München 2010(L), 320 S.,<br />
br., 32.90*<br />
02-165 Russo, Richard: Diese alte Sehnsucht. Roman.<br />
Köln 2010(L), 352 S., geb., 30.50*<br />
Jack Griffin wollte niemals werden wie seine Eltern.<br />
Seit dreißig Jahren ist er verheiratet, hat eine wohlgeratene<br />
Tochter <strong>und</strong> wurde nach seiner Karriere als<br />
Hollywood-Drehbuchautor Professor an einem kleinen<br />
College im Nordosten. Doch nun ist er Mitte fünfzig<br />
<strong>und</strong> erkennt, dass ihn die Lebensmuster seiner w<strong>und</strong>erbar<br />
scheußlichen Eltern längst eingeholt haben.<br />
02-166 Smith, Zadie: Zähne zeigen. Roman.<br />
(=KiWi 1171) Köln 2010(L), 656 S., br., 19.90*<br />
Zadie Smiths preisgekrönter Bestseller - jetzt erstmalig<br />
als KiWi-Paperback.Als Zadie Smiths Debütroman<br />
2000 erschien, wurde er als literarische Sensation gefeiert,<br />
mit zahlreichen <strong>Literatur</strong>preisen ausgezeichnet,<br />
<strong>und</strong> er stand wochenlang auf den Bestsellerlisten. Mittlerweile<br />
gilt das Buch als Klassiker der englischsprachigen<br />
Gegenwartsliteratur <strong>und</strong> liest sich heute, zehn<br />
Jahre nach seinem Erscheinen, immer noch genauso<br />
frisch wie damals. Jetzt ist der Roman endlich wieder<br />
lieferbar.Im Zweiten Weltkrieg verpassen die Soldaten<br />
Archie Jones <strong>und</strong> Samad Iqbal ihre große Chance auf<br />
eine Heldentat - den einzigen Nazi, dem sie begegnen,<br />
lassen sie laufen. Dreißig Jahre später kämpfen beide<br />
in London mit zerplatzten Träumen, jüngeren Ehefrauen,<br />
widerspenstigen Kindern <strong>und</strong> den großen Themen<br />
ihres Lebens: Herkunft, Religion, Hautfarbe <strong>und</strong> Geschichte.<br />
02-167 St. Aubyn, Edward: Ausweg. Roman. Köln<br />
2010(L), 228 S., geb., 28.90*<br />
Wie verbringt man seine verbleibende Zeit, wenn einem<br />
das Ende vor Augen steht? Mit dieser Frage sieht sich<br />
der erfolgreiche Drehbuchautor Charlie konfrontiert,<br />
als er erfährt, dass er nur noch sechs Monate zu leben<br />
hat. Er beschließt, sich in einem südfranzösischen Casino<br />
seiner gesamten Barschaft zu entledigen <strong>und</strong> ein<br />
Buch zu schreiben - ausgerechnet über Bewusstsein<br />
<strong>und</strong> Tod. Im Casino trifft er die spielsüchtige Angélique,<br />
die ihm fortan als Muse dienen soll.
<strong>Literatur</strong> 21<br />
02-168 Stevenson, Robert L.: Der Strand von Falesá.<br />
Novelle, nach dem ungekürzten Originalmanuskript<br />
übersetzt <strong>und</strong> herausgegeben. Salzburg 2010(L),<br />
120 S., geb., 31.30*<br />
02-169 Stevenson, Robert Louis: Der Master von<br />
Ballantrae. Hamburg 08.2010, 336 S., geb., 49.30*<br />
02-170 Taylor, Glenn: Die Ballade von Trenchmouth<br />
Taggart. Roman. Zürich 2010(L), 304 S., br.,<br />
29.90*<br />
Im Alter von einh<strong>und</strong>ertacht Jahren erzählt Taggart<br />
seine mitreißende, lebenspralle Geschichte: Es ist die<br />
eines Außenseiters in West Virginia, USA, einer Art<br />
Forrest Gump des Hinterlands, dessen Leben das ganze<br />
20. Jh. durchmisst. Ein Antiheld <strong>und</strong> Abenteurer, der<br />
Glanz <strong>und</strong> Schatten des amerikanischen Traums verkörpert,<br />
voller Derbheit, Witz <strong>und</strong> Melancholie. Dazu<br />
eine Landschaft wie die Brokeback Mountains <strong>und</strong> eine<br />
Rockabilly-Blues-Stimmung wie von Johnny Cash. Dieser<br />
deftige Debütroman ist eine unvergessliche Reise<br />
durch das Herzland der echten Pioniere.<br />
02-171 Tennenbaum, Silvia: Rachel, die Frau des<br />
Rabbis. Berlin 2010(L), 470 S., geb., 38.-*<br />
Rachel ist Ende 30, Mutter eines 16-jährigen Sohnes<br />
<strong>und</strong> seit 20 Jahren mit dem Vorstadtrabbiner Seymour<br />
Sonnshine verheiratet. Sie liebt Baseball, kleidet sich<br />
auffällig <strong>und</strong> hält ihre unorthodoxen Ansichten keinesfalls<br />
geheim. Statt sich den langweiligen Aufgaben einer<br />
Rabbinersfrau zu widmen, verbringt sie ihre Zeit in<br />
ihrem Atelier <strong>und</strong> strebt danach, ihre abgebrochene<br />
Karriere als Künstlerin fortzusetzen. Was für ihren<br />
Mann kein Problem ist, passt jedoch nicht in das Bild<br />
der Vorstädter von einer ordentlichen Rebbezin. Intrigen<br />
<strong>und</strong> Querelen in der Gemeinde <strong>und</strong> andere Krisen<br />
bringen das Leben der Sonnshines durcheinander:<br />
Während Rachel ihrem Leben in New York nachtrauert<br />
<strong>und</strong> immer häufiger an eine vergangene Liebe denkt,<br />
beginnt ihr Mann eine Affäre mit der attraktiven Natalie<br />
Gould ... Silvia Tennenbaum war 35 Jahre lang die<br />
Frau eines Rabbiners. In ihrem autobiografisch gefärbten<br />
Roman gibt sie auf witzige <strong>und</strong> ironische Weise<br />
Einblicke in das Leben einer Rabbinersfrau <strong>und</strong> porträtiert<br />
eine jüdische Gemeinde in den amerikanischen<br />
Suburbs.<br />
02-172 Tóibín, Colm: Brooklyn. Roman. München<br />
2010(L), 304 S., geb., 32.90*<br />
02-173 Tóibín, Colm: Mütter <strong>und</strong> Söhne. Erzählungen.<br />
(=dtv 13928) München 2010(L), 288 S., br.,<br />
15.90*<br />
Tóibíns Söhne sind Diebe, Priester, Bauern, die Mütter<br />
Folksängerinnen, Alkoholikerinnen oder Geschäftsfrauen<br />
- sie sind tot oder nicht da, aber sie unterhalten<br />
hochkomplizierte Beziehungen zueinander. Familiengeschichten,<br />
die von Leere <strong>und</strong> Verlust handeln. Großartig<br />
erf<strong>und</strong>en, w<strong>und</strong>erbar geschrieben. Wie ein Schleier<br />
legt sich das Erzählen um das Erzählte, durch die<br />
Sprache hindurch blicken wir auf die Figuren, ihr Umfeld<br />
<strong>und</strong> ihre Handlungen. Tóibín erzählt von dem, was<br />
nicht da ist, <strong>und</strong> stellt sich vor, was da, wo nichts ist,<br />
geschehen könnte.<br />
02-174 Vonnegut, Kurt: Ein dreifach Hoch auf die<br />
Milchstrasse! Erzählungen. Zürich 2010(L), 160 S.,<br />
geb., 28.90*<br />
In diesen 14 erstmals auf Deutsch erscheinenden Geschichten<br />
erweckt Kurt Vonnegut Mörder, Wahnsinnige<br />
<strong>und</strong> Außenseiter gekonnt <strong>und</strong> auf skurrile Weise zum<br />
Leben. Übersetzt von Harry RowohltMit seinen fantastischen<br />
Erzählungen lädt einer der größten Schriftsteller<br />
seiner Zeit in eine w<strong>und</strong>erliche Welt ein <strong>und</strong> schafft<br />
Charaktere, die der Leser so schnell nicht vergessen<br />
wird: Diesmal begleitet Vonnegut einen Laborassistenten,<br />
der die Welt verändern will <strong>und</strong> ein Gerät erfindet,<br />
das einem persönliche Ratschläge ins Ohr flüstert - zu<br />
persönliche, wie sich herausstellt; einen gelangweilten<br />
Angestellten, der in seinem staubigen Büro zu seinem<br />
Lebensmut zurückfindet; die junge Selma, die den IQ<br />
mit dem Körpergewicht verwechselt <strong>und</strong> die ganze<br />
Schule durcheinanderbringt; einen mysteriösen Hypnotiseur,<br />
der Rumpelstilzchen heißt; einen Mann, der ein<br />
Raumschiff findet <strong>und</strong> Außerirdische bewirtet; Ameisen,<br />
die lesen <strong>und</strong> schreiben können, <strong>und</strong> Wahnsinnige,<br />
die auf Kommando morden.Vonneguts verschrobener,<br />
ironischer <strong>und</strong> witziger Ton ist unverwechselbar <strong>und</strong><br />
jede Erzählung in ihrer Perfektion von der ersten Zeile<br />
an fesselnd.<br />
02-175 Wallace, David Foster: Am Beispiel des<br />
Hummers. (=KiWi 1183) Köln 11.2010, 64 S., br.,<br />
11.50*<br />
"Es bleibt die Tatsache, dass sich der Hummer verzweifelt<br />
wehrt ..."Jedes Jahr findet im amerikanischen B<strong>und</strong>esstaat<br />
Maine das Maine Lobster Festival statt, bei<br />
dem innerhalb von vier Tagen mehr als 9.000 kg frischer<br />
Hummer verspeist werden, gekocht im größten<br />
Topf der Welt. David Foster Wallace besuchte 2003<br />
dieses Festival, um im Auftrag der Feinschmeckerzeitschrift<br />
Gourmet eine Reportage zu schreiben. Wie<br />
schon bei "Schrecklich amüsant", der Beschreibung einer<br />
Kreuzfahrt, sind seine Beobachtungen so überraschend<br />
wie scharfsinnig.Die Wahl der Maine Seegöttin,<br />
ein Kochwettbewerb, ein Captain Blackbeard, der die<br />
Gäste am Strand erschreckt, eine große Parade <strong>und</strong><br />
viele kleine Attraktionen für die Kinder - das ist das<br />
Rahmenprogramm, das um das große Fresszelt in<br />
Rockland, einem kleinen Ort in Maine, Anfang August<br />
geboten wird. Das Wichtigste aber: Hier gibt es<br />
Hummer satt, der im größten Hummerkochtopf der<br />
Welt vor den Augen der hungrigen Besucher seinem<br />
Siedepunkt entgegenkocht. David Foster Wallace geht<br />
dem Unbehagen beim Anblick der kochenden <strong>und</strong><br />
vielleicht leidenden Hummer nach <strong>und</strong> stellt die Frage,<br />
ob der Hummer, der ganz offensichtlich versucht, dem
22 <strong>Literatur</strong><br />
heißen Wasser zu entkommen, nicht doch Schmerz<br />
empfindet, allen Beteuerungen der<br />
Festivalorganisatoren zum Trotz.<br />
02-176 Wallace, David Foster: Unendlicher Spaß.<br />
(=rororo 24957) Reinbek 02.2011, 1552 S., br., 29.70*<br />
Irgendwann in naher Zukunft machen sich die Insassen<br />
des Entziehungsheims Ennet-House <strong>und</strong> Studenten der<br />
Enfield Tennis Academy auf die Suche nach einer Kopie<br />
von «Unendlicher Spaß», einem Film, der angeblich<br />
so unterhaltsam ist, dass der berauschte Zuschauer<br />
am Ende verhungert <strong>und</strong> verdurstet - Nicht allein<br />
der schiere Umfang, sondern vor allem die Sprachmächtigkeit,<br />
die ungeheure Themenvielfalt, die treffsichere<br />
Gesellschaftskritik, scharfe Analyse sowie der<br />
Humor machen diesen kurz vor der Jahrtausendwende<br />
erschienenen Roman zum Meilenstein der internationalen<br />
Gegenwartsliteratur.<br />
02-177 Waterhouse, Peter: Der Honigverkäufer im<br />
Palastgarten. Erzählung. Salzburg 2010(L), 160 S.,<br />
geb., 33.90*<br />
02-178 Welsh, Louise: Das Alphabet der Knochen.<br />
München 2010(L), 432 S., geb., 36.30*<br />
02-179 Wyndham, Francis: Der andere Garten.<br />
Roman. Zürich 2010(L), 180 S., geb., 28.90*<br />
England, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.<br />
Der Ich-Erzähler, ein Junge in Pubertät, lebt in abgeschiedener<br />
ländlicher Idylle. Eines Tages lernt er die<br />
doppelt so alte Kay kennen, Tochter der Familie Demarest.<br />
Kay ist schüchtern <strong>und</strong> still, extravagant <strong>und</strong> erotisch.<br />
Die beiden werden Fre<strong>und</strong>e. Im anderen Garten -<br />
ein formaler Garten, den der Vater des Jungen mit<br />
großer Hingabe stutzt <strong>und</strong> hegt - findet die ruhelose<br />
Kay für kurze Zeit einen Platz zum Sonnen. Sie kann<br />
sich ihren Tagträumen hingeben <strong>und</strong> sie selbst sein,<br />
was ihr in ihrer Familie <strong>und</strong> im Leben verwehrt bleibt.<br />
5. Französische <strong>Literatur</strong><br />
02-180 Abraham, Jean P.: Der Leuchtturm. Salzburg<br />
2010(L), 160 S., geb., 29.60*<br />
02-181 Bessette, Hélène: Ida oder Das Delirium.<br />
Zürich 2010(L), 160 S., geb., 33.90*<br />
Ida, Heldin des Romans, ist mit der ersten Zeile tot.<br />
Dienstmagd im Hause der Familie Besson, nennt sich<br />
selbst einen »Vogel der Nacht«. Woher nur dieser<br />
Name aus dem Reich des märchenhaft Schönen - möchte<br />
man sie fragen, diese dienstbeflissene Hand für Dritte.<br />
Und warum blickt sie immerzu nur auf ihre Füße?<br />
Ida wird von einem Laster in die Luft geschleudert <strong>und</strong><br />
fliegt acht Meter weit. Dieser brutale Tod wirft Fragen<br />
auf. Wer ist Ida wirklich? Wie konnte sie es wagen zu<br />
sterben? Jetzt beginnen sie zu sprechen, die, die sie<br />
kannten, erlebt haben. Sie äußern Mutmaßungen,<br />
Meinungen, die sich auf kristallklare <strong>und</strong><br />
ohrenbetäubende Weise kreuzen. Eine hell leuchtende<br />
Erzählung entsteht - ein Universum aus Egoismen,<br />
Konventionen, Grausamkeit <strong>und</strong> Gleichgültigkeit, in<br />
dessen Mitte Ida lacht, still <strong>und</strong> triumphierend. »Der<br />
blinde, taube <strong>und</strong> stumme Dichter kann nur in einer<br />
Sprache außerhalb der Regeln schreien.« Hélène<br />
Bessette<br />
02-182 Echenoz, Jean: Laufen. Roman. Berlin<br />
02.2011, 128 S., br., 13.10*<br />
02-183 Énard, Mathias: Zone. Roman. Berlin<br />
2010(L), 608 S., geb., 40.50*<br />
02-184 Helminger, Guy: Neubrasilien. Roman.<br />
Frankfurt a.M. 2010(L), 288 S., geb., 30.50*<br />
02-185 Houellebecq, Michel: Ich habe einen<br />
Traum. Neue Interventionen. Köln 2010(L), 120 S.,<br />
geb., 27.50*<br />
Vielen seiner Bew<strong>und</strong>erer gelten die Essays als sein eigentliches<br />
Hauptwerk: Houellebecq pur, die Essenz seines<br />
Schaffens. Hier offenbart er erneut die Qualitäten<br />
eines großen Erzählers, der Subjektivität <strong>und</strong> Allgemeingültigkeit<br />
auf fesselnde Weise vermengt. Uns tritt<br />
ein Autor entgegen, der auf der Höhe seiner Fähigkeiten<br />
das tut, was er wie wenige beherrscht: Er formt Expeditionen<br />
ins Herz der Gesellschaft zu messerscharfen<br />
Analysen des Zeitgeists, die mal lakonisch, mal mit unerwarteter<br />
Wärme, aber immer aufrichtig <strong>und</strong> unbestechlich<br />
geschrieben sind. Die skurrile Tragikomödie,<br />
die wir alle miteinander auf der Bühne des absurden<br />
Menschheitstheaters aufführen, hat einen schonungslosen<br />
Rezensenten gef<strong>und</strong>en. Denn was Michel Houellebecq<br />
hier betreibt, ist keine Sozial- oder Kulturkritik -<br />
es ist nicht weniger als Weltkritik.<br />
02-186 Mosès, Stéphane: Momentaufnahmen / Instantanés.<br />
Berlin 2010(L), 100 S., br., 27.50*<br />
Die "Momentaufnahmen" halten Szenen aus seiner<br />
Kindheit <strong>und</strong> Jugend fest, Erinnerungsbilder aus der<br />
Zeit zwischen 1933 <strong>und</strong> 1953. Was erlebte er? Was verw<strong>und</strong>erte,<br />
was verletzte ihn? Mit welchen Büchern,<br />
welchen Filmen kam der Junge in Berührung? Was für<br />
Blicke, welche Bemerkungen trafen ihn, in der Schule,<br />
auf der Straße, im Internierungslager?<br />
02-187 Muhlstein, Anka: Die Austern des Monsieur<br />
Balzac. Eine delikate Biografie. Zürich 01.2011,<br />
176 S., geb., 24.60*<br />
Muhlstein lässt in ihrer Lebensbeschreibung Balzacs<br />
das Paris des 19. Jh. in all seiner sinnlichen Pracht<br />
wiederauferstehen.<br />
02-188 Orsenna, Érik: Lied für eine geliebte Frau.<br />
Roman. München 2010(L), 192 S., geb., 31.30*<br />
02-189 Thúy, Kim: Der Klang der Fremde. München<br />
2010(L), 160 S., geb., 24.60*<br />
02-190 Toussaint, Jean Ph.: Die Wahrheit über<br />
Marie. Frankfurt a.M. 2010(L), 240 S., geb., 32.80*<br />
02-191 Viel, Tanguy: Paris - Brest. Berlin 2010(L),<br />
144 S.,, 27.90*<br />
Die Großmutter erbt viel Geld <strong>und</strong> eine Putzfrau. Der<br />
Vater veruntreut die Kasse des lokalen Fußballvereins.
<strong>Literatur</strong> 23<br />
Die tyrannische Mutter bemüht sich um Kontrolle der<br />
Situation. Der Bruder hat wenig Talent <strong>und</strong> ein Geheimnis.<br />
Und der Erzähler seinerseits will alles ans<br />
Licht bringen. Nachdem seine Familie der Bretagne<br />
gezwungenermaßen den Rücken gekehrt <strong>und</strong> sich im<br />
Süden niedergelassen hat, bleibt Louis, der Erzähler,<br />
bei seiner Großmutter in Brest <strong>und</strong> verbringt die Abende<br />
mit dem zwielichtigen Sohn ihrer Putzfrau, bei Rotwein<br />
<strong>und</strong> Zigaretten. Ein böser Plan entsteht. Und einmal<br />
mehr hört Louis auf seinen vermeintlichen Fre<strong>und</strong>.<br />
Im Tonfall eines Geständnisses geschrieben ist dieser<br />
Familienkriminalroman ironisch <strong>und</strong> elegant. Es geht<br />
um viel Geld, um bodenlosen Verrat. Genau <strong>und</strong><br />
schlicht entwickelt der Autor die Geschehnisse, Figuren<br />
<strong>und</strong> das Bühnenbild seiner Geschichte. Mit wenigen,<br />
eindrücklichen Strichen baut er eine atemlose<br />
Spannung auf, die eines alten britischen Krimis würdig<br />
<strong>und</strong> zugleich voller Humor ist.<br />
6. Italienische <strong>Literatur</strong><br />
02-192 Fortunato, Mario: Unschuldige Tage im<br />
Krieg. Frankfurt a.M. 2010(L), 248 S., geb., 32.90*<br />
02-193 Luzi, Mario: Auf unsichtbarem Gr<strong>und</strong>e.<br />
Gedichte. München 2010(L), 256 S., br., 29.90*<br />
02-194 Moravia, Alberto: Der Ungehorsam. Roman.<br />
Berlin 2010(L), 144 S., br., 16.30*<br />
Luca, 15 Jahre alt, fährt mit den Eltern nach den Sommerferien<br />
am Meer zurück nach Rom, die Schule beginnt,<br />
aber seine Welt ist alles andere als in Ordnung:<br />
Ein seltsamer Widerwille gegen alle Dinge beschleicht<br />
ihn, <strong>und</strong> er begibt sich in eine innerliche Opposition zu<br />
allem, was ihn umgibt: die wohlhabenden Eltern, deren<br />
Fürsorge er fortan zurückweist, der Unterricht, die<br />
Fre<strong>und</strong>e - alles wird ihm langweilig, alle Bindungen<br />
sind ihm lästig <strong>und</strong> zuwider. Seinen Besitz verschenkt<br />
er an ihm vollkommen gleichgültige Personen, was ihn<br />
mit finsterer Freude erfüllt. Zwei Frauen befreien Luca<br />
aus seiner Todessehnsucht: Die eine, das Kindermädchen<br />
seiner Cousinen, sorgt für sein erotisches Erwachen,<br />
die andere, eine Krankenschwester, die ihn nach<br />
langem Fieber ges<strong>und</strong>pflegt, wird seine erste leidenschaftliche<br />
Liebe. Der Ungehorsam ist einer der<br />
schönsten Romane Alberto Moravias. Meisterhaft beschreibt<br />
er in wenigen Sätzen das gutsituierte römische<br />
Milieu <strong>und</strong> die aufgewühlte innere Welt des jungen<br />
Luca. Messerscharf beobachtet <strong>und</strong> mit untergründigem<br />
Witz erzählt - ein Buch zum Wiederlesen!<br />
02-195 Ramondino, Fabrizia: La Via. Roman. Zürich<br />
2010(L), 352 S., geb., 32.80*<br />
La Via, das ist die Hauptstraße im kleinen Städtchen<br />
Acraia, das in den Hügeln zwischen Rom <strong>und</strong> Neapel<br />
liegt. Seit den Zeiten des Römischen Reichs hat sich<br />
entlang dieser Straße vieles ereignet: Kriege, Handel,<br />
Liebesgeschichten, Tode, lange Hungersnöte <strong>und</strong> plötzlicher<br />
Reichtum, kleine Intrigen <strong>und</strong> verheerende Skan<br />
dale, Zerstörung <strong>und</strong> Wiederaufbau, Abwanderung <strong>und</strong><br />
Rückkehr.<br />
02-196 Tabucchi, Antonio: Die Zeit altert schnell.<br />
Erzählungen. München 2010(L), 160 S., geb., 25.90*<br />
7. Nordeuropäische <strong>Literatur</strong><br />
02-197 Blomqvist, Agneta u.a.: Alles, was man<br />
braucht. Ein Handbuch für das Leben. München<br />
2010(L), 336 S., geb., 32.90*<br />
02-198 Enquist, Per O.: Ein anderes Leben. Roman.<br />
(=fi 18600) Frankfurt a.M. 04.2011, 544 S., br.,<br />
16.40*<br />
Per Olov Enquist erzählt die Lebensgeschichte eines<br />
Mannes, der als Sohn einer strenggläubigen Volksschullehrerin<br />
in einem Dorf im nördlichen Schweden<br />
aufwuchs, die Grenzen der Provinz überwand <strong>und</strong> zu<br />
einem der bedeutendsten europäischen Schriftsteller<br />
wurde. Diese Karriere, die mit dem Studium in Uppsala,<br />
der Zeit als Journalist in West-Berlin <strong>und</strong> München<br />
begann, <strong>und</strong> mit seinem ersten Theaterstück bis zum<br />
Broadway führte, wird nicht als Erfolgsgeschichte erzählt.<br />
»Wenn alles so gut ging, wie konnte es dann so<br />
schlimm kommen?« steht als Leitfrage über diesem Lebensweg,<br />
der tief in die Alkoholabhängigkeit führte, bis<br />
Enquist mit seinen großen Romanen sich schreibend<br />
neu erschuf.»Die Sehnsucht des Individuums nach dem<br />
Sinn seiner Existenz. Dieses unvergängliche Thema hat<br />
Enquist auf beeindruckende Weise neu instrumentiert.«<br />
Die Welt<br />
02-199 Helle, Helle: Rødby - Puttgarden. Zürich<br />
2010(L), 260 S., geb., 30.50*<br />
Tine hat sich ihr Leben lang um ihre kleine Schwester<br />
gekümmert. Als Jane ihre Ausbildung schmeißt, verschafft<br />
ihr Tine sofort einen Job als Parfümerieverkäuferin<br />
auf der Fähre Rødby-Puttgarden, wo sie selbst<br />
auch arbeitet. Die beiden Schwestern leben trotz gelegentlicher<br />
Affären ein Leben ohne Männer, schnuppern<br />
tagtäglich den Duft der großen weiten Welt - Paris, Arpège,<br />
White Linen - <strong>und</strong> schippern von Rødby nach<br />
Puttgarden <strong>und</strong> zurück. Jeder Auf- <strong>und</strong> Ausbruchsversuch<br />
von Jane endet unwillkürlich wieder in Tines Obhut.<br />
Doch eigentlich wäre es ein fröhliches Leben mit<br />
Tine <strong>und</strong> ihrer kleinen Tochter Ditte im Königskarree,<br />
wenn ihnen nicht ständig der Tod begegnen würde.<br />
02-200 Hoeg, Peter: Die Kinder der Elefantenhüter.<br />
Roman. München 2010(L), 448 S., geb., 32.10*<br />
02-201 Ibsen, Henrik: Die Stützen der Gesellschaft.<br />
(=RUB 18538) Ditzingen 10.2010, 140 S., br.,<br />
6.30*<br />
"Die Stützen der Gesellschaft", 1877 uraufgeführt, ist<br />
das erste der Dramen, in denen Ibsen soziale <strong>und</strong> ethische<br />
Fragen der sich damals in Norwegen entfaltenden<br />
bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft zum Thema<br />
macht.<br />
02-202 Koch, Hermann: Angerichtet. Roman.
24 <strong>Literatur</strong><br />
Köln 2010(L), 336 S., geb., 30.50*<br />
Ein Abend im Sternerestaurant. Zwei Elternpaare -<br />
eine lebenswichtige Entscheidung.Der preisgekrönte<br />
Bestseller aus den Niederlanden erzählt ein Familiendrama,<br />
das um die Fragen kreist: Wie weit darf Elternliebe<br />
gehen? Was darf man tun, um seine Kinder zu beschützen?<br />
Ein Roman, der ins Herz schneidet.Zwei<br />
Ehepaare - zwei Brüder <strong>und</strong> ihre Frauen - haben sich<br />
zum Essen in einem Spitzenrestaurant verabredet. Sie<br />
sprechen über Filme <strong>und</strong> Urlaubspläne <strong>und</strong> vermeiden<br />
zunächst das eigentliche Thema: die Zukunft ihrer Söhne<br />
Michel <strong>und</strong> Rick. Die beiden Fünfzehnjährigen haben<br />
etwas getan, was ihr Leben für immer ruinieren<br />
kann. Paul Lohman, der Erzähler <strong>und</strong> Vater von Michel,<br />
will das Beste für seinen Sohn. Und ist bereit, dafür<br />
weit zu gehen, sehr weit. Auch die anderen am<br />
Tisch haben ihre eigene, geheime Agenda. Während<br />
des Essens brechen die Emotionen auf, schwelende<br />
Konflikte zwischen den Brüdern entladen sich, <strong>und</strong> auf<br />
einmal steht eine Entscheidung im Raum, die drei der<br />
vier mit aller Macht verhindern wollen. Mit unglaublicher<br />
Raffinesse <strong>und</strong> großem Sprachwitz erzählt Herman<br />
Koch eine Geschichte von bedingungsloser Liebe,<br />
Gewalt <strong>und</strong> Verrat. Nach <strong>und</strong> nach nur werden die<br />
wahren Abgründe <strong>und</strong> Motive der Personen sichtbar,<br />
ständig wird der Leser herausgefordert, sein moralisches<br />
Urteil neu zu fällen. "Angerichtet":Platz 1 der<br />
niederländischen Bestsellerliste, seit 66 Wochen unter<br />
den Top 20 <strong>und</strong> über 350.000 verkaufte Exemplare allein<br />
in den NiederlandenWar 2009 einer der meistverkauften<br />
Romane europaweit. Platz 7 auf der europäischen<br />
JahresbestsellerlisteSeit Wochen in den Top Ten<br />
der italienischen BestsellerlisteGewann den niederländischen<br />
Publikumspreis für "Das beste Buch des Jahres<br />
2009", ist nominiert für weitere literarische Preise (Libris-Preis,<br />
De Gouden Uyl)Verfilmung in Vorbereitung<br />
Erscheint in 14 LändernPremieren-Veranstaltung im<br />
VerlagLesereise im Herbst<br />
02-203 Mortier, Erwin: Götterschlaf. Roman. Köln<br />
2010(L), 368 S., geb., 34.90*<br />
In ihren Reflexionen über Zeit, Erinnerung, soziale<br />
Klasse, Krieg <strong>und</strong> Liebe entsteht die exemplarische Geschichte<br />
eines Frauenlebens im 20. Jh.<br />
02-204 Nooteboom, Cees: Nachts kommen die<br />
Füchse. Erzählungen. (=st 4194) Berlin 2010(L), 150<br />
S., br., 13.10*<br />
Helle Melancholie <strong>und</strong> große Weisheit schwingen in<br />
den Meistererzählungen des niederländischen Autors.<br />
So gelassen wie leidenschaftlich schreibt Cees Nooteboom<br />
von Menschen, die nicht mehr da sind, <strong>und</strong> jenen,<br />
die sich ihrer erinnern.<br />
02-205 Nooteboom, Cees: Romane <strong>und</strong> Erzählungen.<br />
Berlin 10.2010, 2000 S., br., 41.30*<br />
1955 erschien in den Niederlanden der erste Roman<br />
des damals 21jährigen Autors Cees Nooteboom: Die<br />
deutsche Übersetzung erschien drei Jahre später unter<br />
dem Titel "Das Paradies ist nebenan". Seit mehr als 50<br />
Jahren also ist der Autor - wie inzwischen allgemein<br />
anerkannt - auf der Suche nach dem »narrativen Gottesbeweis«,<br />
<strong>und</strong> so viel gereist der Autor ist, so vielfältig<br />
sind die Schauplätze <strong>und</strong> Themen seiner Romane<br />
<strong>und</strong> Erzählungen. "Das Paradies ist nebenan" ist eine<br />
Reise in den Süden <strong>und</strong> den Norden Europas, "Die folgende<br />
Geschichte" (der erste Bestseller Cees Nootebooms<br />
in deutscher Sprache) führt den Leser nach Portugal<br />
<strong>und</strong> an die brasilianische Küste, auch die »niederländischen<br />
Berge« werden thematisiert, "Allerseelen"<br />
ist in Berlin ein Anlaß zu Reflexionen über Gott,<br />
Welt <strong>und</strong> den Tod, in Australien ist wirklich ein »verlorenes<br />
Paradies« zu erk<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> in Menorca gibt es<br />
das Phänomen des »roten Regens«.Der vorliegende<br />
Band versamnmelt sämtliche fiktionale Prosa des Autors,<br />
der in einzigartiger Weise Erzählen <strong>und</strong> Reflexion<br />
verbindet, kombiniert <strong>und</strong> aufeinander bezieht: Hier ist<br />
der philosophierende Erzähler <strong>und</strong> erzählende Philosoph<br />
vollständig, auf einen Schlag, zu entdecken, zu lesen<br />
oder wiederzulesen.<br />
02-206 Winter, Leon de: Das Recht auf Rückkehr.<br />
Roman. (=detebe 24062) Zürich 2010(L), 560 S., br.,<br />
21.90*<br />
Als der vierjährige Bennie spurlos verschwindet, denkt<br />
sein Vater, Bram Mannheim, erst an einen Unfall, dann<br />
an ein Verbrechen. Dass das Verschwinden des Jungen<br />
mit Weltpolitik zu tun haben könnte, entdeckt er erst<br />
sechzehn Jahre später. Und er tut alles, um seinen Sohn<br />
wiederzubekommen.<br />
8. Osteuropäische <strong>Literatur</strong><br />
02-207 Albahari, David: Ludwig. Roman. (=dtv<br />
13946) München 01.2011, 160 S., br., 13.-*<br />
Die langjährige Fre<strong>und</strong>schaft zweier Schriftsteller ist<br />
zerbrochen. Der Erzähler sieht sich von seinem Fre<strong>und</strong><br />
Ludwig grausam hintergangen: Seine Idee für ein Buch<br />
der Bücher, für sein Meisterwerk, die er Ludwig Abend<br />
für Abend vorgetragen hat, soll dieser gestohlen <strong>und</strong><br />
unter eigenem Namen veröffentlicht haben. Doch ist<br />
dies die ganze Wahrheit?<br />
02-208 Cartarescu, Mircea: Travestie. Berlin<br />
2010(L), 171 S., geb., 27.50*<br />
Mircea Cartarescu, einer der großen europäischen<br />
Schriftsteller der Gegenwart, gehört zu den begnadeten<br />
Visionären <strong>und</strong> Sprachkünstlern der <strong>Literatur</strong>. Sein frühes<br />
Meisterwerk Travestie, ein Adoleszenz- <strong>und</strong> Künstlerroman,<br />
erzählt von der Suche eines jungen Menschen<br />
nach sich selbst. Der sensible, verschlossene Victor<br />
könnte ein Geschöpf von Marcel Prousts sein, so<br />
rauschhaft erfährt er die Welt, die ihn im krisenhaften<br />
Sommer 1973 umgibt: das Guthaus in Budila, wo er<br />
mit seinen Mitschülern die Ferien verbringt, den geheimnisvollen<br />
Park <strong>und</strong> das »Tal des
<strong>Literatur</strong> 25<br />
Paradieses«.Doch dieser kleine Kosmos bevölkert sich<br />
nachts mit den Gespenstern, die aus den Katakomben<br />
seines Bewußtseins aufsteigen. Die dreiste sexuelle Berührung<br />
seines Mitschülers »Lulu«, der sich beim Abschiedskarneval<br />
als Frau verkleidet hat, stößt ihn in<br />
eine Krise, die er erst nach vielen Jahren, buchstäblich<br />
auf der letzten Seite der »Travestie« überw<strong>und</strong>en hat.<br />
02-209 Esterházy, Péter: Ein Produktionsroman<br />
(Zwei Produktionsromane). Roman. Berlin 2010(L),<br />
512 S., geb., 50.90*<br />
02-210 Kadare, Ismail: Der Raub des königlichen<br />
Schlafs. Kleine Romane <strong>und</strong> Erzählungen. (=fi 18871)<br />
Frankfurt a.M. 12.2010, 480 S., br., 18.10*<br />
Zwölf Kurzromane des albanischen Meistererzählers.<br />
Schillernd, bunt <strong>und</strong> prächtig, auf der Grenze zwischen<br />
Mythos <strong>und</strong> Wirklichkeit. Kadare erweist sich auch hier<br />
als Seismograph <strong>und</strong> Chronist der Lebenswelten von<br />
Völkern <strong>und</strong> Kulturen auf dem Balkan. »Zwischen Realismus,<br />
historischer Einkleidung, Legende, Parabel <strong>und</strong><br />
Phantastik wechselt Kadare die Erzählweisen, dass<br />
man nur staunen kann über soviel Können <strong>und</strong> Ideenreichtum.«<br />
Frankfurter Allgemeine Zeitung»Ismail Kadare,<br />
verschiedentlich als »albanischer Homer« bezeichnet,<br />
ist ein grandioser Erzähler, der sich auf epische<br />
Tableaus ebenso wie auf poetische Feinarbeit versteht,<br />
der historische Recherche mit eigenen Erfahrungen<br />
<strong>und</strong> Erinnerungen verbindet.« Ilma Rakusa, Westdeutscher<br />
R<strong>und</strong>funk<br />
02-211 Krasznahorkai, Laszlo: Satanstango. Roman.<br />
(=fi 18073) Frankfurt a.M. 11.2010, 320 S., br.,<br />
16.40*<br />
Ein nahezu verlassenes Dorf, nur wenige Menschen<br />
sind geblieben. Armut <strong>und</strong> Perspektivlosigkeit liegen<br />
schwer über den Einwohnern. Die Gemeinschaft ist<br />
zersetzt von Hass <strong>und</strong> Misstrauen. Irimias, ein früherer<br />
Dorfbewohner, kehrt zurück <strong>und</strong> verspricht Geld <strong>und</strong><br />
Hoffnung. Das Dorf lässt sich auf ihn ein, nichtsahnend,<br />
dass er ein Polizeispitzel ist, der die Menschen<br />
durch die Androhung der Gefängnisstrafe erpresst.<br />
Krasznahorkai erzählt atmosphärisch dicht von verrotteten<br />
Charakteren in einem verfehlten Staat. Sein ›Satanstango‹<br />
ist überwältigend.Ein Fremder, ein verrottendes<br />
Dorf, ein übermächtiges System - László Krasznahorkai,<br />
ein Meister der Apokalypse.<br />
02-212 Singer, Isaac B.: Schoscha. Roman. (=dtv<br />
19140) München 02.2011, 400 S., br., 16.30*<br />
Diese Geschichte einer außergewöhnlichen Liebe gilt<br />
als eines der bekanntesten Werke des Nobelpreisträgers.<br />
Es ist ein Roman über die »großen Themen unseres<br />
Lebens: Gut <strong>und</strong> Böse, Glaube <strong>und</strong> Zweifel, Handeln<br />
<strong>und</strong> Kontemplation, das ›Wesen der Illusion‹ <strong>und</strong><br />
die Wonnen des Fleisches«. Newsweek<br />
02-213 Soucková, Milada: Bel Canto. Berlin<br />
2010(L), 288 S., geb., 37.80*<br />
02-214 Stasiuk, Andrzej: Der weiße Rabe. Roman.<br />
(=st 4216) Berlin 01.2011, 348 S., br., 18.10*<br />
Ein Kreis verschworener Fre<strong>und</strong>e sucht in der eisigen<br />
Landschaft der Beskiden nach einem Leben der Extreme.<br />
Was wie ein leichtsinniges Abenteuer beginnt, wird<br />
zu einer Prozession in den Untergang.<br />
02-215 Szabó, Magda: Die Elemente. Zürich<br />
2010(L), 360 S., geb., 37.90*<br />
»Verlass diese Frau!« - Dies flüstert dem über alles geliebten<br />
Mann eine nächtliche Stimme ins Ohr. Iza ist<br />
seine große Liebe. Doch er hört auf den nächtlichen<br />
Instikt <strong>und</strong> geht. Und ein jeder fragt: »Warum? Was<br />
war geschehen?«Antwort gibt das Leben. - Ihr Vater<br />
stirbt. Grob war er, liebend <strong>und</strong> gerecht! Iza nimmt die<br />
Mutter mit in ihr Budapester Großstadtleben. Und<br />
dann passiert es. Gewohnheiten werden aufgelöst. Erinnerungen<br />
kommen hoch. Tatsachen drücken sie zurück<br />
in die Tiefe. Wahrheiten machen sich ans Werk.<br />
Bis die Katastrophe eintritt: Der instinktive Austritt der<br />
Mutter aus dem Leben, ein letzter Akt der Liebe. Eine<br />
unerhörte Warnung an die Tochter Iza. Hat sie Ohren<br />
zu hören? Die Fluten verebben, zurück bleibt Iza: einst<br />
von vielen geliebt, ist sie jetzt allein. Etwas hat zu ihr<br />
gesprochen: pur, streng, gegen die kalte Logik namens<br />
Selbstbetrug.Ein Roman, der den Bedingungen von<br />
Liebe gnadenlos auf den Gr<strong>und</strong> geht. Durch den Strom<br />
der Zeiten hindurch fließt die Sprache Magda Szabós:<br />
das Ungarn der 60er Jahre, seine Menschen, ihr<br />
Schicksal - ein ewiges Monument unserer Schwächen,<br />
gütig <strong>und</strong> ernst, hellsichtig dem Leben zugewandt.Frage:<br />
»Warum schreiben Sie?« Antwort: »Fragen Sie<br />
einen Vogel, warum er singt!« Magda Szabó<br />
02-216 Trojanow, Ilija: Der entfesselte Globus.<br />
Reportagen. (=dtv 13930) München 2010(L), 208 S.,<br />
br., 13.90*<br />
Ilija Trojanow ist auf allen Kontinenten zu Hause, <strong>und</strong><br />
was er zu berichten hat, geht weit über die Schönheit<br />
der Landschaften oder die Fremdheit der Sitten hinaus.<br />
Er erzählt, wie die Menschen leben: in dem nicht zur<br />
Ruhe kommenden Afrika, in den Megacitys Indiens<br />
oder in Bulgarien, dem Land seiner Geburt. Neugierig<br />
<strong>und</strong> offen, kritisch <strong>und</strong> selbstkritisch - mit dem Autor<br />
des ›Weltensammlers‹ als Reisebegleiter<br />
sieht man die Welt in einem anderen Licht.<br />
9. Russische <strong>Literatur</strong><br />
02-217 Bunin, Iwan: Am Ursprung der Tage. Zürich<br />
2010(L), 380 S., geb., 37.90*<br />
Die frühen, zwischen 1890 <strong>und</strong> 1909 publizierten Erzählungen<br />
spiegeln die literarische Entwicklung Bunins<br />
von seinen noch fast jugendlichen Anfängen bis zu der<br />
Zeit, als er in Russland bereits ein angesehener Autor<br />
war, der 1909 den prestigeträchtigen Puschkin-preis<br />
erhielt <strong>und</strong> Ehrenmitglied der Akademie wurde.Die<br />
vorliegenden Erzählungen zeigen mit großer Schärfe<br />
die tiefen wirtschaftlichen Probleme, den Hunger, den
26 <strong>Literatur</strong><br />
Niedergang des kleinen Adels, die erzwungene Auswanderung<br />
zahlreicher Bauern. Doch richtet sich der<br />
Blick unvoreingenommen auf die Menschen selbst, auf<br />
die manchmal skurrilen Landbewohner, die kleinen<br />
Momente von Glück <strong>und</strong> Trauer.<br />
02-218 Bunin, Iwan: Der Sonnentempel. Literarische<br />
Reisebilder. (=fi 18513) Frankfurt a.M. 02.2011,<br />
416 S., br., 16.40*<br />
Quer durch Europa, Asien <strong>und</strong> Afrika, durch Meere <strong>und</strong><br />
über Berge - Iwan Bunin nimmt uns mit auf eine philosophisch-poetische<br />
Reise. Den bloßen Weg versieht er<br />
mit romantischen <strong>und</strong> emotionsreichen Gedankeneinschüben<br />
zur mystischen Vergangenheit, der Bibel <strong>und</strong><br />
dem Koran. Mit außerordentlicher Stilsicherheit <strong>und</strong><br />
Erzählgabe beschwört Bunin ein atemberaubendes Bild<br />
fremder Länder <strong>und</strong> unstillbares Fernweh.»Das Reisen<br />
ist nicht nur die Erfahrung des Anderen <strong>und</strong> des ganz<br />
Großen - es ist die Erweiterung des Ichs ebenso wie die<br />
Erfahrung der eigenen Winzigkeit <strong>und</strong> Vergänglichkeit.«<br />
Thomas Grob in seinem Nachwort zu ›Der Sonnentempel‹.<br />
02-219 Gelassimow, Andrej: Durst. (=es 2624)<br />
Berlin 02.2011, 100 S., br., 19.80*<br />
Kostja kommt entstellt aus Tschetschenien zurück, bei<br />
einem Raketenangriff wurde sein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit<br />
verbrannt. In Moskau vergräbt er sich,<br />
säuft Wodka <strong>und</strong> zeichnet. Nur seine Nachbarin holt<br />
ihn gelegentlich aus seinem Kokon: Er soll ihrem Sohn<br />
Angst einjagen, wenn der mal wieder nicht ins Bett<br />
will. Eines Tages tauchen zwei ehemalige Kameraden<br />
bei ihm auf, sie suchen Sergej, der sie aus dem brennenden<br />
Panzer gezogen hat. Gemeinsam begeben sie<br />
sich auf eine Odyssee durch ein Land, dessen Menschen<br />
vom vergessenen Krieg im Kaukasus traumatisiert<br />
sind. Der lakonisch erzählte, stilistisch an Autoren<br />
wie Raymond Carver geschulte Kurzroman gilt als<br />
Schlüsseltext der russischen Gegenwartsliteratur.<br />
02-220 Nabokov, Vladimir: Gesammelte Werke.<br />
Bd. 11: Ada oder Das Verlangen. Eine Familienchronik.<br />
Reinbek 2010(L), 1152 S., 32 S. 4-farb. Taf., geb.,<br />
53.90*<br />
Ada» ist, selbst in Nabokovs herausragendem Werk, ein<br />
strahlender Solitär. Es handelt von der unmöglichen<br />
Liebe zwischen den hochbegabten Halbgeschwistern<br />
Ada <strong>und</strong> Van. Angesiedelt ist die Handlung im imaginären<br />
Land Antiterra, leicht als Collage aus dem vorrevolutionären<br />
Russland <strong>und</strong> den heutigen USA zu erkennen.<br />
Die beiden Hauptfiguren, die in ihrer geistigen<br />
Überlegenheit faszinierend, aber auch unnahbar <strong>und</strong><br />
amoralisch wirken, lieben außer einander nur ihre<br />
hochspezialisierten Hobbys (die französische Poesie<br />
des 19. Jh., russische <strong>Literatur</strong>, Insektenk<strong>und</strong>e, das Aufden-Händen-Laufen<br />
etc.). Auf ihren Lebenswegen<br />
hinterlassen sie, unverschuldet schuldig geworden,<br />
eine Spur der emotionalen Verwüstung. Dieses Buch<br />
funkelt <strong>und</strong> provoziert auf jeder Seite. Es erzeugt eine<br />
eigentümliche Stimmung von ekstatischer<br />
Hellsichtigkeit, wie der Halbschlaf an einem luftigen<br />
Sommertag in der Hängematte. Es steckt voller<br />
überraschender Beobachtungen <strong>und</strong> Gedanken, wilder<br />
<strong>und</strong> abgründiger Erotik, <strong>und</strong> trotz aller erzählerischen<br />
Präzision bleibt es anarchisch in seiner konsequenten<br />
Weigerung, die Figuren zu erklären oder gar zu<br />
verurteilen. Es ist in Nabokovs Alterswerk der<br />
komplexe, von klugen Anspielungen <strong>und</strong> versteckten<br />
Scherzen überreiche Höhepunkt<br />
02-221 Petruschewskaja, Ljudmila: Es war einmal<br />
eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte.<br />
Russische Schauergeschichten. Berlin 2010(L), 176 S.,<br />
br., 14.50*<br />
02-222 Sorokin, Vladimir: Der Zuckerkreml. Köln<br />
2010(L), 272 S., geb., 29.50*<br />
Ein furioses Sittengemälde von Russlands Starautor:<br />
ein literarischer Extrakt aus Wodka, Schnee <strong>und</strong> Blut -<br />
mit sechs Löffeln Zucker. Russland im Jahr 2028: ein<br />
neues Mittelalter, geprägt von Informationstechnologie<br />
<strong>und</strong> Massenarmut. Körperliche Züchtigung ist an der<br />
Tagesordnung. In einem gewaltigen Stimmenchor führt<br />
Sorokin den Leser durch die dunklen Seitengassen des<br />
Lebens in einem utopischen Russland, das er dem heutigen<br />
wie einen Zerrspiegel vorhält.In fünfzehn virtuosen<br />
Kurzerzählungen lernen wir Hofnarren, Henker,<br />
Zwangsarbeiter, Bettler <strong>und</strong> Dissidenten kennen - <strong>und</strong><br />
die anrührende Marfuscha, die wie Tausende anderer<br />
Kinder am Weihnachtstag auf dem Roten Platz ein<br />
Kremlmodell mit Mauern, Türmen <strong>und</strong> Toren ganz aus<br />
Zucker geschenkt bekommt. Weil alle Brennstoffe ins<br />
Ausland verkauft werden, heizen auch wohlsituierte<br />
Moskauer mit Holzscheiten, <strong>und</strong> die Aufzüge der Wohnhäuser<br />
stehen am Wochenende still. Der Alltag ist geprägt<br />
von Angst <strong>und</strong> Gewalt, versüßt wird er höchstens<br />
aus der Zuckerdose oder eben mit den fabrikmäßig hergestellten<br />
Zuckerkremln, die mal als Devotionalie, mal<br />
als Ersatzbefriedigung fürs Volk dienen: ein Trost, den<br />
man lutschen kann. Wie auch Sorokins anti-utopischer<br />
Roman "Der Tag des Opritschniks" besticht "Der<br />
Zuckerkreml" durch große sprachliche Kraft, stilistischen<br />
Reichtum <strong>und</strong> die literarische Könnerschaft des<br />
Autors, der uns eine Welt vorführt, in der die ärgsten<br />
Albträume, die zu träumen das Russland von heute Anlass<br />
gibt, Wirklichkeit geworden sind. Lesereise im September<br />
u.a. beim Harbourfront Festival Hamburg,<br />
beim Internationalen <strong>Literatur</strong>fest Berlin <strong>und</strong> beim<br />
Festival Klangspuren/ Nordtirol-Österreich <strong>und</strong><br />
Transart / Südtirol-Italien.<br />
02-223 Tolstoi, Leo: Erzählungen. (=RTb 20211)<br />
Ditzingen 2010(L), 472 S., br., 15.90*<br />
An sechs besonders kennzeichnenden Erzählungen aus<br />
seiner frühen <strong>und</strong> späten Schaffensperiode können sich<br />
die Leser hier ein Bild von Tolstois Prosakunst ma
<strong>Literatur</strong> 27<br />
chen: 'Sewastopol im Dezember 1854' - 'Zwei Husaren'<br />
- 'Familienglück' - 'Der Tod des Iwan Iljitsch' - 'Herr<br />
<strong>und</strong> Knecht' - 'Vater Sergius'.<br />
02-224 Tolstoi, Lew: Herr <strong>und</strong> Knecht. (=dtv<br />
34648) München 12.2010, 128 S., br., 11.60*<br />
02-225 Tolstoi, Lew: Krieg <strong>und</strong> Frieden. München<br />
2010(L), 2592 S., geb., 81.90*<br />
02-226 Tolstoj, Lew: Der Schneesturm. Erzählungen.<br />
Hamburg 2010(L), 128 S., br., 19.80*<br />
10. Portugisische <strong>und</strong> Spanische <strong>Literatur</strong><br />
02-227 Lobo Antunes, António: Mein Name ist<br />
Legion. Roman. München 2010(L), 448 S., geb.,<br />
41.20*<br />
Lobo Antunes fängt die sozialen Verwerfungen einer<br />
globalisierten Moderne ein <strong>und</strong> verleiht den Menschen<br />
am Rande der Gesellschaft starke, unverwechselbare<br />
Stimmen<br />
02-228 Pessoa, Fernando: Das Buch der Unruhe<br />
des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares. Roman. (=Fischer<br />
Klassik 90309) Frankfurt a.M. 12.2010, 608 S.,<br />
br., 21.50*<br />
»Vielleicht ist es mein Schicksal, ewig ein Buchhalter<br />
sein zu müssen, <strong>und</strong> Dichtung <strong>und</strong> <strong>Literatur</strong> sind ein<br />
Schmetterling, der sich auf meinem Kopf niederläßt<br />
<strong>und</strong> mich um so lächerlicher erscheinen läßt, je größer<br />
seine Schönheit ist.« Eine der faszinierendsten Gestalten<br />
der modernen <strong>Literatur</strong> war Fernando Pessoa. Aus<br />
seinen Träumen schuf er zahlreiche reale <strong>und</strong> literarische<br />
Persönlichkeiten, darunter den Hilfsbuchhalter<br />
Bernardo Soares. Dessen Aufzeichnungen reflektieren<br />
das zutiefst Rätselhafte der menschlichen Existenz.<br />
»Sein Werk ist ein Schritt auf das Unbekannte zu. Es ist<br />
eine Passion« (Octavio Paz).Mit dem Werkbeitrag aus<br />
dem Neuen Kindlers <strong>Literatur</strong> Lexikon.Mit Daten zu<br />
Leben <strong>und</strong> Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion<br />
der Zeitschrift für <strong>Literatur</strong> TEXT + KRITIK.<br />
02-229 Saramago, José: Das Tagebuch. Hamburg<br />
16.09.2010, 192 S.,, 26.40*<br />
02-230 Saramago, José: Die Reise des Elefanten.<br />
Hamburg 2010(L), 240 S.,, 29.70*<br />
11. Afrikanische <strong>Literatur</strong><br />
02-231 Ngugi wa Thiong'o: Träume in Zeiten des<br />
Krieges. Eine Kindheit. München 2010(L), 264 S.,<br />
geb., 37.60*<br />
„Ich weiß nicht, welchen Platz ich unter den vier<strong>und</strong>zwanzig<br />
Kindern meines Vaters <strong>und</strong> seiner vier Frauen<br />
vom Alter her einnahm, aber ich war das fünfte Kind<br />
im Haus meiner Mutter.“ Ngugi wa Thiong’os<br />
liebevolle Mutter Wanjiku ist es, die nach dem<br />
Zerwürfnis mit dem Vater dem Heranwachsenden<br />
Schutz <strong>und</strong> Geborgenheit bietet <strong>und</strong> den Boden für<br />
seine Träume bereitet. Indem sie ihm den Besuch einer<br />
Schule ermöglicht <strong>und</strong> er ihr im Gegenzug verspricht,<br />
sein Bestes zu tun <strong>und</strong> sie nicht zu enttäuschen,<br />
schließen die beiden einen Pakt, der von nun an das<br />
Leben des Jungen bestimmt.Geboren im ländlichen<br />
Limuru-Distrikt in Zentralkenia, wächst Ngugi im<br />
Schatten des Zweiten Weltkriegs auf, unter britischer<br />
Kolonialherrschaft <strong>und</strong> der entstehenden Mau-Mau-<br />
Befreiungsbewegung, der sich auch sein Bruder „Good<br />
Wallace“ anschließt.Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> erzählt<br />
Ngugi wa Thiong’o von seiner Kindheit, von einem<br />
einfachen, harten <strong>und</strong> entbehrungsreichen Leben im<br />
Spannungsfeld zwischen Tradition <strong>und</strong> Moderne. Mit<br />
vielWärme berichtet er von kindlichen Freuden, herben<br />
Enttäuschungen, vom überwältigenden Erlebnis des<br />
Lesens <strong>und</strong> Schreibens, über Ängste, Demütigungen<br />
<strong>und</strong> das allmähliche Gewahrwerden politischer<br />
Zusammenhänge.Mit großer Ruhe <strong>und</strong> poetischer Kraft<br />
schildert Ngugi ein Stück Kolonialgeschichte; aus<br />
kindlich-jugendlicher Sicht zeichnet er ein<br />
eindringliches Bild der kolonialen Wirklichkeit der<br />
dreißiger bis fünfziger Jahre. Ngugi wa Thiong’os<br />
Erinnerungsbuch liest sich dabei wie ein Roman über<br />
das Erwachsenwerden - fesselnd, zärtlich,<br />
schockierend <strong>und</strong> bisweilen komisch. Und es zeigt den<br />
Autor auf dem Höhepunkt seines literarischen<br />
Schaffens.<br />
12. Arabische <strong>Literatur</strong><br />
02-232 Alafenisch, Salim: Amira. Prinzessin der<br />
Wüste. (=UT 496) Zürich 2010(L), 144 S., br., 16.90*<br />
02-233 Aswani, Alaa al-: Der Jakubijân-Bau. Roman<br />
aus Ägypten. (=LP 140) Basel 2010(L), 372 S.,<br />
br., 17.50*<br />
Die Armen wohnen oben, auf dem Dach, in kleinen Kabüffchen,<br />
die ursprünglich als Abstellkammern konzipiert<br />
waren. In den Stockwerken darunter geht es weniger<br />
knapp zu. Dort hat ein durch die Revolution von<br />
1952 teilenteigneter Gr<strong>und</strong>besitzer sein Büro mitsamt<br />
Liebesnest, ein Chefredakteur seine Wohnung, ein Neureicher<br />
das Domizil für seine Zweitfrau <strong>und</strong> haben viele<br />
Ungenannte ihr ganz normales Zuhause. Auf vielfältige<br />
Weise verweben sich die Leben der Bewohner. Das<br />
Haus wird zum Mikrokosmos für Ägypten. Alaa al-Aswanis<br />
Roman stellt vieles dar, was es in Ägypten gibt,<br />
worüber aber nicht häufig - <strong>und</strong> eigentlich nie in dieser<br />
Direktheit - gesprochen wird. Da kommt der junge<br />
Mann nicht an die Polizeischule, weil sein Vater nur<br />
Türhüter ist. Da hält sich der wohlhabende Journalist<br />
einen armen Oberägypter als Bettgenossen. Da predigt<br />
der eine Geistliche für die Regierungspolitik, der<br />
andere für den Terror. Da bereichern sich manche<br />
schamlos mit den zweifelhaftesten Geschäften. Da wird<br />
das junge Mädchen, das für seine Familie sorgen muss,<br />
von allen Arbeitgebern systematisch belästigt. Da<br />
träumt der ehemalige Aristokrat von vorrevolutionären,<br />
besseren Zeiten. Da wird im Bereich der Politik
28 <strong>Literatur</strong><br />
geschmiert, geschnüffelt <strong>und</strong> gefoltert. Da wird eben<br />
das tägliche Leben Ägyptens gezeigt.<br />
02-234 Ben Jelloun, Tahar: Die Nacht der Unschuld.<br />
Berlin 01.2011, 192 S., br., 14.80*<br />
02-235 Ben Jelloun, Tahar: Sohn ihres Vaters. Berlin<br />
01.2011, 160 S., br., 13.10*<br />
02-236 Chraibi, Driss: Ermittlungen im Landesinnern.<br />
Roman aus Marokko. (=LP 137) Basel 2010(L),<br />
284 S., br., 17.50*<br />
An einem heißen Julitag treffen ein Polizeichef <strong>und</strong> sein<br />
Inspektor in einem kleinen Dorf im Atlasgebirge ein.<br />
Sie sind in geheimer Mission unterwegs. Die Bewohner<br />
des Dorfes, das zur Verzweiflung des Chefs nicht einmal<br />
einen Namen hat, sind die Ait Yafelman, ein Berberstamm,<br />
der, aus der fruchtbaren Ebene immer höher<br />
in die Berge abgedrängt, von Jahr zu Jahr ärmer geworden<br />
ist - nicht zuletzt der Steuereintreiber wegen.<br />
Ihr einziger Besitz sind ein Esel, zwei Schafe <strong>und</strong> ein<br />
Maultier. Die beiden Beamten im Dienst der Regierung<br />
benehmen sich den Dorfbewohnern gegenüber "wie die<br />
Eroberer sämtlicher Rassen <strong>und</strong> Religionen, die im<br />
Lauf der Geschichte über das Land hereingebrochen<br />
waren": arrogant <strong>und</strong> respektlos. Die Ait Yafelman<br />
wehren sich auf ihre Weise <strong>und</strong> behindern die lächerlichen<br />
Ermittlungen, deren Geheimnis der Polizeichef<br />
erst preisgibt, als er - auch des "Hitzeteufels" wegen -<br />
völlig zermürbt ist.<br />
02-237 Djebar, Assia: Die Frauen von Algier. Erzählungen.<br />
(=fi 18267) Frankfurt a.M. 04.2011, 192 S.,<br />
br., 14.80*<br />
Als Delacroix auf seiner Algerienreise im Jahre 1832<br />
ein Harem besucht, ist er schlagartig von der verbotenen<br />
Welt fasziniert. Zwei Jahre malt er an dem Bild<br />
»Die Frauen von Algier«. Assia Djebar gibt uns in ihren<br />
Erzählungen Einblick in den Alltag algerischer<br />
Frauen, die in einer Ära des Umburchs an den starren<br />
Traditionen zu zweifeln beginnen. Es sind starke,<br />
selbstbewusste Frauen, die sich zwischen patriarchaler<br />
<strong>und</strong> kolonialer Unterdrückung ihren Weg bahnen. 1955<br />
malte Picasso auf seine Weise die algerischen Frauen<br />
als »Feuerträgerinnen« des Widerstands. Djebars Erzählungen<br />
werden von einer Kraft getragen, die Hoffnung<br />
auf Befreiung gibt.Assia Djebars Erzählungen<br />
fesseln durch ihre genaue Beobachtung <strong>und</strong> sprachliche<br />
Eleganz, durchsetzt mit arabischen Bildkaskaden,<br />
aber sie irritieren auch durch ihre gnadenlose Offenheit.<br />
02-238 Machfus, Nagib: Ausgewählte Erzählungen.<br />
Zürich 2010(L), 240 S., geb., 32.90*<br />
02-239 Machfus, Nagib: Karnak-Café. (=UT 501)<br />
Zürich 2010(L), 128 S., br., 13.90*<br />
02-240 Salich, Tajjib: Zeit der Nordwanderung.<br />
Roman aus dem Sudan. (=LP 139) Basel 2010(L), 191<br />
S., br., 17.50*<br />
Mit großer Sprachkraft <strong>und</strong> formaler Raffinesse be<br />
schreibt Salich das Aufeinanderprallen zweier Kulturen.<br />
Schauplatz des Romans ist ein kleines Dorf am Nil,<br />
eine archaische Welt mit jahrtausendealten überlieferten<br />
Werten. Der Fluss ist die nährende <strong>und</strong> die todbringende<br />
Kraft. Seit fünf Jahren lebt Mustafa Said, der<br />
gutaussehende 50-jährige "Fremde", dort. Niemand<br />
kennt seine Geschichte, inzwischen ist er jedoch akzeptiert,<br />
ja geschätzt <strong>und</strong> mit einer Frau aus dem Dorf verheiratet.<br />
Doch eines Tages holt ihn seine Vergangenheit<br />
ein, <strong>und</strong> er gibt einem jungen Mann, der soeben seine<br />
Studien in England beendet hat, sein Geheimnis preis.<br />
Im Vertrauen erzählt er ihm von seiner "Nordwanderung",<br />
die ihn über Kairo nach London führte, von seiner<br />
glänzenden akademischen Karriere, seiner ersten<br />
Ehe, seinen erotischen Abenteuern, die allesamt tragisch<br />
endeten. 2001 wurde "Zeit der Nordwanderung"<br />
von der Arabischen <strong>Literatur</strong>akademie in Damaskus<br />
zum wichtigsten arabischen Roman des 20. Jh. erklärt.<br />
02-241 Selmi, Habib: Meine Zeit mit Marie-Claire.<br />
Roman. Basel 2010(L), 220 S., geb., 31.50*<br />
Habib Selmi erzählt die Liebesgeschichte zwischen einem<br />
Tunesier <strong>und</strong> einer Französin. In einem Café lernen<br />
sie sich kennen, der sensible Machfûdh, der schon<br />
seit Jahren allein in Paris lebt, <strong>und</strong> die temperamentvolle<br />
Marie-Claire. Schon bald zieht sie bei ihm ein<br />
<strong>und</strong> stellt fortan mit ihrem Tatendrang sein Leben auf<br />
den Kopf. Machfûdh genießt die Beziehung, nimmt sich<br />
aber möglichst zurück, um ja nichts falsch zu machen,<br />
<strong>und</strong> tut bis zur Selbstverleugnung alles, um seine Geliebte<br />
nicht zu verlieren. Doch Marie-Claires Lebenslust,<br />
überhaupt ihr Anderssein, empfindet er zunehmend<br />
als Provokation. Immer mehr Unausgesprochenes<br />
staut sich zwischen ihnen an, <strong>und</strong> schließlich findet<br />
keine echte Kommunikation mehr statt. Anhand alltäglicher<br />
Kleinigkeiten schildert Habib Selmi verblüffend<br />
ehrlich die komplexe Beziehung zwischen Mann <strong>und</strong><br />
Frau aus unterschiedlichen Kulturkreisen <strong>und</strong> widerlegt<br />
mit der Figur des feinfühligen, unaufdringlichen<br />
Machfûdh das westliche Klischee vom dominanten arabischen<br />
Mann. Der Roman wurde in die Shortlist des<br />
Arabischen Booker-Preises 2009 aufgenommen.<br />
13. Asiatische <strong>Literatur</strong><br />
02-242 Adiga, Aravind: Der weiße Tiger. Roman.<br />
(=dtv 13939) München 12.2010, 320 S., br., 16.30*<br />
Balram - der »weiße Tiger« - kommt aus einem Dorf<br />
mitten in Indien. Seine düsteren Zukunftsaussichten<br />
hellen sich auf, als er, der klügste Junge im Dorf, als<br />
Fahrer für den reichsten Mann am Ort engagiert wird<br />
<strong>und</strong> mit ihm nach Delhi kommt. Vom Steuer eines Honda<br />
City aus entdeckt Balram eine neue Welt. Alkohol,<br />
Geld, Mädchen <strong>und</strong> Macht - das Indien der Kakerlaken<br />
<strong>und</strong> Callcenter, der Prostituierten <strong>und</strong> Gläubigen, der<br />
alten Traditionen <strong>und</strong> der Internetcafés, der Wasserbüffel<br />
<strong>und</strong> des mysteriösen »weißen Tigers«, der vom Die
<strong>Literatur</strong> 29<br />
ner zum Philosophen, Unternehmer <strong>und</strong> schließlich<br />
zum Mörder wird. »Eine Reise ins pochende Herz Indiens.«<br />
Tanja Beuthien auf ›stern.de‹<br />
02-243 Bashi, Parsua: Briefe aus Teheran. Zürich<br />
2010(L), 192 S., geb., 28.90*<br />
Die Iranerin Parsua Bashi kehrte im letzten Sommer<br />
nach sechs Jahren im Westen nach Teheran zurück. In<br />
ihren Essays berichtet sie nun mit großem Gespür für<br />
Zwischentöne von ihrem Leben dortIslamische Republik,<br />
Gottesstaat, Atommacht - im Westen kennt man<br />
den Iran vornehmlich unter Schlagwörtern. Doch dieses<br />
widersprüchliche Land ist mehr als politische Unterdrückung,<br />
Rückständigkeit <strong>und</strong> Fanatismus. Das<br />
Selbstverständnis der heutigen Iraner ist weltoffen, modern<br />
<strong>und</strong> aufgeschlossen. Die jungen Frauen kommen<br />
der Kopftuchpflicht mit ironischer Distanz <strong>und</strong> modischem<br />
Selbstbewusstsein nach. Das Bildungsniveau ist<br />
- zumindest in den Städten - hoch. Eine wissbegierige<br />
Jugend rappt auf Persisch, geht auf Partys <strong>und</strong> ist<br />
nicht zuletzt bereit, für ihre Rechte zu kämpfen, wie<br />
durch die Proteste gegen die Präsidentschaftswahl im<br />
Juni 2009 aufeindrückliche Weise sichtbar wurde.Parsua<br />
Bashi berichtet jenseits politischer Vorurteile <strong>und</strong><br />
westlicher Klischees vom täglichen Leben in Teheran<br />
zwischen Unterdrückung <strong>und</strong> Freiheit, erzählt von<br />
Hoffnung, Angst <strong>und</strong> einem unbeugsamen Willen zur<br />
Veränderung.<br />
02-244 Beer, Chaim: Bebelplatz. Berlin 2010(L),<br />
352 S., geb., 37.90*<br />
02-245 Doulatabadi, Mahmud: Der Colonel. (=UT<br />
499) Zürich 2010(L), 224 S., br., 17.90*<br />
02-246 Ferdausi, Abu l-Qasem: Schaname. Die<br />
Rostam-Legenden. (=RTb 20210) Ditzingen 2010(L),<br />
405 S., br., 20.50*<br />
Das um 1000 n. Chr. entstandene persische Nationalepos<br />
Schahname schildert die Geschichte des Iran bis<br />
zum Verfall des Sasanidenreiches. Zu den schönsten<br />
<strong>und</strong> spannendsten Teilen gehören die Heldentaten des<br />
ruhmreichen Kämpfers Rostam, "dessen Haupt bis in<br />
die Wolken ragt". Jürgen Ehlers hat die farbenreiche<br />
Sprache anhand der historisch-kritischen Ausgabe in<br />
heutiges Deutsch übertragen, kommentiert <strong>und</strong> mit einem<br />
ausführlichen Nachwort versehen.<br />
02-247 Hafis: Liebesgedichte. (=it 3657) Berlin<br />
02.2011, 120 S., br., 9.90*<br />
Die Liebesgedichte des großen persischen Dichters<br />
Hafis gehören zu den schönsten der Weltliteratur; sie<br />
waren Goethe Vorbild für seinen West-östlichen Divan.<br />
Hafis’ Verse sind vielschichtig, voller Anmut <strong>und</strong> Lebendigkeit.<br />
Sie besingen die Schönheit der Natur, die<br />
Liebe zu Frauen <strong>und</strong> Knaben, zu Wein, Gesang <strong>und</strong><br />
Tanz <strong>und</strong> vereinen das Profane <strong>und</strong> das Heilige, Sinnlichkeit<br />
<strong>und</strong> Geist, irdische <strong>und</strong> himmlische Liebe. Die<br />
einfühlsamen Übersetzungen von Cyrus Atabay eröffnen<br />
die Vielfalt dieser Welt <strong>und</strong> bringen diesen großen<br />
Klassiker aus dem 14. Jh. dem heutigen Leser nahe.<br />
02-248 Kawakami, Hiromi: Am Meer ist es wärmer.<br />
Eine Liebesgeschichte. München 2010(L), 208 S.,<br />
geb., 29.50*<br />
02-249 Kawakami, Hiromi: Herr Nakano <strong>und</strong> die<br />
Frauen. Roman. (=dtv 13979) München 04.2011, 224<br />
S., br., 14.70*<br />
»Wir handeln nicht mit Antiquitäten, wir handeln mit<br />
Trödel«, sagt Herr Nakano zu Hitomi, die sich um eine<br />
Aushilfsstelle in seinem Laden bewirbt. Der eigenwillige<br />
Nakano, ein Herr alter Schule, liebt neben schönen<br />
alten Dingen auch schöne junge Frauen. Sein Geschäft,<br />
eine Enklave in der hektischen Innenstadt Tokios,<br />
wird zum Treffpunkt liebenswert-skurriler Zeitgenossen.<br />
Hier kommen sich zwischen Nudelimbiss <strong>und</strong><br />
Nacktfotos auch die junge Verkäuferin Hitomi <strong>und</strong> der<br />
Laufbursche Takeo allmählich näher. Doch westliche<br />
Einflüsse <strong>und</strong> aggressive Geschäftsmethoden machen<br />
vor Herrn Nakanos altmodischem Laden nicht halt.<br />
»Ein Roman wie aus anderer Zeit. Im Trödel des Ladens<br />
manifestieren sich jene Formen altmodischer Eleganz,<br />
denen auch der Roman seinen Reiz verdankt.«<br />
Paul Jandl in der ›NZZ‹<br />
02-250 Kulin, Ayse: Der schmale Pfad. (=Türk.<br />
Bibl.) Zürich 2010(L), 288 S., geb., 33.90*<br />
02-251 Murakami, Haruki: 1Q84. Roman. Köln<br />
2010(L), 1044 S., geb., 45.90*<br />
1984. Aomame hat zwei verschieden große Ohren.<br />
Beim Rendezvous mit einem reichen Ölhändler zückt<br />
sie eine Nadel <strong>und</strong> ersticht ihn - ein Auftragsmord, um<br />
altes Unrecht zu sühnen. Tengo ist Hobby-Schriftsteller.<br />
Er soll einen Roman der exzentrischen 17-jährigen Fukaeri<br />
überarbeiten, damit sie einen <strong>Literatur</strong>preis bekommt.<br />
Der Text ist äußerst originell, aber schlecht geschrieben<br />
- ein riskanter Auftrag. Aomame w<strong>und</strong>ert<br />
sich, warum die Nachrichten ihren Mord nicht melden.<br />
Ist sie in eine Parallelwelt geraten? Um diese Sphäre<br />
vom gewöhnlichen Leben im Jahr 1984 zu unterscheiden,<br />
gibt Aomame der neuen, unheimlichen Welt den<br />
Namen 1Q84.<br />
02-252 Ôe, Kenzaburô: Therapiestation. Roman<br />
aus der nahen Zukunft. (=fi 18418) Frankfurt a.M.<br />
03.2011, 240 S., br., 16.40*<br />
Wir befinden uns im Jahr 20**. Die Ressourcen der<br />
Erde gehen zuende, Atomkriege haben die Atmosphäre<br />
verseucht. Eine Gruppe »Auserwählter« wird in einer<br />
gewaltigen Raumflotte zur Rettung der Menschheit entsandt.<br />
Die »Zurückgebliebenen« fühlen sich im Stich<br />
gelassen, sie leben unter chaotischen <strong>und</strong> ärmlichen<br />
Verhältnissen. Nach zehn Jahren kehren die<br />
»Auserwählten« zurück <strong>und</strong> stellen mit Erstaunen fest,<br />
dass die »Zurückgebliebenen« nicht nur überlebt,<br />
sondern sogar mit dem Wiederaufbau begonnen haben.<br />
Schnell übernehmen die »Auserwählten« die<br />
Herrschaft, um die »Zurückgebliebenen« zu
30 <strong>Literatur</strong><br />
unterdrücken. In Form eines spannenden Science<br />
Fiction thematisiert Kenzaburo Oe die Gefahr<br />
ökologischer Zerstörung sowie die Ambivalenz unserer<br />
Gesellschaftssysteme.Ein spannender <strong>und</strong><br />
gesellschftskritischer Science Fiction von Kenzaburo<br />
Oe.<br />
02-253 Oz, Amos: Geschichten aus Tel Ilan. (=st<br />
4209) Berlin 12.2010, 187 S., br., 13.10*<br />
Oz entwirft in seinen Geschichten aus Tel Ilan einen<br />
kleinen Kosmos. Er erzählt von Menschen <strong>und</strong> ihren<br />
Sehnsüchten, von ihrem nur auf den ersten Blick durch<br />
<strong>und</strong> durch alltäglichen Leben.<br />
02-254 Ridhwan, Anwar: Die letzten Tage des Geschichtenerzählers.<br />
Roman aus Malaysia. Unkel<br />
09.2010, 160 S., geb., 27.90*<br />
14. Lateinamerikanische <strong>Literatur</strong><br />
02-255 Andruetto, María Teresa: Wer war Eva<br />
Mondino? Roman. (=Naturpunkt ) Zürich 2010(L), 150<br />
S., geb., 24.-*<br />
02-256 Argemí, Raúl: Chamäleon Cacho. (=UT<br />
495) Zürich 2010(L), 160 S., br., 16.90*<br />
02-257 Argemí, Raúl: Und der Engel spielt dein<br />
Lied. Zürich 2010(L), 192 S., geb., 29.90*<br />
02-258 Bolano, Roberto: Die Naziliteratur in Amerika.<br />
Roman. (=fi 18766) Frankfurt a.M. 11.2010, 258<br />
S., br., 16.40*<br />
Der Jahrh<strong>und</strong>ertautor Roberto Bolaño entwirft in diesem<br />
unvergleichlichen Roman ein Schreckenskabinett<br />
der Welt <strong>und</strong> der <strong>Literatur</strong>. In dreißig fiktiven Lebensgeschichten<br />
süd- <strong>und</strong> nordamerikanischer Nazi-<br />
Schriftsteller streift er nicht nur finstere kulturelle <strong>und</strong><br />
historische Realitäten, sondern skizziert zugleich eine<br />
ungeheuerliche <strong>und</strong> bizarre Parodie der <strong>Literatur</strong>geschichte.<br />
Die Palette seltsamer Gestalten reicht vom<br />
Exzentriker <strong>und</strong> Clown bis hin zum Fanatiker <strong>und</strong><br />
Wahnsinnigen, allesamt Zeugen von Bolaños unverwechselbarem<br />
Stil <strong>und</strong> seiner genialen Imaginationskraft.<br />
02-259 Bolaño, Roberto: Lumpenroman. München<br />
2010(L), 112 S., geb., 22.90*<br />
02-260 Borges, Jorge L.: Ein ewiger Traum.<br />
Essays. München 2010(L), 304 S., geb., 32.90*<br />
02-261 Brizuela, Leopoldo: Nacht über Lissabon.<br />
Roman. Berlin 2010(L), 870 S., geb., 41.10*<br />
Lissabon in einer Novembernacht 1942. Portugal hat<br />
ein britisches Ultimatum erhalten, in den Krieg einzutreten,<br />
doch der Machthaber Salazar zögert, noch liebäugelt<br />
er mit der faschistischen Achse. Angst vor dem<br />
Einmarsch der Nazis oder der Bombardierung durch<br />
die Alliierten bemächtigt sich der Stadt, die von Fremden<br />
wimmelt: Diplomaten in geheimer Mission, Spione<br />
beider Seiten, jüdische Flüchtlinge aus ganz Europa.<br />
Deren Hoffnung richtet sich auf die Boa Esperança,<br />
das letzte Schiff, das die Rettung vor der Deportation<br />
in die Konzentrationslager verspricht. In dieser angespannten<br />
Lage, wo jeder jeden verdächtigt, bangt der<br />
argentinische Konsul um die Ankunft einer großen<br />
Hilfslieferung aus Buenos Aires - er weiß nur zu gut,<br />
welch gefährlichen Auftrag er damit verfolgt <strong>und</strong><br />
warum er sich darauf eingelassen hat. Und ist es nicht<br />
der blutjunge, <strong>und</strong>urchsichtige Ricardo de Sanctis,<br />
»Auserwählter« des Lissabonner Kardinals, der in<br />
Wahrheit die Fäden zieht? Unterwegs in der Nacht ist<br />
auch der von seinen eigenen Dämonen getriebene Sekretär<br />
der Gesandtschaft; er soll seine Landsleute, die<br />
Tangokünstler Enrique Santos Discépolo <strong>und</strong> seine<br />
Ehefrau Tania, sicher durch die von Gerüchten aufgewühlte<br />
Stadt begleiten. Aber die beiden haben ihre eigenen<br />
Pläne, die nicht ans Licht wollen. Noch vor Mitternacht<br />
verlassen sie das Fadolokal Gondarém am<br />
Hafen, wo sich gegen alle Furcht die Lebenslust aufbäumt.Sie<br />
alle, Akteure <strong>und</strong> Mitgerissene, tragen in<br />
dieser Nacht ihre Geheimnisse mit sich, ihre Ängste<br />
<strong>und</strong> Begierden, suchen Ohren für ihre Bekenntnisse,<br />
ringen mit ihren alten Geschichten. Schließlich explodiert<br />
auf der Boa Esperança eine Bombe, <strong>und</strong> die Ereignisse<br />
überstürzen sich.<br />
02-262 Bruzzone, Felix: 76. Berlin 2010(L), 160<br />
S., geb., 31.40*<br />
02-263 Busqued, Carlos: Unter dieser furchterregenden<br />
Sonne. München 2010(L), 192 S., geb., 27.90*<br />
02-264 Caparrós, Martín: Wir haben uns geirrt.<br />
Berlin 2010(L), 352 S., geb., 36.50*<br />
02-265 Domínguez, Carlos María: Die blinde<br />
Küste. Roman. Berlin 2010(L), 137 S., geb., 24.50*<br />
Auf einer winterlichen Landstraße am Rio de la Plata<br />
trifft der fünfzigjährige Arturo Balz die junge Tramperin<br />
Camboya. Widerwillig nimmt er das Mädchen mit,<br />
ohne zu ahnen, daß ihrer beider Geschichte zusammenhängt.<br />
Beide fliehen sie vor einem Gestern, das sich ihnen<br />
erst erschließt, als sie in einer einsamen Strandhütte<br />
am Feuer zu erzählen beginnen, während draußen<br />
der Sturm heraufzieht.Arturo schleppt seine Vergangenheit<br />
mit sich, die Liebe zu Cecilia, die von Montevideo<br />
nach Buenos Aires floh, von einer Diktatur in die<br />
nächste, <strong>und</strong> eines Tages verschwand. Camboya läßt<br />
ihre ziellosen Liebschaften hinter sich <strong>und</strong> kämpft mit<br />
dem Märtyrerschatten ihrer Tante - eben jener Cecilia,<br />
nach deren spurlosem Verschwinden Arturo sich fast<br />
aufgegeben hatte. Im Gespräch tasten sie sich an das<br />
Unbegriffene ihres Lebens heran, dem sie an der einsamen<br />
Küste ungeschützt ausgesetzt sind.Der argentinische<br />
Autor Carlos María Domínguez zeichnet in einer<br />
dichten Sprache, die sich an den großen Prosaautoren<br />
der Moderne mißt, unvergeßliche, prekäre Charaktere<br />
<strong>und</strong> Lebenswege. Sein Roman erk<strong>und</strong>et die Möglichkeit<br />
von Liebe angesichts der Diktatur <strong>und</strong> ihrer Folgen.<br />
02-266 Figueras, Marcelo: Das Lied von Leben<br />
<strong>und</strong> Tod. Roman. (=dtv 13924) München 2010(L), 528
<strong>Literatur</strong> 31<br />
S., br., 19.90*<br />
Argentinien, 1984. Die Auswirkungen des Militärregimes<br />
sind noch schmerzhaft spürbar. Pat Finnegan,<br />
schön <strong>und</strong> unnahbar, versteckt sich mit ihrer kleinen<br />
Tochter Miranda in den Wäldern Patagoniens vor einer<br />
mysteriösen Gefahr. Durch Zufall treffen die beiden<br />
auf Teo, einen Sprengmeister aus Buenos Aires, der<br />
sich unsterblich in Pat verliebt. Die beiden werden ein<br />
Paar, doch allmählich beginnt Teo an Pats Geschichte<br />
zu zweifeln. Ist Mirandas Vater wirklich tot, wie sie behauptet?<br />
Wovor ist Pat auf der Flucht?<br />
02-267 Figueras, Marcelo: Der Spion der Zeit. Roman.<br />
Zürich 2010(L), 288 S., br., 33.90*<br />
In dem fiktiven Land Trinidad in Südamerika ist die<br />
Herrschaft einer brutalen Militärjunta zu Ende. Ihre<br />
Schergen werden von der nachfolgenden demokratischen<br />
Regierung durch eine Amnestie geschützt. Jemand<br />
ist damit aber gar nicht einverstanden <strong>und</strong> nimmt<br />
blutige Rache; die Polizei steht vor einem Rätsel. Die<br />
einzigen Spuren, die Chefermittler Van Upp sicherstellen<br />
kann, sind ominöse Hinweise auf biblische Geschichten.<br />
In einem atemberaubend spannenden Thriller<br />
gelingt Marcelo Figueras eine scharfsinnige Auseinandersetzung<br />
mit der politischen Geschichte in Argentinien.<br />
02-268 Fogwill, Rodolfo Enrique: Die unterirdische<br />
Schlacht. Roman. Reinbek 2010(L), 192 S., geb.,<br />
25.90*<br />
Der kurz nach Ende des Falkland-Krieges entstandene<br />
Roman machte seinen Autor über Nacht so berühmt<br />
wie berüchtigt. Denn in dieser Offenheit hatte bislang<br />
niemand über die Zustände im Land <strong>und</strong> über den Falkland-Krieg<br />
geschrieben, der ein wesentlicher Auslöser<br />
für den Sturz der Militärregierung in Argentinien war.<br />
Desertierte argentinische Soldaten, die«Pichis», haben<br />
in dem wüstenartigen Gelände der Islas Malvinas<br />
großflächig unterirdische Gänge angelegt <strong>und</strong> warten<br />
dort auf das Ende des absurden Krieges. Nachts kommen<br />
sie an die Oberfläche <strong>und</strong> handeln mit Schmuggelwaren;<br />
sie verkaufen Zucker, Zigaretten, Kerosin an<br />
beide Seiten, die Engländer <strong>und</strong> die Argentinier. Tagsüber<br />
sitzen sie in ihren Höhlen, hören britische Nachrichten<br />
ab <strong>und</strong> erzählen sich Geschichten. Frech, temporeich<br />
<strong>und</strong> brillant erzählt ist Fogwills Roman eine<br />
exzentrische Parabel auf die Militärdiktatur <strong>und</strong><br />
gleichzeitig das skurrilste Kriegszeugnis der lateinamerikanischen<br />
<strong>Literatur</strong>.<br />
02-269 Fuentes, Carlos: Die fünf Sonnen Mexikos.<br />
Ein Lesebuch für das 21. Jh. Frankfurt a.M. 10.2010,<br />
544 S., geb., 37.90<br />
›Die fünf Sonnen Mexikos‹ ist das Buch der Bücher von<br />
Carlos Fuentes. In seiner persönlichen Auswahl aus<br />
den frühen großen Romanen wie ›Terra nostra‹, den<br />
berühmten Erzählungen <strong>und</strong> politischen Essays entwirft<br />
er ein weit gefächertes Panorama: von den Azte<br />
ken bis zu der Jungfrau von Guadeloupe <strong>und</strong> den Aufständischen<br />
von Chiapas. Dieser Band nimmt den Leser<br />
mit auf eine leidenschaftliche Reise durch ein Jahrtausend<br />
<strong>und</strong> in ein Land von unerschöpflicher Vitalität.<br />
»Alle Zeiten sind in einer vereint, die Vergangenheit<br />
jetzt, die Gegenwart jetzt, die Zukunft jetzt. Mexiko ist<br />
das Bild einer nie ruhenden Schöpfung, denn ihre Arbeit<br />
ist nicht vollendet.«<br />
02-270 Gonzalez, Tomas: Die versandete Zeit. Roman.<br />
Zürich 2010(L), 240 S., geb., 32.-*<br />
Die versandete Zeit ist Tomás González komplexester,<br />
ehrgeizigster Roman. Und viele seiner Fans sagen, er<br />
sei sein schönster. Dem Autor gelingt mit diesem Buch<br />
das Kunststück, einen Bogen zwischen den Zeiten (1911<br />
1978) <strong>und</strong> zwischen den Kontinenten (Südamerika Europa)<br />
zu spannen, ohne dass die Geschichte ihm aus<br />
der Hand gleitet <strong>und</strong> ausfranst. Die versandete Zeit ist<br />
in erster Linie eine Liebesgeschichte, <strong>und</strong> zwar über<br />
Josefinas lebenslange Liebe zu Alfonso, der eines Tages<br />
aus der Provinz in die Hauptstadt <strong>und</strong> dann in die<br />
Welt aufbricht <strong>und</strong> nach seiner Rückkehr eine andere<br />
heiratet. Aber das Buch ist noch vieles mehr: Es ist ein<br />
Reisebuch durch das Kolumbien vor 100 Jahren, in<br />
dem die Landschaften, die damals gebräuchlichen Verkehrsmittel<br />
<strong>und</strong> das soziale Ambi- ente zu Beginn des<br />
technischen Zeitalters lebendig werden. Es ist ferner<br />
ein Brückenschlag von Kolumbien nach Europa, weil<br />
Alfonso in Belgien vom Ersten Weltkrieg überrascht<br />
<strong>und</strong> Zeuge der Kriegsgräuel wird (insofern ist es auch<br />
ein Antikriegsbuch). Und es ist schliesslich ein Buch<br />
über das Schreiben eines Romans, denn der Autor, der<br />
als der Chronist León auftritt, hat es sich zur Aufgabe<br />
gemacht, die Geschichte von Alfonso <strong>und</strong> Josefina anhand<br />
von Alfonsos Tagebüchern <strong>und</strong> durch Befragung<br />
der alten Josefina zu erforschen, <strong>und</strong> lässt die Lesenden<br />
an diesem Prozess teilhaben. "Das Buch handelt<br />
von der Zeit <strong>und</strong> der Erinnerung, vom Versanden der<br />
Erinnerung", sagt der Autor. Und hat zugleich seine<br />
Protagonistin unsterblich gemacht. Denn die Kapitel,<br />
die von der greisen Josefina handeln, sind die zartesten<br />
<strong>und</strong> zärtlichsten Seiten, die die kolumbianische <strong>Literatur</strong><br />
hervorgebracht hat.<br />
02-271 Kohan, Martín: Sittenlehre. Roman. Berlin<br />
2010(L), 247 S., geb., 30.50*<br />
Buenos Aires, Anfang 1982: Dicke Mauern umgeben<br />
das streng traditionelle Elitegymnasium Colegio<br />
Nacional, in dem die junge María Teresa ihre Stelle als<br />
Aufseherin angetreten hat. Außerhalb der Mauern<br />
herrschen die Militärs, der Falkland-Krieg ist in vollem<br />
Gange. Drinnen soll María Teresa die strikte Einhaltung<br />
der Disziplin überwachen. Sie ist nur ein kleines<br />
Glied in der Kette, aber sie will es gut, ja peinlich<br />
genau machen. Schließlich ist Ordnung der sicherste<br />
Halt in einem Leben, in dem die Mutter in der Küche<br />
Kriegsnachrichten hört <strong>und</strong> der Bruder verstörend rät
32 <strong>Literatur</strong><br />
selhafte Postkarten aus der Etappe schickt. Eines Tages<br />
geht sie in ihrem Überwachungseifer so weit, daß sie<br />
sich in der Jungentoilette einschließt, um einen Schüler<br />
in flagranti zu ertappen, den sie im Verdacht hat, heimlich<br />
zu rauchen. Mit ebendiesem Schritt gelangt ihre<br />
Moral in eine eigentümliche, beunruhigende Schieflage.Darf<br />
die Darstellung des Schrecklichen ins Komische<br />
kippen? Soll man sich in eine Mitläuferin einfühlen?<br />
Martín Kohan ist ein blitzwacher Beobachter <strong>und</strong><br />
ein kompositorischer Meister des Nebeneinanders von<br />
Banalem, Bösem <strong>und</strong> Groteskem.<br />
02-272 Mairal, Pedro: Das fehlende Jahr des Juan<br />
Salvatierra. Roman. München 2010(L), 128 S., geb.,<br />
22.90*<br />
02-273 Manguel, Alberto: Alle Menschen lügen.<br />
Roman. Frankfurt a.M. 2010(L), 240 S., geb., 30.50*<br />
Bevilacqua rettet sich aus dem falschen Leben in Buenos<br />
Aires nach Madrid. Aber im Exil regieren statt der<br />
Zwänge der Diktatur nur Verdacht <strong>und</strong> Zwietracht. Da<br />
hilft es nichts, dass man in seinem Koffer ein mysteriöses<br />
Manuskript findet, das ein »Lob der Lüge« verspricht.<br />
Bei dessen Erscheinen erntet Bevilacqua statt<br />
Ruhm <strong>und</strong> Ehre bloß Scham <strong>und</strong> Untergang.Raffiniert<br />
stellt Alberto Manguels Roman der Lüge eine Falle.<br />
Vor Augen <strong>und</strong> Ohren des Lesers entsteht ein spannender<br />
Roman über die schmale Linie zwischen Liebe,<br />
Lüge <strong>und</strong> Verrat, eine melancholische Komödie über<br />
das wahre Falsche <strong>und</strong> das falsche Wahre: »Ein Meisterwerk«,<br />
urteilte El País.<br />
02-274 Martínez, Guillermo: Gewaltige Hölle. Erzählungen.<br />
Frankfurt a.M. 2010(L), 200 S., geb.,<br />
28.90*<br />
Ein Mann kommt in eine kleine Stadt irgendwo im argentinischen<br />
Niemandsland. Er bleibt eine Weile, dann<br />
verschwindet er, <strong>und</strong> mit ihm verschwindet eine schöne<br />
Frau. Gerüchte machen die R<strong>und</strong>e, von einem Verbrechen<br />
ist die Rede. Als jedoch jemand einen F<strong>und</strong><br />
macht, der weit schrecklicher ist als alles Vermutete,<br />
kehrt das Schweigen zurück? In Guillermo Martínez'<br />
Erzählung 'Gewaltige Hölle', einer Verarbeitung des<br />
Schicksals der vielen 'Verschw<strong>und</strong>enen', die der argentinischen<br />
Militärdiktatur zum Opfer fielen, wird die augenscheinliche<br />
Gefasstheit der Kleinstadt zur Metapher<br />
eines vergewaltigten Landes. Martínez erzählt aufwühlend<br />
<strong>und</strong> zugleich ungeheuer kontrolliert. Fast unmerklich<br />
entwickeln sich seine Erzählungen, die in diesem<br />
Band vollständig versammelt sind, auf den Irrsinn zu:<br />
auf das Absurde im Angesicht der oft grausamen Schrecken<br />
der Realität<br />
02-275 Martínez, Tomás Eloy: Purgatorio. Roman.<br />
Frankfurt a.M. 2010(L), 304 S., geb., 30.50*<br />
Kann man einen Menschen herbeilieben? Eine Frau<br />
glaubt nicht, dass die Todesschwadron ihren Mann getötet<br />
hat. Sie ist fest überzeugt, dass er lebt, <strong>und</strong> folgt<br />
Spuren <strong>und</strong> Hinweisen von Buenos Aires nach Rio, von<br />
Nicaragua nach Mexiko, bis er schließlich in New Jersey<br />
auftaucht. Ist es ein Traum, oder hat die Sehnsucht<br />
ihn wirklich herbeigeliebt?›Purgatorio‹ ist ein Bestseller<br />
aus Argentinien. Sinnlich <strong>und</strong> abgründig erzählt er<br />
die Odyssee einer Liebe zwischen Terror <strong>und</strong> Exil.<br />
Tomás Eloy Martínez ist ein Autor, vor dem der ganze<br />
Kontinent den Hut zieht: Selbst mit dem Tod bedroht,<br />
lebte er 20 Jahre im Exil. Seine Romane erscheinen in<br />
über 50 Ländern, García Márquez sagt: »Das will ich<br />
unbedingt lesen«, Vargas Llosa: »Meisterwerke«.<br />
02-276 Martinez, Tomás: Santa Evita. Roman. (=fi<br />
18664) Frankfurt a.M. 2010(L), 432 S., br., 17.50*<br />
Eva Perón alias Evita wurde zu Lebzeiten als argentinische<br />
Göttin <strong>und</strong> nach ihrem frühen Tod als Heilige<br />
der Armen gefeiert. Ihr Leben wurde zum Mythos, ihr<br />
einbalsamierter Körper zur Reliquie. Virtuos, erzählmächtig<br />
<strong>und</strong> ironisch verbindet Tomás Eloy Martínez in<br />
seinem Meisterwerk Biografie, Klatsch <strong>und</strong> Legende:<br />
›Santa Evita‹ ist der Roman Argentiniens.<br />
02-277 Moret, Nikolas: Switch. Frankfurt a.M.<br />
2010(L), 280 S., geb., 33.50*<br />
02-278 Ocampo, Silvina u.a.: Der Hass der Liebenden.<br />
Roman. Zürich 2010(L), 208 S., geb., 31.30*<br />
Kann man einen Menschen lieben, den man für einen<br />
Mörder hält? Silvina Ocampo <strong>und</strong> Adolfo Bioy Casares,<br />
zwei herausragende Gestalten der argentinischen<br />
<strong>Literatur</strong>, erzählen in ihrem packenden Kriminalroman<br />
von der Diskrepanz zwischen Schein <strong>und</strong> Sein <strong>und</strong> der<br />
zersetzenden Macht des Zweifels.<br />
02-279 Paz, Octavio: Liebesgedichte. (=it 3659)<br />
Berlin 02.2011, 120 S., br., 9.90*<br />
Octavio Paz, die Stimme Mexikos <strong>und</strong> <strong>Literatur</strong>nobelpreisträger,<br />
hat uns einige der »bew<strong>und</strong>erungswürdigsten<br />
Liebesgedichte geschenkt, die je in Lateinamerika<br />
geschrieben wurden« (Julio Cortazar). Kraftvolle, farbenfrohe<br />
Bilder erzählen von tiefer Leidenschaft, praller<br />
Erotik <strong>und</strong> dem Traum von der vollkommenen Vereinigung<br />
zweier Menschen.»Große Gedichte der Weltliteratur!<br />
Wo gibt es Vergleichbares in unserer Zeit? Wo<br />
sind Verstand <strong>und</strong> lyrische Empfindung, wo Kopf <strong>und</strong><br />
Herz so im Lot?« Richard von Weizsäcker<br />
02-280 Piglia, Ricardo: Der Goldschmied. Erzählungen.<br />
Berlin 2010(L), 144 S., geb., 26.20*<br />
Während Thelonius, der Affe des Jazzpianisten, sich die<br />
Finger im Whiskeyglas des Clubgastes wäscht, lauscht<br />
dieser in der verruchten Schmugglerbar an der argentinisch-<br />
brasilianischen Grenze nicht nur der Melodie<br />
von The Lady Is a Tramp, sondern auch der Geschichte<br />
des Pianisten: Der weiß von einem Richter zu erzählen,<br />
der einer schönen Mörderin verfallen ist. Ebenso<br />
mysteriös erscheint ein Mord in Buenos Aires, dessen<br />
einzige Zeugin eine Verrückte ist <strong>und</strong> der dank der<br />
prof<strong>und</strong>en linguistischen Kenntnisse eines<br />
<strong>Literatur</strong>kritikers, der von einem Tag auf den anderen<br />
für das Ressort »Verbrechen« seiner Zeitung arbeiten
<strong>Literatur</strong> 33<br />
muss, aufgeklärt wird … Daneben bietet Piglia aber<br />
auch Einblicke in die amourösen Wirrungen moderner<br />
Großstädter, in die verhängnisvolle Fre<strong>und</strong>schaft<br />
zweier Boxer <strong>und</strong> in ein frühmorgendliches Gespräch<br />
mit der kleinen Tochter der Geliebten, entführt den<br />
Leser in die Wirren des argentinischen Bürgerkriegs,<br />
animiert ihn zum Tauchen in einem antiken<br />
Schiffswrack - <strong>und</strong> zeigt in der Titelgeschichte Der<br />
Goldschmied, dass nicht nur Gold, sondern auch das<br />
Glück geschmiedet werden muss.<br />
02-281 Piglia, Ricardo: Ins Weiße zielen. Berli<br />
2010(L), 256 S.,, 30.50*<br />
Wieso musste Tony Durán sterben? In seinem lang erwarteten<br />
neuen Roman entführt uns Ricardo Piglia in<br />
die trügerische Ruhe der argentinischen Provinz. Während<br />
alle Welt glaubt, der schwule Japaner Yoshio habe<br />
den Ausländer Durán getötet, entwickelt Kommissar<br />
Croce mit Hilfe des aus Buenos Aires angereisten Journalisten<br />
Renzi seine eigene Theorie: Waren es wirklich<br />
nur die körperlichen Reize der Zwillingsschwestern<br />
Ada <strong>und</strong> Sofía Belladona, die Durán in die Pampa gelockt<br />
haben? Was hatten deren Vater <strong>und</strong> Bruder, die<br />
Besitzer der hiesigen Fabrik, mit dem Opfer zu schaffen?<br />
Was hat es mit dem Erbe der irischen Mutter der<br />
Zwillinge auf sich? Und was nur hat Cueto, der aalglatte<br />
Staatsanwalt <strong>und</strong> Intimfeind Croces, zu verbergen?<br />
Piglia bietet alles auf, was das Genre des Kriminalromans<br />
hergibt - um die Gemeinplätze der Gattung<br />
am Ende auszuhebeln <strong>und</strong> zu zeigen, dass nichts so ist,<br />
wie es scheint. Dabei gelingt ihm die Quadratur des<br />
Kreises: ein Buch, das sich liest wie ein Krimi - <strong>und</strong><br />
doch keiner ist.<br />
02-282 Piñeiro, Claudia: Die Donnerstagswitwen.<br />
Zürich 2010(L), 320 S., geb., 33.90*<br />
02-283 Puenzo, Lucía: Der Fluch der Jacinta Pichimahuida.<br />
Berlin 2010(L), 288 S., br., 21.30*<br />
Zu Beginn scheint es noch so, als hätten zwei sich gef<strong>und</strong>en:<br />
die lange, spindeldürre Twiggy <strong>und</strong> der nicht<br />
ganz so große Pepino, die sich Hals über Kopf ineinander<br />
verlieben. Doch schon bald wird diese Liebe bedroht<br />
durch die Gespenster der Vergangenheit. Während<br />
Twiggy gegen Psychopharmaka <strong>und</strong> ihre steinreichen<br />
Eltern ankämpft, sieht sich Pepino dem Drehbuchschreiber<br />
Santa Cruz ausgeliefert, der ihn schon<br />
sein ganzes Leben lang verfolgt: Als kleiner Junge war<br />
Pepino als Statist in Santa Cruz’ Fernsehserie "Fräulein<br />
Lehrerin Jacinta Pichimahuida" gewesen, gemobbt<br />
von erbarmungslosen Kinderstars, gemobbt von erbarmungslosen<br />
Kinderstars, die die Fernsehwelt für die<br />
Wirklichkeit hielten. Als sich dann im Buenos Aires der<br />
Gegenwart eine Reihe mysteriöser Todes <strong>und</strong> Raubüberfälle<br />
ereignet, in die die ehemaligen Kinderstars -<br />
als Erwachsene allesamt gescheiterte Existenzen - involviert<br />
sind, will sich Pepino endgültig aus den Fängen<br />
Santa Cruz’ befreien <strong>und</strong> Twiggy wiederfinden.<br />
02-284 Quiroga, Horacio: Die Wildnis des Lebens.<br />
Gesammelte Erzählungen. Frankfurt a.M. 2010(L), 432<br />
S., geb., 41.20*<br />
In einer intensiven <strong>und</strong> mitreißenden Weise umkreisen<br />
Quirogas Erzählungen oft große, schwere Themen wie<br />
Tod, Wahnsinn oder unglückliche Liebe. Tatsächlich<br />
war Horacio Quirogas Leben derart geprägt von Tragödien<br />
<strong>und</strong> Verlust, dass es schwerfällt, Leben <strong>und</strong><br />
Werk nicht miteinander kurzzuschließen. Quiroga erzählt<br />
vom Ringen des Einzelnen angesichts eines Daseins,<br />
das sich stets als größer als er selbst <strong>und</strong> letztlich<br />
unbezwingbar erweist. Dabei verliert dieses Ringen<br />
nie an Spannung - atmosphärisch dicht, psychologisch<br />
genau, im Ton bisweilen fast lakonisch entspinnt<br />
Quiroga fesselnde Geschichten vom Horror <strong>und</strong> Mysterium<br />
des Auf-der-Welt-Seins. Ein moderner Klassiker<br />
der Weltliteratur.<br />
02-285 Sacheri, Eduardo: Warten auf Perlassi.<br />
Berlin 08.2010, 224 S., geb., 32.80*<br />
02-286 Tabarovsky, Damian: Medizinische Autobiographie.<br />
Berlin 2010(L), 112 S., geb., 31.40*<br />
02-287 Tizon, Héctor: Zwei Fremde auf dieser<br />
Welt. Roman. Zürich 2010(L), 224 S., geb., 30.-*<br />
Ein Mann reist in einem alten Studebaker durch Dörfer<br />
<strong>und</strong> Städte in Nordargentinien. Als Vertreter des Grosshandels<br />
J. J. Niemeyer verkauft er Waren von zweifelhaftem<br />
Nutzen an die von ihm besuchten Geschäfte. Immer<br />
wieder lässt er sein Leben Revue passieren, seine<br />
Kindheit, die gescheiterte Ehe, seine unerfüllten Wünsche,<br />
als Dichter zu reüssieren. Der namenlose Mann<br />
ohne Eigenschaften hat längst alle Illusionen begraben,<br />
pflegt keinen gesellschaftlichen Umgang, ist lediglich<br />
den abstrusen Gedankengängen seines sich zum<br />
Prediger entwickelnden Arbeitgebers Jott Jott Niemeyer<br />
alias Reverend Pablo ausgeliefert. Das Leben könnte<br />
immer so weitergehen. Da entdeckt er in der Nachttischschublade<br />
seines Hotels einen Liebesbrief an<br />
einen durch Selbstmord aus dem Leben geschiedenen<br />
Mann <strong>und</strong> beschliesst, die unterbrochene Korrespondenz<br />
unter falscher Identität wieder aufzunehmen. Es<br />
beginnt ein komplexes Spiel von Annäherung <strong>und</strong> Entfernung,<br />
von gegenseitigen Täuschungen, denn nicht<br />
nur der Handlungsreisende nimmt eine andere Identität<br />
an, auch die angebetete Frau, Clara, hat den Part einer<br />
Fre<strong>und</strong>in, Alina, übernommen, die den Briefwechsel<br />
als Spiel begonnen hatte.Wer hier auf unnachahmliche<br />
Weise in einer präzisen <strong>und</strong> dennoch poetischen<br />
Sprache von der Undurchdringlichkeit der Welt <strong>und</strong><br />
dem Dunkel unseres Strebens <strong>und</strong> unserer Sehnsüchte<br />
spricht, gilt schon lange als ein wichtiger Erzähler Lateinamerikas,<br />
von dem nun endlich auch ein erster Roman<br />
auf Deutsch vorliegt