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Symptomatische Therapie in der Finalphase

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Symptome, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> F<strong>in</strong>alphase<br />

häufig auftreten, s<strong>in</strong>d:<br />

’ Schmerzen<br />

’ Angst, Unruhe und Agitation<br />

’ Verwirrtheit, Halluz<strong>in</strong>ationen<br />

’ Dyspnoe<br />

’ „Death Rattle“<br />

’ Durst und Mundtrockenheit<br />

rungen, Bettlägerigkeit, Schwierigkeiten<br />

bei <strong>der</strong> Medikamentene<strong>in</strong>nahme, Angst<br />

vor dem Sterben und dem Tod sowie vor<br />

dem Verlust <strong>der</strong> körperlichen und geistigen<br />

Integrität bed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong>.<br />

In e<strong>in</strong>er Untersuchung von Nauck<br />

et al. war bei knapp <strong>der</strong> Hälfte aller Patienten,<br />

die auf <strong>der</strong> Palliativstation des<br />

Malteser Krankenhauses <strong>in</strong> Bonn starben,<br />

ke<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Analgetikadosis<br />

notwendig. Bei etwa e<strong>in</strong>em Drittel <strong>der</strong><br />

Patienten bestand die Indikation zur Erhöhung<br />

<strong>der</strong> Analgetikadosis. Bei 24% <strong>der</strong><br />

Patienten war es erfor<strong>der</strong>lich, die Dosis<br />

<strong>der</strong> Schmerzmedikation zu reduzieren.<br />

Bei 44% <strong>der</strong> Patienten war bis zu ihrem<br />

Tod e<strong>in</strong>e orale Applikation <strong>der</strong> Analgetika<br />

möglich. Die meisten an<strong>der</strong>en Patienten<br />

erhielten die für die Symptomkontrolle<br />

notwendigen Substanzen subkutan<br />

(36%) o<strong>der</strong> <strong>in</strong>travenös (14%) [Nauck<br />

et al. 2000].<br />

Die Umstellung von oraler auf subkutane<br />

bzw. <strong>in</strong>travenöse Gabe erfolgt<br />

entsprechend ihrer Äquivalenz, bei Morph<strong>in</strong><br />

z.B. im Verhältnis 2:1 bzw. 3:1. Das<br />

heißt 120 mg retardiertes Morph<strong>in</strong> pro<br />

Tag, oral appliziert, entsprechen 60 mg<br />

bei subkutaner bzw. 40 mg bei <strong>in</strong>travenöser<br />

Gabe. Bei subkutaner Applikation<br />

geben die Autoren diese 60 mg <strong>in</strong> 10-mg-<br />

Dosierungen alle vier Stunden über e<strong>in</strong>e<br />

Butterfly-Nadel. Rund 90% <strong>der</strong> Tumorpatienten<br />

benötigen <strong>in</strong> <strong>der</strong> F<strong>in</strong>alphase<br />

starke Opioide [Klaschik 2003].<br />

Analgetika sollten auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> F<strong>in</strong>alphase<br />

nach e<strong>in</strong>em festen Zeitschema<br />

gegeben werden. Die Anpassung <strong>der</strong><br />

<strong>Therapie</strong> erfolgt gemäß e<strong>in</strong>er sorgfältigen<br />

und regelmäßigen Überwachung; <strong>in</strong><br />

jedem Fall muss e<strong>in</strong>e Bedarfsmedikation<br />

zur Verfügung stehen. Nur so haben die<br />

betreuenden Personen die Möglichkeit,<br />

die Medikation situations- und zeitgerecht<br />

<strong>der</strong> Dynamik <strong>der</strong> Sterbephase des<br />

62<br />

Fortbildung Supportivtherapie<br />

Patienten anzupassen, um e<strong>in</strong>e optimale<br />

Schmerzreduktion bis h<strong>in</strong> zur Schmerzfreiheit<br />

des Sterbenden zu gewährleisten.<br />

Angst, Unruhe, Halluz<strong>in</strong>ationen<br />

Die wichtigsten Voraussetzungen, um <strong>der</strong><br />

Angst und Unruhe sterben<strong>der</strong> Menschen<br />

begegnen zu können, s<strong>in</strong>d von Wissen<br />

geprägte Fürsorge, Mitmenschlichkeit<br />

und für den Sterbenden da zu se<strong>in</strong>. Natürlich<br />

ist auch Fachwissen notwendig,<br />

um zu differenzieren, ob z.B. Schmerzen,<br />

Dyspnoe o<strong>der</strong> gastro<strong>in</strong>test<strong>in</strong>ale Probleme<br />

die Ursache von Angst und Unruhe<br />

s<strong>in</strong>d. Dann steht die Behandlung dieser<br />

Symptome im Vor<strong>der</strong>grund [Back 1992;<br />

Klaschik 2003; Coyle 1996].<br />

Ist e<strong>in</strong>e medikamentöse <strong>Therapie</strong><br />

notwendig, so verwenden die Autoren<br />

’ bei motorischer Unruhe Flunitrazepam<br />

0,5 mg alle vier Stunden subkutan<br />

’ zur Anxiolyse Lorazepam 1–2 mg bukkal<br />

’ bei Halluz<strong>in</strong>ationen Haloperidol<br />

4–8 mg p.o., subkutan o<strong>der</strong> <strong>in</strong>travenös<br />

alle acht Stunden<br />

’ bei ausgeprägter term<strong>in</strong>aler Agitation<br />

– gesteigerter motorischer Unruhe und<br />

mentaler Bee<strong>in</strong>trächtigung – als Ultima<br />

Ratio Levomepromaz<strong>in</strong> 5–20 mg<br />

p.o. bzw. subkutan alle sechs bis acht<br />

Stunden.<br />

Dyspnoe<br />

Dyspnoe ist das subjektive Symptom <strong>der</strong><br />

Atemnot (Lufthunger), dessen Ausmaß<br />

nur <strong>der</strong> Patient selbst benennen kann.<br />

Dyspnoe ist – wie <strong>der</strong> Schmerz – e<strong>in</strong><br />

duales Phänomen, nämlich zum e<strong>in</strong>em<br />

die Wahrnehmung <strong>der</strong> Atemnot und<br />

zum an<strong>der</strong>en die Reaktion des Patienten<br />

auf die Atemnot. Sie wird wie kaum<br />

e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Symptom vom Patienten als<br />

lebensbedrohlich empfunden. Angst,<br />

Unruhe und Panik s<strong>in</strong>d häufig Folgen<br />

e<strong>in</strong>er Dyspnoe.<br />

Ob e<strong>in</strong>e obstruktive o<strong>der</strong> restriktive<br />

Ventilationsstörung vorliegt, sollte festgestellt<br />

werden, ohne den Patienten zu<br />

belasten. In <strong>der</strong> Regel reicht es aus, die<br />

Diagnose aufgrund von Anamnese und<br />

kl<strong>in</strong>ischer Untersuchung zu stellen.<br />

Während <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rehabilitationsphase<br />

neben medikamentösen Maßnahmen<br />

auch Strahlentherapie, <strong>in</strong>terventionelle<br />

Radiologie, Laser- und Kryotherapie<br />

Foto: PhotoDisc<br />

In <strong>der</strong> F<strong>in</strong>alphase können viele<br />

Medikamente abgesetzt werden. EIne<br />

ausreichende Symptomkontrolle muss<br />

aber immer gewährleistet bleiben.<br />

o<strong>der</strong> Punktionen von Pleuraergüssen<br />

und Aszites als therapeutische Konsequenz<br />

<strong>in</strong> Erwägung zu ziehen s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d<br />

diese <strong>in</strong>terventionellen <strong>Therapie</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

F<strong>in</strong>alphase nicht mehr <strong>in</strong>diziert. Hier<br />

zielen die palliativmediz<strong>in</strong>ischen Strategien<br />

auf die Abnahme <strong>der</strong> Atemarbeit,<br />

auf die Bee<strong>in</strong>flussung <strong>der</strong> Wahrnehmung<br />

<strong>der</strong> Atemnot sowie <strong>der</strong> Reaktion auf diese<br />

ab [Klaschik 2003; Ahmedzai 1993;<br />

Heyse-Moore et al. 1991].<br />

Die Begleitung von Patienten mit<br />

Atemnot erfor<strong>der</strong>t kompetente Helfer,<br />

die Ruhe ausstrahlen und Erfahrung im<br />

Umgang mit dem Symptom und den<br />

Reaktionen <strong>der</strong> Patienten besitzen. Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em großen Zimmer,<br />

Öffnen des Fensters, frische Luft durch<br />

e<strong>in</strong>en Ventilator, Oberkörperhochlagerung<br />

und Befreien des Patienten von<br />

beengen<strong>der</strong> Kleidung s<strong>in</strong>d wesentliche<br />

Basismaßnahmen.<br />

Während Bronchodilatatoren (Theophyll<strong>in</strong>,<br />

Betamimetika) bei obstruktiven<br />

Ventilationsstörungen von großem<br />

Wert s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d Sekretolytika nur dann<br />

<strong>in</strong>diziert, wenn die Patienten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage<br />

s<strong>in</strong>d, abzuhusten. Dies ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> F<strong>in</strong>alphase<br />

nur selten <strong>der</strong> Fall. Deswegen ist<br />

bei sterbenden Menschen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />

e<strong>in</strong>e Sekrethemmung durch Applikation<br />

von Parasympatholytika <strong>in</strong>diziert (siehe<br />

unter „Death Rattle“).<br />

Im Focus Onkologie 7–8 | 2006

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