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Literatur - KLIO Buchhandlung und Antiquariat

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<strong>Literatur</strong><br />

1. Schweizer <strong>Literatur</strong><br />

02-1 Amann, Jürg: Der Kommandant. Monolog.<br />

Zürich 01.2011, 112 S., geb., 23.10*<br />

Amann hat die Aufzeichnungen, die Auschwitz-­<br />

Kommandant Rudolf Höss vor seiner Hinrichtung niederschrieb,<br />

zu einem ungeheuerlichen Monolog verdichtet<br />

02-2 Amann, Jürg: Die Reise zum Horizont.<br />

Novelle. Innsbruck 2010(L), 100 S., geb., 25.90*<br />

02-3 Bachmann, Dieter: Unter Tieren. Zürich<br />

2010(L), 160 S., geb., 32.-*<br />

Hebel, ein Mann fortgeschrittenen Alters, hat die<br />

Menschheit zunehmend satt. Er will keine neuen Menschen<br />

mehr kennenlernen. Lieber vereinsamt er, <strong>und</strong><br />

das mit Behagen. Und geht zu den Tieren: Gegenstand<br />

niemals ermüdender Anschauung, der Bew<strong>und</strong>erung,<br />

des Nachsinnens. So war die Schöpfung gemeint, denkt<br />

Hebel. Er beobachtet, macht Notizen, legt Zeitungsmeldungen<br />

beiseite. Und während sein Fre<strong>und</strong> Schlösser in<br />

seinem Haus tote Käferchen <strong>und</strong> Fliegen in einem<br />

Schaukästchen sammelt, ordnet Hebel seine «Zettelwirtschaft»<br />

zu einer Art Tagebuch mit Tieren. «Das Gedächtnis<br />

der Hand» ist formal <strong>und</strong> inhaltlich ein Buch<br />

ungewohnter Art - in knappen, pointierten Texten die<br />

immer erneute, immer anders gefasste Verw<strong>und</strong>erung<br />

über die Kreatur: «Das Tier dir anheim gegeben, der<br />

du doch nur ein Mensch bist: tiefste Rührung, Verzückung.»<br />

Die Verletzbarkeit dieser sprachlosen Welt<br />

vor Augen, hegt Hebel die bittere Vermutung, dass der<br />

Mensch seiner Welt nicht würdig war.<br />

02-4 Beglinger, Peter u.a. (Hg.): Ich bin an wenigen<br />

Orten daheim. Die Zürcher Kronenhalle in Geschichten.<br />

Frankfurt a.M. 2010(L), 128 S., geb., 30.50*<br />

02-5 Binder, Elisabeth: Der Wintergast. Roman.<br />

Stuttgart 2010(L), 180 S., geb., 29.90*<br />

Ein Bergdorf an der schweizerischen Grenze zu Italien:<br />

Die Bewohner haben sich eingerichtet, mit ihren Erinnerungen<br />

<strong>und</strong> Sehnsüchten. Doch dann stören zwei<br />

Neuankömmlinge das gewohnte Leben: ein ausgebrannter<br />

junger Großstadt-Künstler <strong>und</strong> ein Adler ...<br />

Andreas ahnt bei seiner Ankunft in einem abgeschiedenen<br />

Bergdorf noch nicht, worauf er sich eingelassen<br />

hat. Den ganzen Winter soll er hier verbringen, um<br />

über seine Kunst nachzudenken. Doch die interessiert<br />

ihn zunächst gar nicht. Denn er ist nicht der einzige<br />

Gast in dem herrschaftlichen Palazzo: Ein kranker<br />

Adler wurde von der schönen Maddalena zur Pflege<br />

abgegeben. Der Raubvogel <strong>und</strong> die Frau ziehen ihn<br />

gleichermaßen in ihren Bann. Als an Weihnachten auch<br />

noch ein Kind verschwindet, wird Andreas unvermittelt<br />

Teil einer Gemeinschaft, die ihm zu Beginn völlig fremd<br />

erschien. In Elisabeth Binders Roman bricht sich das<br />

Licht des Lebens wie in einem Schneekristall. Eine<br />

bewegende Meditation über das Schweigen der Natur<br />

<strong>und</strong> das Verlangen der Menschen nach einer<br />

Offenbarung.<br />

02-6 Bonalumi, Giovanni: Die Geiseln. Gli<br />

ostaggi. Roman. Frauenfeld 2010(L), 240 S., zahlr.<br />

Fot., geb., 38.-*<br />

Obwohl eher von südlichem Gepräge, ist Giovanni Bonalumis<br />

genialer Erstling «Die Geiseln» von 1953 ein<br />

Buch aus der Verwandtschaft von Musils Verwirrungen<br />

des Zöglings Törless. Als Bonalumis Gli Ostaggi 1953<br />

erschien, löste das Buch im Tessin einen Skandal aus.<br />

Es wurde als Attacke gegen die katholische Kirche <strong>und</strong><br />

das chauvinistisch <strong>und</strong> autoritär geführte Internat,dem<br />

bischöflichen Priesterseminar San Carlo in Lugano<br />

verdächtig ähnlich, verstanden. Was heute für den Roman<br />

einnimmt, ist das feinsinnig-glaubwürdige Seelenporträt<br />

eines jungen Mannes,der nach dem Tod seines<br />

Vaters in die kirchliche Zuchtanstalt gerät <strong>und</strong> dort<br />

zwischen den asketischen Forderungen der Kirche <strong>und</strong><br />

der verlockenden Welt draussen hin- <strong>und</strong> hergerissen<br />

wird, bis er sich gegen den Priesterberuf entscheidet.<br />

Mit einem ausführlichen <strong>und</strong> bebilderten biographischen<br />

Anhang von Danielle Benzonelli, erstmals auf<br />

Deutsch herausgegebenvon Charles Linsmayer.<br />

02-7 Bouvier, Nicolas: Die Erfahrung der Welt.<br />

(=LP 138) Basel 2010(L), 443 S., br., 17.50*<br />

1963 erschien "L'Usage du monde" ("Die Erfahrung<br />

der Welt"), das Erstlingswerk des Genfer Schriftstellers<br />

<strong>und</strong> Fotografen Nicolas Bouvier. Das Buch gehört heute<br />

zu den Klassikern der modernen Reiseliteratur. Der<br />

Text ist das Ergebnis einer fast zweijährigen Reise, die<br />

Nicolas Bouvier mit dem Maler Thierry Vernet 1953/54<br />

unternahm. Die beiden Fre<strong>und</strong>e fahren mit einem Fiat<br />

Topolino "in sehr gemächlichem Tempo" via Balkan,<br />

Türkei <strong>und</strong> Iran nach Afghanistan. Sie nehmen sich viel<br />

Zeit für die Entdeckung eines sowohl archaisch wie<br />

surreal anmutenden Kulturraums, wobei ihre Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Begegnungen mitunter an ein tragikomisches<br />

Welttheater erinnern. So wie sich dieses "langsame<br />

Reisen" an die Fremde herantastet, erk<strong>und</strong>et der Autor<br />

geduldig die Welt der Sprache, indem er den Reichtum<br />

der Dinge mit demjenigen der Worte zu verbinden versucht.<br />

Dabei entstehen atmosphärisch eindringliche<br />

Beschreibungen <strong>und</strong> farbige Porträts, durchdrungen


2 <strong>Literatur</strong><br />

von einem melancholischen Humor. Dieser Ausgabe<br />

beigegeben sind auch Fotografien, die während der<br />

Fahrt entstanden. Ihre ungewöhnliche Qualität macht<br />

das Buch von Nicolas Bouvier zusätzlich zu einem<br />

Ereignis.<br />

02-8 Caduff, Corina: Kränken <strong>und</strong> Anerkennen.<br />

Essays. (=LP 143) Basel 2010(L), 160 S., br., 17.50*<br />

Unser emotionales Leben vollzieht sich zwischen den<br />

Polen Kränkung <strong>und</strong> Anerkennung. Der Bedarf an Anerkennung<br />

scheint dabei unerschöpflich: Wieder <strong>und</strong><br />

wieder wollen wir anerkannt sein, in unserem Charakter,<br />

in unserem Beruf <strong>und</strong> Körper, wieder <strong>und</strong> wieder<br />

brauchen wir neuen Zuspruch. Wo einem solche Anerkennung<br />

verweigert oder entzogen wird, da tritt die<br />

Kränkung auf den Plan: Wir sind gekränkt, wenn wir<br />

uns missachtet <strong>und</strong> ungerecht behandelt fühlen, wenn<br />

wir zurückgesetzt <strong>und</strong> respektlos behandelt werden,<br />

wenn wir nicht so wahrgenommen werden, wie wir es<br />

uns wünschen. Je stärker das Streben nach Anerkennung,<br />

desto größer das Risiko von Kränkung. In der<br />

heutigen Zeit scheint das Kränkungsgefühl besonders<br />

verbreitet. Weshalb behalten wir Kränkungen so gut im<br />

Gedächtnis? Warum leiden Künstler so sehr, wenn ihre<br />

Werke keine Anerkennung finden? Wie kränkt <strong>und</strong> wie<br />

anerkennt man mit Blicken? Wie wird der Tod als wohl<br />

größte Kränkung des Lebens inszeniert? In ihren<br />

Essays geht Corina Caduff sowohl von eigenen Erfahrungen<br />

- unter anderem einem Gang zu einem Medium,<br />

das Kontakt mit dem Jenseits verspricht - als auch von<br />

Beispielen aus dem Kunstbetrieb oder der Wissenschaftsgeschichte<br />

aus. Dabei behandelt sie scheinbar<br />

Entlegenes genauso wie klassische Themen: Geld,<br />

Krankheit <strong>und</strong> das Antlitz von Toten.<br />

02-9 Chessex, Jacques: Der Kinderfresser. Roman.<br />

(=LP 136) Basel 2010(L), 248 S., br., 17.50*<br />

"Den Vater vernichten. In ein Häufchen Asche am<br />

Gr<strong>und</strong>e einer Urne auflösen. Wie Sand. Staub, namenlos<br />

<strong>und</strong> ohne Stimme." Am Tag der Kremation seines<br />

Vaters durchströmt Jean Calmet, Lateinlehrer in Lausanne,<br />

ein Gefühl der Erleichterung, mehr noch: der<br />

Befreiung. Endlich ist der vor Leben strotzende Koloss,<br />

der seine Jugend zerstört hatte, gebannt. Einst hatte<br />

der Patriarch die ganze Familie beherrscht, seinen<br />

Sohn verhöhnt <strong>und</strong> gedemütigt, um die eigene Macht<br />

<strong>und</strong> Potenz zu demonstrieren. Ja, er war selbst nicht<br />

davor zurückgeschreckt, Jeans erste zarte Jugendliebe<br />

zu verführen. Doch das Gefühl ist trügerisch: Der Vater<br />

ist nicht tot. Das Bild seiner übermächtigen Gestalt<br />

verfolgt den Sohn unerbittlich überallhin, nimmt immer<br />

monströsere Züge an <strong>und</strong> raubt ihm schließlich jede<br />

Lebenskraft. Chessex' berühmtes sprachgewaltiges<br />

Werk, "eines der bedeutendsten psychologischen Erzählwerke<br />

gegenwärtiger Sprachkunst" (Die Tat), wurde<br />

virtuos von Marcel Schwander ins Deutsche übertragen.<br />

02-10 Dinkelmann, Fritz H.: Die Kanzlerin. Roman.<br />

(=LP 134) Basel 2010(L), 624 S., br., 22.80*<br />

"Sommerzeit. Doch der politische Alltag im Berliner<br />

Kanzleramt ist kalt <strong>und</strong> herzlos. Ein gelangweilter Redenschreiber<br />

surft im Internet <strong>und</strong> lernt dort Frau Male<br />

kennen. Die Affäre ist anonym <strong>und</strong> hemmungslos.Die<br />

Hitze treibt aber auch andere seltsame Blüten: Die<br />

Gruppe Cookie & Co vertreibt sich die Zeit mit virtuellen<br />

Spielen, die zunehmend konkreter <strong>und</strong> gefährlicher<br />

wirken. Auch die Kanzlerin langweilt sich - obwohl<br />

Wahlen bevorstehen <strong>und</strong> es von den Geheimdiensten<br />

ernstzunehmende Hinweise auf mögliche terroristische<br />

Anschläge auf hochrangige deutsche Politiker gibt.<br />

Trotzdem planen einige Kabinettsmitglieder kurzfristig<br />

einen Ausflug in die Schweiz. Um etwas Luft zu holen,<br />

schließt sich die Kanzlerin dieser Reisegruppe an, die<br />

mit der berühmten Seilbahn auf den Säntis fahren will,<br />

um dort bei einem fre<strong>und</strong>schaftlichen Treffen mit Mitgliedern<br />

der Schweizer Regierung das angespannte<br />

Verhältnis zwischen den beiden Ländern etwas zu lockern.<br />

Doch die virtuellen Spiele im Internet realisieren<br />

sich: Spannung <strong>und</strong> Entladung - ein Geschehen, das<br />

die Welt erschreckt."<br />

02-11 Dobelli, Rolf: Massimo Marini. Zürich<br />

2010(L), 384 S., geb., 38.90*<br />

Es ist der Höhepunkt in der Karriere eines Mannes, als<br />

am 17. Oktober 2007 der erste große Durchstich des<br />

längsten Tunnels der Welt, des Gotthard-Basistunnels,<br />

gefeiert wird. Aber dieser Tag ist zugleich ihr Ende.<br />

Ein packender Gesellschafts- <strong>und</strong> Entwicklungsroman.<br />

02-12 Dürrenmatt, Friedrich: Meine Schweiz.<br />

Ein Lesebuch. (=detebe 23006) Zürich 3. Aufl.<br />

2010(L), 256 S., br., 17.90*<br />

"Ich bin gerne Schweizer", sagte Dürrenmatt. Damit<br />

meinte er nicht die Nation, die sich in Mythen feiert,<br />

sondern das Nebeneinander <strong>und</strong> problematische Miteinander<br />

der vier verschiedenen Kulturen. Als Kleinstaat<br />

war die Schweiz für den pragmatischen Schweizer<br />

eine politische Chance: ein Staatenb<strong>und</strong> "en miniature"<br />

<strong>und</strong> als solcher durchaus eine Art Modell für Europa.<br />

Als Vaterland war sie ihm oft ein Ärgernis.<br />

02-13 Elmiger, Dorothee: Einladung an die Waghalsigen.<br />

Roman. Köln 2010(L), 140 S., geb., 28.-*<br />

In den Stollen eines Kohlereviers ist vor Jahrzehnten<br />

ein Feuer ausgebrochen - <strong>und</strong> noch immer lodern unter<br />

Tage die Flammen. Margarete <strong>und</strong> Fritzi sind die übrig<br />

gebliebene Jugend einer verschwindenden Stadt. Ihr<br />

Erbe ist nichts als ein verlassenes Gebiet, in dem Verwüstung<br />

herrscht. Frühere Ereignisse sind nur bruchstückhaft<br />

überliefert. Doch die beiden Schwestern wollen<br />

diesen Zustand nicht hinnehmen. Entschlossen brechen<br />

sie auf zu einer Expedition, um ihre eigene Herkunft<br />

zu erforschen. Denn nur wer seine Geschichte<br />

kennt, kann sich eine hoffnungsvolle Zukunft aufbauen<br />

&#8230;


<strong>Literatur</strong> 3<br />

02-14 Faber, Katharina: Fremde Signale. Roman.<br />

(=LP 129) Basel 2010(L), 329 S., br., 19.80*<br />

Drei Schutzengel behüten von Geburt an Ali, die<br />

Hauptfigur in Katharina Fabers Roman. Michail, Linette<br />

<strong>und</strong> Boris sind ausgeschickt, über das Leben des<br />

Mädchens zu wachen. Die Engel sind junge Erwachsene<br />

aus anderen Orten <strong>und</strong> Zeiten, die zu früh sterben<br />

mussten <strong>und</strong> vielleicht gerade darum so großes Interesse<br />

am Leben ihres Schützlings haben. Sie berichten <strong>und</strong><br />

beschreiben, sich dabei gegenseitig klug, witzig oder<br />

naseweis ins Wort fallend, Alis Lebensstationen, ihr<br />

(meist) fahrlässiges Verhalten <strong>und</strong> den - aus ihrer Sicht<br />

oft absurden - mitteleuropäischen Alltag in der zweiten<br />

Hälfte des 20. Jh. Daneben notieren sie Fragmente ihrer<br />

eigenen, viel zu kurzen Leben.<br />

02-15 Faes, Urs: Paarbildung. Roman. Berlin<br />

2010(L), 192 S., geb., 32.80*<br />

Eigentlich ist Andreas Lüscher Unfallpsychologe. Seit<br />

er jedoch eine Stelle als Gesprächstherapeut in der onkologischen<br />

Abteilung eines Krankenhauses angetreten<br />

hat, bestimmen Vokabeln aus der Krebstherapie seinen<br />

Arbeitsalltag: Dosisfraktion, Rezidivrisiko, Paarbildung.<br />

Ihn, der lieber beobachtet als mittendrin steht,<br />

der lieber Distanz wahrt, als zu nahe zu kommen, fasziniert<br />

das Verhältnis zwischen Patient <strong>und</strong> Arzt, die Bedeutung<br />

von Kommunikation, von Worten.Suggestiv,<br />

leicht <strong>und</strong> präzise erzählt Urs Faes in seinem neuen<br />

Roman vom Kampf mit einer Krankheit, vor allem aber<br />

von der Auseinandersetzung zweier Menschen mit sich<br />

selbst <strong>und</strong> der eigenen Vergangenheit.»Vor zwei Jahren<br />

wurde ich überraschend vom Chefarzt für Onkologie<br />

eines Schweizer Kantonsspitals angerufen. Er wollte<br />

jemanden mit einem Blick von außen die Menschen, die<br />

Abläufe, die Situationen in seiner Abteilung betrachten<br />

lassen. Ein Schriftsteller sei doch jemand, sagte er zu<br />

mir, der gelernt habe, genau hinzuschauen <strong>und</strong> hinzuhören<br />

auf das, was mit Menschen <strong>und</strong> zwischen Menschen<br />

sich ereigne…« Urs Faes, Schweizer Monatshefte»In<br />

Urs Faes’ Prosa glüht die Liebe dunkel <strong>und</strong> melancholisch<br />

wie bei einem García Márquez.«Spiegel<br />

02-16 Frisch, Max: Antwort aus der Stille. Eine<br />

Erzählung aus den Bergen. (=st 4219) Berlin 02.2011,<br />

171 S., br., 13.10*<br />

Mehr als siebzig Jahre nach Erscheinen ist diese frühe<br />

Erzählung von Max Frisch jetzt wieder zugänglich.<br />

Drängend <strong>und</strong> ungeschliffen noch begegnet bereits hier<br />

die Frage nach der biographischen Identität, die sein<br />

gesamtes Schaffen prägen sollte: Was macht ein erfülltes<br />

Leben aus?<br />

02-17 Frisch, Max: Die Schwierigen oder J'adore<br />

ce qui me brûle. Roman. Zürich 2010(L), 288 S., br.,<br />

29.90*<br />

Ein früher Roman von Max Frisch, der viele Jahre lang<br />

nicht mehr einzeln lieferbar war. Yvonne, Tochter aus<br />

gutem Haus, heiratet den Archäologen Hinkelmann.<br />

Als sie schwanger wird <strong>und</strong> er hilflos reagiert, verlässt<br />

sie ihn kurzerhand. Yvonne will in Zürich in der<br />

Schweiz unabhängig leben, gerät aber in eine schwierige<br />

Liebe zum jungen Künstler Jürg Reinhart. Der Roman,<br />

"ein Gespinst aus dicht verwobenen Handlungsfäden<br />

<strong>und</strong> zarten Seelenanalysen, unterscheidet sich<br />

von Frischs späteren Büchern besonders durch das<br />

Rätselvolle seiner Menschen, das Geheimnis, das sie<br />

umgibt". (Karlheinz Deschner) Vor dem 100. Geburtstag<br />

Frischs im Mai 2011 ist das Buch in Peter von<br />

Matts Kollektion endlich wieder zugänglich.<br />

02-18 Gahse, Zsuzsanna: Das Nichts in Venedig.<br />

Alpnach Dorf 2010(L), 100 S., geb., 23.-*<br />

02-19 Gerster, Andrea: Schandbriefe. Roman.<br />

Basel 2010(L), 150 S., geb., 28.80*<br />

Aik ist Einzelkind, seine Mutter lebt mit ihm allein. Die<br />

sehr junge, eigenwillige Frau hat sich ihr Leben trotz<br />

schwieriger Umstände eingerichtet. Der Vater des Kindes<br />

ist kein Thema, sie verschweigt seinen Namen. Ihre<br />

wichtigsten Bezugspunkte sind das Kind, das sie fürsorglich<br />

<strong>und</strong> liebevoll betreut, <strong>und</strong> die Palme Toni.<br />

Kontakte vermeidet sie, um neugierigen Fragen <strong>und</strong><br />

scheinbar gutgemeinten Ratschlägen zu entgehen, die<br />

sich immer wieder als versteckte Vorurteile <strong>und</strong> als<br />

Misstrauen ihr als alleinerziehender Mutter gegenüber<br />

entpuppen. Doch sie wird nicht in Ruhe gelassen. Regelmäßig<br />

erhält sie anonyme Briefe mit groben Beleidigungen,<br />

manchmal Drohungen. Auch ein Umzug in die<br />

Stadt kann die Briefe nicht stoppen. Erst nach Aiks<br />

schwerem Unfall im Alter von zehn hört dieser Terror<br />

schlagartig auf. - Aiks Leben als Mann ist von der Suche<br />

nach seiner Herkunft geprägt. Seine Mutter<br />

schweigt immer noch beharrlich. Doch plötzlich steht<br />

Aik unter Druck: Seine schwangere Fre<strong>und</strong>in verlangt<br />

ultimativ von ihm, dass er seinen Vater ausfindig<br />

macht. Erst dann könne ein harmonisches Familienleben<br />

mit ihr <strong>und</strong> dem gemeinsamen Kind gelingen. - In<br />

ihrem zweiten Roman erzählt Andrea Gerster eine<br />

nichtalltägliche, berührende Familiengeschichte. In<br />

zwei Erzählsträngen - aus der Sicht der Mutter sowie<br />

des erwachsenen Sohnes - entsteht das sensible Geflecht<br />

einer Mutter-Sohn-Beziehung unter besonderen<br />

Lebensumständen.<br />

02-20 Giovannelli-Blocher, Judith: Die einfachen<br />

Dinge. Worauf es im Leben ankommt. Zürich 2010(L),<br />

176 S., br., 29.90*<br />

Viele Menschen erleben die heutige Gesellschaft als<br />

beängstigend, weil wichtige Werte zu verschwinden<br />

scheinen: soziale Verantwortung, Rücksicht, Fairness,<br />

Solidarität, Mitleid. Judith Giovannelli-Blocher, die<br />

"Alters-Expertin" (Die ZEIT) aus der Schweiz, zeigt,<br />

wie aus der je eigenen Lebenserfahrung Zuversicht <strong>und</strong><br />

Gelassenheit gegenüber den Zumutungen einer sozial<br />

erkaltenden Welt erwachsen kann. Ihre Geschichten<br />

handeln von Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Familiensinn, von Ver­


4 <strong>Literatur</strong><br />

antwortung <strong>und</strong> der Verunsicherung bei der Begegnung<br />

mit Fremden, aber auch von der Fähigkeit, das Leben<br />

in die Hand zu nehmen. Ein klares, verständliches <strong>und</strong><br />

starkes Buch - ein Ratgeber, der Mut macht, Trost<br />

spendet <strong>und</strong> die Gültigkeit traditioneller Werte neu erschließt.<br />

02-21 Hartmann, Lukas: Finsteres Glück. Zürich<br />

2010(L), 304 S., geb., 35.90*<br />

Das Leben des achtjährigen Yves wird in einer einzigen<br />

Sek<strong>und</strong>e brutal entzweigerissen, in ein Vorher <strong>und</strong><br />

Nachher. Ein berührender Roman über Geborgenheit<br />

<strong>und</strong> Verlust; über die Familienbande, denen wir nicht<br />

entkommen, <strong>und</strong> diejenigen, die wir uns selbst erschaffen.<br />

02-22 Hasler, Eveline: Und werde immer Ihr<br />

Fre<strong>und</strong> sein. Hermann Hesse, Emmy Hennings <strong>und</strong><br />

Hugo Ball. Zürich 2010(L), 224 S., 4 s/w Abb., br.,<br />

31.90*<br />

Schweiz im Dezember 1920: Im Tessiner Dörfchen<br />

Cassarate lernen Emmy <strong>und</strong> Hugo Ball den Schriftsteller<br />

Hermann Hesse kennen. Jeder von ihnen hat eine<br />

schwierige Zeit hinter sich. Hesse befindet sich mitten<br />

in der Arbeit an "Siddharta". Hugo Ball verlor auf tragische<br />

Weise seinen geliebten Fre<strong>und</strong> Hans Leybold.<br />

Und Emmy Hennings, frisch mit Ball verheiratet, hat<br />

eine unruhige Zeit voller Liebhaber <strong>und</strong> Drogen durchlebt.<br />

Wie eine Fügung erscheint den dreien ihre<br />

Fre<strong>und</strong>schaft, die immer enger wird - bis zu Balls Tod<br />

nach der Fertigstellung seiner Hesse-Biographie 1927.<br />

In ihrem mitreißenden Roman erzählt Eveline Hasler<br />

von der Begegnung dieser drei schöpferischen Menschen<br />

<strong>und</strong> von den Jahren davor, der wilden Zeit der<br />

Avantgarde in München <strong>und</strong> Zürich.<br />

02-23 Heer, Roland: Fucking Friends. Zürich<br />

2010(L), 390 S., geb., 40.-*<br />

02-24 Hug, Annette: In Zelenys Zimmer. Roman.<br />

Zürich 2010(L), 200 S., geb., 29.-*<br />

02-25 Jaeggi, Urs: Eudora. Roman. Frauenfeld<br />

2010(L), 180 S., geb., 36.-*<br />

Urs Jaeggi schreibt Phantastisches, auf einem wirklichkeitsnahen<br />

Hintergr<strong>und</strong>. Wer sich in den Sog dieser<br />

Geschichte begibt, kommt nicht ungeschoren davon.<br />

Mehr als anders zu spüren, zu empfinden, zu sehen, anders<br />

zu denken <strong>und</strong> zu handeln, kann das Geschichtenerzählen<br />

nicht. Und das ist schon viel. Fred, einem<br />

Chemiker mit Weltruf, ist bei einer Explosion im Labor<br />

ein Teil seines Gedächtnisses zerstört worden. Er versucht<br />

zusammen mit seinem Bruder Edd, ein Vielbegabter,<br />

aber gesellschaftlich wenig Erfolgreicher, wichtige<br />

Teile des gemeinsamen <strong>und</strong> nichtgemeinsamen Lebens<br />

zusammenzustückeln. Eudora, die imaginierte oder<br />

reale Schwester, in die er <strong>und</strong> sein Bruder verliebt sind,<br />

begleitet ihn als innere, befehlende Stimme. Es entsteht<br />

ein verästeltes Bild einer Familie <strong>und</strong> der<br />

gegenwärtigen Gesellschaft.<br />

02-26 Koechlin, Florianne: Zellgeflüster. Streifzüge<br />

durch wissenschaftliches Neuland. (=LP 142) Basel<br />

2010(L), 256 S., br., 17.50*<br />

Zellen flüstern ununterbrochen mit ihren Nachbarinnen.<br />

Gene sind vieldeutig <strong>und</strong> dynamisch. Pflanzen<br />

kommunizieren mit Duftstoffen miteinander, sie lernen<br />

<strong>und</strong> erinnern sich. Sind sie sogar intelligent? Und haben<br />

Kühe eine Seele? Die faszinierenden Streifzüge der<br />

Biologin Florianne Koechlin durch wissenschaftliches<br />

Neuland zeigen ein Bild des Lebens, das sich weit von<br />

der mechanischen Utopie des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts entfernt<br />

hat: Leben erscheint als ein Prozess von Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Austausch in dynamischen Netzwerken.<br />

Seit 20 Jahren wehrt sich die Autorin gegen allzu simple<br />

Dogmen der Gentechnik, gegen deren Mythen <strong>und</strong><br />

falsche Versprechen. Aber sie bleibt bei der Kritik nicht<br />

stehen, sie fragt nach Gegenentwürfen. Sie erzählt von<br />

den Erfolgen indischer Saatgutbäuerinnen <strong>und</strong> von den<br />

innovativen Methoden, die in Kenia gegen Schädlinge<br />

bei Tieren <strong>und</strong> Pflanzen eingesetzt werden. Von dort<br />

geht die Reise weiter, zu einem tieferen Verständnis von<br />

Leben, mit vielen Interviews, Begegnungen <strong>und</strong> persönlichen<br />

Gesprächen. Florianne Koechlin spannt den Bogen<br />

vom Schamanenwissen der Ashaninca-Indianer zur<br />

abstrakten Welt der Quantenphysik, von der umfassenden<br />

Biologie Adolf Portmanns bis hin zu neuesten Erkenntnissen<br />

der Molekularbiologie.<br />

02-27 Krohn, Tim: Der Geist am Berg. Köln<br />

2010(L), 80 S., geb., 23.-*<br />

Eine Liebe, ungestüm wie ein Gewitter im Gebirge. Ein<br />

modernes Märchen von Tim Krohn über eine wilde<br />

Grenzgängerin zwischen Alp <strong>und</strong> Tal, zwischen den<br />

Zeiten <strong>und</strong> zwischen Freiheit <strong>und</strong> Liebe.<br />

02-28 Lappert, Rolf: Auf den Inseln des letzten<br />

Lichts. Roman. München 2010(L), 544 S., br., 37.90*<br />

02-29 Lappert, Rolf: Der Himmel der perfekten<br />

Poeten. Roman. (=dtv 13935) München 2010(L), 352<br />

S., br., 15.90*<br />

In einem abgelegenen Motel irgendwo in Arizona bietet<br />

ein kauziger alter Unternehmer vier Schriftstellern die<br />

Möglichkeit, einige Monate ungestört an neuen Projekten<br />

zu arbeiten. Doch inmitten von Kakteen <strong>und</strong> Sand<br />

erlahmt die Schaffenskraft der Autoren schnell,<br />

Schreibblockaden plagen sie <strong>und</strong> Frustration macht<br />

sich breit. Schwungvoll, pointiert <strong>und</strong> witzig erzählt<br />

Rolf Lappert in einer filmreifen Story von verschrobenen<br />

<strong>und</strong> liebenswerten Zeitgenossen, die sich mehr<br />

oder weniger erfolgreich gegen ihr Verlorensein zur<br />

Wehr setzen.<br />

02-30 Lascaux, Paul: Gnadenbrot. Müllers fünfter<br />

Fall. Messkirch 2010(L), 227 S., br., 15.90*<br />

02-31 Loosli, Carl A.: Loosli für die Jackentasche.<br />

Geschichten, Gedichte <strong>und</strong> Satiren. Zürich 2010(L),<br />

270 S., br., 28.-*<br />

02-32 Maillart, Ella: Verbotene Reise. Von Peking


<strong>Literatur</strong> 5<br />

nach Kaschmir. (=LP 141) Basel Sonderausgabe<br />

2010(L), 319 S., br., 17.50*<br />

Im Herbst 1934 reist die Genfer Autorin Ella Maillart<br />

im Auftrag der französischen Zeitung "Le Petit Parisien"<br />

als Berichterstatterin nach China. In Peking trifft<br />

sie den Kollegen Peter Fleming von der "Times". Gemeinsam<br />

fassen sie den tollkühnen Plan, von Peking<br />

durch die für Ausländer streng abgeriegelte Provinz<br />

Sinkiang - Chinesisch-Turkestan - nach Srinagar im indischen<br />

Kaschmir zu reisen. Dies ist ein in jeder Beziehung<br />

gewagtes Unterfangen: Gefahr droht nicht nur<br />

von der rauen Wüsten-, Sumpf- <strong>und</strong> Berglandschaft,<br />

sondern auch von aufständischen Rebellen, die in jedem<br />

Fremden einen Spion vermuten. Auf Pferden, Kamelen<br />

<strong>und</strong> zu Fuß legen die beiden ungleichen Reisegefährten<br />

fast 6000 abenteuerliche, beschwerliche Kilometer<br />

zurück - durch die Salzwüsten des Kuku Nor, die<br />

Sumpfplateaus des Tsaidam, die Sandwüste Takla Makan,<br />

die Gebirgsketten des Pamir <strong>und</strong> des Karakorum -<br />

<strong>und</strong> erreichen nach sieben Monaten erschöpft, aber<br />

glücklich ihr Ziel. Ella Maillarts spannender Reisebericht<br />

hält die Strapazen <strong>und</strong> Schönheiten dieser "verbotenen<br />

Reise" fest <strong>und</strong> erzählt ausführlich über die Begegnungen<br />

mit vergangenen Kulturen, die in den dreißiger<br />

Jahren des 20. Jh. oft noch die gleichen Züge trugen<br />

wie zweitausend Jahre zuvor.<br />

02-33 Merz, Klaus: Aus dem Staub. Gedichte.<br />

Innsbruck 2010(L), 80 S., geb., 25.90*<br />

02-34 Muschg, Adolf: Sax. Roman. München<br />

2010(L), 459 S., geb., 34.90*<br />

02-35 Nadj Abonji, Melinda: Tauben fliegen auf.<br />

Roman. Salzburg 2010(L), 304 S., geb., 36.30*<br />

02-36 Reichlin, Linus: Der Assistent der Sterne.<br />

Roman. (=KiWi 1169) Köln 2010(L), 384 S.,br., 14.50*<br />

"'Der Assistent der Sterne' ist spannend, geistreich <strong>und</strong><br />

manchmal fast philosophisch." BrigitteIn seinem zweiten<br />

Buch sprengt der Krimipreisträger 2009 erneut die<br />

Genre-Grenzen!Hannes Jensen, ehemaliger Inspecteur<br />

der Polizei von Brügge, hat einen fatalen Fehler gemacht:<br />

Während eines Seminars in Island schläft er mit<br />

einer Frau, die er kaum kennt. Als er nach Brügge zurückkehrt,<br />

zu Annick, die er liebt, trägt er am Hals<br />

noch die Spuren jener Nacht in Island: Die Frau hat<br />

ihn gebissen, <strong>und</strong> dieser Liebesbiss entzündet sich. Jensen<br />

versucht, ihn mit einem Kaschmirschal zu verdecken.<br />

Annick den Fehltritt zu gestehen, hält er für<br />

schädlich: Es würde nur die Beziehung gefährden, die<br />

ohnehin auf wackligen Füßen steht. Außerdem hat Annick<br />

im Augenblick andere Probleme, in die sie Jensen<br />

nach seiner Rückkehr einweiht: Ihrer besten Fre<strong>und</strong>in<br />

geht es nicht gut. Ein Féticheur, ein afrikanischer<br />

Wahrsager, hat ihr prophezeit, dass ihre einzige Tochter<br />

von einem Mann getötet werden wird, der ein Mal<br />

am Hals trägt.Jensen, ein leidenschaftlicher Hobby-<br />

Physiker, glaubt nicht ans Schicksal. Seiner Meinung<br />

nach ist das Leben eine Abfolge von Zufällen, nichts ist<br />

vorbestimmt. Aber die Ereignisse der nächsten Tage<br />

lassen ihn an seinem Weltbild zweifeln. Es scheint, als<br />

bekomme der Féticheur mit seiner Prophezeiung recht.<br />

Je mehr sich Jensen gegen die schicksalhaften Verstrickungen<br />

wehrt, in die er gerät, desto weniger kann er<br />

ihnen entfliehen.Ein Roman über Schicksal <strong>und</strong> Zufall,<br />

über Liebe <strong>und</strong> Betrug - spannend bis zum Schluss.<br />

02-37 Richle, Urs: Das taube Herz. Roman. München<br />

2010(L), 352 S., geb., 33.-*<br />

Die tragische Geschichte eines Schweizer Uhrmachergenies,<br />

dessen Automat am französischen Hof den berühmten<br />

Schachautomaten des Baron von Kempelen<br />

besiegt - eine Parabel über den Traum des Menschen,<br />

die Schöpfung zu vervollkommnen.<br />

02-38 Rudolf, Gisela: Das Leben der Eltern ist<br />

das Buch, in dem die Kinder lesen. Frankfurt a.M.<br />

2010(L), 300 S., geb., 32.70*<br />

02-39 Schneider, Hansjörg: Hunkeler <strong>und</strong> die Augen<br />

des Oedipus. Zürich 2010(L), 240 S., geb., 35.90*<br />

Der neue Fall des Kult-Kommissars aus Basel: Ein havariertes<br />

Hausboot auf dem Rhein. Ein Theaterskandal.<br />

Und ein paar alte Rechnungen. Hansjörg Schneiders<br />

Hunkeler-Krimis sind Bestseller, vier von ihnen<br />

wurden mit Mathias Gnädinger in der Hauptrolle verfilmt.<br />

02-40 Schnetzler, Kaspar: Kaufmann <strong>und</strong> das<br />

Klavierfräulein. Zürich 2010(L), 398 S., geb., 40.-*<br />

02-41 Schnyder, Marijke: Matrjoschka-Jagd. Kriminalroman.<br />

Messkirch 2010(L), 275 S., br., 15.90*<br />

02-42 Schümann, Beate: Lesereise Schweiz. Zwischen<br />

Sägemehl <strong>und</strong> Pulverschnee. (=Lesereisen )<br />

Wien 07.2010, 132 S., geb., 24.60<br />

02-43 Schwarzenbach, Annemarie: Das glückliche<br />

Tal. (=LP 135) Basel Sonderausgabe 2010(L), 199<br />

S., br., 17.50*<br />

In "Das glückliche Tal" führt uns die Autorin in einen<br />

gebirgigen, hoch über dem Kaspischen Meer gelegenen<br />

Winkel Persiens, von Winden durchstrichen, im Angesicht<br />

des traumhaft hohen <strong>und</strong> fernen Demawend. Hier<br />

sucht <strong>und</strong> findet sie Ruhe vor der Unruhe der Welt <strong>und</strong><br />

den Weg zu sich selbst <strong>und</strong> zu einem wahren Leben. Erinnernd<br />

lässt sie vor uns die ganze Welt des Orients mit<br />

ihren Blumengärten <strong>und</strong> Ruinenstädten erstehen, die<br />

sie, wie kaum eine zweite Europäerin, durchstreift <strong>und</strong><br />

begriffen hat. Magisch bezaubert uns ihre Geschichte<br />

in der w<strong>und</strong>ervoll geschliffenen Sprache.<br />

02-44 Schweizer Radio DRS (Hg.): Schweiz der<br />

Zukunft - Zukunft der Schweiz. Literarische Skizzen<br />

zur Sendereihe «Mit DRS 1 i d’Zuekunft. Zürich<br />

11.2010, 112 S., farb. Bildteil, br., 0.-*<br />

Literarische Skizzen von Sibylle Berg, Gion M. Cavelty,<br />

Simon Chen, Bänz Friedli, Friederike Kretzen, Isolde<br />

Schaad, Ralf Schlatter, Gabriel Vetter, Laura de Weck,<br />

Peter Zeindler.


6 <strong>Literatur</strong><br />

02-45 Schwendener, Severin: Schein & Heilig.<br />

Kriminalroman. Zürich 2010(L), 224 S., geb., 33.-*<br />

Der Tote, der in einem Lagerhaus in Schlieren gef<strong>und</strong>en<br />

wird, sieht entsetzlich aus. Der Täter, der ihn erschlagen<br />

hat, muss wie ein Berserker gewütet haben.<br />

Wenig später wird in einem Gerümpelhaufen in Dietikon<br />

ein zweiter Toter entdeckt. Beide Tatopfer sind Studenten<br />

der Biologie an der ETH Zürich. Tho- mas K.<br />

Hilvert, Hauptmann bei der Kantonspolizei Zürich,<br />

kann sich vorerst keinen Reim auf die beiden Mordfälle<br />

machen. Als auch noch ein ETH-Professor ermordet<br />

wird, verkompliziert sich die Sachlage zusätzlich. Bei<br />

seinen Ermittlungen an der Hochschule lernt der<br />

schrullige Polizist eine Welt kennen, die ihn fasziniert.<br />

In den Labors wird dort mit Hochdruck an der Medizin<br />

der Zukunft geforscht. Viren werden manipuliert, um<br />

dereinst als Waffen gegen Tumore ins Feld geschickt zu<br />

werden. Hilvert erkennt schnell, dass er den Fall nur<br />

lösen kann, wenn er sich mit der Forschung der Opfer<br />

<strong>und</strong> den Mechanismen inner- halb der Hochschule auseinandersetzt.<br />

Im jungen Biologiestudenten Reto Hagemann<br />

findet er einen Gesprächspartner <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>,<br />

der in ihm längst begrabene Sehnsüchte <strong>und</strong> Ideale<br />

weckt.Mit der Zeit entdeckt Hilvert hinter der noblen<br />

Fassade der ETH ungeahnte Abgründe. Aber auch die<br />

Intrigen im Polizei- korps, wo der Rücktritt des Polizeikommandanten<br />

heimtückische Energien freisetzt, machen<br />

ihm zu schaffen. Nur gut, dass sich der Hauptmann<br />

hier auf seinen Assistenten Bruno Jaun verlassen<br />

kann, selbst wenn der gr<strong>und</strong>sätzlich nicht viel von seinem<br />

arbeitsscheuen Chef hält. Schritt für Schritt kommt<br />

Hilvert der Auflösung der Fälle näher, doch je näher er<br />

ihr kommt, desto näher kommt der Täter auch Hilvert.­<br />

Severin Schwendener, selbst ein Doktorand, lässt die<br />

Lesenden in seinem spannenden Kriminalroman die<br />

Welt der Hochschu- len <strong>und</strong> der Medizinforschung<br />

hautnah miterleben<br />

02-46 Stamm, Peter: Sieben Jahre. Roman. (=fi<br />

17384) Frankfurt a.M. 03.2011, 304 S., br., 16.40*<br />

Sonja ist schön <strong>und</strong> intelligent <strong>und</strong> lebt mit Alex. Eine<br />

vorbildliche Ehe, er müsste glücklich sein. Aber wann<br />

ist die Liebe schon einfach? Und wie funktioniert das<br />

Glück? Iwona wäre neben Sonja fast unsichtbar, sie ist<br />

spröde <strong>und</strong> grau. Aber Alex fühlt sich lebendig bei ihr -<br />

<strong>und</strong> weiß nicht, warum. Sie liebt ihn. Er trifft sie immer<br />

wieder, <strong>und</strong> als sie von ihm schwanger wird <strong>und</strong> das<br />

Kind kriegt, das Sonja sich wünscht, setzt er alles aufs<br />

Spiel. Peter Stamm erzählt so lakonisch <strong>und</strong> leidenschaftlich<br />

wie kein anderer von widerstreitenden Gefühlen<br />

<strong>und</strong> der Sehnsucht nach dem Leben. ›Sieben<br />

Jahre‹ ist ein großer Roman über die Zumutung des<br />

Glücks, geliebt zu werden.<br />

02-47 Stamm, Peter: Ungefähre Landschaft. (=fi<br />

18824) Frankfurt a.M. 11.2010, 192 S., br., 14.80*<br />

Ein kleines norwegisches Dorf nördlich des Polarkrei­<br />

ses. An diesem Rand der Welt lebt Kathrine. Sie ist<br />

acht<strong>und</strong>zwanzig, hat aus erster Ehe ein Kind <strong>und</strong> unterbricht<br />

nur selten das Einerlei ihrer Tage. Sie lernt<br />

Thomas kennen <strong>und</strong> heiratet ihn. Er ist das, was man<br />

eine gute Partie nennt, er gibt ihr Halt. »Sein Leben<br />

war ein Strich durch die ungefähre Landschaft ihres<br />

Lebens.« Doch dann macht Kathrine eine Entdeckung,<br />

die sie tief verletzt.»Ungefähre Landschaft« ist der<br />

zweite Roman des Autors von »Agnes« <strong>und</strong> »Sieben<br />

Jahre«.<br />

02-48 Steiner, Jörg: Wer tanzt schon zu Musik<br />

von Schostakowitsch. (=st 4229) Berlin 2010(L), 104<br />

S., br., 11.50*<br />

Goody Eisinger ist einer, den die Leute mögen, weil er<br />

so erstaunliche, <strong>und</strong> wie er sagt, wahre Geschichten erfindet,<br />

in dessen Gegenwart sich jeder wohl fühlt <strong>und</strong><br />

sogar die »Äpfel singen«. Ein Philosoph, so heißt es in<br />

der Stadt. Hier wurde er geboren, hier ist er aufgewachsen,<br />

hier Vorarbeiter in den städtischen Werkhöfen<br />

gewesen <strong>und</strong> Aufseher im Museum für Vorgeschichte<br />

geworden, hier geblieben <strong>und</strong> von hier weggegangen,<br />

ohne Abschied zu nehmen. Eines Tages ist er einfach<br />

verschw<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> seinem Bruder bleibt nichts<br />

anderes, als von Goody zu erzählen. Und damit auch<br />

von sich.»Als eine Form der nachgetragenen Liebe<br />

rührt uns das Buch wie kein anderes. Man will nicht<br />

aufhören, seine schönsten Stellen weiterzuerzählen.<br />

[…] Was wäre die deutschsprachige Gegenwartsliteratur<br />

ohne den Schweizer Jörg Steiner?« DIE ZEIT<br />

02-49 Strebel, Ernst: Ein Letztes noch. Das Königsfelder<br />

Tagebuch von Konrad Liechti Roman. Zürich<br />

2010(L), 180 S., geb., 34.-*<br />

In den Neunzigerjahren des 19. Jh. arbeitet der Kantonsschüler<br />

Konrad Liechti für einen Sommer als Praktikant<br />

in der «Heil- <strong>und</strong> Pflegeanstalt» Königsfelden.<br />

In der Klinik hält sich auch der berühmte Dichter Conrad<br />

Ferdinand Meyer auf. Als dessen persönlicher Begleiter<br />

soll Konrad Liechti letzte Informationen für seinen<br />

Deutschlehrer <strong>und</strong> ersten Biografen des Dichters<br />

sammeln. Der alte Dichter aber erzählt ihm nicht seine<br />

eigene Geschichte, sondern die von Doktor Rainer<br />

Ernst. Dieser hatte sich in eben dieser Klinik in die Patientin<br />

Adelheid verliebt, deren Krankheit unheilbar<br />

schien. Nach kurzem, intensivem Liebesglück brachte<br />

er sie auf ihr Bitten um <strong>und</strong> folgte ihr in den Tod. In<br />

den täglichen Notizen Konrads vermischen sich die<br />

Wahnwelten aus dem Klinikalltag mit der unsicheren<br />

Suche des Schülers nach sich selbst <strong>und</strong> den letzten<br />

Versuchen des alten Dichters, eine dichterische Ordnung<br />

zu schaffen.<br />

02-50 Sulzer, Alain C.: Zur falschen Zeit. Roman.<br />

Köln 07.2010, 240 S., geb., 31.30*<br />

Mit der Wucht einer griechischen Tragödie erzählt<br />

Alain Claude Sulzer einen Roman über Liebe <strong>und</strong> Verrat<br />

<strong>und</strong> die Unausweichlichkeit des Schicksals.


<strong>Literatur</strong> 7<br />

02-51 Widmer, Urs: Herr Adamson. (=detebe<br />

24053) Zürich 12.2010, 208 S., br., 14.70*<br />

Es ist Freitag, der 22. Mai 2032. Einen Tag nach seinem<br />

vier<strong>und</strong>neunzigsten Geburtstag sitzt ein Mann in<br />

einem üppig blühenden Garten - es ist der Paradiesgarten<br />

seiner Kindheit -, neben sich einen Rekorder,<br />

<strong>und</strong> spricht seine Geschichte mit Herrn Adamson auf<br />

Band. Ein Buch über den Tod, erzählt in einer herzerwärmenden<br />

Heiterkeit.<br />

02-52 Wyss, Verena: Blutrunen. Kriminalroman.<br />

Messkirch 2010(L), 367 S., br., 18.90*<br />

2. Deutsche <strong>Literatur</strong><br />

02-53 Becker, Artur: Der Lippenstift meiner Mutter.<br />

Frankfurt a.M. 2010(L), 320 S., geb., 30.50*<br />

02-54 Beyer, Marcel: Spione. Roman. (=st 4207)<br />

Berlin 11.2010, 313 S., br., 16.40*<br />

Zu Spionen in ihren Familien werden Carl, Nora, Pauline<br />

<strong>und</strong> ihr Cousin. Wo andere in Fotoalben blättern,<br />

deren Bilder an die Eltern <strong>und</strong> Großeltern erinnern <strong>und</strong><br />

Familiengeschichte erzählen, stoßen sie auf Geheimnisse,<br />

auf Verschwiegenes <strong>und</strong> Verborgenes.<br />

02-55 Böldl, Klaus: Der nächtliche Lehrer. Roman.<br />

Frankfurt a.M. 2010(L), 128 S., geb., 25.90*<br />

In einer kleinen Stadt im hohen Norden von Schweden<br />

tritt Lennart eine Stelle als Lehrer an. Er heiratet die<br />

Bibliothekarin Elisabeth, die kurz darauf bei einem<br />

Unfall ums Leben kommt. Danach wird Lennart<br />

vollends zum Einzelgänger, der seine Tage auf einem<br />

prähistorischen Grabhügel verbringt <strong>und</strong> irgendwann<br />

seine Arbeit aufgibt. Nur manchmal kehrt er noch<br />

nachts in das Schulhaus zurück, wo er umgeht wie ein<br />

sanftes Gespenst, das sein Leben sucht.Klaus Böldl<br />

schreibt mit absoluter Souveränität über Sehnsucht,<br />

Erinnerung <strong>und</strong> den Lauf der Zeit - voller Lakonie, Humor<br />

<strong>und</strong> höchster Spannung. Es ist eine Prosa, die den<br />

Schleier der Wirklichkeit zerreißt, um das verborgene<br />

Geheimnis des Lebens aufzudecken.<br />

02-56 Braun, Volker: Die Unvollendete Geschichte<br />

<strong>und</strong> ihr Ende. (=BS 1277) Berlin 3. Aufl.<br />

2010(L), 122 S., br., 20.50*<br />

Geschildert wird die unmögliche Liebesbeziehung<br />

zwischen der achtzehnjährigen Tochter eines DDR-<br />

Funktionärs, Ratsvorsitzenden des Kreises K., <strong>und</strong><br />

einem jener typischen »Asozialen«, die sich dem Staat<br />

durch ihren Lebensstil verweigerten.Zwanzig Jahre<br />

später, 1996, nach Einsicht in seine Stasiakte, schreibt<br />

der Autor »Das Ende der Unvollendeten Geschichte«.<br />

Das Vorbild seiner Karin, erfuhr er, berichtete als IM<br />

»Martina« der Stasi von diesem Kontakt. Volker Braun<br />

nimmt die Eröffnung zum Anlaß für einen kritischen<br />

Rückblick auf die eigene Rolle des dissidenten, der<br />

DDR gleichwohl durch die Utopie des Sozialismus<br />

verb<strong>und</strong>enen Intellektuellen.<br />

02-57 Brinkmann, Rolf D: Vorstellung meiner<br />

Hände. Frühe Gedichte. Reinbek 2010(L), 96 S., geb.,<br />

24.50*<br />

Es hätte das eigentliche Debüt des Lyrikers Rolf Dieter<br />

Brinkmann werden sollen: der Gedichtband «Vorstellung<br />

meiner Hände», 1963 geschrieben, doch seinerzeit<br />

vom Verlag abgelehnt. Interesse hatte man an der<br />

Prosa des Autors, nicht an Gedichten, die sich von allem<br />

unterschieden, was damals als Lyrik galt. «Die<br />

Erde ist ein Sarg», «Rondo für Maleen», «Die hohen<br />

Feste des Luis Buñuel», «Die Bombe in meinem Kopf»,<br />

aber auch «Ihre schönen Knie», schon die Titel verraten:<br />

Die Verse des 23-Jährigen enthalten bereits den<br />

unverkennbaren Brinkmann-So<strong>und</strong>, vielleicht etwas roher,<br />

beredter, persönlicher, expressiver als später publizierte<br />

Texte des Autors. Was Georg Klein vor drei Jahren<br />

in der «Süddeutschen Zeitung» über Rolf Dieter<br />

Brinkmann schrieb, trifft auch für die neu aufgef<strong>und</strong>enen<br />

Gedichte zu: «Fast kindlich tastende Beschreibungspassagen<br />

wechseln mit Stücken, in denen die<br />

ganze Radikalität seiner Wahrnehmungsreflexion <strong>und</strong><br />

das merkwürdig verstockte, fast lauernde Potenzial seiner<br />

poetischen Möglichkeiten aufleuchten.»<br />

02-58 Bronsky, Alina: Die schärfsten Gerichte der<br />

tatarischen Küche. Roman. Köln 2010(L), 336 S., geb.,<br />

29.50*<br />

Die Geschichte der leidenschaftlichsten <strong>und</strong> durchtriebensten<br />

Großmutter aller ZeitenAm Anfang tut sie alles,<br />

um nicht Großmutter zu werden: Im Jahr 1978 ist<br />

Rosalinda wild entschlossen, die Schwangerschaft ihrer<br />

viel zu jungen <strong>und</strong> viel zu dummen Tochter zu beenden.<br />

Doch das misslingt, <strong>und</strong> sobald Aminat auf der<br />

Welt ist, entbrennt ein rücksichtsloser, grotesk-komischer<br />

Kampf um sie.Jenseits des Urals herrschen<br />

klare Verhältnisse: Die Tatarin Rosalinda bestimmt, ihr<br />

Gatte Kalganov spurt, <strong>und</strong> ihre Tochter Sulfia benimmt<br />

sich schlecht. Es mangelt an vielem, aber nicht an Ideen,<br />

<strong>und</strong> schon gar nicht an Willenskraft. Es steht also<br />

immer etwas Scharfes auf dem Tisch, <strong>und</strong> alle größeren<br />

Malheurs, die Sulfia anrichten könnte, werden verhindert.<br />

Nur ihre Schwangerschaft nicht, <strong>und</strong> auch nicht<br />

die Geburt von Aminat, dem genauen Gegenteil ihrer<br />

Mutter: schön, schlau, durchsetzungsfähig - ganz die<br />

Großmutter eben. Rosalinda steht zum ersten Mal einem<br />

Geschöpf gegenüber, das ihr ebenbürtig ist, <strong>und</strong><br />

wird die leidenschaftlichste Großmutter aller Zeiten.<br />

Im ungleichen Kampf zwischen der glücklosen Sulfia<br />

<strong>und</strong> der rücksichtslosen Rosalinda wird das Mädchen<br />

zur Wandertrophäe - <strong>und</strong> der Leser zum Zeugen haarsträubendster<br />

Ereignisse, komischster Szenen, schlagfertigster<br />

Dialoge.Alina Bronsky gelingt eine Glanzleistung:<br />

Sie lässt ihre radikale, selbstverliebte <strong>und</strong> komische<br />

Hauptfigur die Geschichte dreier Frauen erzählen,<br />

die unfreiwillig <strong>und</strong> unzertrennlich miteinander<br />

verb<strong>und</strong>en sind - in einem Ton, der unwiderstehlich ist.<br />

Durch drei Jahrzehnte <strong>und</strong> diverse Schicksalsschläge


8 <strong>Literatur</strong><br />

führt sie die ungleichen Frauen, <strong>und</strong> der Leser folgt ihr<br />

atemlos.Voller Gefühl, Sinnlichkeit, Drastik <strong>und</strong> Exotik:<br />

ein scharfer Frauenroman!<br />

02-59 Bruyn, Günter de: Die Zeit der schweren<br />

Not. Schicksale aus dem Kulturleben Berlins 1807 -<br />

1815. Frankfurt a.M. 2010(L), 432 S., geb., 37.90*<br />

Berlin nach der Niederlage gegen Napoleon. Preußen<br />

liegt wirtschaftlich <strong>und</strong> politisch am Boden. Zugleich<br />

aber öffnet gerade die Niederlage den Weg zu wichtigen<br />

Reformen, <strong>und</strong> bei aller materiellen Not erlebt Berlin<br />

weiterhin eine erstaunliche kulturelle Blüte. Im<br />

Zuge der sogenannten Befreiungskriege gelingt<br />

schließlich doch noch der Sieg über Napoleon, der<br />

neuerlichen Machtgewinn, aber nicht die erhoffte Einheit<br />

<strong>und</strong> Freiheit bringt. Wie schon in ›Als Poesie gut‹,<br />

seinem hoch gelobten Essay über die Berliner Kulturepoche<br />

zwischen 1786 <strong>und</strong> 1807, wird de Bruyn der<br />

Vielfalt <strong>und</strong> Widersprüchlichkeit von Preußens größter<br />

Epoche dadurch gerecht, dass er sie im Spiegel zahlreicher<br />

Einzelporträts <strong>und</strong> Geschichten reflektiert. Günter<br />

de Bruyn erzählt dabei von den berühmten Staatsmännern<br />

<strong>und</strong> Reformern der Zeit wie Hardenberg, Humboldt<br />

oder Gneisenau. Souverän <strong>und</strong> sensibel schildert<br />

er die Schicksale großer Autoren der Romantik wie<br />

Kleist, Rahel Varnhagen, Eichendorff <strong>und</strong> E.T.A. Hoffmann.<br />

Darüber hinaus aber folgt er auch den Abenteuern<br />

<strong>und</strong> politischen Irrwegen von Zeitgenossen wie<br />

Karl von François oder Turnvater Jahn.Einer der Autoren<br />

der Epoche, denen de Bruyns größte Sympathie<br />

gilt, ist Adelbert von Chamisso, von dem der Titel des<br />

Buches stammt. »Die Zeit der schweren Not« aber -<br />

darin liegt die bittere Ironie dieses Verses aus dem Jahr<br />

1813 - meint nicht Hunger <strong>und</strong> Elend nach der Niederlage<br />

gegen Napoleon, sondern die Not eines zum Deutschen<br />

gewordenen Franzosen, der inmitten der beginnenden<br />

Restauration <strong>und</strong> Kriegsbegeisterung seiner<br />

Zeit zum Außenseiter wird.((rechte Klappe:))Günter de<br />

Bruyn wurde am 1. November 1926 in Berlin geboren<br />

<strong>und</strong> lebt heute in Görsdorf bei Beeskow als freier<br />

Schriftsteller. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet,<br />

u.a. dem Heinrich-Böll-Preis, dem Thomas-<br />

Mann-Preis, dem Nationalpreis der Deutschen Nationalstiftung,<br />

dem Eichendorff-<strong>Literatur</strong>preis <strong>und</strong> dem<br />

Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache. Zu seinen bedeutendsten<br />

Werken gehören die beiden Bände seiner<br />

Autobiographie, ›Zwischenbilanz‹ <strong>und</strong> ›Vierzig Jahre‹,<br />

die frühen Romane ›Buridans Esel‹ <strong>und</strong> ›Neue Herrlichkeit‹<br />

<strong>und</strong> die Biographie ›Das Leben des Jean Paul<br />

Friedrich Richter‹.<br />

02-60 Buhl, Theodor: Winnetou August. Roman.<br />

Frankfurt a.M. 2010(L), 320 S., geb., 32.90*<br />

Der Krieg aus der Perspektive eines Jungen, der die<br />

Welt gerade erst entdeckt.<br />

02-61 Canetti, Veza: Die Schildkröten. Roman.<br />

(=fi 18414) Frankfurt a.M. 03.2011, 304 S., br., 16.40*<br />

Dr. Andreas Kain, ein stiller jüdischer Gelehrter, lebt<br />

mit seiner Frau in einer Villa am Rande von Wien. Als<br />

die Nazis Österreich besetzen, planen die Eheleute, mit<br />

einem heimlich gekauften Flugzeug zu fliehen.Veza Canettis<br />

Roman entstand kurz nach ihrer Flucht mit Elias<br />

Canetti nach England im Jahr 1938 - ein schockierendes<br />

<strong>und</strong> berührendes Zeugnis menschlicher Würde in<br />

einer Zeit allgegenwärtiger Niedertracht.<br />

02-62 Duve, Karen: Anständig essen. Wie ich versuchte,<br />

ein besserer Mensch zu werden. Ein Selbstversuch.<br />

Köln 01.2011, 280 S., geb., 31.30*<br />

Lebt es noch oder isst du es schon? Ein Selbstversuch.<br />

"Die dringendste Frage zu Beginn meiner Bio-Phase:<br />

ob ichweiterhin Cola-Light trinken kann. Davon gehe<br />

ich nämlich aus. Cola-Light besteht doch sowieso ausschließlich<br />

aus Chemie. Da dürfte sich die Bio-Frage<br />

eigentlich gar nicht erst stellen." Karen Duve gehörte<br />

nicht eben zur Ges<strong>und</strong>heitsfraktion.Bratwürstchen <strong>und</strong><br />

Gummibären wanderten genauso in ihren Einkaufswagen<br />

wie Schokolade <strong>und</strong> Curryketchup in 1-L-­<br />

Plastikflaschen. Doch dann zog sie mit jemandem zusammen,<br />

der schnell den Spitznamen Jiminy Grille erhielt<br />

- nach dem personifizierten Gewissen der Holzpuppe<br />

Pinocchio. Denn Jiminy schrie auf, wenn Karen<br />

Duve nach der "Grillhähnchenpfanne für 2,99" griff.<br />

Und Karen Duve musste einräumen, dass das Leben<br />

der "Grillhähnchenpfanne" vor ihrer Schockfrostung<br />

wohl eher unerfreulich gewesen war. So stellten sich<br />

vor der Tief kühltruhe schnell gr<strong>und</strong>legende Fragen:<br />

Darf man Tiere eigentlich essen?Und wenn Tiere nicht,<br />

warum dann Pflanzen? Wo beginnt die menschliche<br />

Empathie, <strong>und</strong> warum? Was sind wir bereit aus Rücksicht<br />

auf die Mitlebewesen zu opfern? Oder können wir<br />

sogar einen persönlichen Gewinn daraus ziehen, unsere<br />

Gewohnheiten zu ändern?Irgendwann wollte Karen<br />

Duve es wirklich wissen: Jeweils zwei Monate lang testet<br />

sie seitdem Ernährungsweisen mit moralischem Anspruch:<br />

Biologisch-organisch, vegetarisch, vegan <strong>und</strong><br />

am Ende sogar frutarisch, also nur das, was die Pflanze<br />

freiwillig spendet. Parallel dazu setzt sie sich mit der<br />

dahinterstehenden Weltsicht auseinander - <strong>und</strong> liefert<br />

sich mit Jiminy Grille die unausweichlichen Verbalduelle.<br />

Erst kurz vor der Veröffentlichung dieses Buches<br />

wird sie eine Lebensentscheidung treffen - die, wie sie<br />

sich weiterernähren <strong>und</strong> weiter leben will. Schonungslos<br />

<strong>und</strong> mit der ihr eigenen knochentrockenen Komik<br />

setzt sie sich jenseits aller Ideologien mit der Frage<br />

auseinander: Wie viel gönne ich mir auf Kosten anderer?<br />

02-63 Enzensberger, Christian: Eins nach dem<br />

andern. Gedichte in Prosa. München 2010(L), 80 S.,<br />

br., 19.90*<br />

02-64 Enzensberger, Hans M.: Gedichte 1950-<br />

2010. (=st 4201) Berlin 2010(L), 250 S., br., 16.40*<br />

In dieser Auswahl mischt Enzensberger gegenüber den


<strong>Literatur</strong> 9<br />

gesammelten Gedichten von 2005 die Karten neu: Auf<br />

einiges darin mochte er aus der Sicht von 2010 verzichten,<br />

anderes aus der Geschichte der Wolken (2003)<br />

<strong>und</strong> vor allem aus dem zuletzt erschienenen Gedichtband<br />

Rebus (2009) hat er hinzugenommen. So schreibt<br />

sich die Auswahl seiner Gedichte fort als die Geschichte<br />

eines Zeitgenossen, der die Systeme hinter sich läßt<br />

<strong>und</strong> der unfaßlichen Monstrosität der ‚Realität’ (s)eine<br />

Sprache gibt.<br />

02-65 Erpenbeck, Jenny: Dinge, die verschwinden.<br />

München 01.2011, 160 S., br., 13.10*<br />

Sperrmüll. Jugend. Öfen <strong>und</strong> Kohle. Männer. Jahre.<br />

Fre<strong>und</strong>innen. Socken. Vielfältig <strong>und</strong> zahlreich sind die<br />

Dinge, die verschwinden können. Jenny Erpenbeck hat<br />

ein<strong>und</strong>dreißig davon in kleinen, hinreißenden Miniaturen<br />

des Alltags versammelt. Mal betrauert sie das Abhandenkommen,<br />

manchmal belächelt sie es, manchmal<br />

nimmt sie es mit Erleichterung zur Kenntnis. Zusammen<br />

ergeben die verschw<strong>und</strong>enen Dinge ein subtiles<br />

Porträt des Lebens von heute, in Deutschland.<br />

02-66 Gauß, Karl M.: Die fröhlichen Untergeher<br />

von Roana. Unterwegs zu den Assyrern, Zimbern <strong>und</strong><br />

Karaimen. (=dtv 34631) München 03.2011, 160 S.,<br />

Fot., br., 13.90*<br />

Sprechen Sie Zimbrisch? Das tun sonst nur noch ein<br />

paar tausend Menschen in Oberitalien. Gauß hat sie<br />

besucht. Außerdem berichtet er von seinen Begegnungen<br />

mit Assyrern in Schweden, aus dem Nahen Osten<br />

ausgewanderten Christen, die Aramäisch sprechen,<br />

<strong>und</strong> von seinen Erlebnissen mit den geheimnisvollen<br />

Karaimen in Litauen, von denen manche sich für Angehörige<br />

eines verlorengegangenen jüdischen Stammes<br />

halten.<br />

02-67 Genazino, Wilhelm: Das Glück in glücksfernen<br />

Zeiten. Roman. (=dtv 13950) München 01.2011,<br />

160 S., br., 14.70*<br />

Der Arbeitsmarkt kennt keine Gnade, erst recht nicht<br />

für promovierte Philosophen. Daher nimmt Gerhard<br />

Warlich einen Job in einer Großwäscherei an <strong>und</strong> richtet<br />

sich ein in seiner wenig aufregenden, aber sicheren<br />

Existenz. Doch als sich seine Fre<strong>und</strong>in Traudel ein<br />

Kind wünscht, gerät Warlich, der am liebsten nur halbtags<br />

leben möchte, völlig aus dem Tritt. Genazino erzählt<br />

diese Geschichte eines traurigen Helden, eines an<br />

Details leidenden Alltagsmelancholikers, <strong>und</strong> seiner<br />

viel weniger traurigen Fre<strong>und</strong>in, mit verblüffender Lakonie.<br />

02-68 Geyersbach, Ulf: Machandels Gabe. Roman.<br />

Zürich 2010(L), 240 S., geb., 30.50*<br />

Die sonderbare Geschichte vom Winzling Machandel,<br />

der auszog, der Welt das Geschenk des feinen Geschmacks<br />

zu machen.<br />

02-69 Goethe, Johann Wolfgang von: Gedichte<br />

1756-1799. (=DKVTb 44) Berlin 2010(L), 1336 S., br.,<br />

33.-*<br />

Gedichte haben ihn sein Leben lang begleitet, geradezu<br />

universal ist die Vielfalt der Themen <strong>und</strong> Formen seiner<br />

Lyrik. In ihnen breitete er seine Empfindungen <strong>und</strong><br />

Bekenntnisse aus, legte er seine Weltanschauung vor,<br />

reagierte er polemisch oder fre<strong>und</strong>lich auf Tagesereignisse<br />

<strong>und</strong> Zeitgenossen.Der Band enthält sämtliche Gedichte<br />

Goethes von 1756 bis 1799. Er bietet vollständig<br />

<strong>und</strong> überwiegend zum ersten Mal innerhalb einer Gesamtausgabe<br />

Goethes eigene Sammlungen sowie jene<br />

Gedichte, die er entweder nicht oder erst längere Zeit<br />

nach ihrer Entstehung in Sammlungen aufgenommen<br />

hat.Zusammen mit den Gedichten 1800-1832, die ebenfalls<br />

als Taschenbuch im Deutschen Klassiker Verlag<br />

erschienen sind (TB 45), umfaßt die Ausgabe das lyrische<br />

Gesamtwerk des Dichters mit Ausnahme des Westöstlichen<br />

Divans (Deutscher Klassiker Verlag TB 38) in<br />

allen Fassungen, angeordnet in der zeitlichen Folge<br />

der Erstdrucke sowie nach Goethes eigenen Sammlungen<br />

<strong>und</strong> damit so authentisch wie möglich. Alle Texte<br />

sind aus den Quellen ediert <strong>und</strong> von einem der besten<br />

Goethe-Kenner unserer Zeit umfassend kommentiert.Einer<br />

der Höhepunkte der berühmten Goethe-­<br />

Ausgabe des Deutschen Klassiker Verlages!<br />

02-70 Goethe, Johann Wolfgang von: Gedichte<br />

1800-1832. (=DKVTb 45) Berlin 2010(L), 1432 S.,,<br />

33.-*<br />

Goethe hat seine Gedichtsammlungen als lyrische Lesebücher<br />

angelegt, in denen der Leser von Gedicht zu<br />

Gedicht geführt <strong>und</strong> in ein 'geselliges' Gesprächsspiel<br />

verwickelt werden sollte. Dieser Band bringt Goethes<br />

Gedichtausgabe 'letzter Hand' erstmals so übersichtlich,<br />

wie sie von Goethe tatsächlich beabsichtigt war.<br />

Darüber hinaus enthält der Band die von Goethe selbst<br />

nicht mehr veröffentlichten Gedichte des Zeitraums<br />

1800-1832: die zahlreichen Gedichte an Personen, die<br />

teils bissigen, teils humorvollen Verse, in denen er seinem<br />

Ärger über mißwollende Zeitgenossen Luft machte,<br />

<strong>und</strong> die fast legendär gewordenen Erotika aus dem<br />

'Walpurgisnachtsack'.Zusammen mit den Gedichten<br />

1756-1799, die ebenfalls als Taschenbuch im Deutschen<br />

Klassiker Verlag erschienen sind (TB 44), umfaßt<br />

die Ausgabe das lyrische Gesamtwerk des Dichters mit<br />

Ausnahme des West-östlichen Divans (Deutscher Klassiker<br />

Verlag TB 38) in allen Fassungen, angeordnet in<br />

der zeitlichen Folge der Erstdrucke sowie nach Goethes<br />

eigenen Sammlungen. Alle Texte sind aus den<br />

Quellen ediert <strong>und</strong> von einem der besten Goethe-Kenner<br />

unserer Zeit kommentiert.Einer der Höhepunkte<br />

der berühmten Goethe-Ausgabe des Deutschen<br />

Klassiker Verlages!<br />

02-71 Goldschmidt, Georges A.: Die Befreiung.<br />

Erzählung. (=fi 18131) Frankfurt a.M. 11.2010, 216 S.,<br />

br., 16.40*<br />

Arthur ist kein Kind mehr <strong>und</strong> doch nicht erwachsen,<br />

aber er leistet Großes. Allein flieht er vor den Nazis


10 <strong>Literatur</strong><br />

über Italien in die Französischen Alpen, versteckt sich<br />

bei einem Bauern <strong>und</strong> kehrt zurück ins Internat. Die<br />

Entdeckung des eigenen Körpers geht einher mit einer<br />

seltsamen Mischung aus Lust, Scham <strong>und</strong> Schuld,<br />

Schuld auch, als Jude überlebt zu haben. Jugendliche<br />

Sexualverwirrung <strong>und</strong> historische Katatsrophe bleiben<br />

untrennbar miteinander verwoben. Der Sprachjongleur<br />

Goldschmidt erzählt kraftvoll <strong>und</strong> sehr eindringlich.Wie<br />

kein anderer weiß George-Arthur Goldschmidt<br />

die eigene Lebensgeschichte in brilliante <strong>Literatur</strong> zu<br />

verwandeln.<br />

02-72 Götsch, Monika: Wasserblau. Roman. Zürich<br />

2010(L), 240 S., geb., 28.90*<br />

Es beginnt mit einem rätselhaften Anruf. Ellen, seit der<br />

Geburt ihrer Tochter chronisch überfordert <strong>und</strong> nun in<br />

Erwartung ihres zweiten Kindes, wird gebeten, von<br />

Hamburg nach Petersbach zu kommen, wo sie als kleines<br />

Mädchen für einige Zeit mit den Eltern gelebt hat.<br />

Dort soll ihr eine Mappe mit Unterlagen ausgehändigt<br />

werden. Ellen macht sich sofort auf den Weg. In Petersbach<br />

sieht sie sich mit verstörenden Dingen konfrontiert:<br />

Der mysteriöse Anruf galt gar nicht ihr, sondern<br />

ihrer vor kurzem verstorbenen Mutter Elisabeth, <strong>und</strong><br />

sie erfährt von der Existenz eines kleinen Bruders, an<br />

den sie sich nicht erinnern kann. Warum haben die Eltern<br />

den Bruder verschwiegen? Was ist mit ihm? Welches<br />

Geheimnis hat die Mutter mit ins Grab genommen?<br />

Ellen begibt sich beklommen auf die Spurensuche,<br />

um ihren Fragen auf den Gr<strong>und</strong> zu gehen <strong>und</strong><br />

taucht ein in die Vergangenheit ihrer Mutter.<br />

02-73 Grünbein, Durs: Aroma. Ein römisches<br />

Zeichenbuch. Berlin 2010(L), 182 S., geb., 30.50*<br />

Einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dichter<br />

der Gegenwert stellt sich in Vers <strong>und</strong> Prosa der Ewigen<br />

Stadt.&#8222;Aufblühen wird man hier, auch als kraut<br />

sich gern überlassen.Dem wohligen Phototropismus.<br />

Der man im Norden war,Dieser Eisblock Identität, Psyches<br />

Schneemann ist bald zerronnen.&#8220;Der so<br />

spricht, ist an einem Ort angekommen, wo viele seiner<br />

Schreib- <strong>und</strong> Lebensmotive zusammenlaufen. Durs<br />

Grünbeins Jahr in Rom hat Gestalt gewonnen in einem<br />

Zeichenbuch. Die Stadt - &#8222;Roma caput<br />

m<strong>und</strong>i&#8220; - wird als ein Schauplatz der Zeichen<br />

<strong>und</strong> Verweise erfahren <strong>und</strong> schlägt sich, wie bei den<br />

Reisenden früherer Zeiten, in Zeichnungen nieder -<br />

freilich in geschriebener Form. Aus vier Kapiteln gefügt,<br />

entstand so sein opus incertum, nach dem Vorbild<br />

des altrömischen Mauerwerks aus Bruchsteinen.Grünbeins<br />

Aroma eröffnet mit langzeiligen Gedichten in<br />

freiem, hexametrisch gewitterndem Versmaß: doch<br />

nicht auf der Suche nach dem verlorenen Gestern. Vielmehr<br />

sind es die kaleidoskopisch zu fassenden Momente<br />

der Gegenwart, die den Blick des Dichters auf Stadt<br />

<strong>und</strong> Umland lenken. Die geistige Bruderschaft im Zeichen<br />

der Urbanität findet der Dichter, über die Zeiten<br />

hinweg, in Juvenal, dessen Dritte Satire er neu übersetzt<br />

<strong>und</strong> erläutert. In einer Reihe von Prosabildern,<br />

die an römischen Erinnerungsorten den Apostel Paulus<br />

so gut einfangen wie den Antiquitätenhändler <strong>und</strong> den<br />

afrikanischen Immigranten, bricht Grünbein mit dem<br />

lyrischen Maß, bevor in freien Versen das Zeichenbuch<br />

ausklingt: &#8222;Die Städte träumen alle voneinander.<br />

/ Sie rufen sich beim Markennamen, <strong>und</strong> das<br />

Echo / Hallt durch die engen Korridore der<br />

Straßen.&#8220;<br />

02-74 Gstrein, Norbert: Die ganze Wahrheit. Roman.<br />

München 2010(L), 304 S., geb., 29.90*<br />

02-75 Hacke, Axel u.a.: Wofür stehst Du? Was in<br />

unserem Leben wichtig ist. Eine Suche. Köln 09.2010,<br />

256 S., geb., 31.30*<br />

Wofür stehst Du? Ein Plädoyer gegen die Gleichgültigkeit.Giovanni<br />

di Lorenzo <strong>und</strong> Axel Hacke haben zusammen<br />

ein ungewöhnliches Buch geschrieben: Sie stellen<br />

die große Frage nach den Werten, die für sie maßgeblich<br />

sind - oder sein sollten. Zwei Fre<strong>und</strong>e, nahezu<br />

gleichaltrig, stellen fest, dass sie sich in Jahrzehnten<br />

über vieles Private ausgetauscht haben, Leidenschaften,<br />

Ehen <strong>und</strong> Trennungen, Erfolge, Ängste <strong>und</strong> Todesfälle,<br />

dass aber eines zwischen ihnen seltsam unbesprochen<br />

blieb: An welche gr<strong>und</strong>legenden Werte glaubst du<br />

eigentlich, wenn es nicht um dich, sondern um uns alle<br />

geht? Was ist wirklich wichtig in diesem Land? Für<br />

welche Ziele der Gemeinschaft bist du bereit, dich einzusetzen?<br />

Kurz: Wofür stehst du? Wir leben in Zeiten<br />

unübersehbaren Rückzugs ins Persönliche, einer nachgerade<br />

verbissenen, ja, verzweifelten Glückssuche im<br />

Privaten, der massenhaften Ablehnung gesellschaftlicher<br />

Verantwortung, in Zeiten von Missmut, Frust <strong>und</strong><br />

Gemoser über den Staat. Die Beteiligung an Wahlen<br />

sinkt kontinuierlich, die Bereitschaft, sich als Bürger zu<br />

verstehen, wird immer geringer. Dafür wachsen Ansprüche<br />

auf der einen, Gleichgültigkeit auf der anderen<br />

Seite. Das ist angesichts großer Herausforderungen<br />

eine unakzeptable Situation, aus der viele Menschen<br />

für sich selbst ratlos <strong>und</strong> vergeblich einen Ausweg suchen.In<br />

diesem Buch versuchen die Autoren zu beschreiben,<br />

welche Werte sie für wichtig halten - <strong>und</strong><br />

dies auf sehr ungewöhnlichen Wegen: nicht als abstrakten<br />

Tugendkatalog, sondern als eine Art Inventur<br />

bisheriger Lebensführung. Manchmal jeder für sich,<br />

dann wieder beide gemeinsam oder im Schlagabtausch,<br />

mal essayistisch, mal im Stile von Reportern, geradezu<br />

psychoanalytisch suchend, bisweilen poetisch <strong>und</strong> assoziativ,<br />

dann wieder sehr nüchtern reflektierend, immer<br />

subjektiv erzählend <strong>und</strong> sehr selbstkritisch suchen<br />

die Autoren nach Antworten in den großen Themenfeldern<br />

Politik <strong>und</strong> Staat, Klimawandel, Gerechtigkeit,<br />

Migration <strong>und</strong> Fremdheit, Angst <strong>und</strong> Depression,<br />

Krankheit <strong>und</strong> Tod.<br />

02-76 Handke, Peter: Ein Jahr aus der Nacht ge­


<strong>Literatur</strong> 11<br />

sprochen. Salzburg 2010(L), 200 S., br., 30.90*<br />

02-77 Hermann, Judith: Alice. (=fi 18545)<br />

Frankfurt a.M. 11.2010, 192 S., br., 14.80*<br />

»Die Planeten laufen langsam. Aber sie machen ihre<br />

Transite. Und dann ändert sich dein ganzes<br />

Leben.«Wenn jemand geht, der dir nahe ist, ändert sich<br />

dein ganzes Leben, es ändert sich, ob du willst oder<br />

nicht. Alles wird anders. Alice ist die Heldin dieser fünf<br />

Geschichten, alle erzählen von ihr - <strong>und</strong> davon, wie das<br />

Leben ist <strong>und</strong> das Lieben, wenn Menschen nicht mehr<br />

da sind. Dinge bleiben zurück, Bücher, Briefe, Bilder,<br />

<strong>und</strong> ab <strong>und</strong> zu täuscht man sich in einem Gesicht. Lebenswege<br />

kreuzen sich, ändern die Richtung <strong>und</strong> werden<br />

unwiederbringlich auseinandergeführt. Die Autorin<br />

von »Sommerhaus, später« <strong>und</strong> »Nichts als Gespenster«<br />

schreibt Geschichten von ungeheurer Kraft<br />

<strong>und</strong> großer literarischer Schönheit.<br />

02-78 Hettche, Thomas: Die Liebe der Väter. Roman.<br />

Köln 2010(L), 224 S., geb., 25.90*<br />

Die berührende Geschichte eines Vaters, der um seine<br />

Tochter kämpft.Peter hat eine Tochter, aber das Sorgerecht<br />

für sie hat er nicht. Annika war zwei, als er <strong>und</strong><br />

ihre Mutter sich trennten. Seitdem gerät jede elterliche<br />

Absprache zum Machtkampf um die inzwischen dreizehnjährige<br />

Annika. Ein Silvesterurlaub auf Sylt wird<br />

für Vater <strong>und</strong> Tochter zur entscheidenden Probe auf<br />

ihre Liebe.Die Reise auf die Insel ist für den Verlagsvertreter<br />

Peter auch eine Rückkehr in Landschaften der<br />

Vergangenheit. Hier hat er die Sommer seiner Kindheit<br />

verbracht, als seine Mutter in einer <strong>Buchhandlung</strong> in<br />

Kampen arbeitete. Die Spaziergänge am Strand, die<br />

alte Kirche von Keitum, der Leuchtturm rufen Erinnerungen<br />

in ihm wach. Zum ersten Mal versucht er, seiner<br />

Tochter von sich zu erzählen. Er begegnet Susanne<br />

wieder, einer Fre<strong>und</strong>in aus der Schulzeit, mittlerweile<br />

verheiratet <strong>und</strong> Mutter zweier Kinder. Und er muss erleben,<br />

dass er auf die Väter der scheinbar heilen Familien,<br />

die diese Ferien zusammen verbringen, wie ein<br />

Menetekel wirkt. Es ist die Zeit zwischen den Jahren,<br />

die Rauhnächte, in denen Tiere sprechen können <strong>und</strong><br />

die Tore der Geisterwelt offen stehen. "Die Wilde Jagd"<br />

tobt um das Ferienhaus auf der Düne, ein Wintersturm.<br />

Und in der Silvesternacht, zusammen mit Fre<strong>und</strong>en im<br />

"Sansibar", steht plötzlich Peters gesamte Existenz auf<br />

dem Spiel. Atemlos folgt man seiner Stimme, die erzählt,<br />

was ihm geschieht - gegenwärtig, distanzlos, unmittelbar.<br />

Dieser Roman über die Schwierigkeit, heute<br />

Vater zu sein, ist Thomas Hettches persönlichstes Buch.<br />

Meisterhaft gelingt es ihm, die Atmosphäre des<br />

winterlichen Sylt mit einem Familiendrama zu<br />

verbinden, in dem es um die eigene Vergangenheit geht,<br />

die persönliche Integrität <strong>und</strong> eine gemeinsame<br />

Zukunft.<br />

02-79 Junge, Ricarda: Die komische Frau. Roman.<br />

Frankfurt a.M. 2010(L), 192 S., geb., 29.60*<br />

Geister oder die Schatten der Vergangenheit? Ein Haus<br />

nahe der Berliner Karl-Marx-Allee, durch das der<br />

Atem der Geschichte weht, eine junge Frau, die mit der<br />

Vergangenheit konfrontiert wird, als ihre Gegenwart<br />

aus den Fugen gerät, <strong>und</strong> ein kleiner Junge, dessen<br />

Phantasien immer realer werden.Lena <strong>und</strong> Leander<br />

ziehen mit ihrem Sohn von Hamburg nach Berlin - in<br />

einen der stalinistischen Prachtbauten nahe der Karl-<br />

Marx-Allee. In diesen Häusern, einst verdienten Kommunisten<br />

vorbehalten, sind auch Jahre nach der Wiedervereinigung<br />

die alten Strukturen <strong>und</strong> Seilschaften<br />

noch lebendig.Belustigt beobachten die Neuzugezogenen<br />

die alten Mieter, die hier seit Jahrzehnten wohnen<br />

<strong>und</strong> wie in alten Zeiten ihr Hausbuch führen. Dann<br />

trennen sich Lena <strong>und</strong> Leander, er zieht aus. Und plötzlich<br />

geschehen merkwürdige Dinge: Hatte Lena die<br />

Fenster nicht geschlossen? Hat sie wirklich vergessen,<br />

die Kerzen zu löschen? Und wen sieht ihr kleiner Sohn,<br />

wenn er immer öfter ängstlich von der „komischen<br />

Frau“ spricht?Eigentlich hatte sie gedacht, dass die<br />

Trennung von Leander eine Erlösung ist, dass sie den<br />

Weg frei macht für ein neues Leben. Plötzlich aber gerät<br />

alles aus dem Lot …<br />

02-80 Jünger, Ernst: Das abenteuerliche Herz. Figuren<br />

<strong>und</strong> Capriccios. (=RUB 18680) Ditzingen<br />

2010(L), 200 S., br., 7.90*<br />

Als Ernst Jünger 1938 "Das abenteuerliche Herz" in<br />

seiner zweiten Fassung veröffentlichte, war er 43 Jahre<br />

alt, dieses Buch markiert die Mitte seines Schriftstellerlebens.<br />

02-81 Jünger, Ernst: Kriegstagebuch 1914-1918.<br />

Stuttgart 2010(L), 660 S., geb., 46.90*<br />

Die Erstveröffentlichung des Kriegstagebuchs - kommentierte<br />

Ausgabe mit Nachwort Mit dieser Ausgabe<br />

sind Ernst Jüngers Tagebücher aus dem Ersten Weltkrieg<br />

erstmals allgemein zugänglich - ein einzigartiges<br />

literarisches <strong>und</strong> zeitgeschichtliches Dokument <strong>und</strong><br />

eine editorische Sensation! Ernst Jüngers Frontbericht<br />

"In Stahlgewittern" ist neben Erich Maria Remarques<br />

Roman "Im Westen nichts Neues" das berühmteste<br />

deutschsprachige Buch über den Ersten Weltkrieg. Die<br />

"Stahlgewitter" sind jedoch kein rein fiktionales Werk,<br />

sondern basieren auf den 15 Tagebuchheften, die Jünger<br />

während des Krieges von der ersten Fahrt an die<br />

Front am Jahreswechsel 1914/15 bis zu seiner letzten<br />

Verw<strong>und</strong>ung im August 1918 kontinuierlich führte. Der<br />

Verlauf vieler Tage wird nur in kurzen Notizen festgehalten,<br />

die Kampfeinsätze in den großen Schlachten<br />

werden hingegen erzählerisch vergegenwärtigt:<br />

Persönliches steht neben Militärischem, Empfindsames<br />

neben Martialischem, Amouröses neben<br />

Barbarischem,Anrührendes neben Abstoßendem. Und<br />

bei alledem lässt sich genauestens mitverfolgen,wie die<br />

Erfahrungen des Krieges von Jünger psychisch<br />

verarbeitet <strong>und</strong> stufenweise literarisiert wurden.


12 <strong>Literatur</strong><br />

02-82 Kehlmann, Daniel: Ruhm. Ein Roman in<br />

neun Geschichten. (=rororo 24926) Reinbek 2010(L),<br />

208 S., br., 14.50*<br />

Ein Schriftsteller mit der unheilvollen Neigung, Menschen,<br />

die ihm nahe stehen, zu <strong>Literatur</strong> zu machen, ein<br />

verwirrter Internetblogger, ein Abteilungsleiter mit<br />

Doppelleben, ein berühmter Schauspieler, der lieber<br />

unbekannt wäre, eine alte Dame auf der Reise in den<br />

Tod: Ihre Wege kreuzen sich in einem Geflecht von Episoden<br />

zwischen Wirklichkeit <strong>und</strong> Schein. Ein Spiegelkabinett<br />

voll unvorhersehbarer Wendungen - komisch,<br />

tiefgründig <strong>und</strong> elegant erzählt.<br />

02-83 Kempowski, Walter: Hamit. Tagebuch<br />

1990. München 12.2010, 432 S., br., 19.70*<br />

Es ist leichter fortzugehen als zurückzukommen. Diese<br />

Erfahrung steht über dem dritten Band des persönlichen<br />

Tagebuchs von Walter Kempowski. Nach »Sirius«<br />

<strong>und</strong> »Alkor«, den Sternenbildern, ist das Jahr 1990,<br />

das Jahr der Wiedervereinigung, für den leidenschaftlichen<br />

Wörtersammler aus Nartum das Jahr, in dem er<br />

sich zum fernsten Stern seines Lebens aufmacht, in die<br />

Heimat - Hamit, wie man im Erzgebirge sagt.<br />

02-84 Köhlmeier, Michael: Madalyn. Roman.<br />

München 2010(L), 176 S., geb., 26.90*<br />

02-85 Kronauer, Brigitte: Die Tricks der Diva.<br />

Die Kleider der Frauen. (=RTb 20212) Ditzingen<br />

2010(L), 250 S., br., 15.90*<br />

Das Buch vereint die beiden Erzählungszyklen "Die<br />

Tricks der Diva" <strong>und</strong> "Die Kleider der Frauen".<br />

02-86 Kronauer, Brigitte: Favoriten. Aufsätze zur<br />

<strong>Literatur</strong>. Stuttgart 2010(L), 200 S., geb., 30.50*<br />

Die vorliegenden Essays sind ein Glücksfall im Werk<br />

von Brigitte Kronauer <strong>und</strong> stammen aus einem Zeitraum<br />

von über dreißig Jahren. Einige davon werden<br />

hier zum ersten Mal publiziert. Darunter sind deutschsprachige<br />

"Favoriten" wie Georg Büchner <strong>und</strong> Robert<br />

Walser, aber auch internationale Lieblingsautoren von<br />

Knut Hamsun bis Joseph Conrad. Brigitte Kronauer<br />

spricht in ihrem neuesten Buch von der Wertschätzung<br />

für ihre literarischen "Favoriten". Sie schmeckt dem<br />

Aroma von deren <strong>Literatur</strong> nach <strong>und</strong> versucht hinter<br />

das Geheimnis ihrer Wirkung zu kommen. Mal schmecken<br />

die Lieblinge süß, mal bitter, am besten beides zugleich.<br />

Dieser Empfindung traut sie unbeirrt, manchmal<br />

bis zu glühender Parteilichkeit. Die Zuneigung<br />

kann sich dabei auf das Gesamtwerk, auf ein einzelnes<br />

Buch oder einen Werkabschnitt beziehen, ohne dass die<br />

menschlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Debakel vergessen<br />

werden. Immer aber sind es verführerische <strong>und</strong><br />

emphatische Aufforderungen zu eigener Lektüre. Die<br />

"Favoriten": Georg Büchner, Joseph Conrad, William<br />

Faulkner, Hubert Fichte, Grimmelshausen, Knut<br />

Hamsun, Helmut Heißenbüttel, Eckhard Henscheid,<br />

Gerard Manley Hopkins, Victor Hugo, Herman<br />

Melville, Eduard Mörike, Hans Erich Nossack, Jean<br />

Paul, Wilhelm Raabe, Marie-Luise Scherer, Adalbert<br />

Stifter, Robert Walser, William Carlos Williams, Ror<br />

Wolf, Virginia Woolf<br />

02-87 Lehr, Thomas: September. Fata Morgana.<br />

Roman. München 2010(L), 480 S., geb., 37.90*<br />

02-88 Lentz, Michael u.a. (Hg.): In diesem Land.<br />

Gedichte aus den Jahren 1990 - 2010. Frankfurt a.M.<br />

2010(L), 640 S., geb., 29.70*<br />

Am 3. Oktober 1990 entstand ein neues Land. Eine<br />

neue Epoche brach an. Seit 20 Jahren leben wir nun in<br />

diesem Deutschland. Und die <strong>Literatur</strong>? In 400 Gedichten<br />

von 100 Lyrikern <strong>und</strong> Lyrikerinnen spüren Michael<br />

Lentz <strong>und</strong> Michael Opitz dieser Gegenwart nach.<br />

Entstanden ist ein facettenreiches Porträt eines jungen<br />

Landes, ein breites Spektrum politischer <strong>und</strong> poetischer<br />

Positionen, ein Dokument der jüngsten Lyrikgeschichte.<br />

02-89 Lewitscharoff, Sibylle: Consummatus. Roman.<br />

(=st 4230) Berlin 11.2010, 240 S., br., 14.80*<br />

Stuttgart, Café Rösler, Samstag, den 3. April 2004 (vormittags)<br />

- ein Mann trinkt. Ralph Zimmermann ist allein<br />

mit sich <strong>und</strong> dem Alkohol. Oder auch nicht. Bei<br />

ihm sind Andy Warhol, Edie Sedgwick, Jim Morrison<br />

<strong>und</strong> nicht zuletzt seine Geliebte Joey. Tot zwar allesamt,<br />

aber doch anwesend genug, um einen Stift zumindest<br />

auf glatter Fläche ein paar Millimeter rollen zu<br />

lassen.<br />

02-90 Maier, Andreas: Das Zimmer. Roman. Berlin<br />

2010(L), 210 S., geb., 27.50*<br />

Mit einem Bein steht er noch im Paradies, dafür hat die<br />

Geburtszange gesorgt. Immer ist er ein Kind geblieben,<br />

<strong>und</strong> wurde doch stets älter, <strong>und</strong> leben mußte er auch irgendwie.<br />

Nun ist er schon dreißig <strong>und</strong> hat seine große<br />

Liebe, einen VW-Variant Typ 3, mit dem fährt er zwischen<br />

den blühenden Rapsfeldern umher. Es ist das<br />

Jahr der ersten Mondlandung, 1969, als man in Frankfurt<br />

am Main noch Treppensteigen geht in den Bordellaltbauten<br />

um den Bahnhof herum."Der begabteste<br />

Schwadroneur unter den jüngeren Autoren." Ulrich<br />

Greiner, Die Zeit<br />

02-91 Maron, Monika: Zwei Brüder. Gedanken<br />

zur Einheit 1989 - 2009. Frankfurt a.M. 2010(L), 208<br />

S., geb., 29.60*<br />

Als Monika Maron 2009 - im Jubiläumsjahr der Mauerfalls<br />

- mit dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet<br />

wurde, musste das als politisches Signal verstanden<br />

werden. Geehrt wurde eine Autorin <strong>und</strong> Intellektuelle,<br />

die die deutsche Wiedervereinigung von Anfang an befürwortet,<br />

kritisch begleitet <strong>und</strong> kommentiert hat. Monika<br />

Maron lässt sich nicht vereinnahmen, sie erhebt<br />

Widerspruch <strong>und</strong> mischt sich ein, ist unbequem, wenn<br />

es sein muss. Der Band ›Zwei Brüder‹ versammelt Monika<br />

Marons Essays <strong>und</strong> Reden zur deutschen Wiedervereinigung<br />

<strong>und</strong> deren Folgen, zur Befindlichkeit des<br />

geeinten Volkes, zu Fragen der gemeinsamen Vergan­


<strong>Literatur</strong> 13<br />

genheit <strong>und</strong> Zukunft von Ost <strong>und</strong> West.<br />

02-92 Mingels, Annette: Tontauben. Roman. Köln<br />

2010(L), 200 S., geb., 28.90*<br />

Eine Insel in der Nordsee. Hier leben Anne <strong>und</strong> David<br />

mit zwei Kindern. Eines Nachts kommt ihre vierzehnjährige<br />

Tochter ums Leben. Yola war auf dem Fahrrad<br />

unterwegs, als sie angefahren wurde. Vom Täter gibt es<br />

keine Spur. Die Ehe der Eltern droht an der Trauer zu<br />

zerbrechen, die Mutter flüchtet sich in ein Verhältnis<br />

mit ihrem Psychologen. Zeitgleich findet eine Tagung<br />

auf der Insel statt. Dort lernen Esther <strong>und</strong> Frank sich<br />

kennen, beide sind verheiratet. Aus anfänglicher Skepsis<br />

entwickelt sich eine Affäre. Als es Zeit wäre, heimzufahren,<br />

bleiben sie: hin- <strong>und</strong> hergerissen zwischen<br />

Schuldgefühlen <strong>und</strong> der Faszination für ihre neue Leidenschaft.<br />

An ihrem letzten Abend auf der Insel kommt<br />

es zum Streit.<br />

02-93 Morgenstern, Christian: Carmina lunovilia<br />

/ Das Mondschaf. Lat.-Deut. Übers. v. Peter Wiesmann.<br />

Mannheim 2010(L), 60 S., geb., 6.50*<br />

Ein Lattenzaun, eine Unterhose <strong>und</strong> ein Huhn: Sie alle<br />

sind Teil der grotesken Lyrik Morgensterns. Durch sein<br />

geniales Spiel mit Worten <strong>und</strong> Gedanken macht uns der<br />

Dichter augenzwinkernd auf die Skurrilitäten <strong>und</strong> Unzulänglichkeiten<br />

unserer Sprache aufmerksam. Peter<br />

Wiesmann ist es gelungen, den besonderen Charakter<br />

der Gedichte im Lateinischen zu wahren <strong>und</strong> uns ein<br />

einmaliges Lesevergnügen zu bereiten.<br />

02-94 Mosebach, Martin: Was davor geschah.<br />

Roman. München 2010(L), 336 S., geb., 32.90*<br />

02-95 Müller, Herta: Heute wär ich mir lieber<br />

nicht begegnet. Roman. (=fi 18822) Frankfurt a.M.<br />

2010(L), 240 S., br., 15.90*<br />

»Ich bin bestellt.« Im Rumänien Ceauçescus begibt<br />

sich eine junge Frau auf den Weg zum Verhör durch<br />

den Geheimdienst. Sie hat diese Fahrt mit der Straßenbahn<br />

schon oft machen müssen, doch diesmal hat sie<br />

aus einer Vorahnung heraus Handtuch <strong>und</strong> Zahnbürste<br />

eingepackt. Unterwegs zieht ihr Leben vorüber: die<br />

Kindheit in der Provinz, die halberotische Liebe zum<br />

Vater, die Deportation der Großeltern, das gelegentliche<br />

Glück, das ihr mit Paul gelingt. Doch an diesem<br />

Tag hält die Bahn an der Station, an der sie aussteigen<br />

muss, nicht an. Und sie beschließt zum ersten Mal,<br />

nicht zum Verhör zu gehen.<br />

02-96 Müller, Herta: Reisende auf einem Bein.<br />

München 2010(L), 176 S., geb., 26.90*<br />

02-97 Noll, Ingrid: Ehrenwort. Roman Zürich<br />

2010(L), 336 S., geb., 38.90*<br />

Drei Generationen unter einem Dach: Student Max, die<br />

Buchhändlerin Petra, Ingenieur Harald <strong>und</strong> Willy Knobel,<br />

hochbetagt. Trautes Heim, Glück allein? Zwischen<br />

Maxiwindeln <strong>und</strong> mörderischer Eisenstange spielt diese<br />

bitterböse Kriminalkomödie. Ingrid Noll erzählt von<br />

einer Familie, die das Altern anpackt - auf unkonven­<br />

tionelle Art.<br />

02-98 Ortheil, Hanns J.: Agenten. Roman. München<br />

11.2010, 320 S., br., 16.40*<br />

Nach dem Zerfall der politischen Zirkel <strong>und</strong> alternativen<br />

Bewegungen ging es um Geld, Karriere <strong>und</strong> Konsum<br />

<strong>und</strong> damit um die Kultivierung der Ego-Welten.<br />

Kühl, respektlos <strong>und</strong> präzise seziert Ortheils Ich-Erzähler,<br />

der junge Journalist Meynard, die Psycho-Dramen<br />

einer damals beginnenden neuen Epoche.<br />

02-99 Overath, Angelika: Alle Farben des<br />

Schnees. Senter Tagebuch. München 10.2010, 160 S.,<br />

geb., 28.-*<br />

Overath hat sich, zusammen mit ihrem Mann <strong>und</strong> dem<br />

jüngsten Sohn, aufgemacht, aus einem Traum Realität<br />

werden zu lassen. Die Familie ist nach Sent ins Unterengadin<br />

gezogen. Ihr Buch erzählt, wie sich Wahrnehmungen<br />

<strong>und</strong> Lebensweise ändern, wenn das Feriendorf<br />

in den Bergen zum festen Wohnort wird.<br />

02-100 Reitzer, Angelika: Unter uns. St.Pölten<br />

2010(L), 304 S., geb., 36.10*<br />

Am Beginn steht ein Familienfest, das ein Abschiedsfest<br />

ist: Clarissas Eltern steigen aus, auch aus dem Leben<br />

der Kinder. Clarissa <strong>und</strong> all die anderen stehen in der<br />

Mitte des Lebens, aber doch nur irgendwie, ungefähr.<br />

02-101 Remarque, Erich Maria: Das gelobte<br />

Land. Roman. (=KiWi 1189) Köln 11.2010, 448 S., br.,<br />

16.40*<br />

Zum ersten Mal als Taschenbuch: der letzte Roman<br />

Erich Maria Remarques - ein Vermächtnis!Er blieb<br />

Fragment <strong>und</strong> fasziniert dennoch nachhaltig: Der Roman<br />

"Das gelobte Land", an dem Remarque bis zu seinem<br />

Tod im September 1970 arbeitete, bietet ein schillerndes<br />

Bild des New York der Vierzigerjahre, der Weltmetropole,<br />

Kunststadt <strong>und</strong> Emigrantenhochburg.Ludwig<br />

Sommer hat es geschafft: Er ist als deutscher<br />

Flüchtling dem Naziregime entkommen <strong>und</strong> mit jüdischem<br />

Pass auf Umwegen nach New York gelangt. Er<br />

findet Anschluss an die Emigrantenszene <strong>und</strong> Anstellung<br />

bei einem Kunsthändler. Binnen Kurzem steht ihm<br />

das gesellschaftliche Leben der Stadt offen, er bewegt<br />

sich zwischen rauschenden Festen, teuren Restaurants<br />

<strong>und</strong> exklusiven Appartements - <strong>und</strong> doch kann er die<br />

Unbeschwertheit nicht zurückgewinnen. Erinnerungen<br />

an die Flucht suchen ihn heim, an die Monate in einem<br />

Versteck unter einem belgischen Museum <strong>und</strong> die Gefangenschaft<br />

in einem deutschen Konzentrationslager,<br />

wo er Zeuge der Ermordung seines Vaters wurde. Während<br />

er aufgr<strong>und</strong> seines Kunstverstands <strong>und</strong> seines<br />

kaufmännischen Geschicks immer erfolgreicher wird,<br />

quält ihn die Frage, ob ein Leben im Angesicht des<br />

Holocaust moralisch überhaupt vertretbar ist. Die<br />

Nachricht von der Befreiung Paris' weckt Hoffnung auf<br />

eine Rückkehr <strong>und</strong> die Aussicht auf Rache, doch als<br />

kurz darauf Jessie Stein, eine selbstlose Unterstützerin<br />

der Emigranten, schwer erkrankt, entschließt sich


14 <strong>Literatur</strong><br />

Sommer zu bleiben. Und dann eröffnet sich die<br />

Möglichkeit, seiner Geliebten Maria Fiola nach<br />

Hollywood zu folgen.Das Ende bleibt offen, mehrere<br />

Skizzen Remarques sind überliefert, aber das Nachwort<br />

von Tilmann Westphalen liefert Aufschluss über die<br />

Entstehungsgeschichte <strong>und</strong> das mögliche Ende.<br />

02-102 Richter, Hans W.: Die St<strong>und</strong>e der falschen<br />

Triumphe. Berlin 2010(L), 128 S., br., 16.30*<br />

Der letzte Satz dieses anrührenden Buchs lautet: »Wer<br />

soll das alles verstehen?« Erzählt wird eine Dorfgeschichte<br />

aus den dreißiger, vierziger Jahren, die uns<br />

besser verstehen lässt. Zwei junge Männer heißen beide<br />

Willi, der eine ist Friseur, der andere Lehrer. Der<br />

Friseur, der sich als »Mann der Mitte, nach allen Seiten<br />

offen« empfindet, unterliegt den Verlockungen der<br />

Anpassung. Der pazifistische Lehrer wird verhaftet,<br />

kommt wieder frei, verstummt. Zwischen beiden steht<br />

Fritz, der NSDAP- Ortsgruppenleiter, der den Friseur<br />

dazu bringt, in die Partei einzutreten; den Lehrer rettet<br />

seine Frau. 1945 wird der Lehrer als Bürgermeister<br />

eingesetzt <strong>und</strong> entnazifiziert Fritz. Keiner triumphiert.<br />

Alle passen sich wieder an. Wer soll das verstehen?<br />

02-103 Sauer, Beate: Die Schwertkämpferin. Historischer<br />

Roman. Dortm<strong>und</strong> 2010(L), 448 S., br., 19.80*<br />

Mitte des 13. Jhs.: Sizilianische Bauern finden eine<br />

schwer verletzte junge Frau, das Opfer eines Überfalls,<br />

<strong>und</strong> bringen sie in ein nahe gelegenes Kloster. Den<br />

Mönchen gelingt es, die Verw<strong>und</strong>ete zu retten, doch sie<br />

hat keine Erinnerung daran, wer sie ist. Teresa, wie sie<br />

fortan genannt wird, erweist sich als heilk<strong>und</strong>ig <strong>und</strong><br />

steht doch im Bann einer dunklen Macht, von der sie<br />

sich nicht befreien kann. Fast zeitgleich versucht der<br />

kaiserliche Gefolgsmann Alessio, Verschwörern auf die<br />

Spur zu kommen, die den Tod Friedrichs II. planen.<br />

Aber immer wieder gelingt es Alessios Feinden, seine<br />

Nachforschungen zu behindern. Währenddessen geht<br />

der frühere Templer Oliviér widerstrebend einem mysteriösen<br />

Todesfall innerhalb des Ordens nach. Doch als<br />

er entdeckt, dass tatsächlich ein Mord vorliegt <strong>und</strong> jemand<br />

ein intrigantes Spiel treibt, sind seine Jagdinstinkte<br />

erwacht. Weder Alessio noch Oliviér ahnen,<br />

dass der Schlüssel zu all dem jene Frau namens Teresa<br />

ist. Als sie selbst schließlich begreift, wer sie wirklich<br />

ist, scheint der Tod ihr einziger Ausweg<br />

02-104 Schertenleib, Hansjörg: Das Regenorchester.<br />

Roman. Berlin 01.2010, 230 S., br., 14.80*<br />

Irland sollte für einen Schweizer Schriftsteller zu einem<br />

Fluchtpunkt werden, zu dem Ort, an dem seine Frau<br />

<strong>und</strong> er ihre Liebe lebten. Doch nun sitzt er betrogen in<br />

seinem Haus. Da begegnet ihm Niamh, eine sechzigjährige<br />

Irin, die ihn zu sich einlädt, um ihn zum Chronisten<br />

ihres Lebens zu machen. Niamh reißt ihn aus seiner<br />

Trauer <strong>und</strong> führt ihm die W<strong>und</strong>er des alten, untergegangenen<br />

Irland vor Augen. Mit betörend schönen<br />

Worten nimmt sie ihn mit auf die Reise zurück zu ihrer<br />

vielköpfigen Familie, zu ihrer deutschen Fre<strong>und</strong>in, ihrer<br />

traurigen, verlorenen Liebe - <strong>und</strong> sie zeigt ihm eine<br />

andere Seite der Musik, die Musik des Regens, die man<br />

nur in Irland hören kann. Bald wird er zu ihrer Vertrauten<br />

<strong>und</strong> kann sich auf ihr letztes großes Geheimnis<br />

einlassen, das ihm nicht nur alles abverlangt, sondern<br />

ihm auch einen Weg in die Zukunft weist. "Hansjörg<br />

Schertenleib versteht sich aufs Erzählen." SÜDDEUT­<br />

SCHE ZEITUNG - "Man überlasst sich gern Schertenleibs<br />

erzählerischem Talent, seiner schnörkellosen wie<br />

poetischen Sprache." BERLINER MORGENPOST<br />

02-105 Schlink, Bernhard: Sommerlügen. Zürich<br />

2010(L), 288 S., geb., 35.90*<br />

Lebensentwürfe, Liebeshoffnungen, Alterseinsichten -<br />

was ist Illusion, <strong>und</strong> was stimmt? Was bleibt, wenn eine<br />

Illusion zerplatzt? Die Flucht in eine andere? Weil das<br />

Leben ohne Lebenslügen nicht zu bewältigen ist? Sieben<br />

irritierend-bewegende Geschichten von Bernhard<br />

Schlink.<br />

02-106 Schmidt, Kathrin: Du stirbst nicht. Roman.<br />

München 12.2010, 362 S., br., 16.40*<br />

Helene Wesendahl weiß nicht, wie ihr geschieht: Sie<br />

findet sich im Krankenhaus wieder, ohne Kontrolle<br />

über ihren Körper, sprachlos, mit Erinnerungslücken.<br />

Ihr Weg zurück ins Leben konfrontiert sie mit einer<br />

fremden Frau, die doch einmal sie selbst war.<br />

02-107 Schott, Ben: Schotts Sammelsurium. Geschenkbuchedition.<br />

Berlin 2010(L), 160 S., br., 12.90*<br />

02-108 Sperber, Manes: Kultur ist Mittel, kein<br />

Zweck. St.Pölten 2010(L), 352 S., geb., 43.90*<br />

Der junge Sperber wollte sich nicht den Dogmen der<br />

KP beugen <strong>und</strong> verfasste 1930 diesen Essay. Bar jeglicher<br />

parteikonformen Engstirnigkeit philosophiert<br />

Sperber über die Phänomene des Kulturbegriffs <strong>und</strong><br />

deren Wirkung auf das Leben.<br />

02-109 Straub, Martina u.a.: Sommer mit Emma.<br />

Roman. (=detebe 24047) Zürich 03.2011, 416 S., br.,<br />

19.90*<br />

Die Ferien auf dem Hausboot sollten ein abwechslungsreiches<br />

Abenteuer werden, <strong>und</strong> das werden sie -<br />

allerdings auf andere Weise, als die Familie es sich<br />

vorgestellt hat ...<br />

02-110 Tellkamp, Uwe: Die Schwebebahn. Dresdner<br />

Erk<strong>und</strong>ungen. Berlin 09.2010, 100 S., geb., 32.80*<br />

Nach dem grandiosen Erfolg seines Beststellers Der<br />

Turm führt Uwe Tellkamp uns erneut in seine Heimatstadt<br />

Dresden. Auf den Stationen dieser Reise erwartet<br />

uns eine Fülle von Geschichten, die sich zu einem einzigartigen<br />

Roman der Stadt zusammenfügen. Wir begegnen<br />

der Klavierlehrerin Adolzaide <strong>und</strong> dem Vorsitzenden<br />

der Quittengesellschaft, hören Gesprächen über<br />

die Frauenkirche, Dresdner Maler <strong>und</strong> Architektur zu,<br />

besuchen den Jungen, dem in einem Johannstädter<br />

Plattenbau eine Tube Schuhcreme zum Gleichnis für<br />

den Traum vom Meer wurde. Dresden ist ein Stück Ita­


<strong>Literatur</strong> 15<br />

lien, <strong>und</strong> eine Laufmaschenreparatur ist in Wahrheit<br />

eine Filiale des Amts zur Wiederherstellung der Schönheit.<br />

In der Bunten Republik Neustadt lebt Q., die<br />

Brombeeren <strong>und</strong> die Zahl 19 liebt. Zwergpudel Caligula,<br />

der die Dame mit Hut Gassi führt, gelangt nur bis<br />

zum linken Vorderreifen des Autos vom Koch. Die<br />

Schwebebahn wird zum Bild des Lebens in seiner sinnlichen<br />

Vielfalt, poetisch, humorbegabt. Mit den Aufzeichnungen<br />

eines Rüsselkäfers.<br />

02-111 Thome, Stephan: Grenzgang. (=st 4193)<br />

Berlin 2010(L), 453 S., br., 15.90*<br />

Alle sieben Jahre steht Bergenstadt Kopf: Beim traditionellen<br />

»Grenzgang« werden die Grenzen der Gemeinde<br />

bekräftigt - <strong>und</strong> alle anderen in Frage gestellt.<br />

Auch für Kerstin <strong>und</strong> Thomas, die in der kleinstädtischen<br />

Provinz hängen geblieben sind, nachdem sich<br />

ihre Lebensträume zerschlagen haben.<br />

02-112 Wawerzinek, Peter: Rabenliebe. Eine Erschütterung.<br />

Köln 2010(L), 304 S., geb., 32.90*<br />

Über fünfzig Jahre quälte sich Peter Wawerzinek mit<br />

der Frage, warum seine Mutter ihn als Waise in der<br />

DDR zurückgelassen hatte. Dann fand <strong>und</strong> besuchte er<br />

sie.<br />

02-113 Weinbörner, Udo: Der General des Bey.<br />

Das abenteurliche Leben des Amrumer Schiffsjungen<br />

Hark Olufs. Unkel 2010(L), 288 S., geb., 32.80*<br />

02-114 Wells, Benedict: Spinner. Roman. (=detebe<br />

24054) Zürich 2010(L), 320 S., br., 19.90*<br />

Jesper Lier, 20, weiß nur noch eines: Er muss sein Leben<br />

ändern, <strong>und</strong> zwar radikal. Er erlebt eine turbulente<br />

Woche <strong>und</strong> eine wilde Odyssee durch das neue Berlin.<br />

Ein tragikomischer Roman über die Angst, wirklich die<br />

richtigen Entscheidungen zu treffen.<br />

02-115 Wieland, Christoph M.: Geschichte des<br />

Agathon. (=DKVTb 46) Berlin 2010(L), 1156 S.,, 33.-*<br />

Wielands Agathon steht als Prototyp am Anfang der<br />

Geschichte des modernen Romans <strong>und</strong> war das Vorbild<br />

für viele folgende Werke, darunter für Goethes "Wilhelm<br />

Meister". In diesem Epochenroman, in der fiktionalen<br />

Auseinandersetzung mit der Gesellschaft des antiken<br />

Griechenlands, stellt Wieland die entscheidenden<br />

Fragen zur eigenen Zeit. In deren Mittelpunkt aber<br />

steht das zeitlose Problem, wie sich das Individuum<br />

selbst zu finden vermag zwischen hochfliegendem Ideal<br />

<strong>und</strong> persönlicher Erfahrung.Die Ausgabe bietet die<br />

"Geschichte des Agathon" in ihrer frühesten Gestalt.<br />

Wielands Zugaben, die Vorberichte sowie die Fortsetzung<br />

des Romans ergänzen diesen Text. Der Weg zur<br />

dritten, ganz erheblich überarbeiteten <strong>und</strong> erweiterten<br />

Ausgabe wird genau dokumentiert. Ein umfangreicher<br />

Kommentar erläutert Entstehung, Quellen <strong>und</strong> Wirkung<br />

des Werks <strong>und</strong> erläutert die Vielzahl seiner<br />

philosophischen, literarischen <strong>und</strong> mythologischen<br />

Anspielungen.„Das Werk markiert den Anfang der<br />

Geschichte des neueren deutschsprachigen Romans.<br />

Ergänzt mit allen Zusätzen der späteren<br />

Überarbeitungen bedeutet dies die Wiederentdeckung<br />

des lange Zeit verkannten, ebenso liebenswürdigen wie<br />

geistreich-witzigen vielseitigen Autors.“ Der Landbote<br />

02-116 Willemsen, Roger: Die Enden der Welt.<br />

Frankfurt a.M. 2010(L), 544 S., geb., 34.90*<br />

Auf fünf Erdteilen war Roger Willemsen unterwegs, um<br />

seine ganz persönlichen Enden der Welt zu finden.<br />

Manchmal waren es die großen geographischen: das<br />

Kap von Südafrika, Patagonien, der Himalaja, die Südseeinseln<br />

von Tonga, der Nordpol. Manchmal waren es<br />

aber auch ganz einzigartige, individuelle Endpunkte:<br />

eine Bahnstation in Birma, ein Bett in Minsk, ein Fresko<br />

des Jüngsten Gerichts in Orvieto, eine Behörde im<br />

kriegszerrütteten Kongo. Immer aber geht es in diesen<br />

grandiosen literarischen Reisebildern auch um ein Enden<br />

in anderem Sinn: um ein Ende der Liebe <strong>und</strong> des<br />

Begehrens, der Illusionen, der Ordnung <strong>und</strong> Verständigung.<br />

02-117 Zaimoglu, Feridun: Hinterland. Roman.<br />

(=fi 18774) Frankfurt a.M. 02.2011, 443 S., br., 16.40*<br />

Verträumte <strong>und</strong> Entflammte suchen einander, reisen<br />

von den Metropolen Osteuropas nach Istanbul <strong>und</strong> auf<br />

die Insel Föhr, ihre Gefühle sind in Aufruhr <strong>und</strong> die<br />

Köpfe nicht klar. Geschult an der deutschen Romantik,<br />

befeuert von orientalischen Bilderwelten <strong>und</strong> starken<br />

Gefühlen, entwirft Feridun Zaimoglu einen mitreißenden<br />

märchenhaften Episodenroman mit faszinierenden<br />

Figuren, die sich wie in einem Traumgespinst bewegen.<br />

02-118 Zopfi, Emil (Hg.): Über alle Berge. Geschichten<br />

vom Wandern. Zürich 2010(L), 224 S., geb.,<br />

22.90*<br />

3. Österreichische <strong>Literatur</strong><br />

02-119 Bernhard, Thomas: Goethe schtirbt. Erzählungen.<br />

Berlin 2010(L), 112 S., geb., 23.50*<br />

Bei der Begegnung zwischen Thomas Bernhard <strong>und</strong><br />

Siegfried Unseld in Wien am 17. Januar 1985 herrscht,<br />

wie der Verleger notiert, eine »blendende Stimmung«.<br />

Der Autor ist sich sicher, "Alte Meister" in wenigen<br />

Wochen abschließen zu können - der letzte von Thomas<br />

Bernhard abgeschlossene Roman erscheint tatsächlich<br />

Ende desselben Jahres. Von den Gesprächen hält Unseld<br />

einen Wunsch Bernhards fest: »Dann läge ihm<br />

doch sehr an einem Band ›Goethe schtirbt‹. Er enthielte<br />

die Texte ›Goethe schtirbt‹. - ›Wiedersehen‹. - ›Montaigne‹.<br />

- Und zwei Stücke, die noch keinen Titel haben.«In<br />

"Goethe schtirbt" werden diese Erzählungen<br />

zum ersten Mal, dem Wunsch ihres Verfassers<br />

entsprechend, in einem Band zusammengefügt: Sie<br />

zeigen den ironisch abgeklärten Meister der tragischen<br />

Momente <strong>und</strong> komischen Situationen, der auf der Höhe<br />

seiner Kunst Motive <strong>und</strong> Strukturen seines<br />

Gesamtwerks aufgreift: von den Einsamkeitsexpertisen<br />

in Amras, 1964 publiziert, bis zur Haßliebe gegenüber


16 <strong>Literatur</strong><br />

Österreich im Spätwerk.<br />

02-120 Breznik, Melitta: Nordlicht. Roman. München<br />

11.2010, 254 S., br., 16.40*<br />

Breznik zeichnet die Lebensläufe zweier Frauen nach,<br />

die sich auf den Lofoten begegnen. Die eine ist Ärztin<br />

<strong>und</strong> hat ihre Ehe <strong>und</strong> ihren Beruf in einer psychiatrischen<br />

Klinik hinter sich gelassen. Die andere Frau<br />

wurde während des 2. Weltkriegs als Kind einer Norwegerin<br />

<strong>und</strong> eines deutschen Besatzungssoldaten geboren.<br />

02-121 Gauß, Karl-Markus: Im Wald der Metropolen.<br />

Wien 2010(L), 304 S., br., 32.80*<br />

Karl-Markus Gauß erprobt sich mit seinem neuen Buch<br />

in verschiedenen Genres <strong>und</strong> erfindet dabei ein neues:<br />

"Im Wald der Metropolen" ist eine große Erzählung<br />

über eine Reise, die vom Burg<strong>und</strong> nach Transsilvanien,<br />

von der Kleinstadt in Thüringen auf die Insel in Griechenland<br />

führt, eine Reportage in dreizehn Stationen,<br />

die von den Straßen von Bukarest berichtet, im Niemandsland<br />

an der Grenze zwischen Slowenien <strong>und</strong><br />

Kroatien haltmacht, den Geräuschen von Istanbul <strong>und</strong><br />

der Stille auf einem Militärfriedhof in Italien nachspürt;<br />

es ist eine Kulturgeschichte von Europa, wie wir<br />

sie, so reich an Zusammenhängen <strong>und</strong> ungeahnten Verwandtschaften,<br />

bisher noch nicht gekannt haben.<br />

02-122 Handke, Peter: Immer noch Sturm. Berlin<br />

2010(L), 100 S., br., 24.50*<br />

02-123 Jelinek, Elfriede: Winterreise. Ein Theaterstück.<br />

Reinbek 01.2011, 128 S., geb., 24.70*<br />

Fremd in der Welt <strong>und</strong> fremd dem eigenen Leben gegenüber,<br />

folgt Elfriede Jelinek in ihrem neuen Text den<br />

Spuren des Wanderers aus Franz Schuberts «Winterreise».<br />

Der Weg beginnt im Wahnsinn der unmittelbaren<br />

Gegenwart (Bankenskandale, Entführungsopfer, die<br />

eingekerkert aus der Zeit fallen) <strong>und</strong> führt immer deutlicher<br />

zu Stationen in Jelineks Biographie: die komplizierte<br />

Beziehung zur Mutter, die Einweisung des Vaters<br />

in die Psychiatrie, bis hin zu einer ebenso schonungslosen<br />

wie ironischen Selbstabrechnung Jelineks mit ihrer<br />

Rolle als Autorin, die «das immer gleiche Lied leiert».<br />

Einer musikalischen Engführung gleich, ruft «Winterreise»<br />

in beeindruckender Klarheit <strong>und</strong> fast unheimlicher<br />

Dichte noch einmal all die Themen auf, die Elfriede<br />

Jelinek in den letzten Jahren <strong>und</strong> Jahrzehnten beschäftigt<br />

haben. Entstanden ist dabei eines ihrer persönlichsten<br />

<strong>und</strong> anrührendsten Werke überhaupt. Die<br />

Uraufführung von «Winterreise» ist im Februar 2011<br />

an den Münchner Kammerspielen in der Regie von<br />

Johan Simons.<br />

02-124 Kappacher, Walter: Ein Amateur. Roman.<br />

(=dtv 13965) München 02.2011, 272 S., br., 14.70*<br />

Auf dem Weg zum Schriftsteller. Walter Kappacher<br />

zeichnet mit feiner Ironie <strong>und</strong> sanfter Eindringlichkeit<br />

die Irrungen seines Helden Simon nach. Simon verlässt<br />

den »Keller« einer Motorradwerkstatt in Salzburg, um<br />

sich den Traum einer Ausbildung zum Schauspieler zu<br />

erfüllen. Ein widerspruchsreicher Prozess der Bewusstseinsbildung<br />

in den Fünfzigerjahren beginnt. Auf der<br />

Suche nach sich selbst führen die Wege Simons meist<br />

an die Ränder, zwischen Stadt <strong>und</strong> Peripherie, zwischen<br />

Konformität <strong>und</strong> Individualität – <strong>und</strong> zur <strong>Literatur</strong>,<br />

zu den Büchern, zum eigenen Schreiben.»Einer der<br />

präzisesten Erzähler der österreichischen Gegenwartsliteratur.«<br />

NZZ<br />

02-125 Kappacher, Walter: Rosina. Erzählung.<br />

Wien 2010(L), 128 S., br., 22.90*<br />

Rosina ist jung, sie kommt vom Land, immer schon hat<br />

sie vom aufregenden Leben in der Stadt geträumt. Tatsächlich<br />

schafft sie es, in kurzer Zeit zur rechten Hand<br />

von Herrn Fellner zu werden, dem Chef der kleinen<br />

Firma, bei der sie arbeitet, <strong>und</strong> auch außerhalb der Arbeitszeit<br />

greift Fellner gern auf ihre Dienste zurück.<br />

Doch nach einem Unfall wird der jungen Frau die<br />

schreckliche Enge ihres Daseins bewusst. In "Rosina",<br />

erstmals 1978 erschienen, setzt sich der Büchner-­<br />

Preisträger Walter Kappacher mit der Anpassung des<br />

Menschen an scheinbar vorgezeichnete Lebensmuster<br />

auseinander.<br />

02-126 Menasse, Robert: Ich kann jeder sagen. Erzählungen<br />

vom Ende der Nachkriegsordnung. (=st<br />

4205) Berlin 11.2010, 185 S., br., 13.10*<br />

Alles kommt wieder. Sogar die Erinnerungen. Wann<br />

war sie zu Ende, die Nachkriegsordnung? Als die Mauer<br />

fiel? An diesen 9. November 1989 wird sich das junge<br />

Paar, das die Hochzeitsnacht vor dem Fernseher<br />

verbrachte, noch lange erinnern. Es hat in dieser<br />

Nacht deutsche Geschichte erlebt.<br />

02-127 Roth, Joseph: Beichte eines Mörders, erzählt<br />

in einer Nacht. Roman. (=dtv 13967) München<br />

02.2011, 192 S., br., 13.-*<br />

In einem russischen Emigrantenlokal in Paris erzählt<br />

der ehemalige Spitzel Semjon Golubtschik seine Lebensgeschichte,<br />

berichtet von Leidenschaft, Rache <strong>und</strong><br />

Mord. Ein Meisterstück über das Ausgeliefertsein <strong>und</strong><br />

die fatalen Verstrickungen eines Menschen, der sich<br />

nach Liebe sehnt.<br />

02-128 Roth, Joseph: Das Spinnennetz. (=RUB<br />

18684) Ditzingen 2010(L), 160 S., br., 7.30*<br />

"Das Spinnennetz", 1923 in der Wiener "Arbeiter-­<br />

Zeitung" erschienen, ist ein unheimlicher Roman: Sein<br />

Thema ist die Formation von Rechtsextremismus <strong>und</strong><br />

Antisemitismus, deren Verbreitung Roth in den Zeitungsbeiträgen<br />

dieser Jahre mit stetig wachsender Beunruhigung<br />

kommentierte.<br />

02-129 Roth, Joseph: Radetzkymarsch. (=RUB<br />

18533) Ditzingen 2010(L), 500 S., br., 13.90*<br />

Der Roman wird in dieser Ausgabe ohne die Entstellungen<br />

der späteren Drucke in seiner ursprünglichen<br />

Gestalt zugänglich. Zusätzlich hilft ein Kommentar,<br />

historische Details <strong>und</strong> Hintergründe genauer zu ver­


<strong>Literatur</strong> 17<br />

stehen.<br />

02-130 Schindel, Robert: Dunkelstein. Lesedrama.<br />

Innsbruck 2010(L), 120 S., geb., 27.90*<br />

02-131 Stangl, Thomas: Was kommt. Roman.<br />

München 01.2011, 184 S., br., 14.80*<br />

Zwei junge Menschen in Wien. Emilia lebt im Sommer<br />

1937, also kurz vor dem »Anschluss«, als die Schulst<strong>und</strong>en<br />

noch mit dem gemeinsamen Ruf »Österreich«<br />

beginnen, in der jüdisch geprägten Wiener Leopoldstadt;<br />

Andreas irgendwann Ende der siebziger Jahre,<br />

als Hans Rosenthal noch in die Höhe springt <strong>und</strong> im<br />

Radio »I don’t like Mondays« läuft.<br />

02-132 Streeruwitz, Marlene: Das wird mir alles<br />

nicht passieren ... Wie bleibe ich FeministIn. (=fi<br />

17734) Frankfurt a.M. 2010(L), 144 S., br., 14.50*<br />

In ihren neuen Erzählungen schildert Streeruwitz elf<br />

Schicksale, elf Figuren, die eines gemeinsam haben:<br />

die Entscheidung, sich ihren äußeren Bedingungen unterzuordnen<br />

oder auf einer autonomeren Lebensgestaltung<br />

zu bestehen.<br />

4. Angelsächsische <strong>Literatur</strong><br />

02-133 Atwood, Margaret: Das Jahr der Flut. Berlin<br />

03.2011, 480 S., br., 18.10*<br />

02-134 Boyle, T. C.: Die Frauen. Roman. (=dtv<br />

13927) München 2010(L), 608 S., br., 15.90*<br />

Er ist genial, exzentrisch <strong>und</strong> der berühmteste Architekt<br />

der USA - wenn nicht gar der Welt: Mit der überlebensgroßen<br />

Figur Frank Lloyd Wright porträtiert T.C.<br />

Boyle einen weiteren mythischen Amerikaner. Mitten in<br />

der Prärie hat Wright sich einen Traum verwirklicht:<br />

das Anwesen Taliesin. Hier lebt <strong>und</strong> arbeitet er mit seinen<br />

treuen Schülern <strong>und</strong> seinen geliebten Frauen, die<br />

erbitterte Kämpfe gegen ihre Nebenbuhlerinnen <strong>und</strong><br />

gegen die bigotte US-amerikanische Gesellschaft führen:<br />

die aparte Tänzerin aus Montenegro, die exaltierte<br />

Morphinistin <strong>und</strong> - natürlich - Mrs Wright. Boyles Geschichte<br />

des großartigen Egomanen ist zugleich eine<br />

Kritik an der Prüderie der Amerikaner in der ersten<br />

Hälfte des 20. Jh.<br />

02-135 Buruma, Ian: Die drei Leben der Ri Koran.<br />

Roman. München 2010(L), 400 S., br., 39.90*<br />

02-136 Carey, Peter: Parrot <strong>und</strong> Olivier in Amerika.<br />

Roman. Frankfurt a.M. 2010(L), 288 S., geb.,<br />

37.90*<br />

Parrot <strong>und</strong> Olivier sind zwei Schiffbrüchige des Lebens:<br />

Olivier ist adliger Franzose <strong>und</strong> auf der Flucht<br />

vor der Revolution. Parrot ist der buntscheckige Sohn<br />

eines englischen Kupferstechers <strong>und</strong> Falschmünzers,<br />

ein Stimmenimitator, den es einmal um den Globus<br />

jagt, bis er schließlich Frankreich erreicht. Ein<br />

zwielichtiger, einarmiger Marquis spannt sie<br />

zusammen: Olivier soll die Gefängnisse der neuen<br />

Demokratie von Amerika studieren <strong>und</strong> Parrot ihm als<br />

Kopist, Wächter <strong>und</strong> Spion folgen.Nie hat ein<br />

ungleicheres Paar seine Füße auf die Planken eines<br />

Schiffs gesetzt. Die Reise ins Land der Feuerwaffen<br />

<strong>und</strong> der rauen Sitten wird zu einem komischen<br />

Parforce-Ritt. Peter Careys »erzählerischer Mut, sein<br />

schier unerschöpflicher Einfallsreichtum <strong>und</strong> seine<br />

überbordende Bilderwelt« (The S<strong>und</strong>ay Telegraph)<br />

machen aus dem Abenteuer ein Feuerwerk, an dem<br />

Dickens seine Freude gehabt hätte.<br />

02-137 Coupland, Douglas: Generation A. Roman.<br />

Stuttgart 2010(L), 330 S., geb., 31.90*<br />

02-138 Díaz, Junot: Das kurze w<strong>und</strong>ersame Leben<br />

des Oscar Wao. Roman. (=fi 18862) Frankfurt a.M.<br />

2010(L), 384 S., br., 15.90*<br />

Eine Familie zwischen den Welten <strong>und</strong> zwischen den<br />

Zeiten: Junot Díaz erzählt von dem liebenswürdigen<br />

Nerd Oscar <strong>und</strong> seiner toughen Schwester Lola. Beide<br />

sind in New Jersey groß geworden, aber ihre Wurzeln<br />

liegen in der Karibik. Und dorthin verschlägt es sie immer<br />

wieder, wenn das Leben das mühsam zusammengekratzte<br />

Glück gerade wieder einmal wegwischt. Hier<br />

finden sie im Haus der Großtante Zuflucht - genau wie<br />

ihre Mutter vor vielen Jahren, deren düstere Vergangenheit<br />

auf ihnen lastet wie ein Fluch. Bis Oscar sich<br />

eines Tages aufmacht, den Fluch zu bannen.<br />

02-139 Dickens, Charles: Grosse Erwartungen.<br />

(=RTb 20208) Ditzingen 2010(L), 752 S., br., 19.70*<br />

Das ist die Geschichte des Waisenjungen Pip, der zu<br />

unverhofftem Reichtum kommt <strong>und</strong>, als sein Wohltäter<br />

stirbt, alles wieder verliert.<br />

02-140 Donovan, Gerard: Ein bitterkalter Nachmittag.<br />

Roman. München 2010(L), 300 S., geb., 32.90*<br />

Der Debütroman von Gerard Donovan erzählt von<br />

zwei Männern im Schnee, von Gut <strong>und</strong> Böse, von Kälte<br />

<strong>und</strong> Gewalt. In intensiven Bildern <strong>und</strong> mit unerbittlichem<br />

Tempo dringt diese Geschichte ins Wesen des<br />

Menschen vor<br />

02-141 Erdrich, Louise: Spuren. Roman. (=st<br />

4227) Berlin 02.2011, 300 S., br., 16.40*<br />

Argus, North Dakota zwischen 1912 <strong>und</strong> 1924. Die Pillagers,<br />

Kashpaws, Lazarres, Nachkommen der Chippewa-Indianer,<br />

versuchen zu verteidigen, was ihnen an<br />

Land noch geblieben ist. Zu lange haben sie zugeschaut,<br />

wie die Regierung ihnen den Boden schrittweise<br />

unter den Füßen weggezogen hat. Was übrig bleibt<br />

sind Spielsucht, Alkohol, Heimatlosigkeit <strong>und</strong> Tod.<br />

02-142 Fogel, Vanessa F.: Sag es mir. Frankfurt<br />

a.M. 2010(L), 380 S., geb., 30.50*<br />

02-143 Frame, Janet: Dem neuen Sommer entgegen.<br />

Roman. München 2010(L), 288 S., geb., 30.50*<br />

02-144 Franzen, Jonathan: Freiheit. Roman. Reinbek<br />

2010(L), 720 S., geb., 41.20*<br />

Patty <strong>und</strong> Walter Bergl<strong>und</strong> - Vorzeigeeltern <strong>und</strong> Umweltpioniere,<br />

fast schon ideale Nachbarn in ihrer<br />

selbstrenovierten viktorianischen Villa in St. Paul - geben<br />

plötzlich Rätsel auf: Ihr halbwüchsiger Sohn zieht


18 <strong>Literatur</strong><br />

zur proletenhaften republikanischen Familie nebenan,<br />

Walter lässt sich zum Schutz einer einzigen Vogelart<br />

auf einen zwielichtigen Pakt mit der Kohleindustrie<br />

ein, <strong>und</strong> Patty, Exsportlerin <strong>und</strong> Eins-a-Hausfrau, entpuppt<br />

sich als wahrlich sonderbar. Hat Walters bester<br />

Fre<strong>und</strong>, ein Rockmusiker, damit zu tun? Auf einmal lebt<br />

Patty ihre kühnsten Träume, führt sie ein Leben ohne<br />

Selbstbetrug. In diesem Roman einer Familie, der zugleich<br />

ein großes Epos der letzten dreißig Jahre amerikanischer<br />

Geschichte ist, erzählt Jonathan Franzen von<br />

Freiheit - dem Lebensnerv der westlichen Kulturen -<br />

<strong>und</strong> auch dem Gegenteil von ihr, zeigt er die tragikomischen<br />

Verwerfungen zeitgenössischer Liebe <strong>und</strong> Ehe,<br />

Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Sexualität. «Freiheit» ist ein bedeutsames<br />

Buch über unser Leben in einer immer unübersichtlicher<br />

<strong>und</strong> fragiler werdenden Welt.<br />

02-145 Gaddis, William: JR. Roman. München<br />

2010(L), 1040 S., geb., 48.50*<br />

JR ist ein kleiner elfjähriger Junge, dem ständig die<br />

Schnürsenkel an seinen zerschlissenen Turnschuhen<br />

reißen, der nie ein Taschentuch zur Hand hat <strong>und</strong> von<br />

seiner Mutter vernachlässigt wird. Keiner ahnt, dass er<br />

den Amerikanischen Traum beim Wort nimmt <strong>und</strong> - inspiriert<br />

vom Sozialk<strong>und</strong>eunterricht - vom Schultelefon<br />

aus seine erste Aktie ersteht. Nach <strong>und</strong> nach erwirbt er<br />

Anteile an Bergwerken, Papierfabriken <strong>und</strong> Verlagen,<br />

<strong>und</strong> bald versetzt das Finanzimperium des Schuljungen<br />

selbst die Big Players der Wirtschaftswelt in Erstaunen.<br />

Doch plötzlich bricht die JR Corporation bei einer<br />

Aktienbaisse zusammen, <strong>und</strong> nicht einmal JR kann den<br />

freien Fall ins Nichts am Ende verhindern.<br />

02-146 Greenberg, Michael: Der Tag, an dem meine<br />

Tochter verrückt wurde. Eine wahre Geschichte.<br />

(=dtv 34633) München 02.2011, 288 S., br., 16.30*<br />

Michael Greenberg ist Schriftsteller <strong>und</strong> führt ein mehr<br />

oder weniger geordnetes Leben in New York. Doch<br />

dann wird seine Tochter krank - <strong>und</strong> alles ändert sich.<br />

02-147 Horn, Dara: Vor allen Nächten. Berlin<br />

01.2011, 480 S., br., 16.40*<br />

02-148 Hornby, Juliet: Juliet, Naked. Roman.<br />

(=KiWi 1172) Köln 2010(L), 368 S., br., 14.50*<br />

"'Juliet, Naked' ist so gut, so lustig <strong>und</strong> so schräg wie<br />

seine Vorgänger 'High Fidelity' oder 'About a Boy'."<br />

Brigitte.Nick Hornby tut das, was er am besten kann:<br />

Er schreibt über Musik <strong>und</strong> die Liebe <strong>und</strong> die Überraschungen,<br />

die das Leben für alle bereithält. Tucker<br />

Crowe, ehemaliger Rockstar <strong>und</strong> Ikone einer kleinen<br />

Schar glühender Anhänger, lebt zurückgezogen in einer<br />

amerikanischen Kleinstadt. Seinetwegen stellt Annie im<br />

weit entfernten England ihre Beziehung zu Duncan in<br />

Frage ...Tucker Crowe, der 1986 kurz vor einem Gig<br />

spurlos verschwand, kann kaum glauben, was er im<br />

Internet alles über sich lesen muss. Dort tauschen seine<br />

glühendsten Fans Informationen aus, nachdem sie alle<br />

Stätten seines Schaffens besucht haben, sie lesen seine<br />

Songtexte rückwärts <strong>und</strong> tun noch manch andere<br />

merkwürdige Dinge, um Hinweise auf seine Person <strong>und</strong><br />

seinen Aufenthaltsort zu erhalten. Zu dieser leicht<br />

-verblendeten Community gehört auch Duncan, der mit<br />

seiner Fre<strong>und</strong>in Annie an der englischen Ostküste lebt.<br />

Annie hat sich nach 15 Jahren einigermaßen an seinen<br />

Spleen gewöhnt <strong>und</strong> lässt ihn gewähren, doch als dann<br />

plötzlich, welch eine Sensation!, ein neues Album von<br />

Crowe auf den Markt kommt, stellt sie eigenständig<br />

eine Kritik des neuen Albums ins Netz. Duncan ist<br />

entsetzt. Für ihn ist das der Beweis, wie ignorant Annie<br />

ist. Tucker Crowe himself wiederum fühlt sich zum<br />

ersten Mal verstanden, <strong>und</strong> er nimmt Kontakt zu Annie<br />

auf ...Von der englischen Ostküste nach Amerika <strong>und</strong><br />

wieder zurück führt diese Geschichte, in der zwei<br />

einsame Menschen ihr altes Leben satthaben <strong>und</strong> vor<br />

einem Neuanfang stehen.<br />

02-149 James, Henry: Die Drehung der Schraube.<br />

Novelle. Zürich 2010(L), 320 S., geb., 33.90*<br />

Zwei engelsgleiche Zöglinge, ein reizendes Landhaus<br />

für eine junge Lehrerin erweist sich gleich die erste Anstellung<br />

als glückliche Wahl. Doch die Idylle entpuppt<br />

sich rasch als brüchig. Mysteriöse Ereignisse trüben<br />

die Unbeschwertheit <strong>und</strong> wecken den Zweifel der Frau.<br />

Wissen die Kinder mehr, als sie verraten? Warum verweigert<br />

ihr Dienstherr, der charmante Onkel der Zöglinge,<br />

jede Hilfe? Ist sie selbst am Ende keine verlässliche<br />

Zeugin des Geschehens?<br />

02-150 Jones, Sadie: Kleine Kriege. Frankfurt a.M.<br />

2010(L), 448 S., geb., 37.90*<br />

Nach ihrem Roman "Der Außenseiter" beweist Sadie<br />

Jones mit diesem emotional dichten Porträt einer Ehe<br />

erneut ihre Begabung. Es ist die leidenschaftliche Beschreibung<br />

eines "kleinen Krieges" mit seinen weitreichenden<br />

Konsequenzen.<br />

02-151 Kerouac, Jack: On the Road. Die Urfassung.<br />

Reinbek 2010(L), 576 S., geb., 37.90*<br />

Jack Kerouacs epochemachender Roman «On the<br />

Road» (deutsch:«Unterwegs») über eine Schar junger<br />

Menschen, die auf der Suche nach Wahrheit, der Liebe<br />

<strong>und</strong> dem glückseligen Leben quer durch die USA reisen,<br />

hat weltweit Generationen junger Leute inspiriert.<br />

Er gehört zu den seltenen Büchern des 20. Jh., die<br />

nicht nur einen völlig neuen Ton anschlugen, sondern<br />

vom Geist einer neuen Zeit kündeten: Nahezu im Alleingang<br />

schuf «Unterwegs» mit den Beats eine der<br />

ersten großen amerikanischen Jugendbewegungen.<br />

Kerouac tippte das Manuskript in drei schlaflosen Wochen<br />

mit Hilfe von viel Kaffee <strong>und</strong> Benzedrin auf eine<br />

vierzig Meter lange Papierrolle. Beim Verlag wurde es<br />

später stark überarbeitet, eingekürzt <strong>und</strong> anonymisiert.<br />

Die Urfassung ist ein einziger, von Jazz <strong>und</strong> Marihuana<br />

inspirierter Energiestoß. Die Sprachmusik darin ist roher<br />

als in der späteren Bearbeitung, der Sex expliziter,<br />

die Figuren (u. a. Allen Ginsberg, William Burroughs


<strong>Literatur</strong> 19<br />

<strong>und</strong> der heimliche Held des Romans, der geniale Autodieb<br />

<strong>und</strong> Lebenskünstler Neal Cassidy) erscheinen mit<br />

Klarnamen. Hier liegt diese Fassung zum ersten Mal<br />

auf Deutsch vor. The beat goes on, <strong>und</strong> der wilde<br />

Rausch, den er erzeugt, verfehlt auch nach 50 Jahren<br />

nicht seine Wirkung. Dieses Buch war <strong>und</strong> ist ein «literarisches<br />

Ereignis» (FAZ).<br />

02-152 Lewisohn, Ludwig: Der Fall Crump. Zürich<br />

2010(L), 350 S., geb., 37.90*<br />

Ein Meister der Darstellung des Lebens zu zweit ist<br />

hier am Werk. Wenig liegt ihm am Banalen, auch wenn<br />

das Banale unter seiner Feder zur Hölle wird. Die Liebe<br />

verkehrt sich zu einem Käfig, dessen Enge die Kräfte<br />

in äußersten Hass umschlagen lassen. New York. Es<br />

treffen aufeinander: ein Mann <strong>und</strong> eine Frau. Er ein<br />

junger Komponist, sie eine Veteranin des Lebens. Sie<br />

träumen von Liebe. Jeder auf seine Art, verborgen dem<br />

andern. Ihre Heirat erfolgt, weil das Leben es so will.<br />

Dann beginnt das Crescendo der gegenseitigen Verachtung,<br />

Erniedrigung, Zermalmung,. Eine Schlacht der<br />

Emotionen, mit blank gelegten Neven, perfide, gewaltig,<br />

ausweglos. Der finale Mord: ein Monument der<br />

Selbstbehauptung.»Zugleich aber ist es auf Schritt <strong>und</strong><br />

Tritt mehr <strong>und</strong> weniger als ein Roman, nämlich Leben,<br />

krasse <strong>und</strong> ungeträumte Wirklichkeit, <strong>und</strong> sein künstlerisches<br />

Schweigen ist an mehr als einer Stelle von der<br />

Art, dass es einem Schrei verzweifelt ähnlich ist.« Aus<br />

dem Vorwort von Thomas Mann<br />

02-153 Martel, Yann: Ein Hemd des 20. Jh. Roman.<br />

Frankfurt a.M. 2010(L), 224 S., geb., 31.30*<br />

Henry T., ein ehemals erfolgreicher Schriftsteller, bekommt<br />

eines Tages einen Brief von einem Leser, der ihn<br />

sehr neugierig macht. Die Suche nach jenem führt<br />

Henry zur Tierpräparation »Okapi« <strong>und</strong> ihrem Besitzer.<br />

Der zeigt ihm Szenen eines ungewöhnlichen Theaterstückes,<br />

das er gerade schreibt. Es handelt vom<br />

»Schrecken«. Doch was ist der »Schrecken«, was geschieht<br />

da, <strong>und</strong> wie können wir Erlebnisse benennen,<br />

die sich in ihrer Grausamkeit jeglicher Sprache entziehen?<br />

Yann Martel hat ein literarisches Zauberspiel<br />

über die Barbarei der Diktatur geschrieben. Anwendbar<br />

für jeglichen fürchterlichen, alles Menschliche unterdrückenden<br />

Faschismus, zu jeder Zeit <strong>und</strong> an jedem<br />

Ort. Ein poetisches wie grauenerregendes Plädoyer für<br />

Menschenwürde <strong>und</strong> Toleranz.<br />

02-154 McDonell, Nick: Ein hoher Preis. Berlin<br />

08.2010, , geb., 36.30*<br />

02-155 McEwan, Ian: Solar. Zürich 2010(L), 368<br />

S., geb., 38.90*<br />

Michael Beard ist Physiker - <strong>und</strong> Frauenheld. Er hat<br />

den Nobelpreis erhalten, doch ist er alles andere als<br />

nobel: Im Beruf ruht er sich auf seinen Lorbeeren aus,<br />

privat hält es ihn auf Dauer bei keiner Frau. Bis die<br />

geniale Idee eines Rivalen für Zündstoff in seinem Leben<br />

sorgt. In &#8250;Solar&#8249; geht es nicht nur<br />

um Sonnen-, sondern auch um kriminelle Energie.<br />

02-156 Melville, Herman: Billy Budd. Die grossen<br />

Erzählungen. München 03.2011, 576 S., br., 19.70*<br />

Melvilles große Erzählungen in einem Band geeint.<br />

02-157 O'Flynn, Catherine: Der vierte Versuch.<br />

Roman. Zürich 01.2011, 256 S., geb., 32.80*<br />

O'Flynn erzählt von der Größe des Lebens, das die<br />

einen so verzweifelt umarmen wie es die anderen fliehen.<br />

02-158 Parkes, Nii: Die Spur des Bienenfressers.<br />

(=metro ) Zürich 2010(L), 244 S., br., 29.90*<br />

02-159 Porter, Katherine A.: Das Narrenschiff.<br />

Roman. Zürich Neuausg. 2010(L), 500 S., geb., 44.90*<br />

Im Sommer 1931 tummelt sich im Hafen von Veracruz<br />

eine bunt zusammengewürfelte Reisegesellschaft, um<br />

sich nach Bremerhaven einzuschiffen. Kaum ist der Anker<br />

gelichtet, wird die "Vera" zu einem Sudkessel<br />

menschlichen Narrentums: Ein US-Amerikaner macht<br />

sich als alternder Playboy lächerlich, ein deutscher<br />

Verleger rühmt sich lauthals seiner Rasse, eine drogenabhängige<br />

Señorita betört den herzkranken Schiffsarzt.<br />

Moralische Verkommenheit, Stumpfsinn <strong>und</strong> Niedertracht,<br />

wohin man blickt. Die Tollheiten münden in ein<br />

groteskes Maskenfest, derweil auf dem Zwischendeck<br />

spanische Arbeiter in Schmutz <strong>und</strong> Elend dahinvegetieren.<br />

02-160 Power, Kevin: Die letzte Nacht des Sommers.<br />

Roman. (=KiWi 1175) Köln 2010(L), 304 S., br.,<br />

14.50*<br />

Alle kennen die Mörder. Keiner ihr Motiv. Auch sie<br />

selbst nicht.Stephen, Barry <strong>und</strong> Richard sind mit Conor<br />

zur Schule gegangen, jetzt besuchen sie das College,<br />

sie spielen Rugby <strong>und</strong> gehen zusammen aus. Bis sie ihn<br />

töten.In der Nacht des 31. August verlassen die vier<br />

einen Club in Dublin. Plötzlich erhält Conor einen<br />

Tritt. Dann noch einen. Er fällt zu Boden <strong>und</strong> wird weiter<br />

getreten. Um die Schläger stehen junge Männer <strong>und</strong><br />

Frauen, entsetzt von dem nur sek<strong>und</strong>enlangen Spektakel<br />

<strong>und</strong> fasziniert. Dann ist er tot.So beginnt Kevin Powers<br />

Roman, der mit allen Regeln des Spannungsromans<br />

bricht. Gleich am Anfang erfährt der Leser, wer<br />

das Opfer ist, wer die Täter, wie der Prozess endet <strong>und</strong><br />

wie die Urteile lauten. Die Frage, die die Handlung<br />

unerbittlich vorantreibt, ist die nach dem Warum. Der<br />

Erzähler erforscht die Ereignisse der Nacht <strong>und</strong> geht<br />

von da aus weiter, er schildert das Leben der vier jungen<br />

Männer, ihrer Fre<strong>und</strong>innen, ihrer Eltern. Er gräbt<br />

in der Vergangenheit, begegnet Fre<strong>und</strong>en, Lehrern,<br />

Priestern, Rugbytrainern. Dabei nähert er sich der<br />

Nacht aus immer neuen Perspektiven <strong>und</strong> lässt eine<br />

unerhörte psychologische Spannung entstehen.<br />

Inspiriert von einer wahren Geschichte, hat "Die letzte<br />

Nacht des Sommers" bei seinem Erscheinen in Irland<br />

sofort für erheblichen Wirbel gesorgt. Der Debütroman<br />

von Kevin Power fragt in einer ungewöhnlichen Weise


20 <strong>Literatur</strong><br />

nach dem, was Menschen antreibt <strong>und</strong> was sie niemals<br />

aussprechen würden. Das Buch ist eine beunruhigende<br />

Suche nach Wahrheit, die den Leser an das Innerste<br />

seines Selbst führen wird.<br />

02-161 Powers, Richard: Das Buch Ich # 9. Eine<br />

Reportage. Frankfurt a.M. 2010(L), 80 S., geb., 18.90*<br />

Wir schauen in unsere Gene wie in die Kristallkugel<br />

der Wahrheit. Alles glauben wir dort zu erkennen. Aber<br />

wir zahlen einen Preis. Die Angst vor einer angeborenen<br />

Neigung zu Depression oder Alzheimer würde unser<br />

Leben vergiften. Keine Zukunft, die wir in den Genen<br />

lesen, kann dies wettmachen.Richard Powers arbeitete<br />

an seinem Roman über das »Glücks-Gen«, als<br />

er die Chance erhielt, der neunte Mensch auf der Erde<br />

zu werden, dessen Genom vollständig entschlüsselt<br />

wird. Er zögerte lange, aber die Neugier siegte. Powers<br />

flog nach Boston, traf die Forscher <strong>und</strong> Macher<br />

der neuen Industrie, lernte den komplizierten Prozess<br />

der Entschlüsselung kennen. Schließlich hielt er einen<br />

USB-Stick in Händen mit der Wahrheit. Näher kam<br />

noch nie ein Schriftsteller dieser Welt, <strong>und</strong> genauer<br />

konnte uns noch nie jemand davon erzählen, wie wir in<br />

Zukunft mit unseren Genen leben.<br />

02-162 Powers, Richard: Das größere Glück. Roman.<br />

(=fi 18092) Frankfurt a.M. 02.2011, 416 S., br.,<br />

16.40*<br />

Eine junge Frau in Chicago, die vor Glück nur so<br />

strahlt. Sie lebt völlig ohne Zorn, alle Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bekannte<br />

kreisen nur um sie. Doch sie stammt aus Algerien,<br />

einem Hexenkessel aus Gewalt <strong>und</strong> Gegengewalt,<br />

dem sie nur knapp entging. Kennt sie das Geheimnis<br />

des Glücks, besitzt sie gar das »Glücks-Gen«? Laboratorien<br />

<strong>und</strong> Fernsehshows reißen sich um sie, ein Karussell,<br />

das sich immer schneller dreht, bis sie alles zu<br />

verlieren droht.Meisterhaft ist Richard Powers ein<br />

großer Roman gelungen über die Frage, was unser Leben<br />

bestimmt - die Sterne, die Eltern, oder liegt alles in<br />

den Genen? Mit einer zärtlichen Liebesgeschichte<br />

sucht er die Antwort: Greift die Zukunft nach uns oder<br />

wir nach der Zukunft?<br />

02-163 Pynchon, Thomas: Natürliche Mängel. Roman.<br />

Reinbek 2010(L), 512 S., geb., 37.90*<br />

1970: Der junge Hippie-Detektiv Larry «Doc» Sportello<br />

betreibt in LA ein Büro mit dem zweideutigen Kürzel<br />

LSD (Location, Surveillance, Detection). Er bekommt<br />

den Auftrag, beim Bodyguard eines Immobilienhais<br />

Schulden zu kassieren. Als Doc aus einem in grellem<br />

Neon-Pop gehaltenen Marihuanarausch aufwacht,<br />

kreist allerdings das Gesicht von Lieutenant Bigfoot<br />

Bjornsen über ihm; die blutüberströmte Leiche des<br />

Bodyguards daneben sieht aus wie ein frisch<br />

geschlachteter Truthahn. Der Immobilienhai selbst ist<br />

entführt worden, <strong>und</strong> Bigfoot, der Leuten gern seine<br />

Stacheldrahtsammlung zeigt, mag keine Hippies<br />

&#8230; Es folgen (nebst sprachlichem Feuerwerk <strong>und</strong><br />

albernen Liedchen) Sensationen aller Art: irre Surfer,<br />

ein hauptsächlich auf Donald Duck spezialisierter<br />

Anwalt, ein Verbrechersyndikat, das vielleicht aus<br />

Zahnärzten besteht, weitere Bösewichte wie Charles<br />

Manson <strong>und</strong> Richard Nixon <strong>und</strong>, nicht zuletzt, das<br />

verlorene Paradies Kalifornien. Der Roman ist<br />

nostalgisch, Marihuanaduft <strong>und</strong> Rockmusik wabern<br />

über die Seiten, die Pforten der Wahrnehmung stehen<br />

weit offen, <strong>und</strong> der militärisch-industrielle Komplex<br />

kriegt genauso sein Fett ab wie der Kapitalismus <strong>und</strong><br />

die große Politik. Doc Sportello ist Philip Marlowe in<br />

Bell Bottom Jeans - ein existenzialistischer<br />

Wahrheitssucher am Ende des Sommers der Liebe.<br />

02-164 Roth, Philip: Goodbye, Columbus. Ein<br />

Kurzroman <strong>und</strong> fünf Stories. München 2010(L), 320 S.,<br />

br., 32.90*<br />

02-165 Russo, Richard: Diese alte Sehnsucht. Roman.<br />

Köln 2010(L), 352 S., geb., 30.50*<br />

Jack Griffin wollte niemals werden wie seine Eltern.<br />

Seit dreißig Jahren ist er verheiratet, hat eine wohlgeratene<br />

Tochter <strong>und</strong> wurde nach seiner Karriere als<br />

Hollywood-Drehbuchautor Professor an einem kleinen<br />

College im Nordosten. Doch nun ist er Mitte fünfzig<br />

<strong>und</strong> erkennt, dass ihn die Lebensmuster seiner w<strong>und</strong>erbar<br />

scheußlichen Eltern längst eingeholt haben.<br />

02-166 Smith, Zadie: Zähne zeigen. Roman.<br />

(=KiWi 1171) Köln 2010(L), 656 S., br., 19.90*<br />

Zadie Smiths preisgekrönter Bestseller - jetzt erstmalig<br />

als KiWi-Paperback.Als Zadie Smiths Debütroman<br />

2000 erschien, wurde er als literarische Sensation gefeiert,<br />

mit zahlreichen <strong>Literatur</strong>preisen ausgezeichnet,<br />

<strong>und</strong> er stand wochenlang auf den Bestsellerlisten. Mittlerweile<br />

gilt das Buch als Klassiker der englischsprachigen<br />

Gegenwartsliteratur <strong>und</strong> liest sich heute, zehn<br />

Jahre nach seinem Erscheinen, immer noch genauso<br />

frisch wie damals. Jetzt ist der Roman endlich wieder<br />

lieferbar.Im Zweiten Weltkrieg verpassen die Soldaten<br />

Archie Jones <strong>und</strong> Samad Iqbal ihre große Chance auf<br />

eine Heldentat - den einzigen Nazi, dem sie begegnen,<br />

lassen sie laufen. Dreißig Jahre später kämpfen beide<br />

in London mit zerplatzten Träumen, jüngeren Ehefrauen,<br />

widerspenstigen Kindern <strong>und</strong> den großen Themen<br />

ihres Lebens: Herkunft, Religion, Hautfarbe <strong>und</strong> Geschichte.<br />

02-167 St. Aubyn, Edward: Ausweg. Roman. Köln<br />

2010(L), 228 S., geb., 28.90*<br />

Wie verbringt man seine verbleibende Zeit, wenn einem<br />

das Ende vor Augen steht? Mit dieser Frage sieht sich<br />

der erfolgreiche Drehbuchautor Charlie konfrontiert,<br />

als er erfährt, dass er nur noch sechs Monate zu leben<br />

hat. Er beschließt, sich in einem südfranzösischen Casino<br />

seiner gesamten Barschaft zu entledigen <strong>und</strong> ein<br />

Buch zu schreiben - ausgerechnet über Bewusstsein<br />

<strong>und</strong> Tod. Im Casino trifft er die spielsüchtige Angélique,<br />

die ihm fortan als Muse dienen soll.


<strong>Literatur</strong> 21<br />

02-168 Stevenson, Robert L.: Der Strand von Falesá.<br />

Novelle, nach dem ungekürzten Originalmanuskript<br />

übersetzt <strong>und</strong> herausgegeben. Salzburg 2010(L),<br />

120 S., geb., 31.30*<br />

02-169 Stevenson, Robert Louis: Der Master von<br />

Ballantrae. Hamburg 08.2010, 336 S., geb., 49.30*<br />

02-170 Taylor, Glenn: Die Ballade von Trenchmouth<br />

Taggart. Roman. Zürich 2010(L), 304 S., br.,<br />

29.90*<br />

Im Alter von einh<strong>und</strong>ertacht Jahren erzählt Taggart<br />

seine mitreißende, lebenspralle Geschichte: Es ist die<br />

eines Außenseiters in West Virginia, USA, einer Art<br />

Forrest Gump des Hinterlands, dessen Leben das ganze<br />

20. Jh. durchmisst. Ein Antiheld <strong>und</strong> Abenteurer, der<br />

Glanz <strong>und</strong> Schatten des amerikanischen Traums verkörpert,<br />

voller Derbheit, Witz <strong>und</strong> Melancholie. Dazu<br />

eine Landschaft wie die Brokeback Mountains <strong>und</strong> eine<br />

Rockabilly-Blues-Stimmung wie von Johnny Cash. Dieser<br />

deftige Debütroman ist eine unvergessliche Reise<br />

durch das Herzland der echten Pioniere.<br />

02-171 Tennenbaum, Silvia: Rachel, die Frau des<br />

Rabbis. Berlin 2010(L), 470 S., geb., 38.-*<br />

Rachel ist Ende 30, Mutter eines 16-jährigen Sohnes<br />

<strong>und</strong> seit 20 Jahren mit dem Vorstadtrabbiner Seymour<br />

Sonnshine verheiratet. Sie liebt Baseball, kleidet sich<br />

auffällig <strong>und</strong> hält ihre unorthodoxen Ansichten keinesfalls<br />

geheim. Statt sich den langweiligen Aufgaben einer<br />

Rabbinersfrau zu widmen, verbringt sie ihre Zeit in<br />

ihrem Atelier <strong>und</strong> strebt danach, ihre abgebrochene<br />

Karriere als Künstlerin fortzusetzen. Was für ihren<br />

Mann kein Problem ist, passt jedoch nicht in das Bild<br />

der Vorstädter von einer ordentlichen Rebbezin. Intrigen<br />

<strong>und</strong> Querelen in der Gemeinde <strong>und</strong> andere Krisen<br />

bringen das Leben der Sonnshines durcheinander:<br />

Während Rachel ihrem Leben in New York nachtrauert<br />

<strong>und</strong> immer häufiger an eine vergangene Liebe denkt,<br />

beginnt ihr Mann eine Affäre mit der attraktiven Natalie<br />

Gould ... Silvia Tennenbaum war 35 Jahre lang die<br />

Frau eines Rabbiners. In ihrem autobiografisch gefärbten<br />

Roman gibt sie auf witzige <strong>und</strong> ironische Weise<br />

Einblicke in das Leben einer Rabbinersfrau <strong>und</strong> porträtiert<br />

eine jüdische Gemeinde in den amerikanischen<br />

Suburbs.<br />

02-172 Tóibín, Colm: Brooklyn. Roman. München<br />

2010(L), 304 S., geb., 32.90*<br />

02-173 Tóibín, Colm: Mütter <strong>und</strong> Söhne. Erzählungen.<br />

(=dtv 13928) München 2010(L), 288 S., br.,<br />

15.90*<br />

Tóibíns Söhne sind Diebe, Priester, Bauern, die Mütter<br />

Folksängerinnen, Alkoholikerinnen oder Geschäftsfrauen<br />

- sie sind tot oder nicht da, aber sie unterhalten<br />

hochkomplizierte Beziehungen zueinander. Familiengeschichten,<br />

die von Leere <strong>und</strong> Verlust handeln. Großartig<br />

erf<strong>und</strong>en, w<strong>und</strong>erbar geschrieben. Wie ein Schleier<br />

legt sich das Erzählen um das Erzählte, durch die<br />

Sprache hindurch blicken wir auf die Figuren, ihr Umfeld<br />

<strong>und</strong> ihre Handlungen. Tóibín erzählt von dem, was<br />

nicht da ist, <strong>und</strong> stellt sich vor, was da, wo nichts ist,<br />

geschehen könnte.<br />

02-174 Vonnegut, Kurt: Ein dreifach Hoch auf die<br />

Milchstrasse! Erzählungen. Zürich 2010(L), 160 S.,<br />

geb., 28.90*<br />

In diesen 14 erstmals auf Deutsch erscheinenden Geschichten<br />

erweckt Kurt Vonnegut Mörder, Wahnsinnige<br />

<strong>und</strong> Außenseiter gekonnt <strong>und</strong> auf skurrile Weise zum<br />

Leben. Übersetzt von Harry RowohltMit seinen fantastischen<br />

Erzählungen lädt einer der größten Schriftsteller<br />

seiner Zeit in eine w<strong>und</strong>erliche Welt ein <strong>und</strong> schafft<br />

Charaktere, die der Leser so schnell nicht vergessen<br />

wird: Diesmal begleitet Vonnegut einen Laborassistenten,<br />

der die Welt verändern will <strong>und</strong> ein Gerät erfindet,<br />

das einem persönliche Ratschläge ins Ohr flüstert - zu<br />

persönliche, wie sich herausstellt; einen gelangweilten<br />

Angestellten, der in seinem staubigen Büro zu seinem<br />

Lebensmut zurückfindet; die junge Selma, die den IQ<br />

mit dem Körpergewicht verwechselt <strong>und</strong> die ganze<br />

Schule durcheinanderbringt; einen mysteriösen Hypnotiseur,<br />

der Rumpelstilzchen heißt; einen Mann, der ein<br />

Raumschiff findet <strong>und</strong> Außerirdische bewirtet; Ameisen,<br />

die lesen <strong>und</strong> schreiben können, <strong>und</strong> Wahnsinnige,<br />

die auf Kommando morden.Vonneguts verschrobener,<br />

ironischer <strong>und</strong> witziger Ton ist unverwechselbar <strong>und</strong><br />

jede Erzählung in ihrer Perfektion von der ersten Zeile<br />

an fesselnd.<br />

02-175 Wallace, David Foster: Am Beispiel des<br />

Hummers. (=KiWi 1183) Köln 11.2010, 64 S., br.,<br />

11.50*<br />

"Es bleibt die Tatsache, dass sich der Hummer verzweifelt<br />

wehrt ..."Jedes Jahr findet im amerikanischen B<strong>und</strong>esstaat<br />

Maine das Maine Lobster Festival statt, bei<br />

dem innerhalb von vier Tagen mehr als 9.000 kg frischer<br />

Hummer verspeist werden, gekocht im größten<br />

Topf der Welt. David Foster Wallace besuchte 2003<br />

dieses Festival, um im Auftrag der Feinschmeckerzeitschrift<br />

Gourmet eine Reportage zu schreiben. Wie<br />

schon bei "Schrecklich amüsant", der Beschreibung einer<br />

Kreuzfahrt, sind seine Beobachtungen so überraschend<br />

wie scharfsinnig.Die Wahl der Maine Seegöttin,<br />

ein Kochwettbewerb, ein Captain Blackbeard, der die<br />

Gäste am Strand erschreckt, eine große Parade <strong>und</strong><br />

viele kleine Attraktionen für die Kinder - das ist das<br />

Rahmenprogramm, das um das große Fresszelt in<br />

Rockland, einem kleinen Ort in Maine, Anfang August<br />

geboten wird. Das Wichtigste aber: Hier gibt es<br />

Hummer satt, der im größten Hummerkochtopf der<br />

Welt vor den Augen der hungrigen Besucher seinem<br />

Siedepunkt entgegenkocht. David Foster Wallace geht<br />

dem Unbehagen beim Anblick der kochenden <strong>und</strong><br />

vielleicht leidenden Hummer nach <strong>und</strong> stellt die Frage,<br />

ob der Hummer, der ganz offensichtlich versucht, dem


22 <strong>Literatur</strong><br />

heißen Wasser zu entkommen, nicht doch Schmerz<br />

empfindet, allen Beteuerungen der<br />

Festivalorganisatoren zum Trotz.<br />

02-176 Wallace, David Foster: Unendlicher Spaß.<br />

(=rororo 24957) Reinbek 02.2011, 1552 S., br., 29.70*<br />

Irgendwann in naher Zukunft machen sich die Insassen<br />

des Entziehungsheims Ennet-House <strong>und</strong> Studenten der<br />

Enfield Tennis Academy auf die Suche nach einer Kopie<br />

von «Unendlicher Spaß», einem Film, der angeblich<br />

so unterhaltsam ist, dass der berauschte Zuschauer<br />

am Ende verhungert <strong>und</strong> verdurstet - Nicht allein<br />

der schiere Umfang, sondern vor allem die Sprachmächtigkeit,<br />

die ungeheure Themenvielfalt, die treffsichere<br />

Gesellschaftskritik, scharfe Analyse sowie der<br />

Humor machen diesen kurz vor der Jahrtausendwende<br />

erschienenen Roman zum Meilenstein der internationalen<br />

Gegenwartsliteratur.<br />

02-177 Waterhouse, Peter: Der Honigverkäufer im<br />

Palastgarten. Erzählung. Salzburg 2010(L), 160 S.,<br />

geb., 33.90*<br />

02-178 Welsh, Louise: Das Alphabet der Knochen.<br />

München 2010(L), 432 S., geb., 36.30*<br />

02-179 Wyndham, Francis: Der andere Garten.<br />

Roman. Zürich 2010(L), 180 S., geb., 28.90*<br />

England, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.<br />

Der Ich-Erzähler, ein Junge in Pubertät, lebt in abgeschiedener<br />

ländlicher Idylle. Eines Tages lernt er die<br />

doppelt so alte Kay kennen, Tochter der Familie Demarest.<br />

Kay ist schüchtern <strong>und</strong> still, extravagant <strong>und</strong> erotisch.<br />

Die beiden werden Fre<strong>und</strong>e. Im anderen Garten -<br />

ein formaler Garten, den der Vater des Jungen mit<br />

großer Hingabe stutzt <strong>und</strong> hegt - findet die ruhelose<br />

Kay für kurze Zeit einen Platz zum Sonnen. Sie kann<br />

sich ihren Tagträumen hingeben <strong>und</strong> sie selbst sein,<br />

was ihr in ihrer Familie <strong>und</strong> im Leben verwehrt bleibt.<br />

5. Französische <strong>Literatur</strong><br />

02-180 Abraham, Jean P.: Der Leuchtturm. Salzburg<br />

2010(L), 160 S., geb., 29.60*<br />

02-181 Bessette, Hélène: Ida oder Das Delirium.<br />

Zürich 2010(L), 160 S., geb., 33.90*<br />

Ida, Heldin des Romans, ist mit der ersten Zeile tot.­<br />

Dienstmagd im Hause der Familie Besson, nennt sich<br />

selbst einen »Vogel der Nacht«. Woher nur dieser<br />

Name aus dem Reich des märchenhaft Schönen - möchte<br />

man sie fragen, diese dienstbeflissene Hand für Dritte.<br />

Und warum blickt sie immerzu nur auf ihre Füße?<br />

Ida wird von einem Laster in die Luft geschleudert <strong>und</strong><br />

fliegt acht Meter weit. Dieser brutale Tod wirft Fragen<br />

auf. Wer ist Ida wirklich? Wie konnte sie es wagen zu<br />

sterben? Jetzt beginnen sie zu sprechen, die, die sie<br />

kannten, erlebt haben. Sie äußern Mutmaßungen,<br />

Meinungen, die sich auf kristallklare <strong>und</strong><br />

ohrenbetäubende Weise kreuzen. Eine hell leuchtende<br />

Erzählung entsteht - ein Universum aus Egoismen,<br />

Konventionen, Grausamkeit <strong>und</strong> Gleichgültigkeit, in<br />

dessen Mitte Ida lacht, still <strong>und</strong> triumphierend. »Der<br />

blinde, taube <strong>und</strong> stumme Dichter kann nur in einer<br />

Sprache außerhalb der Regeln schreien.« Hélène<br />

Bessette<br />

02-182 Echenoz, Jean: Laufen. Roman. Berlin<br />

02.2011, 128 S., br., 13.10*<br />

02-183 Énard, Mathias: Zone. Roman. Berlin<br />

2010(L), 608 S., geb., 40.50*<br />

02-184 Helminger, Guy: Neubrasilien. Roman.<br />

Frankfurt a.M. 2010(L), 288 S., geb., 30.50*<br />

02-185 Houellebecq, Michel: Ich habe einen<br />

Traum. Neue Interventionen. Köln 2010(L), 120 S.,<br />

geb., 27.50*<br />

Vielen seiner Bew<strong>und</strong>erer gelten die Essays als sein eigentliches<br />

Hauptwerk: Houellebecq pur, die Essenz seines<br />

Schaffens. Hier offenbart er erneut die Qualitäten<br />

eines großen Erzählers, der Subjektivität <strong>und</strong> Allgemeingültigkeit<br />

auf fesselnde Weise vermengt. Uns tritt<br />

ein Autor entgegen, der auf der Höhe seiner Fähigkeiten<br />

das tut, was er wie wenige beherrscht: Er formt Expeditionen<br />

ins Herz der Gesellschaft zu messerscharfen<br />

Analysen des Zeitgeists, die mal lakonisch, mal mit unerwarteter<br />

Wärme, aber immer aufrichtig <strong>und</strong> unbestechlich<br />

geschrieben sind. Die skurrile Tragikomödie,<br />

die wir alle miteinander auf der Bühne des absurden<br />

Menschheitstheaters aufführen, hat einen schonungslosen<br />

Rezensenten gef<strong>und</strong>en. Denn was Michel Houellebecq<br />

hier betreibt, ist keine Sozial- oder Kulturkritik -<br />

es ist nicht weniger als Weltkritik.<br />

02-186 Mosès, Stéphane: Momentaufnahmen / Instantanés.<br />

Berlin 2010(L), 100 S., br., 27.50*<br />

Die "Momentaufnahmen" halten Szenen aus seiner<br />

Kindheit <strong>und</strong> Jugend fest, Erinnerungsbilder aus der<br />

Zeit zwischen 1933 <strong>und</strong> 1953. Was erlebte er? Was verw<strong>und</strong>erte,<br />

was verletzte ihn? Mit welchen Büchern,<br />

welchen Filmen kam der Junge in Berührung? Was für<br />

Blicke, welche Bemerkungen trafen ihn, in der Schule,<br />

auf der Straße, im Internierungslager?<br />

02-187 Muhlstein, Anka: Die Austern des Monsieur<br />

Balzac. Eine delikate Biografie. Zürich 01.2011,<br />

176 S., geb., 24.60*<br />

Muhlstein lässt in ihrer Lebensbeschreibung Balzacs<br />

das Paris des 19. Jh. in all seiner sinnlichen Pracht<br />

wiederauferstehen.<br />

02-188 Orsenna, Érik: Lied für eine geliebte Frau.<br />

Roman. München 2010(L), 192 S., geb., 31.30*<br />

02-189 Thúy, Kim: Der Klang der Fremde. München<br />

2010(L), 160 S., geb., 24.60*<br />

02-190 Toussaint, Jean Ph.: Die Wahrheit über<br />

Marie. Frankfurt a.M. 2010(L), 240 S., geb., 32.80*<br />

02-191 Viel, Tanguy: Paris - Brest. Berlin 2010(L),<br />

144 S.,, 27.90*<br />

Die Großmutter erbt viel Geld <strong>und</strong> eine Putzfrau. Der<br />

Vater veruntreut die Kasse des lokalen Fußballvereins.


<strong>Literatur</strong> 23<br />

Die tyrannische Mutter bemüht sich um Kontrolle der<br />

Situation. Der Bruder hat wenig Talent <strong>und</strong> ein Geheimnis.<br />

Und der Erzähler seinerseits will alles ans<br />

Licht bringen. Nachdem seine Familie der Bretagne<br />

gezwungenermaßen den Rücken gekehrt <strong>und</strong> sich im<br />

Süden niedergelassen hat, bleibt Louis, der Erzähler,<br />

bei seiner Großmutter in Brest <strong>und</strong> verbringt die Abende<br />

mit dem zwielichtigen Sohn ihrer Putzfrau, bei Rotwein<br />

<strong>und</strong> Zigaretten. Ein böser Plan entsteht. Und einmal<br />

mehr hört Louis auf seinen vermeintlichen Fre<strong>und</strong>.<br />

Im Tonfall eines Geständnisses geschrieben ist dieser<br />

Familienkriminalroman ironisch <strong>und</strong> elegant. Es geht<br />

um viel Geld, um bodenlosen Verrat. Genau <strong>und</strong><br />

schlicht entwickelt der Autor die Geschehnisse, Figuren<br />

<strong>und</strong> das Bühnenbild seiner Geschichte. Mit wenigen,<br />

eindrücklichen Strichen baut er eine atemlose<br />

Spannung auf, die eines alten britischen Krimis würdig<br />

<strong>und</strong> zugleich voller Humor ist.<br />

6. Italienische <strong>Literatur</strong><br />

02-192 Fortunato, Mario: Unschuldige Tage im<br />

Krieg. Frankfurt a.M. 2010(L), 248 S., geb., 32.90*<br />

02-193 Luzi, Mario: Auf unsichtbarem Gr<strong>und</strong>e.<br />

Gedichte. München 2010(L), 256 S., br., 29.90*<br />

02-194 Moravia, Alberto: Der Ungehorsam. Roman.<br />

Berlin 2010(L), 144 S., br., 16.30*<br />

Luca, 15 Jahre alt, fährt mit den Eltern nach den Sommerferien<br />

am Meer zurück nach Rom, die Schule beginnt,<br />

aber seine Welt ist alles andere als in Ordnung:<br />

Ein seltsamer Widerwille gegen alle Dinge beschleicht<br />

ihn, <strong>und</strong> er begibt sich in eine innerliche Opposition zu<br />

allem, was ihn umgibt: die wohlhabenden Eltern, deren<br />

Fürsorge er fortan zurückweist, der Unterricht, die<br />

Fre<strong>und</strong>e - alles wird ihm langweilig, alle Bindungen<br />

sind ihm lästig <strong>und</strong> zuwider. Seinen Besitz verschenkt<br />

er an ihm vollkommen gleichgültige Personen, was ihn<br />

mit finsterer Freude erfüllt. Zwei Frauen befreien Luca<br />

aus seiner Todessehnsucht: Die eine, das Kindermädchen<br />

seiner Cousinen, sorgt für sein erotisches Erwachen,<br />

die andere, eine Krankenschwester, die ihn nach<br />

langem Fieber ges<strong>und</strong>pflegt, wird seine erste leidenschaftliche<br />

Liebe. Der Ungehorsam ist einer der<br />

schönsten Romane Alberto Moravias. Meisterhaft beschreibt<br />

er in wenigen Sätzen das gutsituierte römische<br />

Milieu <strong>und</strong> die aufgewühlte innere Welt des jungen<br />

Luca. Messerscharf beobachtet <strong>und</strong> mit untergründigem<br />

Witz erzählt - ein Buch zum Wiederlesen!<br />

02-195 Ramondino, Fabrizia: La Via. Roman. Zürich<br />

2010(L), 352 S., geb., 32.80*<br />

La Via, das ist die Hauptstraße im kleinen Städtchen<br />

Acraia, das in den Hügeln zwischen Rom <strong>und</strong> Neapel<br />

liegt. Seit den Zeiten des Römischen Reichs hat sich<br />

entlang dieser Straße vieles ereignet: Kriege, Handel,<br />

Liebesgeschichten, Tode, lange Hungersnöte <strong>und</strong> plötzlicher<br />

Reichtum, kleine Intrigen <strong>und</strong> verheerende Skan­<br />

dale, Zerstörung <strong>und</strong> Wiederaufbau, Abwanderung <strong>und</strong><br />

Rückkehr.<br />

02-196 Tabucchi, Antonio: Die Zeit altert schnell.<br />

Erzählungen. München 2010(L), 160 S., geb., 25.90*<br />

7. Nordeuropäische <strong>Literatur</strong><br />

02-197 Blomqvist, Agneta u.a.: Alles, was man<br />

braucht. Ein Handbuch für das Leben. München<br />

2010(L), 336 S., geb., 32.90*<br />

02-198 Enquist, Per O.: Ein anderes Leben. Roman.<br />

(=fi 18600) Frankfurt a.M. 04.2011, 544 S., br.,<br />

16.40*<br />

Per Olov Enquist erzählt die Lebensgeschichte eines<br />

Mannes, der als Sohn einer strenggläubigen Volksschullehrerin<br />

in einem Dorf im nördlichen Schweden<br />

aufwuchs, die Grenzen der Provinz überwand <strong>und</strong> zu<br />

einem der bedeutendsten europäischen Schriftsteller<br />

wurde. Diese Karriere, die mit dem Studium in Uppsala,<br />

der Zeit als Journalist in West-Berlin <strong>und</strong> München<br />

begann, <strong>und</strong> mit seinem ersten Theaterstück bis zum<br />

Broadway führte, wird nicht als Erfolgsgeschichte erzählt.<br />

»Wenn alles so gut ging, wie konnte es dann so<br />

schlimm kommen?« steht als Leitfrage über diesem Lebensweg,<br />

der tief in die Alkoholabhängigkeit führte, bis<br />

Enquist mit seinen großen Romanen sich schreibend<br />

neu erschuf.»Die Sehnsucht des Individuums nach dem<br />

Sinn seiner Existenz. Dieses unvergängliche Thema hat<br />

Enquist auf beeindruckende Weise neu instrumentiert.«<br />

Die Welt<br />

02-199 Helle, Helle: Rødby - Puttgarden. Zürich<br />

2010(L), 260 S., geb., 30.50*<br />

Tine hat sich ihr Leben lang um ihre kleine Schwester<br />

gekümmert. Als Jane ihre Ausbildung schmeißt, verschafft<br />

ihr Tine sofort einen Job als Parfümerieverkäuferin<br />

auf der Fähre Rødby-Puttgarden, wo sie selbst<br />

auch arbeitet. Die beiden Schwestern leben trotz gelegentlicher<br />

Affären ein Leben ohne Männer, schnuppern<br />

tagtäglich den Duft der großen weiten Welt - Paris, Arpège,<br />

White Linen - <strong>und</strong> schippern von Rødby nach<br />

Puttgarden <strong>und</strong> zurück. Jeder Auf- <strong>und</strong> Ausbruchsversuch<br />

von Jane endet unwillkürlich wieder in Tines Obhut.<br />

Doch eigentlich wäre es ein fröhliches Leben mit<br />

Tine <strong>und</strong> ihrer kleinen Tochter Ditte im Königskarree,<br />

wenn ihnen nicht ständig der Tod begegnen würde.<br />

02-200 Hoeg, Peter: Die Kinder der Elefantenhüter.<br />

Roman. München 2010(L), 448 S., geb., 32.10*<br />

02-201 Ibsen, Henrik: Die Stützen der Gesellschaft.<br />

(=RUB 18538) Ditzingen 10.2010, 140 S., br.,<br />

6.30*<br />

"Die Stützen der Gesellschaft", 1877 uraufgeführt, ist<br />

das erste der Dramen, in denen Ibsen soziale <strong>und</strong> ethische<br />

Fragen der sich damals in Norwegen entfaltenden<br />

bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft zum Thema<br />

macht.<br />

02-202 Koch, Hermann: Angerichtet. Roman.


24 <strong>Literatur</strong><br />

Köln 2010(L), 336 S., geb., 30.50*<br />

Ein Abend im Sternerestaurant. Zwei Elternpaare -<br />

eine lebenswichtige Entscheidung.Der preisgekrönte<br />

Bestseller aus den Niederlanden erzählt ein Familiendrama,<br />

das um die Fragen kreist: Wie weit darf Elternliebe<br />

gehen? Was darf man tun, um seine Kinder zu beschützen?<br />

Ein Roman, der ins Herz schneidet.Zwei<br />

Ehepaare - zwei Brüder <strong>und</strong> ihre Frauen - haben sich<br />

zum Essen in einem Spitzenrestaurant verabredet. Sie<br />

sprechen über Filme <strong>und</strong> Urlaubspläne <strong>und</strong> vermeiden<br />

zunächst das eigentliche Thema: die Zukunft ihrer Söhne<br />

Michel <strong>und</strong> Rick. Die beiden Fünfzehnjährigen haben<br />

etwas getan, was ihr Leben für immer ruinieren<br />

kann. Paul Lohman, der Erzähler <strong>und</strong> Vater von Michel,<br />

will das Beste für seinen Sohn. Und ist bereit, dafür<br />

weit zu gehen, sehr weit. Auch die anderen am<br />

Tisch haben ihre eigene, geheime Agenda. Während<br />

des Essens brechen die Emotionen auf, schwelende<br />

Konflikte zwischen den Brüdern entladen sich, <strong>und</strong> auf<br />

einmal steht eine Entscheidung im Raum, die drei der<br />

vier mit aller Macht verhindern wollen. Mit unglaublicher<br />

Raffinesse <strong>und</strong> großem Sprachwitz erzählt Herman<br />

Koch eine Geschichte von bedingungsloser Liebe,<br />

Gewalt <strong>und</strong> Verrat. Nach <strong>und</strong> nach nur werden die<br />

wahren Abgründe <strong>und</strong> Motive der Personen sichtbar,<br />

ständig wird der Leser herausgefordert, sein moralisches<br />

Urteil neu zu fällen. "Angerichtet":Platz 1 der<br />

niederländischen Bestsellerliste, seit 66 Wochen unter<br />

den Top 20 <strong>und</strong> über 350.000 verkaufte Exemplare allein<br />

in den NiederlandenWar 2009 einer der meistverkauften<br />

Romane europaweit. Platz 7 auf der europäischen<br />

JahresbestsellerlisteSeit Wochen in den Top Ten<br />

der italienischen BestsellerlisteGewann den niederländischen<br />

Publikumspreis für "Das beste Buch des Jahres<br />

2009", ist nominiert für weitere literarische Preise (Libris-Preis,<br />

De Gouden Uyl)Verfilmung in Vorbereitung<br />

Erscheint in 14 LändernPremieren-Veranstaltung im<br />

VerlagLesereise im Herbst<br />

02-203 Mortier, Erwin: Götterschlaf. Roman. Köln<br />

2010(L), 368 S., geb., 34.90*<br />

In ihren Reflexionen über Zeit, Erinnerung, soziale<br />

Klasse, Krieg <strong>und</strong> Liebe entsteht die exemplarische Geschichte<br />

eines Frauenlebens im 20. Jh.<br />

02-204 Nooteboom, Cees: Nachts kommen die<br />

Füchse. Erzählungen. (=st 4194) Berlin 2010(L), 150<br />

S., br., 13.10*<br />

Helle Melancholie <strong>und</strong> große Weisheit schwingen in<br />

den Meistererzählungen des niederländischen Autors.<br />

So gelassen wie leidenschaftlich schreibt Cees Nooteboom<br />

von Menschen, die nicht mehr da sind, <strong>und</strong> jenen,<br />

die sich ihrer erinnern.<br />

02-205 Nooteboom, Cees: Romane <strong>und</strong> Erzählungen.<br />

Berlin 10.2010, 2000 S., br., 41.30*<br />

1955 erschien in den Niederlanden der erste Roman<br />

des damals 21jährigen Autors Cees Nooteboom: Die<br />

deutsche Übersetzung erschien drei Jahre später unter<br />

dem Titel "Das Paradies ist nebenan". Seit mehr als 50<br />

Jahren also ist der Autor - wie inzwischen allgemein<br />

anerkannt - auf der Suche nach dem »narrativen Gottesbeweis«,<br />

<strong>und</strong> so viel gereist der Autor ist, so vielfältig<br />

sind die Schauplätze <strong>und</strong> Themen seiner Romane<br />

<strong>und</strong> Erzählungen. "Das Paradies ist nebenan" ist eine<br />

Reise in den Süden <strong>und</strong> den Norden Europas, "Die folgende<br />

Geschichte" (der erste Bestseller Cees Nootebooms<br />

in deutscher Sprache) führt den Leser nach Portugal<br />

<strong>und</strong> an die brasilianische Küste, auch die »niederländischen<br />

Berge« werden thematisiert, "Allerseelen"<br />

ist in Berlin ein Anlaß zu Reflexionen über Gott,<br />

Welt <strong>und</strong> den Tod, in Australien ist wirklich ein »verlorenes<br />

Paradies« zu erk<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> in Menorca gibt es<br />

das Phänomen des »roten Regens«.Der vorliegende<br />

Band versamnmelt sämtliche fiktionale Prosa des Autors,<br />

der in einzigartiger Weise Erzählen <strong>und</strong> Reflexion<br />

verbindet, kombiniert <strong>und</strong> aufeinander bezieht: Hier ist<br />

der philosophierende Erzähler <strong>und</strong> erzählende Philosoph<br />

vollständig, auf einen Schlag, zu entdecken, zu lesen<br />

oder wiederzulesen.<br />

02-206 Winter, Leon de: Das Recht auf Rückkehr.<br />

Roman. (=detebe 24062) Zürich 2010(L), 560 S., br.,<br />

21.90*<br />

Als der vierjährige Bennie spurlos verschwindet, denkt<br />

sein Vater, Bram Mannheim, erst an einen Unfall, dann<br />

an ein Verbrechen. Dass das Verschwinden des Jungen<br />

mit Weltpolitik zu tun haben könnte, entdeckt er erst<br />

sechzehn Jahre später. Und er tut alles, um seinen Sohn<br />

wiederzubekommen.<br />

8. Osteuropäische <strong>Literatur</strong><br />

02-207 Albahari, David: Ludwig. Roman. (=dtv<br />

13946) München 01.2011, 160 S., br., 13.-*<br />

Die langjährige Fre<strong>und</strong>schaft zweier Schriftsteller ist<br />

zerbrochen. Der Erzähler sieht sich von seinem Fre<strong>und</strong><br />

Ludwig grausam hintergangen: Seine Idee für ein Buch<br />

der Bücher, für sein Meisterwerk, die er Ludwig Abend<br />

für Abend vorgetragen hat, soll dieser gestohlen <strong>und</strong><br />

unter eigenem Namen veröffentlicht haben. Doch ist<br />

dies die ganze Wahrheit?<br />

02-208 Cartarescu, Mircea: Travestie. Berlin<br />

2010(L), 171 S., geb., 27.50*<br />

Mircea Cartarescu, einer der großen europäischen<br />

Schriftsteller der Gegenwart, gehört zu den begnadeten<br />

Visionären <strong>und</strong> Sprachkünstlern der <strong>Literatur</strong>. Sein frühes<br />

Meisterwerk Travestie, ein Adoleszenz- <strong>und</strong> Künstlerroman,<br />

erzählt von der Suche eines jungen Menschen<br />

nach sich selbst. Der sensible, verschlossene Victor<br />

könnte ein Geschöpf von Marcel Prousts sein, so<br />

rauschhaft erfährt er die Welt, die ihn im krisenhaften<br />

Sommer 1973 umgibt: das Guthaus in Budila, wo er<br />

mit seinen Mitschülern die Ferien verbringt, den geheimnisvollen<br />

Park <strong>und</strong> das »Tal des


<strong>Literatur</strong> 25<br />

Paradieses«.Doch dieser kleine Kosmos bevölkert sich<br />

nachts mit den Gespenstern, die aus den Katakomben<br />

seines Bewußtseins aufsteigen. Die dreiste sexuelle Berührung<br />

seines Mitschülers »Lulu«, der sich beim Abschiedskarneval<br />

als Frau verkleidet hat, stößt ihn in<br />

eine Krise, die er erst nach vielen Jahren, buchstäblich<br />

auf der letzten Seite der »Travestie« überw<strong>und</strong>en hat.<br />

02-209 Esterházy, Péter: Ein Produktionsroman<br />

(Zwei Produktionsromane). Roman. Berlin 2010(L),<br />

512 S., geb., 50.90*<br />

02-210 Kadare, Ismail: Der Raub des königlichen<br />

Schlafs. Kleine Romane <strong>und</strong> Erzählungen. (=fi 18871)<br />

Frankfurt a.M. 12.2010, 480 S., br., 18.10*<br />

Zwölf Kurzromane des albanischen Meistererzählers.<br />

Schillernd, bunt <strong>und</strong> prächtig, auf der Grenze zwischen<br />

Mythos <strong>und</strong> Wirklichkeit. Kadare erweist sich auch hier<br />

als Seismograph <strong>und</strong> Chronist der Lebenswelten von<br />

Völkern <strong>und</strong> Kulturen auf dem Balkan. »Zwischen Realismus,<br />

historischer Einkleidung, Legende, Parabel <strong>und</strong><br />

Phantastik wechselt Kadare die Erzählweisen, dass<br />

man nur staunen kann über soviel Können <strong>und</strong> Ideenreichtum.«<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung»Ismail Kadare,<br />

verschiedentlich als »albanischer Homer« bezeichnet,<br />

ist ein grandioser Erzähler, der sich auf epische<br />

Tableaus ebenso wie auf poetische Feinarbeit versteht,<br />

der historische Recherche mit eigenen Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Erinnerungen verbindet.« Ilma Rakusa, Westdeutscher<br />

R<strong>und</strong>funk<br />

02-211 Krasznahorkai, Laszlo: Satanstango. Roman.<br />

(=fi 18073) Frankfurt a.M. 11.2010, 320 S., br.,<br />

16.40*<br />

Ein nahezu verlassenes Dorf, nur wenige Menschen<br />

sind geblieben. Armut <strong>und</strong> Perspektivlosigkeit liegen<br />

schwer über den Einwohnern. Die Gemeinschaft ist<br />

zersetzt von Hass <strong>und</strong> Misstrauen. Irimias, ein früherer<br />

Dorfbewohner, kehrt zurück <strong>und</strong> verspricht Geld <strong>und</strong><br />

Hoffnung. Das Dorf lässt sich auf ihn ein, nichtsahnend,<br />

dass er ein Polizeispitzel ist, der die Menschen<br />

durch die Androhung der Gefängnisstrafe erpresst.<br />

Krasznahorkai erzählt atmosphärisch dicht von verrotteten<br />

Charakteren in einem verfehlten Staat. Sein ›Satanstango‹<br />

ist überwältigend.Ein Fremder, ein verrottendes<br />

Dorf, ein übermächtiges System - László Krasznahorkai,<br />

ein Meister der Apokalypse.<br />

02-212 Singer, Isaac B.: Schoscha. Roman. (=dtv<br />

19140) München 02.2011, 400 S., br., 16.30*<br />

Diese Geschichte einer außergewöhnlichen Liebe gilt<br />

als eines der bekanntesten Werke des Nobelpreisträgers.<br />

Es ist ein Roman über die »großen Themen unseres<br />

Lebens: Gut <strong>und</strong> Böse, Glaube <strong>und</strong> Zweifel, Handeln<br />

<strong>und</strong> Kontemplation, das ›Wesen der Illusion‹ <strong>und</strong><br />

die Wonnen des Fleisches«. Newsweek<br />

02-213 Soucková, Milada: Bel Canto. Berlin<br />

2010(L), 288 S., geb., 37.80*<br />

02-214 Stasiuk, Andrzej: Der weiße Rabe. Roman.<br />

(=st 4216) Berlin 01.2011, 348 S., br., 18.10*<br />

Ein Kreis verschworener Fre<strong>und</strong>e sucht in der eisigen<br />

Landschaft der Beskiden nach einem Leben der Extreme.<br />

Was wie ein leichtsinniges Abenteuer beginnt, wird<br />

zu einer Prozession in den Untergang.<br />

02-215 Szabó, Magda: Die Elemente. Zürich<br />

2010(L), 360 S., geb., 37.90*<br />

»Verlass diese Frau!« - Dies flüstert dem über alles geliebten<br />

Mann eine nächtliche Stimme ins Ohr. Iza ist<br />

seine große Liebe. Doch er hört auf den nächtlichen<br />

Instikt <strong>und</strong> geht. Und ein jeder fragt: »Warum? Was<br />

war geschehen?«Antwort gibt das Leben. - Ihr Vater<br />

stirbt. Grob war er, liebend <strong>und</strong> gerecht! Iza nimmt die<br />

Mutter mit in ihr Budapester Großstadtleben. Und<br />

dann passiert es. Gewohnheiten werden aufgelöst. Erinnerungen<br />

kommen hoch. Tatsachen drücken sie zurück<br />

in die Tiefe. Wahrheiten machen sich ans Werk.<br />

Bis die Katastrophe eintritt: Der instinktive Austritt der<br />

Mutter aus dem Leben, ein letzter Akt der Liebe. Eine<br />

unerhörte Warnung an die Tochter Iza. Hat sie Ohren<br />

zu hören? Die Fluten verebben, zurück bleibt Iza: einst<br />

von vielen geliebt, ist sie jetzt allein. Etwas hat zu ihr<br />

gesprochen: pur, streng, gegen die kalte Logik namens<br />

Selbstbetrug.Ein Roman, der den Bedingungen von<br />

Liebe gnadenlos auf den Gr<strong>und</strong> geht. Durch den Strom<br />

der Zeiten hindurch fließt die Sprache Magda Szabós:<br />

das Ungarn der 60er Jahre, seine Menschen, ihr<br />

Schicksal - ein ewiges Monument unserer Schwächen,<br />

gütig <strong>und</strong> ernst, hellsichtig dem Leben zugewandt.Frage:<br />

»Warum schreiben Sie?« Antwort: »Fragen Sie<br />

einen Vogel, warum er singt!« Magda Szabó<br />

02-216 Trojanow, Ilija: Der entfesselte Globus.<br />

Reportagen. (=dtv 13930) München 2010(L), 208 S.,<br />

br., 13.90*<br />

Ilija Trojanow ist auf allen Kontinenten zu Hause, <strong>und</strong><br />

was er zu berichten hat, geht weit über die Schönheit<br />

der Landschaften oder die Fremdheit der Sitten hinaus.<br />

Er erzählt, wie die Menschen leben: in dem nicht zur<br />

Ruhe kommenden Afrika, in den Megacitys Indiens<br />

oder in Bulgarien, dem Land seiner Geburt. Neugierig<br />

<strong>und</strong> offen, kritisch <strong>und</strong> selbstkritisch - mit dem Autor<br />

des &#8250;Weltensammlers&#8249; als Reisebegleiter<br />

sieht man die Welt in einem anderen Licht.<br />

9. Russische <strong>Literatur</strong><br />

02-217 Bunin, Iwan: Am Ursprung der Tage. Zürich<br />

2010(L), 380 S., geb., 37.90*<br />

Die frühen, zwischen 1890 <strong>und</strong> 1909 publizierten Erzählungen<br />

spiegeln die literarische Entwicklung Bunins<br />

von seinen noch fast jugendlichen Anfängen bis zu der<br />

Zeit, als er in Russland bereits ein angesehener Autor<br />

war, der 1909 den prestigeträchtigen Puschkin-preis<br />

erhielt <strong>und</strong> Ehrenmitglied der Akademie wurde.Die<br />

vorliegenden Erzählungen zeigen mit großer Schärfe<br />

die tiefen wirtschaftlichen Probleme, den Hunger, den


26 <strong>Literatur</strong><br />

Niedergang des kleinen Adels, die erzwungene Auswanderung<br />

zahlreicher Bauern. Doch richtet sich der<br />

Blick unvoreingenommen auf die Menschen selbst, auf<br />

die manchmal skurrilen Landbewohner, die kleinen<br />

Momente von Glück <strong>und</strong> Trauer.<br />

02-218 Bunin, Iwan: Der Sonnentempel. Literarische<br />

Reisebilder. (=fi 18513) Frankfurt a.M. 02.2011,<br />

416 S., br., 16.40*<br />

Quer durch Europa, Asien <strong>und</strong> Afrika, durch Meere <strong>und</strong><br />

über Berge - Iwan Bunin nimmt uns mit auf eine philosophisch-poetische<br />

Reise. Den bloßen Weg versieht er<br />

mit romantischen <strong>und</strong> emotionsreichen Gedankeneinschüben<br />

zur mystischen Vergangenheit, der Bibel <strong>und</strong><br />

dem Koran. Mit außerordentlicher Stilsicherheit <strong>und</strong><br />

Erzählgabe beschwört Bunin ein atemberaubendes Bild<br />

fremder Länder <strong>und</strong> unstillbares Fernweh.»Das Reisen<br />

ist nicht nur die Erfahrung des Anderen <strong>und</strong> des ganz<br />

Großen - es ist die Erweiterung des Ichs ebenso wie die<br />

Erfahrung der eigenen Winzigkeit <strong>und</strong> Vergänglichkeit.«<br />

Thomas Grob in seinem Nachwort zu ›Der Sonnentempel‹.<br />

02-219 Gelassimow, Andrej: Durst. (=es 2624)<br />

Berlin 02.2011, 100 S., br., 19.80*<br />

Kostja kommt entstellt aus Tschetschenien zurück, bei<br />

einem Raketenangriff wurde sein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit<br />

verbrannt. In Moskau vergräbt er sich,<br />

säuft Wodka <strong>und</strong> zeichnet. Nur seine Nachbarin holt<br />

ihn gelegentlich aus seinem Kokon: Er soll ihrem Sohn<br />

Angst einjagen, wenn der mal wieder nicht ins Bett<br />

will. Eines Tages tauchen zwei ehemalige Kameraden<br />

bei ihm auf, sie suchen Sergej, der sie aus dem brennenden<br />

Panzer gezogen hat. Gemeinsam begeben sie<br />

sich auf eine Odyssee durch ein Land, dessen Menschen<br />

vom vergessenen Krieg im Kaukasus traumatisiert<br />

sind. Der lakonisch erzählte, stilistisch an Autoren<br />

wie Raymond Carver geschulte Kurzroman gilt als<br />

Schlüsseltext der russischen Gegenwartsliteratur.<br />

02-220 Nabokov, Vladimir: Gesammelte Werke.<br />

Bd. 11: Ada oder Das Verlangen. Eine Familienchronik.<br />

Reinbek 2010(L), 1152 S., 32 S. 4-farb. Taf., geb.,<br />

53.90*<br />

Ada» ist, selbst in Nabokovs herausragendem Werk, ein<br />

strahlender Solitär. Es handelt von der unmöglichen<br />

Liebe zwischen den hochbegabten Halbgeschwistern<br />

Ada <strong>und</strong> Van. Angesiedelt ist die Handlung im imaginären<br />

Land Antiterra, leicht als Collage aus dem vorrevolutionären<br />

Russland <strong>und</strong> den heutigen USA zu erkennen.<br />

Die beiden Hauptfiguren, die in ihrer geistigen<br />

Überlegenheit faszinierend, aber auch unnahbar <strong>und</strong><br />

amoralisch wirken, lieben außer einander nur ihre<br />

hochspezialisierten Hobbys (die französische Poesie<br />

des 19. Jh., russische <strong>Literatur</strong>, Insektenk<strong>und</strong>e, das Aufden-Händen-Laufen<br />

etc.). Auf ihren Lebenswegen<br />

hinterlassen sie, unverschuldet schuldig geworden,<br />

eine Spur der emotionalen Verwüstung. Dieses Buch<br />

funkelt <strong>und</strong> provoziert auf jeder Seite. Es erzeugt eine<br />

eigentümliche Stimmung von ekstatischer<br />

Hellsichtigkeit, wie der Halbschlaf an einem luftigen<br />

Sommertag in der Hängematte. Es steckt voller<br />

überraschender Beobachtungen <strong>und</strong> Gedanken, wilder<br />

<strong>und</strong> abgründiger Erotik, <strong>und</strong> trotz aller erzählerischen<br />

Präzision bleibt es anarchisch in seiner konsequenten<br />

Weigerung, die Figuren zu erklären oder gar zu<br />

verurteilen. Es ist in Nabokovs Alterswerk der<br />

komplexe, von klugen Anspielungen <strong>und</strong> versteckten<br />

Scherzen überreiche Höhepunkt<br />

02-221 Petruschewskaja, Ljudmila: Es war einmal<br />

eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte.<br />

Russische Schauergeschichten. Berlin 2010(L), 176 S.,<br />

br., 14.50*<br />

02-222 Sorokin, Vladimir: Der Zuckerkreml. Köln<br />

2010(L), 272 S., geb., 29.50*<br />

Ein furioses Sittengemälde von Russlands Starautor:<br />

ein literarischer Extrakt aus Wodka, Schnee <strong>und</strong> Blut -<br />

mit sechs Löffeln Zucker. Russland im Jahr 2028: ein<br />

neues Mittelalter, geprägt von Informationstechnologie<br />

<strong>und</strong> Massenarmut. Körperliche Züchtigung ist an der<br />

Tagesordnung. In einem gewaltigen Stimmenchor führt<br />

Sorokin den Leser durch die dunklen Seitengassen des<br />

Lebens in einem utopischen Russland, das er dem heutigen<br />

wie einen Zerrspiegel vorhält.In fünfzehn virtuosen<br />

Kurzerzählungen lernen wir Hofnarren, Henker,<br />

Zwangsarbeiter, Bettler <strong>und</strong> Dissidenten kennen - <strong>und</strong><br />

die anrührende Marfuscha, die wie Tausende anderer<br />

Kinder am Weihnachtstag auf dem Roten Platz ein<br />

Kremlmodell mit Mauern, Türmen <strong>und</strong> Toren ganz aus<br />

Zucker geschenkt bekommt. Weil alle Brennstoffe ins<br />

Ausland verkauft werden, heizen auch wohlsituierte<br />

Moskauer mit Holzscheiten, <strong>und</strong> die Aufzüge der Wohnhäuser<br />

stehen am Wochenende still. Der Alltag ist geprägt<br />

von Angst <strong>und</strong> Gewalt, versüßt wird er höchstens<br />

aus der Zuckerdose oder eben mit den fabrikmäßig hergestellten<br />

Zuckerkremln, die mal als Devotionalie, mal<br />

als Ersatzbefriedigung fürs Volk dienen: ein Trost, den<br />

man lutschen kann. Wie auch Sorokins anti-utopischer<br />

Roman "Der Tag des Opritschniks" besticht "Der<br />

Zuckerkreml" durch große sprachliche Kraft, stilistischen<br />

Reichtum <strong>und</strong> die literarische Könnerschaft des<br />

Autors, der uns eine Welt vorführt, in der die ärgsten<br />

Albträume, die zu träumen das Russland von heute Anlass<br />

gibt, Wirklichkeit geworden sind. Lesereise im September<br />

u.a. beim Harbourfront Festival Hamburg,<br />

beim Internationalen <strong>Literatur</strong>fest Berlin <strong>und</strong> beim<br />

Festival Klangspuren/ Nordtirol-Österreich <strong>und</strong><br />

Transart / Südtirol-Italien.<br />

02-223 Tolstoi, Leo: Erzählungen. (=RTb 20211)<br />

Ditzingen 2010(L), 472 S., br., 15.90*<br />

An sechs besonders kennzeichnenden Erzählungen aus<br />

seiner frühen <strong>und</strong> späten Schaffensperiode können sich<br />

die Leser hier ein Bild von Tolstois Prosakunst ma­


<strong>Literatur</strong> 27<br />

chen: 'Sewastopol im Dezember 1854' - 'Zwei Husaren'<br />

- 'Familienglück' - 'Der Tod des Iwan Iljitsch' - 'Herr<br />

<strong>und</strong> Knecht' - 'Vater Sergius'.<br />

02-224 Tolstoi, Lew: Herr <strong>und</strong> Knecht. (=dtv<br />

34648) München 12.2010, 128 S., br., 11.60*<br />

02-225 Tolstoi, Lew: Krieg <strong>und</strong> Frieden. München<br />

2010(L), 2592 S., geb., 81.90*<br />

02-226 Tolstoj, Lew: Der Schneesturm. Erzählungen.<br />

Hamburg 2010(L), 128 S., br., 19.80*<br />

10. Portugisische <strong>und</strong> Spanische <strong>Literatur</strong><br />

02-227 Lobo Antunes, António: Mein Name ist<br />

Legion. Roman. München 2010(L), 448 S., geb.,<br />

41.20*<br />

Lobo Antunes fängt die sozialen Verwerfungen einer<br />

globalisierten Moderne ein <strong>und</strong> verleiht den Menschen<br />

am Rande der Gesellschaft starke, unverwechselbare<br />

Stimmen<br />

02-228 Pessoa, Fernando: Das Buch der Unruhe<br />

des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares. Roman. (=Fischer<br />

Klassik 90309) Frankfurt a.M. 12.2010, 608 S.,<br />

br., 21.50*<br />

»Vielleicht ist es mein Schicksal, ewig ein Buchhalter<br />

sein zu müssen, <strong>und</strong> Dichtung <strong>und</strong> <strong>Literatur</strong> sind ein<br />

Schmetterling, der sich auf meinem Kopf niederläßt<br />

<strong>und</strong> mich um so lächerlicher erscheinen läßt, je größer<br />

seine Schönheit ist.« Eine der faszinierendsten Gestalten<br />

der modernen <strong>Literatur</strong> war Fernando Pessoa. Aus<br />

seinen Träumen schuf er zahlreiche reale <strong>und</strong> literarische<br />

Persönlichkeiten, darunter den Hilfsbuchhalter<br />

Bernardo Soares. Dessen Aufzeichnungen reflektieren<br />

das zutiefst Rätselhafte der menschlichen Existenz.<br />

»Sein Werk ist ein Schritt auf das Unbekannte zu. Es ist<br />

eine Passion« (Octavio Paz).Mit dem Werkbeitrag aus<br />

dem Neuen Kindlers <strong>Literatur</strong> Lexikon.Mit Daten zu<br />

Leben <strong>und</strong> Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion<br />

der Zeitschrift für <strong>Literatur</strong> TEXT + KRITIK.<br />

02-229 Saramago, José: Das Tagebuch. Hamburg<br />

16.09.2010, 192 S.,, 26.40*<br />

02-230 Saramago, José: Die Reise des Elefanten.<br />

Hamburg 2010(L), 240 S.,, 29.70*<br />

11. Afrikanische <strong>Literatur</strong><br />

02-231 Ngugi wa Thiong'o: Träume in Zeiten des<br />

Krieges. Eine Kindheit. München 2010(L), 264 S.,<br />

geb., 37.60*<br />

„Ich weiß nicht, welchen Platz ich unter den vier<strong>und</strong>zwanzig<br />

Kindern meines Vaters <strong>und</strong> seiner vier Frauen<br />

vom Alter her einnahm, aber ich war das fünfte Kind<br />

im Haus meiner Mutter.“ Ngugi wa Thiong’os<br />

liebevolle Mutter Wanjiku ist es, die nach dem<br />

Zerwürfnis mit dem Vater dem Heranwachsenden<br />

Schutz <strong>und</strong> Geborgenheit bietet <strong>und</strong> den Boden für<br />

seine Träume bereitet. Indem sie ihm den Besuch einer<br />

Schule ermöglicht <strong>und</strong> er ihr im Gegenzug verspricht,<br />

sein Bestes zu tun <strong>und</strong> sie nicht zu enttäuschen,<br />

schließen die beiden einen Pakt, der von nun an das<br />

Leben des Jungen bestimmt.Geboren im ländlichen<br />

Limuru-Distrikt in Zentralkenia, wächst Ngugi im<br />

Schatten des Zweiten Weltkriegs auf, unter britischer<br />

Kolonialherrschaft <strong>und</strong> der entstehenden Mau-Mau-<br />

Befreiungsbewegung, der sich auch sein Bruder „Good<br />

Wallace“ anschließt.Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> erzählt<br />

Ngugi wa Thiong’o von seiner Kindheit, von einem<br />

einfachen, harten <strong>und</strong> entbehrungsreichen Leben im<br />

Spannungsfeld zwischen Tradition <strong>und</strong> Moderne. Mit<br />

vielWärme berichtet er von kindlichen Freuden, herben<br />

Enttäuschungen, vom überwältigenden Erlebnis des<br />

Lesens <strong>und</strong> Schreibens, über Ängste, Demütigungen<br />

<strong>und</strong> das allmähliche Gewahrwerden politischer<br />

Zusammenhänge.Mit großer Ruhe <strong>und</strong> poetischer Kraft<br />

schildert Ngugi ein Stück Kolonialgeschichte; aus<br />

kindlich-jugendlicher Sicht zeichnet er ein<br />

eindringliches Bild der kolonialen Wirklichkeit der<br />

dreißiger bis fünfziger Jahre. Ngugi wa Thiong’os<br />

Erinnerungsbuch liest sich dabei wie ein Roman über<br />

das Erwachsenwerden - fesselnd, zärtlich,<br />

schockierend <strong>und</strong> bisweilen komisch. Und es zeigt den<br />

Autor auf dem Höhepunkt seines literarischen<br />

Schaffens.<br />

12. Arabische <strong>Literatur</strong><br />

02-232 Alafenisch, Salim: Amira. Prinzessin der<br />

Wüste. (=UT 496) Zürich 2010(L), 144 S., br., 16.90*<br />

02-233 Aswani, Alaa al-: Der Jakubijân-Bau. Roman<br />

aus Ägypten. (=LP 140) Basel 2010(L), 372 S.,<br />

br., 17.50*<br />

Die Armen wohnen oben, auf dem Dach, in kleinen Kabüffchen,<br />

die ursprünglich als Abstellkammern konzipiert<br />

waren. In den Stockwerken darunter geht es weniger<br />

knapp zu. Dort hat ein durch die Revolution von<br />

1952 teilenteigneter Gr<strong>und</strong>besitzer sein Büro mitsamt<br />

Liebesnest, ein Chefredakteur seine Wohnung, ein Neureicher<br />

das Domizil für seine Zweitfrau <strong>und</strong> haben viele<br />

Ungenannte ihr ganz normales Zuhause. Auf vielfältige<br />

Weise verweben sich die Leben der Bewohner. Das<br />

Haus wird zum Mikrokosmos für Ägypten. Alaa al-Aswanis<br />

Roman stellt vieles dar, was es in Ägypten gibt,<br />

worüber aber nicht häufig - <strong>und</strong> eigentlich nie in dieser<br />

Direktheit - gesprochen wird. Da kommt der junge<br />

Mann nicht an die Polizeischule, weil sein Vater nur<br />

Türhüter ist. Da hält sich der wohlhabende Journalist<br />

einen armen Oberägypter als Bettgenossen. Da predigt<br />

der eine Geistliche für die Regierungspolitik, der<br />

andere für den Terror. Da bereichern sich manche<br />

schamlos mit den zweifelhaftesten Geschäften. Da wird<br />

das junge Mädchen, das für seine Familie sorgen muss,<br />

von allen Arbeitgebern systematisch belästigt. Da<br />

träumt der ehemalige Aristokrat von vorrevolutionären,<br />

besseren Zeiten. Da wird im Bereich der Politik


28 <strong>Literatur</strong><br />

geschmiert, geschnüffelt <strong>und</strong> gefoltert. Da wird eben<br />

das tägliche Leben Ägyptens gezeigt.<br />

02-234 Ben Jelloun, Tahar: Die Nacht der Unschuld.<br />

Berlin 01.2011, 192 S., br., 14.80*<br />

02-235 Ben Jelloun, Tahar: Sohn ihres Vaters. Berlin<br />

01.2011, 160 S., br., 13.10*<br />

02-236 Chraibi, Driss: Ermittlungen im Landesinnern.<br />

Roman aus Marokko. (=LP 137) Basel 2010(L),<br />

284 S., br., 17.50*<br />

An einem heißen Julitag treffen ein Polizeichef <strong>und</strong> sein<br />

Inspektor in einem kleinen Dorf im Atlasgebirge ein.<br />

Sie sind in geheimer Mission unterwegs. Die Bewohner<br />

des Dorfes, das zur Verzweiflung des Chefs nicht einmal<br />

einen Namen hat, sind die Ait Yafelman, ein Berberstamm,<br />

der, aus der fruchtbaren Ebene immer höher<br />

in die Berge abgedrängt, von Jahr zu Jahr ärmer geworden<br />

ist - nicht zuletzt der Steuereintreiber wegen.<br />

Ihr einziger Besitz sind ein Esel, zwei Schafe <strong>und</strong> ein<br />

Maultier. Die beiden Beamten im Dienst der Regierung<br />

benehmen sich den Dorfbewohnern gegenüber "wie die<br />

Eroberer sämtlicher Rassen <strong>und</strong> Religionen, die im<br />

Lauf der Geschichte über das Land hereingebrochen<br />

waren": arrogant <strong>und</strong> respektlos. Die Ait Yafelman<br />

wehren sich auf ihre Weise <strong>und</strong> behindern die lächerlichen<br />

Ermittlungen, deren Geheimnis der Polizeichef<br />

erst preisgibt, als er - auch des "Hitzeteufels" wegen -<br />

völlig zermürbt ist.<br />

02-237 Djebar, Assia: Die Frauen von Algier. Erzählungen.<br />

(=fi 18267) Frankfurt a.M. 04.2011, 192 S.,<br />

br., 14.80*<br />

Als Delacroix auf seiner Algerienreise im Jahre 1832<br />

ein Harem besucht, ist er schlagartig von der verbotenen<br />

Welt fasziniert. Zwei Jahre malt er an dem Bild<br />

»Die Frauen von Algier«. Assia Djebar gibt uns in ihren<br />

Erzählungen Einblick in den Alltag algerischer<br />

Frauen, die in einer Ära des Umburchs an den starren<br />

Traditionen zu zweifeln beginnen. Es sind starke,<br />

selbstbewusste Frauen, die sich zwischen patriarchaler<br />

<strong>und</strong> kolonialer Unterdrückung ihren Weg bahnen. 1955<br />

malte Picasso auf seine Weise die algerischen Frauen<br />

als »Feuerträgerinnen« des Widerstands. Djebars Erzählungen<br />

werden von einer Kraft getragen, die Hoffnung<br />

auf Befreiung gibt.Assia Djebars Erzählungen<br />

fesseln durch ihre genaue Beobachtung <strong>und</strong> sprachliche<br />

Eleganz, durchsetzt mit arabischen Bildkaskaden,<br />

aber sie irritieren auch durch ihre gnadenlose Offenheit.<br />

02-238 Machfus, Nagib: Ausgewählte Erzählungen.<br />

Zürich 2010(L), 240 S., geb., 32.90*<br />

02-239 Machfus, Nagib: Karnak-Café. (=UT 501)<br />

Zürich 2010(L), 128 S., br., 13.90*<br />

02-240 Salich, Tajjib: Zeit der Nordwanderung.<br />

Roman aus dem Sudan. (=LP 139) Basel 2010(L), 191<br />

S., br., 17.50*<br />

Mit großer Sprachkraft <strong>und</strong> formaler Raffinesse be­<br />

schreibt Salich das Aufeinanderprallen zweier Kulturen.<br />

Schauplatz des Romans ist ein kleines Dorf am Nil,<br />

eine archaische Welt mit jahrtausendealten überlieferten<br />

Werten. Der Fluss ist die nährende <strong>und</strong> die todbringende<br />

Kraft. Seit fünf Jahren lebt Mustafa Said, der<br />

gutaussehende 50-jährige "Fremde", dort. Niemand<br />

kennt seine Geschichte, inzwischen ist er jedoch akzeptiert,<br />

ja geschätzt <strong>und</strong> mit einer Frau aus dem Dorf verheiratet.<br />

Doch eines Tages holt ihn seine Vergangenheit<br />

ein, <strong>und</strong> er gibt einem jungen Mann, der soeben seine<br />

Studien in England beendet hat, sein Geheimnis preis.<br />

Im Vertrauen erzählt er ihm von seiner "Nordwanderung",<br />

die ihn über Kairo nach London führte, von seiner<br />

glänzenden akademischen Karriere, seiner ersten<br />

Ehe, seinen erotischen Abenteuern, die allesamt tragisch<br />

endeten. 2001 wurde "Zeit der Nordwanderung"<br />

von der Arabischen <strong>Literatur</strong>akademie in Damaskus<br />

zum wichtigsten arabischen Roman des 20. Jh. erklärt.<br />

02-241 Selmi, Habib: Meine Zeit mit Marie-Claire.<br />

Roman. Basel 2010(L), 220 S., geb., 31.50*<br />

Habib Selmi erzählt die Liebesgeschichte zwischen einem<br />

Tunesier <strong>und</strong> einer Französin. In einem Café lernen<br />

sie sich kennen, der sensible Machfûdh, der schon<br />

seit Jahren allein in Paris lebt, <strong>und</strong> die temperamentvolle<br />

Marie-Claire. Schon bald zieht sie bei ihm ein<br />

<strong>und</strong> stellt fortan mit ihrem Tatendrang sein Leben auf<br />

den Kopf. Machfûdh genießt die Beziehung, nimmt sich<br />

aber möglichst zurück, um ja nichts falsch zu machen,<br />

<strong>und</strong> tut bis zur Selbstverleugnung alles, um seine Geliebte<br />

nicht zu verlieren. Doch Marie-Claires Lebenslust,<br />

überhaupt ihr Anderssein, empfindet er zunehmend<br />

als Provokation. Immer mehr Unausgesprochenes<br />

staut sich zwischen ihnen an, <strong>und</strong> schließlich findet<br />

keine echte Kommunikation mehr statt. Anhand alltäglicher<br />

Kleinigkeiten schildert Habib Selmi verblüffend<br />

ehrlich die komplexe Beziehung zwischen Mann <strong>und</strong><br />

Frau aus unterschiedlichen Kulturkreisen <strong>und</strong> widerlegt<br />

mit der Figur des feinfühligen, unaufdringlichen<br />

Machfûdh das westliche Klischee vom dominanten arabischen<br />

Mann. Der Roman wurde in die Shortlist des<br />

Arabischen Booker-Preises 2009 aufgenommen.<br />

13. Asiatische <strong>Literatur</strong><br />

02-242 Adiga, Aravind: Der weiße Tiger. Roman.<br />

(=dtv 13939) München 12.2010, 320 S., br., 16.30*<br />

Balram - der »weiße Tiger« - kommt aus einem Dorf<br />

mitten in Indien. Seine düsteren Zukunftsaussichten<br />

hellen sich auf, als er, der klügste Junge im Dorf, als<br />

Fahrer für den reichsten Mann am Ort engagiert wird<br />

<strong>und</strong> mit ihm nach Delhi kommt. Vom Steuer eines Honda<br />

City aus entdeckt Balram eine neue Welt. Alkohol,<br />

Geld, Mädchen <strong>und</strong> Macht - das Indien der Kakerlaken<br />

<strong>und</strong> Callcenter, der Prostituierten <strong>und</strong> Gläubigen, der<br />

alten Traditionen <strong>und</strong> der Internetcafés, der Wasserbüffel<br />

<strong>und</strong> des mysteriösen »weißen Tigers«, der vom Die­


<strong>Literatur</strong> 29<br />

ner zum Philosophen, Unternehmer <strong>und</strong> schließlich<br />

zum Mörder wird. »Eine Reise ins pochende Herz Indiens.«<br />

Tanja Beuthien auf ›stern.de‹<br />

02-243 Bashi, Parsua: Briefe aus Teheran. Zürich<br />

2010(L), 192 S., geb., 28.90*<br />

Die Iranerin Parsua Bashi kehrte im letzten Sommer<br />

nach sechs Jahren im Westen nach Teheran zurück. In<br />

ihren Essays berichtet sie nun mit großem Gespür für<br />

Zwischentöne von ihrem Leben dortIslamische Republik,<br />

Gottesstaat, Atommacht - im Westen kennt man<br />

den Iran vornehmlich unter Schlagwörtern. Doch dieses<br />

widersprüchliche Land ist mehr als politische Unterdrückung,<br />

Rückständigkeit <strong>und</strong> Fanatismus. Das<br />

Selbstverständnis der heutigen Iraner ist weltoffen, modern<br />

<strong>und</strong> aufgeschlossen. Die jungen Frauen kommen<br />

der Kopftuchpflicht mit ironischer Distanz <strong>und</strong> modischem<br />

Selbstbewusstsein nach. Das Bildungsniveau ist<br />

- zumindest in den Städten - hoch. Eine wissbegierige<br />

Jugend rappt auf Persisch, geht auf Partys <strong>und</strong> ist<br />

nicht zuletzt bereit, für ihre Rechte zu kämpfen, wie<br />

durch die Proteste gegen die Präsidentschaftswahl im<br />

Juni 2009 aufeindrückliche Weise sichtbar wurde.Parsua<br />

Bashi berichtet jenseits politischer Vorurteile <strong>und</strong><br />

westlicher Klischees vom täglichen Leben in Teheran<br />

zwischen Unterdrückung <strong>und</strong> Freiheit, erzählt von<br />

Hoffnung, Angst <strong>und</strong> einem unbeugsamen Willen zur<br />

Veränderung.<br />

02-244 Beer, Chaim: Bebelplatz. Berlin 2010(L),<br />

352 S., geb., 37.90*<br />

02-245 Doulatabadi, Mahmud: Der Colonel. (=UT<br />

499) Zürich 2010(L), 224 S., br., 17.90*<br />

02-246 Ferdausi, Abu l-Qasem: Schaname. Die<br />

Rostam-Legenden. (=RTb 20210) Ditzingen 2010(L),<br />

405 S., br., 20.50*<br />

Das um 1000 n. Chr. entstandene persische Nationalepos<br />

Schahname schildert die Geschichte des Iran bis<br />

zum Verfall des Sasanidenreiches. Zu den schönsten<br />

<strong>und</strong> spannendsten Teilen gehören die Heldentaten des<br />

ruhmreichen Kämpfers Rostam, "dessen Haupt bis in<br />

die Wolken ragt". Jürgen Ehlers hat die farbenreiche<br />

Sprache anhand der historisch-kritischen Ausgabe in<br />

heutiges Deutsch übertragen, kommentiert <strong>und</strong> mit einem<br />

ausführlichen Nachwort versehen.<br />

02-247 Hafis: Liebesgedichte. (=it 3657) Berlin<br />

02.2011, 120 S., br., 9.90*<br />

Die Liebesgedichte des großen persischen Dichters<br />

Hafis gehören zu den schönsten der Weltliteratur; sie<br />

waren Goethe Vorbild für seinen West-östlichen Divan.<br />

Hafis’ Verse sind vielschichtig, voller Anmut <strong>und</strong> Lebendigkeit.<br />

Sie besingen die Schönheit der Natur, die<br />

Liebe zu Frauen <strong>und</strong> Knaben, zu Wein, Gesang <strong>und</strong><br />

Tanz <strong>und</strong> vereinen das Profane <strong>und</strong> das Heilige, Sinnlichkeit<br />

<strong>und</strong> Geist, irdische <strong>und</strong> himmlische Liebe. Die<br />

einfühlsamen Übersetzungen von Cyrus Atabay eröffnen<br />

die Vielfalt dieser Welt <strong>und</strong> bringen diesen großen<br />

Klassiker aus dem 14. Jh. dem heutigen Leser nahe.<br />

02-248 Kawakami, Hiromi: Am Meer ist es wärmer.<br />

Eine Liebesgeschichte. München 2010(L), 208 S.,<br />

geb., 29.50*<br />

02-249 Kawakami, Hiromi: Herr Nakano <strong>und</strong> die<br />

Frauen. Roman. (=dtv 13979) München 04.2011, 224<br />

S., br., 14.70*<br />

»Wir handeln nicht mit Antiquitäten, wir handeln mit<br />

Trödel«, sagt Herr Nakano zu Hitomi, die sich um eine<br />

Aushilfsstelle in seinem Laden bewirbt. Der eigenwillige<br />

Nakano, ein Herr alter Schule, liebt neben schönen<br />

alten Dingen auch schöne junge Frauen. Sein Geschäft,<br />

eine Enklave in der hektischen Innenstadt Tokios,<br />

wird zum Treffpunkt liebenswert-skurriler Zeitgenossen.<br />

Hier kommen sich zwischen Nudelimbiss <strong>und</strong><br />

Nacktfotos auch die junge Verkäuferin Hitomi <strong>und</strong> der<br />

Laufbursche Takeo allmählich näher. Doch westliche<br />

Einflüsse <strong>und</strong> aggressive Geschäftsmethoden machen<br />

vor Herrn Nakanos altmodischem Laden nicht halt.<br />

»Ein Roman wie aus anderer Zeit. Im Trödel des Ladens<br />

manifestieren sich jene Formen altmodischer Eleganz,<br />

denen auch der Roman seinen Reiz verdankt.«<br />

Paul Jandl in der ›NZZ‹<br />

02-250 Kulin, Ayse: Der schmale Pfad. (=Türk.<br />

Bibl.) Zürich 2010(L), 288 S., geb., 33.90*<br />

02-251 Murakami, Haruki: 1Q84. Roman. Köln<br />

2010(L), 1044 S., geb., 45.90*<br />

1984. Aomame hat zwei verschieden große Ohren.<br />

Beim Rendezvous mit einem reichen Ölhändler zückt<br />

sie eine Nadel <strong>und</strong> ersticht ihn - ein Auftragsmord, um<br />

altes Unrecht zu sühnen. Tengo ist Hobby-Schriftsteller.<br />

Er soll einen Roman der exzentrischen 17-jährigen Fukaeri<br />

überarbeiten, damit sie einen <strong>Literatur</strong>preis bekommt.<br />

Der Text ist äußerst originell, aber schlecht geschrieben<br />

- ein riskanter Auftrag. Aomame w<strong>und</strong>ert<br />

sich, warum die Nachrichten ihren Mord nicht melden.<br />

Ist sie in eine Parallelwelt geraten? Um diese Sphäre<br />

vom gewöhnlichen Leben im Jahr 1984 zu unterscheiden,<br />

gibt Aomame der neuen, unheimlichen Welt den<br />

Namen 1Q84.<br />

02-252 Ôe, Kenzaburô: Therapiestation. Roman<br />

aus der nahen Zukunft. (=fi 18418) Frankfurt a.M.<br />

03.2011, 240 S., br., 16.40*<br />

Wir befinden uns im Jahr 20**. Die Ressourcen der<br />

Erde gehen zuende, Atomkriege haben die Atmosphäre<br />

verseucht. Eine Gruppe »Auserwählter« wird in einer<br />

gewaltigen Raumflotte zur Rettung der Menschheit entsandt.<br />

Die »Zurückgebliebenen« fühlen sich im Stich<br />

gelassen, sie leben unter chaotischen <strong>und</strong> ärmlichen<br />

Verhältnissen. Nach zehn Jahren kehren die<br />

»Auserwählten« zurück <strong>und</strong> stellen mit Erstaunen fest,<br />

dass die »Zurückgebliebenen« nicht nur überlebt,<br />

sondern sogar mit dem Wiederaufbau begonnen haben.<br />

Schnell übernehmen die »Auserwählten« die<br />

Herrschaft, um die »Zurückgebliebenen« zu


30 <strong>Literatur</strong><br />

unterdrücken. In Form eines spannenden Science<br />

Fiction thematisiert Kenzaburo Oe die Gefahr<br />

ökologischer Zerstörung sowie die Ambivalenz unserer<br />

Gesellschaftssysteme.Ein spannender <strong>und</strong><br />

gesellschftskritischer Science Fiction von Kenzaburo<br />

Oe.<br />

02-253 Oz, Amos: Geschichten aus Tel Ilan. (=st<br />

4209) Berlin 12.2010, 187 S., br., 13.10*<br />

Oz entwirft in seinen Geschichten aus Tel Ilan einen<br />

kleinen Kosmos. Er erzählt von Menschen <strong>und</strong> ihren<br />

Sehnsüchten, von ihrem nur auf den ersten Blick durch<br />

<strong>und</strong> durch alltäglichen Leben.<br />

02-254 Ridhwan, Anwar: Die letzten Tage des Geschichtenerzählers.<br />

Roman aus Malaysia. Unkel<br />

09.2010, 160 S., geb., 27.90*<br />

14. Lateinamerikanische <strong>Literatur</strong><br />

02-255 Andruetto, María Teresa: Wer war Eva<br />

Mondino? Roman. (=Naturpunkt ) Zürich 2010(L), 150<br />

S., geb., 24.-*<br />

02-256 Argemí, Raúl: Chamäleon Cacho. (=UT<br />

495) Zürich 2010(L), 160 S., br., 16.90*<br />

02-257 Argemí, Raúl: Und der Engel spielt dein<br />

Lied. Zürich 2010(L), 192 S., geb., 29.90*<br />

02-258 Bolano, Roberto: Die Naziliteratur in Amerika.<br />

Roman. (=fi 18766) Frankfurt a.M. 11.2010, 258<br />

S., br., 16.40*<br />

Der Jahrh<strong>und</strong>ertautor Roberto Bolaño entwirft in diesem<br />

unvergleichlichen Roman ein Schreckenskabinett<br />

der Welt <strong>und</strong> der <strong>Literatur</strong>. In dreißig fiktiven Lebensgeschichten<br />

süd- <strong>und</strong> nordamerikanischer Nazi-­<br />

Schriftsteller streift er nicht nur finstere kulturelle <strong>und</strong><br />

historische Realitäten, sondern skizziert zugleich eine<br />

ungeheuerliche <strong>und</strong> bizarre Parodie der <strong>Literatur</strong>geschichte.<br />

Die Palette seltsamer Gestalten reicht vom<br />

Exzentriker <strong>und</strong> Clown bis hin zum Fanatiker <strong>und</strong><br />

Wahnsinnigen, allesamt Zeugen von Bolaños unverwechselbarem<br />

Stil <strong>und</strong> seiner genialen Imaginationskraft.<br />

02-259 Bolaño, Roberto: Lumpenroman. München<br />

2010(L), 112 S., geb., 22.90*<br />

02-260 Borges, Jorge L.: Ein ewiger Traum.<br />

Essays. München 2010(L), 304 S., geb., 32.90*<br />

02-261 Brizuela, Leopoldo: Nacht über Lissabon.<br />

Roman. Berlin 2010(L), 870 S., geb., 41.10*<br />

Lissabon in einer Novembernacht 1942. Portugal hat<br />

ein britisches Ultimatum erhalten, in den Krieg einzutreten,<br />

doch der Machthaber Salazar zögert, noch liebäugelt<br />

er mit der faschistischen Achse. Angst vor dem<br />

Einmarsch der Nazis oder der Bombardierung durch<br />

die Alliierten bemächtigt sich der Stadt, die von Fremden<br />

wimmelt: Diplomaten in geheimer Mission, Spione<br />

beider Seiten, jüdische Flüchtlinge aus ganz Europa.<br />

Deren Hoffnung richtet sich auf die Boa Esperança,<br />

das letzte Schiff, das die Rettung vor der Deportation<br />

in die Konzentrationslager verspricht. In dieser angespannten<br />

Lage, wo jeder jeden verdächtigt, bangt der<br />

argentinische Konsul um die Ankunft einer großen<br />

Hilfslieferung aus Buenos Aires - er weiß nur zu gut,<br />

welch gefährlichen Auftrag er damit verfolgt <strong>und</strong><br />

warum er sich darauf eingelassen hat. Und ist es nicht<br />

der blutjunge, <strong>und</strong>urchsichtige Ricardo de Sanctis,<br />

»Auserwählter« des Lissabonner Kardinals, der in<br />

Wahrheit die Fäden zieht? Unterwegs in der Nacht ist<br />

auch der von seinen eigenen Dämonen getriebene Sekretär<br />

der Gesandtschaft; er soll seine Landsleute, die<br />

Tangokünstler Enrique Santos Discépolo <strong>und</strong> seine<br />

Ehefrau Tania, sicher durch die von Gerüchten aufgewühlte<br />

Stadt begleiten. Aber die beiden haben ihre eigenen<br />

Pläne, die nicht ans Licht wollen. Noch vor Mitternacht<br />

verlassen sie das Fadolokal Gondarém am<br />

Hafen, wo sich gegen alle Furcht die Lebenslust aufbäumt.Sie<br />

alle, Akteure <strong>und</strong> Mitgerissene, tragen in<br />

dieser Nacht ihre Geheimnisse mit sich, ihre Ängste<br />

<strong>und</strong> Begierden, suchen Ohren für ihre Bekenntnisse,<br />

ringen mit ihren alten Geschichten. Schließlich explodiert<br />

auf der Boa Esperança eine Bombe, <strong>und</strong> die Ereignisse<br />

überstürzen sich.<br />

02-262 Bruzzone, Felix: 76. Berlin 2010(L), 160<br />

S., geb., 31.40*<br />

02-263 Busqued, Carlos: Unter dieser furchterregenden<br />

Sonne. München 2010(L), 192 S., geb., 27.90*<br />

02-264 Caparrós, Martín: Wir haben uns geirrt.<br />

Berlin 2010(L), 352 S., geb., 36.50*<br />

02-265 Domínguez, Carlos María: Die blinde<br />

Küste. Roman. Berlin 2010(L), 137 S., geb., 24.50*<br />

Auf einer winterlichen Landstraße am Rio de la Plata<br />

trifft der fünfzigjährige Arturo Balz die junge Tramperin<br />

Camboya. Widerwillig nimmt er das Mädchen mit,<br />

ohne zu ahnen, daß ihrer beider Geschichte zusammenhängt.<br />

Beide fliehen sie vor einem Gestern, das sich ihnen<br />

erst erschließt, als sie in einer einsamen Strandhütte<br />

am Feuer zu erzählen beginnen, während draußen<br />

der Sturm heraufzieht.Arturo schleppt seine Vergangenheit<br />

mit sich, die Liebe zu Cecilia, die von Montevideo<br />

nach Buenos Aires floh, von einer Diktatur in die<br />

nächste, <strong>und</strong> eines Tages verschwand. Camboya läßt<br />

ihre ziellosen Liebschaften hinter sich <strong>und</strong> kämpft mit<br />

dem Märtyrerschatten ihrer Tante - eben jener Cecilia,<br />

nach deren spurlosem Verschwinden Arturo sich fast<br />

aufgegeben hatte. Im Gespräch tasten sie sich an das<br />

Unbegriffene ihres Lebens heran, dem sie an der einsamen<br />

Küste ungeschützt ausgesetzt sind.Der argentinische<br />

Autor Carlos María Domínguez zeichnet in einer<br />

dichten Sprache, die sich an den großen Prosaautoren<br />

der Moderne mißt, unvergeßliche, prekäre Charaktere<br />

<strong>und</strong> Lebenswege. Sein Roman erk<strong>und</strong>et die Möglichkeit<br />

von Liebe angesichts der Diktatur <strong>und</strong> ihrer Folgen.<br />

02-266 Figueras, Marcelo: Das Lied von Leben<br />

<strong>und</strong> Tod. Roman. (=dtv 13924) München 2010(L), 528


<strong>Literatur</strong> 31<br />

S., br., 19.90*<br />

Argentinien, 1984. Die Auswirkungen des Militärregimes<br />

sind noch schmerzhaft spürbar. Pat Finnegan,<br />

schön <strong>und</strong> unnahbar, versteckt sich mit ihrer kleinen<br />

Tochter Miranda in den Wäldern Patagoniens vor einer<br />

mysteriösen Gefahr. Durch Zufall treffen die beiden<br />

auf Teo, einen Sprengmeister aus Buenos Aires, der<br />

sich unsterblich in Pat verliebt. Die beiden werden ein<br />

Paar, doch allmählich beginnt Teo an Pats Geschichte<br />

zu zweifeln. Ist Mirandas Vater wirklich tot, wie sie behauptet?<br />

Wovor ist Pat auf der Flucht?<br />

02-267 Figueras, Marcelo: Der Spion der Zeit. Roman.<br />

Zürich 2010(L), 288 S., br., 33.90*<br />

In dem fiktiven Land Trinidad in Südamerika ist die<br />

Herrschaft einer brutalen Militärjunta zu Ende. Ihre<br />

Schergen werden von der nachfolgenden demokratischen<br />

Regierung durch eine Amnestie geschützt. Jemand<br />

ist damit aber gar nicht einverstanden <strong>und</strong> nimmt<br />

blutige Rache; die Polizei steht vor einem Rätsel. Die<br />

einzigen Spuren, die Chefermittler Van Upp sicherstellen<br />

kann, sind ominöse Hinweise auf biblische Geschichten.<br />

In einem atemberaubend spannenden Thriller<br />

gelingt Marcelo Figueras eine scharfsinnige Auseinandersetzung<br />

mit der politischen Geschichte in Argentinien.<br />

02-268 Fogwill, Rodolfo Enrique: Die unterirdische<br />

Schlacht. Roman. Reinbek 2010(L), 192 S., geb.,<br />

25.90*<br />

Der kurz nach Ende des Falkland-Krieges entstandene<br />

Roman machte seinen Autor über Nacht so berühmt<br />

wie berüchtigt. Denn in dieser Offenheit hatte bislang<br />

niemand über die Zustände im Land <strong>und</strong> über den Falkland-Krieg<br />

geschrieben, der ein wesentlicher Auslöser<br />

für den Sturz der Militärregierung in Argentinien war.<br />

Desertierte argentinische Soldaten, die«Pichis», haben<br />

in dem wüstenartigen Gelände der Islas Malvinas<br />

großflächig unterirdische Gänge angelegt <strong>und</strong> warten<br />

dort auf das Ende des absurden Krieges. Nachts kommen<br />

sie an die Oberfläche <strong>und</strong> handeln mit Schmuggelwaren;<br />

sie verkaufen Zucker, Zigaretten, Kerosin an<br />

beide Seiten, die Engländer <strong>und</strong> die Argentinier. Tagsüber<br />

sitzen sie in ihren Höhlen, hören britische Nachrichten<br />

ab <strong>und</strong> erzählen sich Geschichten. Frech, temporeich<br />

<strong>und</strong> brillant erzählt ist Fogwills Roman eine<br />

exzentrische Parabel auf die Militärdiktatur <strong>und</strong><br />

gleichzeitig das skurrilste Kriegszeugnis der lateinamerikanischen<br />

<strong>Literatur</strong>.<br />

02-269 Fuentes, Carlos: Die fünf Sonnen Mexikos.<br />

Ein Lesebuch für das 21. Jh. Frankfurt a.M. 10.2010,<br />

544 S., geb., 37.90<br />

›Die fünf Sonnen Mexikos‹ ist das Buch der Bücher von<br />

Carlos Fuentes. In seiner persönlichen Auswahl aus<br />

den frühen großen Romanen wie ›Terra nostra‹, den<br />

berühmten Erzählungen <strong>und</strong> politischen Essays entwirft<br />

er ein weit gefächertes Panorama: von den Azte­<br />

ken bis zu der Jungfrau von Guadeloupe <strong>und</strong> den Aufständischen<br />

von Chiapas. Dieser Band nimmt den Leser<br />

mit auf eine leidenschaftliche Reise durch ein Jahrtausend<br />

<strong>und</strong> in ein Land von unerschöpflicher Vitalität.<br />

»Alle Zeiten sind in einer vereint, die Vergangenheit<br />

jetzt, die Gegenwart jetzt, die Zukunft jetzt. Mexiko ist<br />

das Bild einer nie ruhenden Schöpfung, denn ihre Arbeit<br />

ist nicht vollendet.«<br />

02-270 Gonzalez, Tomas: Die versandete Zeit. Roman.<br />

Zürich 2010(L), 240 S., geb., 32.-*<br />

Die versandete Zeit ist Tomás González komplexester,<br />

ehrgeizigster Roman. Und viele seiner Fans sagen, er<br />

sei sein schönster. Dem Autor gelingt mit diesem Buch<br />

das Kunststück, einen Bogen zwischen den Zeiten (1911<br />

1978) <strong>und</strong> zwischen den Kontinenten (Südamerika Europa)<br />

zu spannen, ohne dass die Geschichte ihm aus<br />

der Hand gleitet <strong>und</strong> ausfranst. Die versandete Zeit ist<br />

in erster Linie eine Liebesgeschichte, <strong>und</strong> zwar über<br />

Josefinas lebenslange Liebe zu Alfonso, der eines Tages<br />

aus der Provinz in die Hauptstadt <strong>und</strong> dann in die<br />

Welt aufbricht <strong>und</strong> nach seiner Rückkehr eine andere<br />

heiratet. Aber das Buch ist noch vieles mehr: Es ist ein<br />

Reisebuch durch das Kolumbien vor 100 Jahren, in<br />

dem die Landschaften, die damals gebräuchlichen Verkehrsmittel<br />

<strong>und</strong> das soziale Ambi- ente zu Beginn des<br />

technischen Zeitalters lebendig werden. Es ist ferner<br />

ein Brückenschlag von Kolumbien nach Europa, weil<br />

Alfonso in Belgien vom Ersten Weltkrieg überrascht<br />

<strong>und</strong> Zeuge der Kriegsgräuel wird (insofern ist es auch<br />

ein Antikriegsbuch). Und es ist schliesslich ein Buch<br />

über das Schreiben eines Romans, denn der Autor, der<br />

als der Chronist León auftritt, hat es sich zur Aufgabe<br />

gemacht, die Geschichte von Alfonso <strong>und</strong> Josefina anhand<br />

von Alfonsos Tagebüchern <strong>und</strong> durch Befragung<br />

der alten Josefina zu erforschen, <strong>und</strong> lässt die Lesenden<br />

an diesem Prozess teilhaben. "Das Buch handelt<br />

von der Zeit <strong>und</strong> der Erinnerung, vom Versanden der<br />

Erinnerung", sagt der Autor. Und hat zugleich seine<br />

Protagonistin unsterblich gemacht. Denn die Kapitel,<br />

die von der greisen Josefina handeln, sind die zartesten<br />

<strong>und</strong> zärtlichsten Seiten, die die kolumbianische <strong>Literatur</strong><br />

hervorgebracht hat.<br />

02-271 Kohan, Martín: Sittenlehre. Roman. Berlin<br />

2010(L), 247 S., geb., 30.50*<br />

Buenos Aires, Anfang 1982: Dicke Mauern umgeben<br />

das streng traditionelle Elitegymnasium Colegio<br />

Nacional, in dem die junge María Teresa ihre Stelle als<br />

Aufseherin angetreten hat. Außerhalb der Mauern<br />

herrschen die Militärs, der Falkland-Krieg ist in vollem<br />

Gange. Drinnen soll María Teresa die strikte Einhaltung<br />

der Disziplin überwachen. Sie ist nur ein kleines<br />

Glied in der Kette, aber sie will es gut, ja peinlich<br />

genau machen. Schließlich ist Ordnung der sicherste<br />

Halt in einem Leben, in dem die Mutter in der Küche<br />

Kriegsnachrichten hört <strong>und</strong> der Bruder verstörend rät­


32 <strong>Literatur</strong><br />

selhafte Postkarten aus der Etappe schickt. Eines Tages<br />

geht sie in ihrem Überwachungseifer so weit, daß sie<br />

sich in der Jungentoilette einschließt, um einen Schüler<br />

in flagranti zu ertappen, den sie im Verdacht hat, heimlich<br />

zu rauchen. Mit ebendiesem Schritt gelangt ihre<br />

Moral in eine eigentümliche, beunruhigende Schieflage.Darf<br />

die Darstellung des Schrecklichen ins Komische<br />

kippen? Soll man sich in eine Mitläuferin einfühlen?<br />

Martín Kohan ist ein blitzwacher Beobachter <strong>und</strong><br />

ein kompositorischer Meister des Nebeneinanders von<br />

Banalem, Bösem <strong>und</strong> Groteskem.<br />

02-272 Mairal, Pedro: Das fehlende Jahr des Juan<br />

Salvatierra. Roman. München 2010(L), 128 S., geb.,<br />

22.90*<br />

02-273 Manguel, Alberto: Alle Menschen lügen.<br />

Roman. Frankfurt a.M. 2010(L), 240 S., geb., 30.50*<br />

Bevilacqua rettet sich aus dem falschen Leben in Buenos<br />

Aires nach Madrid. Aber im Exil regieren statt der<br />

Zwänge der Diktatur nur Verdacht <strong>und</strong> Zwietracht. Da<br />

hilft es nichts, dass man in seinem Koffer ein mysteriöses<br />

Manuskript findet, das ein »Lob der Lüge« verspricht.<br />

Bei dessen Erscheinen erntet Bevilacqua statt<br />

Ruhm <strong>und</strong> Ehre bloß Scham <strong>und</strong> Untergang.Raffiniert<br />

stellt Alberto Manguels Roman der Lüge eine Falle.<br />

Vor Augen <strong>und</strong> Ohren des Lesers entsteht ein spannender<br />

Roman über die schmale Linie zwischen Liebe,<br />

Lüge <strong>und</strong> Verrat, eine melancholische Komödie über<br />

das wahre Falsche <strong>und</strong> das falsche Wahre: »Ein Meisterwerk«,<br />

urteilte El País.<br />

02-274 Martínez, Guillermo: Gewaltige Hölle. Erzählungen.<br />

Frankfurt a.M. 2010(L), 200 S., geb.,<br />

28.90*<br />

Ein Mann kommt in eine kleine Stadt irgendwo im argentinischen<br />

Niemandsland. Er bleibt eine Weile, dann<br />

verschwindet er, <strong>und</strong> mit ihm verschwindet eine schöne<br />

Frau. Gerüchte machen die R<strong>und</strong>e, von einem Verbrechen<br />

ist die Rede. Als jedoch jemand einen F<strong>und</strong><br />

macht, der weit schrecklicher ist als alles Vermutete,<br />

kehrt das Schweigen zurück? In Guillermo Martínez'<br />

Erzählung 'Gewaltige Hölle', einer Verarbeitung des<br />

Schicksals der vielen 'Verschw<strong>und</strong>enen', die der argentinischen<br />

Militärdiktatur zum Opfer fielen, wird die augenscheinliche<br />

Gefasstheit der Kleinstadt zur Metapher<br />

eines vergewaltigten Landes. Martínez erzählt aufwühlend<br />

<strong>und</strong> zugleich ungeheuer kontrolliert. Fast unmerklich<br />

entwickeln sich seine Erzählungen, die in diesem<br />

Band vollständig versammelt sind, auf den Irrsinn zu:<br />

auf das Absurde im Angesicht der oft grausamen Schrecken<br />

der Realität<br />

02-275 Martínez, Tomás Eloy: Purgatorio. Roman.<br />

Frankfurt a.M. 2010(L), 304 S., geb., 30.50*<br />

Kann man einen Menschen herbeilieben? Eine Frau<br />

glaubt nicht, dass die Todesschwadron ihren Mann getötet<br />

hat. Sie ist fest überzeugt, dass er lebt, <strong>und</strong> folgt<br />

Spuren <strong>und</strong> Hinweisen von Buenos Aires nach Rio, von<br />

Nicaragua nach Mexiko, bis er schließlich in New Jersey<br />

auftaucht. Ist es ein Traum, oder hat die Sehnsucht<br />

ihn wirklich herbeigeliebt?›Purgatorio‹ ist ein Bestseller<br />

aus Argentinien. Sinnlich <strong>und</strong> abgründig erzählt er<br />

die Odyssee einer Liebe zwischen Terror <strong>und</strong> Exil.<br />

Tomás Eloy Martínez ist ein Autor, vor dem der ganze<br />

Kontinent den Hut zieht: Selbst mit dem Tod bedroht,<br />

lebte er 20 Jahre im Exil. Seine Romane erscheinen in<br />

über 50 Ländern, García Márquez sagt: »Das will ich<br />

unbedingt lesen«, Vargas Llosa: »Meisterwerke«.<br />

02-276 Martinez, Tomás: Santa Evita. Roman. (=fi<br />

18664) Frankfurt a.M. 2010(L), 432 S., br., 17.50*<br />

Eva Perón alias Evita wurde zu Lebzeiten als argentinische<br />

Göttin <strong>und</strong> nach ihrem frühen Tod als Heilige<br />

der Armen gefeiert. Ihr Leben wurde zum Mythos, ihr<br />

einbalsamierter Körper zur Reliquie. Virtuos, erzählmächtig<br />

<strong>und</strong> ironisch verbindet Tomás Eloy Martínez in<br />

seinem Meisterwerk Biografie, Klatsch <strong>und</strong> Legende:<br />

›Santa Evita‹ ist der Roman Argentiniens.<br />

02-277 Moret, Nikolas: Switch. Frankfurt a.M.<br />

2010(L), 280 S., geb., 33.50*<br />

02-278 Ocampo, Silvina u.a.: Der Hass der Liebenden.<br />

Roman. Zürich 2010(L), 208 S., geb., 31.30*<br />

Kann man einen Menschen lieben, den man für einen<br />

Mörder hält? Silvina Ocampo <strong>und</strong> Adolfo Bioy Casares,<br />

zwei herausragende Gestalten der argentinischen<br />

<strong>Literatur</strong>, erzählen in ihrem packenden Kriminalroman<br />

von der Diskrepanz zwischen Schein <strong>und</strong> Sein <strong>und</strong> der<br />

zersetzenden Macht des Zweifels.<br />

02-279 Paz, Octavio: Liebesgedichte. (=it 3659)<br />

Berlin 02.2011, 120 S., br., 9.90*<br />

Octavio Paz, die Stimme Mexikos <strong>und</strong> <strong>Literatur</strong>nobelpreisträger,<br />

hat uns einige der »bew<strong>und</strong>erungswürdigsten<br />

Liebesgedichte geschenkt, die je in Lateinamerika<br />

geschrieben wurden« (Julio Cortazar). Kraftvolle, farbenfrohe<br />

Bilder erzählen von tiefer Leidenschaft, praller<br />

Erotik <strong>und</strong> dem Traum von der vollkommenen Vereinigung<br />

zweier Menschen.»Große Gedichte der Weltliteratur!<br />

Wo gibt es Vergleichbares in unserer Zeit? Wo<br />

sind Verstand <strong>und</strong> lyrische Empfindung, wo Kopf <strong>und</strong><br />

Herz so im Lot?« Richard von Weizsäcker<br />

02-280 Piglia, Ricardo: Der Goldschmied. Erzählungen.<br />

Berlin 2010(L), 144 S., geb., 26.20*<br />

Während Thelonius, der Affe des Jazzpianisten, sich die<br />

Finger im Whiskeyglas des Clubgastes wäscht, lauscht<br />

dieser in der verruchten Schmugglerbar an der argentinisch-<br />

brasilianischen Grenze nicht nur der Melodie<br />

von The Lady Is a Tramp, sondern auch der Geschichte<br />

des Pianisten: Der weiß von einem Richter zu erzählen,<br />

der einer schönen Mörderin verfallen ist. Ebenso<br />

mysteriös erscheint ein Mord in Buenos Aires, dessen<br />

einzige Zeugin eine Verrückte ist <strong>und</strong> der dank der<br />

prof<strong>und</strong>en linguistischen Kenntnisse eines<br />

<strong>Literatur</strong>kritikers, der von einem Tag auf den anderen<br />

für das Ressort »Verbrechen« seiner Zeitung arbeiten


<strong>Literatur</strong> 33<br />

muss, aufgeklärt wird … Daneben bietet Piglia aber<br />

auch Einblicke in die amourösen Wirrungen moderner<br />

Großstädter, in die verhängnisvolle Fre<strong>und</strong>schaft<br />

zweier Boxer <strong>und</strong> in ein frühmorgendliches Gespräch<br />

mit der kleinen Tochter der Geliebten, entführt den<br />

Leser in die Wirren des argentinischen Bürgerkriegs,<br />

animiert ihn zum Tauchen in einem antiken<br />

Schiffswrack - <strong>und</strong> zeigt in der Titelgeschichte Der<br />

Goldschmied, dass nicht nur Gold, sondern auch das<br />

Glück geschmiedet werden muss.<br />

02-281 Piglia, Ricardo: Ins Weiße zielen. Berli<br />

2010(L), 256 S.,, 30.50*<br />

Wieso musste Tony Durán sterben? In seinem lang erwarteten<br />

neuen Roman entführt uns Ricardo Piglia in<br />

die trügerische Ruhe der argentinischen Provinz. Während<br />

alle Welt glaubt, der schwule Japaner Yoshio habe<br />

den Ausländer Durán getötet, entwickelt Kommissar<br />

Croce mit Hilfe des aus Buenos Aires angereisten Journalisten<br />

Renzi seine eigene Theorie: Waren es wirklich<br />

nur die körperlichen Reize der Zwillingsschwestern<br />

Ada <strong>und</strong> Sofía Belladona, die Durán in die Pampa gelockt<br />

haben? Was hatten deren Vater <strong>und</strong> Bruder, die<br />

Besitzer der hiesigen Fabrik, mit dem Opfer zu schaffen?<br />

Was hat es mit dem Erbe der irischen Mutter der<br />

Zwillinge auf sich? Und was nur hat Cueto, der aalglatte<br />

Staatsanwalt <strong>und</strong> Intimfeind Croces, zu verbergen?<br />

Piglia bietet alles auf, was das Genre des Kriminalromans<br />

hergibt - um die Gemeinplätze der Gattung<br />

am Ende auszuhebeln <strong>und</strong> zu zeigen, dass nichts so ist,<br />

wie es scheint. Dabei gelingt ihm die Quadratur des<br />

Kreises: ein Buch, das sich liest wie ein Krimi - <strong>und</strong><br />

doch keiner ist.<br />

02-282 Piñeiro, Claudia: Die Donnerstagswitwen.<br />

Zürich 2010(L), 320 S., geb., 33.90*<br />

02-283 Puenzo, Lucía: Der Fluch der Jacinta Pichimahuida.<br />

Berlin 2010(L), 288 S., br., 21.30*<br />

Zu Beginn scheint es noch so, als hätten zwei sich gef<strong>und</strong>en:<br />

die lange, spindeldürre Twiggy <strong>und</strong> der nicht<br />

ganz so große Pepino, die sich Hals über Kopf ineinander<br />

verlieben. Doch schon bald wird diese Liebe bedroht<br />

durch die Gespenster der Vergangenheit. Während<br />

Twiggy gegen Psychopharmaka <strong>und</strong> ihre steinreichen<br />

Eltern ankämpft, sieht sich Pepino dem Drehbuchschreiber<br />

Santa Cruz ausgeliefert, der ihn schon<br />

sein ganzes Leben lang verfolgt: Als kleiner Junge war<br />

Pepino als Statist in Santa Cruz’ Fernsehserie "Fräulein<br />

Lehrerin Jacinta Pichimahuida" gewesen, gemobbt<br />

von erbarmungslosen Kinderstars, gemobbt von erbarmungslosen<br />

Kinderstars, die die Fernsehwelt für die<br />

Wirklichkeit hielten. Als sich dann im Buenos Aires der<br />

Gegenwart eine Reihe mysteriöser Todes <strong>und</strong> Raubüberfälle<br />

ereignet, in die die ehemaligen Kinderstars -<br />

als Erwachsene allesamt gescheiterte Existenzen - involviert<br />

sind, will sich Pepino endgültig aus den Fängen<br />

Santa Cruz’ befreien <strong>und</strong> Twiggy wiederfinden.<br />

02-284 Quiroga, Horacio: Die Wildnis des Lebens.<br />

Gesammelte Erzählungen. Frankfurt a.M. 2010(L), 432<br />

S., geb., 41.20*<br />

In einer intensiven <strong>und</strong> mitreißenden Weise umkreisen<br />

Quirogas Erzählungen oft große, schwere Themen wie<br />

Tod, Wahnsinn oder unglückliche Liebe. Tatsächlich<br />

war Horacio Quirogas Leben derart geprägt von Tragödien<br />

<strong>und</strong> Verlust, dass es schwerfällt, Leben <strong>und</strong><br />

Werk nicht miteinander kurzzuschließen. Quiroga erzählt<br />

vom Ringen des Einzelnen angesichts eines Daseins,<br />

das sich stets als größer als er selbst <strong>und</strong> letztlich<br />

unbezwingbar erweist. Dabei verliert dieses Ringen<br />

nie an Spannung - atmosphärisch dicht, psychologisch<br />

genau, im Ton bisweilen fast lakonisch entspinnt<br />

Quiroga fesselnde Geschichten vom Horror <strong>und</strong> Mysterium<br />

des Auf-der-Welt-Seins. Ein moderner Klassiker<br />

der Weltliteratur.<br />

02-285 Sacheri, Eduardo: Warten auf Perlassi.<br />

Berlin 08.2010, 224 S., geb., 32.80*<br />

02-286 Tabarovsky, Damian: Medizinische Autobiographie.<br />

Berlin 2010(L), 112 S., geb., 31.40*<br />

02-287 Tizon, Héctor: Zwei Fremde auf dieser<br />

Welt. Roman. Zürich 2010(L), 224 S., geb., 30.-*<br />

Ein Mann reist in einem alten Studebaker durch Dörfer<br />

<strong>und</strong> Städte in Nordargentinien. Als Vertreter des Grosshandels<br />

J. J. Niemeyer verkauft er Waren von zweifelhaftem<br />

Nutzen an die von ihm besuchten Geschäfte. Immer<br />

wieder lässt er sein Leben Revue passieren, seine<br />

Kindheit, die gescheiterte Ehe, seine unerfüllten Wünsche,<br />

als Dichter zu reüssieren. Der namenlose Mann<br />

ohne Eigenschaften hat längst alle Illusionen begraben,<br />

pflegt keinen gesellschaftlichen Umgang, ist lediglich<br />

den abstrusen Gedankengängen seines sich zum<br />

Prediger entwickelnden Arbeitgebers Jott Jott Niemeyer<br />

alias Reverend Pablo ausgeliefert. Das Leben könnte<br />

immer so weitergehen. Da entdeckt er in der Nachttischschublade<br />

seines Hotels einen Liebesbrief an<br />

einen durch Selbstmord aus dem Leben geschiedenen<br />

Mann <strong>und</strong> beschliesst, die unterbrochene Korrespondenz<br />

unter falscher Identität wieder aufzunehmen. Es<br />

beginnt ein komplexes Spiel von Annäherung <strong>und</strong> Entfernung,<br />

von gegenseitigen Täuschungen, denn nicht<br />

nur der Handlungsreisende nimmt eine andere Identität<br />

an, auch die angebetete Frau, Clara, hat den Part einer<br />

Fre<strong>und</strong>in, Alina, übernommen, die den Briefwechsel<br />

als Spiel begonnen hatte.Wer hier auf unnachahmliche<br />

Weise in einer präzisen <strong>und</strong> dennoch poetischen<br />

Sprache von der Undurchdringlichkeit der Welt <strong>und</strong><br />

dem Dunkel unseres Strebens <strong>und</strong> unserer Sehnsüchte<br />

spricht, gilt schon lange als ein wichtiger Erzähler Lateinamerikas,<br />

von dem nun endlich auch ein erster Roman<br />

auf Deutsch vorliegt

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