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Gesundheit, Krankheit, Prävention, Gesundheitsförderung

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<strong>Gesundheit</strong>, <strong>Krankheit</strong>, <strong>Prävention</strong>, <strong>Gesundheit</strong>sförderung<br />

Die Ausgaben für <strong>Gesundheit</strong> beliefen sich 1996 in Deutschland auf mehr als 400 Milliarden DM,<br />

das sind ca. 10 % des Bruttoinlandsproduktes.<br />

Etwa 4,2 Millionen Menschen sind direkt oder indirekt im <strong>Gesundheit</strong>swesen beschäftigt.<br />

Die Einstellung zu <strong>Gesundheit</strong>, <strong>Krankheit</strong> und Tod hat sich heute im Vergleich zu der Zeit vor 100<br />

Jahren deutlich geändert:<br />

- Vor 100 Jahren betrug das durchschnittliche Lebensalter rund 40 Jahre. Es herrschte die<br />

Einstellung: „Nach dem Tod kommt die Ewigkeit.“<br />

- Heute beträgt das durchschnittliche Lebensalter 75 Jahre und es dominiert die<br />

Einstellung: „Nach dem Tod ist alles zu Ende.“<br />

<strong>Gesundheit</strong> ist heute zu einem Grundwert und zu einem Leitbegriff in unserer Gesellschaft<br />

geworden.<br />

Die subjektiven Konzepte von <strong>Gesundheit</strong> und <strong>Krankheit</strong> variieren nach<br />

- Lebensalter,<br />

- Geschlecht,<br />

- sozioökonomischer Lage und<br />

- soziokulturell-religiöser Orientierung.<br />

Es gibt keine allgemein anerkannte Definition von <strong>Gesundheit</strong>.<br />

Alle Gesetze, die in Deutschland seit 1883 gesundheitsbezogene Leistungsansprüche regeln,<br />

verzichten auf eine Definition von <strong>Gesundheit</strong>!<br />

Die <strong>Gesundheit</strong>sdefiniton der WHO aus dem Jahre 1946 ist umstritten, da sie zu sehr einen<br />

Idealzustand beschreiben soll:<br />

„<strong>Gesundheit</strong> ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens<br />

und nicht nur die Abwesenheit von <strong>Krankheit</strong> und Gebrechen.“<br />

<strong>Krankheit</strong> ist im Unterschied zum Begriff der <strong>Gesundheit</strong> besser definiert, z.B. über Ansprüche aus<br />

Versicherungsleistungen (Krankengeld, Kur, Krankschreibung usw.).<br />

Dabei liegt das Definitionsmonopol für <strong>Krankheit</strong> beim Arzt (bzw. Ärztin): Der Arzt schreibt krank,<br />

er stellt die Diagnose, er verschreibt Medikamente, er entscheidet über eine Einweisung in das<br />

Krankenhaus usw. Dieses Definitionsmonopol für <strong>Krankheit</strong> ist ein zentrales Merkmal des<br />

Professionalisierungsprozesses der Ärzteschaft. Dabei bilden diagnostische Entscheidungen die<br />

Voraussetzung für die Übernahme der „Krankenrolle“ durch den Patienten und einer staatlich<br />

abgesicherten Leistungsgewährung (Krankenversicherungsleistungen, Lohnfortzahlung usw.). Die<br />

„Krankenrolle“ hat für den Patienten hierbei auch Vorteile: Er muß nicht zur Schule oder zu<br />

Arbeit, er hat Anspruch auf Verständnis zuhause usw. Er muß aber auch die Pflichten dieser Rolle<br />

übernehmen: z.B. Bettlägerigkeit oder Medikamenteneinnahme.<br />

Die Medizin kennt heute über 30.000 <strong>Krankheit</strong>en und Gebrechen.


Man versucht, <strong>Gesundheit</strong> und <strong>Krankheit</strong> auf Bevölkerungsebene mit sogenannten Indikatoren zu<br />

messen. Zu diesen zählen beispielhaft die folgenden:<br />

Indikator Definition Beispiel<br />

Mortalität<br />

(Sterblichkeit)<br />

Morbidität<br />

(<strong>Krankheit</strong>shäufigkeit)<br />

Invalidität<br />

Anzahl der Gestorbenen<br />

in der Bevölkerung (z.B.<br />

pro Jahr)<br />

Anteil der Kranken an<br />

der Bevölkerung<br />

Häufigkeit des Ausfalls<br />

von Körperfunktionen<br />

1991 betrug die Sterbeziffer der<br />

männlichen Bevölkerung in<br />

Deutschland 11,4 pro 1.000 Personen<br />

Inzidenz, Prävalenz (siehe unten)<br />

Schwerbehindertenanteil<br />

Es können aber auch Indikatoren bestimmt werden, die z.B.<br />

- die Effektivität und Arbeitsweise von <strong>Gesundheit</strong>sdiensten messen (z.B. Anzahl der Arzt-<br />

Patient-Kontakte, veranlasste Leistungen, Zahl der behandelten <strong>Krankheit</strong>sepisoden),<br />

- <strong>Krankheit</strong> und sozialen Status verknüpfen (z.B. Personen „unter Risiko“, soziale<br />

Charakteristika in bestimmten <strong>Krankheit</strong>sgruppen).<br />

Mortalität (Sterblichkeit):<br />

Die Sterblichkeit in entwickelten Industriegesellschaften variiert<br />

- schichtenspezifisch,<br />

- bei Männern stärker als bei Frauen und<br />

- bei Jüngeren stärker als bei Älteren.<br />

- Je ungünstiger der sozioökonomische Status, desto höher ist die Sterblichkeit.<br />

Faktoren wie<br />

- Verfügbarkeit,<br />

- Inanspruchnahme und<br />

- Qualität<br />

medizinischer Leistungen spielen heute für die Sterblichkeit nur eine untergeordnete Rolle.<br />

Der Haupteinfluss auf die Sterblichkeit ergibt sich aus<br />

- schichtenspezifischen Lebens- und Arbeitsbedingungen,<br />

- Lebensstilen,<br />

- physischen und sozioemotionalen Belastungen.<br />

In den letzten Jahrzehnten ist es zu einer deutlichen Abnahme der Mortalität in den<br />

Industriegesellschaften gekommen. Dies hat im wesentlichen drei Gründe:<br />

- Zunahme der Lebenserwartung im fortgeschrittenen Alter mit schnellem Anwachsen der<br />

ältesten Bevölkerungsgruppen,<br />

- höhere Lebenserwartung bei Frauen,<br />

- Verringerung der altersspezifischen Mortalität wichtiger chronisch-degenerativer<br />

Erkrankungen (z.B. Schlaganfall, KHK).<br />

Legt man die Lebenserwartung in Westeuropa zugrunde, so können durch geeignete<br />

gesundheitspolitische Massnahmen die meisten Lebensjahre in der Gruppe der über 65-jährigen<br />

gewonnen werden, da in den jungen Gruppen die Sterblichkeit bereits niedrig ist.


Die Mortalität lässt sich heute vor allem bezüglich der folgenden Risiken durch geeignete<br />

Massnahmen vermindern:<br />

- Lungenkrebs,<br />

- Leberzirrhose,<br />

- Kraftfahrzeugunfälle.<br />

Allerdings ist die maximale Lebenserwartung nicht unbegrenzt ausdehnbar. Aus Erfahrungen mit<br />

Tieren unter geschützten Bedingungen (Tierstall mit gefilterter Luft usw.) weiss man, dass es<br />

maximale Lebensspannen von Säugetieren gibt. Man schätzt die maximale Lebensspanne für den<br />

Menschen auf 115 Jahre und die maximale durchschnittliche Lebenserwartung auf 90 Jahre.<br />

Die Lebensdauer lässt sich auch anschaulich mit sogenannten Lebensbäumen abbilden. Der<br />

nachfolgende Lebensbaum bezieht sich auf die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1991:


Morbidität (<strong>Krankheit</strong>shäufigkeit):<br />

Im letzten Jahrhundert haben sich dramatische Veränderungen im <strong>Krankheit</strong>sspektrum ergeben.<br />

So kam es zu einer deutlichen Zunahme chronischer <strong>Krankheit</strong>en (vor allem durch den ständig<br />

wachsenden Anteil älterer Menschen) und einer Abnahme von Infektionskrankheiten (u.a. durch<br />

Antibiotika-Einsatz ab etwa 1940).<br />

Die Morbidität wird mit verschiedenen Masszahlen der Epidemiologie bestimmt:<br />

Masszahl Definition Beispiel<br />

Prävalenz<br />

Inzidenz<br />

Krankenbestand zu einem<br />

Zeitpunkt in der Bevölkerung<br />

Anteil aller Neuerkrankungen<br />

in einem Zeitraum in der<br />

Bevölkerung<br />

Anteil aller Patienten mit einer KHK<br />

(koronaren Herzkrankheit) an der<br />

Gesamtbevölkerung in Deutschland<br />

Anteil aller Patienten mit einer im Jahr 2001<br />

neu diagnostizierten KHK an der<br />

Gesamtbevölkerung in Deutschland<br />

In dem aufgezeigten Beispiel einer chronischen <strong>Krankheit</strong> mit langer Lebenszeit unter der<br />

<strong>Krankheit</strong> (KHK) ist die Inzidenz deutlich geringer als die Prävalenz. Beide Parameter können sich<br />

auch annähern, z.B. bei akuten, schnell verlaufenden <strong>Krankheit</strong>en (z.B. Masern).<br />

Aussagen zur Morbidität lassen sich aber auch über andere Masszahlen gewinnen, z.B. die Daten<br />

der Krankenkassen:<br />

- Der Krankenstand ist am höchsten in den Wintermonaten und am niedrigsten im<br />

Sommer (Ferienzeit),<br />

- der Krankenstand nimmt mit der Betriebsgrösse zu,<br />

- der Krankenstand nimmt von den Arbeitern über die Facharbeiter und Meister/Poliere zu<br />

den Angestellten hin ab,<br />

- der Krankenstand steigt im Wochenverlauf an.<br />

<strong>Prävention</strong><br />

Unter <strong>Prävention</strong> versteht man vorbeugende Massnahmen, die <strong>Krankheit</strong>en verhindern, verzögern<br />

oder Auswirkungen lindern sollen.<br />

Man unterscheidet drei Ziele der <strong>Prävention</strong>:<br />

<strong>Prävention</strong> Definition Beispiel<br />

Primäre P.<br />

Ausschaltung von<br />

<strong>Krankheit</strong>sursachen<br />

Aufgabe des Rauchens und damit<br />

Verminderung des Risikos einer<br />

Lungenkrebsentwicklung<br />

Sekundäre P. Früherkennung und -behandlung Mamma-Karzinom-Screening<br />

Tertiäre P.<br />

Vermeidung der Folgen von<br />

Reha-Maßnahme nach Tumor-OP<br />

<strong>Krankheit</strong> oder ihres Fortschreitens


Nach der Methodik des präventiven Vorgehens lassen sich ebenfalls Unterscheidungen treffen:<br />

Methodik Definition Beispiel<br />

Medizinische<br />

<strong>Prävention</strong><br />

Verhaltensprävention<br />

Verhältnisprävention<br />

Einsatz medizinischer Mittel der<br />

Diagnostik und Therapie<br />

Verhaltensänderung durch<br />

erzieherische, bildende, beratende und<br />

verhaltenstherapeutische Massnahmen<br />

sowie soziale und rechtliche<br />

Sanktionen<br />

Erhaltung, Schaffung und<br />

Wiederherstellung<br />

gesundheitsdienlicher Verhältnisse in<br />

der natürlichen, der Arbeits- und der<br />

sozialen Umwelt, sozialer Wandel<br />

Screening-<br />

Untersuchungen<br />

Aufklärung in der Schule<br />

über die Gefahren des<br />

Rauchens und Alkohol-<br />

Trinkens<br />

Einsatz ungefährlicherer<br />

Arbeitsmethoden zur<br />

Verhinderung von<br />

Unfällen am Arbeitsplatz<br />

<strong>Gesundheit</strong>sförderung bedeutet die Aktivierung von <strong>Gesundheit</strong>sresourcen des Einzelnen durch<br />

<strong>Gesundheit</strong>saufklärung und –beratung. Dies soll erfolgen über ein höheres Mass an<br />

Selbstbestimmung über die eigene <strong>Gesundheit</strong>. Ein Beispiel hierfür sind Rückenschulprogramme<br />

für Beschäftigte an Büroarbeitsplätzen, die z.B. von Krankenkassen angeboten werden.<br />

Autor: W. Popp; Stand: 7. November 2001

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