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Kreisschreiben über die Auswirkungen des Ab ... - Treffpunkt-Arbeit

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Staatssekretariat für Wirtschaft<br />

Secrétariat d‘Etat à l‘économie<br />

Segretariato di Stato dell'economia<br />

State Secretariat for Economic<br />

Affairs<br />

<strong>Arbeit</strong>smarkt/<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenversicherung (TC)<br />

<strong>Kreisschreiben</strong> <strong>über</strong> <strong>die</strong><br />

<strong>Auswirkungen</strong> <strong>des</strong> <strong>Ab</strong>-<br />

kommens <strong>über</strong> den freien<br />

Personenverkehr sowie<br />

<strong>des</strong> geänderten EFTA-<strong>Ab</strong>-<br />

kommens auf <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>s-<br />

losenversicherung<br />

(KS-ALE-FPV)<br />

Dezember 2004<br />

Direktion für <strong>Arbeit</strong> / Direction du travail / Direzione del lavoro / Directorate of Labour<br />

Effingerstrasse 31, CH-3003 Bern<br />

Tel. 031 322 00 91, FAX 031 311 38 35<br />

www.seco-admin.ch, tcga@seco.admin.ch


Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Département fédéral de l’économie Dipartimento federale dell’economia<br />

2


TEIL A:<br />

DAS PERSONENVERKEHRSABKOMMEN ZWISCHEN DER<br />

EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT UND IHREN MITGLIED-<br />

STAATEN EINERSEITS UND DER SCHWEIZERISCHEN<br />

EIDGENOSSENSCHAFT ANDERERSEITS....................................5<br />

1. EINLEITUNG..........................................................................................................................6<br />

1.1 Ziele <strong>des</strong> <strong>Ab</strong>kommens......................................................................................................6<br />

1.2 Diskriminierungsverbot oder Gleichbehand-lungsgebot.......................................6<br />

1.3 Persönlicher Geltungsbereich <strong>des</strong> Personenverkehrsabkommens...................7<br />

2. FREIZÜGIGKEIT FÜR ARBEITNEHMENDE...................................................................7<br />

2.1 Inhalt <strong>des</strong> Freizügigkeitsrechts.....................................................................................7<br />

2.2 Arten von Aufenthaltsbewilligungen für EU- und EFTA-<strong>Arbeit</strong>nehmenden....10<br />

3. FREIZÜGIGKEIT FÜR NICHTERWERBSTÄTIGE .......................................................11<br />

4. ÜBERGANGSFRISTEN....................................................................................................12<br />

TEIL B:<br />

AUSWIRKUNGEN DES PERSONENVERKEHRSABKOMMENS AUF<br />

DIE ARBEITSLOSENVERSICHERUNG ........................................14<br />

1. RECHTSGRUNDLAGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS.....................................15<br />

1.1 Anzuwendende Rechtsvorschriften..........................................................................15<br />

1.2 Persönlicher Geltungsbereich der VO 1408/71 .......................................................16<br />

1.3 Örtlicher Geltungsbereich der VO 1408/71 ...............................................................17<br />

2. GRUNDSÄTZE DES GEMEINSCHAFTSRECHTS......................................................19<br />

2.1 Das Gleichbehandlungsgebot.....................................................................................19<br />

2.2 Die Festlegung der zuständigen Rechtsordnung..................................................23<br />

2.2.1 <strong>Arbeit</strong>nehmende mit Wohnsitz im Beschäftigungsstaat........................................23<br />

2.2.2 <strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> ihren Wohnsitz nicht im letzten<br />

Beschäftigungsstaat haben.......................................................................................25<br />

3


2.3 Die Zusammenrechnung von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten<br />

(Totalisierung)..................................................................................................................31<br />

2.3.1 Grundsatz....................................................................................................................31<br />

2.3.2 Besonderheit in Bezug auf das geänderte EFTA-<strong>Ab</strong>kommen im<br />

Zusammenhang mit der Totalisierung von Versicherungszeiten..........................36<br />

2.3.3 Formular E 301...........................................................................................................37<br />

2.3.4 Übergangsfristen für Personen mit Kurzaufenthaltsbewilligungen EG/EFTA......39<br />

2.4 Berechnung der Leistungen........................................................................................41<br />

2.4.1 <strong>Arbeit</strong>sverhältnisse, <strong>die</strong> vier Wochen oder länger dauern.....................................41<br />

2.4.2 <strong>Arbeit</strong>sverhältnisse, <strong>die</strong> weniger als vier Wochen dauern.....................................42<br />

2.4.3 Versicherter Ver<strong>die</strong>nst von Grenzgängern und Grenzgängerinnen......................42<br />

2.4.4 Taggeldhöhe und Zuschlag für Kinder- und Ausbildungszulagen.........................43<br />

2.4.5 Anspruchsdauer .........................................................................................................44<br />

2.5 Der Leistungsexport.......................................................................................................46<br />

2.5.1 Grundsatz....................................................................................................................46<br />

2.5.2 Ausrichtung der Leistungen während der Dauer <strong>des</strong> Leistungsexports ..............57<br />

2.5.3 Bescheinigung der Aufrechterhaltung <strong>des</strong> Anspruchs auf Leistungen<br />

wegen <strong>Arbeit</strong>slosigkeit: Formular E 303.................................................................58<br />

2.5.4 EU- oder EFTA-Staatsangehörige, <strong>die</strong> in der Schweiz <strong>Arbeit</strong> suchen................60<br />

2.5.4.1 Anmeldung bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung.................................................................60<br />

2.5.4.2 Durchführung der Kontrollvorschriften..................................................................66<br />

2.5.5 EU/EFTA-Staatsangehörige, <strong>die</strong> in einem andern EFTA- oder in<br />

einem EU-Mitgliedstaat <strong>Arbeit</strong> suchen....................................................................68<br />

2.5.5.1 <strong>Ab</strong>meldung beim RAV...........................................................................................68<br />

2.5.5.2 Einstellung der Zahlungen durch den ausländischen Träger.............................72<br />

2.5.5.3 Zwischenver<strong>die</strong>nst im Ausland .............................................................................73<br />

2.5.5.4 Beschäftigung im Ausland.....................................................................................74<br />

2.5.5.5 <strong>Arbeit</strong>sbemühungen im Ausland...........................................................................75<br />

2.5.5.6 Rückkehr der versicherten Person.......................................................................76<br />

2.5.5.7 Verweigerung <strong>des</strong> Rechts auf Leistungsexport..................................................78<br />

2.5.6 Besonderheiten <strong>des</strong> EFTA-<strong>Ab</strong>kommens im Zusammenhang<br />

mit dem Leistungsexport...........................................................................................78<br />

2.5.6.1 Leistungsexport bei EFTA-Staatsangehörigen in einen EU-Mitgliedstaat......78<br />

2.5.6.2 Ausnahme <strong>des</strong> Leistungsexports im Verhältnis Schweiz - Liechtenstein........79<br />

3. ZWEISEITIGE ABKOMMEN DER SCHWEIZ MIT IHREN NACHBARSTAATEN<br />

ÜBER DIE ARBEITSLOSENVERSICHERUNG............................................................80<br />

3.1 Die <strong>Ab</strong>kommen Schweiz – Frankreich, Schweiz – Österreich,<br />

Schweiz – Italien, Schweiz – Liechtenstein..............................................................80<br />

3.2 <strong>Ab</strong>kommen Schweiz - Deutschland...........................................................................81<br />

4


TEIL A<br />

Das Personenverkehrsabkommen zwischen der<br />

Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit-<br />

gliedstaaten einerseits und der Schweizerischen<br />

Eidgenossenschaft andererseits<br />

5


1. Einleitung<br />

1.1 Ziele <strong>des</strong> <strong>Ab</strong>kommens<br />

Das <strong>Ab</strong>kommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit-<br />

gliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft an-<br />

dererseits <strong>über</strong> <strong>die</strong> Freizügigkeit (im Folgenden: Personenverkehrsab-<br />

kommen) hat gemäss Artikel 1 folgende Ziele:<br />

a) Die Einräumung eines Rechts auf Einreise, Aufenthalt, Zugang zu einer<br />

unselbständigen Erwerbstätigkeit und Niederlassung als Selbständiger<br />

sowie <strong>des</strong> Rechts auf Verbleib im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien;<br />

b) Erleichterung der Erbringung von Dienstleistungen im Hoheitsgebiet der<br />

Vertragsparteien, insbesondere Liberalisierung kurzzeitiger<br />

Dienstleistungen;<br />

c) Einräumung eines Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Hoheitsgebiet<br />

der Vertragsparteien für Personen, <strong>die</strong> im Aufnahmestaat keine<br />

Erwerbstätigkeit ausüben;<br />

d) Einräumung der gleichen Lebens-, Beschäftigungs- und <strong>Arbeit</strong>sbedin-<br />

gungen wie für Inländer.<br />

1.2 Diskriminierungsverbot oder Gleichbehand-<br />

lungsgebot<br />

Vom Freizügigkeitsrecht können somit <strong>Arbeit</strong>nehmende, Selbständigerwer-<br />

bende und Nichterwerbstätige Gebrauch machen. Für sie gilt das in Artikel 2<br />

<strong>des</strong> Personenverkehrsabkommens statuierte Diskriminierungsverbot,<br />

wonach <strong>die</strong> Staatsangehörigen einer Vertragspartei, <strong>die</strong> sich rechtmässig<br />

im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei aufhalten, nicht auf Grund<br />

ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert werden dürfen.<br />

Bei <strong>Arbeit</strong>nehmenden bezieht sich das Recht auf Gleichbehandlung insbe-<br />

sondere auch auf den Zugang zu einer Erwerbstätigkeit, deren Ausübung<br />

sowie auf <strong>die</strong> Lebens-, Beschäftigungs- und <strong>Arbeit</strong>sbedingungen.<br />

A 1<br />

A 2<br />

6


1.3 Persönlicher Geltungsbereich <strong>des</strong><br />

Personenverkehrsabkommens<br />

Unter den persönlichen Geltungsbereich <strong>des</strong> Personenverkehrsabkommens<br />

fallen Staatsangehörige der Schweiz oder eines EU-Mitgliedstaates, <strong>die</strong><br />

zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung am 21. Juni 1999 Mitglieder der<br />

EU waren. Dazu gehören Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frank-<br />

reich, Griechenland, Grossbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Nieder-<br />

landen, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien.<br />

Nicht unter den Geltungsbereich <strong>des</strong> Personenverkehrsabkommens zwi-<br />

schen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft fallen <strong>die</strong> dem<br />

Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angeschlossenen EFTA-Staaten<br />

Island, Liechtenstein und Norwegen. Als Folge <strong>des</strong> Personenverkehrsab-<br />

kommens Schweiz – Europäische Gemeinschaft wurde jedoch das <strong>Ab</strong>-<br />

kommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelszone (EFTA) an-<br />

gepasst. Die Änderungen <strong>des</strong> EFTA-<strong>Ab</strong>kommens vom 21. Juni 2001 traten<br />

gleichzeitig mit dem Personenverkehrsabkommen Schweiz –<br />

Europäische Gemeinschaft in Kraft. Die Anpassungen <strong>des</strong> EFTA-<strong>Ab</strong>-<br />

kommens entsprechen inhaltlich den Bestimmungen <strong>des</strong> Personenver-<br />

kehrsabkommens Schweiz – Europäische Gemeinschaft. Die Ausführungen<br />

in Teil A <strong>die</strong>ses <strong>Kreisschreiben</strong>s zum Freizügigkeitsrecht gelten <strong>des</strong>halb<br />

auch für EFTA-Staatsangehörige, zu denen neben den Schweizern und<br />

Schweizerinnen noch <strong>die</strong> Staatsangehörigen von Norwegen, Island und<br />

Liechtenstein gehören.<br />

2. Freizügigkeit für <strong>Arbeit</strong>nehmende<br />

2.1 Inhalt <strong>des</strong> Freizügigkeitsrechts<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> sich auf <strong>die</strong> Personenfreizügigkeit berufen können,<br />

geniessen folgende Rechte:<br />

A 3<br />

A 4<br />

7


• Einreiserecht zwecks Stellensuche<br />

Wer einen gültigen Reisepass oder eine gültige Identitätskarte vorweisen<br />

kann, darf in einen Vertragsstaat einreisen, um dort eine Beschäftigung<br />

zu suchen. Während der Dauer <strong>des</strong> Aufenthaltes zur Stellensuche dürfen<br />

<strong>die</strong> Stellensuchenden allerdings keine Fürsorgeleistungen beanspruchen.<br />

Da EU-/EFTA-Staatsangehörige nicht anders behandelt werden dürfen<br />

als inländische Stellensuchende können <strong>die</strong>se Stellensuchende <strong>die</strong><br />

Dienste der öffentlichen <strong>Arbeit</strong>svermittlung in Anspruch nehmen (Art. 2<br />

Anhang I zum Personenverkehrsabkommen), d.h. sie können sich bei<br />

einem RAV als Stellensuchende registrieren lassen.<br />

EU-/EFTA-Staatsangehörige benötigen zur Stellensuche bis zu einem<br />

Aufenthalt von drei Monaten keine fremdenpolizeiliche Aufenthaltsbe-<br />

willigung. Halten sie sich zwecks Stellensuche länger als drei Monate in<br />

der Schweiz auf, müssen sie sich bei der Fremdenpolizei melden und<br />

erhalten eine Kurzaufenthaltsbewilligung EG/EFTA (Art. 18 der<br />

Verordnung <strong>über</strong> <strong>die</strong> schrittweise Einführung <strong>des</strong> freien Personenver-<br />

kehrs, VEP).<br />

• Aufenthaltsrecht<br />

Kann eine Stellen suchende Person einen <strong>Arbeit</strong>svertrag oder eine Ar-<br />

beitsbescheinigung vorlegen, erhält sie eine Aufenthaltserlaubnis, <strong>die</strong> für<br />

das gesamte Staatsgebiet gültig ist. Das Aufenthaltsrecht von <strong>Arbeit</strong>-<br />

nehmenden ist an ein gültiges <strong>Arbeit</strong>sverhältnis gebunden, weshalb <strong>die</strong>-<br />

ses Aufenthaltsrecht entzogen werden kann, wenn <strong>die</strong> Voraussetzung für<br />

<strong>die</strong> Erteilung <strong>die</strong>ses Rechts – also das <strong>Arbeit</strong>sverhältnis – wegfällt.<br />

Artikel 6 <strong>Ab</strong>satz 6 <strong>des</strong> Anhangs I zum Personenverkehrsabkommen<br />

verbietet allerdings den Entzug der Aufenthaltserlaubnis, wenn <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong><br />

nehmende Person keine Beschäftigung hat, weil sie entweder infolge von<br />

Krankheit oder Unfall vor<strong>über</strong>gehend arbeitsunfähig ist oder weil sie<br />

unfreiwillig arbeitslos geworden ist.<br />

A 5<br />

A 6<br />

A 7<br />

A 8<br />

8


Wird einer <strong>Arbeit</strong> nehmenden Person <strong>die</strong> Aufenthaltserlaubnis als Ar-<br />

beitnehmende entzogen, kann sie sich zwecks Stellensuche weiterhin in<br />

der Schweiz aufhalten. Bedingung ist jedoch, dass sie <strong>die</strong> Voraus-<br />

setzungen für ein Aufenthaltsrecht als Nichterwerbstätige erfüllt (siehe<br />

Rz. A 20).<br />

• Recht auf Familiennachzug<br />

Eine <strong>Arbeit</strong> nehmende Person mit einer gültigen Aufenthaltserlaubnis hat<br />

das Recht auf Familiennachzug. Zu den Familienangehörigen zählen:<br />

- Der Ehegatte, resp. <strong>die</strong> Ehegattin und <strong>die</strong> Verwandten in absteigen-<br />

der Linie, <strong>die</strong> noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong><br />

nehmende Person Unterhalt gewährt;<br />

- Die Verwandten und <strong>die</strong> Verwandten <strong>des</strong> Ehegatten, resp. der Ehe-<br />

gattin in aufsteigender Linie, denen <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong> nehmende Person<br />

Unterhalt gewährt.<br />

Der Ehegatte, resp. <strong>die</strong> Ehegattin der <strong>Arbeit</strong> nehmenden Person sowie<br />

ihre Kinder, <strong>die</strong> noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen sie Unterhalt<br />

gewährt, haben ungeachtet ihrer Nationalität das Recht, im Aufent-<br />

haltsstaat der <strong>Arbeit</strong>nehmenden Person eine Erwerbstätigkeit auszu-<br />

üben. Da auch das Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen für das<br />

gesamte Staatsgebiet gilt, muss der <strong>Arbeit</strong>sort der Familienangehörigen<br />

nicht identisch sein mit demjenigen der <strong>Arbeit</strong> nehmenden Person.<br />

• Berufliche und geografische Mobilität<br />

Da EU/EFTA-<strong>Arbeit</strong>nehmende nicht anders behandelt werden dürfen als<br />

<strong>die</strong> eigenen Staatsangehörigen, dürfen sie auch jederzeit <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>-<br />

gebenden, den <strong>Arbeit</strong>s- oder den Wohnort wechseln. EU/EFTA-<strong>Arbeit</strong>-<br />

nehmende geniessen innerhalb <strong>des</strong> Staatsgebietes berufliche und geo-<br />

grafische Mobilität. Für Grenzgänger und Grenzgängerinnen sowie für<br />

Kurzaufenthalter und Kurzaufenthalterinnen bestehen jedoch während<br />

einer Übergangsfrist von fünf Jahren noch gewisse Einschränkungen.<br />

A 9<br />

A 10<br />

A 11<br />

A 12<br />

9


2.2 Arten von Aufenthaltsbewilligungen für EU-<br />

und EFTA-<strong>Arbeit</strong>nehmenden<br />

• Daueraufenthalt EG/EFTA, Ausweis B EG/EFTA<br />

EU/EFTA-<strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> ein unbefristetes <strong>Arbeit</strong>sverhältnis oder<br />

ein <strong>Arbeit</strong>sverhältnis mit einer Dauer von min<strong>des</strong>tens einem Jahr ein-<br />

gegangen sind, erhalten eine Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA, <strong>die</strong> fünf<br />

Jahre gültig ist. Diese Bewilligung wird automatisch verlängert. Ist <strong>die</strong><br />

<strong>Arbeit</strong> nehmende Person bei der ersten Verlängerung länger als zwölf<br />

aufeinander folgende Monate arbeitslos, kann <strong>die</strong> Verlängerung auf ein<br />

Jahr befristet werden.<br />

• Kurzaufenthalt EG/EFTA, Ausweis L EG/EFTA<br />

Eine <strong>Arbeit</strong> nehmende Person, <strong>die</strong> ein <strong>Arbeit</strong>sverhältnis von mehr als<br />

drei Monaten und weniger als einem Jahr nachweisen kann, erhält eine<br />

Aufenthaltserlaubnis, deren Gültigkeit der voraussichtlichen Dauer <strong>des</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>sverhältnisses entspricht.<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> ein <strong>Arbeit</strong>sverhältnis mit einer Dauer von höchstens<br />

drei Monaten haben, benötigen keine Aufenthaltserlaubnis.<br />

Im Anschluss an das unterjährige <strong>Arbeit</strong>sverhältnis können sich <strong>Arbeit</strong>-<br />

nehmende weiterhin zum Zweck der Stellensuche in der Schweiz auf-<br />

halten, sofern sie <strong>die</strong> Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht für<br />

Nichterwerbstätige erfüllen (siehe Rz. A 20). Während <strong>die</strong>ser Zeit können<br />

sie sich beim RAV als Stellensuchende melden. Sofern <strong>die</strong> Kontingente<br />

noch nicht ausgeschöpft sind, erhalten sie wiederum eine<br />

Kurzaufenthaltsbewilligung.<br />

• Grenzgänger und Grenzgängerinnen<br />

Grenzgänger und Grenzgängerinnen erhalten eine Grenzgänger-<br />

karte EG/EFTA, deren Gültigkeit bei einem unbefristeten oder <strong>über</strong>jäh-<br />

rigem <strong>Arbeit</strong>sverhältnis fünf Jahre beträgt. Bei einem <strong>Arbeit</strong>sverhältnis<br />

mit einer Dauer von mehr als drei Monaten aber weniger als einem Jahr<br />

A 13<br />

A 14<br />

A 15<br />

A 16<br />

A 17<br />

10


entspricht <strong>die</strong> Gültigkeitsdauer der Beschäftigungsdauer. Wichtig für <strong>die</strong><br />

Vermittlung von Grenzgängern und Grenzgängerinnen ist, dass während<br />

der fünfjährigen Übergangsfrist <strong>die</strong> Grenzgängerkarte EG/EFTA für <strong>die</strong><br />

gesamte Grenzregion <strong>des</strong> Beschäftigungsstaates gültig ist. Dies<br />

bedeutet, dass eine in Deutschland wohnhafter <strong>Arbeit</strong> nehmende Person<br />

auch in der Grenzregion Tessin eine Tätigkeit ausüben kann. Nach fünf<br />

Jahren, d.h. ab 1. Juni 2007 können Grenzgänger und Grenzgängerinnen<br />

auch ausserhalb der Grenzzonen eine Beschäftigung annehmen. Die<br />

unter das Personenverkehrsabkommen fallenden Grenzgänger und<br />

Grenzgängerinnen müssen neu nur noch min<strong>des</strong>tens einmal wöchentlich<br />

an ihren Wohnort zurückkehren und nicht mehr wie bis anhin täglich. Nach<br />

einer Übergangsfrist von fünf Jahren werden zudem <strong>die</strong> Grenzzonen<br />

abgeschafft, so dass Grenzgänger und Grenzgängerinnen in der Schweiz<br />

volle Freizügigkeit geniessen.<br />

3. Freizügigkeit für Nichterwerbstätige<br />

Zu den Nichterwerbstätigen gehören<br />

• Rentner und Rentnerinnen<br />

• Studenten und Studentinnen<br />

• übrige Nichterwerbstätige.<br />

Rentner und Rentnerinnen geniessen im letzten Beschäftigungsstaat ein<br />

Verbleiberecht, wenn sie in den letzten zwölf Monaten vor Erreichung <strong>des</strong><br />

Rentenalters in <strong>die</strong>sem Staat eine Beschäftigung ausgeübt haben und sich<br />

in <strong>die</strong>sem Staat seit min<strong>des</strong>tens drei Jahren ständig aufgehalten haben.<br />

Personen, <strong>die</strong> sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen und dort<br />

keine Erwerbstätigkeit ausüben wollen, erhalten ein Aufenthaltsrecht, wenn<br />

sie<br />

• <strong>über</strong> ausreichende finanzielle Mittel verfügen, so dass weder sie noch<br />

ihre Familienangehörige während ihres Aufenthaltes <strong>die</strong> Sozialhilfe in<br />

Anspruch nehmen müssen und<br />

• <strong>über</strong> einen Krankenversicherungsschutz verfügen, der sämtliche Risiken<br />

A 18<br />

A 19<br />

A 20<br />

11


– also auch Unfälle – abdeckt.<br />

Auch Nichterwerbstätige haben ein Recht auf Familiennachzug. Im Falle von<br />

Stu<strong>die</strong>renden sind <strong>die</strong>s der Ehegatte, resp. <strong>die</strong> Ehegattin und <strong>die</strong> un-<br />

terhaltsberechtigten Kinder. Von Bedeutung ist, dass der Ehegatte, resp. <strong>die</strong><br />

Ehegattin und <strong>die</strong> Kinder, <strong>die</strong> noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen <strong>die</strong><br />

stu<strong>die</strong>rende Person Unterhalt gewährt, im gesamten Hoheitsgebiet <strong>des</strong><br />

Aufenthaltsstaates der nichterwerbstätigen Person, von der sie ihr<br />

Aufenthaltsrecht ableiten, eine Erwerbstätigkeit ausüben dürfen und <strong>die</strong>s<br />

unabhängig ihrer Nationalität. Diese Personen können sich als Stellensu-<br />

chende beim RAV melden und <strong>die</strong> Dienste der öffentlichen <strong>Arbeit</strong>sver-<br />

mittlung beanspruchen.<br />

Personen, <strong>die</strong> in <strong>die</strong> Schweiz einreisen um hier eine Stelle zu suchen,<br />

können sich auf das Aufenthaltsrecht für Nichterwerbstätige berufen, sofern<br />

sie <strong>die</strong> oben erwähnten Voraussetzungen erfüllen, d.h. insbesondere keine<br />

Fürsorgeleistungen in Anspruch nehmen müssen. Dies gilt auch für<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmende im Anschluss an ein unterjähriges <strong>Arbeit</strong>sverhältnis, deren<br />

Kurzaufenthaltsbewilligung EG/EFTA als <strong>Arbeit</strong>nehmende abgelaufen ist.<br />

Sie können, sofern sie <strong>über</strong> genügend finanzielle Eigenmittel verfügen und<br />

gegen Krankheit und Unfall versichert sind, als Nichterwerbstätige in der<br />

Schweiz verbleiben und sich hier um eine neue Stelle bemühen.<br />

4. Übergangsfristen<br />

Die Schweiz führt den freien Personenverkehr schrittweise ein:<br />

• Seit Inkrafttreten <strong>des</strong> <strong>Ab</strong>kommens am 1. Juni 2002 bestand für neu<br />

einreisende EU-Staatsangehörige sowie für Staatsangehörige aus<br />

Norwegen und Island nur ein bedingter Anspruch auf eine Aufent-<br />

haltsbewilligung für Erwerbstätige. Es galten<br />

- der Vorrang der inländischen <strong>Arbeit</strong>skräfte;<br />

- <strong>die</strong> Kontrolle der Lohn- und <strong>Arbeit</strong>sbedingungen sowie<br />

- der Vorbehalt der Kontingente.<br />

A 21<br />

A 22<br />

A 23<br />

12


Staatsangehörige aus Liechtenstein unterliegen nicht dem Vorbehalt der<br />

Kontingente und dem Vorrang der inländischen <strong>Arbeit</strong>skräfte.<br />

• Am 1. Juni 2004 sind sowohl für Schweizer Staatsangehörige, <strong>die</strong> in<br />

einem anderen EFTA-Staat oder einem EU-Mitgliedstaat arbeiten wollen<br />

als auch für EU-Staatsangehörige sowie Staatsangehörige aus<br />

Norwegen und Islland, <strong>die</strong> in der Schweiz eine Stelle gefunden haben,<br />

der Vorrang der inländischen <strong>Arbeit</strong>skräfte sowie <strong>die</strong> Kontrolle der Lohn-<br />

und <strong>Arbeit</strong>sbedingungen weggefallen. Schweizer Staatsangehörige<br />

geniessen seither volle Freizügigkeit in den EU/EFTA-Mitgliedstaaten.<br />

Bei EU-Staatsangehörigen sowie bei Staatsangehörigen aus Island und<br />

Norwegen, <strong>die</strong> in der Schweiz arbeiten wollen, gilt weiterhin der<br />

Vorbehalt der Kontingente.<br />

• Nach fünf Jahren, ab dem 1. Juni 2007 verzichtet <strong>die</strong> Schweiz auf<br />

Kontingente und führt somit auch für EU/EFTA-Staatsangehörige <strong>die</strong><br />

volle Freizügigkeit ein.<br />

• Am 1. Juni 2007 fallen <strong>die</strong> Grenzzonen für Grenzgänger und Grenzgän-<br />

gerinnen weg, so dass <strong>die</strong>se Kategorie von <strong>Arbeit</strong>nehmenden volle<br />

Freizügigkeit geniesst.<br />

• Am 1. Juni 2007 fallen zudem <strong>die</strong> Mobilitätshindernisse für Personen mit<br />

einer Kurzaufenthaltsbewilligung weg. Diese haben dann <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />

eine Daueraufenthaltsbewilliung EG/EFTA zu erhalten, wenn sie ein<br />

unbefristetes oder ein auf länger als zwölf Monate befristetes<br />

<strong>Arbeit</strong>sverhältnis eingehen können.<br />

A 24<br />

A 25<br />

A 26<br />

A 27<br />

13


Teil B<br />

<strong>Auswirkungen</strong> <strong>des</strong> Personenverkehrsabkom-<br />

mens auf <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung<br />

14


1. Rechtsgrundlagen <strong>des</strong> Gemeinschafts-<br />

rechts<br />

1.1 Anzuwendende Rechtsvorschriften<br />

Das Recht der Europäischen Gemeinschaft (im Folgenden: Gemeinschafts-<br />

recht) kennt kein einheitliches Sozialversicherungssystem. Es ist jedem<br />

Mitgliedstaat <strong>über</strong>lassen, wie er sein nationales Sozialversicherungsrecht<br />

ausgestalten will. Das Gemeinschaftsrecht koordiniert lediglich <strong>die</strong><br />

unterschiedlichen nationalen Systeme, damit sichergestellt ist, dass so<br />

genannte Wanderarbeitnehmende keine Versicherungslücken haben oder<br />

aber doppelt versichert sind.<br />

Diese Koordinationsregeln sind in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 <strong>des</strong><br />

Rates zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Ar-<br />

beitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, <strong>die</strong> in-<br />

nerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (im Folgenden: VO 1408/71)<br />

sowie in der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 <strong>des</strong> Rates <strong>über</strong><br />

<strong>die</strong> Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 <strong>über</strong> <strong>die</strong> Anwendung<br />

der Systeme der sozialen Sicherheit auf <strong>Arbeit</strong>nehmer und Selbständige<br />

sowie deren Familienangehörige, <strong>die</strong> innerhalb der Gemeinschaft zu- und<br />

abwandern (im Folgenden: VO 574/72) geregelt.<br />

Die Schweiz hat sich im Zusammenhang mit dem <strong>Ab</strong>kommen <strong>über</strong> den<br />

freien Personenverkehr verpflichtet, <strong>die</strong> Regelungen <strong>die</strong>ser Verordnungen<br />

zu <strong>über</strong>nehmen. Diese Bestimmungen sind für <strong>die</strong> unter den Gel-<br />

tungsbereich <strong>die</strong>ser Verordnungen fallenden Personen direkt anwendbar.<br />

Da es sich um völkerrechtliche Bestimmungen handelt, sind sie dem na-<br />

tionalen Recht <strong>über</strong>geordnet. Sie verdrängen somit nationales Recht, wenn<br />

<strong>die</strong>ses den Bestimmungen <strong>des</strong> Gemeinschaftsrechts widerspricht.<br />

Für <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung von Bedeutung sind folgende Artikel:<br />

• Art. 1 – 17a VO 1408/71 und Art. 1 – 15 VO 574/72 (allgemeine Vor-<br />

B 1<br />

B 2<br />

B 3<br />

B 4<br />

15


schriften)<br />

• Art. 67 – 76a VO 1408/71 und Art. 80 – 88 VO 574/72 (<strong>Arbeit</strong>slosig-<br />

keit)<br />

1.2 Persönlicher Geltungsbereich der VO 1408/71<br />

Gemäss Artikel 2 VO 1408/71 fallen unter den Geltungsbereich <strong>des</strong> Ge-<br />

meinschaftsrechts <strong>über</strong> <strong>die</strong> soziale Sicherheit alle Staatsangehörigen der<br />

EU-Mitgliedstaaten und auf Grund <strong>des</strong> Personenverkehrsabkommens auch<br />

Schweizer Staatsangehörige, aber auch Staatenlose und Flüchtlinge. Die<br />

Definition von Staatenlosen und Flüchtlingen findet sich in Artikel 1 Buchsta-<br />

ben d und e der VO 1408/71.<br />

Staatenlose und Flüchtlinge sind zwar vom Personenverkehrsabkommen<br />

zwischen der Schweiz und der EG nicht erfasst. Dieses spricht ausdrücklich<br />

nur von Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz. Die in<br />

einem EU-Mitgliedstaat anerkannten Flüchtlinge und Staatenlose können<br />

sich daher nicht gestützt auf das bilaterale <strong>Ab</strong>kommen auf ein<br />

Aufenthaltsrecht in der Schweiz berufen. Haben <strong>die</strong>se Personen jedoch eine<br />

Aufenthalts- und <strong>Arbeit</strong>serlaubnis von der Schweiz erhalten, und werden sie<br />

arbeitslos, so gelten für sie auf Grund <strong>des</strong> Artikels 2 VO 1408/71 <strong>die</strong><br />

Koordinationsregeln <strong>des</strong> Gemeinschaftsrechts.<br />

Auf Grund <strong>des</strong> geänderten EFTA-<strong>Ab</strong>kommens sind <strong>die</strong> Bestimmungen der<br />

VO 1408/71 auch im Verhältnis Schweiz zu den übrigen EFTA-Staaten<br />

anwendbar.<br />

Am 1. Juni 2003 trat innerhalb <strong>des</strong> Europäischen Wirtschaftsraumes<br />

(EWR) <strong>die</strong> Verordnung (EG) Nr. 859/2003 zur Ausdehnung der Bestim-<br />

mungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr.<br />

574/72 auf Drittstaatsangehörige, <strong>die</strong> ausschliesslich aufgrund ihrer<br />

Staatsangehörigkeit nicht bereits unter <strong>die</strong>se Bestimmungen fallen, in Kraft.<br />

Aufgrund <strong>die</strong>ser Verordnung wurde der Geltungsbereich der VO 1408/71<br />

auf Drittstaatsangehörige ausgedehnt, <strong>die</strong> sich rechtmässig in einem<br />

B 5<br />

B 6<br />

B 7<br />

B 8<br />

16


Mitgliedstaat aufhalten. Diese Verordnung findet im Verhältnis Schweiz zu<br />

den übrigen EFTA- oder EU-Staaten keine Anwendung.<br />

Drittstaatsangehörige, <strong>die</strong> in der Schweiz Anspruch auf <strong>Arbeit</strong>slosenent-<br />

schädigung haben, können <strong>des</strong>halb nicht vom Recht auf Leistungsexport<br />

(vgl. Rz. B 118ff) Gebrauch machen. Bei Drittstaatsangehörigen, <strong>die</strong> sich<br />

unter Vorweisung eines Formulars E303 bei einem RAV zur Stellensuche<br />

anmelden, muss <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse mit dem das Formular ausstel-<br />

lenden Träger Kontakt aufnehmen und ihn darauf hinweisen, dass <strong>die</strong><br />

Verordnung (EG) Nr. 859/2003 für <strong>die</strong> Schweiz nicht verbindlich ist.<br />

Ebenso ist zu verfahren, wenn ein ausländischer Träger bei einer <strong>Arbeit</strong>slo-<br />

senkasse ein Formular E301 (vgl. Rz. B 81ff) für einen Dritt-<br />

staatsangehörigen verlangt.<br />

In <strong>die</strong>sem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass bis zum Inkraft-<br />

treten <strong>des</strong> Zusatzprotokolls zum Freizügigkeitsabkommen Staatsangehö-<br />

rige der neuen Mitgliedstaaten, <strong>die</strong> am 1. Mai 2004 der EU beigetreten<br />

sind, wie Drittstaatsangehörige zu behandeln sind. Zu <strong>die</strong>sen Staaten<br />

gehören Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Ungarn, Slowakei, Slo-<br />

wenien, Tschechien und Zypern.<br />

1.3 Örtlicher Geltungsbereich der VO 1408/71<br />

Die VO 1408/71 ist auf Sachverhalte, <strong>die</strong> sich in einem der folgenden<br />

Gebiete abspielen, anwendbar:<br />

• Königreich Belgien, Königreich Dänemark, Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland, Republik Griechenland, Königreich Spanien, Republik<br />

Frankreich, Irland, Republik Italien, Grossherzogtum von Luxemburg,<br />

Königreich der Niederlande, Republik Österreich, Republik Portugal,<br />

Republik Finnland, Königreich Schweden und Vereinigtes<br />

Königreich von Grossbritannien und Nordirland.<br />

• Überseedepartemente von Frankreich:<br />

• Guadeloupe (enthält <strong>die</strong> Inseln La Désirade, Les Saintes, Marie-<br />

B 9<br />

B 10<br />

B 11<br />

B 12<br />

B 13<br />

17


Galante; Saint Barthélemy und den französischen Teil von Saint-<br />

Martin)<br />

• Martinique,<br />

• Guyane und Réunion<br />

• Die portugiesischen Inselgruppe Azoren und Madeira<br />

• Die spanische Inselgruppe Balearen und <strong>die</strong> kanarischen Inseln<br />

• Die spanischen Städte von Ceuta und Melilla (Enklaven im marokka-<br />

nischem Gebiet)<br />

• Gibraltar<br />

• Ålandinseln<br />

Das <strong>Ab</strong>kommen mit der Europäischen Gemeinschaft ist nicht anwendbar<br />

auf folgende Gebiete:<br />

• Englische Kanalinseln und <strong>die</strong> Insel Man<br />

• Färöer-Inseln<br />

• Fürstentum von Monaco<br />

• Fürstentum von Andorra<br />

• San Marino<br />

• Vatikan<br />

• Hoheitszonen <strong>des</strong> Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und<br />

Nordirland in Zypern (Akrotiri und Dhekelia)<br />

• Grönland<br />

• Neukaledonien und seine Nebengebiete<br />

• Französisch-Polynesien<br />

• Französische Süd- und Antarktisgebiete<br />

• Inseln Wallis und Futuna<br />

• Mayotte<br />

• St. Pierre und Miquelon<br />

• Aruba<br />

• Niederländische Antillen Bonaire, Curaçao, Saba, Sint Eustatius, Sint<br />

Maarten<br />

• Anguilla<br />

• Kaimaninseln<br />

• Falklandinseln<br />

B 14<br />

B 15<br />

18


• Südgeorgien und südliche Sandwich-Inseln<br />

• Montserrat<br />

• Pitcairn<br />

• St. Helena und Nebengebiete<br />

• Britische Antarktis-Territorium<br />

• Britisches Territorium im Indischen Ozean<br />

• Turks- und Caicosinseln<br />

• Britische Jungferninseln<br />

• Bermudas.<br />

Das EFTA-<strong>Ab</strong>kommen ist auf folgende Gebiete anwendbar: B 16<br />

• Republik Island, Fürstentum Liechtenstein, Königreich Norwegen,<br />

Schweizerische Eidgenossenschaft.<br />

B 17<br />

Das EFTA-<strong>Ab</strong>kommen ist auf folgende Gebiete nicht anwendbar: B 18<br />

• Das norwegische Territorium von Svalbard (Spitzbergen)<br />

2. Grundsätze <strong>des</strong> Gemeinschaftsrechts<br />

Die Grundsätze <strong>des</strong> für <strong>die</strong> Sozialversicherung massgebenden Koordinati-<br />

onsrechts sind:<br />

• Das Gleichbehandlungsgebot oder Diskriminierungsverbot<br />

• Die Festlegung der für den <strong>Arbeit</strong>nehmenden zuständigen<br />

Rechtsordnung<br />

• Die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten<br />

• Der Leistungsexport<br />

2.1 Das Gleichbehandlungsgebot<br />

Das Gleichbehandlungsgebot verbietet auch im Bereich der Sozialversiche-<br />

rungen unterschiedliche Behandlungen auf Grund der Nationalität. Nach<br />

Artikel 3 VO 1408/71 haben EU/EFTA-Staatsangehörige in der Schweiz<br />

und Schweizer Staatsangehörige in einem anderen EFTA-Staat oder in<br />

B 19<br />

B 20<br />

B 21<br />

19


einem Mitgliedstaat der EU <strong>die</strong> gleichen Rechte und Pflichten, wie <strong>die</strong><br />

nationale Gesetzgebung <strong>die</strong>s für <strong>die</strong> eigenen Staatsangehörigen vorsieht.<br />

Das <strong>Arbeit</strong>slosenversicherungsgesetz kennt grundsätzlich (Ausnahme<br />

Art. 14 <strong>Ab</strong>s. 3 AVIG, wonach Schweizer Staatsangehörige nach einem<br />

<strong>über</strong>jährigen Auslandaufenthalt von der Erfüllung der Beitragszeit befreit<br />

sein können) keine unterschiedliche Behandlung auf Grund der Nationalität.<br />

Eine unterschiedliche Behandlung von Schweizer und ausländischen<br />

Staatsangehörigen ergab sich auf Grund der ausländerrechtlichen<br />

Bestimmungen, wonach Personen mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung im<br />

Anschluss an das befristete <strong>Arbeit</strong>sverhältnis <strong>die</strong> Schweiz verlassen<br />

mussten und <strong>des</strong>halb ihren in der Schweiz erworbenen Anspruch auf<br />

Leistungen der <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung nur bedingt, d.h. bis <strong>Ab</strong>lauf der<br />

Gültigkeit ihrer Kurzaufenthaltsbewilligung, geltend machen konnten.<br />

Personen mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung EG/EFTA können im An-<br />

schluss an das <strong>Arbeit</strong>sverhältnis in der Schweiz bleiben, sofern sie einen<br />

Anspruch auf Leistungen der <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung erworben haben. Da<br />

sie in <strong>die</strong>sem Fall eine Aufenthaltserlaubnis als Nichterwerbstätige<br />

bekommen, können sie während der Zeit der Stellensuche keine Fürsor-<br />

geleistungen in Anspruch nehmen. Die ihnen zustehende <strong>Arbeit</strong>slosen-<br />

entschädigung wird bei der Prüfung der genügenden finanziellen Eigenmittel<br />

(zusammen mit der Krankenversicherung eine Voraussetzung für das<br />

Aufenthaltsrecht, siehe Rz. A 20) mitberücksichtigt.<br />

Wegen <strong>des</strong> Gleichbehandlungsprinzips wurden Artikel 14 <strong>Ab</strong>sätze 1 und 2<br />

AVIG (Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit) angepasst. Diese<br />

Änderungen gelten selbstverständlich sowohl für EU/EFTA-Staatsange-<br />

hörige (zu denen auch <strong>die</strong> Schweizer Staatsangehörigen gehören) als auch<br />

für Staatsangehörige eines Nicht-EU/EFTA-Staates.<br />

• Artikel 14 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe a AVIG: Im Anschluss an eine Ausbil-<br />

dung sind nur jene Personen von der Erfüllung der Beitragspflicht befreit,<br />

<strong>die</strong> während insgesamt zehn Jahren in der Schweiz ihren Wohnsitz<br />

B 22<br />

B 23<br />

B 24<br />

B 25<br />

20


hatten. Diese zehnjährige Wohnsitzzeit muss weder unmittelbar vor<br />

<strong>Ab</strong>solvierung der Ausbildung liegen, noch zusammen hängend sein.<br />

Ebenso spielt es wie bis anhin keine Rolle, ob <strong>die</strong> Aus- oder<br />

Weiterbildung im Ausland oder in der Schweiz absolviert worden ist.<br />

Zu beachten ist jedoch, dass der Begriff „Wohnsitz“ ein gemein-<br />

schaftsrechtlicher Begriff ist, der nicht durch nationale Bestimmungen<br />

eingeschränkt werden darf. Gemäss Artikel 1 Buchstabe h) VO 1408/71<br />

gilt als Wohnort der Ort <strong>des</strong> gewöhnlichen Aufenthaltes.<br />

• Artikel 14 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe b AVIG: Wer wegen Krankheit, Unfall<br />

oder Mutterschaft <strong>die</strong> Beitragszeit nicht erfüllen konnte, hat nur noch<br />

dann einen Anspruch auf Leistungen der <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung,<br />

wenn er während <strong>die</strong>ser Zeit seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte.<br />

Dabei spielt es keine Rolle, ob sich <strong>die</strong> betroffene Person während<br />

<strong>die</strong>ser Zeit tatsächlich dauernd in der Schweiz aufgehalten hat, oder ob<br />

sie sich allenfalls zu Behandlungszwecken vor<strong>über</strong>gehend ins Ausland<br />

begeben hat. Wichtig ist, dass <strong>die</strong> versicherte Person in der Schweiz<br />

ihren Wohnsitz hat. Umgekehrt können EU/EFTA-Staatsangehörige, <strong>die</strong><br />

sich in der Schweiz aufhalten, um sich hier medizinisch behandeln zu<br />

lassen, und <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Dauer der Behandlung eine Bewilligung als<br />

Dienstleistungsempfänger (Art. 19 VEP) erhalten haben, im Anschluss<br />

an ihre Genesung nicht gestützt auf Artikel 14 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe b<br />

AVIG Leistungen beziehen, da bei Dienstleistungsempfängern davon<br />

ausgegangen wird, dass Dienstleistungsempfänger ihren Lebensmittel-<br />

punkt und somit ihren Wohnsitz im Herkunftsstaat aufrecht erhalten<br />

haben. Hätten sie für <strong>die</strong> Dauer ihres Aufenthaltes ihren Wohnsitz in <strong>die</strong><br />

Schweiz verlegt, hätten sie eine Aufenthaltsbewilligung als Nicht-<br />

erwerbstätige beantragen müssen.<br />

• Artikel 14 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe c AVIG: Auf eine Befreiung von der<br />

Erfüllung der Beitragszeit wegen Aufenthalt in einer Haft- oder <strong>Arbeit</strong>ser-<br />

ziehungsanstalt oder einer ähnlichen Einrichtung kann man sich nur noch<br />

dann berufen, wenn der Aufenthalt in einer schweizerischen Anstalt<br />

B 26<br />

B 27<br />

B 28<br />

21


stattgefunden hat.<br />

• Artikel 14 <strong>Ab</strong>satz 2 AVIG: Die Befreiungsgründe nach Artikel 14<br />

<strong>Ab</strong>satz 2 AVIG setzen ebenfalls den schweizerischen Wohnsitz derje-<br />

nigen Person voraus, <strong>die</strong> sich auf den Befreiungsgrund beruft. Mass-<br />

gebend ist der schweizerische Wohnsitz bei Eintreffen <strong>des</strong> Ereignisses.<br />

Unerheblich ist, ob <strong>die</strong> Trennung oder Scheidung von einem<br />

schweizerischen oder einem ausländischen Gericht ausgesprochen<br />

wurde, oder der Ehegatte, auf <strong>des</strong>sen Invalidität oder Tod sich <strong>die</strong><br />

antragstellende Person beruft, seinen Wohnsitz im Ausland hat, resp.<br />

hatte. Ebenso ist der Tatbestand von Artikel 14 <strong>Ab</strong>satz 2 AVIG erfüllt,<br />

wenn es sich beim Wegfall einer Invalidenrente um eine Rente einer<br />

ausländischen Invalidenversicherung handelt.<br />

• Artikel 6 <strong>Ab</strong>satz 1 ter AVIV: Personen, <strong>die</strong> sich im Anschluss an <strong>die</strong><br />

schweizerische obligatorische Schulpflicht der <strong>Arbeit</strong>svermittlung zur<br />

Verfügung stellen, können während der ihnen auferlegten Wartezeit an<br />

einem Motivationssemester nach Artikel 64a <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe c<br />

AVIG teilnehmen.<br />

Dies bedeutet nicht, dass <strong>die</strong>se Personen <strong>die</strong> gesamte Schulzeit in der<br />

Schweiz zurückgelegt haben müssen. Ein Anspruch auf Teilnahme an<br />

einem Motivationssemester besteht bereits dann, wenn <strong>die</strong> versicherte<br />

Person das letzte Schuljahr in der Schweiz zurückgelegt hat.<br />

Damit eine versicherte Person jedoch <strong>über</strong>haupt anspruchsberechtigt ist<br />

und an einem Motivationssemester teilnehmen kann, muss sie <strong>die</strong><br />

Bestimmung nach Artikel 14 <strong>Ab</strong>satz 1 AVIG erfüllen, d.h. während<br />

min<strong>des</strong>tens zehn Jahren seinen Wohnsitz in der Schweiz gehabt haben.<br />

Erfüllen Schulabgänger oder Schulabgängerin <strong>die</strong>se Bedingung nicht,<br />

können sie allenfalls gestützt auf Artikel 59d AVIG an einer -<br />

arbeitsmarktlichen Massnahme teilnehmen, sofern der Kanton bereit ist,<br />

20 Prozent der dadurch entstehenden Kosten zu <strong>über</strong>nehmen. Da <strong>die</strong>se<br />

Teilnehmenden weder <strong>die</strong> Beitragszeit erfüllen, noch von der Erfüllung<br />

der Beitragszeit befreit sind, haben sie keinen Anspruch auf Leistungen<br />

B 29<br />

B 30<br />

B 31<br />

22


nach Artikel 59b AVIG.<br />

2.2 Die Festlegung der zuständigen<br />

Rechtsordnung<br />

2.2.1 <strong>Arbeit</strong>nehmende mit Wohnsitz im<br />

Beschäftigungsstaat<br />

Gemäss Artikel 13 <strong>Ab</strong>satz 2 Buchstabe a VO 1408/71 untersteht eine<br />

Person grundsätzlich nur einer Rechtsordnung. Zuständig für <strong>die</strong> Gewährung<br />

von Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit ist in der Regel der letzte Be-<br />

schäftigungsstaat. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange <strong>die</strong> Beschäftigung<br />

gedauert hat. Es genügt, einen Tag gearbeitet zu haben, damit nicht mehr<br />

der Herkunftsstaat für <strong>die</strong> Leistungserbringung zuständig ist, sondern<br />

derjenige Staat, in dem während einem Tag eine beitragspflichtige<br />

Beschäftigung ausgeübt worden ist. Ausschlaggebend ist weniger <strong>die</strong><br />

Dauer der Beschäftigung sondern der Umstand, dass für <strong>die</strong>se kurze Be-<br />

schäftigung auch tatsächlich Sozialversicherungsbeiträge abgerechnet<br />

werden. Wird gestützt auf Art. 8 bis AHVV auf <strong>die</strong> <strong>Ab</strong>rechnung von Beiträgen<br />

verzichtet, gilt <strong>die</strong> Beschäftigung nicht als Versicherungszeit. Es wird<br />

vermutet, dass der letzte Beschäftigungsstaat auch der Wohnsitzstaat der<br />

<strong>Arbeit</strong> nehmenden Person ist.<br />

Auf Grund der Bestimmung, wonach der letzte Beschäftigungsstaat für <strong>die</strong><br />

Gewährung von Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit zuständig ist, wurde<br />

Artikel 14 <strong>Ab</strong>satz 3 AVIG angepasst. Schweizer <strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> in ei-<br />

nem anderen EFTA-Staat oder in einem EU-Mitgliedstaat eine unselb-<br />

ständige Beschäftigung ausüben, haben in <strong>die</strong>sem Staat Anspruch auf<br />

Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit. Sie benötigen <strong>des</strong>halb den Schutz von<br />

Artikel 14 <strong>Ab</strong>satz 3 AVIG nicht mehr.<br />

Es sind nur noch jene Schweizer Staatsangehörige gestützt auf Arti-<br />

kel 14 <strong>Ab</strong>satz 3 AVIG von der Erfüllung der Beitragszeit befreit, <strong>die</strong> nach<br />

einem Aufenthalt in einem Nicht-EU/EFTA-Mitgliedstaat in <strong>die</strong> Schweiz<br />

B 32<br />

B 33<br />

B 34<br />

23


zurückkehren.<br />

Dasselbe gilt für niedergelassene EU-Staatsangehörige sowie für Staats-<br />

angehörige der EFTA-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein, <strong>die</strong><br />

nach einem <strong>über</strong>jährigen Auslandaufenthalt nur dann von der Erfüllung der<br />

Beitragszeit befreit sind, wenn sie sich zuletzt in einem Nicht-EU/EFTA-<br />

Mitgliedstaat aufgehalten haben.<br />

Da ausser der Schweiz alle EFTA-Staaten dem EWR beigetreten sind,<br />

haben EFTA-Staatsangehörige, <strong>die</strong> zuletzt in einem EU-Mitgliedstaat gear-<br />

beitet haben, im letzten Beschäftigungsstaat Anspruch auf Leistungen bei<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit und benötigen <strong>des</strong>halb den in Artikel 14 <strong>Ab</strong>satz 3 AVIG<br />

vorgesehenen Schutz ebenfalls nicht mehr.<br />

Ausländische Personen mit Niederlassungsbewilligung, <strong>die</strong> nicht <strong>die</strong><br />

Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft<br />

oder der EFTA besitzen, sind nach einem Auslandaufenthalt von <strong>über</strong> einem<br />

Jahr von der Erfüllung der Beitragszeit befreit, wenn sie im Ausland eine<br />

unselbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt haben, deren Dauer der<br />

Min<strong>des</strong>tbeitragszeit entspricht. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie sich in<br />

einem EU/EFTA-Mitgliedstaat oder in einem anderen Staat aufgehalten<br />

haben.<br />

Artikel 13 <strong>Ab</strong>satz 2 Buchstabe e VO 1408/71 sieht vor, dass <strong>Arbeit</strong>neh-<br />

mende, <strong>die</strong> zum Wehr- oder Zivil<strong>die</strong>nst eines Mitgliedstaates einberufen<br />

werden, den Rechtsvorschriften <strong>die</strong>ses Mitgliedstaates unterstehen. Das<br />

heisst, dass <strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> im Anschluss an Wehr- oder Zivil<strong>die</strong>nst<br />

arbeitslos sind, ihren Anspruch in demjenigen Staat beantragen müssen,<br />

der sie zum Wehr- oder Zivil<strong>die</strong>nst einberufen hat. Ausländische Personen<br />

mit Niederlassungsbewilligung sind seit dem 1. Juni 2002 im Anschluss an<br />

einen im Ausland absolvierten Militär<strong>die</strong>nst nicht mehr von der Erfüllung der<br />

Beitragszeit befreit. Dies gilt sowohl für EU/EFTA-Staatsangehörige, <strong>die</strong> in<br />

einem EU/EFTA-Mitgliedstaat den Militär<strong>die</strong>nst absolvierten als auch für<br />

Nicht-EU/EFTA-Staatsangehörige, <strong>die</strong> in einem Nicht-EU/EFTA-<br />

B 35<br />

B 36<br />

B 37<br />

B 38<br />

24


Mitgliedstaat Militär<strong>die</strong>nst leisteten.<br />

Von der Bestimmung, wonach arbeitslose <strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> sowohl<br />

ihren <strong>Arbeit</strong>s- als auch ihren Wohnort in einen anderen Mitgliedstaat verlegt<br />

haben, ihre <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung im letzten Beschäftigungsstaat<br />

geltend machen müssen, kann nach Rechtsprechung <strong>des</strong> Europäischen<br />

Gerichtshofes (EuGH) 1 dann abgewichen werden, wenn <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>-<br />

nehmenden in ihrem Herkunftsstaat allein nach <strong>des</strong>sen Rechtsvorschriften<br />

einen Anspruch auf Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit erworben haben.<br />

Beispiel<br />

Eine Person mit Schweizer Staatsangehörigkeit, <strong>die</strong> während mehreren<br />

Jahren in der Schweiz eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat,<br />

arbeitet während fünf Monaten in Dänemark, wohin sie auch ihren Wohnsitz<br />

verlegt hat. Nach fünf Monaten wird sie in Dänemark arbeitslos. Da sie<br />

allein nach schweizerischem Recht <strong>die</strong> Min<strong>des</strong>tbeitragszeit erfüllt und sich<br />

nicht auf Gemeinschaftsrecht berufen muss, kann sie in <strong>die</strong> Schweiz<br />

zurückkehren und hier <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung beziehen, sofern sie auch<br />

<strong>die</strong> übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach Artikel 8 AVIG erfüllt.<br />

2.2.2 <strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> ihren Wohnsitz nicht im<br />

letzten Beschäftigungsstaat haben<br />

Die Ausnahmen, wonach nicht der letzte Beschäftigungsstaat für <strong>die</strong> Leis-<br />

tungserbringung zuständig ist, sind in Artikel 71 VO 1408/71 aufgeführt.<br />

Dieser Artikel trägt den Titel „<strong>Arbeit</strong>slose, <strong>die</strong> während ihrer letzten<br />

Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat als dem zuständigen Staat<br />

wohnten“. Darunter fällt folgender Personenkreis:<br />

A. „Echte“ Grenzgänger und Grentgängerinnen<br />

Nach Artikel 71 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe a Ziffer i) und ii) VO 1408/71 haben<br />

Grenzgänger bei Ganzarbeitslosigkeit Anspruch auf Leistungen in ihrem<br />

1 Rs. 27/75, Urteil vom 10.07.1975<br />

B 39<br />

B 40<br />

B 41<br />

B 42<br />

25


Wohnsitzstaat. Bei Kurzarbeit oder wetterbedingten <strong>Arbeit</strong>sausfällen er-<br />

halten sie Leistungen der Versicherung <strong>des</strong> Beschäftigungsstaates.<br />

In <strong>die</strong>sem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass der Begriff „Grenz-<br />

gänger“ im sozialversicherungsrechtlichen und im fremdenpolizeilichen Sinn<br />

eine unterschiedliche Bedeutung hat:<br />

Für <strong>die</strong> Dauer der fünfjährigen Übergangsfrist bis zum 31. Mai 2007,<br />

während der sowohl <strong>die</strong> Schweiz als auch ihre Nachbarstaaten <strong>die</strong><br />

Grenzzonen aufrecht erhalten (vgl. Rz. A 17), gelten im fremdenpolizei-<br />

rechtlichen Sinn nur <strong>die</strong>jenigen <strong>Arbeit</strong>nehmende als Grenzgänger, resp.<br />

Grenzgängerinnen, <strong>die</strong> in einer Grenzzone wohnen und in einer andern<br />

Grenzzone arbeiten. Diese Kategorie von <strong>Arbeit</strong>nehmenden erhält einen<br />

Aufenthaltsbewilligung G EG/EFTA. Da Grenzgänger und Grenzgänge-<br />

rinnen nicht der Kontingentierung unterstellt sind, muss eine <strong>Arbeit</strong> neh-<br />

mende Person, <strong>die</strong> eine Stelle ausserhalb der Grenzzone annimmt, ihren<br />

Aufenthalt in der Schweiz regeln und eine Aufenthaltsbewilligung B<br />

EG/EFTA oder L EG/EFTA beantragen.<br />

Nach Artikel 1 Buchstabe b) VO 1408/71 gilt als Grenzgänger jeder Ar-<br />

beitnehmende, der in einem andern Staat als dem Wohnsitzstaat einer<br />

Beschäftigung nachgeht und in der Regel täglich, min<strong>des</strong>tens jedoch einmal<br />

wöchentlich an seinen Wohnsitz zurückkehrt. Dabei spielt es keine Rolle, ob<br />

<strong>die</strong>se <strong>Arbeit</strong>nehmenden <strong>die</strong> Staatsangehörigkeit <strong>des</strong> Wohnsitzstaates<br />

besitzen, ausschlaggebend ist einzig, ob sie unter den persönlichen<br />

Geltungsbereichs <strong>des</strong> Freizügigkeitsabkommens bzw. <strong>des</strong> EFTA-<br />

<strong>Ab</strong>kommens fallen. Die Verordnung 1408/71 ist auf sämtliche Ar-<br />

beitnehmende, welche <strong>die</strong> Voraussetzungen der Grenzgängerbestimmung<br />

der Verordnung 1408/71 erfüllen, anwendbar, unabhängig davon ob sie im<br />

fremdenpolizeilichen Sinn als Grenzgänger qualifiziert sind und somit<br />

unabhängig von der Art der Aufenthaltserlaubnis.<br />

B 43<br />

B 44<br />

B 45<br />

B. „Unechte“ Grenzgänger und Grenzgängerinnen B 46<br />

26


Artikel 71 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe b Ziffer i) und ii) regelt <strong>die</strong> Zuständigkeit für<br />

sogenannte „unechte“ Grenzgänger. Unter „unechten“ Grenzgängern<br />

versteht man <strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> während ihrer letzten Beschäftigung nicht<br />

im selben Mitgliedstaat wohnen, in dem sie ihre Beschäftigung ausüben,<br />

jedoch nicht min<strong>des</strong>tens einmal wöchentlich an ihren Wohnort (im Sinne von<br />

Ort <strong>des</strong> gewöhnlichen Mittelpunkts seiner Interessen) zurückkehren.<br />

Darunter fallen gemäss Beschluss Nr. 160 2 der EG-Verwaltungskommis-<br />

sion insbesondere<br />

- Saisonarbeitnehmende<br />

- <strong>Arbeit</strong>nehmende im internationalen Verkehrswesen<br />

- <strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> ihre Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet mehrerer Mit-<br />

gliedstaaten ausüben<br />

- <strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> in einem Grenzbetrieb beschäftigt sind<br />

- unter Umständen auch entsandte <strong>Arbeit</strong>nehmende (vgl. Rz. B 59).<br />

Unechte Grenzgänger und Grenzgängerinnen erhalten bei Kurzarbeit oder<br />

wetterbedingten <strong>Arbeit</strong>sausfällen Leistungen vom Beschäftigungsstaat.<br />

Bei Ganzarbeitslosigkeit haben <strong>die</strong>se <strong>Arbeit</strong>nehmenden ein Wahlrecht. Sie<br />

können ihren Anspruch entweder im Wohnsitzstaat oder aber im letzten<br />

Beschäftigungsstaat geltend machen. Vorausgesetzt wird jedoch, dass sie<br />

sich in dem Staat, in dem sie <strong>die</strong> Leistungen beantragen, der <strong>Arbeit</strong>s-<br />

vermittlung zur Verfügung stellen. Dabei ist jedoch Folgen<strong>des</strong> zu beachten:<br />

• Saisonarbeitnehmende:<br />

Bei Saisonarbeitnehmenden im Sinne der Definition von Arti-<br />

kel 1 Buchstabe c) VO 1408/71 wird vermutet, dass sie ihren Wohnsitz im<br />

Herkunftsstaat beibehalten haben. Ihnen muss bei ihrer Rückkehr in den<br />

Herkunftsstaat <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung gewährt werden, wenn sie<br />

nachweisen, dass sie eine typische saisonale Beschäftigung ausgeübt<br />

haben.<br />

2 Amtsblatt Nr. L 049 vom 28.02.1996, S. 31 - 33<br />

B 47<br />

B 48<br />

B 49<br />

27


Nach Artikel 1 Buchstabe c) VO 1408/71 darf eine Saisontätigkeit längs-<br />

tens acht Monate dauern. Dauert <strong>die</strong> jahreszeitlich bedingte Tätigkeit länger<br />

als acht Monate, gilt der <strong>Arbeit</strong>nehmende nicht als Saisonarbeitnehmender<br />

im Sinne der VO 1408/71 und geniesst somit kein Wahlrecht. Ausschlagge-<br />

bend für das Wahlrecht der versicherten Person ist dabei <strong>die</strong> Dauer der<br />

Saison, für <strong>die</strong> sie eingestellt worden ist und nicht <strong>die</strong> effektive<br />

Beschäftigungsdauer der versicherten Person während <strong>die</strong>ser Saison.<br />

• Unechte Grenzgänger und Grenzgängerinnen, <strong>die</strong> während ihres<br />

Aufenthaltes in einem anderen Mitgliedstaat keine saisonale Be-<br />

schäftigung ausgeübt haben:<br />

Grundsätzlich gilt auch bei <strong>die</strong>sen <strong>Arbeit</strong>nehmenden <strong>die</strong> Vermutung, dass<br />

der letzte Beschäftigungsstaat auch der Wohnsitzstaat war. Deshalb haben<br />

<strong>die</strong>se <strong>Arbeit</strong>nehmenden gemäss Artikel 71 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe b Zif-<br />

fer i) VO 1408/71 bei Ganzarbeitslosigkeit Anspruch auf Leistungen <strong>des</strong><br />

letzten Beschäftigungsstaates, sofern sie sich in <strong>die</strong>sem Staat der Ar-<br />

beitsvermittlung zur Verfügung stellen.<br />

Kehren <strong>die</strong>se <strong>Arbeit</strong>nehmenden in ihren Herkunftsstaat zurück und beantra-<br />

gen dort Leistungen der <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung, so ist es ihre Sache,<br />

<strong>über</strong>zeugend darzulegen, dass sie in ihrem letzten Beschäftigungsstaat<br />

keinen Aufenthalt mit der <strong>Ab</strong>sicht <strong>des</strong> dauernden Verbleibs begründet<br />

haben.<br />

Gründe, <strong>die</strong> dafür sprechen, dass <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong> nehmende Person ihren<br />

Wohnort nicht in den Staat ihrer letzten Beschäftigung verlegt hat, sind zum<br />

Beispiel 3 :<br />

- Die Auslandbeschäftigung <strong>die</strong>nte hauptsächlich der beruflichen<br />

Weiterbildung oder der Verbesserung der Sprachkenntnisse.<br />

- Die Auslandbeschäftigung <strong>die</strong>nte einem von vornherein begrenzten<br />

Zweck, z. B. einem akademischen Austausch.<br />

- Die Beschäftigung war von vornherein auf einen <strong>über</strong>schaubaren<br />

Zeitraum befristet.<br />

3 Rs. 76/76, Urteil vom 17.02.1977<br />

B 50<br />

B 51<br />

B 52<br />

B 53<br />

28


- Die <strong>Arbeit</strong> nehmende Person war vor ihrem Auslandaufenthalt vor-<br />

wiegend im Herkunftsstaat beschäftigt.<br />

Zu den unechten Grenzgänger und Grenzgängerinnen gehören nach<br />

Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH auch <strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> ihren Wohnsitz in<br />

einen anderen als den Beschäftigungsstaat verlegt haben, ausnahmsweise<br />

jedoch im Beschäftigungsstaat persönliche und berufliche Bindungen<br />

solcher Art beibehält, dass er in <strong>die</strong>sem Staat <strong>die</strong> besten Aussichten auf<br />

eine berufliche Wiedereingliederung hat.<br />

Im Urteil Horst Miethe 4 gegen <strong>die</strong> Bun<strong>des</strong>anstalt für <strong>Arbeit</strong> verlegte ein<br />

deutscher Staatsangehöriger, der immer in Deutschland gelebt und gear-<br />

beitet hat, zusammen mit seiner Ehefrau den Wohnsitz nach Belgien, weil<br />

ihre Kinder dort ein Internat besuchten. In Deutschland behielt Miethe noch<br />

ein Büro, wo er auch eine Übernachtungsmöglichkeit hatte. Zudem waren<br />

sowohl er als seine Ehefrau weiterhin in Deutschland polizeilich gemeldet.<br />

Als Miethe seinen <strong>Arbeit</strong>splatz verlor, stellte er sich in Deutschland der<br />

<strong>Arbeit</strong>sverwaltung zur Verfügung und beantragte Leistungen bei<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit. Sein Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, er sei<br />

Grenzgänger und müsse <strong>des</strong>halb in Belgien <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung<br />

beantragen.<br />

Der EuGH entschied jedoch, dass in <strong>die</strong>sem ganz speziellen Fall der Ar-<br />

beitnehmende weitaus engere Kontakte zum Staat der letzten Beschäfti-<br />

gung als zum Wohnsitzstaat unterhalte, dass es sich hier um einen unechten<br />

Grenzgänger handeln würde, weshalb <strong>die</strong> Bestimmung von Artikel 71<br />

Buchstabe b Ziffer ii) VO 1408/71 zu Anwendung gelange.<br />

Da das Gemeinschaftsrecht nicht jedem Wanderarbeitnehmenden ein<br />

Wahlrecht einräumen will, ist <strong>die</strong> Bestimmung von Artikel 71 <strong>Ab</strong>satz 1 Buch-<br />

stabe b Ziffer ii) VO 1408/71 restriktiv anzuwenden. Um als unechter<br />

Grenzgänger zu gelten, muss <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong> nehmende Person gemäss Urteil<br />

Miethe sowohl enge persönliche als auch enge berufliche Bindungen zum<br />

Beschäftigungsstaat haben. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ<br />

4 Rs. 1/85, Urteil vom 12.06.1986<br />

B 54<br />

B 55<br />

29


erfüllt sein.<br />

Indizien für eine enge persönliche Bindung sind beispielsweise<br />

• ein Zweitwohnsitz im Beschäftigungsstaat<br />

• Teilnahme am sozialen Leben am Beschäftigungsort (Mitglied eines<br />

Sport-, Kulturvereins oder eines Berufverban<strong>des</strong> etc.)<br />

Indizien für eine enge berufliche Bindung sind etwa<br />

• <strong>die</strong> Tatsache, dass der erlernte Beruf vor allem im letzten Beschäfti-<br />

gungsstaat ausgeübt werden kann (nationales Fachdiplom)<br />

• einen Zweitwohnsitz am Beschäftigungsort, so dass <strong>die</strong> betroffene<br />

Person nicht regelmässig min<strong>des</strong>tens einmal pro Woche an seinen<br />

eigentlichen Wohnsitz zurückkehrt<br />

• der Umstand, dass <strong>die</strong> Person schon seit mehreren Jahren in <strong>die</strong>-<br />

sem Staat beschäftigt war.<br />

Eine restriktive Anwendung ergibt sich auch aus dem oben erwähnten Urteil<br />

Miethe, in dem der EuGH ausdrücklich festhielt, dass echten Grenzgängern<br />

kein Wahlrecht zustünde. Der blosse Umstand, dass das Recht <strong>des</strong><br />

Beschäftigungsstaates für sich allein betrachtet, also unabhängig von der<br />

Verordnung 1408/71, für einen Grenzgänger, der in einem anderen<br />

Mitgliedstaat wohnt, bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit einen Leistungsanspruch<br />

begründen würde, könne nicht dazu führen, einem solchen Ar-<br />

beitnehmenden ein Wahlrecht zuzuerkennen, das ihm Artikel 71 <strong>Ab</strong>satz 1<br />

Buchstabe a Ziffer ii) VO 1408/71 versage.<br />

• Entsandte <strong>Arbeit</strong>nehmende<br />

Bei entsandten <strong>Arbeit</strong>nehmenden wird gemäss Beschluss Nr. 160 5 vermu-<br />

tet, dass <strong>die</strong>se ihren Wohnsitz im Gebiet <strong>des</strong> zuständigen Staates haben,<br />

d.h. in demjenigen Staat, <strong>des</strong>sen Sozialversicherungsrecht sie unterstehen.<br />

Können <strong>die</strong> betroffene <strong>Arbeit</strong>nehmenden jedoch nachweisen, dass sie<br />

während ihrer Entsendezeit den Wohnsitz in denjenigen Staat verlegt haben,<br />

in den sie entsandt worden sind, ist <strong>die</strong>ser Staat für <strong>die</strong> Leis-<br />

5 Amtsblatt Nr. L 049 vom 28.02.1996, S. 31 - 33<br />

B 56<br />

B 57<br />

B 58<br />

B 59<br />

30


tungsgewährung zuständig, auch wenn sie in <strong>die</strong>sem Staat keine Sozial-<br />

versicherungsbeiträge entrichtet haben.<br />

Zu beachten gilt allerdings auch in <strong>die</strong>sem Fall, dass gemäss Beschluss Nr.<br />

160 der Wohnsitzbegriff nicht all zu grosszügig ausgelegt werden darf.<br />

2.3 Die Zusammenrechnung von Versicherungs-<br />

oder Beschäftigungszeiten (Totalisierung)<br />

2.3.1 Grundsatz<br />

Ist <strong>die</strong> Gewährung von <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung nach den nationalen<br />

Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates davon abhängig, dass <strong>die</strong> ar-<br />

beitslose Person eine bestimmte Zeit versichert war, resp. während einer<br />

bestimmten Zeit eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, so<br />

muss der für <strong>die</strong> Leistungsgewährung zuständige Staat auch <strong>die</strong>jenigen<br />

Versicherungszeiten berücksichtigen, welche <strong>die</strong> arbeitslose Person in<br />

einem andern EU-Staat zurückgelegt hat (Artikel 67 VO 1408/71).<br />

Artikel 67 VO 1408/71 unterscheidet zwischen Versicherungs- und Be-<br />

schäftigungszeiten. Diese Unterscheidung rührt daher, dass nicht alle EU-<br />

Mitgliedstaaten ein eigentliches, d.h. beitragsfinanziertes Versiche-<br />

rungssystem haben. Luxemburg beispielsweise erbringt <strong>die</strong> Leistungen bei<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit aus einem steuerfinanzierten Solidaritätsfonds. Luxemburg<br />

kennt somit keine Beitragspflicht im Sinne von Versicherungsprämien und<br />

kann <strong>des</strong>halb keine „Versicherungszeiten“ bescheinigen.<br />

Da <strong>die</strong> Schweiz das Risiko <strong>Arbeit</strong>slosigkeit mit einem Versicherungssys-<br />

tem abdeckt, kennt sie nur Versicherungszeiten und Versicherungszeiten<br />

gleichgestellte Zeiten im Sinne der VO 1408/71. Die Schweiz kann <strong>des</strong>halb<br />

keine Beschäftigungszeiten bescheinigen, <strong>die</strong> einen Anspruch auf<br />

Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit auslösen würden. Als Versicherungszeiten<br />

gelten alle in Artikel 13 <strong>Ab</strong>sätze 1 und 2 aufgeführten Tatbestände.<br />

B 60<br />

B 61<br />

B 62<br />

31


Nicht als Versicherungszeiten gelten <strong>die</strong> in Artikel 14 AVIG aufgeführten<br />

Befreiungsgründe. Artikel 14 AVIG räumt gewissen Personen einen An-<br />

spruch auf Leistungen der schweizerischen <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung ein,<br />

<strong>die</strong> eben keine Beiträge entrichteten und somit nicht versichert waren.<br />

Deshalb können <strong>die</strong>se Tatbestände auch nicht als Versicherungszeiten<br />

bescheinigt werden. Ob solche Tatbestände in einem EU-Mitgliedstaat<br />

einen Anspruch auf Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit auslösen, hängt von der<br />

jeweiligen nationalen Gesetzgebung ab.<br />

Die Unterscheidung von Versicherungs- und Beschäftigungszeiten hat nach<br />

Artikel 67 <strong>Ab</strong>satz 2 VO 1408/71 auch rechtliche Konsequenzen:<br />

• Versicherungszeiten<br />

Die von einem EU-Staat bescheinigten Versicherungszeiten müssen von<br />

der Schweiz uneingeschränkt berücksichtigt werden, auch wenn <strong>die</strong>se<br />

Beschäftigung in der Schweiz nicht als Versicherungszeit gegolten hätte.<br />

Der Sinn <strong>die</strong>ser Bestimmung liegt darin, dass eine <strong>Arbeit</strong> nehmende Per-<br />

son, <strong>die</strong> während Jahren Beiträge an eine oder mehrere Versicherungen<br />

entrichtet hat, ihren dadurch erworbenen Versicherungsschutz nicht allein<br />

<strong>des</strong>halb verliert, weil sie sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben hat.<br />

• Beschäftigungszeiten<br />

Die von einem Staat ohne Versicherungssystem bescheinigten Beschäfti-<br />

gungszeiten müssen gemäss letztem Halbsatz von Artikel 67 <strong>Ab</strong>satz 1<br />

VO 1408/71 jedoch nur dann berücksichtigt werden, wenn <strong>die</strong>se Be-<br />

schäftigung in dem für <strong>die</strong> Leistungserbringung zuständigen Staat als<br />

Versicherungszeit gegolten hätte.<br />

Beispiel:<br />

In der Rechtssache 126/77 (Frangiamore gegen Office national de l’emploi)<br />

ging es darum, dass eine italienische Staatsangehörige während mehreren<br />

Jahren in Italien als Hausangestellte tätig war. Diese Tätigkeit stellt in Italien<br />

eine beitragspflichtige Beschäftigung und somit eine Versicherungszeit dar.<br />

Nachdem Frau Frangiamore während 83 Tagen in einem belgischen<br />

B 63<br />

B 64<br />

B 65<br />

B 66<br />

B 67<br />

32


Unternehmen tätig war, wurde sie arbeitslos. Belgien wollte <strong>die</strong> in Italien als<br />

Hausangestellte zurückgelegte Versicherungszeit nicht anerkennen, da in<br />

Belgien solche Beschäftigungen nicht beitragspflichtig sind.<br />

Der EuGH entschied jedoch, dass bescheinigte Versicherungszeiten unein-<br />

geschränkt berücksichtigt werden müssen, unabhängig davon, ob sie im<br />

Staat der Leistungsgewährung ebenfalls als Versicherungszeit gegolten<br />

hätte oder nicht.<br />

Wäre <strong>die</strong> Versicherte im oben geschilderten Fall in einem Staat ohne Versi-<br />

cherungssystem und der damit verbundenen Beitragspflicht als<br />

Hausangestellte tätig gewesen, hätte Belgien <strong>die</strong>se Zeit nicht anerkennen<br />

müssen, da es sich um eine Beschäftigungszeit im Sinne von Artikel 67<br />

VO 1408/71 gehandelt hätte, für <strong>die</strong> <strong>die</strong> Ausnahme von <strong>Ab</strong>satz 1 letzter<br />

Halbsatz gilt.<br />

Umgekehrt müsste <strong>die</strong> Schweiz einer in der Schweiz arbeitslos geworde-<br />

nen <strong>Arbeit</strong> nehmenden Person <strong>die</strong> in Dänemark zurückgelegten Versiche-<br />

rungszeiten als Selbständigerwerbender anrechnen, da <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong><br />

nehmende Person während <strong>die</strong>ser Zeit Beiträge an <strong>die</strong> dänische<br />

Versicherung bezahlte.<br />

Die Pflicht, wonach <strong>die</strong> Schweiz bei EU-Staatsangehörigen <strong>die</strong> in einem<br />

EU-Mitgliedstaat, resp. bei EFTA-Staatsangehörigen, <strong>die</strong> in einem anderen<br />

EFTA-Staat zurückgelegten Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten<br />

berücksichtigen muss, wie wenn <strong>die</strong>se Zeiten in der Schweiz zurückgelegt<br />

worden wären, gilt gemäss Artikel 67 <strong>Ab</strong>satz 3 VO 1408/71 jedoch nur<br />

dann, wenn <strong>die</strong> versicherte Person unmittelbar vor Eintritt der <strong>Arbeit</strong>slosig-<br />

keit in der Schweiz eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat.<br />

Beispiel:<br />

Eine Person mit italienischer Staatsangehörigkeit, <strong>die</strong> während einer<br />

gewissen Zeit in der Schweiz als <strong>Arbeit</strong>nehmende tätig war, arbeitet wäh-<br />

rend vier Monaten in Deutschland. Kehrt sie in <strong>die</strong> Schweiz zurück, so muss<br />

<strong>die</strong> Schweiz <strong>die</strong> in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten nicht<br />

berücksichtigen. Die versicherte Person hat nur dann einen Anspruch auf<br />

B 68<br />

B 69<br />

B 70<br />

B 71<br />

33


<strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung, wenn sie allein auf Grund ihrer früheren<br />

Beschäftigung in der Schweiz <strong>die</strong> Min<strong>des</strong>tbeitragszeit erfüllt, so dass nur<br />

nationales Recht und nicht noch zusätzlich Gemeinschaftsrecht zur<br />

Anwendung kommt.<br />

Bei der Berücksichtigung von ausländischen Versicherungs- oder Beschäf-<br />

tigungszeiten spielt es keine Rolle, ob <strong>die</strong>se Zeiten bereits bei einer<br />

früheren <strong>Arbeit</strong>slosigkeit in einem anderen Mitgliedstaat einen Anspruch auf<br />

Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit ausgelöst haben.<br />

Beispiel<br />

Eine Person mit irischer Staatsangehörigkeit, <strong>die</strong> während zwei Jahren im<br />

Deutschland als <strong>Arbeit</strong>nehmende tätig war, wird in Deutschland arbeitslos<br />

und bezieht dort während vier Monaten <strong>Arbeit</strong>slosengeld. Nachdem sie<br />

anschliessend während fünf Monaten in der Schweiz gearbeitet hat, wird sie<br />

erneut arbeitslos. Da sie auf Grund der in der Schweiz zurückgelegten<br />

Beitragszeiten <strong>die</strong> Min<strong>des</strong>tbeitragszeit nach Artikel 13 AVIG nicht erfüllt,<br />

berücksichtigt <strong>die</strong> Schweiz <strong>die</strong> in Deutschland zurückgelegten<br />

Versicherungszeiten, <strong>die</strong> in <strong>die</strong> Rahmenfrist für <strong>die</strong> Beitragszeit fallen,<br />

unabhängig davon, ob <strong>die</strong>se Versicherungszeiten ausschlaggebend waren<br />

für den Anspruch auf deutsches <strong>Arbeit</strong>slosengeld bei der vorherigen<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit.<br />

Die Bestimmung von Artikel 67 <strong>Ab</strong>satz 3 VO 1408/71, wonach auslän-<br />

dische Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten nur dann berücksichtigt<br />

werden müssen, wenn <strong>die</strong> arbeitslose Person unmittelbar zuvor im Staat, in<br />

dem <strong>die</strong> Leistungen beantragt werden, Versicherungs- oder Beschäfti-<br />

gungszeiten zurückgelegt hat, gilt selbstverständlich nicht bei Grenzgängern<br />

und Grenzgängerinnen, <strong>die</strong> ihren Anspruch im Wohnsitzstaat geltend<br />

machen müssen, sowie bei <strong>Arbeit</strong>nehmenden nach Artikel 71 <strong>Ab</strong>satz 1<br />

Buchstabe b Ziffer ii) VO 1408/71 (wie zum Beispiel Saisonarbeit-<br />

nehmende), <strong>die</strong> auf Grund ihres Wahlrechts <strong>die</strong> Leistungen im Wohnsitz-<br />

staat geltend machen. Hier gilt, dass <strong>die</strong> im Beschäftigungsstaat zurück-<br />

gelegten Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen<br />

B 72<br />

B 73<br />

B 74<br />

34


sind, ohne dass zuerst im Wohnsitzstaat Versicherungszeiten zurückgelegt<br />

werden müssen.<br />

Da grundsätzlich der letzte Beschäftigungsstaat für <strong>die</strong> Leistungsgewährung<br />

bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit zuständig ist, und in einem anderen EU-Mitgliedstaat<br />

zurückgelegte Versicherungszeiten nur dann berücksichtigt werden müssen,<br />

wenn vor Eintritt der <strong>Arbeit</strong>slosigkeit Versicherungszeiten in dem Staat<br />

zurückgelegt worden sind, in dem <strong>die</strong> Leistungen beantragt werden, haben<br />

Familienangehörige von Wanderarbeitnehmenden, <strong>die</strong> ihre Beschäftigung<br />

in einem EU-Mitgliedstaat aufgegeben haben, damit sie mit ihrem<br />

Ehegatten, resp. ihrer Ehegattinen in <strong>die</strong> Schweiz ziehen können, keinen<br />

Anspruch auf <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung.<br />

Familienangehörige müssen zuerst in der Schweiz eine beitragspflichtige<br />

Beschäftigung ausüben, damit sie allenfalls einen Anspruch auf Leistungen<br />

der schweizerischen <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung haben. Der Ehegatte oder<br />

<strong>die</strong> Ehegattin und <strong>die</strong> Kinder der <strong>Arbeit</strong> nehmenden Person, <strong>die</strong> noch nicht<br />

21 Jahre alt sind oder denen sie Unterhalt gewährt, haben zwar gemäss<br />

Artikel 3 <strong>Ab</strong>satz 5 <strong>des</strong> Anhangs I zum Personenverkehrs-<br />

abkommen Schweiz – EG, resp. Artikel 3 <strong>Ab</strong>satz 5 <strong>des</strong> Anhangs K, Anlage<br />

1 zum geänderten EFTA-<strong>Ab</strong>kommen unabhängig ihrer Nationalität das<br />

Recht, in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit auszuüben, hingegen kommt<br />

das Prinzip der Zusammenrechnung von EG-Versicherungszeiten nur dann<br />

zur Anwendung, wenn es sich bei den Familienangehörigen um EU/EFTA-<br />

Staatsangehörige oder um in einem EU/EFTA-Staat anerkannte Flüchtlinge<br />

oder Staatenlose handelt und <strong>die</strong> unmittelbar vor Geltendmachung eines<br />

Anspruch auf <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung in der Schweiz eine<br />

beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben.<br />

B 75<br />

B 76<br />

35


2.3.2 Besonderheit in Bezug auf das geänderte<br />

EFTA-<strong>Ab</strong>kommen im Zusammenhang mit der<br />

Totalisierung von Versicherungszeiten<br />

Ausser der Schweiz sind alle EFTA-Staaten dem EWR beigetreten. Für <strong>die</strong><br />

Staatsangehörigen <strong>die</strong>ser Staaten, <strong>die</strong> innerhalb <strong>des</strong> EWR von ihrem Recht<br />

auf Freizügigkeit Gebrauch machen, sind <strong>die</strong> Verordnungen 1408/71 und<br />

574/72 im Verhältnis zu den EU-Mitgliedstaaten bereits anwendbar. Da-<br />

gegen betreffen <strong>die</strong> Änderungen <strong>des</strong> EFTA-<strong>Ab</strong>kommens vom 21. Juni 2001<br />

nur das Verhältnis der EFTA-Staaten untereinander und sind unabhängig<br />

vom Personenverkehrsabkommen zwischen der Schweiz und der<br />

Europäischen Gemeinschaft. Solange keine Vereinbarung zwischen der<br />

Europäischen Gemeinschaft und der EFTA besteht, welche das <strong>Ab</strong>kommen<br />

Schweiz – EG mit dem EFTA-<strong>Ab</strong>kommen (sowie dem EWR-Vertrag)<br />

verbindet, müssen <strong>die</strong>se <strong>Ab</strong>kommen getrennt von einander angewendet<br />

werden.<br />

Die zur Zeit noch fehlende Verbindung zwischen <strong>die</strong>sen <strong>Ab</strong>kommen hat zur<br />

Folge, dass <strong>die</strong> Schweiz EU-Staatsangehörigen <strong>die</strong> in einem anderen<br />

EFTA-Mitgliedstaat zurückgelegten Versicherungszeiten nicht anrechnen<br />

muss, resp. ein EU-Mitgliedstaat bei einem Schweizer Staatsangehörigen<br />

<strong>die</strong> in Norwegen, Island oder Liechtenstein zurückgelegten Versiche-<br />

rungszeiten nicht anrechnen muss. Ebenso wenig berücksichtigt <strong>die</strong><br />

Schweiz bei einem Staatsangehörigen von Norwegen, Island oder<br />

Liechtenstein <strong>die</strong> in einem EU-Staat zurückgelegten Versicherungszeiten<br />

und umgekehrt.<br />

Beispiel:<br />

Eine Person mit isländischer Staatsangehörigkeit, <strong>die</strong> während drei Jahren<br />

in Österreich gearbeitet hat, reist auf Grund eines unbefristeten Ar-<br />

beitsvertrages in <strong>die</strong> Schweiz ein. Nach fünf Monaten wird sie arbeitslos. Da<br />

<strong>die</strong> Person als Nicht-EU-Staatsangehörige nicht unter den Geltungsbereich<br />

<strong>des</strong> Personenverkehrsabkommens CH – EG fällt, ist <strong>die</strong>ses <strong>Ab</strong>kommen<br />

B 77<br />

B 78<br />

B 79<br />

36


nicht anwendbar und somit auch nicht <strong>die</strong> Bestimmung, wonach <strong>die</strong> Schweiz<br />

<strong>die</strong> in einem EU-Mitgliedstaat zurückgelegte Versicherungszeiten<br />

berücksichtigen muss.<br />

Da <strong>die</strong> Person mit isländischer Staatsangehörigkeit unter den persönlichen<br />

Geltungsbereich <strong>des</strong> EFTA-<strong>Ab</strong>kommens fällt, <strong>die</strong>ses jedoch nur vorsieht,<br />

dass <strong>die</strong> EFTA-Staaten <strong>die</strong> in einem anderen EFTA-Staat zurückgelegten<br />

Versicherungszeiten unter einander berücksichtigen, können <strong>die</strong> in<br />

Österreich zurückgelegten Versicherungszeiten auch nicht auf Grund <strong>des</strong><br />

EFTA-<strong>Ab</strong>kommens berücksichtigt werden.<br />

Ausnahmen bilden jedoch jene EU-/EFTA-Grenzgänger und EU-/EFTA-<br />

Grenzgängerinnen, für welche <strong>die</strong> zweiseitigen <strong>Ab</strong>kommen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Schweiz<br />

mit ihren Nachbarstaaten abgeschlossen hat, weiterhin Geltung haben (Vgl.<br />

dazu Rz. B 225).<br />

2.3.3 Formular E 301<br />

Die Bescheinigung von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten erfolgt<br />

mittels dem von der EG geschaffenen Formular E 301: „Bescheinigung von<br />

Zeiten, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Gewährung von Leistungen wegen <strong>Arbeit</strong>slosigkeit zu<br />

berücksichtigen sind“.<br />

Diese EG-Formulare, auch „Vordrucke“ genannt, gibt es in allen Lan<strong>des</strong>-<br />

sprachen der EU/EWR-Mitgliedstaaten. Die Schweiz ist jedoch nicht ver-<br />

pflichtet, fremdsprachige Formulare zu verwenden. Sie kann sich auf <strong>die</strong><br />

entsprechenden Formulare der drei Lan<strong>des</strong>sprachen Deutsch, Französisch<br />

und Italienisch beschränken.<br />

Die auf dem Formular E 301 bescheinigten Versicherungszeiten können<br />

ausschlaggebend sein, ob eine <strong>Arbeit</strong> nehmende Person einen Anspruch<br />

auf Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit hat. Es ist <strong>des</strong>halb ratsam, eine solche<br />

Bescheinigung vorsorglich ausfüllen zu lassen, wenn man beabsichtigt, in<br />

einen anderen Mitgliedstaat zu gehen. Bei allfälliger im Ausland eintretender<br />

B 80<br />

B 81<br />

B 82<br />

B 83<br />

37


<strong>Arbeit</strong>slosigkeit kann <strong>die</strong> zuständige Stelle den Leistungsanspruch schneller<br />

abklären, wenn das Formular E 301 bereits vorliegt und es nicht zuerst<br />

angefordert werden muss. Meldet sich eine Stellen suchende Person bei<br />

einem RAV ab, da sie eine Stelle im Ausland antreten wird, sollten ihr der<br />

RAV-Personalberater oder <strong>die</strong> RAV-Personalberaterin <strong>die</strong> Mitnahme der<br />

E 301 Bescheinigung empfehlen.<br />

<strong>Arbeit</strong>slose Personen, <strong>die</strong> in der Schweiz ihren Anspruch geltend<br />

machen und vorher in einem EU-Staat beschäftigt waren:<br />

Erfüllt <strong>die</strong> arbeitslose Person allein mit den in der Schweiz zurückgelegten<br />

Versicherungszeiten <strong>die</strong> Min<strong>des</strong>tbeitragszeit nicht, so muss sie der<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenkasse, bei welcher sie ihren Anspruch geltend macht, das<br />

Formular E 301 vorlegen. Legt sie <strong>die</strong>se Bescheinigung nicht vor, muss <strong>die</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>slosenkasse <strong>die</strong>se beim zuständigen Träger <strong>des</strong> letzten Beschäfti-<br />

gungsstaates der versicherten Person einholen.<br />

Gemäss Artikel 80 <strong>Ab</strong>satz 2 VO 574/72 ist es ausdrücklich Sache der<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenkasse, <strong>die</strong> fehlende Bescheinigung E 301 anzufordern. Diese<br />

Verpflichtung kann nicht der arbeitslosen Person auferlegt werden.<br />

In Anhang 10 zur Verordnung 574/72 sind <strong>die</strong> zuständigen Träger der<br />

jeweiligen EU-Staaten aufgeführt. Die Einholung von Auskünften oder<br />

Formularen erfolgt mit Hilfe <strong>des</strong> Formulars E 001. Dieses Formular ist<br />

immer dann zu verwenden, wenn von einer ausländischen Verbindungsstelle<br />

Auskünfte oder Unterlagen bezogen werden müssen.<br />

Fehlt das Formular E 301 so stellt <strong>die</strong> Kasse dem zuständigen Träger das<br />

Formular E 001 zu und ersucht unter Punkt 9.1 um <strong>die</strong> Vordrucke E 301. Da<br />

einige Staaten <strong>die</strong>se Angaben nur liefern können, wenn sie <strong>die</strong> früheren<br />

<strong>Arbeit</strong>gebenden der <strong>Arbeit</strong>nehmenden kennen, empfiehlt es sich, in jedem<br />

Fall, <strong>die</strong> Namen und Adressen der früheren <strong>Arbeit</strong>gebenden anzugeben.<br />

Einige Staaten benötigen zudem noch den Namen der <strong>Arbeit</strong>slosenkasse,<br />

bei welcher <strong>die</strong> arbeitlose Person während <strong>die</strong>sen Beschäftigungen<br />

versichert war.<br />

B 84<br />

B 85<br />

B 86<br />

B 87<br />

38


<strong>Arbeit</strong>slose Personen, <strong>die</strong> ihren Anspruch in einem EU-Staat geltend<br />

machen und vorher in der Schweiz gearbeitet haben:<br />

Zuständig für <strong>die</strong> Formulare E 301 sind grundsätzlich <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkas-<br />

sen. Hat <strong>die</strong> versicherte Person in der Schweiz noch keinen Antrag auf<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung gestellt, hat sie ein Wahlrecht, bei welcher<br />

Kasse sie das Formular E 301 beantragen will.<br />

Verfügt <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse <strong>über</strong> keine aktuelle <strong>Arbeit</strong>geberbescheini-<br />

gung, muss sie <strong>die</strong> für das Formular E 301 notwendigen Angaben mittels<br />

der EG-<strong>Arbeit</strong>geberbescheinigung (716.041) beim letzten, resp. bei den<br />

letzten <strong>Arbeit</strong>gebenden einholen.<br />

Da einige Staaten lange Referenzzeiträume für <strong>die</strong> Versicherungszeiten<br />

kennen, können <strong>die</strong> schweizerischen Versicherungszeiten auch mittels<br />

eines IK-Auszuges der AHV-Ausgleichskasse erfolgen. In <strong>die</strong>sem Falle ist<br />

jedoch zu beachten, dass <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung erst seit dem 1.<br />

April 1977 obligatorisch ist, weshalb keine ALV-Versicherungszeiten<br />

bescheinigt werden dürfen, <strong>die</strong> vor dem 1.04.1977 liegen.<br />

Als Verbindungsstelle für <strong>die</strong> Schweiz ist im Falle von <strong>Arbeit</strong>slosigkeit <strong>die</strong><br />

Direktion für <strong>Arbeit</strong> <strong>des</strong> seco (seco-DA) aufgeführt. Bei Anfragen von<br />

ausländischen Trägern an das seco wird das seco <strong>die</strong> verlangten Angaben<br />

bei den zuständigen Stellen einholen und <strong>die</strong> ausgefüllte Bescheinigung<br />

dem ausländischen Träger zustellen.<br />

2.3.4 Übergangsfristen für Personen mit<br />

Kurzaufenthaltsbewilligungen EG/EFTA<br />

Im Bereich <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung hat <strong>die</strong> Schweiz eine Übergangsfrist<br />

von sieben Jahren ausgehandelt, während der sie bei Personen mit<br />

Kurzaufenthaltsbewilligungen EG/EFTA, also bei <strong>Arbeit</strong>nehmenden mit<br />

einem <strong>Arbeit</strong>sverhältnis von weniger als einem Jahr, das Prinzip der Zu-<br />

sammenrechnung von Versicherungs- und Beschäftigungszeiten nicht<br />

B 88<br />

B 89<br />

B 90<br />

B 91<br />

B 92<br />

39


anwendet. Die Schweiz retroze<strong>die</strong>rt im Gegenzug <strong>die</strong> Beiträge der Per-<br />

sonen mit Kurzaufenthaltsbewilligung EG/EFTA an ihren Heimatstaaten.<br />

Diese Ausnahmeregelung ist im Protokoll zu Anhang II <strong>des</strong> <strong>Ab</strong>kommens<br />

<strong>über</strong> <strong>die</strong> Freizügigkeit festgehalten. Sie gilt einseitig nur für <strong>die</strong> Schweiz.<br />

Bei Schweizer Staatsangehörigen, <strong>die</strong> mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung<br />

in einem EU-Mitgliedstaat erwerbstätig sind, wenden <strong>die</strong> EU-Staaten das<br />

Prinzip der Totalisierung ab Inkrafttreten <strong>des</strong> <strong>Ab</strong>kommens an.<br />

Die selbe Ausnahmeregelung findet sich im Protokoll 1 zu Anhang K An-<br />

lage 2 <strong>des</strong> geänderten EFTA-<strong>Ab</strong>kommens und gilt ebenfalls nur einseitig für<br />

<strong>die</strong> Schweiz.<br />

Während den ersten sieben Jahren nach Inkrafttreten <strong>des</strong> Personenver-<br />

kehrsabkommens, also bis zum 31. Mai 2009, haben somit Personen mit<br />

einer Kurzaufenthaltsbewilligung EG/EFTA nur dann in der Schweiz einen<br />

Anspruch auf <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung, wenn sie allein auf Grund einer<br />

oder mehrerer unterjähriger Beschäftigungen <strong>die</strong> im <strong>Arbeit</strong>slosen-<br />

versicherungsgesetz vorgesehene Min<strong>des</strong>tbeitragszeit erfüllen.<br />

Erfüllen Personen mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung EG/EFTA <strong>die</strong><br />

Min<strong>des</strong>tbeitragszeit allein nach den schweizerischen Rechtsvorschriften<br />

nicht, müssen sie ihren Anspruch auf Leistungen in ihrem Heimatstaat<br />

geltend machen. Der Heimatstaat berücksichtigt dabei <strong>die</strong> in der Schweiz<br />

zurückgelegten Versicherungszeiten.<br />

Für <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkassen bedeutet <strong>die</strong>se Ausnahmeregelung, dass sie<br />

während den ersten sieben Jahren nach Inkrafttreten <strong>des</strong> Personenver-<br />

kehrsabkommens, resp. <strong>des</strong> geänderten EFTA-<strong>Ab</strong>kommens bei EU- und<br />

EFTA-Staatsangehörigen, welche <strong>die</strong> Min<strong>des</strong>tbeitragszeit allein mit<br />

schweizerischen beitragspflichtigen Beschäftigungen nicht erfüllen, <strong>die</strong> von<br />

der Fremdenpolizei erteilte Aufenthaltserlaubnis prüfen müssen. Von der Art<br />

der Aufenthaltserlaubnis hängt es ab, ob <strong>die</strong> Zusammenrechnung von<br />

Versicherungszeiten zur Anwendung gelangt. Bestehen Zweifel im<br />

B 93<br />

B 94<br />

B 95<br />

B 96<br />

B 97<br />

40


Zusammenhang mit der Aufenthaltsbewilligung ist bei der Prüfung der<br />

Anspruchsvoraussetzungen <strong>die</strong> fremdenpolizeiliche Behörde anzufragen.<br />

Die Ausnahme <strong>des</strong> Protokolls zu Anhang II, resp. zu Anhang K, Anlage 2 gilt<br />

nur für Personen mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung. Bei EU- oder EFTA-<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmenden, <strong>die</strong> auf Grund eines unbefristeten <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses<br />

von der Fremdenpolizei eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer<br />

von fünf Jahren erhalten, und <strong>die</strong> nach drei Monaten arbeitslos werden,<br />

kommt das Prinzip der Zusammenrechnung von Versicherungszeiten seit<br />

dem 1. Juni 2002 zum Tragen.<br />

Stellt <strong>die</strong> Kasse fest, dass <strong>die</strong> arbeitslose Person, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Min<strong>des</strong>tbeitrags-<br />

zeit mit den in der Schweiz zurückgelegten Beitragszeiten nicht erfüllt, eine<br />

Kurzaufenthaltsbewilligung EG/EFTA hat, so füllt sie ihm das Formular<br />

E 301 aus, damit <strong>die</strong> betroffene Person <strong>die</strong>ses beim zuständigen<br />

<strong>Arbeit</strong>samt in seinem Heimatstaat vorlegen kann.<br />

2.4 Berechnung der Leistungen<br />

2.4.1 <strong>Arbeit</strong>sverhältnisse, <strong>die</strong> vier Wochen oder län-<br />

ger dauern<br />

Artikel 68 <strong>Ab</strong>satz 1 VO 1408/71 regelt <strong>die</strong> Berechnung der Leistungshöhe.<br />

Hängt <strong>die</strong> Höhe der Entschädigung von der Höhe <strong>des</strong> vor Eintritt der<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit erzielten Einkommens ab, wie <strong>die</strong>s nach schweizerischem<br />

Recht der Fall ist, so darf nur dasjenige Einkommen berücksichtigt werden,<br />

das <strong>die</strong> arbeitslose Person im letzten Beschäftigungsstaat erzielt hat. Diese<br />

Regelung gilt dann, wenn <strong>die</strong> Beschäftigung in dem für <strong>die</strong><br />

Leistungserbringung zuständigen Staat min<strong>des</strong>tens vier Wochen gedauert<br />

hat.<br />

Der Bemessungszeitraum bestimmt sich nach den Regeln von Artikel 37<br />

AVIV. Hat <strong>die</strong> Beschäftigung in der Schweiz weniger als sechs, bzw. zwölf<br />

Monate gedauert, ist je nach anzuwendender Bemessungsgrundlage das<br />

B 98<br />

B 99<br />

B 100<br />

B 101<br />

41


ganze <strong>Arbeit</strong>sverhältnis in der Schweiz zu berücksichtigen.<br />

Die Vorschrift von Artikel 68 <strong>Ab</strong>satz 1 VO 1408/71 ist vor allem dann von<br />

Bedeutung, wenn Wanderarbeitnehmende weniger als zwölf Monate in der<br />

Schweiz gearbeitet haben und ihr Einkommen während <strong>die</strong>ser Zeit<br />

Schwankungen unterlegen ist.<br />

2.4.2 <strong>Arbeit</strong>sverhältnisse, <strong>die</strong> weniger als vier Wo-<br />

chen dauern<br />

Dauert das <strong>Arbeit</strong>sverhältnis weniger als vier Wochen, wird nicht das im<br />

letzten Beschäftigungsstaat effektiv erzielte Einkommen als Grundlage für<br />

den versicherten Ver<strong>die</strong>nst berücksichtigt. Als versicherter Ver<strong>die</strong>nst wird<br />

ein hypothetisches Einkommen herangezogen. Dieses Einkommen<br />

entspricht dem Ver<strong>die</strong>nst für eine Tätigkeit, <strong>die</strong> derjenigen entspricht, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> versicherte Person zuletzt in ihrem Herkunftsstaat ausgeübt hat (Arti-<br />

kel 68 <strong>Ab</strong>satz 1, letzter Satz VO 1408/71).<br />

Beispiel:<br />

Eine Person mit dänischer Staatsangehörigkeit hat während mehreren<br />

Jahren in Luxemburg als Hochbauzeichner/-in gearbeitet. Auf Grund eines<br />

unbefristeten <strong>Arbeit</strong>svertrages als Maurer/-in erhält sie in der Schweiz eine<br />

Aufenthaltsbewilligung mit einer Gültigkeit von fünf Jahren. Während der<br />

Probezeit wird sie entlassen und meldet sich in der Folge als arbeitslos. Ihr<br />

versicherter Ver<strong>die</strong>nst entspricht dem in der Schweiz gesamtarbeitsver-<br />

traglichen vereinbarten, resp. dem orts- oder berufsüblichen Lohn für eine<br />

Tätigkeit als Hochbauzeichner/-in.<br />

2.4.3 Versicherter Ver<strong>die</strong>nst von Grenzgängern<br />

und Grenzgängerinnen<br />

Der versicherte Ver<strong>die</strong>nst von Grenzgängern und Grenzgängerinnen richtet<br />

sich nach dem im Beschäftigungsstaat effektiv erzielten Einkommen. Dies<br />

gilt auch bei sog. „unechten“ Grenzgängern und Grenzgängerinnen, <strong>die</strong> ihren<br />

B 102<br />

B 103<br />

B 104<br />

B 105<br />

42


Anspruch auf Grund ihres Wahlrechts im Wohnsitzstaat geltend machen.<br />

Beispiel<br />

Eine Person mit Schweizer Staatsangehörigkeit arbeitet in der Wintersai-<br />

son während fünf Monaten als Skilehrer/-in in Schweden. Im Anschluss an<br />

<strong>die</strong> Saison stellt sie in der Schweiz einen Antrag auf <strong>Arbeit</strong>slosenent-<br />

schädigung. Sofern <strong>die</strong> versicherte Person <strong>die</strong> in Schweden zurückgelegten<br />

Versicherungszeiten benötigt, damit sie nach schweizerischem Recht <strong>die</strong><br />

Min<strong>des</strong>tbeitragszeit erfüllt, gilt als versicherter Ver<strong>die</strong>nst das in Schweden<br />

effektiv erzielte Einkommen.<br />

Erfüllt <strong>die</strong> versicherte Person analog dem Beispiel in Rz. B 40 allein nach<br />

schweizerischem Recht – unabhängig von den in Schweden zurückgelegten<br />

Beitragszeiten – <strong>die</strong> Anspruchsvoraussetzungen, so spielt das in Schweden<br />

erzielte Einkommen selbstverständlich keine Rolle bei der Festsetzung <strong>des</strong><br />

versicherten Ver<strong>die</strong>nstes.<br />

2.4.4 Taggeldhöhe und Zuschlag für Kinder- und<br />

Ausbildungszulagen<br />

Bei der Festsetzung der Taggeldhöhe von 70 oder 80 Prozent <strong>des</strong> versi-<br />

cherten Ver<strong>die</strong>nstes sind nach Artikel 68 <strong>Ab</strong>satz 2 VO 1408/71 auch <strong>die</strong> in<br />

einem anderen Mitgliedstaat wohnenden Kinder zu berücksichtigen, sofern<br />

gegen<strong>über</strong> <strong>die</strong>sen Kindern eine Unterhaltspflicht im Sinne von Artikel 277<br />

<strong>des</strong> Zivilgesetzbuches besteht.<br />

In Bezug auf den Taggeldzuschlag für Kinder- und Ausbildungszulagen kennt<br />

<strong>die</strong> VO 1408/71 folgende Regelungen:<br />

Nach den Artikeln 72a und 74 VO 1408/71 richtet der für <strong>die</strong> Leistungsge-<br />

währung zuständige Staat den Zuschlag für Kinder- und Ausbildungszulagen<br />

sowohl für <strong>die</strong>jenigen Kinder der versicherten Person aus, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>sem<br />

Staat wohnen, als auch für Kinder, <strong>die</strong> in einem anderen Mitgliedstaat<br />

wohnen.<br />

B 106<br />

B 107<br />

B 108<br />

B 109<br />

43


Zur Vermeidung von doppeltem Bezug von Kinder- und Ausbildungszulagen<br />

gilt <strong>die</strong> Antikumulierungsvorschrift von Artikel 76 VO 1408/71.<br />

• Bezieht der Ehepartner, resp. <strong>die</strong> Ehepartnerin der versicherten Person<br />

in einem anderen Mitgliedstaat für <strong>die</strong> dort wohnenden Kindern<br />

Familienleistungen auf Grund einer Erwerbstätigkeit, so hat <strong>die</strong> versi-<br />

cherte Person nur noch dann Anspruch auf einen Kinder- und Ausbil-<br />

dungszuschlag, wenn <strong>die</strong> Familienleistungen im Erwerbsstaat <strong>des</strong><br />

Ehepartners, resp. der Ehepartnerin tiefer sind als <strong>die</strong> nach den<br />

schweizerischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Zulagen. Die im<br />

Wohnsitzstaat der Kinder ausgerichteten Familienleistungen werden vom<br />

Kinder- und Ausbildungszuschlag nach schweizerischem Recht in <strong>Ab</strong>zug<br />

gebracht, so dass <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse nur noch <strong>die</strong> Differenz<br />

ausbezahlen muss.<br />

• Die <strong>Arbeit</strong>slosenkasse muss auch dann nur <strong>die</strong> Differenz ausbezahlen,<br />

wenn im Wohnsitzstaat zwar ein Anspruch auf Familienleistungen be-<br />

steht, <strong>die</strong>ser aber nicht geltend gemacht wird (Artikel 76 <strong>Ab</strong>satz 2<br />

VO 1408/71).<br />

Damit <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse <strong>die</strong> Taggeldhöhe berechnen und allfällige<br />

Kinder- und Ausbildungszulagen ausrichten kann, benötigt sie <strong>die</strong> Angaben,<br />

mit denen <strong>die</strong> versicherte Person während ihrer letzten Anstellung bei der<br />

zuständigen Familienausgleichskasse ihren Anspruch auf Kinderzulagen<br />

geltend machte.<br />

2.4.5 Anspruchsdauer<br />

Artikel 12 VO 1408/71 sieht das Verbot <strong>des</strong> Zusammentreffens von<br />

Leistungen der gleichen Art vor. Allerdings sind im Ausland bezogene<br />

Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit beim Höchstanspruch auf Taggelder nur<br />

dann zu berücksichtigen, wenn es sich um <strong>die</strong> selbe <strong>Arbeit</strong>slosigkeit han-<br />

delt, d.h. wenn <strong>die</strong> versicherte Person während der Dauer der <strong>Arbeit</strong>slo-<br />

sigkeit ihren Wohnsitz in <strong>die</strong> Schweiz verlegt. Dies ist vor allem bei<br />

B 110<br />

B 111<br />

B 112<br />

B 113<br />

B 114<br />

44


Grenzgängern und Grenzgängerinnen von Bedeutung, <strong>die</strong> vor Eintritt der<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit in der Schweiz eine Beschäftigung ausgeübt haben und<br />

nach dem sie im Wohnsitzstaat Leistungen bezogen haben, ihren Wohnsitz<br />

in <strong>die</strong> Schweiz verlegen.<br />

Unechte Grenzgänger oder Grenzgängerinnen nach Artikel 71 <strong>Ab</strong>satz 1<br />

Buchstabe b) VO 1408/71 können ihren Anspruch entweder im letzten<br />

Beschäftigungsstaat oder im Wohnsitzstaat geltend machen. Dieses<br />

Wahlrecht kann auch nach Eintritt der <strong>Arbeit</strong>slosigkeit ausgeübt werden,<br />

wenn <strong>die</strong> versicherte Person in einem Staat bereits Leistungen bezogen<br />

hat. In <strong>die</strong>sem Zusammenhang ist jedoch Artikel 71 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe b<br />

Ziffer ii) VO 1408/71 zu beachten, wonach <strong>die</strong> versicherte Person, <strong>die</strong><br />

zuerst im letzten Beschäftigungsstaat Leistungen geltend gemacht hat und<br />

dann in den Wohnsitzstaat zurückkehrt, vom letzten Beschäftigungsstaat<br />

Leistungen nach Artikel 69 VO 1408/71 (vgl. Kapitel 2.5 Leistungsexport) zu<br />

gut hat.<br />

Aufgrund der unterschiedlichen Auszahlungsformen der Leistungen bei<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit sind <strong>die</strong> in einem anderen Staat bezogenen Leistungen wie<br />

folgt zu berücksichtigen:<br />

Die Höchstzahl der Taggelder sind um <strong>die</strong>jenige Anzahl Taggelder zu<br />

kürzen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> versicherte Person in dem Zeitraum, in dem sie von einem<br />

anderen Staat Leistungen erhielt, hier in der Schweiz hätte beziehen<br />

können.<br />

Bei versicherten Personen, <strong>die</strong> in einem anderen Staat Leistungen bei<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit bezogen haben und nach ihrer Einreise in <strong>die</strong> Schweiz hier<br />

eine beitragspflichtige Beschäftigung ausüben, bevor sie in der Schweiz<br />

einen Antrag auf <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung stellen, sind <strong>die</strong> im Ausland<br />

bezogenen Leistungen nicht in <strong>Ab</strong>zug zu bringen, da es sich nicht mehr um<br />

<strong>die</strong> selbe <strong>Arbeit</strong>slosigkeit handelt. Hat jedoch das in der Schweiz<br />

eingegangene <strong>Arbeit</strong>sverhältnis nur wenige Tage gedauert und stand schon<br />

bei Aufnahme <strong>die</strong>ser Beschäftigung fest, dass <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosigkeit dadurch<br />

nicht dauerhaft beendet werden kann, so sind <strong>die</strong> in einem anderen Staat<br />

B 115<br />

B 116<br />

B 117<br />

45


ezogenen Leistungen in <strong>Ab</strong>zug zu bringen, da es sich um <strong>die</strong> selbe<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit handelt.<br />

Dies ist jedoch nicht generell bei jedem befristeten <strong>Arbeit</strong>sverhältnis der<br />

Fall. Dauert das befristete <strong>Arbeit</strong>sverhältnis so lange, dass Chancen be-<br />

stehen, während der Dauer <strong>die</strong>ses <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses eine neue Stelle für<br />

<strong>die</strong> Zeit nach Beendigung <strong>die</strong>ser <strong>Arbeit</strong> zu finden, so muss von einer neuen<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit ausgegangen werden.<br />

2.5 Der Leistungsexport<br />

2.5.1 Grundsatz<br />

Damit <strong>Arbeit</strong>nehmende auch effektiv von ihrem Recht auf Freizügigkeit<br />

Gebrauch machen können, d.h. sich in einem anderen Mitgliedstaat um<br />

<strong>Arbeit</strong> bemühen können, sieht Artikel 69 VO 1408/71 den Leistungsexport<br />

vor. Danach können sich arbeitslose <strong>Arbeit</strong>nehmende während längstens<br />

drei Monaten in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten aufhalten,<br />

um sich dort um <strong>Arbeit</strong> zu bemühen, ohne dass sie ihren Anspruch auf<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung verlieren.<br />

Das Recht auf Leistungsexport kann allerdings zwischen zwei Beschäfti-<br />

gungszeiten nur einmal geltend gemacht werden (Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 3<br />

VO 1408/71). Massgebend ist nicht <strong>die</strong> Rahmenfrist für den Leistungsbe-<br />

zug, sondern dass <strong>die</strong> versicherte Person bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung als<br />

arbeitslose Person abgemeldet ist und keine Leistungen der <strong>Arbeit</strong>slo-<br />

senversicherung mehr bezieht. Dies kann auch bei einem befristeten Ar-<br />

beitsverhältnis der Fall sein. Allerdings darf <strong>die</strong> versicherte Person infolge<br />

Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit während min<strong>des</strong>tens<br />

einer Kontrollperiode keine Leistungen der <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung be-<br />

ziehen.<br />

Eine versicherte Person, <strong>die</strong> einmal vom Recht auf Leistungsexport<br />

Gebrauch gemacht hat und danach zwar eine Beschäftigung ausübt, für<br />

<strong>die</strong>se Beschäftigung jedoch Leistungen der <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung<br />

B 118<br />

B 119<br />

B 120<br />

46


ezieht, sei es in Form von Kompensations- oder Differenzzahlungen, hat<br />

keinen erneuten Anspruch auf Leistungsexport nach Artikel 69 VO 1408/71.<br />

Dies gilt auch, wenn der versicherten Person für <strong>die</strong>se Beschäftigung Ein-<br />

arbeitungs- oder Ausbildungszuschüsse ausgerichtet worden sind und er im<br />

Anschluss an <strong>die</strong> Einarbeitung oder Ausbildung erneut arbeitslos wird.<br />

Damit das Recht auf Mitnahme <strong>des</strong> Leistungsanspruchs geltend gemacht<br />

werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:<br />

• Zweck <strong>des</strong> Auslandaufenthaltes<br />

Das Recht auf Leistungsexport steht grundsätzlich jeder anspruchsbe-<br />

rechtigten versicherten Person zu. Der Auslandaufenthalt muss jedoch<br />

der <strong>Arbeit</strong>ssuche und somit der Beendigung der <strong>Arbeit</strong>slosigkeit<br />

<strong>die</strong>nen. Bei Auslandaufenthalten zum Aufbau einer selbständigen<br />

Erwerbstätigkeit oder zum <strong>Ab</strong>solvieren eines Weiterbildungskurses<br />

können keine Leistungen nach Artikel 69 VO 1408/71 ausgerichtet<br />

werden. Die versicherte Person muss <strong>des</strong>halb bereit sein, beim Auffin-<br />

den einer Stelle allenfalls ihren Wohnsitz ins Ausland zu verlegen. Das<br />

Mitnahmerecht kann nur dann verneint werden, wenn begründete Zweifel<br />

an der Ernsthaftigkeit der <strong>Arbeit</strong>ssuche bestehen. Dies ist<br />

beispielsweise dann der Fall, wenn sich eine deutschsprachige versi-<br />

cherte Person ohne Fremdsprachenkenntnisse auf einer kleiner Mit-<br />

telmeerinsel während dreier Monate um <strong>Arbeit</strong> bemühen will oder trotz<br />

unterschiedlichem Lohnniveau in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht be-<br />

reit wäre, im Ausland eine Stelle anzunehmen, deren Entlöhnung tiefer<br />

ist als das zuletzt in der Schweiz erzielte Einkommen.<br />

Auf der anderen Seite haben auch <strong>die</strong>jenigen versicherten Personen<br />

ein Recht auf Leistungsexport, <strong>die</strong> nicht beabsichtigen, nach <strong>Ab</strong>lauf der<br />

dreimonatigen Exportfrist wieder in <strong>die</strong> Schweiz zurückzukehren, son-<br />

dern für immer im anderen Mitgliedstaat bleiben wollen und <strong>des</strong>halb ih-<br />

ren Wohnsitz in den Staat der Stellensuche verlegen. Dies ergibt sich<br />

aus Artikel 71 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe b Ziffer ii) und <strong>Ab</strong>satz 2 VO 1408/71.<br />

B 121<br />

B 122<br />

B 123<br />

47


Obwohl ein Anspruch auf <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung u.a. voraussetzt,<br />

dass <strong>die</strong> versicherte Person in der Schweiz wohnt, können Personen,<br />

<strong>die</strong> einen Anspruch auf Leistungen nach Artikel 69 VO 1408/71 haben<br />

und welche <strong>die</strong> Schweiz definitiv verlassen wollen, ihren Wohnsitz per<br />

Ausreisedatum aufgeben, ohne dass sie ihren Anspruch auf Leistungen<br />

während der in Artikel 69 VO 1408/71 vorgesehenen Frist von drei<br />

Monaten verlieren.<br />

• Vorrang <strong>des</strong> schweizerischen <strong>Arbeit</strong>smarktes<br />

Das Recht auf Leistungsexport kann erst dann geltend gemacht werden,<br />

wenn <strong>die</strong> versicherte Person während min<strong>des</strong>tens vier Wochen der<br />

schweizerischen <strong>Arbeit</strong>svermittlung zur Verfügung gestanden hat (Ar-<br />

tikel 69 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe a VO 1408/71). Diese vierwöchige War-<br />

tefrist in Bezug auf das Mitnahmerecht beginnt mit dem ersten Tag, an<br />

dem <strong>die</strong> versicherte Person sämtliche Anspruchsvoraussetzungen nach<br />

Artikel 8 AVIG erfüllt und dauert 28 Kalendertage. Während <strong>die</strong>sen 28<br />

Tagen muss <strong>die</strong> versicherte Person der Stellenvermittlung zur Verfügung<br />

stehen. Wird <strong>die</strong>se Frist beispielsweise durch Krankheit unterbrochen,<br />

verlängert sie sich um <strong>die</strong> Anzahl Tage, an denen <strong>die</strong> versicherte<br />

Person der Stellenvermittlung nicht zur Verfügung stand.<br />

In Ausnahmefällen kann <strong>die</strong> zuständige Amtsstelle <strong>die</strong> <strong>Ab</strong>reise schon<br />

vor <strong>Ab</strong>lauf <strong>die</strong>ser vierwöchigen Wartefrist erlauben. Auf Grund <strong>des</strong><br />

Vorranges <strong>des</strong> inländischen Stellenmarktes, aber auch weil der An-<br />

spruch der versicherten Person auf <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung in der<br />

Regel noch nicht abgeklärt ist, sollte von <strong>die</strong>ser Möglichkeit jedoch nur<br />

im Einzelfall bei Vorliegen triftiger Gründe Gebrauch gemacht werden.<br />

Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn <strong>die</strong> versicherte Person<br />

schon konkrete Stellenangebote (Einladung zu Vorstellungsgesprächen)<br />

vorlegen kann, oder auf dem schweizerischen Stellenmarkt keine Ar-<br />

beitsangebote vorhanden sind und mit hoher Wahrscheinlichkeit an-<br />

zunehmen ist, dass auch während der gesamten vierwöchigen War-<br />

tefrist und der verbleibenden Bezugsdauer keine vorhanden sein<br />

werden.<br />

B 124<br />

B 125<br />

B 126<br />

48


Die Empfehlung Nr. 21 der Verwaltungskommission der Europäischen<br />

Gemeinschaften für <strong>die</strong> soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer<br />

vom 28. November 1996 6 sieht vor, dass bei <strong>Arbeit</strong>nehmenden, <strong>die</strong> ihre<br />

Stelle aufgegeben haben, damit sie mit ihrem Ehepartner, resp. ihrer<br />

Ehepartnerin, der oder <strong>die</strong> in einem anderen Mitgliedstaat eine <strong>Arbeit</strong><br />

aufgenommen hat, ins Ausland ziehen können, auf <strong>die</strong> Einhaltung der<br />

vierwöchigen Frist verzichtet wird. Diese Personen müssen sich nicht<br />

zuerst während min<strong>des</strong>tens vier Wochen der schweizerischen<br />

<strong>Arbeit</strong>svermittlung zur Verfügung stellen, bevor sie ihren Anspruch auf<br />

Leistungen nach Artikel 69 VO 1408/71 geltend machen können.<br />

Wegen <strong>des</strong> Vorranges <strong>des</strong> schweizerischen <strong>Arbeit</strong>smarktes muss <strong>die</strong><br />

versicherte Person bis zu ihrer <strong>Ab</strong>reise bereit sein, sich hier in der<br />

Schweiz um <strong>Arbeit</strong> zu bemühen und eine ihr zugewiesene Stelle an-<br />

zunehmen. Die RAV werden <strong>des</strong>halb angehalten, wenn möglich der<br />

versicherten Person, <strong>die</strong> unmittelbar nach <strong>Ab</strong>lauf <strong>die</strong>ser Min<strong>des</strong>twar-<br />

tefrist von vier Wochen abreisen will und <strong>des</strong>sen <strong>Arbeit</strong>sbemühungen<br />

sowohl während der Kündigungsfrist als auch nach Eintreten der Ar-<br />

beitslosigkeit ungenügend sind, Stellen zuzuweisen.<br />

Das Recht auf Leistungsexport kann nicht allein <strong>des</strong>wegen verweigert<br />

werden, weil <strong>die</strong> versicherte Person eine ihr zugewiesene Stelle ab-<br />

gelehnt hat. Die <strong>Ab</strong>lehnung einer ihr zugewiesenen Stelle hat eine<br />

Einstellung in der Anspruchsberechtigung nach Artikel 30 <strong>Ab</strong>satz 1<br />

Buchstabe d AVIG zur Folge. Die Einrede der versicherten Person,<br />

wonach sie lieber im Ausland - allenfalls in seinem Heimatland – eine<br />

Beschäftigung ausüben möchte, stellt keinen entschuldbaren Grund für<br />

eine Verschuldensminderung dar. Solange <strong>die</strong> versicherte Person Leis-<br />

tungen der schweizerischen <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung bezieht, muss sie<br />

bereit sein, auf dem schweizerischen <strong>Arbeit</strong>smarkt eine Stelle an-<br />

zunehmen.<br />

6 Amtsblatt Nr. C 67 vom 4.03.1997, S. 3<br />

B 127<br />

B 128<br />

B 129<br />

49


• Kontrollvorschriften während der Dauer <strong>des</strong> Leistungsexports<br />

Die versicherte Person muss sich im Staat der <strong>Arbeit</strong>ssuche der Ar-<br />

beitsvermittlung zur Verfügung stellen (Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe b<br />

VO 1408/71) und <strong>die</strong> Kontrollvorschriften nach den nationalen<br />

Rechtsvorschriften <strong>die</strong>ses Staates erfüllen. Dabei gilt, dass sich <strong>die</strong><br />

versicherte Person spätestens am siebten Tag nach ihrer <strong>Ab</strong>meldung<br />

beim RAV beim ausländischen <strong>Arbeit</strong>samt melden muss, damit sie<br />

keinen Verlust an Taggelder erleidet. Meldet sich <strong>die</strong> versicherte<br />

Person zu spät bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung im Land der <strong>Arbeit</strong>ssuche,<br />

werden <strong>die</strong> Leistungen erst ab Meldetag ausgerichtet. Die siebentägige<br />

Meldefrist beginnt mit dem Tag der <strong>Ab</strong>reise und endet mit dem<br />

sechsten darauf folgenden Kalendertag. Das Datum <strong>des</strong> letzten Be-<br />

suchs der versicherten Person beim RAV muss nicht identisch sein mit<br />

dem <strong>Ab</strong>reisedatum, wichtig ist jedoch, dass <strong>die</strong> versicherte Person in<br />

der Zeit zwischen ihrem letzten RAV-Besuch und ihrer <strong>Ab</strong>reise weiterhin<br />

erreichbar und vermittlungsfähig ist.<br />

Beispiel:<br />

Eine versicherte Person teilt dem RAV am 1. Oktober mit, dass sie sich<br />

am 10. Oktober zwecks Stellensuche in einen EU-Mitgliedstaat begibt.<br />

<strong>Ab</strong> 10. Oktober (Reisetag) stellt sich <strong>die</strong> versicherte Person dem RAV<br />

nicht mehr zur <strong>Arbeit</strong>svermittlung zur Verfügung, weshalb sie sich<br />

spätestens am 16. Oktober bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung <strong>des</strong> EU-Staates<br />

der <strong>Arbeit</strong>ssuche melden muss, damit <strong>die</strong> Kontrollvorschriften als lü-<br />

ckenlos erfüllt betrachtet werden, und <strong>die</strong> versicherte Person<br />

durchgehend Leistungen beziehen kann.<br />

Meldet sie sich erst am 17. Oktober bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung, erhält<br />

sie für <strong>die</strong> Tage vom 10. – 16. Oktober keine Taggelder.<br />

Auf dem Merkblatt zum Formular E 303/5 sind <strong>die</strong> Mel<strong>des</strong>tellen der<br />

einzelnen Mitgliedstaaten aufgeführt, bei denen sich eine Stellen su-<br />

chende Person melden muss.<br />

B 130<br />

B 131<br />

B 132<br />

50


Die siebentägige Meldefrist kann in aussergewöhnlichen Fällen von der<br />

zuständigen Amtsstelle verlängert werden. Eine solche Verlängerung<br />

kann etwa bewilligt werden, wenn <strong>die</strong> versicherte Person unverschuldet<br />

an der rechtzeitigen Anmeldung verhindert war, weil beispielsweise<br />

- <strong>die</strong> zuständige Amtsstelle im Ausland nicht geöffnet war, oder<br />

- weil <strong>die</strong> versicherte Person kurz vor der <strong>Ab</strong>reise erkrankte, wobei in<br />

<strong>die</strong>sem Fall <strong>die</strong> versicherte Person dem RAV unverzüglich Meldung<br />

erstatten muss.<br />

Da selbst <strong>die</strong> VO 1408/71 von „aussergewöhnlichen Fällen“ spricht,<br />

sollte <strong>die</strong> siebentägige Meldefrist nur dann verlängert werden, wenn es<br />

für <strong>die</strong> versicherte Person objektiv unmöglich war, sich rechtzeitig bei<br />

der <strong>Arbeit</strong>svermittlung im Land der Stellensuche zu melden. Die<br />

versicherte Person kann sich nicht darauf verlassen, dass <strong>die</strong> aus-<br />

ländische Amtsstelle am letzten Tag <strong>die</strong>ser Frist geöffnet ist und sich<br />

<strong>des</strong>halb erst dann um eine Meldung bemühen, obwohl sie dazu schon<br />

vorher in der Lage gewesen wäre.<br />

• Dauer <strong>des</strong> Mitnahmerechts<br />

Gemäss Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe c VO 1408/71 muss <strong>die</strong> versi-<br />

cherte Person, <strong>die</strong> sich zwecks Stellensuche ins EU/EFTA-Ausland be-<br />

gibt, vor <strong>Ab</strong>lauf der dreimonatigen Leistungsexportfrist wieder in <strong>die</strong><br />

Schweiz zurückkehren, wenn sie im Ausland keine Stelle gefunden hat<br />

und weiterhin <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung beziehen will. Die versicherte<br />

Person, <strong>die</strong> am 15. Februar <strong>die</strong> Schweiz verlässt, muss sich also<br />

spätestens am 14. Mai wieder beim RAV melden. Meldet sich <strong>die</strong><br />

versicherte Person ohne entschuldbaren Grund erst nach <strong>Ab</strong>lauf der<br />

dreimonatigen Frist, verliert sie nach Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 2 VO 1408/71<br />

jeglichen Anspruch auf Leistungen. Dies bedeutet, dass ein versicherte<br />

Person, <strong>die</strong> von ihrem Recht auf Leistungsexport Gebrauch gemacht<br />

hat, und zu spät in <strong>die</strong> Schweiz zurückkehrt, ihren ihr in der Rahmenfrist<br />

für den Leistungsbezug verbleibenden Taggeld-Restanspruch nicht<br />

mehr beziehen kann. Sie kann erst wieder Taggelder der<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenversicherung beziehen, wenn ihr nach <strong>Ab</strong>lauf <strong>die</strong>ser<br />

B 133<br />

B 134<br />

B 135<br />

51


Rahmenfrist für den Leistungsbezug auf Grund einer beitragspflichtigen<br />

Beschäftigung oder eines Befreiungsgrun<strong>des</strong> eine neue Rahmenfrist<br />

eröffnet werden kann.<br />

Da versicherte Personen, <strong>die</strong> nicht vor <strong>Ab</strong>lauf der dreimonatigen Frist in<br />

den für <strong>die</strong> Leistungsgewährung zuständigen Staat zurückkehren, jeden<br />

Anspruch auf Leistungen verliert, können <strong>die</strong>se auch nicht gestützt auf<br />

Artikel 59d AVIG zu Lasten der <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung ar-<br />

beitsmarktliche Massnahmen besuchen. Finden <strong>die</strong>se Personen jedoch<br />

während der laufenden Rahmenfrist für den Leistungsbezug wieder eine<br />

<strong>Arbeit</strong> und erleiden sie an ihrem <strong>Arbeit</strong>splatz wetter- oder<br />

kurzarbeitsbedingte <strong>Arbeit</strong>sausfälle, so können <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>gebenden<br />

selbstverständlich auch für <strong>die</strong>sen <strong>Arbeit</strong>nehmenden Schlechtwetter-<br />

oder Kurzarbeitsentschädigung beantragen. Eben so haben <strong>die</strong> Ar-<br />

beitnehmenden Anspruch auf Insolvenzentschädigung, wenn <strong>die</strong> Ar-<br />

beitgebenden zahlungsunfähig werden.<br />

Die in Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 2 VO 1408/71 vorgesehene Frist von drei Mo-<br />

naten kann in Ausnahmefällen verlängert werden. Da es sich bei der<br />

rechtzeitigen Rückkehr um eine Anspruchsvoraussetzung für <strong>die</strong><br />

Aufrechterhaltung <strong>des</strong> Leistungsanspruchs handelt, ist für eine allfällige<br />

Verlängerung <strong>die</strong> von der versicherten Person gewählte <strong>Arbeit</strong>slosen-<br />

kasse zuständig. Auch hier gilt, dass bei Prüfung einer allfälligen<br />

Verlängerung strenge Massstäbe anzulegen sind.<br />

Beispiel<br />

In der Rechtssache 139/78 i.S. Coccioli gegen Bun<strong>des</strong>anstalt für <strong>Arbeit</strong><br />

ging es um einen in Deutschland leistungsberechtigten italienischen<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer, der nicht innert der Dreimonatesfrist nach Deutschland<br />

zurückkehrte und geltend machte, auf Grund seiner Erkrankung sei es<br />

ihm nicht möglich gewesen, rechtzeitig nach Deutschland<br />

zurückzukehren. Deutschland lehnte den Antrag um Verlängerung mit<br />

der Begründung ab, dass eine Verlängerung der Frist nur in<br />

besonderen Fällen gewährt werden könne. Im vorliegenden Fall sei der<br />

B 136<br />

B 137<br />

B 138<br />

52


Aufenthalt <strong>des</strong> Versicherten schon lange vor seiner Erkrankung nicht<br />

mehr aus dem Grund gerechtfertigt gewesen, dass er <strong>Arbeit</strong> suche. Es<br />

sei abzusehen gewesen, dass es in dem Gebiet, in das er sich als<br />

<strong>Arbeit</strong>ssuchender begeben habe, keine <strong>Arbeit</strong> gab.<br />

Der EuGH stützte den Entscheid Deutschlands. Die Behörden <strong>des</strong><br />

leistungserbringenden Staates müssten bei der Entscheidung, ob eine<br />

solche Fristverlängerung gewährt werden könne, „alle Faktoren, <strong>die</strong><br />

ihrer Meinung nach für <strong>die</strong> Bewertung der individuellen Situation <strong>des</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>slosen und der effektiven Ausübung von Kontrollen wichtig sind“,<br />

berücksichtigen. Bei der Bewertung der tatsächlichen Umstände eines<br />

besonderen Falles müssten <strong>die</strong> Behörden <strong>über</strong>prüfen, ob <strong>die</strong> Rechte,<br />

<strong>die</strong> dem <strong>Arbeit</strong>slosen nach Artikel 69 VO 1408/71 zustehen und <strong>die</strong> er<br />

für sich in Anspruch nimmt, zweckmässig angewendet werden, das<br />

heisst, zum Zwecke der <strong>Arbeit</strong>ssuche.<br />

Der Verlust <strong>des</strong> restlichen Taggeldanspruchs bei verspäteter Rückkehr<br />

der versicherten Person ist insofern gerechtfertigt, als Artikel 69<br />

VO 1408/71 denjenigen, <strong>die</strong> vom Leistungsexport Gebrauch machen,<br />

einen Vorteil einräumt gegen<strong>über</strong> jenen versicherten Personen, <strong>die</strong> im<br />

zuständigen Staat verbleiben. 7 Immerhin ist es Aufgabe der schwei-<br />

zerischen <strong>Arbeit</strong>smarktbehörde, Personen, <strong>die</strong> Leistungen beziehen<br />

wieder in den <strong>Arbeit</strong>smarkt zu integrieren. Dies ist jedoch nicht möglich,<br />

wenn sich <strong>die</strong> Stellen suchende Person längere Zeit der Vermittlung<br />

nicht zur Verfügung stellt oder stellen will. Da der Verlust <strong>des</strong> Rest-<br />

anspruches für <strong>die</strong> betroffene Person eine schwerwiegende<br />

Massnahme darstellt, ist es wichtig, dass <strong>die</strong> versicherte Person vor<br />

ihrer <strong>Ab</strong>reise <strong>über</strong> <strong>die</strong> Konsequenzen einer verspäteten Rückkehr orien-<br />

tiert wird. Artikel 83 <strong>Ab</strong>satz 2 VO 574/72 schreibt <strong>des</strong>halb vor, dass <strong>die</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>sverwaltung <strong>des</strong> zuständigen Staates, d.h. <strong>die</strong> zuständige<br />

kantonale Amtsstelle sich zu vergewissern hat, dass <strong>die</strong> arbeitslose<br />

Person <strong>über</strong> alle ihr auf Grund <strong>des</strong> Artikels 69 VO 1408/71 und der auf<br />

Grund <strong>des</strong> Artikels 83 VO 574/72 obliegenden Pflichten unterrichtet<br />

worden ist. Die versicherte Person muss <strong>des</strong>halb schriftlich bestätigen,<br />

7 EuGH i.S. 41, 121, 796/79<br />

B 139<br />

53


das „Merkblatt für <strong>Arbeit</strong>slose, <strong>die</strong> in einem andern Land <strong>Arbeit</strong> suchen“<br />

erhalten zu haben. Auf <strong>die</strong>ser Bestätigung muss das Datum eingetragen<br />

werden, an dem sich <strong>die</strong> versicherte Person spätestens wieder beim<br />

RAV melden muss. Eine Kopie <strong>die</strong>ser Bestätigung ist der versicherten<br />

Person auszuhändigen.<br />

Fällt das Ende der dreimonatigen Frist auf einen Samstag oder einen<br />

Sonntag, muss sich <strong>die</strong> versicherte Person spätestens am folgenden<br />

Montag wieder beim RAV melden.<br />

Das Original <strong>die</strong>ser Bestätigung ist vom RAV aufzubewahren. Auf<br />

Wunsch der <strong>Arbeit</strong>slosenkasse muss das RAV der Kasse eine Kopie<br />

<strong>die</strong>ser Bestätigung zustellen, insbesondere auch dann, wenn <strong>die</strong> ver-<br />

sicherte Person zu spät zurückkehrt und <strong>die</strong> Kasse <strong>des</strong>halb ihren An-<br />

spruch <strong>über</strong>prüfen muss.<br />

Artikel 69 VO 1408/71 trägt den Titel „Bedingungen und Grenzen der<br />

Aufrechterhaltung <strong>des</strong> Leistungsanspruchs“. Bei der Frage, ob eine<br />

versicherte Person trotz verspäteter Rückkehr weiterhin Anspruch auf<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung hat, handelt es sich somit um eine Frage<br />

der Anspruchsberechtigung, weshalb es Sache der <strong>Arbeit</strong>slosenkasse<br />

ist zu entscheiden, ob ein Ausnahmefall vorliegt und der versicherten<br />

Person <strong>die</strong> in Artikel 69 VO 1408/71 vorgesehene Frist von drei<br />

Monaten verlängert werden kann. Liegt kein entschuldbarer Grund vor,<br />

hat <strong>die</strong> Kasse <strong>die</strong> Verneinung <strong>des</strong> Anspruchs der versicherten Person<br />

mittels Verfügung zu eröffnen.<br />

Da der Leistungsexport der Stellen suchenden Person und somit der<br />

Beendigung der <strong>Arbeit</strong>slosigkeit <strong>die</strong>nen sollte, kann <strong>die</strong> in Artikel 69<br />

<strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe c VO 1408/71 vorgesehene Dauer auch nicht<br />

durch den Bezug kontrollfreier Bezugstage nach Artikel 27 AVIV ver-<br />

längert werden. Die erworbenen kontrollfreien Bezugstage können<br />

<strong>des</strong>halb gemäss Artikel 27 <strong>Ab</strong>satz 6 AVIV weder unmittelbar vor, noch<br />

unmittelbar im Anschluss, noch während der Dauer <strong>des</strong> Leis-<br />

B 140<br />

B 141<br />

B 142<br />

B 143<br />

54


tungsexports bezogen werden.<br />

Hingegen gelten <strong>die</strong> Tage, an denen <strong>die</strong> versicherte Person der Ar-<br />

beitsvermittlung in einem andern EFTA- oder in einem EU-Mitgliedstaat<br />

zur Verfügung steht, als Tage kontrollierter <strong>Arbeit</strong>slosigkeit, <strong>die</strong> zu<br />

einem Anspruch auf kontrollfreie Tage führen.<br />

Die versicherte Person ist zudem darauf hinzuweisen, dass im Gegen-<br />

satz zur Reise in den Staat der Stellensuche <strong>die</strong> Tage für <strong>die</strong> Rückreise<br />

nicht bezahlt werden, weshalb sie sich möglichst rasch nach <strong>Ab</strong>meldung<br />

im Staat der Stellensuche wieder beim RAV melden sollte.<br />

Ein Auslandaufenthalt von mehr als drei Monaten bewirkt nur dann den<br />

Verlust <strong>des</strong> Taggeld-Restanspruches, wenn <strong>die</strong> versicherte Person<br />

während ihres Auslandaufenthaltes Leistungen der schweizerischen<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenversicherung beansprucht hat, das heisst, von ihrem Recht<br />

nach Artikel 69 VO 1408/71 Gebrauch gemacht hat. Beruft sich <strong>die</strong><br />

versicherte Person nicht auf <strong>die</strong> ihr im Gemeinschaftsrecht einge-<br />

räumten Rechte, indem sie während der Dauer <strong>des</strong> Auslandaufenthaltes<br />

auf Leistungen der <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung verzichtet, beurteilt sich<br />

<strong>die</strong> Frage, ob er bei ihrer Rückkehr noch Leistungen zu gut hat, allein<br />

nach den schweizerischen Rechtsvorschriften. Dauert <strong>die</strong> Rahmenfrist<br />

für den Leistungsbezug noch an und erfüllt <strong>die</strong> versicherte Person <strong>die</strong><br />

übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach Artikel 8 AVIG, kann sie bis<br />

zum <strong>Ab</strong>lauf der Rahmenfrist ihren verbliebenen Anspruch auf Taggelder<br />

beziehen.<br />

• Begrenzung der Dauer <strong>des</strong> Leistungsexportes<br />

Das Recht auf Leistungsexport kann nicht dazu führen, den Höchstan-<br />

spruch der versicherten Person zu verlängern. Steht schon im Voraus<br />

fest, dass der Anspruch der versicherten Person während <strong>des</strong> drei-<br />

monatigen Zeitraumes endet, beispielsweise wegen Pensionierung,<br />

endet der Mitnahmezeitraum am letzten Tag, an dem <strong>die</strong> versicherte<br />

B 144<br />

B 145<br />

B 146<br />

B 147<br />

55


Person <strong>die</strong> Anspruchsberechtigung erfüllt.<br />

Beträgt hingegen der Restanspruch an Taggelder weniger als drei Mo-<br />

nate, so verkürzt sich der Mitnahmezeitraum nicht, da <strong>die</strong> versicherte<br />

Person während <strong>die</strong>ser Zeit eine Aushilfsbeschäftigung ausüben kann,<br />

oder <strong>die</strong> Leistungen wegen Krankheit oder Unfall nicht ausgerichtet<br />

werden. Die versicherte Person hat in <strong>die</strong>sem Fall jedoch nur noch<br />

Anspruch auf <strong>die</strong> ihr zustehenden restlichen Taggelder.<br />

• Sonderregelung für Saisonarbeitnehmende<br />

Saisonarbeitnehmende können wählen, ob sie ihren Anspruch auf Ar-<br />

beitslosenentschädigung im letzten Beschäftigungsstaat oder aber in<br />

ihrem Herkunftsstaat beziehen wollen (Rz. B 48). Aus <strong>die</strong>sem Grunde ist<br />

das Recht auf Leistungsexport für <strong>die</strong>se Kategorie <strong>Arbeit</strong>nehmende<br />

eingeschränkt. Gemäss Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe c, letzter Satz,<br />

VO 1408/71 endet das Recht auf Leistungsexport mit dem <strong>Ab</strong>lauf der<br />

Saison, für <strong>die</strong> sie eingestellt worden sind.<br />

Saisonarbeitnehmende können daher nur vom Recht auf Leistungsex-<br />

port profitieren, wenn sie vor <strong>Ab</strong>lauf der Saison, für <strong>die</strong> sie eingestellt<br />

worden sind, arbeitslos werden. In <strong>die</strong>sem Fall können sie, sofern sie<br />

<strong>die</strong> übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, in der Schweiz Ar-<br />

beitslosenentschädigung beziehen und nach <strong>Ab</strong>lauf der vierwöchigen<br />

Wartefrist in Bezug auf das Mitnahmerecht in ihren Herkunfts- oder in<br />

einen anderen Mitgliedstaat gehen, um sich dort um <strong>Arbeit</strong> zu bemühen.<br />

Die Dauer <strong>des</strong> Mitnahmerechts kann jedoch kürzer als drei Monate<br />

sein, da es nur bis zum Ende der Saison gewährt wird. Die versicherte<br />

Person muss sich folglich spätestens am letzten Tag der Saison, für <strong>die</strong><br />

sie eingestellt worden ist, wieder beim RAV melden, wenn sie weiterhin<br />

Leistungen der schweizerischen <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung beziehen<br />

will.<br />

Begibt sich <strong>die</strong> versicherte Person in ihren Herkunftsstaat zur Stellen-<br />

suche und kehrt sie nicht rechtzeitig in <strong>die</strong> Schweiz zurück, ist nach<br />

B 148<br />

B 149<br />

B 150<br />

B 151<br />

56


suche und kehrt sie nicht rechtzeitig in <strong>die</strong> Schweiz zurück, ist nach<br />

<strong>Ab</strong>lauf der Leistungsexport-Frist der Herkunftsstaat für <strong>die</strong> Leistungs-<br />

gewährung zuständig, wenn sie nach den nationalen Rechtsvorschriften<br />

<strong>die</strong>ses Staates <strong>die</strong> Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Die im letzten Be-<br />

schäftigungsstaat bezogenen Taggelder werden in <strong>die</strong>sem Fall vom<br />

Höchstanspruch nach dem Recht <strong>des</strong> Herkunftsstaates in <strong>Ab</strong>zug ge-<br />

bracht.<br />

Beispiel<br />

Eine Person mit Schweizer Staatsangehörigkeit erhält von einem finni-<br />

schen Unternehmen eine Saisonanstellung als Holzfäller/-in. Die Saison<br />

dauert sieben Monate. Nach fünf Monaten wird sie entlassen. Nachdem<br />

sich <strong>die</strong>se Person der finnischen <strong>Arbeit</strong>svermittlung einen Monat zur<br />

Verfügung gestellt hat, lässt sie sich ihren Anspruch auf Leistungen der<br />

finnischen <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung in <strong>die</strong> Schweiz exportieren. Ihr<br />

Anspruch auf Leistungsexport dauert einen Monat (bis zum Ende der<br />

Holzfäller-Saison). Am Ende <strong>die</strong>ses Monats kehrt <strong>die</strong> Stellen suchende<br />

Person nicht nach Finnland zurück sondern stellt auf Grund ihres<br />

Wahlrechts in der Schweiz einen Antrag auf <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung.<br />

Der Höchstanspruch nach schweizerischem Recht verkürzt sich um <strong>die</strong><br />

Anzahl Tage, für <strong>die</strong> sie Leistungen nach finnischem Recht erhalten hat.<br />

2.5.2 Ausrichtung der Leistungen während der<br />

Dauer <strong>des</strong> Leistungsexports<br />

Obwohl <strong>die</strong> versicherte Person während der Dauer der Stellensuche im<br />

Ausland <strong>die</strong> Kontrollvorschriften nach den Rechtsvorschriften <strong>die</strong>ses<br />

Staates erfüllen muss, untersteht sie was das Leistungsrecht betrifft wei-<br />

terhin den Vorschriften <strong>des</strong> AVIG. Der Leistungsexport hat <strong>des</strong>halb keinen<br />

Einfluss auf <strong>die</strong> Taggeldhöhe, <strong>die</strong> Bezugsdauer oder auf <strong>die</strong> übrigen<br />

Anspruchsvoraussetzungen nach Artikel 8 AVIG. Ausnahme: schweizeri-<br />

scher Wohnsitz nach Artikel 8 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe c AVIG bei Personen,<br />

<strong>die</strong> definitiv <strong>die</strong> Schweiz verlassen haben (vgl. Rz. B 123).<br />

B 152<br />

B 153<br />

57


Damit <strong>die</strong> versicherte Person während der Dauer der Stellensuche im<br />

Ausland <strong>über</strong> ihre <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung verfügen kann, sieht Arti-<br />

kel 70 <strong>Ab</strong>satz 1 VO 1408/71 vor, dass der Staat der Stellensuche der<br />

versicherten Person <strong>die</strong> ihr nach AVIG zustehende Entschädigung aus-<br />

richtet. Damit <strong>die</strong>s möglich ist, benötigt sie von der schweizerischen Ar-<br />

beitslosenkasse <strong>die</strong> notwendigen Angaben (siehe Punkt 2.5.3 Formu-<br />

lar E 303). Die Direktion für <strong>Arbeit</strong> <strong>des</strong> seco vergütet dem ausländischen<br />

Träger <strong>die</strong> der versicherten Person ausgerichtete Entschädigung (Artikel 70<br />

<strong>Ab</strong>satz 2 VO 1408/71).<br />

Im umgekehrten Fall, d.h. wenn sich eine in einem EU/EFTA-Mitgliedstaat<br />

anspruchsberechtigte Person zwecks Stellensuche vor<strong>über</strong>gehend in der<br />

Schweiz aufhält, muss sie bei einem RAV <strong>die</strong> im AVIG vorgesehenen<br />

Kontrollvorschriften erfüllen. Eine schweizerische <strong>Arbeit</strong>slosenkasse richtet<br />

ihr <strong>die</strong> Entschädigung aus, <strong>die</strong> ihr nach den Rechtsvorschriften <strong>des</strong><br />

Herkunftsstaates zustehen.<br />

2.5.3 Bescheinigung der Aufrechterhaltung <strong>des</strong> An-<br />

spruchs auf Leistungen wegen<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit: Formular E 303<br />

Da <strong>die</strong> versicherte Person während der Dauer <strong>des</strong> Leistungsexports weiter-<br />

hin dem Leistungsrecht <strong>des</strong> Herkunftsstaates unterstellt bleibt, muss <strong>die</strong><br />

aushelfende <strong>Arbeit</strong>slosenkasse im Staat der Stellensuche Kenntnisse <strong>über</strong><br />

<strong>die</strong> Höhe und <strong>die</strong> Dauer der von ihr auszurichtenden Leistungen haben. Um<br />

<strong>die</strong>sen Informationsaustausch zu gewährleisten, hat <strong>die</strong> EG-Kommission<br />

gestützt auf Artikel 83 VO 574/72 den Formularsatz E 303/0 – 303/5 kreiert.<br />

Diese Bescheinigung enthält Angaben <strong>über</strong>:<br />

• Beginn und Dauer der Leistungszahlungen<br />

• <strong>die</strong> Höhe der Leistungen<br />

• Umstände, <strong>die</strong> zur Einstellung der Zahlungen durch <strong>die</strong> ausländische<br />

Versicherung führen können.<br />

B 154<br />

B 155<br />

B 156<br />

B 157<br />

58


Die Stellen suchende Person ist grundsätzlich nach Artikel 83 <strong>Ab</strong>satz 2<br />

VO 574/72 verpflichtet, <strong>die</strong>se Bescheinigung vor ihrer <strong>Ab</strong>reise von der<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenkasse ausfüllen zu lassen. Unterlässt sie <strong>die</strong>s, muss <strong>die</strong> zu-<br />

ständige Stelle im Staat der <strong>Arbeit</strong>ssuche <strong>die</strong>se einfordern. Dies bedeutet,<br />

dass <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse einer inländischen versicherten Person, <strong>die</strong><br />

sich zwecks Stellensuche ins EU/EFTA-Ausland begeben will, <strong>die</strong>sen<br />

Formularsatz ausfüllen muss. Ebenso ist sie verpflichtet, <strong>die</strong>se Beschei-<br />

nigung für eine in einem EU/EFTA-Staat anspruchsberechtigte Stellen su-<br />

chende Person anzufordern, wenn <strong>die</strong>se sich zwecks <strong>Arbeit</strong>ssuche<br />

vor<strong>über</strong>gehend in der Schweiz aufhält und <strong>die</strong> Formulare E 303 nicht<br />

vorlegen kann.<br />

Die Bescheinigung E 303 besteht aus fünf Teilen:<br />

• E 303/0 bleibt bei der Behörde (RAV und ALK) <strong>des</strong>jenigen Staates, in<br />

dem <strong>die</strong> versicherte Person anspruchsberechtigt ist.<br />

Die Formulare E 303/1 – 303/5 nimmt <strong>die</strong> Stellen suchende Person in den<br />

Staat der <strong>Arbeit</strong>ssuche mit.<br />

• E 303/1 bleibt bei der zuständigen Behörde im Staat der Stellensuche.<br />

• E 303/2 wird vom <strong>Arbeit</strong>samt <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> der Stellensuche der Be-<br />

hörde im Herkunftsland (ALK) zugestellt, damit <strong>die</strong>se weiss, wann sich<br />

<strong>die</strong> versicherte Person bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung im Staat der <strong>Arbeit</strong>s-<br />

suche gemeldet hat und ab wann <strong>die</strong> ausländische Kasse <strong>die</strong> Zahlungen<br />

ausrichtet.<br />

• E 303/3 ist im Falle von Krankheit der versicherten Person zusammen<br />

mit dem E 111 der zuständigen Krankenversicherung am Ort der<br />

Stellensuche einzureichen (vgl. Rz. B 197).<br />

• E 303/4 hat zwei Funktionen: Eine Kopie von E 303/4 sollte der zu-<br />

ständigen Kasse als Information <strong>über</strong> <strong>die</strong> ausgerichteten Taggelder<br />

zugestellt werden, damit <strong>die</strong>se den der versicherten Person nach ihrer<br />

Rückkehr verbleibenden Restanspruch berechnen kann. Das Original<br />

von E 303/4 wird der zuständigen Behörde im Herkunftsland (seco-DA)<br />

zugestellt, zusammen mit der Rückforderung <strong>über</strong> <strong>die</strong> an den<br />

Stellensuchenden ausgerichteten Leistungen.<br />

B 158<br />

B 159<br />

59


• E 303/5 ist ein Merkblatt der EG-Kommission für arbeitslose Perso-<br />

nen, <strong>die</strong> in einem anderen Land eine <strong>Arbeit</strong> suchen wollen. Das RAV hat<br />

sich zu vergewissern, dass <strong>die</strong> Stellen suchende Person <strong>die</strong>ses<br />

Merkblatt erhalten hat, insbesondere <strong>die</strong> Konsequenzen einer ver-<br />

späteten Rückkehr zur Kenntnis genommen hat.<br />

Beabsichtigt <strong>die</strong> versicherte Person, sich in mehreren Mitgliedstaaten um<br />

<strong>Arbeit</strong> zu bemühen, so muss sie pro Staat einen ausgefüllten E 303-For-<br />

mularsatz mitnehmen.<br />

2.5.4 EU- oder EFTA-Staatsangehörige, <strong>die</strong> in der<br />

Schweiz <strong>Arbeit</strong> suchen<br />

2.5.4.1 Anmeldung bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung<br />

EU- oder EFTA-Staatsangehörige (zu den letzteren gehören auch<br />

Schweizer Staatsangehörige), <strong>die</strong> in einem EU-/EFTA-Staat Anspruch auf<br />

Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit haben und in der Schweiz <strong>Arbeit</strong> suchen,<br />

müssen sich bei einem RAV als Stellen suchende Person melden. Die<br />

Anmeldung beim RAV muss innerhalb von sieben Tagen nach <strong>Ab</strong>meldung<br />

beim <strong>Arbeit</strong>samt <strong>des</strong> Herkunftslan<strong>des</strong> erfolgen, resp. innerhalb der auf dem<br />

Formular E 303/1-4 unter Punkt 3 angegebenen Frist. Meldet sich <strong>die</strong><br />

Stellen suchende Person zu spät beim RAV, kann <strong>die</strong> Kasse erst ab<br />

<strong>die</strong>sem Datum Leistungen ausrichten.<br />

Obwohl sich <strong>die</strong> Stellen suchende Person im ganzen Staatsgebiet der<br />

Schweiz um <strong>Arbeit</strong> bemühen kann, ist dasjenige RAV, bei dem sich <strong>die</strong>se<br />

Person zuerst anmeldet, für <strong>die</strong> gesamte Dauer seines Aufenthaltes in der<br />

Schweiz zuständig. Diese Vorschrift ist im neuen Artikel 20a AVIV<br />

festgehalten. Vor der Erfassung der Stellen suchenden Person im AVAM ist<br />

<strong>des</strong>halb zu prüfen, ob sich <strong>die</strong> Stellen suchende Person bereits bei einem<br />

anderen RAV angemeldet hat.<br />

Die Stellen suchende Person kann frei entscheiden, bei welchem RAV, in<br />

dem Gebiet, in dem sie <strong>Arbeit</strong> sucht, sie sich melden will. Dies muss nicht<br />

B 160<br />

B 161<br />

B 162<br />

B 163<br />

60


dem Gebiet, in dem sie <strong>Arbeit</strong> sucht, sie sich melden will. Dies muss nicht<br />

das RAV sein, welches für ihren Aufenthaltsort in der Schweiz zuständig ist.<br />

Es muss jedoch ein RAV in demjenigen Kanton sein, in dem sich <strong>die</strong> Stellen<br />

suchende Person erstmals der <strong>Arbeit</strong>svermittlung zur Verfügung stellt.<br />

Kann <strong>die</strong> Stellen suchende Person wiederholt von ihrem Recht auf Leis-<br />

tungsexport Gebrauch machen, so kann sie bei erneuter Stellensuche in der<br />

Schweiz ein anderes RAV wählen. Dieses ist jedoch wieder für <strong>die</strong> ge-<br />

samte Dauer ihres erneuten Aufenthaltes in der Schweiz zuständig.<br />

Das RAV erfasst <strong>die</strong> arbeitslose Person als Stellen suchende Person.<br />

Stellen suchende Personen, <strong>die</strong> noch nie in der Schweiz eine Erwerbstä-<br />

tigkeit ausgeübt haben, verfügen <strong>über</strong> keine AHV-Nummer. Da Stellen<br />

suchende Personen während der Dauer der <strong>Arbeit</strong>ssuche in der Schweiz<br />

immer noch dem Sozialversicherungssystem ihres Herkunftsstaats un-<br />

terstehen, müssen sie in der Schweiz keine AHV-Beiträge entrichten,<br />

weshalb für <strong>die</strong>se Personenkategorie keine AHV-Nummer beantragt wer-<br />

den muss. Eine Eingabe ins AVAM ist auch ohne AHV-Nummer möglich,<br />

wenn im Feld Aufenthaltsstatus ein „X“ eingegeben wird. Aufenthaltstatus<br />

„X“ bedeutet, dass <strong>die</strong>se Person auf Stellensuche in der Schweiz ist.<br />

Bei der ersten Anmeldung muss das RAV der Stellen suchenden Person<br />

eine Liste mit den ihr zur Verfügung stehenden <strong>Arbeit</strong>slosenkassen aushän-<br />

digen, damit sie eine <strong>Arbeit</strong>slosenkasse auswählen kann, <strong>die</strong> ihr während<br />

ihres Aufenthaltes in der Schweiz <strong>die</strong> Entschädigung ausrichtet.<br />

Grundsätzlich sollte <strong>die</strong> Stellen suchende Person eine Adresse in der<br />

Schweiz bekannt geben, an der sie erreichbar ist und an welche <strong>die</strong> Kas-<br />

senabrechnungen, Stellenzuweisungen etc. geschickt werden können. Ist<br />

<strong>die</strong>s ausnahmsweise nicht möglich, kann ihr <strong>die</strong> Kassenabrechnung auch<br />

an ihre Heimadresse im Ausland zugestellt werden. Damit eine Stellenzu-<br />

weisung möglich ist, muss <strong>die</strong> Stellen suchende Person jedoch dem RAV<br />

bekannt geben, wo und wie sie in der Schweiz erreichbar ist. Da <strong>die</strong> Stellen<br />

suchende Person in der Schweiz keinen Wohnsitz begründet, kann es sein,<br />

B 164<br />

B 165<br />

B 166<br />

B 167<br />

61


dass sie ihren Aufenthaltsort häufig wechselt. In <strong>die</strong>sem Fall genügt es,<br />

wenn sie telefonisch erreichbar ist und <strong>die</strong> mit ihr vereinbarten Termine<br />

beim RAV einhält.<br />

Die Stellen suchende Person ist zudem darauf aufmerksam zu machen,<br />

dass sie hier in der Schweiz ein Post- oder Bankkonto eröffnen muss, damit<br />

ihr <strong>die</strong> Kasse ihrer Wahl <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung <strong>über</strong>weisen kann.<br />

Sowohl Banken als auch <strong>die</strong> Post sind zurückhaltend beim Eröffnen von<br />

Konti für Personen mit Wohnsitz im Ausland, sobald sie davon Kenntnis<br />

haben, dass <strong>die</strong>ses Konto nur für eine kurze Dauer benutzt wird.<br />

Sollte <strong>die</strong> Stellen suchende Person mangels festem Wohnsitz in der<br />

Schweiz kein Konto eröffnen können, zahlt <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse <strong>die</strong><br />

Entschädigung mittels Check, Zahlungsanweisung oder bar aus. Die da-<br />

durch entstehenden Spesen gehen zu Lasten <strong>des</strong> Ausgleichsfonds.<br />

Bei ihrer Anmeldung sollte <strong>die</strong> Stellen suchende Person das Formular<br />

E 303/1-303/4 vorlegen. Das RAV füllt das Formular „Meldung beim RAV“<br />

aus und vermerkt darauf das Datum, an dem sich <strong>die</strong> Stellen suchende<br />

Person erstmals gemeldet hat. Es erstellt für sich eine Kopie <strong>des</strong> Formulars<br />

E 303/1 und leitet den Formularsatz E 303/1 – E 303/4 zusammen mit der<br />

für <strong>die</strong> Kasse bestimmte Kopie der „Meldung beim RAV“ an <strong>die</strong> von der<br />

Stellen suchenden Person gewählte Kasse weiter.<br />

Die <strong>Arbeit</strong>slosenkasse prüft, ob sich <strong>die</strong> Stellen suchende Person recht-<br />

zeitig bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung gemeldet hat, füllt Punkt 7.2 und Punkt 8<br />

aus und sendet <strong>die</strong> Bestätigung E 303/2 an den unter Punkt 6 aufgeführten<br />

Träger, welcher im Herkunftsstaat für <strong>die</strong> Stellen suchende Person<br />

zuständig ist.<br />

Kann <strong>die</strong> Stellen suchende Person <strong>die</strong> Formulare E 303/1-4 nicht vorlegen,<br />

muss <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse <strong>die</strong>se beim Träger <strong>des</strong> Herkunftsstaates<br />

anfordern und zwar mit dem Formular E 001. Unter Punkt 9, resp. 9.1 <strong>des</strong><br />

E 001-Formulars hat <strong>die</strong> Kasse anzugeben, dass sie <strong>die</strong> Vordrucke E 303<br />

B 168<br />

B 169<br />

B 170<br />

B 171<br />

B 172<br />

62


enötigt. Die dafür zuständigen Stellen der jeweiligen EU/EFTA-<br />

Mitgliedstaaten sind in Anhang 2 der Verordnung 574/72 aufgeführt. Wichtig<br />

ist, dass das RAV bei einer Stellen suchenden Person, <strong>die</strong> sich ohne <strong>die</strong><br />

E 303-Bescheinigungen anmeldet, <strong>die</strong> Angaben der versicherten Person,<br />

wie sie unter Punkt 2 <strong>des</strong> E 001-Formulars verlangt werden, erfasst und <strong>die</strong><br />

Kassenkopie der „Meldung beim RAV“ möglichst rasch der von der Stellen<br />

suchenden Person gewählten Kasse zustellt, damit <strong>die</strong>se <strong>die</strong> fehlenden<br />

E 303-Formulare anfordern kann.<br />

A <strong>Ab</strong>lauf bei einer Stellen suchenden Person, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Bescheini-<br />

gung E 303/1-303/4 mitbringt:<br />

1. Das RAV füllt <strong>die</strong> „Meldung beim RAV“ aus.<br />

2. Das RAV kopiert das Formular E 303/1 zu Handen seiner Akten und<br />

stellt den Formularsatz E 303/1-4 sowie eine Kopie der „Meldung beim<br />

RAV“ der von der Stellen suchenden Person gewählten Kasse zu.<br />

3. Die <strong>Arbeit</strong>slosenkasse prüft <strong>die</strong> rechtzeitige Anmeldung gemäss Punkt<br />

3 von E 303/1, füllt <strong>die</strong> Punkte 7.2 und 8 von E 303/2 aus und stellt dem<br />

ausländischen Träger E 303/2 zu.<br />

4. Meldet sich <strong>die</strong> Stellen suchende Person zu spät an, werden <strong>die</strong> Leis-<br />

tungen erst ab dem Tag der Einschreibung beim RAV vorgenommen<br />

(Punkt 2 von E 303/1).<br />

5. Ende Monat füllt <strong>die</strong> Stellen suchende Person das Formular „Angaben<br />

der Stellen suchenden Person“ aus und <strong>über</strong>gibt es dem RAV. Das RAV<br />

ergänzt das Formular und leitet es an <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse weiter. Die<br />

Angaben der Stellen suchenden Person können nicht elektronisch<br />

<strong>über</strong>wiesen werden.<br />

Die Kasse richtet für vom RAV kontrollierte Tage <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenent-<br />

schädigung entsprechend den Angaben <strong>des</strong> ausländischen Trägers aus.<br />

Wichtig ist, dass <strong>die</strong> Auszahlungen nie auf ein ausländisches Konto<br />

<strong>über</strong>wiesen werden dürfen. Die Auszahlung hat immer auf ein<br />

B 173<br />

63


schweizerisches Bank- oder Postkonto zu erfolgen, allenfalls mittels<br />

Check, Zahlungsanweisung oder bar (vgl. Rz. B 169). Betreffend <strong>des</strong><br />

Umrechnungskurses gelten Rz. B 174 und 175.<br />

6. Auf Grund der Angaben der Stellen suchenden Person, ergänzt durch<br />

<strong>die</strong> Angaben <strong>des</strong> RAV, ob <strong>die</strong> Stellen suchende Person eine ihr zu-<br />

gewiesene <strong>Arbeit</strong> abgelehnt hat, kann <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse erkennen,<br />

ob ein unter Punkt 5 von E 303/1 aufgeführter Tatbestand eingetreten ist.<br />

Ist <strong>die</strong>s der Fall, stellt <strong>die</strong> Kasse <strong>die</strong> Zahlungen ein und unterrichtet den<br />

ausländischen Träger <strong>über</strong> <strong>die</strong> Einstellung der Leistungen. Ausnahme ist<br />

Punkt 5.2 (Aufnahme eines Gelegenheitsver<strong>die</strong>nstes), hier sind <strong>die</strong><br />

Zahlungen lediglich für <strong>die</strong>jenigen Tage einzustellen, für <strong>die</strong> <strong>die</strong> Stellen<br />

suchende Person Anspruch auf <strong>Arbeit</strong>sentgelt hat.<br />

Da <strong>die</strong> Stellen suchende Person betreffend Leistungen den Rechts-<br />

vorschriften <strong>des</strong> Herkunftsstaates untersteht, ist es Sache <strong>des</strong> aus-<br />

ländischen Trägers zu entscheiden, ob <strong>die</strong> Zahlungen wieder aufge-<br />

nommen werden dürfen. Wichtig ist, dass <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse nur<br />

dann wieder Zahlungen ausrichtet, wenn sie dazu vom ausländischen<br />

Träger ermächtigt worden ist.<br />

7. E 303/4 wird von der <strong>Arbeit</strong>slosenkasse ausgefüllt. Die Kasse behält<br />

eine Kopie in ihren Akten und <strong>über</strong>mittelt eine Kopie zur Information an<br />

den ausländischen Träger. Das Original-Formular E 303/4 muss dem<br />

Finanz<strong>die</strong>nst der Direktion für <strong>Arbeit</strong> <strong>des</strong> seco zugestellt werden, der <strong>die</strong><br />

ausgerichteten Leistungen beim ausländischen Träger zurückfordert.<br />

Auf dem Formular E 303/4 muss <strong>die</strong> Höhe der ausbezahlten Leistungen<br />

in <strong>die</strong> Währung <strong>des</strong>jenigen Staates umgerechnet werden, <strong>des</strong>sen<br />

Träger <strong>die</strong> Bescheinigung ausgestellt hat. Seit dem 1. Januar 2002<br />

haben mit Ausnahme von Dänemark, Grossbritannien und Schweden<br />

alle übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Euro als Lan-<br />

<strong>des</strong>währung. Der Umrechnungskurs wird jeweils für <strong>die</strong> Dauer von drei<br />

Monaten von der Europäischen Kommission im Amtsblatt veröffentlicht.<br />

Die Direktion für <strong>Arbeit</strong> wird <strong>die</strong>se Wechselkurse jeweils direkt ins<br />

B 174<br />

64


Auszahlungssystem eingeben.<br />

Die jeweils Ende März, Ende Juni, Ende September und Ende De-<br />

zember bekannt gegebenen Umrechnungskurse gelten für das folgende<br />

Vierteljahr. Findet <strong>die</strong> Stellensuche innert zwei solcher „Um-<br />

rechnungsquartalen“ statt, ist für <strong>die</strong> gesamte Bezugsdauer nur ein<br />

Umrechnungskurs anwendbar. Massgebend ist dabei das Datum der<br />

ersten Auszahlung der Entschädigung. Befindet sich <strong>die</strong> Stellen su-<br />

chende Person ab 15. März bis 14. Juni in der Schweiz und erfolgt <strong>die</strong><br />

erste Auszahlung am 5. April, so gilt der Umrechnungskurs <strong>des</strong> zweiten<br />

Quartals für sämtliche Auszahlungen.<br />

B <strong>Ab</strong>lauf bei einer Stellen suchenden Person, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Bescheini-<br />

gung E 303/1-303/4 nicht mitbringt:<br />

1. Meldet sich eine Stellen suchende EU-/EFTA-Person bei einem RAV<br />

ohne dass sie <strong>die</strong> Formulare E 303/1-4 vorlegen kann, füllt das RAV <strong>die</strong><br />

„Meldung beim RAV“ aus und vermerkt darauf das Datum der<br />

Erstanmeldung. Zudem erfasst es <strong>die</strong> Stellen suchende Person im<br />

AVAM.<br />

2. Das RAV <strong>über</strong>mittelt der von der Stellen suchenden Person gewählten<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenkasse eine Kopie der „Meldung beim RAV“, worauf <strong>die</strong><br />

Kasse beim Träger <strong>des</strong> Herkunftsstaats <strong>die</strong> Formulare E 303 anfordert.<br />

Diese Anforderung der E 303-Formulare muss zwingend mit dem<br />

Formular E 001 erfolgen. Unter Punkt 1 ist <strong>die</strong> Anschrift <strong>des</strong> ausländi-<br />

schen Trägers gemäss Anhang 2 zur VO 574/72 einzusetzen, unter<br />

Punkt 2 <strong>die</strong> Personalien der Stellen suchenden Person, unter Punkt 9.1<br />

<strong>die</strong> Vordrucke E 303 sowie unter Punkt 12 <strong>die</strong> eigene Adresse, an <strong>die</strong><br />

der ausländische Träger <strong>die</strong> Vordrucke E 303 senden muss.<br />

3. Solange <strong>die</strong> Kasse nicht im Besitz der E 303-Formulare ist, darf sie<br />

keine Leistungen ausrichten, auch keine Vorschusszahlungen.<br />

B 175<br />

B 176<br />

65


4. Erhält <strong>die</strong> Kasse vom ausländischen Träger den E 303-Formularsatz,<br />

stellt sie dem RAV eine Kopie von E 303/1 zu und erfasst <strong>die</strong> übrigen für<br />

<strong>die</strong> Leistungsausrichtung erforderlichen Daten.<br />

5. Mit E 303/2 teilt sie dem ausländischen Träger mit, seit wann sich <strong>die</strong><br />

Stellen suchende Person in der Schweiz der <strong>Arbeit</strong>svermittlung zur<br />

Verfügung stellt und <strong>die</strong> Kasse Leistungen erbringt.<br />

Im Weiteren verfährt sie gleich wie bei Stellen suchenden Personen,<br />

welche <strong>die</strong> Formulare E 303 mitbringen.<br />

2.5.4.2 Durchführung der Kontrollvorschriften<br />

Während der Dauer der <strong>Arbeit</strong>ssuche in der Schweiz untersteht <strong>die</strong> Stellen<br />

suchende Person den Kontrollvorschriften <strong>des</strong> AVIG. Das RAV verfährt mit<br />

Stellen suchenden EU/EFTA-Personen gleich wie bei inländischen<br />

versicherten Personen (Artikel 83 <strong>Ab</strong>satz 3 VO 574/72). Dabei ist allerdings<br />

zu beachten, dass der Aufenthalt in der Schweiz der Stellensuche <strong>die</strong>nt.<br />

Zuweisungen zu einer arbeitsmarktlichen Massnahme sind <strong>des</strong>halb<br />

ausgeschlossen. Der <strong>Arbeit</strong>slosenversicherungsfonds <strong>über</strong>nimmt keine<br />

Kosten für Massnahmen bei Stellen suchenden Personen, <strong>die</strong> dem<br />

Leistungsrecht ihres Herkunftsstaates unterstehen. Ebenso wenig können<br />

<strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Teilnahme einer Stellen suchenden EU/EFTA-Person an einer<br />

arbeitsmarktlichen Massnahme entstandenen Kosten der Versicherung <strong>des</strong><br />

Herkunftsstaates auferlegt werden.<br />

Da <strong>die</strong> Stellen suchende EU/EFTA-Person dem Leistungsrecht ihres Her-<br />

kunftsstaates untersteht, kann weder <strong>die</strong> zuständige kantonale Amtsstelle<br />

noch <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse Einstelltage verfügen. Hingegen sind <strong>die</strong><br />

Zahlungen einzustellen, wenn ein unter Punkt 5 <strong>des</strong> Formulars E 303 Tatbe-<br />

stand eintritt.<br />

Zu <strong>die</strong>sen Tatbeständen gehören:<br />

• Die Aufnahme einer Voll- oder Teilzeitbeschäftigung<br />

• Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit<br />

B 177<br />

B 178<br />

B 179<br />

66


• Die <strong>Ab</strong>lehnung einer vom <strong>Arbeit</strong>samt zugewiesenen Stelle<br />

• Das Nichteinhalten der Kontrollvorschriften<br />

• Vor<strong>über</strong>gehende oder dauernde <strong>Arbeit</strong>sunfähigkeit<br />

Tritt einer <strong>die</strong>ser Tatbestände ein, stellt <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse <strong>die</strong> Zah-<br />

lungen ein. Ob ein solcher Tatbestand eingetreten ist, ergibt sich aus dem<br />

Formular „Angaben der Stellen suchenden Person“, das vom RAV ergänzt<br />

wird mit der Auskunft, ob <strong>die</strong> Stellen suchende Person eine ihr<br />

zugewiesene <strong>Arbeit</strong> abgelehnt hat. Stellt <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse <strong>die</strong> Zah-<br />

lungen ein, muss sie den ausländischen Träger <strong>über</strong> <strong>die</strong> Einstellung un-<br />

terrichten.<br />

Die Kasse darf erst dann wieder Leistungen erbringen, wenn sie vom<br />

ausländischen Träger dazu ermächtigt worden ist (Artikel 83 <strong>Ab</strong>satz 3<br />

VO 574/72). Ausnahmen stellen der Tatbestand nach Punkt 5.2 (Einstellung<br />

der Zahlungen für <strong>die</strong>jenigen Tagen, für <strong>die</strong> der Stellensuchende Anspruch<br />

auf <strong>Arbeit</strong>sentgelt hat) und nach Punkt 5.7 dar, sofern <strong>die</strong> Bescheinigung<br />

von einem luxemburgischen oder einem portugiesischen Träger ausgestellt<br />

worden ist (vgl. Anmerkung 10a zum Formular E 303).<br />

Zu den Kontrollvorschriften nach Artikel 17 AVIG gehört auch, dass sich <strong>die</strong><br />

Stellen suchende Person selber um <strong>Arbeit</strong> bemüht und ihre Bemühungen<br />

nachweisen kann. Diese Pflicht gilt grundsätzlich auch für Stellen suchende<br />

EU/EFTA-Personen. Fehlende oder ungenügende <strong>Arbeit</strong>sbemühungen<br />

können aber nicht mit Einstelltagen nach Artikel 30 AVIG sanktioniert<br />

werden. Allenfalls sind <strong>die</strong> Zahlungen einzustellen und den Träger im<br />

Herkunftsstaat davon zu unterrichten, dass <strong>die</strong> Stellen suchende Person<br />

sich der Vermittlung nicht zur Verfügung stellt. Da ungewiss ist, ob<br />

ungenügende <strong>Arbeit</strong>sbemühungen nach dem Recht <strong>des</strong> leis-<br />

tungserbringenden Staates ein Einstellungstatbestand darstellen, empfiehlt<br />

es sich in solchen Fällen, <strong>die</strong> Vermittlungsbereitschaft durch Zuweisung<br />

einer <strong>Arbeit</strong> zu prüfen. Lehnt <strong>die</strong> Stellen suchende Person eine ihr<br />

zugewiesene <strong>Arbeit</strong> ab, erfüllt sie den Tatbestand von Punkt 5.3 von E 303.<br />

Das RAV muss Ende Monat auf dem Formular „Angaben der Stellen<br />

B 180<br />

B 181<br />

B 182<br />

67


suchenden Person“ der Kasse <strong>die</strong> <strong>Ab</strong>lehnung einer zugewiesenen <strong>Arbeit</strong><br />

mitteilen, damit <strong>die</strong>se <strong>die</strong> Zahlungen einstellt und den ausländischen Träger<br />

davon unterrichtet.<br />

Findet <strong>die</strong> Stellen suchende Person in der Schweiz eine <strong>Arbeit</strong>, für <strong>die</strong> sie<br />

während der fünfjährigen Übergangsfrist, während der <strong>die</strong> Schweiz noch<br />

Kontingente hat, eine <strong>Arbeit</strong>sbewilligung erhält, so meldet sie das RAV als<br />

Stellen suchende Person ab. Die Kasse füllt darauf hin das Formular<br />

E 303/4 aus, auf dem sie <strong>die</strong> bis zur <strong>Arbeit</strong>saufnahme ausgerichteten<br />

Leistungen bescheinigt und sendet das Original E 303/4 dem Finanz<strong>die</strong>nst<br />

der Direktion für <strong>Arbeit</strong> zu. Eine Meldung, wonach <strong>die</strong> Leistungen wegen Ar-<br />

beitsaufnahme eingestellt worden sind, so wie eine Kopie zur Orientierung<br />

<strong>über</strong> <strong>die</strong> ausgerichteten Leistungen stellt sie dem zuständigen Träger <strong>des</strong><br />

Herkunftsstaates der Stellen suchenden Person zu.<br />

2.5.5 EU/EFTA-Staatsangehörige, <strong>die</strong> in einem<br />

andern EFTA- oder in einem EU-Mitgliedstaat<br />

<strong>Arbeit</strong> suchen<br />

2.5.5.1 <strong>Ab</strong>meldung beim RAV<br />

In der Schweiz anspruchsberechtigte versicherte Personen, <strong>die</strong> sich in<br />

einem anderen EFTA-Staat oder in einem EU-Mitgliedstaat um eine <strong>Arbeit</strong><br />

bemühen wollen, müssen vor ihrer <strong>Ab</strong>reise von der <strong>Arbeit</strong>slosenkasse den<br />

Formularsatz E 303 ausfüllen lassen. Dabei ist folgen<strong>des</strong> Vorgehen zu<br />

beachten:<br />

Die Mitteilung der versicherten Person, dass sie von seinem Recht auf Leis-<br />

tungsexport Gebrauch machen will, hat immer <strong>über</strong> das RAV zu erfolgen.<br />

Die versicherte Person muss dem RAV den <strong>Ab</strong>reisetag mitteilen, damit das<br />

RAV weiss, wie lange <strong>die</strong> versicherte Person noch der schweizerischen<br />

<strong>Arbeit</strong>svermittlung zur Verfügung steht. Das RAV füllt Punkt 1 <strong>des</strong> Formulars<br />

E 303 aus und vermerkt unter Punkt 3 den <strong>Ab</strong>reisetag. Danach leitet sie den<br />

Formularsatz an <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse weiter. Die Kasse muss unbedingt<br />

B 183<br />

B 184<br />

B 185<br />

68


den <strong>Ab</strong>reisetag kennen, damit sie dem ausländischen Träger bescheinigen<br />

kann, ab wann <strong>die</strong>ser Leistungen ausrichten kann.<br />

Stellt <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse fest, dass <strong>die</strong> versicherte Person ab <strong>Ab</strong>rei-<br />

setag noch keinen Anspruch auf Taggelder hat, weil sie beispielsweise<br />

noch Einstelltage bestehen muss, löscht sie <strong>die</strong> Angaben <strong>des</strong> RAV unter<br />

Punkt 3 und füllt dafür Punkt 3.1 aus. Wichtig ist, dass nie sowohl Punkt 3<br />

als auch Punkt 3.1 ausgefüllt sind, da sich <strong>die</strong>se Angaben widersprechen.<br />

Vom ausgefüllten Formularsatz behält <strong>die</strong> Kasse das E 303/0 bei sich in<br />

den Akten. Eine Kopie von E 303/0 wird dem für <strong>die</strong> versicherten Person<br />

zuständigen RAV zugestellt, <strong>die</strong> übrigen Formulare E 303/1 – E 303/5 ge-<br />

hen an <strong>die</strong> versicherte Person.<br />

Reist <strong>die</strong> versicherte Person ab, bevor <strong>die</strong> Kasse <strong>die</strong> Formulare E 303<br />

ausfüllen kann, hat sie eine Adresse anzugeben, an welche der Formu-<br />

larsatz nachgesandt werden kann.<br />

Wendet sich <strong>die</strong> versicherte Person direkt an <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse um <strong>die</strong><br />

Formulare E 303 zu beantragen, verweist <strong>die</strong>se <strong>die</strong> versicherte Person an<br />

das RAV. Das RAV füllt Punkt 1 und Punkt 3 <strong>des</strong> Formulars E 303 aus und<br />

leitet es an <strong>die</strong> Kasse weiter.<br />

Reist <strong>die</strong> versicherte Person ab, ohne vorher das RAV oder <strong>die</strong> Kasse<br />

informiert zu haben, wird der ausländische Träger <strong>die</strong> E 303 Formulare<br />

mittels E 001 von der Schweiz anfordern.<br />

Geht <strong>die</strong> Anfrage bei der Direktion für <strong>Arbeit</strong> <strong>des</strong> seco – als Verbindungs-<br />

stelle für ausländische Träger – ein, teilt das seco dem RAV und der Kasse<br />

mit, dass für <strong>die</strong> versicherte Person <strong>die</strong> Formulare E 303 auszufüllen sind.<br />

Der Kasse teilt sie zudem <strong>die</strong> Adresse <strong>des</strong> antragsstellenden Trägers mit,<br />

damit <strong>die</strong> Kasse weiss, wohin sie den ausgefüllten Formularsatz senden<br />

muss. Auf Grund der Mitteilung <strong>des</strong> seco füllt das RAV Punkt 1 und 3 <strong>des</strong><br />

E 303 aus und leitet <strong>die</strong> Formulare an <strong>die</strong> Kasse weiter. Diese ergänzt das<br />

B 186<br />

B 187<br />

B 188<br />

B 189<br />

B 190<br />

B 191<br />

69


Formular mit den übrigen Angaben, unterschreibt <strong>die</strong>ses und sendet es an<br />

den ausländischen Träger. E 303/0 bleibt bei der Kasse, eine Kopie davon<br />

wird dem RAV zugestellt. Ebenso erhält das seco eine Kopie <strong>des</strong> E 303/0,<br />

damit es weiss, dass <strong>die</strong> Anfrage E 001 erledigt ist.<br />

Erhält <strong>die</strong> Kasse <strong>die</strong> E 001 Anfrage, muss sie zuerst beim RAV <strong>die</strong> Punkte<br />

1 und 3 anfordern. Danach ergänzt sie <strong>die</strong> Formulare, sendet eine Kopie<br />

<strong>des</strong> E 303/0 dem RAV und <strong>die</strong> übrigen Formulare dem ausländischen<br />

Träger, der <strong>die</strong> E 001 Anfrage gestellt hat.<br />

Erhält das RAV <strong>die</strong> E 001 Anfrage, füllt es Punkt 1 und 3 von E 303 aus und<br />

leitet das Formular an <strong>die</strong> Kasse weiter.<br />

Reist <strong>die</strong> versicherte Person zur <strong>Arbeit</strong>ssuche ab, ohne vorher das RAV<br />

oder <strong>die</strong> Kasse informiert zu haben, gilt als <strong>Ab</strong>reisetag der Folgetag <strong>des</strong><br />

letzten Kontaktes mit dem RAV. Es ist <strong>des</strong>halb wichtig, dass das RAV<br />

sämtliche Kontakte, auch allfällige telefonische, notiert. Erleidet <strong>die</strong> versi-<br />

cherte Person durch das Festsetzen <strong>des</strong> Reisetages als Folgetag nach<br />

dem letzten RAV-Kontakt einen Verlust, so ist es ihre Sache glaubhaft<br />

darzulegen, dass sie nachweislich erst später abgereist ist und bis zu ihrer<br />

<strong>Ab</strong>reise vermittlungsfähig gewesen ist.<br />

Bis zum <strong>Ab</strong>reisedatum muss <strong>die</strong> versicherte Person grundsätzlich ver-<br />

mittlungsfähig sein. Wird das ursprünglich bekannt gegebene <strong>Ab</strong>reisedatum<br />

nicht eingehalten, muss sich <strong>die</strong> versicherte Person nochmals an <strong>die</strong> Kasse<br />

wenden, damit <strong>die</strong>se auf Grund <strong>des</strong> neuen Ausreisedatums <strong>die</strong> Angaben<br />

korrigieren kann.<br />

Auf Grund Artikel 83 <strong>Ab</strong>satz 2 VO 574/72 ist das RAV verpflichtet, <strong>die</strong><br />

versicherte Person <strong>über</strong> ihre Pflichten im Zusammenhang mit der Inan-<br />

spruchnahme <strong>des</strong> Rechts auf Leistungsexport zu unterrichten. Das RAV<br />

muss <strong>die</strong> versicherte Person insbesondere darauf aufmerksam machen,<br />

dass<br />

• sie sich innerhalb von sieben Tagen ab <strong>Ab</strong>reise (7 Tage inkl. <strong>Ab</strong>reise-<br />

B 192<br />

B 193<br />

B 194<br />

B 195<br />

B 196<br />

70


tag) bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung im Staat der <strong>Arbeit</strong>ssuche melden muss,<br />

da sie sonst erst ab dem Tag der Anmeldung Leistungen beziehen<br />

kann;<br />

• <strong>die</strong> Zeit, <strong>die</strong> sie für <strong>die</strong> Rückreise benötigt, nicht vergütet wird;<br />

• sie seinen Anspruch auf Leistungen verliert, wenn sie sich nicht inner-<br />

halb von drei Monaten wieder beim RAV meldet;<br />

• sie bei ihrer Rückkehr <strong>die</strong> im Ausland getätigten <strong>Arbeit</strong>sbemühungen<br />

nachweisen muss.<br />

Die versicherte Person sollte sich vor ihrer <strong>Ab</strong>reise mit ihrer Krankenkasse<br />

in Verbindung setzen und das Formular E 111 für Sachleistungen 8 und ev.<br />

das Formular E 119 für Geldleistungen im Krankheitsfall beantragen.<br />

<strong>Ab</strong> dem Tag der <strong>Ab</strong>reise muss das RAV beim Erwerbsstatus den Code<br />

„4y = auf <strong>Arbeit</strong>ssuche im Ausland“ eingeben. Solange <strong>die</strong> versicherte<br />

Person noch Leistungen der schweizerischen <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung<br />

bezieht, darf <strong>die</strong> versicherte Person nicht abgemeldet werden. Eine <strong>Ab</strong>-<br />

meldung kann erst dann erfolgen, wenn <strong>die</strong> versicherte Person<br />

• nicht mehr zurückkehrt,<br />

• ohne entschuldbaren Grund verspätet zurückkehrt, oder<br />

• im Ausland eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, und der aushel-<br />

fende Träger <strong>die</strong> Mitteilung macht, dass er <strong>die</strong> Zahlungen wegen Ar-<br />

beitsaufnahme eingestellt hat.<br />

Der aushelfende Träger im Staat der <strong>Arbeit</strong>ssuche meldet der <strong>Arbeit</strong>slo-<br />

senkasse mit dem Formular E 303/2, wann sich <strong>die</strong> versicherte Person bei<br />

der <strong>Arbeit</strong>svermittlung gemeldet hat. Meldet sich <strong>die</strong> versicherte Person<br />

nach <strong>Ab</strong>lauf der in Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe b VO 1408/71 vor-<br />

gesehenen Frist an, richtet der ausländische Träger für <strong>die</strong> Zeit ab <strong>Ab</strong>reise<br />

aus der Schweiz bis zum Tage vor der Eintragung bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung<br />

keine Leistungen aus (Punkt 2 von E 303/1).<br />

B 197<br />

B 198<br />

B 199<br />

8 Am 1. Juni 2004 wurde in einigen Mitgliedstaaten <strong>die</strong> europäische Krankenversicherungskarte eingeführt. Die<br />

Schweiz und einige EG-Mitgliedstaaten werden <strong>die</strong>se Karte bis spätestens 1.01.2006 einführen. In <strong>die</strong>sem<br />

Zusammenhang wurde das Formular E 119 in Bezug auf Sachleistungen abgeschafft. Es wird bis zum<br />

1.01.2006 ersetzt durch <strong>die</strong> europäische Krankenversicherungskarte resp. durch das <strong>über</strong>arbeitete E 111.<br />

71


Eine verspätete Anmeldung bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung im Staat der Ar-<br />

beitssuche hat den Verlust der Taggelder zur Folge für <strong>die</strong> Zeit ab <strong>Ab</strong>rei-<br />

sedatum bis zum Tage vor der Anmeldung bei der <strong>Arbeit</strong>svermittlung im<br />

Staat der Stellensuche. Nur im eher unwahrscheinlichen Fall, dass <strong>die</strong><br />

versicherte Person nachweislich belegen kann, dass sie kein Verschulden<br />

trifft, da es an keinem der sieben Tage möglich war, sich bei der <strong>Arbeit</strong>sver-<br />

mittlung zu melden und sie damit nicht rechnen konnte oder musste, kann<br />

<strong>die</strong> Kasse <strong>die</strong>se Taggelder nachzahlen. Reist <strong>die</strong> versicherte Person in<br />

einer Zeit mit vielen Feiertagen ab, so muss sie sich bewusst sein, dass<br />

eine rechtzeitige Anmeldung unter Umständen nicht möglich ist.<br />

2.5.5.2 Einstellung der Zahlungen durch den ausländischen<br />

Träger<br />

Tritt einer der unter Punkt 5 von E 303/1 aufgeführten Tatbestände ein, stellt<br />

der aushelfende Träger im Staat der <strong>Arbeit</strong>ssuche <strong>die</strong> Zahlungen ein und<br />

erstattet der schweizerischen <strong>Arbeit</strong>slosenkasse Meldung. Die Kasse hat<br />

darauf hin zu prüfen, ob <strong>die</strong> Zahlungen wieder aufgenommen werden<br />

können. Ist <strong>die</strong>s der Fall, teilt sie dem ausländischen Träger <strong>die</strong>s umgehend<br />

mit. Tritt der Tatbestand von Punkt 5.2 ein, sollte der ausländische Träger<br />

<strong>die</strong> Zahlungen für <strong>die</strong>jenigen Tage einstellen, für <strong>die</strong> <strong>die</strong> versicherte Person<br />

Anspruch auf <strong>Arbeit</strong>sentgelt hat.<br />

Fälle in denen <strong>die</strong> Leistungszahlungen wieder aufgenommen werden kön-<br />

nen, sind etwa:<br />

• Vor<strong>über</strong>gehende <strong>Arbeit</strong>sunfähigkeit in Folge Krankheit. In <strong>die</strong>sem Fall<br />

können gemäss Artikel 28 AVIG Taggelder bis zum 30. Kalendertag<br />

ausbezahlt werden.<br />

Ob und wie lange <strong>die</strong> Zahlungen eingestellt werden, richtet sich alleine nach<br />

den Rechtsvorschriften <strong>des</strong> AVIG. Da der Leistungsexport der <strong>Arbeit</strong>ssuche<br />

und somit der Beendigung der <strong>Arbeit</strong>slosigkeit <strong>die</strong>nt, sind <strong>die</strong> Zahlungen bis<br />

zum Ende <strong>des</strong> dreimonatigen Zeitraumes einzustellen, wenn <strong>die</strong> versicherte<br />

B 200<br />

B 201<br />

B 202<br />

B 203<br />

72


Person eine ihr von der ausländischen <strong>Arbeit</strong>svermittlung zugewiesene<br />

<strong>Arbeit</strong> ablehnt. Die Einstellung der Zahlungen bei <strong>Ab</strong>lehnung einer von der<br />

ausländischen <strong>Arbeit</strong>svermittlung zugewiesenen <strong>Arbeit</strong> rechtfertigt sich<br />

dadurch, dass <strong>die</strong> versicherte Person während der Dauer <strong>des</strong><br />

Auslandaufenthaltes den Kontrollvorschriften nach dem Recht <strong>des</strong> Staates<br />

der <strong>Arbeit</strong>ssuche zu erfüllen hat und sich <strong>des</strong>halb der ausländischen<br />

<strong>Arbeit</strong>svermittlung so zur Verfügung stellen muss, wie <strong>die</strong>s <strong>die</strong><br />

Rechtsvorschriften <strong>des</strong> Staates der <strong>Arbeit</strong>ssuche vorsehen.<br />

Werden <strong>die</strong> Zahlungen eingestellt, hat <strong>die</strong> versicherte Person entweder <strong>die</strong><br />

Möglichkeit, sich bis <strong>Ab</strong>lauf der dreimonatigen Exportfrist weiterhin im Aus-<br />

land aufzuhalten und sich dort um <strong>Arbeit</strong> zu bemühen, ohne dass sie<br />

Leistungen der <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung erhält, oder aber sie muss in <strong>die</strong><br />

Schweiz zurückkehren und sich wieder hier der <strong>Arbeit</strong>svermittlung zur<br />

Verfügung stellen. Die <strong>Ab</strong>lehnung einer vom ausländischen <strong>Arbeit</strong>samt<br />

zugewiesenen <strong>Arbeit</strong> löst keine Einstellung in der Anspruchsberechtigung<br />

nach Artikel 30 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe d AVIG aus, da <strong>die</strong> versicherte Person<br />

während der Dauer <strong>des</strong> Auslandaufenthaltes nicht dem Weisungsrecht der<br />

schweizerischen Vollzugsorgane unterstellt ist.<br />

2.5.5.3 Zwischenver<strong>die</strong>nst im Ausland<br />

Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Staat der <strong>Arbeit</strong>ssuche löst keinen<br />

Anspruch auf Kompensationszahlungen bei Zwischenver<strong>die</strong>nst aus. Auf<br />

Grund <strong>des</strong> unterschiedlichen Lohnniveaus in den einzelnen EU/EFTA-Mit-<br />

gliedstaaten muss eine versicherte Person, <strong>die</strong> im Ausland eine <strong>Arbeit</strong><br />

suchen will, sich bewusst sein, dass sie unter Umständen eine<br />

Lohneinbusse im Vergleich zu dem zuletzt in der Schweiz erzielten<br />

Einkommen erleiden muss.<br />

Auf Grund der unterschiedlichen nationalen Rechtsordnungen und der damit<br />

verbundenen unterschiedlichen Definitionen von „Vollzeitbeschäftigung“ [vgl.<br />

Anmerkung (8) von E 303] dürfte es unter Umständen auch schwierig sein<br />

festzustellen, ob <strong>die</strong> versicherte Person <strong>über</strong>haupt noch einen<br />

B 204<br />

B 205<br />

B 206<br />

73


anrechenbaren Ver<strong>die</strong>nstausfall im Sinne von Artikel 11 <strong>Ab</strong>satz 1 AVIG<br />

erleidet, da <strong>die</strong>se AVIG-Bestimmung auf schweizerische Verhältnisse<br />

abstellt.<br />

2.5.5.4 Beschäftigung im Ausland<br />

Grundsätzlich ist der letzte Beschäftigungsstaat für <strong>die</strong> Gewährung von<br />

Leistungen bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit zuständig. Diese Bestimmung kann sich<br />

jedoch in Einzelfällen unbillig auswirken für versicherte Personen, <strong>die</strong><br />

während der Dauer der <strong>Arbeit</strong>ssuche im Ausland eine auf einen kurzen<br />

Zeitraum befristete Stelle annehmen. Punkt 5.2 <strong>des</strong> Formulars E303 sieht<br />

vor, dass bei Aufnahme eines Gelegenheitsver<strong>die</strong>nstes <strong>die</strong> Leistungen nur<br />

für <strong>die</strong>jenigen Tage einzustellen sind, für <strong>die</strong> ein Anspruch auf <strong>Arbeit</strong>sentgelt<br />

besteht. Diese Vorschrift beruht auf einer Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH,<br />

wonach versicherte Personen, der von ihrem Recht auf Leistungsexport<br />

Gebrauch machen und während der Dauer <strong>des</strong> Leistungsexports eine<br />

Beschäftigung ausüben, weiterhin Leistungen im Herkunftsstaat beziehen<br />

können, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:<br />

1. Die versicherte Person hat von seinem Recht auf Leistungsexport nach<br />

Artikel 69 VO 1408/71 Gebrauch gemacht.<br />

2. Während der Dauer der <strong>Arbeit</strong>ssuche im Ausland nimmt <strong>die</strong> versicherte<br />

Person eine befristete Stelle von kurzer Dauer an.<br />

3. Es muss schon bei Annahme der <strong>Arbeit</strong> feststehen, dass das befriste-<br />

ten <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses innerhalb der in Artikel 69 VO 1408/71 vor-<br />

gesehenen dreimonatigen Frist endet, also innerhalb <strong>des</strong> Zeitraumes, in<br />

dem <strong>die</strong> versicherte Person trotz Auslandaufenthalt weiterhin dem<br />

Leistungsrecht <strong>des</strong> Herkunftsstaates untersteht.<br />

4. Die versicherte Person muss sich vor <strong>Ab</strong>lauf <strong>die</strong>ser dreimonatigen Frist<br />

wieder der <strong>Arbeit</strong>svermittlung <strong>des</strong> Herkunftsstaates zur Verfügung stel-<br />

len.<br />

Diese vier Bedingungen müssen kumulativ erfüllt sein. Die versicherte<br />

Person, <strong>die</strong> ein unbefristetes <strong>Arbeit</strong>sverhältnis eingeht und dadurch auf-<br />

enthaltsrechtlich nicht mehr den Status einer Stellen suchenden Person hat,<br />

B 207<br />

B 208<br />

209<br />

74


sondern eine Aufenthaltsbewilligungskarte mit einer Gültigkeit von fünf<br />

Jahren erhält, muss ihren Anspruch – auch wenn das <strong>Arbeit</strong>sverhältnis<br />

bereits nach einem Tag wieder aufgelöst wird – im letzten Beschäfti-<br />

gungsstaat geltend machen.<br />

Dies gilt auch, wenn <strong>die</strong> versicherte Person ein befristetes <strong>Arbeit</strong>sverhältnis<br />

eingeht, das nach <strong>Ab</strong>lauf der dreimonatigen Frist endet und sie im Staat der<br />

<strong>Arbeit</strong>ssuche lediglich eine Kurzaufenthaltsbewilligung als <strong>Arbeit</strong>nehmende<br />

erhalten hat.<br />

Nach Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 2 VO 1408/71 kann <strong>die</strong> dreimonatige Frist zur<br />

Rückkehr in den Herkunftsstaat in Ausnahmefällen verlängert werden. In<br />

begründeten Fällen kann <strong>die</strong> versicherte Person somit ein Gesuch stellen,<br />

damit sie weiterhin Leistungen der schweizerischen <strong>Arbeit</strong>slosenver-<br />

sicherung beziehen kann, auch wenn sie erst nach drei Monaten wieder in<br />

<strong>die</strong> Schweiz zurückkehrt. Solche Ausnahmebewilligungen sind restriktiv zu<br />

handhaben. Sie können etwa dann bewilligt werden, wenn <strong>die</strong> versicherte<br />

Person im Ausland eine Beschäftigung ausgeübt hat, und<br />

• <strong>die</strong>se Tätigkeit Weiterbildungscharakter hatte, so dass ihre Vermitt-<br />

lungschancen auf dem schweizerischen <strong>Arbeit</strong>smarkt verbessert worden<br />

sind, sowie<br />

• <strong>die</strong> Rückkehr nur unwesentlich später erfolgte.<br />

Nach Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH 9 kann das Gesuch um Verlängerung der<br />

dreimonatigen Frist für den Leistungsexport auch nachträglich gestellt<br />

werden.<br />

2.5.5.5 <strong>Arbeit</strong>sbemühungen im Ausland<br />

Da <strong>die</strong> versicherte Person während ihres Aufenthaltes im Ausland weiterhin<br />

dem schweizerischen Leistungsrecht untersteht, muss sie für <strong>die</strong>se Zeit<br />

vermittlungsfähig, insbesondere vermittlungsbereit sein. Aus <strong>die</strong>sem<br />

Grunde muss <strong>die</strong> versicherte Person bei ihrer Rückkehr <strong>die</strong> von ihr getä-<br />

9 Rs. 139/78, Urteil vom 20.03.1979<br />

B 210<br />

B 211<br />

B 212<br />

B 213<br />

75


tigten <strong>Arbeit</strong>sbemühungen nachweisen. Sind <strong>die</strong>se nachweislich sowohl in<br />

qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht ungenügend, so ist <strong>die</strong><br />

versicherte Person gestützt auf Artikel 30 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe c AVIG in der<br />

Anspruchsberechtigung einzustellen. Qualitativ ungenügend sind <strong>die</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>sbemühungen beispielsweise dann, wenn <strong>die</strong> versicherte Person <strong>die</strong><br />

Lan<strong>des</strong>sprache <strong>des</strong> Staates der Stellensuche nicht beherrscht, sich aber<br />

trotzdem um Stellen bemüht, bei denen Kenntnisse der Lan<strong>des</strong>sprache<br />

notwendig sind.<br />

2.5.5.6 Rückkehr der versicherten Person<br />

Kehrt <strong>die</strong> versicherte Person in <strong>die</strong> Schweiz zurück, mutiert das RAV den<br />

Erwerbsstatus der versicherten Person im AVAM und kontrolliert, ob <strong>die</strong><br />

versicherte Person rechtzeitig zurückgekehrt ist. Ist <strong>die</strong> versicherte Person<br />

zu spät zurückgekehrt, ist sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie beim<br />

Vorliegen entschuldbarer Gründe der <strong>Arbeit</strong>slosenkasse ein Gesuch um<br />

Verlängerung der Dauer <strong>des</strong> Leistungsexports einreichen kann.<br />

Liegen keine entschuldbaren Gründe vor, <strong>die</strong> eine Verlängerung der<br />

Leistungsexport-Dauer rechtfertigen, erlässt <strong>die</strong> Kasse eine Verfügung, mit<br />

der gestützt auf Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 2 VO 1408/71 der Anspruch der<br />

versicherten Person verneint wird. Der Anspruch erlischt ab dem ersten Tag<br />

nach <strong>Ab</strong>lauf der dreimonatigen Frist gemäss Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 2<br />

VO 1408/71.<br />

Beispiel:<br />

Eine versicherte Person verlässt <strong>die</strong> Schweiz am 12. April und sollte sich<br />

spätestens am 11. Juli wieder beim RAV melden. Bei verspäteter Rückkehr<br />

ist der Anspruch ab 12. Juli zu verneinen.<br />

Vor der ersten ordentlichen Auszahlung an <strong>die</strong> versicherte Person nach ihrer<br />

Rückkehr in <strong>die</strong> Schweiz muss <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse eine Nacherfassung<br />

für <strong>die</strong> im Ausland erhaltene Entschädigung vornehmen. Liegt eine<br />

Orientierungskopie <strong>des</strong> Formulars E 303/4 nicht vor, geschieht <strong>die</strong>s pro-<br />

B 214<br />

B 215<br />

B 216<br />

B 217<br />

76


visorisch auf Grund der höchstmöglichen Zahl an Taggeldern, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

versicherte Person während der Dauer <strong>des</strong> Auslandaufenthaltes hätte<br />

beziehen können. Bei Personen, welche keine weiteren Taggelder in der<br />

Schweiz mehr beziehen, weil sie definitiv ausgereist sind, erfolgt <strong>die</strong><br />

Nacherfassung erst bei Eintreffen <strong>des</strong> Formulars E 303/4.<br />

Der Träger im Staat der <strong>Arbeit</strong>ssuche, welcher der versicherten Person <strong>die</strong><br />

Leistungen an Stelle der <strong>Arbeit</strong>slosenkasse ausgerichtet hat, sollte dem<br />

seco das Formular E 303/4 zustellen. Sendet er das Original der Ar-<br />

beitslosenkasse, erstellt <strong>die</strong> Kasse für sich eine Kopie, damit sie <strong>die</strong> Tag-<br />

geld-Nacherfassung definitiv vornehmen kann und leitet das Formular an<br />

den Finanz<strong>die</strong>nst der Direktion für <strong>Arbeit</strong> weiter. Die Rückerstattung der<br />

vom ausländischen Träger ausgerichteten Leistungen erfolgt durch den<br />

Finanz<strong>die</strong>nst <strong>des</strong> Direktion für <strong>Arbeit</strong> und ist nicht Aufgabe der <strong>Arbeit</strong>slo-<br />

senkasse. Erhält das seco das E 303/4, ohne dass der Kasse eine Ori-<br />

entierungskopie zugestellt worden ist, sorgt das seco dafür, dass <strong>die</strong> Kasse<br />

<strong>die</strong> notwendigen Angaben erhält, damit sie <strong>die</strong> definitive Nacherfassung<br />

vornehmen kann.<br />

Der Anspruch auf Leistungsexport darf zwischen zwei Beschäftigungen nur<br />

einmal gewährt werden und zwar während längstens dreier Monate<br />

(Artikel 69 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe c und <strong>Ab</strong>satz 3 VO 1408/71). Kehrt eine<br />

versicherte Person bereits nach einem Monat von der <strong>Arbeit</strong>ssuche im<br />

Ausland zurück, kann sie zu einem späteren Zeitpunkt nicht noch einmal<br />

vom Recht auf Leistungsexport Gebrauch machen, es sei denn, sie hätte in<br />

der Zwischenzeit eine Beschäftigung ausgeübt.<br />

Im Zusammenhang mit dem Recht auf Leistungsexport wurde <strong>die</strong> Ar-<br />

beitslosenversicherungsverordnung um Artikel 25a ergänzt, der auf das<br />

Recht auf Leistungsexport verweist. Artikel 25 <strong>Ab</strong>satz 1 Buchstabe c AVIV<br />

(Erleichterung der Beratung und Kontrolle bei <strong>Arbeit</strong>ssuche im Ausland)<br />

gelangt weiterhin zur Anwendung<br />

• bei Staatsangehörigen der Schweiz und den übrigen EFTA- sowie EU-<br />

Staatsangehörigen, <strong>die</strong> sich nur für wenige Tage ins Ausland begeben<br />

B 218<br />

B 219<br />

B 220<br />

77


wollen, da sie eine Einladung für ein Vorstellungsgespräch erhalten<br />

haben,<br />

• bei versicherten Personen, <strong>die</strong> weder Schweizer noch EU/EFTA-Staats-<br />

angehörige sind, sowie<br />

• bei allen versicherten Personen, unabhängig ihrer Nationalität, <strong>die</strong> sich in<br />

einem Nicht-EU/EFTA-Mitgliedstaat um <strong>Arbeit</strong> bemühen wollen.<br />

2.5.5.7 Verweigerung <strong>des</strong> Rechts auf Leistungsexport<br />

Artikel 69 VO 1408/71 verleiht grundsätzlich jedem anspruchsberechtigten<br />

Versicherten das Recht, seinen Anspruch auf <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung<br />

während dreier Monate ins EU-Ausland mitzunehmen. Dieses Recht kann<br />

nur verweigert werden, wenn eine der Anspruchsvoraussetzungen nach<br />

Artikel 69 VO 1408/71 für den Leistungsexport nicht erfüllt ist, oder wenn<br />

begründete Zweifel <strong>über</strong> <strong>die</strong> Ernsthaftigkeit der <strong>Arbeit</strong>ssuche und somit der<br />

Vermittlungsfähigkeit der versicherten Person im Ausland bestehen<br />

(vgl. Rz. B 122). In <strong>die</strong>sem Fall muss <strong>die</strong> Verweigerung <strong>des</strong> Leis-<br />

tungsexports in Form einer Verfügung erfolgen, welche jene Amtsstelle<br />

erlässt, <strong>die</strong> <strong>über</strong> <strong>die</strong> Vermittlungsfähigkeit einer versicherten Person<br />

befindet. Wird der Leistungsexport verweigert, weil eine An-<br />

spruchsvoraussetzung nicht erfüllt ist, erlässt <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenkasse <strong>die</strong><br />

entsprechende Verfügung.<br />

2.5.6 Besonderheiten <strong>des</strong> EFTA-<strong>Ab</strong>kommens im Zu-<br />

sammenhang mit dem Leistungsexport<br />

2.5.6.1 Leistungsexport bei EFTA-Staatsangehörigen in einen<br />

EU-Mitgliedstaat<br />

Auf Grund der zur Zeit noch fehlenden Verbindung zwischen dem EFTA-<br />

<strong>Ab</strong>kommen und dem <strong>Ab</strong>kommen CH – EG müsste bei in der Schweiz<br />

anspruchsberechtigten Staatsangehörigen aus Island, Norwegen oder<br />

Liechtenstein der Leistungsexport nur dann gewährt werden, wenn sie sich<br />

in einen anderen EFTA-Staat zur Stellensuche begeben. Da Staats-<br />

B 221<br />

B 222<br />

78


angehörige aus Island, Norwegen und Liechtenstein auf Grund <strong>des</strong> EWR-<br />

<strong>Ab</strong>kommens in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft volle<br />

Freizügigkeit geniessen, d.h. eine Beschäftigung aufnehmen können und im<br />

Beschäftigungsstaat ein Aufenthaltsrecht geniessen, kann der<br />

Leistungsexport auch dann gewährt werden, wenn sich in der Schweiz<br />

anspruchsberechtigte versicherte EFTA-Personen zwecks Stellensuche in<br />

einen EU-Mitgliedstaat begeben. Diese Regelung gilt auch für in der<br />

Schweiz anspruchsberechtigte EU-Staatsangehörige, <strong>die</strong> sich in einem<br />

anderen EFTA-Mitgliedstaat um <strong>Arbeit</strong> bemühen wollen.<br />

2.5.6.2 Ausnahme <strong>des</strong> Leistungsexports im Verhältnis<br />

Schweiz - Liechtenstein<br />

Auf Grund der Grössen und der geographischen Lage der Schweiz und<br />

Liechtensteins wurde im Protokoll 2 zu Anhang K Anlage 2 vereinbart, dass<br />

<strong>die</strong> Schweiz und Liechtenstein auf den Leistungsexport verzichten, wenn<br />

eine in der Schweiz oder in Liechtenstein anspruchsberechtigte Person sich<br />

zwecks Stellensuche in den anderen Staat begeben will.<br />

Dies bedeutet, dass sich eine in Liechtenstein anspruchsberechtigte<br />

Person zwar in der Schweiz um <strong>Arbeit</strong> bemühen kann, sie aber weiterhin<br />

<strong>die</strong> Kontrollvorschriften in Liechtenstein erfüllen muss und <strong>die</strong> Leistungen<br />

direkt von der liechtensteinischen <strong>Arbeit</strong>slosenkasse erhält, ohne dass eine<br />

schweizerische <strong>Arbeit</strong>slosenkasse ihr <strong>die</strong>se Leistungen an Stelle der<br />

liechtensteinischen ausrichten muss. Dasselbe gilt für versicherte Personen,<br />

<strong>die</strong> in der Schweiz anspruchsberechtigt sind und sich in Liechtenstein um<br />

<strong>Arbeit</strong> bemühen wollen. Auch sie müssen weiterhin <strong>die</strong> Kontrollvorschriften<br />

in der Schweiz erfüllen und erhalten von der schweizerischen Ar-<br />

beitslosenkasse <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung ausgerichtet. Im Verhältnis<br />

Schweiz - Liechtenstein müssen <strong>des</strong>halb keine E 303-Formulare ausgestellt<br />

werden.<br />

B 223<br />

B 224<br />

79


3. Zweiseitige <strong>Ab</strong>kommen der Schweiz mit<br />

ihren Nachbarstaaten <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slo-<br />

senversicherung<br />

3.1 Die <strong>Ab</strong>kommen Schweiz – Frankreich,<br />

Schweiz – Österreich, Schweiz – Italien,<br />

Schweiz – Liechtenstein<br />

Die <strong>Ab</strong>kommen <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung zwischen der Schweiz<br />

und Frankreich, zwischen der Schweiz und Österreich sowie zwischen der<br />

Schweiz und Italien sind seit Inkrafttreten <strong>des</strong> Personenverkehrsabkommens<br />

am 1. Juni 2002 in den Bereichen sistiert, <strong>die</strong> persönlich oder sachlich<br />

durch <strong>die</strong> Verordnung 1408/71 abgedeckt sind (Art. 6 VO 1408/71). Seit<br />

Inkrafttreten <strong>des</strong> Personenverkehrsabkommens werden <strong>die</strong> in <strong>die</strong>sen<br />

<strong>Ab</strong>kommen enthaltenen Bestimmungen nicht mehr angewendet in<br />

Bereichen, <strong>die</strong> persönlich oder sachlich durch das Gemeinschaftsrecht<br />

abgedeckt sind. An ihre Stelle treten <strong>die</strong> Regelungen der VO 1408/71.<br />

Dasselbe gilt für das <strong>Ab</strong>kommen zwischen der Schweiz und Liechtenstein.<br />

Nicht durch das Freizügigkeitsabkommen resp. das EFTA-<strong>Ab</strong>kommen<br />

gedeckt sind insbesondere:<br />

• EU-Staatsangehörige, <strong>die</strong> in der Schweiz wohnen und als Grenzgänger<br />

im Fürstentum Liechtenstein arbeiten,<br />

• Staatsangehörige von Island, Norwegen und Liechtenstein, <strong>die</strong> in der<br />

Schweiz wohnen und in einem benachbarten EU-Mitgliedstaat als<br />

Grenzgänger, resp. Grenzgängerinnen arbeiten,<br />

• Drittstaatsangehörige, <strong>die</strong> in der Schweiz wohnen und als Grenzgänger<br />

in einem Nachbarstaat arbeiten.<br />

Da <strong>die</strong> zweiseitigen <strong>Ab</strong>kommen, welche <strong>die</strong> Schweiz mit ihren Nachbar-<br />

staaten abgeschlossen hat, vorsehen, dass Grenzgänger, resp. Grenz-<br />

gängerinnen unabhängig ihrer Nationalität Anspruch auf Leistungen bei<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit im Wohnsitzstaat haben, haben <strong>die</strong> oben erwähnten<br />

B 225<br />

B 226<br />

B 227<br />

80


Grenzgänger und Grenzgängerinnen – sofern <strong>die</strong> übrigen Anspruchsvor-<br />

aussetzungen erfüllt sind - Anspruch auf Leistungen der schweizerischen<br />

<strong>Arbeit</strong>slosenversicherung.<br />

3.2 <strong>Ab</strong>kommen Schweiz - Deutschland<br />

Im Zusammenhang mit dem <strong>Ab</strong>kommen zwischen der Schweiz und<br />

Deutschland <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung gilt folgende Besonderheit:<br />

Das <strong>Ab</strong>kommen wird mit Ausnahme der Bestimmungen <strong>des</strong> Artikels 7<br />

<strong>Ab</strong>satz 1 sowie <strong>des</strong> Artikels 8 <strong>Ab</strong>satz 5 sistiert.<br />

Artikel 7 <strong>Ab</strong>satz 1 <strong>des</strong> <strong>Ab</strong>kommens zwischen der Schweiz und Deutschland<br />

<strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung sieht vor, dass Zeiten einer bei-<br />

tragspflichtigen unselbständigen Beschäftigung, <strong>die</strong> nach den Rechtsvor-<br />

schriften <strong>des</strong> anderen Vertragsstaates zurückgelegt worden sind, für <strong>die</strong><br />

Anwartschaft und <strong>die</strong> Anspruchsdauer berücksichtigt werden, sofern <strong>die</strong><br />

Antrag stellende Person <strong>die</strong> Staatsangehörigkeit <strong>des</strong> Vertragsstaates be-<br />

sitzt, in dem der Anspruch geltend gemacht wird, und sie im Gebiet <strong>die</strong>ses<br />

Vertragsstaates wohnt. Diese Zeiten werden so berücksichtigt, als wären<br />

sie nach den Rechtsvorschriften <strong>die</strong>ses Vertragsstaates zurückgelegt wor-<br />

den.<br />

Deutsche Staatsangehörige, <strong>die</strong> in der Schweiz eine unselbständige,<br />

beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben, können bei Eintritt von<br />

<strong>Arbeit</strong>slosigkeit nach Deutschland zurückkehren und dort einen Anspruch<br />

auf <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung stellen. Deutschland berücksichtigt dabei<br />

<strong>die</strong> in der Schweiz zurückgelegten Beitragszeiten.<br />

Umgekehrt können Schweizer Staatsangehörige, <strong>die</strong> in Deutschland eine<br />

unselbständige Beschäftigung ausgeübt haben, bei <strong>Arbeit</strong>slosigkeit in <strong>die</strong><br />

Schweiz zurückkehren und hier ihren Antrag auf <strong>Arbeit</strong>slosenentschädigung<br />

stellen.<br />

Diese „Rückkehrer“-Regelung gilt ausdrücklich nur für Staatsangehörige der<br />

beiden Vertragsstaaten Schweiz und Deutschland und gilt nur dann, wenn<br />

B 228<br />

B 229<br />

B 230<br />

B 231<br />

B 232<br />

81


eiden Vertragsstaaten Schweiz und Deutschland und gilt nur dann, wenn<br />

<strong>die</strong> arbeitslose Person in ihren Heimatstaat zurückkehrt.<br />

Artikel 8 <strong>Ab</strong>satz 5 <strong>des</strong> <strong>Ab</strong>kommens bezieht sich auf <strong>Arbeit</strong>nehmende, <strong>die</strong> in<br />

der deutschen Gemeinde Büsingen wohnen und in der Schweiz eine un-<br />

selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt haben. Die Bestimmung, wonach<br />

<strong>die</strong> in Artikel 8 <strong>Ab</strong>satz 5 genannten Personen Anspruch auf Leistungen der<br />

schweizerischen <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung haben, hat auch nach In-<br />

krafttreten <strong>des</strong> Personenverkehrsabkommens CH – EG weiterhin Gültigkeit.<br />

B 233<br />

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