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Wege aus der Schuldenfalle : Überschuldung privater Haushalte ...

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HILDE MATTHEIS WEGE AUS DER SCHULDENFALLE<br />

1. Einführung<br />

Die Schere <strong>der</strong> Einkommens- und Vermögensverteilung<br />

ist in den letzten Jahren unübersehbar <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>gegangen,<br />

darauf verweisen auch die Daten,<br />

die dem 3. Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung1<br />

zugrunde liegen.<br />

Ein bezeichnen<strong>der</strong> Indikator für dieses Auseinan<strong>der</strong>driften<br />

ist die hohe Zahl überschuldeter H<strong>aus</strong>halte.<br />

Mehr als 3,1 Millionen H<strong>aus</strong>halte in Deutschland<br />

waren im Jahr 2006 überschuldet. 2 Das ist je<strong>der</strong><br />

zwölfte H<strong>aus</strong>halt in Deutschland.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> gelten eine halbe Million H<strong>aus</strong>halte<br />

als hochgradig überschuldungsgefährdet. Ihr<br />

Monatsbudget reicht gerade noch, um ihren wie<strong>der</strong>kehrenden<br />

Zahlungspfl ichten nachzukommen. Bereits<br />

geringe Zusatzkosten wie etwa die Reparatur <strong>der</strong><br />

Waschmaschine o<strong>der</strong> steigende Energiepreise können<br />

den fi nanziellen Kollaps <strong>aus</strong>lösen. In solchen<br />

Situationen können leichtfertige Kreditvergaben<br />

und dubiose Geschäftspraktiken wie beispielsweise<br />

elektronische Verträge das Tor zur <strong>Überschuldung</strong><br />

aufstoßen.<br />

Auslöser sind aber oft unvorhersehbare Ereignisse<br />

wie Arbeitslosigkeit, Krankheit und Scheidung,<br />

die Akademiker, Arbeiter und Arbeitslose gleichermaßen<br />

treffen können. Das Risiko <strong>der</strong> <strong>Überschuldung</strong><br />

ist mehr denn je zum konkreten Risiko für<br />

breite Bevölkerungsschichten geworden. Die unabsehbaren<br />

Auswirkungen <strong>der</strong> immer noch aktuellen<br />

Immobilienkrise in den USA sind nur ein Beispiel.<br />

Beson<strong>der</strong>s hoch ist das Risiko von alleinerziehenden<br />

Müttern und Vätern, in die <strong>Schuldenfalle</strong><br />

zu geraten. In fast <strong>der</strong> Hälfte aller überschuldeten<br />

H<strong>aus</strong>halte leben min<strong>der</strong>jährige Kin<strong>der</strong>, die unter<br />

den Folgen des wirtschaftlichen und sozialen Abstiegs<br />

ihrer Familien beson<strong>der</strong>s zu leiden haben. Für<br />

sie gibt es keine Chancengleichheit und nur sehr<br />

eingeschränkte Wahlmöglichkeiten bezüglich gesellschaftlicher<br />

Teilhabe.<br />

Denn <strong>Überschuldung</strong> ist nicht nur ein fi nanzielles<br />

Problem. <strong>Überschuldung</strong> erfasst alle Lebensbereiche<br />

<strong>der</strong> betroffenen H<strong>aus</strong>halte. Sie wirkt sich<br />

vor allem auf die Ernährung, die Gesundheit, die Bildung<br />

und das soziale Zusammenleben <strong>aus</strong> – neben<br />

all den an<strong>der</strong>en Folgen materieller Not. Sie hat gravierende<br />

Benachteiligungen zur Folge und führt oft<br />

zu sozialer Ausgrenzung und zum Ausschluss vom<br />

gesellschaftlichen Leben.<br />

Es ist nicht hinzunehmen, dass Millionen von<br />

zahlungsunfähigen H<strong>aus</strong>halten dauerhaft vom<br />

Wirtschaftsleben <strong>aus</strong>geschlossen bleiben. Deshalb<br />

wurde 1999 das Verbraucherinsolvenzverfahren eingeführt.<br />

Es soll die Gläubigerbefriedigung bestmöglich<br />

sicherstellen und dafür sorgen, dass die überschuldeten<br />

H<strong>aus</strong>halte ihre Schuldenlast abbauen<br />

können. Durch die Stundung <strong>der</strong> Verfahrenskosten<br />

wurde erreicht, dass auch Personen mit geringem<br />

Einkommen den Weg <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Sackgasse des ewigen<br />

Schuldners fi nden können. Damit wird ihnen ein<br />

wirtschaftlicher Neuanfang ermöglicht und ein gesicherter<br />

Ausweg <strong>aus</strong> einer oft <strong>aus</strong>weglosen Situation<br />

geschaffen.<br />

Im Jahr 2007 haben 105 000 Privatpersonen einen<br />

Insolvenzantrag gestellt, um nach einer Wohlverhaltensphase<br />

Restschuldbefreiung zu erlangen.<br />

Aber trotz <strong>der</strong> vermehrten Inanspruchnahme des<br />

Verfahrens klafft eine riesige Lücke zwischen <strong>der</strong><br />

Zahl überschuldeter H<strong>aus</strong>halte und <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong>jenigen,<br />

die diesen gerichtlichen Weg <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Überschuldung</strong><br />

fi nden.<br />

Zwar scheint sich nach den neuesten Erhebungen<br />

<strong>der</strong> – vor allem in den letzten Jahren rasante<br />

– Anstieg <strong>der</strong> Zahl überschuldeter H<strong>aus</strong>halte zu ver-<br />

1 Die sogenannten Eckpunkte des 3. Armuts- und Reichtumsberichts <strong>der</strong> Bundesregierung wurden <strong>der</strong> Öffentlichkeit am 19. Mai 2008 vorgestellt.<br />

2 Zur Problematik, wie die Zahl <strong>der</strong> überschuldeten H<strong>aus</strong>halte erfasst werden kann, siehe die Anmerkungen unter Punkt 2 „Zur Forschung und<br />

Datenlage“.<br />

ARBEITSPAPIER N° 5 I 2008 5

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