29.09.2012 Aufrufe

Ingrid Essig, Ruth Fässler, Katrin Flury - Heiligberg Institut

Ingrid Essig, Ruth Fässler, Katrin Flury - Heiligberg Institut

Ingrid Essig, Ruth Fässler, Katrin Flury - Heiligberg Institut

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Das starke Geschlecht.<br />

Wieso sind in den Grundlagenstunden PSFL für Laien<br />

die Männer in der klaren Minderheit?<br />

Diplomarbeit von<br />

<strong>Ingrid</strong> <strong>Essig</strong>, <strong>Ruth</strong> <strong>Fässler</strong> und <strong>Katrin</strong> Fluri<br />

Kurs 3<br />

<strong>Heiligberg</strong> <strong>Institut</strong><br />

Bewegungs-/Tanztherapie PSFL (Methode Bet Hauschild-Sutter) ®<br />

Frühjahr 2007


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Vorwort Seite 1<br />

2 Fragestellungen 3<br />

3 Vorgehensweise/Material 4<br />

4 Gibt es ein typisch männliches Verhalten? 6<br />

5 Die Probanden / Arbeitsberichte 9<br />

5.1 Proband S.F. / Diplomandin <strong>Katrin</strong> Fluri 9<br />

5.1.1 Voraussetzungen..........................................................................9<br />

5.1.2 Bestandesaufnahme am Anfang (April 2006)..................................10<br />

5.1.3 Verlauf aus Sicht der Diplomandin <strong>Katrin</strong> Fluri................................11<br />

5.1.4 Verlauf aus Sicht des Probanden S.F..............................................14<br />

5.1.5 Bestandesaufnahme am Ende (Dezember 2006).............................19<br />

5.1.6 Vergleich zwischen Sicht Proband S.F. und Diplomandin <strong>Katrin</strong> Fluri... 21<br />

5.1.7 Fazit......................................................................................... 24<br />

5.2 Proband O.F. / Diplomandin <strong>Ruth</strong> <strong>Fässler</strong> 25<br />

5.2.1 Voraussetzungen........................................................................25<br />

5.2.2 Bestandesaufnahme am Anfang (April 2006)..................................25<br />

5.2.3 Verlauf aus Sicht der Diplomandin <strong>Ruth</strong> <strong>Fässler</strong>.............................. 27<br />

5.2.4 Verlauf aus Sicht des Probanden O.F..............................................30<br />

5.2.5 Bestandesaufnahme am Ende (Dezember 2006).............................34<br />

5.2.6 Vergleich zwischen Sicht Proband O.F. und Diplomandin <strong>Ruth</strong> <strong>Fässler</strong>..36<br />

5.2.7 Fazit......................................................................................... 37<br />

5.3 Proband U.H. / Diplomandin <strong>Ingrid</strong> <strong>Essig</strong> 38<br />

5.1.1 Voraussetzungen........................................................................38<br />

5.1.2 Bestandesaufnahme am Anfang (April 2006)................................. 38<br />

5.1.3 Verlauf aus Sicht der Diplomandin <strong>Ingrid</strong> <strong>Essig</strong>.............................. 41<br />

5.1.4 Verlauf aus Sicht des Probanden U.H............................................ 44<br />

5.1.5 Bestandesaufnahme am Ende (Dezember 2006).............................50<br />

5.1.6 Vergleich zwischen Sicht Proband U.H. und Diplomandin <strong>Ingrid</strong> <strong>Essig</strong>..52<br />

5.1.7 Fazit 54<br />

6 Vergleich der drei Probanden 55<br />

7 Auswertung der Umfrage, Beantwortung der Teilfragestellungen 57<br />

8 Beantwortung der Hauptfragestellung – Fazit 63<br />

9 Quellenangaben 64<br />

Herzlichen Dank 65<br />

Anhang 66–98


1 Vorwort<br />

Männer – das starke Geschlecht. Frauen – das schwache Geschlecht. Noch immer ist diese<br />

Einstellung gegenüber den Geschlechtern in vielen Bereichen unseres Alltagslebens<br />

spürbar und sie beeinflusst unser Denken und Handeln massgeblich. «Stark» und<br />

«schwach» beschreiben nebst anderem auch ein Körperkonzept. Körperliche Macht, körperliche<br />

Überlegenheit war während Jahrtausenden eine der wichtigsten Voraussetzungen<br />

fürs Überleben. Aus der Geschichte wissen wir, dass zum Beispiel in der patriarchalen Welt<br />

der alten Griechen wie auch bei den Römern Krieg (gegen Völker) und Macht (über Völker)<br />

im Zentrum des Denkens standen. Für die Frauen aber stand viel mehr das persönliche<br />

Überleben im Vordergrund; sie sicherten das Fortbestehen des Volkes, waren aber<br />

durch Schwangerschaft und Geburt einem hohen Risiko ausgesetzt.<br />

(Körperliche) Stärke wird auch heute noch mit einem entsprechend (männlichen) positiven<br />

Bild verbunden. Schwäche hingegen wird eigentlich immer als negative Eigenschaft<br />

gesehen, sei sie nun körperlicher oder anderer Art. Die Verbindung von «schwach» und<br />

«weiblich» hat die bekannten Folgen für unsere Gesellschaft gebracht: die grundsätzliche<br />

Abwertung sogenannt weiblicher Eigenschaften, was unseres Erachtens für beide<br />

Geschlechter nachteilig ist.<br />

Heute steht für die Männer bei der Bewältigung des Alltags nicht mehr die körperliche<br />

Stärke und Überlegenheit im Vordergrund. Wo heute noch Krafteinsatz und Kampfgeist<br />

gefragt sind, ist bei «härteren» Sportarten. Die Männer spielen Fussball, Eishockey, boxen<br />

im Ring, laufen Marathon, mühen sich im Fitnesszentrum an den Kraftgeräten ab … Frauen<br />

hingegen machen Gymnastik, Tanzen und gehen walken. Geht es um «härtere» sportliche<br />

Betätigung, winken die Frauen schneller ab als die Männer. Gerade umgekehrt ist es,<br />

wenn es um Bewegungserfahrung auf sanftere Weise geht. Pauschal ausgedrückt: Männer<br />

und Frauen haben offensichtlich einfach andere Interessensschwerpunkte, seien die nun<br />

durch die Natur gegeben oder von der Gesellschaft anerzogen.<br />

So erstaunt es wenig, dass es praktisch «nur» Bewegungs- und TanztherapeutINNEN gibt.<br />

Und auch in den ausgeschriebenen Laienkursen nehmen fast ausschliesslich «nur» Frauen<br />

teil.<br />

Die PSFL (Methode Bet Hauschild-Sutter) ® stellt unseres Erachtens eine vorzügliche Möglichkeit<br />

dar, Bewegung auf etwas sanftere, aber nicht minder intensive Art kennen zu lernen;<br />

sie ist sozusagen die ideale Kombination von körperlicher (Hoch-)Leistung und Schulung<br />

des Bewegungs-/Körperbewusstseins. In unserer Diplomarbeit beschränken wir uns<br />

auf die Grundlagen PSFL, gehen also nicht auf das Training PSFL ein. Grundlagen auch in<br />

dem Sinne, als dass wir die Basis der PSFL als Ausgangssituation nehmen wollen. Die<br />

Grundlagen lassen sich gegebenenfalls stufenlos nach oben angleichen – bis zum Training<br />

PSFL –, sodass auch jemand, der grösseren körperlichen Anforderungen gewachsen ist,<br />

auf seine Rechnung kommt. Im Laufe der Diplomarbeit wird sich herausstellen, welchen<br />

Anforderungen sich jeder einzelne Proband stellen möchte und kann.<br />

Wir wollen im Rahmen dieser Diplomarbeit den Fragen nachgehen, wieso Männer in den<br />

angebotenen Laienkursen in der klaren Minderheit sind. Ist die PSFL (Methode Bet Hauschild-Sutter)<br />

® einfach mehr auf den weiblichen Körper (und auf die Frauen ganz allge-<br />

1 Vorwort | Seite 1


mein), auf dessen Voraussetzungen und Bedürfnisse abgestimmt? Oder liegt es an der Art,<br />

wie die Methode vermittelt wird? Fällt es Männern generell schwer, sich auf Bewegungsabläufe<br />

einzulassen, wenn ihnen deren Sinn nicht unmittelbar aufgezeigt wird? Oder sind<br />

es ganz einfach grundsätzliche Vorurteile gegenüber sanften Bewegungsformen?<br />

49 Prozent der Menschen sind Männer; das heisst, die PSFL-Methode findet bei 49 Prozent<br />

der Bevölkerung entschieden zu wenig Anklang. Soll die PSFL sich mehr verbreiten, eine<br />

grössere «Anhängerschaft» finden (was wir als angehende Fachfrauen als unsere Aufgabe<br />

sehen), so betrachten wir es als unerlässlich, dass auch der männliche Bevölkerungsteil<br />

sich angesprochen fühlt. Aber wie muss sich die PSFL präsentieren, damit sie Anklang findet<br />

bei den Männern? Diese Fragestellung enthält unzählige Aspekte, und mit diesen wollen<br />

wir uns in unserer Diplomarbeit intensiv und so umfassend wie möglich auseinandersetzen.<br />

1 Vorwort | Seite 2


2 Fragestellungen<br />

a) Hauptfragestellung<br />

Wieso sind in den Grundlagenstunden PSFL für Laien die Männer in<br />

der klaren Minderheit?<br />

b) Teilfragestellungen<br />

I) Inwiefern sind die Methode selbst und die Art und Weise, wie die Methode vermittelt<br />

wird, für Männer geeignet?<br />

II) Falls die Methode geeignet ist, wieso sind die Männer trotzdem eindeutig in der Minderzahl?<br />

III) Welche Art von Gruppen wären besonders geeignet für Männer (nur Männer, Männer/Frauen<br />

gemischt, Einzelstunden)?<br />

IV) Ist es ein Hindernis für Männer, wenn Frauen anleiten?<br />

V) Beruht die kleine Anzahl Männer, die sich auf die Grundlagen PSFL einlassen, auf<br />

grundsätzlichen Vorurteilen gegenüber sanften Bewegungsformen (Gymnastik,<br />

Yoga, Tanz usw. ist Frauensache, o.ä.), oder haben Männer wirklich keine Freude<br />

an dieser Art von Bewegung?<br />

VI) Inwiefern könnte die Methode – falls nötig – den Bedürfnissen der Männer angepasst<br />

werden?<br />

VII) Was müsste getan werden, damit die Grundlagen PSFL auch bei den Männer Fuss<br />

fassen und damit ein grosser Markt erschlossen werden kann?<br />

2 Fragestellungen | Seite 3


3 Vorgehensweise / Material<br />

3.1 Laienstunden mit Probanden<br />

3.1.1 Allgemein<br />

Um unserer Fragestellung nachzugehen, erteilte jede Diplomandin in Einzellektionen<br />

einem Mann themenorientiert in dem Zeitraum eines halben Jahres (im Durchschnitt 1x<br />

wöchentlich) 20 Grundlagenstunden PSFL von je 60 Minuten Länge.<br />

Nach jeder Stunde liessen wir den «Fragebogen klein» vom Probanden ausfüllen, nach<br />

jeder fünften Stunde (nach Abschluss eines Themenblocks, siehe unten) zusätzlich den<br />

«Fragebogen gross». Daneben notierten wir Diplomandinnen uns schwerpunktmässig<br />

eigene Beobachtungen während und nach der Stunde auf dem «Beobachtungsblatt für<br />

Diplomandin». Diese Fragebogen bzw. das Beobachtungsblatt haben wir speziell für die<br />

Diplomarbeit erstellt (siehe Anhang).<br />

Am Anfang und am Ende des genannten Zeitraumes füllte jede Diplomandin für ihren Probanden<br />

das Blatt «Bestandesaufnahme» (Fragebogen für Lösungsarbeit und Einzelstunden<br />

PSFL, C. Pittini, <strong>Heiligberg</strong> <strong>Institut</strong>; siehe Anhang) aus. Dieses wurde mit Fotos<br />

unterlegt. Die Bestandesaufnahmen und die Fotos dienten dazu, eventuelle physische Veränderungen<br />

bei den Probanden festzuhalten.<br />

Unsere Vorgehensweise gestaltete sich anfangs so, dass wir den Probanden prinzipiell<br />

nichts darüber mitteilten, wieso wir etwas (nicht) taten. Die Probanden sollten sich ohne<br />

fundierte Kenntnisse über die Methode auf die Arbeit einlassen. Damit wollten wir eine<br />

möglichst authentische Ausgangslage schaffen. Im Alltag sieht die Situation ja auch oft so<br />

aus, dass man sich für einen Kurs anmeldet, um etwas Neues kennen zu lernen, von dem<br />

man noch keine grossen Vorkenntnisse hat. Wir Diplomandinnen wussten am Anfang<br />

unserer Ausbildung zur Bewegungspädagogin/Tanztherapeutin auch nicht, was für Erfahrungen<br />

wir machen würden, wenn wir uns so intensiv mit unserem eigenen Körper auseinandersetzen.<br />

Es ging bei unseren Probanden also auch darum, dass sie sich einfach auf<br />

etwas Neues einlassen, mit möglichst wenig «Vorurteilen». Im Rahmen der Diplomarbeit<br />

galt es dann, herauszufinden, inwiefern sich diese Vorgehensweise für die Probanden eignet<br />

und was allenfalls verändert werden müsste, damit die PSFL bei den Männern generell<br />

mehr Anklang findet.<br />

3.1.2 Stundenaufbau<br />

Grundsätzlich gestaltete jede Diplomandin ihre PSFL-Stunden selbstständig. Wir legten<br />

jedoch gemeinsam die Themenblöcke fest und von diesen jeweils die erste Stunde.<br />

3 Vorgehensweise/Material | Seite 4


3.1.3 Die vier Schwerpunkthemen<br />

– Kreisaufbau mit Vorbereitungen; alles in Wandlage (5 Stunden)<br />

– Kraftaufbau: Rumpf, Rücken, Bauch, Seitendehnungen; Wandlage und/oder<br />

frei im Raum (5 Stunden)<br />

– Schultergürtel, Arme, Nacken, Brustbein; Wandlage und/oder frei im Raum<br />

(5 Stunden)<br />

– Beine, Becken, Hüfte, Gesäss, Füsse (5 Stunden)<br />

plus allgemeine Koordination und Rhythmusgefühl (im Speziellen Diagonale und<br />

sonstige Grundlagen-PSFL-spezifische Bewegungsabläufe sowie Einsatz von Musik)<br />

Während der Diplomarbeit tauschten wir regelmässig unsere Erfahrungen untereinander<br />

aus. Besonders interessierte uns dabei, ob es bei den Probanden Veränderungen im Körperbild,<br />

in der Haltung und der Beweglichkeit sowie in der Fortbewegung geben würde,<br />

aber auch in Bezug auf die Körperwahrnehmung, den Ausdruck, die Emotion, das Wohlbefinden<br />

(z.B. Stressabbau, Schmerzverminderung etc.), das Selbstbewusstsein sowie ganz<br />

allgemein in Bezug auf die Lebensqualität.<br />

Anhand dieser Daten und der Fragebogen/Beobachtungsblätter gaben wir Antwort auf die<br />

unter 2a und 2b gestellten Fragen. Wir besprachen die ausgefüllten Fragebogen miteinander,<br />

zogen Vergleiche und fassten die Daten zusammen. Wir verglichen auch die drei Probanden<br />

untereinander, unter Berücksichtigung ihres Alters, ihrer körperlichen Voraussetzungen<br />

und ihrer Bewegungserfahrungen. Wo gab es Parallelen, wo gab es grosse Unterschiede<br />

und warum?<br />

3.2 Umfrage<br />

Wir stellten einen Fragebogen (siehe Anhang) zusammen, den wir an ungefähr 60 Männer<br />

verschickten. Erstaunlicherweise kamen 74 ausgefüllte Fragebogen zurück, wobei die Fragebogen<br />

auch durch Ehefrauen/Partnerinnen weitergeleitet und «gestreut» wurden. Wir<br />

wählten unsere Zielgruppe so aus, dass Männer in verschiedenen Alterskategorien und mit<br />

verschiedenen physischen/psychischen Voraussetzungen an der Umfrage teilnahmen, um<br />

einen möglichst repräsentativen Teil der männlichen Bevölkerung zu erfassen. Unsere drei<br />

Probanden stellen ja sozusagen nur die Spitze des Eisberges dar. Die Umfrage ist als<br />

erweiterndes Element der Diplomarbeit zu betrachten. Mit ihr wollten wir herausfinden,<br />

wie Männer im Allgemeinen zu sanften Bewegungsformen stehen, welche Bedürfnisse auf<br />

Bewegungsebene bestehen etc. Darüber hinaus ging es uns darum, herauszufinden, wie<br />

Grundlagenstunden PSFL gestaltet werden müssten, so dass sie bei Männern Anklang fänden.<br />

3 Vorgehensweise/Material | Seite 5


4 Gibt es ein typisch männliches Verhalten?<br />

Sokrates bleibt Sokrates, eine Fähigkeit,<br />

welche die wenigsten Männer besitzen.<br />

Zuerst sind sie Kinder, dann werden sie Männer,<br />

und wenn sie Männer geworden sind,<br />

werden sie Politiker, Feldherren, Dichter,<br />

Helden oder sonst etwas, nur nicht sich selber.<br />

Friedrich Dürrenmatt<br />

Die Menschheit ging davon aus, dass sich die Geschlechter grundsätzlich unterscheiden.<br />

Doch im letzten Jahrhundert entstanden verschiedene Bewegungen, die eine Gleichheit<br />

der Geschlechter anstreben wollten: zum Beispiel Feminismus, 68er-Bewegung und Kommunismus.<br />

Sie gingen davon aus, dass die geschlechtstypischen Verhaltensunterschiede<br />

anerzogen und das Produkt einer jahrhundertelangen Sozialisation seien.<br />

Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme kamen aus den Erfahrungen, die in den Kinderläden<br />

(selbstverwaltete, alternative Kindergärten) der 68er-Zeit gesammelt wurden, und<br />

aus der israelischen Kibbuzbewegung. An beiden Orten sollte das traditionelle Rollenverhalten<br />

von Jungen und Mädchen aufgebrochen werden. Sie boten ihnen eine repressionsfreie,<br />

geschlechtsneutrale Erziehung bzw. wollten eine absolute Gleichberechtigung zwischen<br />

den Geschlechtern schaffen. Die Resultate der Kinderläden und der Kibbuze glichen<br />

sich sehr. Erstaunlicherweise war das Verhalten der Kinder weit stärker geschlechtstypisch<br />

ausgeprägt und unterlag viel mehr den gängigen Klischees als zum Beispiel in traditionellen<br />

Kindergärten.<br />

Das Verhalten, die Wahrnehmung und das Denken der Knaben unterscheiden sich bereits<br />

im frühkindlichen Alter von jenem der Mädchen. Sie sind vom ersten Lebtag an in der<br />

Regel impulsiver, schwerer zu beruhigen und rascher emotional aufgedreht. Dies erfordert<br />

von den Bezugspersonen, den Knaben mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Sie erhalten<br />

dadurch im Durchschnitt mehr Reizzufuhr. Im Alter von etwa drei Jahren suchen sich die<br />

Kinder gleichgeschlechtliche Spielkameraden.<br />

Die Eigenheiten der Jungen begründen das Wesen des Mannes und lassen sich nicht als<br />

Resultat einer falschen Erziehung, von Rollenerwartungen oder gesellschaftlichen Stereotypien<br />

wegerklären. Jungen sind fasziniert von Symbolen der Zivilisation wie Autos,<br />

Armee, Polizei, Höhlen, Computer. Spontane kindliche Zeichnungen sind Ausdruck ihrer<br />

inneren und äusseren Welt. Buben drücken in ihren Zeichnungen deutlich mehr die Faszination<br />

für eine äussere Welt aus als Mädchen.<br />

Die Idealisierung des Mythos «Held», dem die Männer nachstreben, ist unerreichbar. Die<br />

Jungen kennen die Gefühle der Unsicherheit, Angst, Verletztheit, Hilflosigkeit. Sie kennen<br />

aber kaum Männer in ihrem sozialen Umfeld, die ihnen diese Gefühle zeigen und vorleben.<br />

In ihrer männlichen Idealisierung erachten sie eine Panzerung des Gefühlsleben und des<br />

Körpers als notwendig.<br />

4 Gibt es ein typisch männliches Verhalten? | Seite 6


Die heutige Psychologie fordert ein Umdenken der Männer: Sie müssen lernen, ihre Gefühle<br />

zu zeigen, das Persönliche wichtiger zu nehmen, auf Macht zu verzichten, über sich zu<br />

reden, sich ihrer Gewaltneigung bewusst zu werden und weniger rational zu denken.<br />

Diese Forderung entspricht der Seele des Mannes nur teilweise, schreibt Allan Guggenbühl<br />

in seinem Buch «Männer, Mythen, Mächte» (kursiv= zusammenfassend):<br />

In der Seele des Menschen sind zwei Haupteinstellungen erkennbar – die psychologische<br />

und die mythologische. Der Mensch lebt in diesem Spannungsfeld beider Kräfte. Einerseits<br />

der Psyche, die als autonome Kraft unsere Befindlichkeit, unsere Wünsche und Fantasien<br />

von innen her beeinflusst, andererseits der Mythen, die die Aussenwelt regieren und uns<br />

in ihren Bann ziehen. Frauen orientieren sich an der Psychologie, während bei den Männern<br />

die Mythologie im Zentrum steht.<br />

Mythen sind numinose, archetypische Erklärungsgeschichten – mächtige seelische Wirklichkeiten,<br />

an denen wir uns orientieren, teilhaben können und die uns ein Gefühl von Sinn<br />

vermitteln. C. G. Jung mit seiner Lehre der Archetypen des kollektiven Unbewussten<br />

drückt aus, dass sich hinter scheinbar individuellen Verhaltensweisen oft kollektive Muster<br />

verbergen. Es ist eine unpersönliche, kollektive Tiefenschicht im Menschen, welche als<br />

Grundmuster der Seele unser Verhalten und Erleben steuert.<br />

Männliche Eigenschaften, die Durst nach Imperien, Eroberungen, Macht und Positionen<br />

wecken, haben auch gute Seiten. Sie bezeichnen eine seelische Einstellung. Aufgrund dieser<br />

Eigenschaften partizipieren Männer an den aktuellen Themen ihres weiteren Umfelds.<br />

Sie stimmen sich über Aktualitäten in die kollektive seelische Situation ihrer Zeit ein. Die<br />

gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen regen sie an und wecken Emotionen.<br />

Themen wie Politik, Sport und Technik stehen im Zentrum. Aus der Sicht der Psychologie<br />

wird auf unverfängliche Themen ausgewichen, aus mythologischer Sicht schimmert das<br />

Interesse an Mythen durch.<br />

Guggenbühl ist überzeugt, dass die Männer ihrer Mythen bewusst werden sollten. Somit<br />

können die Kräfte, die in der Seele wirken, ausgelebt werden.<br />

Der biologische Unterschied zwischen Mann und Frau basiert stark auf deren Hormonhaushalt.<br />

Viele männliche Verhaltensweisen muss man im Zusammenhang mit hormonellenbiologischen<br />

Unterschieden sehen. Allgemein fördert ein hoher Testosteronspiegel dominante<br />

und aggressive Verhaltensweisen.<br />

Ebenso kann eine Überproduktion in der Nebennierenrinde beim weiblichen Geschlecht<br />

eine Vermännlichung (Imponiergehabe, Kampf, Begattungslust) bewirken.<br />

Neurologische Forschungen zeigen, dass das Gehirn bei Männern und Frauen verschieden<br />

funktioniert. Die Gehirne der Männer sind grösser, die der Frauen kleiner, aber stärker verkabelt.<br />

All das lässt vermuten, dass im weiblichen Gehirn die beiden Hemisphären stärker<br />

miteinander agieren. Das heisst, dass Frauen eine symmetrischere Hirnorganisation besitzen,<br />

ein vernetzteres Denken haben als Männer. Bei Männern weisen also die linke und<br />

rechte Hirnhälfte grössere Unterschiede auf als bei Frauen. Ein klarer Vorteil der Asymmetrie<br />

ist eine schnellere Verarbeitung der Informationen.<br />

Selbst bei den traditionellen Überlegenheiten – Männer beim räumlichen Vorstellungsvermögen<br />

sowie Frauen bei den sprachlichen Fertigkeiten – werden die Unterschiede aber<br />

immer kleiner. Die Plastizität des Gehirns spielt hier eine grosse Rolle. Durch Training kann<br />

4 Gibt es ein typisch männliches Verhalten? | Seite 7


man sich verbessern. Gemäss der Hirnforschung tragen die Unterschiede unwesentlich zur<br />

Alltagsbewältigung bei.<br />

Um nochmals auf Guggenbühl zurückzukommen: Es gibt eine kleine Gruppe von differenzierten<br />

Männern, die bereit sind, ihre persönlichen Gefühle und Beziehungen zu reflektieren,<br />

wenn sie an psychischen Schwierigkeiten leiden. Ihnen gegenüber steht die grosse<br />

Schar jener Männer, die sich instinktiv einer Therapie entziehen. Die Männer suchen ihre<br />

Selbstverwirklichung über mythische Vorbilder und daher fühlt sich die männliche Seele<br />

bei einer Therapie, die das Persönliche und die eigene Biografie in den Vordergrund stellt,<br />

nicht angesprochen. Bei Männern muss sich die mythische Dimension mitbeteiligen, damit<br />

sie die Leiden, den Schatten, die Schwierigkeiten und die Ängste, die sie im Zusammenhang<br />

mit der Auseinandersetzung mit den Mythen erleben, einbringen können. Die Männer<br />

könnten somit wieder an existenzielle Herausforderungen herangeführt werden, ihr<br />

öffentliches Selbst betrachten und den Blick in die Weite ihres mythischen Umfeldes richten.<br />

Dieses Nach-aussen-gerichtet-Sein haben wir in der Arbeit mit unseren Probanden immer<br />

wieder erlebt (dazu Kapitel 5 und 6), aber auch in der Umfrage kam diese Tendenz zum<br />

Vorschein (siehe Kapitel 7).<br />

4 Gibt es ein typisch männliches Verhalten? | Seite 8


5 Die Probanden / Arbeitsberichte<br />

Die drei Arbeitsberichte gliedern sich pro Proband folgendermassen:<br />

Zuerst wird der jeweilige Proband im Abschnitt «Proband A / Diplomandin 1» von der<br />

Diplomandin vorgestellt und der Ist-Zustand jedes Probanden zu Beginn dieser Diplomarbeit<br />

anhand der «Bestandesaufnahme Ausgangslage» (siehe Anhang) festgehalten<br />

(«Bestandesaufnahme am Anfang [April 2006]»). Danach zeigt jede Diplomandin ihre<br />

Sicht des Verlaufs der zwanzig Stunden auf («Verlauf aus Sicht der Diplomandin»).<br />

Anschliessend wird die Sicht des Probanden mittels Grafiken und/oder Text dargestellt<br />

(«Verlauf aus Sicht des Probanden A»). Die entsprechenden Resultate wurden anhand der<br />

verschiedenen Fragebogen (siehe Anhang) ermittelt.<br />

Die «Bestandesaufnahme am Schluss (Dezember 2006)» dient der Feststellung/Überprüfung<br />

eventueller Veränderungen.<br />

Im letzten Teil vergleicht die Diplomandin ihre Sichtweise mit den Ergebnissen der Fragebogen<br />

(«Vergleich zwischen Sicht Proband A und Diplomandin 1»). Wo gibt es Differenzen<br />

und wo Übereinstimmungen? Gibt es Korrelationen in Bezug auf die Antworten auf die verschiedenen<br />

Fragen?<br />

Ein Fazit rundet die Einzelarbeit der Diplomandin ab.<br />

5.1 Proband S. F. / Diplomandin <strong>Katrin</strong> Fluri<br />

5.1.1 Voraussetzungen<br />

S.F. ist 31 Jahre alt und hatte zu Beginn dieser Diplomarbeit weder körperliche noch psychische<br />

Beschwerden oder Krankheiten. Seine Statur ist sehr schlank und feingliedrig,<br />

trotzdem ist er kräftig (vor allem im Oberkörper). Er fühlt sich gesund und widerstandsfähig.<br />

In seiner Jugendzeit spielte er leidenschaftlich Tischtennis (im Alter von 14 bis 19<br />

Jahren). Nach dieser Zeit spielte – bis vor etwa einem Jahr – Bewegung und Sport keine<br />

Rolle mehr in seinem Leben. Seine mehrmonatigen Auslandreisen und der Ausgang mit<br />

Freunden waren ihm wichtiger. Er absolvierte die Ausbildung zum Tourismusfachmann und<br />

arbeitete danach zwischen seinen Reisen temporär. Ausser gelegentlichen Bergwanderungen<br />

bewegte er sich bis vor Kurzem kaum. Trotzdem empfand er sich nicht als «eingerostet»<br />

oder unbeweglich. In seiner jetzigen beruflichen Tätigkeit – seit Februar 2006 – sitzt<br />

S.F. vor allem am Computer. Er ist in einem Kinderhilfswerk für das Fundraising verantwortlich<br />

und arbeitet momentan durchschnittlich 80 Stunden pro Woche. Womöglich<br />

hat er deshalb vermehrt das Bedürfnis nach Bewegung, wobei ihm vor allem spielerische<br />

Einzelsportarten gefallen. So spielt er seit einiger Zeit Badminton in unregelmässigen<br />

Abständen (durchschnittlich 1x pro Woche), mit längerer Pause, bedingt durch eine Fussverletzung.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 9


Mitgemacht an dieser Diplomarbeit hat S.F. aus Neugier und Interesse; zudem aus dem<br />

Gefühl heraus, dass Bewegung gut tut, auch wenn bis anhin diese eine eher untergeordnete<br />

Rolle im Alltag spielte.<br />

Die Bewegungsstunden mussten für eine längere Zeit unterbrochen werden, da<br />

S.F. im Oktober 2006 nach einem Misstritt das linke Fussgelenk nicht belasten konnte.<br />

5.1.2 Bestandesaufnahme am Anfang (April 2006)<br />

Bewegung bedeutet für S.F. ein Gefühl des Lebens, der Kraft und der Erkenntnis, dass kleine<br />

Schritte einen schlussendlich auch über grosse Distanzen bringen. Seine Hauptmotivation<br />

zur körperlichen Bewegung sind: Abbau von Energie, Spass an Bewegungsabläufen,<br />

Lust auf Schweiss und Ausgleich zu einseitigen Belastungen.<br />

Sanfte Bewegungsformen wie die PSFL-Methode, Yoga oder Ähnliches sieht er als ein gutes<br />

Mittel zur Schulung der Körperwahrnehmung. Sie werden, seiner Meinung nach, aber oft<br />

schlecht kommuniziert, da VermittlerInnen sektiererische Tendenzen aufwiesen. Grundsätzlich<br />

liebt er eher individuelle Formen der Bewegung (Tischtennis, alleine tanzen).<br />

Ein Albtraum ist für ihn der Zwang des Mitmachens von Bewegungen in einer Gruppe,<br />

wenn ihn die Bewegungen nicht emotional berühren (z.B. Synchronschwimmen).<br />

Im Stehen (Foto 1–4): Füsse sind leicht nach aussen abgewinkelt, leichte Knickfüsse,<br />

Beckenschaufeln werden nach vorne gedrückt, welches eine leichte Rücklage des Oberkörpers<br />

bewirkt. Beine ohne Längendifferenz, Gewichtsbelastung auf rechtem Bein grösser.<br />

Knie sind gelöst, nicht durchgedrückt. Linke Schulter leicht hochgezogen und beide Schultern<br />

tendenziell nach vorne gezogen. Arme im Lot, Handhaltung normal. Kopf in leichter<br />

Schiefhaltung nach rechts. Muskeltonus ausgeglichen, Mimik gelöst.<br />

Foto 1<br />

S.F. von vorne,<br />

Füsse nach aussen<br />

abgedreht.<br />

Foto 2<br />

S.F. von hinten,<br />

linke Schulter ist<br />

leicht hochgezogen.<br />

Foto 3<br />

S.F. von links,<br />

steht in Rücklage.<br />

Foto 4<br />

S.F. von rechts,<br />

steht in Rücklage.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 10


Foto 5 Foto 6<br />

S.F. ist im oberen Rücken sehr beweglich.<br />

Berührt mit beiden Schultern den Boden.<br />

Foto 9<br />

Sehr bewegliche<br />

Wirbelsäule: Hände<br />

berühren den Boden.<br />

Kopf baumelt,<br />

jedoch nicht gelöst.<br />

Foto 10<br />

Muskeltonus in dieser<br />

Lage angespannt.<br />

Foto 11<br />

Rücklage des Oberkörpers<br />

ist aufgehoben.<br />

S.F. gibt schwer lokalisierbare Schmerzen im mittleren bis unteren Rücken an. Diese treten<br />

seit etwa drei Jahren gelegentlich auf und äussern sich in einem stechenden «Zwick»<br />

bei schnellem Aufstehen nach langem Sitzen. Der Schmerz bleibe jeweils nur kurze Zeit<br />

und löse sich dann von selbst wieder.<br />

Im Gehen: Schultergürtel wirkt gehalten und wird kaum bewegt, Arme schwingen trotzdem<br />

in der Gegenbewegung mit.<br />

In der Wandlage (Foto 10): Die Dehnung der hinteren Beinmuskulatur und das Absacken<br />

des Blutes aus den Beinen werden als sehr unangenehm empfunden. Muskeltonus<br />

leicht angespannt in dieser Lage.<br />

5.1.3 Verlauf aus Sicht der Diplomandin <strong>Katrin</strong> Fluri<br />

Foto 7<br />

Becken kippt nach hinten. Grosser Kraftaufwand<br />

/ grosse Dehnung der Beine ist zum<br />

aufrechten Sitzen nötig.<br />

Foto 12<br />

Ohne explizite Anweisung<br />

zeigen beide<br />

Handflächen nach<br />

vorne. Schultern hochgezogen.<br />

Wir vereinbarten, die Stunden grundsätzlich einmal pro Woche abzuhalten. Dieser Rhythmus<br />

war jedoch nicht immer einzuhalten, da S.F. während dieser Zeit unter einer grossen<br />

Arbeitsbelastung stand, die die regelmässige Durchführung der Stunden verunmöglichte.<br />

Zusätzlich mussten wir nach der 13. Stunde einige Wochen pausieren, da S.F.<br />

seinen Fuss verletzte.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 11


Die ersten fünf Stunden fanden – was die Wandlage betraf – in einem kleinen, überfüllten<br />

Zimmer statt. Die Bewegungen im Raum (Anfangsteil und Diagonale) wurden in einem<br />

anderen, grossen Raum abgehalten. Dieser entsprach viel mehr unseren Bedürfnissen, so<br />

dass wir nach den ersten fünf Stunden kaum mehr die Wandlage benutzten, die das kleine<br />

Zimmer bedingt hätte.<br />

In den folgenden Abschnitten zeige ich den Verlauf der vier Schwerpunktthemen aus meiner<br />

Sicht auf:<br />

Kreisaufbau (1. bis 5. Stunde): Obwohl S.F. motiviert und interessiert zur ersten Stunde<br />

erschien, verliefen die ersten fünf Stunden harzig. S.F. fiel es schwer, sich während den<br />

Bewegungsabläufen zu konzentrieren. Die Wandlage entsprach ihm nicht. Er führte die<br />

Bewegungsabläufe schnell und eher ungenau durch. Seine Mimik wirkte auf mich ungeduldig;<br />

seine Bewegungen fahrig. Sein Körper war von Beginn an sehr dehnbar, auch konnte<br />

er die Anweisungen problemlos ausführen. Mein Eindruck war, dass er mit den Gedanken<br />

ganz woanders war und er die Aufforderung, seinem Körper nachzuspüren, für sich als<br />

unwichtig empfand. Dabei wurde er ungeduldig, wenn ich dem Nachspüren viel Zeit einräumte.<br />

Es wirkte auf mich so, dass er keinen Grund sah, den Kreisaufbau immer wieder<br />

zu wiederholen, da er ihn ja bereits erfasst hatte. Meistens wurde er im Verlauf der Stunde<br />

zunehmend unkonzentrierter und ungeduldiger.<br />

Kraftaufbau: Rumpf, Rücken, Bauch, Seitendehnungen (6. bis 10. Stunde): Da zwei<br />

unserer Probanden grosse Schwiergkeiten hatten, sich auf Bewegungen einzulassen,<br />

deren Hintergrund und Wirkung sie nicht kannten, vereinbarten wir Diplomandinnen – entgegen<br />

der Abmachung zu Beginn der Diplomarbeit – unsere Probanden über Wirkung und<br />

Zweck der Bewegungen teils zu informieren. Mit diesem neuen Wissen und dem Thema<br />

«Kraft» stieg die Motivation von S.F. an. Auch fanden die Stunden in dieser Zeit zwei<br />

Mal wöchentlich statt, was sich zusätzlich positiv auf S.F.s Motivation auswirkte. Er wirkte<br />

präsent, interessiert und konnte sich viel besser konzentrieren. Auch hatte ich den Eindruck,<br />

er setze sich mit seinem Körper auseinander. Ich gestaltete die Stunden mit mehr<br />

Trainingselementen, da er darauf sehr gut ansprach. Der gesamte Teil mit dem Thema<br />

Kraftaufbau motivierte S.F. meiner Ansicht nach am meisten, woraus die konstruktivste<br />

Phase und eine anhaltende Kontinutiät der Qualität innerhalb der Stunden entstand.<br />

Schultergürtel, Arme, Nacken, Brustbein (11. bis 15. Stunde): Das Hauptthema war<br />

S.F.s gehaltener Schultergürtel. Beim Gehen pendelten seine Arme zwar in der Gegenbewegung<br />

mit, sein Schultergürtel blieb jedoch starr. Wir arbeiteten an der Gegenbewegung<br />

und der Lockerung des Schulterbereichs. Mein Eindruck war, dass eine Sensibilisierung<br />

des Körperbewusstseins stattfand, worauf er sich auch während des Alltags mit diesem<br />

Thema auseinander setzte. Vor der 14. Stunde verletzte S.F. durch einen Misstritt seinen<br />

linken Fussknöchel. Nach einer mehrwöchigen Pause – da er seinen Fuss schonen<br />

musste – setzten wir die Stunden fort. Im Alltag war seine Verletzung kaum mehr spürbar<br />

und fast ausgeheilt. Während den Stunden nahm er die Einschränkung im Fussgelenk<br />

jedoch deutlich wahr. Diese beschäftigte ihn und hinderte ihn daran, sich auf andere Körperteile<br />

zu konzentrieren. Ein erneuter Versuch mit der Wandlage wirkte sich negativ auf<br />

seine Motivation und seine Konzentration während den Stunden aus.<br />

Beine, Becken, Hüfte, Gesäss, Füsse (16. bis 20. Stunde): Der Beginn dieses Blocks<br />

gestaltete sich schwierig. S.F. hatte kaum Zeit für sich und war unter der andauernden<br />

Arbeitsbelastung gestresst. Die Grundlagenstunde PSFL stand in einem krassen Ge-<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 12


gensatz zu seinem sonstigen Alltagsrhythmus. Plötzlich Zeit zu haben, um in sich hineinzuspüren<br />

und sich auf seinen Körper zu konzentrieren, löste eine grosse Ungeduld in<br />

S.F. aus. Es fiel ihm schwer, sich mit seinem Körper zu befassen und nicht bereits gedanklich<br />

seine nächsten Arbeitsschritte im Büro zu planen. Es geschah aber auch, dass seine<br />

Stimmung durch die Bewegungsstunde aufgehellt wurde. Das Auf und Ab seiner Motivation<br />

und Konzentration während den Stunden zeigte sich auch in diesem Themenblock.<br />

Grundsätzlich wurde S.F. von der Musik angespornt, wobei ihm vor allem die Diagonale<br />

gefiel. Hier hatte er auch weniger Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, und schweifte<br />

mit den Gedanken weniger ab. Die besten Wirkungen konnte ich erzielen, wenn ich die<br />

Diagonale mit einer komplexen Schrittfolge begann, die ihn eher überforderte, ihn ausprobieren<br />

liess, und sie dann vereinfachte. Mit dem ersichtlichen Ziel wurde sein Interesse<br />

geweckt. Zu einfache Diagonalen liessen ihn abschweifen, er langweilte sich bald. Wichtig<br />

war für S.F. auch, das Ziel und den Nutzen der Bewegung zu kennen. Er fand<br />

es sinnlos, Bewegungen durchzuführen, ohne zu wissen, was sie ihm bringen würden. Er<br />

empfand die Art meiner Korrekturen, indem ich etwas wiederholte oder ihn anwies, selber<br />

auszuprobieren, eigenartig und teils bevormundend.<br />

S.F. konnte meine Bewegungsanweisungen gut umsetzen: Er konnte alle Körperteile ohne<br />

Einschränkungen funktional und unabhängig voneinander bewegen. Seine Bewegungen<br />

waren geschmeidig und durchlässig, was deutlich beim Becken-Kippen sichtbar wurde, da<br />

sich der Kopf mitbewegte. S.F. wirkte sicher und klar orientiert im Raum, ohne diesen<br />

zu dominieren. In der Diagonalen fasste er komplexe Bewegungsabläufe rasch auf und war<br />

interessiert, Neues zu lernen. Auch fiel es ihm leicht, sich in verschiedenen Bewegungsqualitäten<br />

(Stossen, Schwingen, Pendeln, Tupfen etc.) auszudrücken.<br />

Ich empfand diese zwanzig Stunden als ein dauerndes Wechselbad der Stimmungen<br />

und Motivation meinerseits und auch von S.F. Ich ärgerte mich öfters über S.F.s Ungeduld<br />

oder sein Unvermögen zur Konzentration während der Stunden. Auch hatte ich den<br />

Eindruck, dass die Qualität der Stunden unter seiner hohen Arbeitsbelastung litt. Sehr<br />

viele Störfaktoren (Arbeitsbelastung, Stress, allgemeiner Zeitmangel, Fussverletzung,<br />

Bauchschmerzen, Katerstimmung, Schlafmangel) verhinderten eine<br />

aufbauende Vorgehensweise. Die Stunden zum zweiten Schwerpunktthema empfand<br />

ich am konstruktivsten; in der übrigen Zeit konnte eine Stunde sehr gut ankommen, die<br />

nächste wieder gar nicht. Ich hatte teils Mühe, mich nicht beeindrucken zu<br />

lassen und nicht von S.F.s Unkonzentriertheit angesteckt zu werden. Öfters konnte ich<br />

nicht beurteilen, ob ich unkonzentriert war oder ob mich S.F. dermassen aus der Ruhe<br />

brachte.<br />

Die besten Ziele erreichte ich, wenn ich ohne zu zögern stur mein Programm durchzog und<br />

nicht zu sehr auf seine Bedürfnisse einging. Ich erlebte, dass er durch zu leichte Kleidung<br />

fror und deshalb seine ganze Konzentration während der Stunde verflog. Hier nervte ich<br />

mich, dass es anscheinend nötig war, ihm zu sagen, sich warm anzuziehen, damit er konzentriert<br />

bleiben konnte. Dies fand ich unglaublich.<br />

Durch S.F.s tiefe Frustrationstoleranz und seine unstetige Stimmung traten körperliche<br />

Veränderungen in den Hintergrund. S.F.s Koordinationsfähigkeit hing stark mit seiner<br />

momentanen Konzentration und seiner Stimmung zusammen.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 13


Ersichtlich war eine vermehrte Gegenbewegung des Schultergürtels im Verlauf der<br />

Stunden. S.F. war schon zu Beginn dieser Diplomarbeit in der Wirbelsäule und im Becken<br />

sehr beweglich. Während dem Gehen kippte sein Oberkörper nach hinten, aufrechtes<br />

Gehen empfand er als Vorlage. Seine Atmung war teilweise gehalten und flach. Er hatte<br />

Schwierigkeiten, mit aufrechtem Körper und gestreckten Beinen auf dem Boden zu sitzen,<br />

da seine hintere Beinmuskulatur verkürzt ist. Er konnte weder mit gestreckten noch mit<br />

angewinkelten Beinen für längere Zeit in dieser Position bleiben.<br />

Die Stunden mit S.F. lehrten mich vieles und ich konnte wichtige Erkenntnisse für mein<br />

weiteres Tun erlangen. Ich denke, S.F. war kein pflegeleichter Proband, er forderte mich<br />

heraus, setzte sich mit den Stunden auseinander, stellte kritische Fragen und beantwortete<br />

die Fragebogen schonungslos ehrlich, was ich sehr schätzte.<br />

Ich glaube nicht, dass S.F. diese Art der Stunden fortsetzen würde. Vielleicht haben sie<br />

ihm aber einen Ansporn gegeben, sich vermehrt mit seinem Körper auseinanderzusetzen.<br />

Ich kann mir vorstellen, dass ihm eine Stunde, die eher in Richtung Bewegungsgestaltung<br />

geht, besser entspricht. Die Grundlagen sind ihm zu sanft, Stunden mit Trainingselementen<br />

entsprechen ihm vermutlich mehr.<br />

5.1.4 Verlauf aus Sicht des Probanden S.F.<br />

Die folgenden Fragen («Fragebogen klein») wurden vom Probanden nach jeder Stunde<br />

anhand der Skala von 1 bis 10 (1 = niedrigster Wert; 10 = höchster Wert) beantwortet.<br />

In den unten stehenden Grafiken wird der Verlauf der einzelnen Antworten sichtbar. Die<br />

Antworten zu den offenen Fragen (9 und 15) sind Originalzitate von S.F.<br />

(nicht aufgelistete Stunden = keine Angaben)<br />

«Fragebogen klein» von S.F.:<br />

1.<br />

Wie war Ihre Motivation am Anfang<br />

der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

2.<br />

Wie haben Sie sich während der Stunde<br />

konzentrieren können?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 14


3.<br />

Wie haben Sie sich gegen Ende der<br />

Stunde konzentrieren können?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.<br />

Wie verspannt fühlen Sie sich jetzt<br />

nach der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

7.<br />

Wie schlaff/ermüdet fühlen Sie sich<br />

jetzt nach der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

4.<br />

Wie entspannt fühlen Sie sich jetzt<br />

nach der Stunde?<br />

6.<br />

Wie angeregt/wach fühlen Sie sich<br />

jetzt nach der Stunde?<br />

8.<br />

Wie gut ist Ihr körperliches Wohlbefinden<br />

in Bezug auf die Körperwärme?<br />

9. Wie ist Ihr körperliches Befinden allgemein? (wohlig, schwindlig, kribbelig …;<br />

fühlen sich einzelne Körperteile irgendwie anders an? Etc.)<br />

1. Std: gut, gelenkiger als zu Beginn der Stunde. Flexibler Rücken, generell nicht viel besser. 2 äusserst<br />

rege, agil und elastisch, energetisch voll und positiv, tatendrängig und rundum super 3 Kopfschmerzen<br />

und Hunger, kalte Füsse wegen kalter Umgebung 4 wohlig, warm, entspannt 5 wohlig, wenig müde, bedingt<br />

durch «ewiges Rumliegen» 6 wohlig und ausgedehnt 7 aufgewärmt 8 ausgedehnt 9 verkatert<br />

10 Bauchschmerzen 11 aufgewärmt, angeregt 12 angenehm, erschöpft vom Badminton 13 gut<br />

14 wenig müde 15 Fussknöchel schmerzt 16 gut 17 angenehm 18 geistig aufgedunsen, Rücken wärmer<br />

als sonst, allgemein gut 19 kalte Gliedmassen. Müde durch Schlafmangel 20 körperlich rundum<br />

angenehm, angespannt, bzw. sämtliche Teile integriert im Körperempfinden.<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 15


10.<br />

Wie gut ist Ihr psychisches Wohlbefinden,<br />

wie gut ist Ihre Stimmung?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

14.<br />

Haben Sie sich während der Stunde<br />

oft Gedanken gemacht über den Sinn<br />

der Bewegungen?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

12.<br />

Wie verständlich war für Sie die<br />

verbale Anleitung?<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

15. Hätten Sie gerne mehr Erklärungen?<br />

11.<br />

Wie angenehm war für Sie die verbale<br />

Anleitung?<br />

13.<br />

Wie angenehm waren für Sie die<br />

Bewegungen ganz allgemein?<br />

1. Std: unbedingt, fühle mich wie in der Schule, ich lerne, aber niemand erklärt, wozu es gut sein soll<br />

2 alles i.O., nur 2Min. Motivationstief 6 Ziele wurden am Anfang der Stunde erklärt, was half 9 nein,<br />

i.O. 16 war extrem ungeduldig und daher mühsam anzuleiten – mehr Erklärungen daher nicht nötig 17<br />

nein, abgesehen von kleinen Verständnisschwierigkeiten 18 empfand Stunde als exotisch, daher wieder<br />

Sinnfrage, die bei vorhergehenden Stunden inexistent war.<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 16


Die folgenden Fragen wurden vom Probanden nach jeder fünfte Stunde zusätzlich («Fragebogen<br />

gross») beantwortet. Auf diesem wurden einige Fragen auch anhand der Skala<br />

von 1 bis 10 (1 = niedrigster Wert; 10 = höchster Wert) beantwortet. Die entsprechenden<br />

Resultate sind in der Grafik (Seite 19) ersichtlich.<br />

«Fragebogen gross» von S.F.:<br />

Wie verständlich ist für Sie die verbale Anleitung? Ist es angenehm, verbal so<br />

präzise angeleitet zu werden?<br />

5. Std: ein wenig lächerlich, wenn man sich darüber zu viele Gedanken macht.<br />

10. Std: teilweise etwas lächerlich, wohl aber gewöhnungsbedingt, wesentlich weniger als zu Beginn.<br />

15. Std: teilweise störend, wenn gewisse Ausdrücke eine minime Lächerlichkeit beinhalten.<br />

20. Std: grundsätzlich sehr verständlich – Sprache zum Teil ein wenig gewöhnungsbedürftig in Bezug<br />

auf einige Ausdrücke (Tupf-Schritt, «nasse Lumpe»). Wiederholungen der Anleitungen nervten<br />

verschiedentlich, da entwürdigend wirkend.<br />

Wie empfinden Sie es, dass Ihnen die Bewegungen nicht vorgemacht werden und<br />

Sie von daher nicht (immer) sicher sein können, ob Sie die Bewegung «richtig»<br />

machen oder nicht?<br />

5. Std: wurst<br />

10. Std: angenehm<br />

15. Std: ist nicht immer der Fall, bzw. Diplomandin macht teilweise Bewegungen vor. Generell aber gut.<br />

20. Std: spielte keine Rolle bzw. hatte keine Angst davor, etwas «falsch» zu machen.<br />

Wie empfinden Sie die Wandlage?<br />

5. Std: eher unangenehm, da Beine übermässig blutentleert und müde werden.<br />

10. Std: nicht meine erste Präferenz der Übungen.<br />

15. Std: war schon lange nicht mehr an der Wand.<br />

20. Std: schrecklich, da Blutstauungen in Beinen, Kopf, Hals und Händen.<br />

Wie empfinden Sie die Seitenlage?<br />

5. Std: fühle mich ein wenig unbeholfen.<br />

10. Std: angenehm, da gewohnte Schlafstellung.<br />

15. Std: einschläfernd, und je nach Bodenkontakt als unangenehm, da kalt.<br />

20. Std: hängt sehr stark von den einzelnen Übungen ab, mit Wechsel auf Rückenlage als angenehm.<br />

Plumpsen auf eine Seite bzw. kalte Unterlage war unangenehm.<br />

Wie empfinden Sie die Bauchlage?<br />

10. Std: schlechtes Timing der Frage, da Bauchschmerzen.<br />

20. Std: kann mich nicht erinnern, jemals so «gelegen» zu sein.<br />

Wie empfinden Sie den Einstieg in die Stunde?<br />

5. Std: äusserst gut, freue mich, da Anteil steigend.<br />

15. Std: mir gefällt das Prinzip des sanften Beginns und langsamen Dreinkommens sehr.<br />

20. Std: angenehm, da langsames Herantasten bzw. sinnvoller Aufbau.<br />

Wie empfinden Sie die Diagonale?<br />

5. Std: ist Tanzen, daher lustig und angenehm.<br />

10. Std: gut<br />

15. Std: mein Favorit, bin ein Riesenfan davon. Hopp Diagonale! Mögen wir noch viel Stunden gemeinsam<br />

verbringen dürfen.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 17


20. Std: sehr motivierend, unter der Bedingung, dass Musik gut gewählt, was in 99% der Fall war,<br />

daher, abgesehen von einzelnen Hängern, sehr stimulierend.<br />

Gefallen Ihnen die Bewegungsabläufe oder hätten Sie lieber einzelne Übungen?<br />

10. Std: Aufbau mit Ziel und Aufbau der einzelnen Elemente ist definitiv mehr ansprechend als bites<br />

and pieces.<br />

15. Std: Bausteinprinzip find ich gut und sinnvoll, da nachvollziehbar und logisch.<br />

Sind die Bewegungen grundsätzlich angenehm oder nicht?<br />

5. Std: durch die repetitiven Elemente auf dem Boden liegend, die sich durch viele Stunden ziehen,<br />

wird mein persönlicher Gedankenausflug in andere Welten massiv begünstigt.<br />

10. Std: grundsätzlich ja, schon.<br />

15. Std: grundsätzlich angenehm.<br />

20. Std: grundsätzlich ja. Mit diversen Ausnahmen, die aber auch stark mit den individuellen Empfindungen<br />

im Moment der Stunde zusammenhingen.<br />

Sind die Grundlagenstunden grundsätzlich so, wie Sie sie sich vorgestellt haben?<br />

5.–20. Std: ich hatte überhaupt keine Vorstellungen.<br />

Entsprechen die Grundlagen PSFL Ihrem Bewegungsbedürfnis oder nicht? Was<br />

fehlt allenfalls?<br />

5. Std: bis anhin eher nicht. Hinterfrage zu viel und schalte ab, wenn ich keine stimmigen Antworten<br />

drauf erhalte. Mir ist diese meditative Seite der Stunde ein wenig zu soft und sie scheint mir<br />

eher sinnlos. Obwohl ich danach eigentlich in guter Verfassung bin.<br />

10. Std: im Vergleich zum Anfang wohl eher mehr, dennoch nicht ganz bejahen könnend, da (noch) zu<br />

wenig Veränderungen feststellend.<br />

15. Std: Sensibilisierungseffekt für Bewegungen im Alltag ist zweifellos vorhanden und daher ja. Dennoch<br />

würde ich es über einen längeren Zeitraum wohl als zu sanft empfinden. Natürlich nicht<br />

unter Berücksichtigung des Niveau-Anhebens.<br />

20. Std: grundsätzlich entspräche die Form den eigenen Bedürfnissen, wenn die Konzentration auf die<br />

einzelnen Stunden gelenkt werden könnte, bzw. die Reife und Erkenntnis des Teilnehmers<br />

stärker vorhanden wäre. Dadurch, dass zu viele Ablenkungsfaktoren im täglichen Leben vorherrschen,<br />

ist ein «Sich-Fallen-Lassen» im Moment nicht möglich. Das Lernen von Konzentration<br />

auf die jeweilige Stunde wäre primär vonnöten.<br />

Haben Sie an sich irgendwelche Veränderungen feststellen können seit dem<br />

Anfang des «Unterrichts», Veränderungen physischer und psychischer Art oder<br />

Verhaltens- und Einstellungsveränderungen? Worin sehen Sie den Hintergrund<br />

für diese eventuelle Veränderungen?<br />

10. Std: grössere Veränderungen in Bezug auf körperliches Allgemeinbefinden (noch) nicht, wohl aber<br />

wesentlich bessere Einstellung zu Stunden mit grösserer Motivation als zu Beginn.<br />

15. Std: Sensibilisierungseffekt für Bewegungen im Alltag.<br />

20. Std: beweglicher würd ich sagen, ja bewusster ebenfalls und sicherlich auch sensibilisierter mit<br />

Augenmerk auf die «Problemzonen des Mannes»: Schultergürtel, Oberschenkel-Innenbänder.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 18


Wie schätzen Sie sich ein auf einer Skala von 1 bis 10?<br />

(1 = gar nicht, 10 = sehr)<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

beweglich kräftig konditionell<br />

fit<br />

Koordination Rhythmusgefühl<br />

vor der 1. Stunde nach der 10. Stunde nach der 20. Stunde<br />

nach der 5. Stunde nach der 15. Stunde<br />

5.1.5 Bestandesaufnahme am Ende (Dezember 2006)<br />

Abschlussfragebogen: Zu Beginn der PSFL-Stunden wurde bei S.F. ein Interesse<br />

geweckt, das durch eine Phase relativer Begeisterung und Vertiefung abgelöst wurde,<br />

gefolgt von Unruhe, bedingt durch Stress im Arbeitsalltag.<br />

S.F. sieht die Grundlagenstunden PSFL als Sensibilisierungsmassnahme, die das Bewegungsverhalten<br />

nachhaltig beeinflussen und verbessern kann. Als Ersatz für sportliche<br />

Aktivitäten taugen die Stunden seiner Meinung nach nicht.<br />

In Bodenlage an der Wand bewegte er sich ungern. Er empfand die Wandlage «... als Horror,<br />

da imobil fühlend. Angst um Wandbemalung und Therapie-Kreis-Abzeichen von Socken».<br />

S.F. kann sich nicht vorstellen, weitere Grundlagenstunden PSFL zu besuchen, da sie seinem<br />

Bewegungsbedürfnis zu wenig entsprechen. Er fühle sich zu ungestüm für diese<br />

Art von Bewegung; kann sich aber vorstellen, einem Mann die Grundlagenstunden PSFL<br />

weiterzuempfehlen. Kein Hindernis wäre für ihn, dass nur wenige Männer in einer Grundlagen-Gruppe<br />

zu erwarten sind. Er würde eine gemischte Gruppe einer reinen Männergruppe<br />

gegenüber vorziehen. S.F. stellt sich eine Grundlagenstunde PSFL von einem Mann<br />

angeleitet als nüchterner vor, was ihm besser entspräche.<br />

Körperlich fühlt sich S.F. beweglicher. Er ist sich seiner körperlichen Defizite während<br />

dieses halben Jahres bewusster geworden. Ausserdem fand eine allgemeine Sensibilisierung<br />

des körperlichen Befindens und des Bewusstseins der Bewegung im Alltag statt.<br />

Auch wurde S.F.s Wertschätzung gegenüber des «Instruments Körper» erhöht.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 19


Schwierigkeiten während den Stunden bereitete S.F. vor allem die Konzentration; auch die<br />

Fussverletzung war hinderlich. Dadurch, dass sich S.F. während den Stunden praktisch nie<br />

durchgängig konzentrieren konnte, wurde er sich seiner unausgewogenen Lebensweise in<br />

Bezug auf Arbeit, Bewegung und Gesundheit bewusst.<br />

Grundsätzlich sieht S.F. den Einfluss der Stunden auf seinen Körper als sehr positiv, wobei<br />

es auch negative Auseinandersetzungen und Momente gab.<br />

Im Stehen (Fotos 1–4): Leichte Veränderungen sichtbar im Vergleich zum April 2006.<br />

Rücklage beim Stehen ist weniger extrem, zudem wirkt das Brustbein aufgerichteter. Auch<br />

ist sich S.F. seiner Haltung grundsätzlich bewusster geworden. Dass die rechte Schulter<br />

hochgezogen ist und der Kopf leicht schief steht, bringen S.F. und ich in Verbindung mit<br />

dem Halten der Maus vor dem Computer.<br />

Im Gehen bewegt sich der Schultergürtel wesentlich mehr in der Gegenbewegung.<br />

Schmerzen im Rücken gibt S.F. im Abschlussfragebogen keine mehr an.<br />

Foto 1<br />

S.F. von vorne<br />

Füsse weniger nach<br />

aussen abgedreht.<br />

Foto 2<br />

S.F. von hinten<br />

linke Schulter ist<br />

immer noch leicht<br />

hochgezogen.<br />

Foto 3<br />

S.F. von links<br />

Brustbein wirkt aufgerichteter.<br />

Foto 4<br />

S.F. von rechts<br />

steht weniger in<br />

Rücklage.<br />

Foto 5 Foto 6<br />

Foto 7 Foto 8<br />

S.F. ist im oberen Rücken sehr beweglich. Becken kippt nach wie vor nach hinten. Durch<br />

Berührt mit beiden Schultern den Boden. Keine Anwinkeln der Beine kann der Oberkörper auf-<br />

sichtbare Veränderung.<br />

gerichtet werden.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 20


Foto 9<br />

Sehr bewegliche<br />

Wirbeläule: Hände<br />

berühren knapp den<br />

Boden. Kopf<br />

baumelt gelöster.<br />

5.1.6 Vergleich zwischen Sicht Proband S.F. und Diplomandin <strong>Katrin</strong> Fluri<br />

Was deutlich in den Grafiken sichtbar wird, ist die Launenhaftigkeit des Probanden<br />

während dieser Zeit. Verschiedene Einflüsse wie Kälte, Müdigkeit usw. wirkten sich enorm<br />

auf seine Motivation und Konzentration aus. Deutlich wird auch, wie die allgemeine psychische<br />

Stimmung mit der Konzentration während der Stunde korrelliert. Hier in der Grafik<br />

ersichtlich.<br />

Vergleich zwischen:<br />

Konzentration während der Stunde<br />

Allgemeine psychische Verfassung<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Foto 10 Foto 11 Foto 12<br />

Ohne explizite Anweisung<br />

zeigen jetzt beide<br />

Handflächen Richtung<br />

Kopf. Schultern weniger<br />

hochgezogen.<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

Jede Stunde konnte wieder anders verlaufen, Konstanz war kaum möglich. Mein Eindruck<br />

bezüglich Stundenverlauf wurde von S.F. in den Fragebogen bestätigt. Diese geben<br />

ziemlich genau wider, wie meiner Ansicht nach die Stunden verliefen und sich die verschiedenen<br />

Themen gegenseitig beeinflussten. Die Verfassung von S.F. innerhalb der Stunde war<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 21


jeweils unübersehbar. Seine Ungeduld oder Freude waren in der Körperhaltung und der<br />

Mimik bzw. Gestik deutlich abzulesen. Langeweile oder Unlust zeigten sich durch Trommeln<br />

mit den Fingern oder sehr kraftlose, träge Bewegungen. Auch konnte seine Verfassung<br />

während einer Stunde laufend wechseln. Manche Anleitungen überhörte er, da er mit seinen<br />

Gedanken weit abgeschweift war. Er führte die Bewegungsabläufe sehr schnell<br />

durch und wartete dann auf weitere Anweisungen. Ich musste mich sehr konzentrieren, um<br />

nicht seinem Tempo hinterher zu rennen. Seine Ungeduld auszuhalten, war schwierig.<br />

Obwohl mein Eindruck war, dass S.F. über ein gutes Rhythmusgefühl verfügt, liess er sich<br />

nicht immer auf die Musik ein und wartete in der Diagonalen den Takt der Musik nicht ab.<br />

Kreisaufbau (1. bis 5. Stunde): In der Wandlage konnte sich S.F. nur schwer konzentrieren<br />

(Seite 14, Grafik 2), was er als unangenehm empfand. Die ersten fünf Stunden verliefen<br />

im Wechsel; in einer Stunde waren Konzentration, Stimmung und Motivation sehr<br />

hoch, in der nächsten Stunde tief, in der darauffolgenden wieder hoch, usw. Konzentration,<br />

Stimmung, Motivation verliefen analog der Beantwortung der Fragen «Wie angenehm<br />

waren für Sie die Bewegungen ganz allgemein?» und «Wie angenehm war für Sie die verbale<br />

Anleitung?». Auch die Körperwärme spielte eine grosse Rolle und bewegte sich in der<br />

gleichen Abfolge (zu den einzelnen Punkten siehe Seite 14–16, Grafiken 1, 2, 8, 10, 11<br />

und 12). Die Gedanken während den Stunden über den Sinn der Bewegungen nahmen<br />

jedoch von Stunde zu Stunde ab (Seite 16, Grafik 14).<br />

Kraftaufbau: Rumpf, Rücken, Bauch, Seitendehnungen (6. bis 10. Stunde): Durch<br />

die höheren Anforderungen bezüglich Kraft und Koordination blieb S.F.s Konzentration in<br />

diesem Themenblock auf einem relativ hohen Niveau. Vor allem gegen Ende der Stunde<br />

blieb seine Konzentration konstant hoch. Auch die verbale Anleitung wurde mit jeder Stunde<br />

als angenehmer empfunden.<br />

Exemplarisch die 6. Stunde (siehe Grafik unten): Hier wird ersichtlich, wie die verschiedenen<br />

Punkte zusammenspielen. Alle «positiven» Bereiche (blau) waren in der Skala<br />

hoch eingestuft (ausser Motivation am Anfang); die «negativen» (rot) tief.<br />

6. Stunde<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

14 Gedanken über Sinn<br />

13 Wie angenehm sind Bewegungen?<br />

12 Verbale Anleitung verständlich?<br />

11 Verbale Anleitung angenehm?<br />

10 Wie gut ist Ihre Stimmung?<br />

8 Wohlbefinden in Bezug auf Körperwärme<br />

7 Wie schlaff/ermüdet nach Stunde?<br />

6 Wie angeregt/wach nach Stunde?<br />

5 Verspannung nach Stunde<br />

4 Entspannung nach Stunde<br />

3 Konzentration gegen Ende Stunde<br />

2 Konzentration während Stunde<br />

1 Motivation Anfang Stunde<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 22


Schultergürtel, Arme, Nacken, Brustbein (11. bis 15. Stunde): Die Auswirkung des<br />

erneuten Versuchs mit der Wandlage in der 13. Stunde zeigt sich deutlich in den Grafiken<br />

in Bezug auf seine Motivation (Grafik 1), Konzentration (Grafik 2 und 3) und die Gedanken<br />

über den Sinn der Bewegungen (Grafik 14). Die Einschränkung aufgrund der Fussverletzung<br />

beschäftigte S.F. während der 14. und 15. Stunde (Grafik 13 und 9. Frage, Seite<br />

15 bzw. 16).<br />

Beine, Becken, Hüfte, Gesäss, Füsse (16. bis 20. Stunde): Das Auf und Ab der Motivation<br />

und der Konzentration während den Stunden hielt weiter an. Das körperliche Wohlbefinden<br />

bezüglich der Körperwärme war, mit Ausnahme der 19. Stunde, hoch eingestuft,<br />

«kalte Füsse» waren kein Thema mehr. Ein etwas anderer Aufbau der 18. Stunde wirkte<br />

sich sofort auf die Häufigkeit seiner Gedanken über den Sinn der Bewegungen aus (Grafik<br />

14).<br />

Hier ein Beispiel dafür (19. Stunde), wie sich die verschiedenen Punkte gegenseitig im<br />

«negativen» Sinn beeinflussten.<br />

19. Stunde<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4 Entspannung nach Stunde<br />

3 Konzentration Ende Stunde<br />

2 Konzentration während Stunde<br />

1 Motivation Anfang Stunde<br />

14 Gedanken über den Sinn<br />

13 Wie angenehm sind Bewegungen?<br />

12 Verbale Anleitung verständlich?<br />

11 Verbale Anleitung angenehm?<br />

10 Wie gut ist Ihre Stimmung?<br />

8 Wohlbefinden in Bezug auf Körperwärme<br />

7 Wie schlaff/ermüdet nach Stunde?<br />

6 Wie angeregt/wach nach Stunde?<br />

5 Verspannung nach Stunde<br />

Die Musik und die Diagonale nahmen bei S.F. einen hohen Stellenwert ein. Hier<br />

fiel es ihm leichter, sich zu konzentrieren. Wichtig war für S.F., das Ziel und den Nutzen<br />

der Bewegung zu kennen. Mehrmals erwähnte er in den Fragebogen, wie lächerlich ihm<br />

die verbale Anleitung teils erschien (vgl. «Fragebogen gross» Seite 17). Obwohl er es<br />

schätzte, verbal angeleitet zu werden, kamen ihm einige Wörter absurd vor.<br />

Auffallend sind die vielen Gedanken über den Sinn der Bewegungen in den ersten fünf<br />

Stunden, obwohl er jeweils angab, nach den Stunden ein wohliges Körpergefühl zu haben<br />

(Grafik 14). Er fühlte sich während den ganzen 20 Stunden kaum verspannt (Grafik 5),<br />

eher angeregt/wach und entspannt (Grafik 4 und 6). Bis zur zehnten Stunde fühlte er<br />

sich weder schlaff noch ermüdet (Grafik 7; alle Grafiken Seite 15).<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 23


5.1.7 Fazit<br />

Die grössten Fortschritte wurden in der Diagonale erzielt. Schwerpunktverlagerungen<br />

des Körpers wurden geübt, die Gegenbewegung im Schultergürtel vermehrt angewendet.<br />

Eine Sensibilisierung des Körperbewusstseins fand statt und konnte im Alltag<br />

teilweise integriert werden; körperliche Defizite wurden erkannt. Durch die Schwierigkeiten<br />

zur Konzentration wurde sich S.F. seines Verhaltens in Bezug auf Arbeit, Bewegung<br />

und Gesundheit bewusster. Diese Auseinandersetzung war mit negativen<br />

Momenten verbunden.<br />

Die Wandlage wurde bis zum Schluss abgelehnt. Der Themenblock Kraft/Rumpf mit den<br />

meisten Trainingselementen kam am besten an.<br />

Schwierigkeiten bereitete S.F. das Unvermögen zur Konzentration, die wechselhafte<br />

Stimmung und der Umgang mit äusseren und inneren Stressoren, was sich während der<br />

Stunde in Form von Ungeduld zeigte. Wichtig waren Ruhe und ein angenehmer Raum mit<br />

einer angemessenen Temperatur. Die Stimmung, das Konzentrationsvermögen und die<br />

Motivation von S.F. korrelierten in den meisten Stunden.<br />

Die anfängliche Unkenntnis über Wirkung und Ziel der Bewegungen löste bei S.F. Ablehnung<br />

aus. Er war interessiert an der Wirkung und machte sich – vor allem bei Stunden,<br />

die er als exotisch empfand – oft Gedanken über den Sinn und Zweck der Bewegungen.<br />

Wenn ihm ein Bewegungsablauf schwer fiel, hinterfragte er eher die Form der Bewegung<br />

als sein eigenes Unvermögen. Für mich stellte sich die Frage, ob Männer allgemein eher<br />

ausserhalb von sich nach Gründen suchen, wenn sie etwas nicht können.<br />

Einige Ausdrücke der verbalen Anleitung empfand S.F. als lächerlich, die Korrekturen als<br />

bevormundend.<br />

Eine konstante Qualität in den Grundlagenstunden PSFL war aufgrund der hohen<br />

Arbeitsbelastung von S.F. nicht möglich, d.h. ein effizienter Aufbau mit entsprechendem<br />

Fortschritt wurde dadurch erschwert.<br />

Da die Themenblöcke und die Art der Stunden im Rahmen dieser Diplomarbeit vorgegeben<br />

waren, konnte ich nicht optimal auf S.F.s Bedürfnisse (mehr Trainingselemente und<br />

freiere Bewegung) eingehen. Ich liess – trotz unserer Vorgaben – einige Trainingselemente<br />

in die Stunden einfliessen und verlangte schwierigere Schrittkombinationen in der<br />

Diagonalen. Dies wirkte sich auf S.F. motivierend aus und löste in ihm einen grösseren<br />

Respekt gegenüber den Grundlagenstunden PSFL aus.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 24


5.2 Proband O. F. / Diplomandin <strong>Ruth</strong> <strong>Fässler</strong><br />

5.2.1 Voraussetzungen<br />

O.F. ist 71-jährig und generell bei guter Gesundheit. Er ist eher schlanker Statur (hatte<br />

nie Gewichtsprobleme). O.F. hat einige körperliche Beschwerden, die ab und zu auftreten,<br />

ihn aber generell in der Bewegungsfreiheit nicht einschränken. Die rechte Schulter<br />

schmerzt bei gewissen Bewegungen wegen eines Unfalls; der Lendenbereich, die Fussund<br />

Daumengelenke sind schmerzanfällig. O.F. fühlt sich soweit gesund. Als Rentner verbringt<br />

er im Sommer viel Zeit beim Wandern in den Bergen; auch kleinere Spaziergänge<br />

und Botengänge im Alltag gehören zu seinem Bewegungsspektrum. Seit seiner Pensionierung<br />

fördert O.F. seine Beweglichkeit gezielt durch allmorgendliche Gymnastik, welche<br />

ihn 20 bis 30 Minunten beansprucht. Er führte während seines Arbeitslebens einen Gewerbebetrieb<br />

als Spengler/Sanitärinstallateur, wo er sich anfänglich noch intensiv körperlich<br />

betätigte; später übernahm er vermehrt administrative Arbeiten. O.F. hatte schon immer<br />

Freude an der Bewegung. Das Bergwandern nutzte er früher als Ausgleich zum intensiven<br />

Arbeitsalltag und um sich seiner Familie zu widmen. Zwischen seinem 30. und 50. Lebensjahr<br />

ging O.F. regelmässig langlaufen. In der Männerriege, die er seit Jahren regelmässig<br />

besucht, pflegt er die Kameradschaft, hat Freude am Spiel und am Krafteinsatz. O.F.<br />

beobachtet an sich selbst, dass er im unteren Rücken steif ist.<br />

Die Probandenrolle übernahm er nicht aus Begeisterung, etwas Neues kennen zu lernen,<br />

sondern vorwiegend aus Pflichtgefühl.<br />

5.2.2 Bestandesaufnahme am Anfang (April 2006)<br />

O.F. fühlt sich grundsätzlich gesund und fit. In der rechten Schulter spürt er Schmerzen<br />

bei Abduktion sowie Ante- und Retrorotation des rechten Armes; dies seit einem Unfall vor<br />

etwa elf Jahren. Eine Sehne im rechten Schultergürtel wurde dabei zerquetscht. Eine Operation<br />

hätte keinen Erfolg versprochen; deshalb liess er diese Schulter nicht behandeln.<br />

Im Lendenbereich verspürt er immer wieder Schmerzen, starke Verspannungen (Hexenschüsse),<br />

die er durch den Chiropraktiker behandeln lässt. Diese Zone kann aber auch<br />

über längere Zeit schmerzfrei sein. Seit einiger Zeit plagen ihn Schmerzen in den Fussund<br />

Daumengelenken. Diese schwellen immer wieder an und ab. Als ich ihn auf die Kyphose<br />

aufmerksam machte, meinte er, darauf hätte ihn schon sein Primarschullehrer hingewiesen.<br />

Damals galt noch die Haltung: Bauch rein, Brust raus. Dieser Satz geht mir durch<br />

den Kopf, wenn ich die Fotos betrachte. Seine Haltung wirkt auf mich stramm.<br />

Das Gehen wirkt etwas steif und starr, die Gegenbewegung der Arme ist vorhanden, der<br />

Schultergürtel bleibt dabei aber unbeweglich. Die Beine sind beide gleich lang; beim Gehen<br />

ist ein Hinken ersichtlich.<br />

In der Nullstellung sind die Füsse leicht auswärts gedreht; die Knie durchgedrückt; das<br />

Becken leicht nach hinten gekippt; leichte Kyphose in der BWS, minime Skoliose im Brustund<br />

Lendenbereich (beides auf den Fotos nicht erkennbar); die rechte Schulter ist etwas<br />

hochgezogen, beide Schultern sind leicht vorgezogen; die Arme sind eng am Körper anlie-<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 25


Foto 1<br />

O.F. von vorne,<br />

Pronation der Hände.<br />

Foto 2<br />

O.F. von hinten.<br />

Foto 5 Foto 6<br />

Normal bewegliche Brustwirbelsäule.<br />

Foto 9<br />

LWS sehr unbeweglich.<br />

Foto 10<br />

Wandlage: Kopf fällt<br />

stark in Nacken;<br />

Becken abgehoben –<br />

Knie nur leicht<br />

gebeugt.<br />

Foto 3<br />

O.F. von der linken<br />

Seite, Knie durchgedrückt.<br />

Foto 4<br />

O.F. von der rechten<br />

Seite.<br />

Foto 7 Foto 8<br />

Oberkörper neigt stark zur Seite.<br />

Um Stabilität zu erreichen, hält sich O.F. an<br />

den Beinen fest.<br />

Foto 11<br />

Foto 12<br />

Becken auf Unterlage – Arme neben Kopf:<br />

Knie stark gebeugt. stehend von der Seite;<br />

leichte Vorlage, Knie<br />

gestreckt<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 26


gend und die Handhaltung zeigt eine Pronation – als Folge der vorgezogenen Schultern;<br />

der Hals ist überstreckt; leichte Schiefhaltung des Kopfes nach rechts; der Stand ist im<br />

Lot; der Körpertonus wirkt erhöht.<br />

Bei der Wandlage ist es O.F. nicht möglich, das Gesäss direkt an die Wand zu geben und<br />

die Beine senkrecht zu strecken. Versucht er, die Beine zu strecken, wird das Becken abgehoben<br />

(Foto 10). Sobald das Becken Bodenkontakt hat, sind die Knie stark gebeugt (Foto<br />

11). Der Kopf sinkt aufgrund der Kyphose in den Nacken. Die Gesäss-, hintere Oberschenkel-<br />

und Lendenwirbelbereichsmuskulatur ist stark verkürzt (gut ersichtlich auf Foto 9).<br />

Im Sitzen mit angewinkelten Beinen neigt der Oberkörper stark zur Seite. Die beiden<br />

Hüftgelenke – vor allem das rechte – sind nur beschränkt beweglich. Um eine Stabilität<br />

des Rumpfes zu erreichen, ist ein Festhalten an den Beinen nötig (gut ersichtlich auf Foto<br />

7 und 8).<br />

In der Seitenlage, beim Senken des Rückens Richtung Boden, zeigt sich deutlich, dass die<br />

Brustwirbelsäule der beweglichste Teil der Wirbelsäule ist (siehe Foto 5 und 6).<br />

5.2.3 Verlauf aus Sicht der Diplomandin <strong>Ruth</strong> <strong>Fässler</strong><br />

Am Anfang konnten wir unsere Stunden in regelmässigen Abständen abhalten. Dank der<br />

Pensionierung des Probanden gab es kaum zeitliche Koordinationsprobleme. Das war ein<br />

grosser Vorteil. Zwischen April und Dezember 2006 musste sich O.F. unerwartet zwei Operationen<br />

unterziehen. Dadurch entstand nach der 13. Stunde ein Unterbruch von ca. zwei<br />

Monaten. Danach hatten wir beide – der Proband und ich – grosse Wiedereinstiegsschwierigkeiten.<br />

Der Unterbruch war am Anfang sichtbar in O.F.s Bewegungen. Nach der zweiten<br />

Operation (17. Stunde) gab es keinen Unterbruch mehr. Die operierte Hand konnte er<br />

danach aber nicht voll einsetzen.<br />

Ich freute mich, O.F. mit meiner Arbeit etwas vertrauter zu machen, und war erstaunt, wie<br />

er sich darauf einlassen konnte. Ich spürte keine Hemmungen seinerseits. Er gab mir den<br />

Eindruck, dass er sich wohl fühlte. Das Ausfüllen der Fragebogen nach jeder absolvierten<br />

Stunde empfand O.F. als überflüssig und lästig: «Immer dieselben Werte eintragen!»<br />

Es brauchte von mir Überzeugungsarbeit, was ich wiederum auch als mühsam empfand.<br />

O.F. empfand die verbale Anleitung angenehm und nicht befremdend.<br />

O.F. zeigte sich immer sehr konzentriert und gewissenhaft. Er wollte die Anleitungen stets<br />

möglichst genau ausführen. Zu Beginn der Stunde im Stehen spürte ich manchmal eine<br />

gewisse Ungeduld oder Langeweile, aber nur, wenn der Fokus auf der Körperwahrnehmung<br />

lag. Dies verunsicherte mich anfänglich. Die Bewegungen im Raum stiessen bei O.F.<br />

grundsätzlich auf Interesse und er liess sich auf die Herausforderungen wie Rückwärtsgehen<br />

mit Gegenbewegung oder andere koordinative Bewegungen ein.<br />

Bei der Schulung der Eigenwahrnehmung spürte ich immer wieder Ungeduld, eine Abwehrhaltung<br />

oder einen leicht verärgerten Ausdruck. Sein Kommentar dazu: «Ich spüre<br />

nichts». Empfindungen wie Schwere, mehr Bodenkontakt, mehr Leichtigkeit oder Gelöstheit<br />

etc. waren für ihn nicht nachvollziehbar. Trotzdem vermittelten ihm die Bewegungen<br />

ein gutes Gefühl, das er aber nicht näher beschreiben konnte.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 27


Wenn die Stunde Bewegungsabläufe beinhaltete, die aufgrund seiner physiologischen<br />

Strukturen Ausführungsschwierigkeiten unterlagen (wie Beine strecken in Rückenlage<br />

oder bei der Arbeit an der Stange, Oberkörper aufrichten [Wirbel um Wirbel aufrollen] vor<br />

allem in den folgenden Ausgangslagen: auf den Fersen sitzend, Oberkörper über den Beinen<br />

eingerollt), meinte er jeweils, ich hätte mir eben eine jüngere Person aussuchen müssen,<br />

eine alte Person könne man nicht mehr ändern. Dies blieb abzuwarten.<br />

Die 20 Lektionen waren – wie in Kapitel «Vorgehensweise/Material» erwähnt – in vier Themenblöcke<br />

eingeteilt, die wir aber in Folge der Operation dann nicht planmässig einhielten.<br />

Die ersten fünf Stunden bestanden aus dem Kreisaufbau. Obwohl der Aufbau sehr variierte,<br />

empfand es O.F. als eintönig und immer gleich. Er konnte die einzelnen Bewegungen<br />

demzufolge nicht differenziert wahrnehmen. Wir benutzten in dieser Phase praktisch<br />

nur die Wandlage, die für ihn nicht sehr angenehm war (später wechselten wir in den<br />

Raum). Die Gesäss-, hintere Oberschenkelmuskulatur und der Lendenbereich sind bei O.F.<br />

sehr verkürzt (siehe Foto 9, Bestandesaufnahme am Anfang). Daher ist es nicht verwunderlich,<br />

dass er diese Lage, aber auch die Beinarbeit, als anstrengend empfand. Ausserdem<br />

engte ihn diese Lage ein. Beim Aufrollen des Oberkörpers (auf den Fersen sitzend)<br />

war sehr gut ersichtlich, dass der Lendenwirbelbereich total steif ist. Es gelang ihm nicht,<br />

hochzukommen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren.<br />

Allgemeine Beobachtungen, die sich während des ganzen Verlaufes immer wieder zeigten:<br />

Die verbalen Anleitungen konnte O.F. mit hoher Konzentration präzis umsetzen. Die Körperteile<br />

wurden immer richtig zugeordnet. Im Raum fühlte er sich sicher, war präsent. Für<br />

ihn gestaltete sich die Raumorientierung weder auf dem Boden noch im freien Raum als<br />

schwierig.<br />

Der Hals- und Kieferbereich war vielfach angespannt und somit waren die Bewegungen<br />

nicht durchlässig bis in die Halswirbelsäule. Wenn ich ihn auf die Gegenbewegung in der<br />

HWS hinwies, wurde die Bewegung «gemacht». Mit dem Kopf konnte O.F. vieles steuern.<br />

Loslassen und Kontrolle abgeben waren für O.F. aber eher schwierig. Viele Bewegungsabläufe<br />

wirkten auf mich wie eine grosse körperliche Anstrengung, sowohl bei zur Lösung<br />

gedachten als auch bei kräftigenden Abläufen. Bei der Nachfrage, ob dies nun sehr<br />

anstrengend war, verneinte er jedes Mal. O.F.s Verhalten wirkte auf mich sehr leistungsorientiert.<br />

Lösende Momente geschahen wenige, er gähnte auch praktisch nie.<br />

Das Thema des zweiten Blocks war der Kraftaufbau (Rumpf, Rücken, Bauch, Seitendehnungen).<br />

In diesen Stunden bewegten wir uns meistens frei im Raum. Diese Lage behagte<br />

O.F. viel mehr. Die Stunden gefielen ihm besser. Vor allem jene, die einen Trainingsanteil<br />

aufwiesen. Bei der Arbeit zum Muskelaufbau war O.F. der Meinung: je schneller, desto<br />

mehr Nutzen. Er begann jeweils sofort mit der Ausführung. Die Atmung wurde laut und es<br />

wirkte wie eine Übung und sah nicht nach einem erspürenden Bewegungsablauf aus.<br />

Durch die Anleitung, mit der Ein- und Ausatmung zu arbeiten, gelang es ihm, das Tempo<br />

zu drosseln und sich auf die Atmung einzulassen. Die Bewegung mit der Atmung zu koordinieren,<br />

schien für ihn oft sehr schwierig zu sein. In der sechsten Stunde fiel mir während<br />

der Diagonalen auf, dass das Hinken beim Gehen weniger sichtbar war – für O.F. keine<br />

wahrnehmbare Veränderung.<br />

Im nächsten Teil begann ich mit der Arbeit an den Beinen, Hüften, Becken, Füssen. Ich zog<br />

diesen Block dem dritten Block (Schultergürtel, Arme, Nacken, Brustbein) vor, da ich mir<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 28


dachte, dass diese Bewegungen unmittelbar nach der Operation nicht möglich sein würden.<br />

Nach drei Stunden mussten wir dann wegen besagter Operation zwei Monate pausieren. Bei<br />

diesem Themenblock kam vor allem O.F.s instabiles Gleichgewicht zum Ausdruck. Ein<br />

Thema, das O.F. sehr gut kennt. Bei Dunkelheit nimmt er beim Gehen ein Schwanken wahr.<br />

Er empfand die Anleitung «Beine in Streckung bringen» oder «mit gestreckten Beinen»<br />

eher lästig, weil es für ihn ein Ding der Unmöglichkeit war. Ich merkte, dass diese Sätze bei<br />

mir schon automatisiert sind und dass die verbale Anleitung je nach Teilnehmer abgeändert<br />

werden sollte, um nicht ein ständiges Insuffizienzgefühl hervorzurufen. Die Unbeweglichkeit<br />

der Hüfte war sehr auffallend; dies zeigte sich vor allem beim Hüftekreisen in verschiedenen<br />

Lagen, beim Räkeln und bei Schrittfolgen in der Diagonalen.<br />

Obwohl O.F. nach der langen Pause betonte, dass wieder alles in Ordnung sei (ohne<br />

Schmerzen und Einschränkungen), begann ich nun trotzdem mit der Arbeit am Schultergürtel.<br />

Wir wussten damals noch nicht, dass nach der 17. Stunde die zweite Operation<br />

dazwischen fallen würde. Diese verursachte dann aber keine weitere Verzögerung des<br />

Ablaufes mehr.<br />

Nach der zweimonatigen Pause wirkten O.F.s Bewegungen anfänglich wieder steifer, die<br />

Muskulatur angespannter, das Kreisen der Gelenke weniger rund, das Fallenlassen zurückhaltender.<br />

Er empfand die Stunden nach der Operation fast wieder wie ein Neustart und<br />

vieles von vorher war vergessen. Dies wurde ihm beim Ausfüllen des Fragebogens nach<br />

der 15. Stunde bewusst. Bewegungsabläufe, die schwerpunktmässig den Schultergürtel<br />

betrafen, waren für O.F. aber grundsätzlich einfacher auszuführen. Der Schultergürtel liess<br />

mehr Bewegungsfreiheit zu und koordinative Abläufe mit den Armen gelangen ihm sehr<br />

gut.<br />

O.F. spürte im letzten Viertel in manchen Stunden Schmerzen in den Gelenken, vor allem<br />

in den Knien, der Hüfte und den Füssen. Diese schränkten ihn aber im Bewegungsverhalten<br />

nicht ein, oder er biss auf die Zähne. Er wies mich kaum auf seine Schmerzen hin und<br />

klagte während der Stunden nie. Ich musste immer wieder nachfragen, ob diese oder jene<br />

Bewegung Schmerzen bereitete. Die Stunden brachten diesbezüglich keine Verbesserungen.<br />

Anders verhielt es sich bezüglich der starken Verspannungen bzw. Schmerzen im<br />

Lendenwirbelbereich (16. und 19. Stunde), die während dieser letzten Phase zweimal auftraten.<br />

Ich widmete mich während dieser beiden Stunden diesem Thema. Die Schmerzen<br />

konnten gelindert werden oder verschwanden sogar.<br />

Als ich das Thema Gleichgewicht in einer Stunde behandelte, war O.F. sehr aufmerksam<br />

dabei. Wenn er etwas erlernen konnte, was für ihn ersichtlich zu einer Besserung seines<br />

Zustandes verhalf, war sein Verhalten etwas anders, nämlich interessierter und motivierter.<br />

Solche Veränderungen waren aber schwer erkennbar, da er ein sehr ausgeglichenes<br />

Auftreten an den Tag legte.<br />

Die Diagonalen waren immer eine Herausforderung. Ich hatte aber den Eindruck, dass<br />

ihm die Musik und die Bewegungen Freude bereiteten. O.F. war immer sehr bemüht, alles<br />

richtig auszuführen. Einfache Schrittvariationen waren grosse koordinative und rhythmische<br />

Herausforderungen für ihn. Die Bewegungen waren etwas steif und ungelenk. Das<br />

instabile Gleichgewicht war bei langsamen Bewegungen sofort ersichtlich. Die Ansprüche<br />

bei der Diagonalen gaben ihm ein Ziel, stachelten seinen Ehrgeiz an, sich zu verbessern.<br />

Das instabile Gleichgewicht war bei langsamen Bewegungen sofort ersichtlich. Ohne meine<br />

Aufforderung übte er aber zum Beispiel Rückwärtsgehen mit Gegenbewegung.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 29


O.F. war froh, als die letzte Stunde abgeschlossen werden konnte. Es bereitete ihm mittlerweile<br />

Mühe, immer abrufbar zu sein. Obwohl ihm die Bewegungen grundsätzlich ein<br />

gutes Gefühl vermittelten (das er aber nicht näher beschreiben konnte), möchte er sich<br />

doch lieber wieder dem Spiel und/oder der Kraft zuwenden.<br />

5.2.4 Verlauf aus Sicht des Probanden O.F.<br />

«Fragebogen klein» von O.F.:<br />

1.<br />

Wie war Ihre Motivation am Anfang<br />

der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

3.<br />

Wie haben Sie sich gegen Ende der<br />

Stunde konzentrieren können?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

2.<br />

Wie haben Sie sich während der Stunde<br />

konzentrieren können?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4.<br />

Wie entspannt fühlen Sie sich jetzt<br />

nach der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 30


5.<br />

Wie verspannt fühlen Sie sich jetzt<br />

nach der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

7.<br />

Wie schlaff/ermüdet fühlen Sie sich<br />

jetzt nach der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

9. Wie ist Ihr körperliches Befinden allgemein? (wohlig, schwindlig, kribbelig …;<br />

fühlen sich einzelne Körperteile irgendwie anders an? Etc.)<br />

Wohlig, fit. Kein Unterschied zwischen den einzelnen Körperteilen spürbar. Schmerzen im Lendenwirbelbereich,<br />

in den Fussgelenken, in der rechten Schulter sind nicht spürbar während und nach den Bewegungen;<br />

schmerzfrei nach den Stunden mit Fokus Lendenwirbelbereich (16. und 19. Stunde).<br />

10.<br />

Wie gut ist Ihr psychisches Wohlbefinden,<br />

wie gut ist Ihre Stimmung?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

6.<br />

Wie angeregt/wach fühlen Sie sich<br />

jetzt nach der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

8.<br />

Wie gut ist Ihr körperliches Wohlbefinden<br />

in Bezug auf die Körperwärme?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

11.<br />

Wie angenehm war für Sie die verbale<br />

Anleitung?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 31


12.<br />

Wie verständlich war für Sie die<br />

verbale Anleitung?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

14.<br />

Haben Sie sich während der Stunde<br />

oft Gedanken gemacht über den Sinn<br />

der Bewegungen?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

15. Hätten Sie gerne mehr Erklärungen?<br />

Keine Erklärungen zu den Bewegungsabläufen erforderlich<br />

16. Evtl. Bemerkungen zu einzelnen Fragen<br />

zum Teil «komische» Fragen in den Fragebogen wie über das Körperempfinden; überflüssig, nach jeder<br />

Stunde den gleichen Bogen auszufüllen und dieselben Werte einzusetzen; finde gewisse Lagen und Bewegungen<br />

anatomisch sinnlos, z.B. in Seitenlage Rücken Richtung Boden sinken lassen, beidseitig Schultern<br />

kreisen, Seiten dehnen.<br />

«Fragebogen gross» von O.F.:<br />

13.<br />

Wie angenehm waren für Sie die<br />

Bewegungen ganz allgemein?<br />

Die verbale Anleitung war für O.F. sehr verständlich und auch angenehm. Wenn er etwas<br />

missverstand, lag es am reduzierten Hörvermögen von O.F. Dass Bewegungen nicht vorgemacht<br />

wurden, war für O.F. überhaupt nichts Aussergewöhnliches. Er erklärte mir, dass<br />

auch in der Männerriege zum Teil so angeleitet würde. Ohne Kommentar seitens der Diplomandin<br />

nahm O.F. an, dass die Bewegungen korrekt ausgeführt wurden. (Anmerkung der<br />

Diplomandin: einige Male bei Unsicherheiten liess sich O.F. rückversichern, ob die Bewegungen,<br />

so wie er sie ausführte, wirklich richtig gemacht wurden.)<br />

Die verschiedenen Lagen empfand er ganz unterschiedlich. Die Wandlage engte O.F. ein.<br />

Er fühlte sich dabei in seiner Beweglichkeit eingeschränkt. Er empfand die Lage sehr unbe-<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 32


quem und anstrengend bei der Beinarbeit, da es ihm nicht mehr möglich war, die Knie zu<br />

strecken.<br />

Die Seitenlage und die Bauchlage sowie die Lage allgemein im freien Raum empfand<br />

O.F. viel angenehmer. Er fühlte sich freier dabei.<br />

Ich gestaltete den Einstieg in die Stunden meistens spontan – je nach Bedürfnis. Ich<br />

benutzte dazu nie Musik. Ich wollte dabei vor allem die Koordination fördern und die<br />

Atmung anregen. Er schätzte die koordinative Herausforderung und das konditionelle Einbewegen.<br />

Weniger behaglich war ihm die Lenkung der Aufmerksamkeit auf die Körperwahrnehmung.<br />

Bei den Diagonalen blieb ich meistens bei einfacheren Grundschritten (ausser am<br />

Anfang), inklusive rückwärts Gehen. Er bekundete Mühe beim langsamen Gehen, da nahm<br />

er seine Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht wahr. Sich zur Musik zu bewegen, gefiel<br />

ihm. Für O.F. war dies etwas zwischen Marsch und Tanz.<br />

Die Bewegungsabläufe befremdeten ihn anfänglich zum Teil etwas. Während des Verlaufes<br />

veränderte sich dies aber, und etwa ab der Hälfte der Stunden begannen sie ihm<br />

grundsätzlich zu gefallen. Übungen mit Krafteinsatz hätte er aber trotzdem bevorzugt.<br />

Einige Bewegungen blieben bis zum Schluss ungewohnt, zum Beispiel das Schulternkreisen<br />

in Seitenlage (oberer Rücken Richtung Boden). Gewisse Lagen und Bewegungen fand<br />

er anatomisch sinnlos. Die Einstellung zu den Grundlagenstunden PSFL veränderte sich bei<br />

O.F. mit der Zeit: Das Pflichtgefühl vermischte sich mit Freude.<br />

O.F. hatte sich pflichtbewusst auf das Unbekannte eingelassen. Er stellte sich unter dem<br />

Begriff «Grundlagenstunde PSFL» überhaupt nichts vor und liess sich einfach überraschen.<br />

Die Stunden entsprachen nur teilweise seinem Bewegungsbedürfnis, nämlich dann,<br />

wenn es sich um Schmerzlinderung handelte. Sonst bevorzugt O.F. Kraft- und Ausdauersport,<br />

aber auch Spiel und Spass.<br />

Veränderungen – seien sie im physischen oder psychischen Bereich oder Verhaltens- und<br />

Einstellungsveränderungen – konnte O.F. nach Ablauf des «Unterrichts» keine feststellen.<br />

Die Stunden beeinflussten weder das psychische Wohlbefinden noch das Bewegungsverhalten<br />

im Alltag grundsätzlich.<br />

Vorhandene Schmerzen konnten teilweise während einer Stunde reduziert werden oder sie<br />

verschwanden ganz. O.F. ist überzeugt, dass die Bewegungsabläufe bei einer Rehabilitation<br />

sehr gut eingesetzt werden könnten oder um bei Muskelschmerzen eine Linderung zu<br />

erzielen. Er nutzt jetzt die Möglichkeit, diese Bewegungen bei allfälligen Schmerzen selber<br />

einzusetzen. Jederzeit würde er die Grundlagenstunden PSFL Männern zur Rekonvaleszenz,<br />

bei starken Verspannungen und Schmerzen anderer Art weiterempfehlen.<br />

O.F. bewegt sich lieber in einer reinen Männergruppe, wobei er eine Frau als Leiterin ganz<br />

und gar akzeptieren würde.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 33


Wie schätzen Sie sich ein auf einer Skala von 1 bis 10?<br />

(1 = gar nicht, 10 = sehr)<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

beweglich kräftig konditionell<br />

fit<br />

Koordination Rhythmusgefühl<br />

vor der 1. Stunde nach der 10. Stunde nach der 20. Stunde<br />

nach der 5. Stunde nach der 15. Stunde<br />

Die Werte blieben über die ganze Zeit recht konstant. Die einzige grösser variierende Zahl<br />

war der Wert des Rhythmusgefühls nach der fünften Stunde. Die tiefe Wertung entstand<br />

wahrscheinlich dadurch, dass ich anfänglich höhere Anforderungen in der Diagonalen<br />

gestellt hatte. Diesbezüglich hätte O.F. aus meiner Sicht auch die Koordination anders werten<br />

sollen.<br />

5.2.5 Bestandesaufnahme am Ende (Dezember 2006)<br />

Innerhalb der acht Monate musste sich O.F. einer stationären und einer ambulanten Operation<br />

unterziehen. Die erste Operation veränderte sein alltägliches Bewegungsverhalten.<br />

Er durfte keine körperlichen Anstrengungen mehr betreiben; so fielen die morgendliche<br />

Gymnastik, Bergwanderungen sowie die wöchentliche Fitnessstunde aus. Die Wunden der<br />

Operationen verheilten. Die Schmerzen aber, welche schon bei der «Bestandesaufnahme<br />

am Anfang» festgehalten wurden, hatten sich nicht reduziert.<br />

Wie die folgenden Fotos zeigen, sind körperliche Veränderungen eingetreten.<br />

In der Wandlage bringt O.F. sein Gesäss näher zur Wand (Foto 10). Die Knie sind gestreckter.<br />

Wenn er den Oberkörper nach vorne beugt, sind auch hier die Knie gestreckter. Der<br />

Rücken wirkt runder, vor allem die Lendenwirbelsäule (Foto 9).<br />

Beim Sitzen mit angewinkelten Beinen neigt sich der Oberkörper nicht mehr so stark zur<br />

Seite. O.F. muss sich nicht mehr an den Beinen festhalten, um das Gleichgewicht zu stabilisieren<br />

(Foto 7 und 8).<br />

Hält O.F. die Arme neben dem Kopf, steht er jetzt im Lot (Foto 12). Die leichte Vorlage ist<br />

nicht mehr ersichtlich. Die Brustwirbelsäule zeigt sich beweglicher (Foto 5 und 6).<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 34


Foto 1<br />

O.F. von vorne<br />

Foto 9<br />

Beine gestreckter –<br />

Lendenwirbelsäule<br />

wirkt runder.<br />

Foto 2<br />

O.F. von hinten<br />

Foto 5 Foto 6<br />

Brustwirbelsäule ist beweglicher.<br />

Foto 3<br />

O.F. von links<br />

Foto 10<br />

Foto 11<br />

Gesäss näher an Wand, Arme neben Kopf; von<br />

Knie etwas gestreckter. vorne.<br />

Foto 4<br />

O.F. von rechts<br />

Foto 7 Foto 8<br />

Rücken neigt sich nur noch wenig.<br />

Foto 12<br />

Arme neben Kopf;<br />

von der Seite.<br />

O.F. steht im Lot.<br />

15 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 35


5.2.6 Vergleich zwischen Sicht Proband O.F. und Diplomandin <strong>Ruth</strong> <strong>Fässler</strong><br />

Die Stunden zeichneten sich durch hohe Stabilität aus in Bezug auf Konzentration, Bewegungsausführung,<br />

Motivation und psychisches Wohlbefinden. Wenn Veränderungen<br />

stattfanden, dann geschahen sie langsam und kaum ersichtlich zwischen den einzelnen<br />

Stunden. Ich kann deshalb gut verstehen, dass diese Unterschiede vom Probanden O.F.<br />

kaum oder gar nicht wahrgenommen wurden. Ich selber war auch sehr erstaunt über diese<br />

sichtbaren Unterschiede bei dem Vergleich der Fotos zwischen der Bestandesaufnahme<br />

am Anfang und am Ende.<br />

Es ist für mich deshalb verständlich, dass die Werte (siehe Grafiken «Fragebogen klein und<br />

gross») sehr konstant blieben. Wenn ich diese Werte mit dem Verlauf vergleiche, stelle ich<br />

fest, dass sich O.F. überschätzte oder die Begriffe anders verstand als wir. Beginnen wir<br />

mit der Beweglichkeit. Obwohl dem Probanden selber ganz klar war, dass der Lendenwirbelbereich<br />

versteift ist, die Knie nicht mehr gestreckt werden können und das Becken<br />

nicht sehr beweglich ist, schätzte er sich als sehr beweglich ein. Er betrachtete wohl den<br />

Körper an und für sich und nicht die einzelnen Gelenke.<br />

Die Werte bei der Kraft und der Kondition zu vergleichen, ist schwierig, da in den Stunden<br />

diese Bereiche zum Teil kaum Thema waren. Was ich hier bemerken möchte, ist, dass<br />

sich O.F. wirklich ausdauernd mit zum Teil anstrengenden Bewegungsabläufen auseinandersetzte<br />

und beharrlich dabei blieb.<br />

In den Diagonalen waren die Koordination und das Rhythmusgefühl am einfachsten zu<br />

beobachten. Erstaunlich auch hier die hohen Werte. Schrittfolgen waren für O.F. rhythmisch<br />

und koordinativ oft schwierig umzusetzen, zum Beispiel das Rückwärtsgehen mit<br />

Gegenbewegung oder die komplexere Tupf/Tupf/Schritt-Variation. Am Schluss aller Stunden,<br />

als wir das komplexe Thema noch einmal aufgriffen, klappte es auf einmal – zu meiner<br />

Verwunderung. Die Herausforderungen spornten ihn an. Ziele zu kennen und so Leistung<br />

zu steigern, war offensichtlich etwas Wünschenswertes für O.F.<br />

Eine Auseinandersetzung zwischen dem Probanden und der Diplomandin über die<br />

Methode passierte nicht. Seine Einstellung war eher unkritisch. Obwohl er einige Male<br />

betonte, dass es zum Teil anatomisch sinnlose Bewegungen auszuführen gab, wollte er<br />

nie eine nähere Auskunft dazu oder hatte dies zumindest nicht angedeutet. Auf meine<br />

Fragen erhielt ich knappe, zum Teil ausweichende Antworten. O.F. bedeuteten die Fragen<br />

auf den Fragebogen nicht viel. Vor allem Begriffe wie «psychisches Wohlbefinden»,<br />

«Körperwahrnehmung» und «Körperempfinden» hatten für ihn keine klare Bedeutung.<br />

Die Grafiken zeigen aber auch in diesen Bereichen hohe, konstante Werte. Die Bewegungsabläufe<br />

wirkten aber auf mich oft wenig entspannt oder gelöst. Angeleitete Bewegungen,<br />

die ein Fallenlassen eines Körperteils beinhalteten, wurden oft auch «geführt».<br />

Trotzdem erscheint zum Beispiel in der Grafik mit der Frage «Wie entspannt fühlen Sie<br />

sich?» ein konstant hoher Wert. Auch das Schulen der Eigenwahrnehmung war schwierig.<br />

O.F. reagierte ungeduldig und beim Nachspüren konnte er keine Unterschiede erkennen.<br />

Aus meiner Sicht ergeben sich in diesen Bereichen andere Werte als die von O.F. angegebenen.<br />

Die Fähigkeiten bezüglich differenzierter Körperwahrnehmung und Erkennen der<br />

eigenen Bedürfnisse sind bei O.F. nicht sehr ausgeprägt.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 36


Die beiden Verläufe – aus Sicht des Probanden sowie der Diplomandin – zeigen, dass das<br />

Körperliche im Vordergrund stand; der psychische Anteil nahm einen geringeren Stellenwert<br />

ein.<br />

5.2.7 Fazit<br />

Diese Diplomarbeit ermöglichte mir eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Grundlagen<br />

PSFL. Ich profitierte dabei in zweierlei Hinsicht: im Austausch mit meinen Kolleginnen<br />

und bei der Arbeit mit meinem Probanden.<br />

Obwohl mein Proband für weitere Grundlagenstunden PSFL nicht zu gewinnen wäre, könnte<br />

ich ihn mir bestens dabei vorstellen, vor allem bezüglich der Möglichkeit, über Bewegungen<br />

körperliche Veränderungen und somit auch eine Wirkung auf die Psyche zu<br />

erzielen. Trainingsstunden würden O.F. viel eher zusagen, da er Bewegungen mit Kraft und<br />

Ausdauer schätzt. Ein Hindernis dabei wäre aber seine Unbeweglichkeit und die verkürzten<br />

Sehnen und Muskeln vor allem im Lendenwirbelbereich und in den Beinen. Die Diagonale<br />

mit den komplexen Schrittfolgen, die eine gewisse Koordination, Rhythmusgefühl<br />

und Gleichgewicht voraussetzen, wäre zudem eine Überforderung. Falls ich O.F. weiterhin<br />

Einzelarbeit anbieten würde, käme nur eine Mischform in Frage: Grundlagen mit vielen Trainingselementen<br />

und eine defizitorientierte Gestaltung der Stunden mit Themen wie zum<br />

Beispiel Gleichgewicht und Koordination. Das gäbe O.F. einen ersichtlichen Grund und er<br />

würde sich herausgefordert fühlen.<br />

Ich werde O.F. im Moment aber keine Einzellektionen anbieten, was er bestimmt nicht<br />

bedauert. An einem öffentlich ausgeschriebenen Kurs für Grundlagenstunden PSFL würde<br />

er nie teilnehmen. Er betonte aber immer wieder, dass er sich diese Arbeit bestens in der<br />

Rekonvaleszenz vorstellen könnte. Ausserdem bevorzugt O.F. eine reine Männergruppe<br />

und würde sich als einziger Mann unter vielen Frauen unwohl fühlen.<br />

Weitere Gründe, weshalb O.F. in einer Grundlagenstunde PSFL nicht anzutreffen wäre, sind<br />

die fehlenden spielerischen, kräftigenden und ausdauernden Elemente. Ich denke<br />

aber, dass ihm auch eine Trainingsstunde PSFL, welche das Kräftigende und Ausdauernde<br />

anbietet, nicht vollumfänglich gefallen würde. Das Spielerische sowie der Austausch und<br />

Kontakt mit den Kollegen würden ihm fehlen.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 37


5.3 Proband U.H. / Diplomandin <strong>Ingrid</strong> <strong>Essig</strong><br />

5.3.1 Voraussetzungen<br />

U.H. war zu Beginn der Diplomarbeit 43-jährig und bei guter Gesundheit. Er ist sehr<br />

schlank (hatte noch nie Gewichtsprobleme). Sporadisch leidet er unter Rückenschmerzen,<br />

was er seinem Bewegungsmangel zuschreibt. Vor allem im Frühling schränkt seine Pollenallergie<br />

die Lebensqualität ein, da sie ihn extrem müde macht und ihn auch daran hindert,<br />

sich im Freien zu bewegen. Zudem besteht eine Allergie auf gewisse Lebensmittel.<br />

Er fühlt sich aber grundsätzlich gesund.<br />

Als IT-Consultant verbringt er die meiste Arbeitszeit (durchschnittlich 52 Stunden/Woche)<br />

vor dem Computer (45 Stunden) bzw. am Steuer (7 Stunden). U.H. ist sich<br />

bewusst, dass er sich zu wenig bewegt. Grundsätzlich hat er viel Freude an Bewegung. Er<br />

hat zwölf Jahre auf Vereinsebene Badminton gespielt und da an verschiedenen Wettkämpfen<br />

teilgenommen. U.H. ist ein leidenschaftlicher Skifahrer (2 Wochen/Jahr), geht inlineskaten<br />

(unregelmässig) und tanzt gerne in der Disco. Seit einem Jahr spielt er wieder regelmässig<br />

Badminton. U.H. beobachtet an sich selbst, dass er im unteren Rücken sehr unbeweglich<br />

und die Bauchmuskulatur zu wenig trainiert ist. Generell besteht ein Bedürfnis<br />

nach mehr Bewegung. Etwa mal plagt ihn auch das schlechte Gewissen.<br />

Aus beruflichen Gründen besteht einfach oft keine Möglichkeit für Bewegungsaktivitäten,<br />

was er selbst als sehr negativ empfindet. Er möchte aber prinzipiell wieder mehr für seine<br />

Gesundheit tun, vor allem, was Bewegung betrifft. Die Probandenrolle für die Diplomarbeit<br />

kam U.H. aus diesen Gründen sehr gelegen.<br />

5.3.2 Bestandesaufnahme am Anfang (April 2006)<br />

U.H. war grundsätzlich und von Anfang an sehr engagiert in dem Projekt. Er hinterfragte<br />

viel und war allgemein ein kritischer Proband. Das hatte für mich zur Folge, dass ich mich<br />

sehr intensiv mit der Methode auseinandersetzen musste – prinzipiell natürlich ein Vorteil,<br />

auch wenn es mir manchmal etwas mühsam erschien und ich meine Kompetenz in Frage<br />

gestellt sah.<br />

Vorbehalte gegenüber der Methode an und für sich bestanden bei U.H. keine.<br />

Die Bestandesaufnahme vom April 2006 zeigt ein paar kleine Anomalien in seinem Körperbau;<br />

so hat er in der Halswirbelsäule eine minimale Skoliose nach links und in der<br />

Lendenwirbelsäule eine minimale Skoliose nach rechts (Foto 4), wobei die Wirbelsäule<br />

sonst eine sehr schöne Doppel-S-Form vorweist. Seine linke Schulter ist ca. 1,5 cm<br />

höher als die rechte und das linke Schlüsselbein liegt steiler als das rechte (Foto 1). Diese<br />

Schulter hält sozusagen nur lose zusammen, da vor etwa 15 Jahren bei einem Sturz<br />

zwei Bänder gerissen sind, die weder genäht wurden noch von selbst wieder zusammengewachsen<br />

sind. Dass die linke Schulter dennoch höher liegt als die rechte, könnte daran<br />

liegen, dass die Haltefunktion der fehlenden Bänder durch Muskelkraft und allgemeinen<br />

Muskelzusammenzug kompensiert wird (daher vielleicht auch die allgemeinen Verspan-<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 38


nungen im Schultergürtel). Aufgrund eines Armbruchs ist sein linker Arm im Ellenbogengelenk<br />

krumm gegen innen gebogen, der Unterarm gegen aussen, was sich auch auf die<br />

Handstellung auswirkt (Foto 2; Supination).<br />

Diese Unregelmässigkeiten hatten und haben meiner Ansicht nach keine Auswirkung auf<br />

U.H.s Bewegungsmuster. Sie verursach(t)en auch keinerlei Schmerzen.<br />

Foto 1<br />

Linke Schulter höher<br />

als rechte.<br />

Foto 2<br />

Stellung linker Arm;<br />

Supination der Hand.<br />

Foto 3<br />

Durchgestreckte Knie,<br />

leichte Rücklage.<br />

Foto 4<br />

Skoliose in unterer<br />

Brustwirbelsäule nach<br />

rechts.<br />

Im Stehen waren U.H.s Knie durchgestreckt (dementsprechend das Becken nach vorne<br />

geneigt) und er befand sich mit dem Oberkörper in einer leichten Rücklage (Foto 3).<br />

Auffallend ist die ungleichmässige Abnützung seiner Schuhe (Foto 8). U.H. klagte über<br />

Schmerzen beim Abrollen des rechten Fusses. Aufgrund dieser Schmerzen rollte er den<br />

Fuss nicht über die Sohle ab, sondern über die Aussenkante. Sein Gang wirkte wohl daher<br />

zum Teil etwas gehalten, das heisst, im Schultergürtel fand kaum Gegenbewegung statt;<br />

die Arme führten trotzdem eine Gegenbewegung aus.<br />

U.H.s Beweglichkeit im mittleren/oberen Rücken (Foto 5/6) war sehr gut.<br />

Foto 5 Foto 6<br />

Foto 7<br />

Gute Beweglichkeit im mittleren/oberen Rücken. Wenig bewegliche<br />

Lendenwirbelsäule.<br />

Foto 8<br />

Abnützung des rechten<br />

Schuhes.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 39


Im unteren Teil hingegen war U.H.s Wirbelsäule recht steif (Foto 7/9/10). Interessant<br />

ist, dass U.H. seine Beweglichkeit am Anfang besser einstufte (6 Punkte) als am Schluss<br />

(5 Punkte, Grafik Seite 48), obwohl der Verlauf gerade umgekehrt war. Das hat wohl damit<br />

zu tun, dass U.H. an seine Grenzen stiess und sich auch mit mir verglich.<br />

Auf dem Rücken liegen und dabei die Beine an die Wand stellen war nur bedingt möglich;<br />

U.H. musste dafür das Becken recht weit die Wand hinaufschieben (Foto 11). Zudem<br />

fand er diese Lage unangenehm.<br />

Foto 9<br />

Rücken Beugen mit<br />

gestreckten Knien.<br />

Foto 10<br />

Rücken Beugen mit<br />

gelösten Knien.<br />

Foto 11<br />

Beine an Wand.<br />

Foto 12<br />

Unterschiedliche Haltung<br />

der Arme aufgrund<br />

von Ellenbogenbruch<br />

(links).<br />

Bemerkenswert in der Position auf Foto 12 ist die unterschiedliche Haltung der Arme<br />

(aufgrund des falsch zusammengewachsenen Ellenbogens nach einem Unfall). Die Schultern<br />

sind gelöst, die Handflächen schauen sich an (ohne besondere Aufforderung dazu).<br />

Äusserst unangenehm fand U.H., mit gestreckten Beinen und geradem Oberkörper dazusitzen,<br />

was ich auch auf die mangelhafte Dehnung im unteren Rücken, Gesäss und auf der<br />

Rückseite der Oberschenkel zurückführte. Meiner Ansicht nach fehlte es U.H. auch an Haltemuskulatur<br />

(auch bei anderen Bewegungsabläufen, die viel Haltemuskulatur erforderten,<br />

zeigte U.H. Defizite), was er jedoch überhaupt nicht so sah. Er meinte immer, das<br />

Foto 13<br />

Foto 14<br />

Einigermassen ent- So aufrecht wie mögspannt<br />

aufrecht sitzen. lich sitzen, extrem<br />

anstrengend.<br />

Foto 15<br />

Beweglichkeit der<br />

linken Hüfte.<br />

Foto 16<br />

Beweglichkeit der<br />

rechten Hüfte.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 40


Ganze habe nur mit der fehlenden Dehnung zu tun. Die Fotos 13 und 14 stammen vom<br />

Dezember 2006.<br />

Deutliche Unterschiede bestanden in der Beweglichkeit der linken und rechten Hüfte<br />

(Foto 15/16). Waren die Beine wie in Foto 15 nach links eingeschlagen, so brachte U.H.<br />

den linken Sitzbeinhöcker recht nahe zum Boden. Anders sah es aus, wenn U.H. die Beine<br />

rechts einschlug; das Becken war völlig schief (Foto 16).<br />

5.3.3 Verlauf aus Sicht der Diplomandin <strong>Ingrid</strong> <strong>Essig</strong><br />

Erster Zyklus: Kreisaufbau (5 Std.): U.H. war sehr gespannt auf die Stunden. Ich empfand<br />

die Stimmung von Anfang an als angenehm, eine gute Mischung zwischen Konzentration<br />

und Beschwingtheit. Meiner Meinung nach kann U.H. sehr detailliert und präzise<br />

Auskunft geben über seine Körperempfindungen. Mir fiel von Anfang an auf, dass U.H.s<br />

Zufriedenheit in und nach der Stunde eng mit seiner «Leistungsstärke» zusammenhing.<br />

Das Richtigmachen war viel wichtiger als das Nachspüren. Er mühte sich oft übermässig<br />

ab, verkrampfte dabei seinen ganzen Körper (v.a. Kiefer- und Schulterbereich), sein<br />

Gesicht lief rot an und die Adern standen hervor. U.H. wirkte sehr kopflastig, konnte<br />

kaum einmal etwas einfach «geschehen lassen». Sein Krafteinsatz war in vielen Fällen<br />

unangemessen gross, seine Bewegungen langsam und meistens maximal. Sobald er einen<br />

Bewegungsablauf aber besser kannte (das stetige Wiederholen schien ihn überhaupt nicht<br />

zu stören), wirkte er gelassener und gelöster. Machte ich ihn auf seine Verkrampfungen<br />

(meist indirekt) aufmerksam, reagierte er eher gereizt und er rechtfertigte sich. Ich stellte<br />

immer wieder fest, dass U.H. die Bewegungen ganz präzise analysierte und genau<br />

sagen konnte, wo sich was bewegt, welche Muskeln er brauchte, wo es an Dehnung fehlt<br />

etc. Trotzdem merkte er es oft nicht, wenn er sich im Schultergürtel, im Kiefer oder in den<br />

Händen verkrampfte.<br />

U.H. verhielt sich anfangs eher gehemmt, v.a. im Stehen; er fühle sich «affig» (Zitat),<br />

so dazustehen und sich zu bewegen.<br />

U.H.s Bewegungen waren allgemein eher gross und kontrolliert. Ich empfand seine<br />

Bewegungen anfangs als abgehackt und nicht harmonisch. Kleine und schnelle Bewegungen<br />

machte er keine, sofern ich es nicht explizit verlangte. Auch dann waren die Bewegungen<br />

noch nicht wirklich schnell. Hüftkreisen ging zum Beispiel auch nur langsam,<br />

verlangte ich es schneller, fiel er aus der Bewegung raus. Ich machte immer wieder den<br />

Vorschlag, er solle die Bewegung einfach mal ausführen, ohne darüber nachzudenken, was<br />

er machte. Dazu liess er sich aber nur selten «überreden». Im Verlaufe der 20 Lektionen<br />

gab es hier aber punktuell recht grosse Veränderungen. U.H.s Bewegungsrepertoire wurde<br />

allgemein abwechslungsreicher.<br />

Es kam in den ersten fünf Stunden auch ab und an zu kleineren Auseinandersetzungen.<br />

U.H. empfand es als frustrierend, praktisch kein Feedback von mir zu erhalten. Er wollte<br />

wissen, ob er die Bewegungen richtig macht, wie ich seine Leistung einschätze und was er<br />

verbessern könne. Nachspüren war für ihn sinnlos, wenn er sich anschliessend<br />

nicht darüber äussern konnte. Zudem meinte er, die Unterschiede zwischen «vorher»<br />

und «nachher» seien für ihn so selbstverständlich, darüber müsse man gar nicht reden.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 41


Er räumte aber auch ein, dass er zu gewissen Erfahrungen vielleicht einfach keinen Zugang<br />

hätte. Einerseits konnte ich seine Widerstände verstehen, andererseits konnte und<br />

wollte ich nicht nachgeben, weil ich damit die Diplomarbeit «gefährdet» sah.<br />

Wir Diplomandinnen entschlossen uns dann, unsere diesbezügliche Verhaltensweise flexibler<br />

zu gestalten und mehr Informationen zu geben, da wir darauf angewiesen waren,<br />

dass unsere Probanden den ganzen Zyklus mitmachten. In der Folge konnte ich bei U.H.<br />

eine eindeutig gesteigerte Motivation feststellen. Grundsätzlich wirkte U.H. immer sehr<br />

konzentriert und engagiert.<br />

Sobald U.H. die Aufmerksamkeit auf eine Bewegung oder einen Ablauf richtete, flachte seine<br />

Atmung merklich ab. Er gähnte eigentlich nie und atmete nur selten tief durch.<br />

Ich lenkte seine Aufmerksamkeit immer wieder auf die Atmung. In Gesprächen schälte sich<br />

heraus, dass für U.H. «die Atmung so etwas Selbstverständliches ist, da muss man doch<br />

nicht darüber reden» (Zitat). Grundsätzlich war seine Atmung kaum wahrnehmbar.<br />

Im Laufe des zweiten Themenbogens (Kraftaufbau: Rumpf, Rücken Bauch; Seitendehnung,<br />

5 Std.) wurden U.H.s Bewegungen bereits fliessender, sein Körper allgemein<br />

durchlässiger. Seine Atmung blieb weiterhin recht unterdrückt, aber U.H. wirkte beweglicher<br />

(v.a. in der Lendenwirbelsäule), was auch mit den damals sommerlichen Temperaturen<br />

im Zusammenhang stehen mag. Die anfänglichen Hemmungen waren verschwunden.<br />

Es stellte sich eine gewisse Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit ein. U.H. machte<br />

bereits viele Bewegungen im Voraus, bevor ich mit dem Verbalisieren fertig war. Diese<br />

«Routine» führte dazu, dass U.H. die einzelnen Bewegungen zu analysieren und hinterfragen<br />

begann. Oft äusserte er sich in dem Stil (Beispiel): «Wenn ich das mache, dann<br />

kann ich das Bein nicht strecken. Das Bein kann ich nur strecken, wenn ich nach hinten<br />

lehne, dann beginnen aber meine Muskeln zu zittern … ». Er versuchte immer wieder, die<br />

geeignetste Technik für einen Bewegungsablauf herauszufinden. Zeitweise redete er meines<br />

Erachtens zu viel drein, er wollte alles analysieren, was mich manchmal recht nervte.<br />

Der Fluss der Stunde kam in solchen Situationen zum Erliegen, was ich als sehr schade<br />

empfand. Wir einigten uns darauf, etwelche Diskussionen auf nach der Stunde zu verlegen;<br />

das war für uns beide ein zufriedenstellender Kompromiss.<br />

Im zweiten Themenbogen kam zum Vorschein, dass U.H. Haltemuskulatur im Rumpf<br />

eindeutige Defizite aufweist, was ihn recht frustrierte, obwohl er sich dessen schon längst<br />

bewusst war. Die Folge davon war, dass er sich erneut übermässig anstrengte und ich ihn<br />

immer wieder darauf aufmerksam machen musste, dass gewisse Bewegungsabläufe der<br />

Haltemuskulatur mehr bringen, wenn man sie langsam und sanft macht; sonst brauche es<br />

nämlich nur die Bewegungsmuskulatur. Darauf konnte er sich aber nur schlecht einlassen.<br />

Leistung war wichtiger. Diese Haltung forderte immer wieder meine Geduld heraus, auch<br />

wenn ich sie aufgrund der diesbezüglichen Konditionierung, die wir alle in unserer<br />

Gesellschaft mehr oder weniger erleben, verstehen kann. Ich geriet auch in Versuchung,<br />

die Stunden eher trainingsmässig zu gestalten, weil ich erstens das Gefühl hatte, ich<br />

könne «mehr bieten», und zweitens U.H. an der Anstrengung auch Spass hatte und eine<br />

gewisse Herausforderung empfand. Ich war mir immer wieder unsicher, wie anstrengend<br />

bzw. erspürend ich die Stunden gestalten sollte, entschied mich dann immer wieder spontan<br />

mehr in Richtung des einen oder anderen.<br />

Inzwischen hatte U.H. eine richtiggehende Aversion gegen die Diagonale entwickelt. Er<br />

fühlte sich sehr oft überfordert, hatte grosse Mühe mit der Koordination und empfand<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 42


die Musik als einengend und störend (obwohl er sonst sehr gerne Musik hört und auch gerne<br />

dazu tanzt). Während er mühelos die beiden Arme je in eine andere Richtung kreisen<br />

konnte, fiel es ihm ungemein schwer, einen einfachen Bewegungsablauf (z.B. rechts beginnend:<br />

vier Schritte vorwärts, rechtes Bein nach hinten in Waagrechte geben [auch mit<br />

Fuss am Boden abstützen möglich], rechten Arm nach vorne in die Waagrechte geben<br />

[Seitendehnung], Körper in einer Geraden aufrichten, Arm seitlich nach unten, auf 1. Taktschlag<br />

wieder mit dem rechten Bein beginnen) in der Diagonalen abgestimmt auf die Musik<br />

auszuführen. Er erlebte an dieser Stelle viel Frust und verlor dann die Lust an der Sache.<br />

Die Abläufe «fühlten sich jenseits des wirklichen Lebens an», meinte er. Ich empfand die<br />

Diagonale als sehr zäh und auch ich hatte mit der Zeit keinen grossen Spass mehr daran.<br />

Meine Ansprüche musste ich drastisch runterkurbeln und die Diagonale in ganz kleinen<br />

Schritten aufbauen, erst auch ohne Musik, weil diese U.H. regelmässig aus dem Bewegungsfluss<br />

brachte. Meines Erachtens stand er sich hier selbst im Weg, da er ein ausgesprochenes<br />

Kontrollbedürfnis zeigte. Eine Bewegung einfach einmal entstehen zu lassen,<br />

kam für ihn nicht in Frage. Er nahm sich sehr viel Zeit dafür, die Bewegungen zu analysieren,<br />

um – wie es mir schien – Sicherheit zu gewinnen. Er missachtete in solchen Situationen<br />

ohne zu zaudern meine «Anweisungen» und machte, was er wollte. Solche<br />

Momente waren recht spannungsgeladen. Ich kam ihm zum Teil entgegen. Ich liess zum<br />

Beispiel manchmal die Musik weg, beharrte aber in jeder Stunde auf eine wenn auch nur<br />

kurze Diagonale. So konnte ich U.H.s Motivationsniveau einigermassen halten. Dennoch<br />

drängte er mich immer wieder dazu, auf die Diagonale zu verzichten, und ich musste mir<br />

selbst gegenüber hart sein, dass ich seinem Wunsch nicht nachgab. Die Diagonale blieb<br />

bis am Schluss der mit Abstand unbeliebteste Teil der Stunde, für beide.<br />

In der Diagonalen war ersichtlich, dass U.H.s Gleichgewicht bei asymmetrischen, eher<br />

langsamen Bewegungen schnell verloren ging. Auch hier erlebte er viel Unsicherheit und<br />

Frust. Mir schien es, als würde er sich ein bisschen schämen wegen seines schwachen<br />

Gleichgewichts. Hier wäre über die 20 Lektionen hinaus noch viel zu tun, wenngleich sich<br />

während des Zyklus bereits Verbesserungen eingestellt haben.<br />

Positiv aufgefallen ist mir von Anfang an U.H.s gute Orientierung im Raum, egal, in welcher<br />

Lage. Er bewegte sich im Raum selbstsicher und wirkte präsent, aber nicht dominierend.<br />

Er konnte gut einschätzen, wie viel Raum es für eine Bewegung braucht, und die<br />

Bewegung entsprechend einteilen.<br />

Dritter Zyklus: Schultergürtel, Arme, Nacken, Brustbein (5 Std.)<br />

U.H. besitzt einen sehr beweglichen, aber dennoch oft verkrampften Schulterbereich. Vor<br />

allem das linke Schultergelenk ist aufgrund zwei gerissener Bänder eher hyperflexibel.<br />

Deshalb habe ich in diesen fünf Themenstunden den Fokus eher auf die Kräftigung und<br />

Lockerung des Schultergürtels gesetzt als auf dessen Beweglichkeit. Die Arbeit an<br />

Schultergürtel, Armen, Nacken und Brustbein verlief problemlos; U.H. war motiviert.<br />

Die Stunden hatten einen grundsätzlich konzentrativen Charakter. Was die Diagonale<br />

betrifft, fand in keiner Weise eine «Anfreundung» statt.<br />

Im vierten und letzen Zyklus (Beine, Becken, Hüften, Füsse; 5 Std.) schwand der Elan<br />

auf beiden Seiten merklich. Die Stunden wurden immer wieder verschoben. Diesbezüglich<br />

erschwerend war schon immer gewesen, dass wir weit auseinander wohnen, so dass wir<br />

die Termine für die Bewegungsstunden sehr gezielt planen mussten. Hatten wir dann aber<br />

mal einen Einstieg gefunden, erlebte ich die Stunden als sehr intensiv und positiv, ich<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 43


konnte von Stunde zu Stunde Veränderungen feststellen (zum Beispiel bezüglich Bewegungsfluss,<br />

Konzentration, Atmung, Wechsel zwischen Spannung und Lösung etc.), woran<br />

ich richtig Spass hatte. Ich machte recht anstrengende Stunden, die aber auch längere<br />

erspürende Sequenzen enthielten. Allgemein empfand ich die Stunden als dynamischer.<br />

Berührungsängste in Bezug auf Becken-/Hüftarbeit konnte ich bei U.H. keine feststellen.<br />

Das Thema lässt einem einen grossen Bewegungsfreiraum, so dass ich die Stunden zum<br />

Teil auch improvisiert gestalten konnte, was mir sehr gefiel. Ich empfand aber auch einen<br />

gewissen Druck, dass man dann nach 20 Stunden doch einige Fortschritte feststellen<br />

sollte, auch wenn mir von Anfang an bewusst war, dass grössere Veränderungen<br />

viel Zeit brauchen. Trotzdem beschlich mich das Gefühl, meine Diplomarbeit sei umsonst,<br />

wenn ich nichts Konkretes präsentieren können würde. Ich bin froh um all die Fragebogen,<br />

die mein Proband ausgefüllt hat – da kann ich nachlesen, was für Prozesse stattgefunden<br />

haben. Auch die Fotos zeigen zum Teil grössere Veränderungen.<br />

U.H. lieferte mir viele Rückmeldungen. Als störend empfand ich, dass er manchmal einfach<br />

mit Reden loslegte, während er gerade an einem Bewegungsablauf arbeitete. Grundsätzlich<br />

schätzte ich sein Feedback. Er machte mich dadurch auf viele Dinge aufmerksam,<br />

die mir vielleicht entgangen wären. U.H. erwartete jedoch eine Stellungnahme von mir, die<br />

ich meistens nicht zu geben bereit war. Ich wollte so den Fokus mehr auf die Eigenwahrnehmung<br />

lenken, womit sich U.H. aber nicht zufrieden gab. Daraus resultierten die bereits<br />

weiter oben erwähnten Spannungen. Dass solche Spannungen überhaupt entstehen können,<br />

führe ich darauf zurück, dass es Einzelunterricht war und man sich in dieser Situation<br />

naturgegeben näher kommt als in einer Gruppe.<br />

5.3.4 Verlauf aus Sicht des Probanden U.H.<br />

«Fragebogen klein» von U.H.:<br />

1.<br />

Wie war Ihre Motivation am Anfang<br />

der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

2.<br />

Wie haben Sie sich während der Stunde<br />

konzentrieren können?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 44


3.<br />

Wie haben Sie sich gegen Ende der<br />

Stunde konzentrieren können?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.<br />

Wie verspannt fühlen Sie sich jetzt<br />

nach der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

7.<br />

Wie schlaff/ermüdet fühlen Sie sich<br />

jetzt nach der Stunde?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

4.<br />

Wie entspannt fühlen Sie sich jetzt<br />

nach der Stunde?<br />

6.<br />

Wie angeregt/wach fühlen Sie sich<br />

jetzt nach der Stunde?<br />

8.<br />

Wie gut ist Ihr körperliches Wohlbefinden<br />

in Bezug auf die Körperwärme?<br />

9. Wie ist Ihr körperliches Befinden allgemein (wohlig, schwindlig, kribbelig …;<br />

fühlen sich einzelne Körperteile irgendwie anders an? Etc.)<br />

2 normal, entspannt, leicht müde 3 angenehm relaxt 4 schwindlig, «schwacher Kreislauf», abgespannt,<br />

müde 5 schwammig, ganz leicht schwindlig und ganz leicht Übelkeit (nach kurzer Zeit wieder verschwunden)<br />

6 gut 7 angenehm 8 In meiner linken Rückenseite ist eine deutliche Verspannung spürbar. Ähnlich<br />

wie starker Muskelkater 9 sehr gut 10 gut 11 rundum prima 12 müde, schlaff 13 prima 14 ermüdet,<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 45


körperlich und geistig 15 gut 16 rundum Wohlgefühl 17 wohlig 18 leichte Übelkeit, leicht schwindlig<br />

während Boden-/Wandübung. Nach Beendigung der Übung fühle ich mich wieder wohl 19 gut, etwas<br />

hungrig 20 ok<br />

10.<br />

Wie gut ist Ihr psychisches Wohlbefinden,<br />

wie gut ist Ihre Stimmung?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

14.<br />

Haben Sie sich während der Stunde<br />

oft Gedanken gemacht über den Sinn<br />

der Bewegungen?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

12.<br />

Wie verständlich war für Sie die<br />

verbale Anleitung?<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

11.<br />

Wie angenehm war für Sie die verbale<br />

Anleitung?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

13.<br />

Wie angenehm waren für Sie die<br />

Bewegungen ganz allgemein?<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5.Std 10.Std 15.Std 20.Std<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 46


15. Hätten Sie gerne mehr Erklärungen?<br />

1 Feedback zu Atmung hat gefehlt 2 Ja, ich hätte gerne mehr Erklärung, im Sinn von Feedback, z.B. kam<br />

die Anweisung, auf die Atmung/Anspannung zu achten / zu beobachten, jedoch nie ein Austausch über<br />

meine Beobachtung. Ein Feedback nach Beendigung einer Stunde empfinde ich als hilfreich/sinnvoll, da<br />

es für mich a) motivierend und b) mit eine Komponente ist, um meine «körperliche Fitness» einzuschätzen.<br />

Im Moment hänge ich hier zu sehr im «luftleeren Raum». Ich empfinde so, dass ich in der Situation<br />

eines Lernenden bin. Und meines Erachtens gehört Feedback zum Lernen dazu, dann ist es für mich<br />

effektiver. 3 Positive Veränderung: gemeinsames Reflektieren nach der Stunde 5 war ok 11 das war ok<br />

heute 12 Am Anfang der Stunde kam z.B. eine kurze Erklärung, wieso diese Übung gemacht wurde, das<br />

hat bei mir einen Aha-Effekt ausgelöst.<br />

16. Evtl. Bemerkungen zu einzelnen Fragen<br />

1 die Frage nach sonstigem körperlichen Wohlbefinden fehlt. Meine Antwort wäre: ganz leichtes Schwindelgefühl<br />

aufgrund von Bewegung mit Kopfkreisen und zu flacher Atmung ((Anmerkung: diese Frage<br />

wurde dann in den folgenden Fragebogen integriert)). Zu Frage 13: «Gedanken machen» im Sinn von:<br />

Was soll das? Warum muss ich jetzt dieses oder jenes tun? 4 Seit mehreren Tagen habe ich leichte<br />

Schwindelgefühle. Ursache und Auslöser nicht genau bekannt. Es gibt einen Zusammenhang zwischen<br />

Kopfbewegungen und dem Einsetzen von Schwindelgefühlen. Zwei Stunden intensives Badmintonspielen<br />

am Vortag war ohne Probleme bzw. Schwindelgefühle möglich 6 Zu Frage 14: Eine Frage stellte sich mir:<br />

Warum in dieser komplizierten Art und Weise vom Rücken auf den Bauch drehen? 8 Vor der Bewegungsstunde<br />

habe ich zwei Stunden Badminton gespielt. 12 Die Schrittübung (Diagonale) wurde eher in meinem<br />

Tempo, mehr unter der Berücksichtigung meiner Fähigkeiten und Möglichkeiten durchgeführt, das<br />

hat Spass gemacht 14 Ich stelle immer mehr fest, dass Bewegung im genauen Takt zur Musik keinen<br />

Spass macht. Es frustet und überfordert mich. Die Diagonale an und für sich macht Spass, nur der<br />

Gleichklang zur Musik ist das Problem. 16 Zu 12: Nachdem für mich klar war, was zu tun ist, hat sich<br />

die Frage des Sinns für mich geklärt 17 Insgesamt waren die Übungen anstrengend für mich, teilweise<br />

bin ich deutlich an meine Grenzen gekommen 18 Die Diagonale ist noch immer nicht «mein Freund».<br />

20 Die Diagonale wird wohl nie mein Liebling werden.<br />

Insgesamt fällt auf, dass U.H.s Werte und Angaben recht beständig sind. Generell war die<br />

Motivation am Anfang nicht sehr hoch, doch seine Konzentration hielt trotzdem meistens<br />

bis am Schluss an. Wie Werte bei Frage 4 und Frage 5 sind komplementär (dies ist kein<br />

Zufall, U.H. hat beim Ausfüllen des Fragebogens auf Logik geachtet). Ein recht unregelmässiger<br />

Verlauf ist bei Frage 6 und 7 feststellbar. Dies hat sehr viel mit U.H. allgemeiner<br />

Verfassung zu tun (steht auch im Zusammenhang mit der Arbeitsbelastung und der Pollenallergie).<br />

Bei den Fragen 8 bis 14 antwortete U.H. mit wenigen Ausnahmen mit fast<br />

immer den gleichen Werten. Die Stunden unterlagen meines Erachtens tatsächlich nicht<br />

allzu grossen Schwankungen, wie das bei Proband S.F. der Fall war.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 47


«Fragebogen gross» von U.H.:<br />

Wie schätzen Sie sich ein auf einer Skala von 1 bis 10?<br />

(1 = gar nicht, 10 = sehr)<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

beweglich kräftig konditionell<br />

fit<br />

Koordination Rhythmusgefühl<br />

vor der 1. Stunde nach der 10. Stunde nach der 20. Stunde<br />

nach der 5. Stunde nach der 15. Stunde<br />

Auffallend bei U.H.s Selbsteinschätzung ist, dass die Werte grundsätzlich abnehmen,<br />

d.h. er schätzte sich im Laufe der 20 Stunden immer schlechter ein. Insofern erstaunt es<br />

nicht, dass U.H. immer wieder das Gefühl hatte, die Stunden zeigten im seine Grenzen auf.<br />

Dass U.H. die Werte tendenziell niedriger setzte, empfand ich als realistisch. Die Tatsache,<br />

dass die Stunden für U.H. nicht von Anfang an «von Erfolg gekrönt» waren, war für ihn<br />

keineswegs nur frustrierend, sondern spornte ihn auch dazu an, seine Grenzen weiter hinauszuschieben.<br />

Er war bereit, dem Erfolg Zeit zu lassen, sich auf einen Prozess einzulassen,<br />

der kurzfristig nicht nur positive Aspekte mit sich bringt.<br />

U.H. notierte dann auf dem letzten Fragebogen auch Verbesserungen, z.B. dass sich seine<br />

Beweglichkeit verbessert habe (obwohl er bei den Kreuzchenantworten einen niedrigeren<br />

Wert angegeben hat als am Anfang). Er schreibt den Stunden auch einen grundsätzlich<br />

positiven Effekt auf sein Körperempfinden zu, Körperempfinden im Sinn von Befindlichkeit,<br />

wie er zusätzlich notierte. Nur minime oder gar keine Veränderung stellte er in Bezug<br />

auf seine Körperwahrnehmung fest. Diesbezüglich stellte ich immer wieder grosse<br />

Abwehr fest. Beim Seitenvergleich sagte er oft, dass er natürlich einen Unterschied feststelle,<br />

so spürte er eben, dass zum Beispiel das linke Bein bereits bewegt wurde und das<br />

rechte noch nicht, er verstand aber nicht, worauf ich hinauswollte. Vergleichende Adjektive<br />

wie «schwerer», «präsenter», «wärmer», «lebendiger» etc. benutzte er nie. Dass ich ihm diesbezüglich<br />

Hilfestellung leistete, bewirkte eigentlich nichts ausser Widerstand.<br />

U.H. war der Meinung, dass die Stunden auf sein psychisches Wohlbefinden im Allgemeinen<br />

keinen Einfluss hatten. Während und nach den Stunden fühlte er sich aber oft<br />

«ausgeglichen».<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 48


Einen Einfluss der 20 Lektionen auf das Bewegungsverhalten im Alltag verneinte U.H.<br />

Ab und zu mache er nun aber einzelne kleine Übungen, z.B. beim Autofahren, v.a. für die<br />

Rücken- und Bauchmuskulatur. Meines Erachtens ist die Aufmerksamkeit gegenüber seiner<br />

Körperhaltung gestiegen. Er setzt sich auch mehr mit seiner Beweglichkeit auseinander,<br />

so probiert er immer mal wieder, wie weit er beim Rückenbeugen mit den Händen bis<br />

zum Boden kommt. Für den Arbeitsplatz hat er sich ein Sitzkissen gekauft, was er als viel<br />

angenehmer empfindet als einen normalen Stuhl. Dennoch schenkt er während dem Arbeiten<br />

seinem Körper kaum Aufmerksamkeit. Dies liegt auch an der Arbeitssituation; U.H. ist<br />

notorisch überlastet.<br />

Die im Kapitel «Bestandesaufnahme am Anfang (April 2006)» erwähnten Schmerzen beim<br />

Abrollen des Fusses sind geringer geworden. Die Schmerzen treten laut U.H. weniger oft<br />

und weniger stark auf. Worauf dies zurückzuführen ist, weiss U.H. nicht genau. Er vermutet,<br />

die Verbesserung sei eingetreten, weil er sich grundsätzlich mehr bewege, sich mehr<br />

Mühe gebe, über die Fusssohle abzurollen (statt über die Fussaussenkante), auch wenn<br />

das eben zum Teil schmerzhaft sei, und sich auch seine Fussstellung verändert habe<br />

(Zehen schauten etwas mehr nach aussen, Füsse seien nicht mehr so parallel wie vorher,<br />

meinte er. Ich kann eine solche Beobachtung nicht bestätigen).<br />

U.H. hatte keine Probleme mit der verbalen Anleitung. Dass die Bewegungsabläufe nicht<br />

vorgemacht wurden, empfand er nur ganz am Anfang etwas befremdend, spürte aber<br />

schon bald, dass er die Bewegungen (vor allem mit geschlossenen Augen) intensiver<br />

wahrnahm. Er fragte nach, wenn er etwas nicht verstand. Manche Bewegungsabläufe stufte<br />

er als sehr kompliziert ein. Da kam ich ums Vorzeigen manchmal nicht herum. Ein<br />

erschwerender Faktor waren hier sicher auch die unterschiedlichen Muttersprachen, die<br />

wir sprechen. U.H. stammt aus Hessen und versteht kaum Schweizerdeutsch. So musste<br />

ich auf Hochdeutsch umstellen, womit ich anfänglich Mühe hatte. Für gewisse PSFL-typischen<br />

Redewendungen (z.B. «mit de Bei plätschere») fand ich kaum ein deutsches Pendant.<br />

Mit der Zeit bekam ich aber Übung und es passierten weniger Missverständnisse.<br />

Die Wandlage empfand U.H. als grundsätzlich angenehm. Den Vorteil der Wandlage sah<br />

U.H. darin, dass in dieser Position andere Bewegungen gemacht werden konnten als im<br />

freien Raum. Sie war für ihn gleichzeitig Unterstützung und Einschränkung. Bewegungen<br />

im Raum empfand er grundsätzlich als angenehmer.<br />

Das Gleiche gilt für die Seitenlage. Hier empfand er als unangenehm, dass seine Atmung<br />

eingeschränkt wurde (ansonsten erwähnte er die Atmung kaum).<br />

Ich habe bereits erwähnt, dass U.H. der Diagonalen nichts abgewinnen konnte. Anfänglich<br />

(Fragebogen nach 5 Stunden) war es aber auch hier sein Ziel (wie ganz generell), die<br />

Grenzen seines Bewegungsrepertoires zu erweitern, und er sah die Diagonale noch in<br />

einem grundsätzlich positiven Licht. Im Fragebogen nach 15. Stunden antwortete er, dass<br />

die Diagonale überhaupt keinen Spass mehr mache und er sähe «keinen grossen Sinn<br />

darin, die Übungen fortzusetzen», was ich dann aber trotz des Widerstandes tat. Auch<br />

im letzten Fragebogen nach 20 Stunden «macht ihm die Diagonale einfach keinen Spass».<br />

Dies schreibe ich zum Teil auch mir zu. Ich hatte viel zu hohe Ansprüche am Anfang und<br />

überforderte U.H. mit den Schrittfolgen ziemlich. Es fiel mir schwer, langsamer vorwärts<br />

zu gehen, zum Teil aus purer Ungeduld, zum Teil auch, weil ich sah, wie viel Potenzial in<br />

U.H. steckte. Manchmal liess ich mich durch seine Widerstände provozieren. In Stunden,<br />

in denen ich die Diagonale «bombensicher» aufbaute und die Anforderungen meines<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 49


Erachtens sehr niedrig hielt, gab es denn auch Erfolgserlebnisse. Im Rückblick würde ich<br />

die Diagonale von Anfang an weniger anspruchsvoll gestalten.<br />

Der Einsatz von Musik passte U.H. grundsätzlich. Er empfand die Musik als motivierend,<br />

stimmungsaufhellend. Grosse Mühe mit Musik hatte er in der Diagonalen. Sollte er die<br />

Bewegungsabläufe an den Rhythmus der Musik anpassen, fühlte er sich regelmässig überfordert<br />

und er ärgerte sich. Er benötige seine «eigene Zeiteinteilung». Er fühlte sich eingeengt,<br />

was zu seinem generellen Frust bezüglich der Diagonalen sicher beitrug.<br />

Den Einstieg in die Stunde fand U.H. durchwegs in Ordnung, so lange es keine Diagonale<br />

war. Das Einbewegen/Aufwärmen hätte von ihm aus länger sein dürfen. Eine Aussage<br />

von ihm war aber auch, dass er «keinen besonderen Einstieg in die Stunde wahrnehme».<br />

Für ihn beginne die Stunde einfach und «die Übungen bauten sinnvoll aufeinander<br />

auf».<br />

Auf die Frage, ob er die Bewegungsabläufe allgemein als angenehm empfindet, antwortet<br />

U.H. anfangs mit nein. Es gäbe sowohl angenehme, aber auch strenge Übungen, bei<br />

denen er den «inneren Schweinehund» überwinden müsse. Ich hatte diese Antwort erwartet,<br />

da ihm die Anstrengung ja oft ins Gesicht geschrieben stand. Nichtsdestotrotz meinte<br />

er, dass ihm die Bewegungen aufgrund seines generellen Bewegungsmangels grundsätzlich<br />

gut täten. Im Laufe der 20 Stunden änderte sich seine Meinung dahin, dass die<br />

Bewegungen meistens angenehm, manchmal aber auch anstrengend wären. Das Gute an<br />

der ganzen Sache sah er vor allem darin, dass die Bewegungen sinnvoll wären und letztendlich<br />

gut täten.<br />

U.H. war der Meinung, dass die Bewegungsabläufe im Allgemeinen seinen Möglichkeiten<br />

entsprachen, ihm aber auch die Defizite aufzeigten und ihn so entsprechend forderten.<br />

Seine Schwächen sah er bei der Diagonalen, aber auch bei der Beweglichkeit und der<br />

Kraft. Seiner Meinung nach hat er bei manchen Bewegungen gute Fortschritte gemacht,<br />

aber er meinte, er sei noch ein gutes Stück davon entfernt, dass ihm «bestimmte Sachen<br />

besonders gut gelingen würden». Er würde weiterhin Grundlagenstunden PSFL besuchen<br />

und sie weiterempfehlen, auch Männern, da er die Stunden als «sinnvoll und hilfreich»<br />

erachtet.<br />

Obwohl sich U.H. gemäss des Fragebogens am Anfang am liebsten in kleinen Gruppen<br />

bewegt – Sport für ihn also auch eine starke soziale Komponente beinhaltet – fühlte er in<br />

diesen 20 Einzellektionen wohl. Es war (und ist) für ihn nicht von Bedeutung, ob und viele<br />

Männer sich in einer Gruppe befinden, und auch nicht, ob die Stunde von einem Mann<br />

oder einer Frau geleitet wird.<br />

5.3.5 Bestandesaufnahme am Ende (Dezember 2006)<br />

U.H.s linke Schulter ist immer noch ca. 1,5 cm höher als die rechte, und das linke Schlüsselbein<br />

liegt steiler als das rechte. Was schon im April 2006 so war, mir aber erst jetzt aufgefallen<br />

ist, ist, dass U.H.s linke Schulter weiter nach vorne gezogen ist als die rechte<br />

(ersichtlich auf Foto 17/18), womit der ganze Arm und auch die Hand sich weiter vorne<br />

befinden (Foto 19).<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 50


Foto 17 Foto 18<br />

Linke Schulter immer noch weiter oben und<br />

weiter vorne.<br />

Foto 21 Foto 22<br />

Verbesserte Beweglichkeit im mittleren/oberen<br />

Rücken.<br />

Foto 25<br />

Beine näher an Wand,<br />

Becken weiter unten.<br />

Foto 26<br />

Rücken Beugen mit<br />

gestreckten Knien.<br />

Foto 19<br />

Linker Arm weiter<br />

vorne.<br />

Foto 23<br />

Beweglichkeit der<br />

linken Hüfte.<br />

Foto 27<br />

Rücken Beugen mit<br />

gelösten Knien.<br />

Foto 20<br />

Beine durchgestreckt.<br />

Weniger Rücklage.<br />

Foto 24<br />

Beweglichkeit der<br />

rechten Hüfte.<br />

Foto 28<br />

Schultern hochgezogen.<br />

Was die Schuhe betrifft, so gibt es leider kein Vergleichspaar. U.H. hat sich zwar neue<br />

Schuhe gekauft, die aber noch nicht lange genug getragen, als dass sie schon abgenützt<br />

wären. Die Schmerzen beim Fussabrollen haben grundsätzlich nachgelassen (wie oben<br />

erwähnt).<br />

Im Stehen sind U.H.s Beine immer noch durchgestreckt (Foto 20). Die Rücklage<br />

scheint mir etwas weniger.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 51


Die Beweglichkeit im mittleren/oberen Rücken hat sich meines Erachtens verbessert,<br />

ersichtlich vor allem auf Foto 21 im Vergleich zur Foto 5/6. Der Oberkörper liegt eindeutig<br />

flacher auf dem Boden. Diese erweiterte Beweglichkeit im mittleren/oberen Rücken ist<br />

für U.H. deutlich spürbar; es fühle sich für ihn besser an.<br />

Der grösste Unterschied ist jedoch beim Beugen des Oberkörpers nach vorne sichtbar<br />

(Foto 26/27). Die Fotos 9 und 10 zeigen eine deutlich kleinere Beweglichkeit über den<br />

unteren Rücken. Im Allgemeinen wurde das Auf- und Abrollen der Wirbelsäule im Verlauf<br />

der 20 Stunden immer runder. Nach U.H.s Aussage ist es schon «eine Weile her», dass er<br />

in diesem Bereich so beweglich war.<br />

Diese erweiterte Beweglichkeit zeigt sich auch in der Wandlage (vgl. Foto 11 und Foto 25).<br />

U.H. kann jetzt die Beine an der Wand mehr durchstrecken als noch im April 2006, ohne<br />

dass es für ihn unangenehm wird.<br />

Der deutliche Unterschied in der Beweglichkeit der linken und rechten Hüfte (Foto<br />

23/24 bzw. Foto 15/16) ist geblieben. U.H. spürt diesen Unterschied deutlich; die Beine<br />

rechts einzuschlagen, ist für ihn recht unangenehm, und er braucht viel Kraft, um sich in<br />

dieser Position zu halten. Hüfte-/Leistenarbeit war insofern etwas problematisch, als dass<br />

sich U.H. schnell verspannte oder gar Schmerzen (v.a. in der Leistengegend) auftraten.<br />

Hier war immer wieder Vorsicht geboten.<br />

Beim Vergleich zwischen Foto 12 und Foto 28 fällt auf, dass U.H.s Arme auf der Letzteren<br />

viel mehr durchgestreckt sind, die Schultern sind weiter hochgezogen. Ich habe jeweils<br />

nur gesagt, er soll die Arme über den Kopf halten, von mehr oder weniger strecken habe<br />

ich nichts gesagt. Ebenso wenig habe ich dabei die Schultern erwähnt. Ich führe die Veränderung<br />

der Haltung auf Folgendes zurück: Während den Grundlagenstunden PSFL<br />

musste U.H. die Arme unzählige Male über den Kopf halten. Ich hatte auch immer wieder<br />

betont, U.H. solle sich beim Räkeln lang ziehen. Wie automatisch zog er meistens gleichzeitig<br />

die Schultern hoch. Der Effekt des Räkelns ist sicher, dass U.H. sich mehr streckt,<br />

gleichzeitig zieht er aber eben auch die Schultern hoch.<br />

5.3.6 Vergleich zwischen Sicht Proband U.H. und Diplomandin <strong>Ingrid</strong> <strong>Essig</strong><br />

Am Anfang war ich überrascht, wie gut U.H. seine Beweglichkeit (6), seine Koordination<br />

(8) und sein Rhythmusgefühl (8) einschätzte (siehe Seite 48). Unter Beweglichkeit<br />

verstand U.H. eher Flinkheit und Schnellkraft, unter Koordination eher Technik, denn auf<br />

diesen Gebieten ist er in verschiedenen Sportarten wirklich gut (z.B. Badminton). Was<br />

aber die Beweglichkeit seiner Wirbelsäule angeht oder die allgemeine Beweglichkeit der<br />

Gelenke und was die Arm-/Beinkoordination angeht, so sah ich doch zum Teil grosse<br />

Defizite. Bezüglich des Rhythmusgefühls nehme ich an, dass die Einschätzung vor allem auf<br />

Erfahrungen beim Tanzen in der Disco basiert. Mit der exakten Abstimmung von (sich wiederholenden)<br />

Bewegungen auf den Rhythmus hatte er zuvor kaum Erfahrungen. Wie<br />

gesagt, wurden U.H.s Einschätzungen mit der Zeit meines Erachtens realistischer.<br />

Tatsache war, dass ich U.H. bezüglich der Körperwahrnehmung nicht in sensibilisiertere<br />

Gefilde locken konnte. Die diesbezügliche Abwehr blieb bis am Schluss gross.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 52


Seine Antworten bezüglich des psychischen Wohlbefindens fielen für mich erwartungsgemäss<br />

konstant aus. Ab und zu empfand ich U.H. während den Stunden als recht<br />

aufgedreht, was er zwar selbst auch wahrnahm, er liess sich in den Fragebogen aber nicht<br />

darüber aus.<br />

Meines Erachtens sind die Auswirkungen auf U.H.s Bewegungsverhalten im Alltag<br />

grösser, als er dies selbst empfindet. Die Auswirkungen gehen in der Tat nicht in die Richtung,<br />

dass er sich nun im grossen Stil anders bewegen würde, aber durch die Auseinandersetzung<br />

mit dem Thema hat er eine grössere Aufmerksamkeit sich selbst gegenüber<br />

entwickelt und er beobachtet das Bewegungsverhalten anderer Menschen öfter und intensiver.<br />

Die verbale Anleitung auf Hochdeutsch war für mich eine ziemliche Knacknuss. U.H.<br />

empfand das jedoch nicht so; für ihn waren meine sprachlichen Schwierigkeiten eine logische<br />

Folge der unterschiedlichen Muttersprachen.<br />

U.H.s Ablehnung gegenüber der Diagonalen konnte ich schon nach Kurzem wahrnehmen.<br />

Wie gesagt, ich fühle mich diesbezüglich nicht ganz unbeteiligt. Sein Widerstand war für<br />

mich recht demotivierend und ich musste mich immer wieder dazu überwinden, die Diagonale<br />

seriös vorzubereiten und durchzuführen. Oft dachte ich auch: «Ach, lassen wir das<br />

doch.» Die Diagonale verlangte viel Hartnäckigkeit von meiner Seite.<br />

Der Einsatz von Musik war für mich eine Herausforderung. Musik zu bringen, die einer<br />

bestimmten Person passt, finde ich schwieriger, als Musik für eine Gruppe auszuwählen,<br />

denn da gibt es immer den einen oder die andere, dem/der die Musik gefällt. Offensichtlich<br />

empfand U.H. die Musik als passend, denn sein diesbezügliches Feedback war immer<br />

positiv (ausser, was die Diagonale betrifft).<br />

Den Einstieg in die Stunde gestaltete ich oft spontan. Ich hielt mich an das Thema der<br />

Stunde, ging aber gleichzeitig auf die Bedürfnisse und Stimmung von U.H. ein. Der Einstieg<br />

diente dazu, sich mit den Gedanken und dem Körper ins Hier und Jetzt zu begeben<br />

und sich auf die Konzentration einzustellen. Konzentrieren konnte sich U.H. meistens sehr<br />

gut, diesbezüglich legte U.H. viel Disziplin an den Tag (wie auch generell). Viel Ausdauer<br />

zeigte U.H. auch bei schwierigen und anstrengenden Bewegungsabläufen, zum Teil<br />

fast zu viel. Sein Streben nach Leistung konnte ich zwar verstehen, trotzdem wollte ich<br />

dagegenhalten, da die Bewegungen – bzw. die Wirkung der Bewegungen – bei grosser<br />

Anstrengung meines Erachtens weniger gut erspürt werden können. Doch dafür hatte U.H.<br />

kein Gehör. Er empfand da im Gegensatz zu mir auch kein Defizit. Ich konnte ihn in den<br />

20 Stunden nicht dazu bringen, die Möglichkeiten zu erahnen, die es noch gäbe.<br />

Ich hatte nie den Eindruck, dass U.H. sich in der Rolle des Einzelprobanden unwohl fühlte.<br />

Meinerseits sah ich mich als Frau nie in Frage gestellt, und ich fühlte mich wohl in den<br />

Stunden. U.H. brachte mir auch Bewunderung entgegen. Anfänglich genierte er sich ein<br />

wenig, doch diese Hemmungen überwand er schnell – das wäre auch in einer Gruppe so,<br />

wie aus den Fragebögen herauszulesen ist.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 53


5.3.7 Fazit<br />

Grundsätzlich sehe ich in U.H. einen geeigneten Teilnehmer für Grundlagenstunden<br />

PSFL. Laut seinen eigenen Angaben stellt er sich diese Stunden als etwas vor, bei denen<br />

er längere Zeit bleiben könnte. Die Grundlagenstunden PSFL verlangen viel Konzentration,<br />

was U.H. sehr entgegen kommt. Auch wenn U.H.s Beweglichkeit nicht dem Niveau entspricht,<br />

das ich mir fürs Training PSFL vorstelle, so sehe ich ihn doch eher dort angesiedelt,<br />

weil er da einfach mehr «powern» könnte, was ihm mehr entspricht als das Erspüren.<br />

Was die Rumpfmuskulatur betrifft, ist er eher auf Grundlagen-PSFL-Niveau; ich denke<br />

aber, dass er diesbezüglich in den Trainingsstunden schnelle und grosse Fortschritte<br />

machen würde. Bezüglich der Diagonalen wäre U.H. im Training PSFL absolut am falschen<br />

Ort – von daher wäre eine Fortführung der Grundlagen-Lektionen angezeigt, aber mit baldigem<br />

Übertritt ins Training, sobald die Diagonale einigermassen sitzen würde und die entsprechenden<br />

Aversionen abgebaut wären.<br />

Alleine würde sich U.H. nicht für einen Grundlagen-PSFL-Kurs anmelden, wohl auch<br />

nicht für einen Trainings-PSFL-Kurs. Mit jemandem zusammen ist es für ihn aber vorstellbar.<br />

Er interessiert sich grundsätzlich für konzentrative und intensive Bewegung, die<br />

gezielt Punkte angeht und bearbeitet (wie z.B. Rumpfmuskulatur, Beweglichkeit der Wirbelsäule,<br />

Lockerung des Schultergürtels). Sich bis zur Erschöpfung anstrengen, ist kein<br />

Thema für U.H. Ab und zu macht er das auch gerne (dazu spielt er auch Badminton, geht<br />

inlineskaten oder fährt Ski), aber nicht prinzipiell. Bewegung muss für ihn hauptsächlich<br />

Spass machen.<br />

Ein Punkt, wo es die Grundlagen PSFL schwer hätten bei U.H., ist die Art und Weise, wie<br />

eine PSFL-Kursleiterin mit der Verteilung von Information umgeht, d.h. wie viel die<br />

Kursteilnehmer darüber erfahren, was sie gerade wozu machen, dass sie prinzipiell nicht<br />

direkt korrigiert werden und sie kein Feedback über ihre Bewegungsmuster erhalten. Dieser<br />

Punkt hat U.H. von Anfang an gestört und er hat ihn in den Fragebögen auch wiederholt<br />

vehement kritisiert. Er fühlte sich unsicher und von der Fachfrau im Stich gelassen.<br />

Meine vorläufige Meinung diesbezüglich ist, dass man diesen Punkt flexibler gestalten sollte,<br />

will man mehr Männer in die Grundlagenstunden PSFL locken. Männer haben offenbar<br />

mehr das Bedürfnis nach Klarheit in solchen Bereichen, sie wollen ganz klar wissen, wo sie<br />

(auch leistungsmässig) stehen. U.H. betonte immer wieder, wie wichtig es für ihn wäre,<br />

von mir ein Feedback zu bekommen.<br />

5 Die Probanden/Arbeitsberichte | Seite 54


6 Vergleich der drei Probanden<br />

Wir – die Diplomandinnen – wählten Männer verschiedenen Alters für unsere Arbeit aus,<br />

um auch generationenbedingte Verhaltensweisen im Vergleich einbeziehen zu können. Der<br />

Jüngste war bei Arbeitsbeginn 31 Jahre alt; der Mittlere zählte 43 Jahre und der Älteste<br />

71 Jahre. Nebst dem unterschiedlichen Alter wiesen sie auch unterschiedliche Ausgangslagen<br />

im Bewegungsverhalten, in der Beweglichkeit, der Körperwahrnehmung, der Koordination<br />

etc. auf.<br />

Wir tauschten uns während des Verlaufes immer wieder untereinander aus und konnten<br />

bereits früh Parallelen entdecken.<br />

Bei allen drei Probanden war schon bald ersichtlich, dass Elemente mit Krafteinsatz sehr<br />

beliebt waren. Wir bauten dann auch vermehrt Trainingselemente in den Unterricht ein,<br />

obwohl U.H. und O.F. – gemäss den jeweiligen Diplomandinnen – nicht (oder noch nicht)<br />

geeignete Teilnehmer für eine Trainingsstunde wären. An der Kraft läge es bestimmt bei<br />

beiden nicht oder dann nur teilweise (Rumpfmuskulatur bei U.H.). Zum einen aber gelingt<br />

ihnen das Erspüren der eigenen Wahrnehmung nicht sehr gut, zum andern liegt auch ein<br />

Mangel an allgemeiner Beweglichkeit vor. Für beide wäre die Diagonale mit den komplexen<br />

Schrittfolgen (Koordination, Rhythmus, Gleichgewicht) eine zu grosse Herausforderung.<br />

Die Diagonale wurde von den Probanden unterschiedlich bewertet. S.F. empfand die Musik<br />

als sehr anspornend. Er erzielte die grössten Fortschritte in der Diagonalen und sensibilisierte<br />

dabei sein Körperbewusstsein. Bei U.H. hingegen entwickelte sich eine Aversion. Vor allem<br />

koordinative Bewegungsabläufe zu einem vorgegebenen Rhythmus auszuführen, lösten bei<br />

ihm Frustrationen aus. Der Proband O.F. bewegte sich gerne zur Musik, trotz der Schwierigkeiten<br />

in Verbindung der Koordination mit dem Rhythmus bei relativ leichten Schrittfolgen.<br />

Herausforderungen waren ein grosser Ansporn für alle drei Probanden. Ein Ziel zu kennen<br />

und darauf hinzuarbeiten, weckte bei allen mehr Interesse und Verständnis für die<br />

Bewegungsabläufe oder Schrittfolgen. Bei Bewegungsabläufen, welche für sie keinen Sinn<br />

ergaben, zu einfach waren oder durch «Üben» bereits gefestigt worden waren, verloren<br />

sie schneller das Interesse. Mit höher gesteckten Zielen fühlten sie sich motivierter. Sie<br />

konnten sich dabei steigern und eine Verbesserung erzielen. Die Ziele, von denen wir hier<br />

sprechen, sind gegen aussen gerichtet z.B. Verbesserung der Koordination, Aufbau der<br />

Kraft, Beweglichkeit, etc.<br />

Den Erfahrungen über die Eigenwahrnehmung massen die Probanden im Allgemeinen<br />

nicht so viel Bedeutung zu. Zum Teil stiessen entsprechende Hinweise von Seiten der<br />

Diplomandinnen auf Ablehnung, Desinteresse, Ungeduld. Um das Erspüren zu erfahren,<br />

muss die Sicht nach innen gerichtet werden. Gerade dies aber schien den Probanden zu<br />

missfallen. Es schien ihnen unverständlich, sich auf eine in ihren Augen unvoraussehbare,<br />

innere Wirkung einzulassen. Die Probanden konnten sich dabei keine Ziele stecken.<br />

Gegenüber der Methode waren zwei der Probanden sehr kritisch eingestellt, hinterfragten<br />

die Wirkung der Bewegungen und forderten vermehrt Erklärungen dazu. Das direkte<br />

Korrigieren fehlte ihnen zum Teil. Mittels einer Wertung mit «richtig» oder «falsch» hätten<br />

sie sich besser orientieren können. Ein Proband fand die Sprache zum Teil lächerlich und<br />

6 Vergleich der drei Probanden | Seite 55


die Korrekturen als bevormundend. Wir haben uns nach wenigen Stunden darauf geeinigt,<br />

vermehrt Informationen fliessen zu lassen, was den Probanden allgemein entgegen kam.<br />

Bei zwei der Probanden zeichneten sich hohe, konstante Werte bei der Konzentration ab.<br />

Diese beiden wiesen zudem ein hohes Kontrollbedürfnis und wenig Eigenwahrnehmung<br />

auf. Der dritte Proband hingegen zeigte starke Konzentrationsschwankungen von Stunde<br />

zu Stunde. Die Stimmung und das Wohlbefinden wirkte sich auf die Konzentration aus: je<br />

tiefer der Wert der Konzentration, desto tiefer die Werte des Wohlbefindens und der Stimmung<br />

und umgekehrt. Es scheint, dass sich diese Punkte gegenseitig beeinflussten.<br />

Die Wandlage wurde nicht von allen sehr geschätzt. S.F. lehnte diese Lage bis zum Schluss<br />

ab. Er fühlte sich dabei sehr eingeengt. Auch für O.F. war diese Lage eher beengend, zusätzlich<br />

auch noch körperlich anstrengend. Die Unbeweglichkeit und die fehlende Dehnung der<br />

Gesäss- und hinteren Oberschenkelmuskulatur trugen wesentlich zu diesem Gefühl bei. U.H.<br />

hingegen empfand die Lage grundsätzlich angenehm, obwohl auch er die freie Lage im Raum<br />

bevorzugte. Der Vorteil der Wandlage lag für ihn darin, dass sie ihm ganz andere Bewegungserfahrungen<br />

ermöglichte. Sie war für ihn unterstützend, aber auch einschränkend.<br />

Die Meinungen der Probanden unterscheiden sich, wenn es sich um die Frage einer eigenen<br />

Teilnahme oder Weiterempfehlung der Grundlagenstunden PSFL handelt.<br />

Proband U.H. stellt sich die Grundlagen PSFL als etwas vor, was er über längere Zeit weiter<br />

verfolgen könnte. Er würde eine gemischte Form, d.h. Grundlagen mit Trainingselementen,<br />

oder sogar reine Trainingsstunden vorziehen.<br />

O.F. hingegen würde sich für reine Prävention nie an einem Kurs beteiligen. Für ihn steht<br />

Kraft, Spiel und Ausdauersport im Vordergrund. Für Rehabilitation könnte er sich eine Teilnahme<br />

vorstellen oder würde die Grundlagenstunden PSFL für diesen Zweck anderen Männern<br />

weiterempfehlen.<br />

Auch für S.F. stellt sich heraus, dass die Grundlagenstunden PSFL nicht seinem Bewegungsbedürfnis<br />

entsprechen. Diese ruhige, konzentrative Bewegungsart findet wenige<br />

Berührungspunkte mit seiner ungestümen Wesensart. Trotzdem könnte er aber diese<br />

Stunden gewissen Männern weiterempfehlen.<br />

Trotz der zum Teil positiven Veränderungen im körperlichen und psychischen Bereich kristallisiert<br />

sich klar heraus, dass reine Grundlagenstunden PSFL die Bedürfnisse dieser drei<br />

Probanden zu wenig abdecken. Den Anteilen der Kraft, des Spieles und der Ausdauer werden<br />

zu wenig Rechnung getragen.<br />

Eine gemischte Gruppe würde S.F. und U.H. nicht an einer Teilnahme hindern. Sie ziehen<br />

sogar diese Form einer reinen Männergruppe vor. Für O.F. ist das Gegenteil der Fall. Er zieht<br />

generell eine reine Männergruppe den gemischten Gruppen gegenüber vor.<br />

Eine Frau als Leiterin wird von allen Probanden akzeptiert. S.F. stellt sich aber von einem<br />

Mann angeleitete Stunden nüchterner vor, was ihm mehr behagen würde. An die verbale<br />

Anleitung haben sich während des Verlaufes alle gewöhnt und mit den notwendigen<br />

Anpassungen (mehr Informationen; wie bereits oben beschrieben) fanden wir eine Form,<br />

die die Probanden angenehm empfanden.<br />

Die Erfahrungen und Erkenntnisse, die wir mit den drei Probanden sammeln konnten,<br />

waren uns auch bei der Auseinandersetzung mit der Umfrage behilflich.<br />

6 Vergleich der drei Probanden | Seite 56


7 Auswertung der Umfrage<br />

Beantwortung der Teilfragestellungen<br />

In diesem Abschnitt geht es um den Vergleich der Ergebnisse aus der Arbeit mit den drei<br />

Probanden und den Antworten aus den Fragebogen der Umfrage, an der 74 Männer (in der<br />

Folge «Teilnehmer» oder «TN» genannt) teilgenommen haben.<br />

Wir gehen zuerst auf die Teilfragestellungen (siehe auch Seite 3) ein. Die Hauptfragestellung<br />

wird im nächsten Kapitel – so weit möglich – beantwortet.<br />

Mit 74 Teilnehmern wurden unsere Erwartungen an die Anzahl der ausgefüllten Fragebogen<br />

weit übertroffen. Die 74 TN stellen trotzdem nur eine verschwindend kleine Minderheit<br />

dar, die erhobenen Daten sind entsprechend mit Vorsicht zu geniessen. Dennoch<br />

haben sich einige Tendenzen abgezeichnet, die dann oft auch in der Arbeit mit den Probanden<br />

bestätigt wurden.<br />

Teilfragestellung I: Inwiefern sind die Grundlagen-PSFL-Methode selbst und die<br />

Art und Weise, wie sie vermittelt wird, für Männer geeignet?<br />

Gemäss Umfrage passen die Bewegungsinteressen der meisten Teilnehmer nicht zu den<br />

Grundlagen PSFL. Die meisten bewegen sich am liebsten in der Natur und sie treiben gerne<br />

Ausdauersportarten. Wichtig scheinen auch der spielerische und der kräftigende Aspekt<br />

der Bewegung zu sein. Konzentrative Bewegung ist bei den wenigsten angesagt. Auch die<br />

Rahmenbedingung «in der Gruppe, aber individuell» ist nicht sehr beliebt. Bezüglich den<br />

Grundlagen PSFL weniger wichtig, aber dennoch interessant ist, dass sich eine Mehrheit<br />

der TN lieber ohne Musik bewegt (je älter die Teilnehmer, umso eher fühlen sie sich von<br />

der Musik gestört). In Frage käme für viele allenfalls das Training PSFL, da dies vor allem<br />

dem kräftigenden Aspekt entgegenkommt.<br />

Auch unsere drei Probanden sehen in den Grundlagen PSFL nicht die bevorzugte Bewegungsart.<br />

Als ergänzende und ihrer Ansicht nach unter gewissen Umständen sehr sinnvolle<br />

körperliche Betätigung (Rehabilitation, Ausgleich zu Sport, Spannungsausgleich) käme<br />

sie aber in Frage.<br />

Auf welche Art bewegen Sie sich gerne?<br />

Grafik 1<br />

Wo und wie bewegen Sie sich gerne?<br />

(n=Anzahl Nennungen)<br />

in der Natur<br />

ausdauernd<br />

alleine<br />

in der Gruppe<br />

kräftigend<br />

spielerisch<br />

ohne Musik<br />

in der Halle<br />

entspannend<br />

mit Musik<br />

im Wettkampf<br />

konzentrativ<br />

in der Gruppe, aber individuell<br />

tänzerisch<br />

Kampfsport<br />

im Wasser<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75<br />

7 Auswertung der Umfrage/Beantwortung der Teilfragestellungen | Seite 57


Die Hauptmotivation für Bewegung der TN ist Spass. Als Zweites folgt Gesundheit und<br />

als Drittes Ausgleich zum Berufsalltag, Entspannung. Letztere kommen den Grundlagen<br />

PSFL sehr entgegen. Ein Ansatzpunkt bezüglich «Zielpublikum Männer» wäre hier, die<br />

Männer vermehrt darauf anzusprechen, mit welchen Zielen sie PSFL-Grundlagen-Stunden<br />

besuchen würden, und weniger darauf, wo ihre Interessen bezüglich Bewegung im<br />

Moment liegen. Wir denken, dass hier mit klar formulierten Fakten bezüglich der gesundheits-<br />

und entspannungsfördernden Eigenschaften der Grundlagen PSFL der eine oder<br />

andere zu begeistern wäre.<br />

Grafik 2<br />

Die Umfrage ergab, dass die überwiegende Mehrheit der Männer die Bewegungen vorgezeigt<br />

haben will. Die Konzentration auf sich selbst ist trotzdem den meisten wichtig<br />

(Grafik 4). Die überwiegende Mehrheit der TN möchte aber nicht einfach rein verbal<br />

angeleitet werden (auch wenn dies die Konzentration auf sich selbst ja fördert), sondern<br />

die Bewegung vorgezeigt bekommen (Grafik 3). Bei den Probanden gab es diesbezüglich<br />

ein etwas anderes Bild: nach einer gewissen «Angewöhnungszeit» stiess sich keiner der<br />

Drei mehr entscheidend an der verbalen Anleitung ohne Vorzeigen (ausser bei komplizierteren<br />

Bewegungsabläufen, hier ist Kompromissbereitschaft von Seiten der PSFL-Kursleiterin<br />

gefragt, mindestens in einer Anfangsphase). Dieser Unterschied mag darauf beruhen,<br />

dass die TN bei der Umfrage ein zu wenig genaues Bild davon erhalten haben, was «verbale<br />

Anleitung» denn genau heisst, im Gegensatz zu den Probanden, die diese ja selbst<br />

miterlebt haben. Wir lernen daraus, dass das verbale Anleiten besser erklärt und mehr in<br />

Zusammenhang mit der Eigenkonzentration gebracht werden sollte.<br />

Grafik 3 Grafik 4<br />

Möchten Sie lieber verbal angeleitet werden<br />

oder dass Ihnen die Bewegungen vorgezeigt<br />

werden?<br />

(n=Anzahl Nennungen)<br />

n verbal<br />

vorgezeigt<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75<br />

Aus welchem Grund bewegen Sie sich in<br />

der Freizeit? Was ist Ihre Hauptmotivation?<br />

(n=Anzahl Nennungen)<br />

Zeitvertreib<br />

ästhetische Gründe<br />

Naturerlebnis<br />

Kameradschaft<br />

Spass<br />

Gesundheit<br />

Ausgleich, Entspannung<br />

Fortbewegung im Alltag<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75<br />

Möchten Sie sich während der Bewegung auf<br />

sich selber konzentrieren können?<br />

(n=Anzahl Nennungen)<br />

nein, unwichtig<br />

ja, wichtig<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75<br />

7 Auswertung der Umfrage/Beantwortung der Teilfragestellungen | Seite 58


Teilfragestellung II: Falls die Methode geeignet ist, wieso sind die Männer trotzdem<br />

eindeutig in der Minderzahl?<br />

Bei der Umfrage gaben 36 TN an, die Beschreibung der Grundlagen PSFL spreche sie an,<br />

und auffälligerweise genau auch 36 TN sagten, sie spreche sie nicht an. Die Gründe für<br />

das Ja/Nein sind in den unten stehenden Grafiken ersichtlich. Bemerkenswert ist, dass alle<br />

TN, die bereits Erfahrungen mit sanften Bewegungsformen gemacht haben (9 TN), sich<br />

auch von den Grundlagen PSFL angesprochen fühlen. Von diesen 9 TN hat nur einer eine<br />

körperliche Einschränkung. Es ist also anscheinend nicht so, dass Männer erst dann<br />

sanftere Bewegungsarten betreiben, wenn körperliche Einschränkungen vorhanden sind.<br />

Von den 74 TN haben insgesamt 12 eine körperliche Einschränkung, von denen wiederum<br />

sprechen 9, also drei Viertel dieser Gruppe, auf die Grundlagen PSFL an. Dies zeigt, dass<br />

Männer mit körperlichen Einschränkungen (die aber nicht schon Erfahrungen gemacht<br />

haben mit sanften Bewegungsformen) den Grundlagen PSFL gegenüber grundsätzlich<br />

offener eingestellt sind als die völlig gesunden (eher sportorientierten). Von den TN, die<br />

gerne konzentrativ arbeiten (13), fühlen sich 10 von den Grundlagen PSFL angesprochen.<br />

Unter den 5 Kampfsportlern zeigen auffälligerweise 4 Interesse für die Grundlagen PSFL.<br />

Grafik 5a<br />

Grafik 5b<br />

Spricht Sie die Beschreibung der Grundlagen<br />

PSFL an? Aus welchen Gründen ja? (36 x ja)<br />

(n=Anzahl Nennungen)<br />

Neugier, neue Bewegungsart kennen lernen<br />

Spannungsregulation, Entspannung, inneres Gleichgewicht<br />

Körperwahrnehmung stärken<br />

Beweglichkeit fördern<br />

Einheit von Körper, Geist und Seele<br />

Stressabbau<br />

Schmerzen reduzieren<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75<br />

Spricht Sie die Beschreibung der Grundlagen<br />

PSFL an? Aus welchen Gründen nicht? (36 x nein)<br />

(n=Anzahl Nennungen)<br />

andere Bedürfnisse beim Sport (schwitzen, Ausdauer, Spass)<br />

kein Interesse, kein Bedürfnis<br />

zu steril, langweilig, technisch, intellektuell<br />

keine Zeit<br />

weiss nicht; kann mir nichts darunter vorstellen<br />

Zweifel an Effizienz<br />

zu esoterisch, psychologisch, persönlich<br />

kenne eigenen Körper genug<br />

persönlicher Ausdruck soll nicht von Experten verändert werden<br />

Angst vor «Loslassen»<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75<br />

7 Auswertung der Umfrage/Beantwortung der Teilfragestellungen | Seite 59


Verbindung von Grafik 1 und Grafiken 5a/b:<br />

Interessant ist, dass sich zwar die Hälfte der TN von den Grundlagen PSFL angesprochen<br />

fühlen, diese sich aber dennoch mehrheitlich auf andere Art bewegen (nur 9 TN haben<br />

Erfahrung mit sanften Bewegungsarten). Die Bewegungsformen in Grafik 1, die den<br />

Grundlagen PSFL am meisten entsprechen (konzentrativ, in der Gruppe, aber individuell,<br />

tänzerisch), werden am wenigsten genannt, wenn es um die bevorzugte(n) Bewegungsart(en)<br />

geht. Daraus lässt sich folgenden Schluss ziehen: Das Interesse wäre zum Teil vorhanden<br />

(vgl. Grafik 5a), es scheint aber andere Hinderungsfaktoren zu geben, einen Kurs<br />

zu besuchen, bei dem nicht männertypische Bewegungsarten gelehrt bzw. gelernt werden.<br />

Die Grundlagen PSFL kommen den Bewegungsbedürfnissen vieler Männer nicht nach.<br />

Männer schwitzen gerne, trainieren ihre Ausdauer, wollen Spass beim Sport, Spannung,<br />

Spiel und Wettkampf. Die Grundlagen PSFL können zudem kein Naturerlebnis bieten. Die<br />

TN der Umfrage zweifeln an der Effizienz der Methode und/oder können sich nichts Konkretes<br />

vorstellen (vgl. Grafik 5b) oder haben schlicht kein Interesse. Siehe dazu auch Teilfragestellung<br />

V/Grafik 9 weiter unten.<br />

Unsere Probanden geben diesbezüglich ein ähnliches Bild. U.H. interessiert sich für sanfte<br />

Bewegungsarten, praktiziert sie sonst aber nicht. O.F. ist sanften Bewegungsarten gegenüber<br />

eher skeptisch eingestellt, praktiziert hat er noch nie etwas in diese Richtung. S.F.<br />

findet die Grundlagen PSFL prinzipiell gut, er ist trotzdem skeptisch eingestellt, da er<br />

meint, dass Kurse in dieser Richtung oft einen esoterischen, sektiererischen Touch hätten.<br />

An der Zusammenstellung der Gruppen und an der Kursleiterin liegt es jedenfalls nicht,<br />

wie die folgenden Grafiken zeigen. Diese geben Auskunft zur<br />

Teilfragestellung III: Welche Art von Gruppen wären besonders geeignet für<br />

Männer (nur Männer, Männer/Frauen gemischt, Einzelstunden)? und<br />

Teilfragestellung IV: Ist es ein Hindernis für Männer, wenn Frauen anleiten?<br />

Grafik 6 Grafik 7<br />

Möchten Sie beim Erlernen einer neuen<br />

Bewegungsart/-form lieber von einem Mann<br />

oder einer Frau angeleitet werden?<br />

(n=Anzahl Nennungen)<br />

Mann<br />

Grafik 8<br />

Frau<br />

Empfänden Sie es als störend, nebst vielen<br />

Frauen der einzige Mann in einer Bewegungsgruppe<br />

zu sein? (n=Anzahl Nennungen)<br />

ja<br />

nein<br />

egal<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75<br />

In welchem sozialen Umfeld betätigen Sie<br />

sich körperlich am liebsten?<br />

(n=Anzahl Nennungen)<br />

egal<br />

Männergruppe<br />

gemischte Gruppe<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75<br />

7 Auswertung der Umfrage/Beantwortung der Teilfragestellungen | Seite 60


Teilfragestellung V: Beruht die kleine Anzahl Männer, die sich auf die Grundlagen<br />

PSFL einlassen, auf grundsätzlichen Vorurteilen gegenüber sanften Bewegungsformen<br />

(Gymnastik, Yoga, Tanz usw. ist Frauensache, o.ä.), oder haben Männer<br />

wirklich keine Freude an dieser Art von Bewegung?<br />

Dies beruht zum Teil tatsächlich auf Vorurteilen bzw. Interesselosigkeit (vgl. auch Grafik<br />

5b). Männer, die sanfte Bewegungsformen gewohnt sind, interessieren sich auch für die<br />

Grundlagen PSFL. Dies lässt auf eine generell offene Haltung gegenüber sanften Bewegungsarten<br />

schliessen. Grundsätzlich können die Grundlagen PSFL keinen Ersatz für Sport<br />

bieten, das scheint in den Augen vieler Männer ein Manko zu sein. Als Ausgleich zum (oft<br />

sehr belasteten) Arbeitsalltag suchen sich Männer eher Bewegungsformen aus, bei denen<br />

sie sich austoben können. Als Zusatz kämen die Grundlagen PSFL aber trotzdem für einige<br />

in Frage. Potenzielle Kursteilnehmer sehen wir deshalb bei Männern, die (auch wenn<br />

sie sonst Sport treiben) aus vorwiegend gesundheitlichen Gründen (Rückenschulung,<br />

Reha, Spannungsausgleich u.ä.) Möglichkeiten zur körperlichen Aktivität suchen. Mehr<br />

dazu im nächsten Kapitel.<br />

Hier soll noch erwähnt werden, dass sich von den 74 TN erfreulicherweise nur 3 grundsätzlich<br />

nicht gerne bewegen.<br />

Grafik 9<br />

Was denken Sie über sanfte Bewegungsformen<br />

wie die Grundlagen PSFL, Gymnastik,<br />

Yoga oder Ähnliches? (n=Anzahl Nennungen)<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75<br />

kenne ich nicht kenne ich<br />

interessiert mich nicht<br />

interessiert mich<br />

Teilfragestellung VI: Inwiefern könnte die Methode – falls nötig – den Bedürfnissen<br />

der Männer angepasst werden?<br />

Teilfragestellung VII: Was müsste getan werden, damit die Grundlagen PSFL<br />

auch bei den Männern Fuss fassen und damit ein grosser Markt erschlossen werden<br />

kann?<br />

Bei allen unseren Probanden haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich die Stunden für<br />

sie grundsätzlich umso attraktiver gestalteten, je mehr Trainingselemente darin enthalten<br />

waren. Da sich viele Männer sowieso gerne mit körperlichem Einsatz bewegen, wäre es<br />

also angezeigt, die Männer vor allem für Trainingsstunden zu mobilisieren. Männer wollen<br />

(müssen?) leisten. Guggenbühl hat diese Verhaltensweise intensiv untersucht (siehe Kapitel<br />

«Gibt es ein typisch männliches Verhalten?») und ist der Meinung, dass sich Männer<br />

naturgemäss mehr gegen aussen orientieren, und dies auch tun müssen, um ihrem Leben<br />

gerecht zu werden. Diese Aussagen bestätigen unsere Erfahrungen im Rahmen der<br />

Diplomarbeit. Die Männer wollen Spass, Zerstreuung und abschalten können beim Bewegen.<br />

Und sie wollen Informationen darüber, was sie tun. Dies zeigte sich bei der Arbeit mit<br />

den Probanden immer wieder, und auch die Resultate der Umfrage zeigen in diese Richtung.<br />

«Männerfreundliche Grundlagen PSFL» müssten sich diesen Tatsachen anpassen.<br />

7 Auswertung der Umfrage/Beantwortung der Teilfragestellungen | Seite 61


Das heisst im Klartext: die Männer mit schwierigen Aufgaben fordern und ihre Neugier<br />

wecken, mehr Erklärungen darüber abgeben, welcher Bewegungsablauf für was gut ist,<br />

mehr anspornen/loben etc.<br />

Männer scheint es verstärkt zu verunsichern, wenn sie nicht genau wissen, woran sie sind.<br />

Vielleicht herrscht auch eine Angst davor, auf sich selbst zurückgeworfen zu werden. Dies<br />

kommt in der Grafik 5b (weiter oben) zum Ausdruck («zu esoterisch, psychologisch, persönlich»,<br />

«kenne eigenen Körper genug», «Angst vor Loslassen».). Zwei von uns drei<br />

Diplomandinnen haben mit ihren Probanden die Erfahrung gemacht, dass Bestätigung von<br />

Seiten der Diplomandin sehr wichtig war. Die Probanden wollten wissen, ob sie «es richtig<br />

machten oder nicht». Unsere Erfahrung war, dass die Freude an der Sache stieg, als wir<br />

begannen, mehr Stellung zu dem zu nehmen, was die Probanden taten, und mehr Informationen<br />

darüber zu geben, was wofür gut oder schädlich ist, ob es dem Stressabbau hilft,<br />

die Muskulatur kräftigt, die Beweglichkeit oder die Durchblutung fördert etc.<br />

7 Auswertung der Umfrage/Beantwortung der Teilfragestellungen | Seite 62


8 Beantwortung der Hauptfragestellung – Fazit<br />

Wieso sind in den Grundlagenstunden PSFL für Laien die Männer in der klaren<br />

Minderheit?<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass manche Männer für die Grundlagen PSFL<br />

durchaus zu gewinnen wären. Für einige bräuchte es nicht einmal Anpassungen der<br />

Methode. Will man aber einen grösseren Markt erschliessen, müssten wohl die bereits<br />

erwähnten Anregungen verwirklicht werden:<br />

– Ziel am Anfang der Stunde mitteilen<br />

– Kompromissbereitschaft bezüglich verbaler Anleitung / Vorzeigen; d.h., Hinweise<br />

darauf geben, wie die Bewegung mechanisch abläuft (was wird wo wie fest bewegt?)<br />

– Auf den Sinn und Zweck der Bewegung hinweisen<br />

– Allgemein grösserer Informationsfluss von der Kursleiterin zu den Teilnehmern<br />

– Mehr Feedback von Seiten der Kursleiterin, mehr Kritik/Ansporn<br />

– Mehr Trainingselemente in die Stunden einfliessen lassen<br />

– Weniger Fokus auf Nachspüren<br />

– Raum geben für Fragen und Anregungen<br />

Eine entsprechende Präsentation der Methode in der (männlichen) Öffentlichkeit wäre<br />

gefragt.<br />

Aufgrund dieser Erkenntnisse haben wir eine Idee ausgearbeitet, wie die Grundlagenstunden<br />

PSFL für Männer gestaltet werden könnten:<br />

Ein Kurs besteht aus zwei Modulen. Das erste Modul bietet vor allem Spiel und Spass, Wettkampf,<br />

Ausdauerdisziplinen, wenn möglich draussen in der Natur. Hier können die Männer<br />

ihren Bedürfnissen nach Herausforderung, Kampf, Krafteinsatz etc. nachgehen. Dieser Teil<br />

kann auch von einem/r Fitnesstrainer/in o.ä. gestaltet werden.<br />

Das zweite Modul wäre dann eine eher klassische Grundlagenstunde PSFL für Spannungsregulation,<br />

Stressabbau, Förderung der Eigenkonzentration und -wahrnehmung, der Koordination<br />

und des Gleichgewichts, Rückenschulung (Prophylaxe und Reha) etc., angeleitet<br />

von einer PSFL-Fachfrau.<br />

Beide Module dauern ungefähr eine Stunde. Zwischen den Modulen besteht die Möglichkeit<br />

zum Duschen und etwas zu trinken. Die Männer (und auch Frauen) können sich für<br />

eines der beiden oder beide Module anmelden, immer mit der Möglichkeit, zu wechseln.<br />

Vor allem in der Garderobe entstehen so Gelegenheiten zum Austausch. Vielleicht überzeugt<br />

der eine den anderen, auch mal eine Grundlagenstunde PSFL zu besuchen, oder<br />

aber umgekehrt. Uns dünkt wichtig, dass die Männer sich untereinander austauschen –<br />

Mund-zu-Mund-Propaganda ist nun mal einfach eine gute Sache. Und Überzeugungsarbeit<br />

unter Männern gestaltet sich wohl einfacher als von Frau zu Mann. Ein solches Modulkonzept<br />

schafft die Möglichkeit, dass sich Männer aus verschiedenen Bewegungsbereichen<br />

kennen lernen und gegenseitig voneinander profitieren können. Wir sehen darin eine Möglichkeit,<br />

dass mehr Männer Grundlagenstunden PSFL besuchen würden.<br />

8 Beantwortung der Hauptfragestellung – Fazit | Seite 63


9 Quellenangaben<br />

Guggenbühl, Allan (1994), Männer, Mythen, Mächte. Stuttgart: Kreuz-Verlag<br />

Gehirn & Geist (Nr. 5/2003), Frau und Mann – der grosse Unterschied, Teil I. S. 50–56.<br />

Heidelberg: Verlag Spektrum der Wissenschaft<br />

Gehirn & Geist (Nr. 6/2003), Frau und Mann – der grosse Unterschied, Teil II. S. 56–61.<br />

Heidelberg: Verlag Spektrum der Wissenschaft<br />

Die Weltwoche (Nr. 41/2006), Die Metaphysik der Frau. S. 42–47.<br />

Zürich: Verlag Jean Frey AG<br />

9 Quellenangaben | Seite 64


Herzlichen Dank<br />

Wir möchten im Besonderen unseren drei Probanden danken, die mit mehrheitlich viel<br />

Ausdauer, zum Teil schwankender Motivation, aber nie verzagend, sich für unsere Diplomarbeit<br />

zur Verfügung gestellt haben. Wir waren drei gute Teams und die Arbeit war für uns<br />

alle auf mehreren Ebenen lehrreich.<br />

Einen herzlichen Dank geht an alle Teilnehmer der Umfrage. Sie waren bereit, etwas von<br />

sich mitzuteilen, womit sie uns in unserer Arbeit entscheidend unterstützten (auch wenn<br />

die Auswertung der Umfrage einige Tücken für uns bereithielt).<br />

Herzlichen Dank auch an unsere Schulleiterin Carmen Pittini, die uns mit Rat, Unterstützung<br />

und viel Begeisterung bei der Realisierung dieser Diplomarbeit zur Seite stand.<br />

Und wir drei Diplomandinnen danken uns untereinander für die gegenseitige Motivierung<br />

und Unterstützung, die Begeisterung für die Sache, das Durchhaltevermögen, den intensiven<br />

Austausch, die Ernsthaftigkeit und den Humor, die super gut funktionierende Teamarbeit,<br />

die Herzlichkeit und nicht zuletzt für die Knochenarbeit, die halt eben auch geleistet<br />

werden musste.<br />

Herzlichen Dank | Seite 65


Anhang<br />

Mustervorlagen der Fragebogen:<br />

Bestandesaufnahme Ausgangslage (von C. Pittini, <strong>Heiligberg</strong> <strong>Institut</strong>)<br />

Bestandesaufnahme am Ende (von C. Pittini, <strong>Heiligberg</strong> <strong>Institut</strong>)<br />

Fragebogen klein *<br />

Fragebogen gross am Anfang *<br />

Fragebogen gross nach 5 Stunden *<br />

Fragebogen gross nach 10 Stunden *<br />

Fragebogen gross nach 15 Stunden *<br />

Fragebogen gross zum Abschluss *<br />

Beobachtungsblatt für Diplomandin *<br />

Fragebogen zum Bewegungsverhalten des Mannes (Umfrage) *<br />

* Diese Fragebogen wurden von uns drei Diplomandinnen getextet und gestaltet.<br />

Anhang | Seite 66


Anhang | Seite 67


Anhang | Seite 68


Anhang | Seite 69


Anhang | Seite 70


Anhang | Seite 71


Anhang | Seite 72


Anhang | Seite 73


Anhang | Seite 74


Anhang | Seite 75


Anhang | Seite 76


Anhang | Seite 77


Anhang | Seite 78


Anhang | Seite 79


Anhang | Seite 80


Anhang | Seite 81


Anhang | Seite 82


Anhang | Seite 83


Anhang | Seite 84


Anhang | Seite 85


Anhang | Seite 86


Anhang | Seite 87


Anhang | Seite 88


Anhang | Seite 89


Anhang | Seite 90


Anhang | Seite 91


Anhang | Seite 92


Anhang | Seite 93


Anhang | Seite 94


Anhang | Seite 95


Anhang | Seite 96


Anhang | Seite 97


Anhang | Seite 98

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!