inhalts- verzeichnis heft 1.09 - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Wir reisen nach Washington D.C., Charlottesville, Ithaca und Penn State:<br />
Dr. Sebastian Bösing berichtet von den wichtigsten Law Schools.<br />
Moot Court & Arbitration<br />
Alexandra Diehl:<br />
Vis Moot Court: Und jährlich<br />
ruft das Dachgeschoss ........60<br />
Ulrike Gantenberg:<br />
Einmalige Gelegenheit ............ 60<br />
Dr. Ralph Alexander Lorz:<br />
Arbitrator’s Paradise .................61<br />
Frank Spohnheimer:<br />
Das Schicksal eines<br />
Vis Mooties ..............................65<br />
Thorsten Henze:<br />
How the Moot<br />
changed my life.....................…64<br />
Alexandra Diehl:<br />
<strong>Düsseldorf</strong> International<br />
Arbitration School:<br />
Auf den Spuren der Römer........65<br />
Florian Schmitz-Remberg:<br />
Arbitration? Was ist das? ..........66<br />
Compliance<br />
INHALTS-<br />
VERZEICHNIS<br />
HEFT <strong>1.09</strong><br />
56<br />
LL.M. in den USA<br />
Studieren in Washington D.C.:<br />
Georgetown University.....................................................6<br />
George Washington University .......................................14<br />
Studieren im Herzen von Pennsylvania:<br />
Penn State University .....................................................20<br />
Studieren in Charlottesville:<br />
University of Virginia......................................................26<br />
Studieren in Ithaca:<br />
Cornell Law School ........................................................32<br />
Zwischen Fiktion und Wirklichkeit<br />
POK Dr. Frank B. Metzner analysiert<br />
die Polizei in den USA ....................................................38<br />
Steuern<br />
Bund der Steuerzahler e.V.:<br />
Die Schulden von heute sind<br />
die Steuern von morgen.................................................48<br />
PriceWaterhouseCoopers: Juristen an der Schnittstelle<br />
von Steuer-, Handels- und Gesellschaftsrecht ........50<br />
Beiten Burkhardt:<br />
Steuerliche Transaktionsbegleitung ................................51<br />
Clifford Chance:<br />
Strukturierung von Investmentfonds................................53<br />
Compliance<br />
Zero Tolerance:<br />
Über den Alltag von Compliance Juristen .......................56<br />
Korruptionsbekämpfung nach dem<br />
Foreign Corrupt Practices Act .........................................60<br />
Kurze Beiträge<br />
Editorial......................................................................... 03<br />
Inhalts<strong>verzeichnis</strong>...........................................................05<br />
Die Jäger:<br />
Staatsanwälte in den Medien .........................................62<br />
Diana Engelmann:<br />
Repetitor weiblich ..........................................................72<br />
Master of European Regulation of Network Industries .....76<br />
Wahlstation Norton Rose in London................................77<br />
Impressum..................................................................... 76<br />
Buchmarkt ..................................................................... 80<br />
Studienliteratur C.H.Beck und Vahlen (Anzeige) ..............93<br />
38<br />
Das Bild vom Polizisten in<br />
den USA: Durchtrainiert,<br />
sonnengebräunt, freundlich,<br />
knallhart. Wie aber<br />
sind die Cops wirklich?<br />
62<br />
1<br />
2009<br />
Die Medien zeichnen oft ihr<br />
ganz eigenes Bild von der<br />
staatsanwaltschaftlichen<br />
Arbeit. Auch hier die Frage:<br />
Wie ist es wirklich?<br />
48<br />
Die Schulden des Staates<br />
und die Steuerlast beunruhigen<br />
den Bund der Steuerzahler.<br />
Aber sie beschäftigen<br />
viele Rechtsanwälte.<br />
56<br />
Spektakuläre Ermittlungen<br />
wegen Bestechung bei<br />
deutschen Großunternehmen<br />
zeigen die Bedeutung<br />
von Compliance Juristen.<br />
AUSGABE MAI / JUNI 2009 05
Willem C. Vis International<br />
Commercial Arbitration Moot<br />
Willem C. Vis International<br />
Commercial Arbitration Moot<br />
Und jährlich ruft das Dachgeschoss<br />
„Mr. Tisk is an honorable man. He is trying hard to<br />
make ends meet. Respondent is a big auto manufacturer,<br />
trying to avoid its contractual obligations. We<br />
respectfully ask this Tribunal not to allow Respondent<br />
to do so”.<br />
Theresa Roldan spricht die<br />
Anfangssätze ihres Plädoyers<br />
(im Moot Court-Jargon<br />
„Pleading“ genannt) laut und<br />
betont. Ihr Blick löst sich<br />
nicht von den drei Personen,<br />
die ihr gegenübersitzen.<br />
Denn die Studentin der University<br />
of the Philippines<br />
möchte das Schiedsgericht<br />
davon überzeugen, dass ihr<br />
Mandant recht hat. Und sie<br />
möchte die Zuhörer vergessen<br />
lassen, dass sie (noch)<br />
eine Juristin in der Ausbildung<br />
ist.<br />
Theresa ist eine von mehr als<br />
1500 Studenten aus aller<br />
Welt, die vom 3. bis 9. April<br />
2009 am 16. Willem C. Vis<br />
International Arbitration<br />
Moot in Wien, dem größten<br />
Gerichtsspielwettbewerb auf<br />
dem Gebiet des internationalen<br />
Wirtschaftsrechts, teilnahmen.<br />
Und sie wird in Zukunft<br />
vielleicht eine von vielen<br />
hundert Schiedsrichtern<br />
sein, die jedes Jahr aufs Neue<br />
in der Woche vor Ostern<br />
Wien und das Dachgeschoss<br />
des Juridicums der Wiener<br />
Juristischen Fakultät bevölkern.<br />
Warum ist der Willem<br />
Erfahrung<br />
Einmalige Gelegenheit<br />
von Ulrike Gantenberg (Heuking Kühn)<br />
Für Studenten ist der Wiener<br />
Moot eine einmalige Gelegenheit,<br />
international<br />
praktische Erfahrungen zu<br />
sammeln. Gerade der Austausch<br />
mit Studenten aus<br />
anderen Rechtskulturen fördert<br />
das im internationalen<br />
Bereich erforderliche Verständnis<br />
für andere Rechts-<br />
64<br />
AUSGABE MAI / JUNI 2009<br />
C. Vis Moot Court fester Programmpunkt<br />
im Kalender so<br />
vieler Anwälte, Richter und<br />
Professoren? Warum steigt<br />
die Zahl der teilnehmenden<br />
Studententeams in jedem<br />
Jahr?<br />
Die Antwort auf diese Fragen<br />
ist nicht einfach. Um sich<br />
möglichen Antworten und<br />
damit dem Erfolg des Vis<br />
Moot Court zu nähern, ist es<br />
zunächst notwendig, sich mit<br />
dem Wettbewerbsformat des<br />
Moot Court auseinanderzusetzen.<br />
Obwohl die Teilnahme<br />
an einem Moot Court<br />
durchaus gute Laune stiften<br />
kann, ist das Wort „moot“<br />
nicht mit „mood“ zu verwechseln.<br />
„Moot“ hat auch<br />
nichts mit dem US-amerikanischen<br />
Fachwort zu tun, das<br />
eine Fallkonstellation beschreibt,<br />
bei der die Einreichung<br />
einer Klage oder Fortführung<br />
eines Prozesses aus<br />
tatsächlichen Gründen keinen<br />
Sinn mehr macht „Moot“<br />
bedeutet in diesem Zusammenhang<br />
vielmehr „fiktiv“,<br />
„hypothetisch“ oder auch<br />
„strittig“. Eine passende<br />
ordnungen.<br />
Ganz abgesehen<br />
davon<br />
haben Studenten<br />
sonst kaum<br />
die Gelegenheit mit<br />
so vielen verschiedenen<br />
hochqualifizierten Praktikern<br />
zu arbeiten und von<br />
ihnen zu lernen.<br />
Ein Beitrag von Alexandra Diehl, <strong>Düsseldorf</strong><br />
Übersetzung für Moot Court<br />
ist daher „fiktives Gericht“.<br />
Bei Moot Court-Wettbewerben<br />
treten Studenten wie<br />
Theresa als Anwälte in einer<br />
simulierten (Schieds)gerichtsverhandlung<br />
auf und<br />
streiten sowohl in Schriftsätzen<br />
als auch in mündlichen<br />
Verhandlungen für die Interessen<br />
ihrer fiktiven Mandanten.<br />
Die beiden bekanntesten<br />
und prestigereichsten Moot<br />
Court-Wettbewerbe sind der<br />
Vis Moot Court und der völkerrechtliche<br />
Philip C. Jessup<br />
International Law Moot<br />
Court. Während beim Jessup<br />
Moot Court ein Verfahren<br />
vor dem Internationalen Gerichtshof<br />
mit klassisch völkerrechtlichenProblemstellungen<br />
simuliert<br />
wird, geht es beim Vis<br />
Moot Court inhaltlich<br />
um UN-Kaufrecht<br />
und internationales<br />
Schiedsverfahrensrecht.<br />
Der Vis-Fall gliedert<br />
sich dabei in einen<br />
prozessualen und einen materiellrechtlichen<br />
Teil. Eines<br />
ist sicher: Der Beklagte zweifelt<br />
immer die Zuständigkeit<br />
des Schiedsgerichts an.<br />
Jedes Jahr finden die Regeln<br />
einer anderen SchiedsgerichtsinstitutionAnwendung.<br />
In der Moot Court Saison<br />
2009/2010 werden sich<br />
beispielsweise alle Augen<br />
nach Sydney richten: Der fiktive<br />
Schiedskläger wird seine<br />
Schiedsklage beim Australian<br />
Centre for International<br />
Commercial Arbitration einreichen.<br />
Moot Courts sind seit langer<br />
Zeit ein fester Bestandteil der<br />
angloamerikanischen Juristenausbildung,<br />
fassen aber<br />
auch in Deutschland immer<br />
mehr Fuß. Unter den insgesamt<br />
233 Teams aus aller<br />
Welt beim diesjährigen Vis<br />
Moot Court waren 24 deutsche<br />
Teams. Nur die USA<br />
übertrafen die Bundesrepublik<br />
mit 53 teilnehmenden<br />
<strong>Universität</strong>en in quantitativer<br />
Hinsicht. Auf Platz 3 lag Indien<br />
mit 16 Mannschaften.<br />
Einer der Gründe für den<br />
Vis-Boomliegt sicherlich darin,<br />
dass kaum eine andere juristische<br />
Lehrveranstaltung<br />
einen derart hohen Praxisbezug<br />
aufweist. Geschult werden<br />
außerdem englische<br />
Sprachkenntnisse, rhetori-
sche Fähigkeiten<br />
und Teamfähigkeit.<br />
Nicht der „ausgebuffte“<br />
Einzelkämpfer, sondern der<br />
vielseitige Teamplayer ist<br />
gefragt.<br />
Praxisbezug und Schulung<br />
von besonderen Fähigkeiten<br />
– diese beiden Vorzüge liegen<br />
auf der Hand, erklären<br />
aber noch nicht die besondere<br />
Faszination des Vis Moot<br />
Court. Auch der wunderschöne<br />
Austragungsort erklärt<br />
nicht abschließend, warum<br />
der Vis Moot Court eine<br />
derartige Erfolgsgeschichte<br />
ist. Denn der Vis Moot Court<br />
ist nicht nur Wien. Der Vis<br />
Moot Court ist auch Hong<br />
Kong. In der ehemaligen britischen<br />
Kronkolonie findet<br />
seit sechs Jahren eine Woche<br />
vor dem Wiener Vis Moot ein<br />
zweiter Vis-Wettbewerb<br />
statt, der Willem C. Vis<br />
(East) International Commercial<br />
Arbitration Moot<br />
Court. In diesem Jahr nahmen<br />
am Vis East 64 Mannschaften<br />
teil, darunter die<br />
deutschen <strong>Universität</strong>en<br />
Freiburg, Humboldt (Berlin),<br />
Tübingen, Osnabrück, Mainz<br />
und München. Die Wettbe-<br />
Photos: Team der <strong>Universität</strong> Reykjavík (Hjordis Birna Hjartardottir und Fanney Frimannsdóttir)<br />
sowie Teams der <strong>Universität</strong>en von Köln und Reykjavík nach einem Pleading beim<br />
<strong>Düsseldorf</strong>er Pre Moot in den Räumen von Clifford Chance.<br />
Erfahrung<br />
Arbitrator’s Paradise<br />
Professor Dr. Ralph Alexander Lorz (<strong>Heinrich</strong>-<strong>Heine</strong>-<strong>Universität</strong>)<br />
Völkerrechtler nehmen gerne<br />
für sich in Anspruch, das<br />
älteste Gewerbe innerhalb<br />
der juristischen Zunft zu sein<br />
- gehören doch Verträge zwischen<br />
den Fürsten des Zweistromlandes<br />
aus dem 3.<br />
Jahrtausend v. Chr. zu den<br />
ältesten Dokumenten der<br />
Rechtsgeschichte. Es ist daher<br />
kein Wunder, dass auch<br />
der älteste und traditionsreichste<br />
aller Moot Courts<br />
ein völkerrechtlicher ist: der<br />
„Philip C. Jessup International<br />
Law Moot Court Competition“,<br />
der von den USA<br />
ausgeht und sein Finale<br />
in Washington,<br />
D.C. hat.<br />
Die Erfolgsgeschichte<br />
des Willem<br />
C. Vis InternationalCommercial<br />
Arbitration Moot<br />
ist vor diesem Hintergrund<br />
um so bemerkenswerter:<br />
In nur 16 Jahren (der<br />
„Jessup“ hat über 50 auf dem<br />
Rücken) hat sich dieser<br />
Wettbewerb von einer fast intimen<br />
Veranstaltung zum<br />
quantitativ größten Ereignis<br />
im weiten Feld der internationalenGerichtsspielwettbewerbe<br />
gemausert. Nicht einmal<br />
mehr das grandiose<br />
Wiener Rathaus vermochte<br />
die Teilnehmer bei der Verkündung<br />
der 64 Finalisten<br />
aufzunehmen. Das hatte einerseits<br />
die bedauerliche<br />
Konsequenz einer Verlagerung<br />
dieses Ereignisses in<br />
ein Kongresszentrum zur<br />
Folge, spricht aber andererseits<br />
Bände und ist vielleicht<br />
der schönste Lohn für Professor<br />
Eric Bergsten, der<br />
sich die Verwirklichung der<br />
dahinterstehenden einzigartigen<br />
Idee zur Lebensaufgabe<br />
gemacht hat, die er in beeindruckender<br />
Weise erfüllt.<br />
Das allein wäre schon Grund<br />
genug, sich als Völkerrechtler<br />
und altgedienter „Jessup-<br />
Mootie“ näher mit dem raketengleich<br />
aufgestiegenen<br />
Emporkömmling zu befassen.<br />
Aber das Geheimnis<br />
des Vis-Erfolgs ist vielschichtiger<br />
Natur und voller<br />
Anreize für jeden, der sich für<br />
internationales Recht interessiert:<br />
So gehören Schiedsverfahren<br />
– was heute zu Unrecht<br />
etwas in Vergessenheit<br />
geraten ist – zum ältesten Instrumentarium<br />
der internationalen<br />
Beziehungen, und<br />
es erscheint vor diesem Hintergrund<br />
nur natürlich, daß<br />
mit der Internationalisierung<br />
der Handelsströme die Nutzung<br />
dieses Instrumentariums<br />
auch im Verhältnis zwischen<br />
privaten Gewerbetreibenden<br />
Usus geworden ist.<br />
Und inzwischen hat das internationaleSchiedsverfahrensrecht<br />
noch eine weitere<br />
Dimension gewonnen: die<br />
beiden Eltern „international<br />
arbitration“ zur Schlichtung<br />
zwischenstaatlicher Dispute<br />
einerseits und „commercial<br />
arbitration“ zur Beilegung internationalerGeschäftsstreitigkeiten<br />
zwischen Privaten<br />
andererseits haben mit dem<br />
neuen Feld der „investor-state<br />
arbitration“ ein Kind hervorgebracht,<br />
das öffentlichund<br />
privatrechtliche Eigenheiten<br />
internationaler Natur<br />
in sich vereint und zuletzt rasant<br />
gewachsen ist. Die ersten<br />
Moot Courts im internationalenInvestitionsschutzrecht<br />
sind daher auch schon<br />
„under way“…<br />
Wer sich also von den klassischen<br />
Einsätzen internationaler<br />
Schiedsgerichtsbarkeit<br />
aus in dieses neue Feld hineinbewegt,<br />
tut gut daran,<br />
sich das andere Elternteil<br />
(die „commercial arbitration“,<br />
die der Vis Moot zu seinem<br />
Gegenstand erkoren<br />
hat) anzuschauen, so wie<br />
umgekehrt jeder Wirtschaftsrechtler,<br />
der in internationaleGeschäftsbeziehungen<br />
eingeschaltet wird,<br />
ohne Kenntnis dieser Streitbeilegungsmöglichkeit<br />
und<br />
ihrer Eigenheiten kein umfassendes<br />
Bild seiner Möglichkeiten<br />
gewinnen kann.<br />
Aber der vielfältige fachliche<br />
1<br />
2009<br />
Reiz macht die Wirkung dieses<br />
speziellen Moot-Virus<br />
nur zum Teil aus. Nicht weniger<br />
wichtig sind die besonderen<br />
Parameter, die nur dieser<br />
Wettbewerb aufweist: die<br />
Möglichkeit für jedes Team,<br />
das sich über die Einreichung<br />
von Schriftsätzen dafür<br />
qualifiziert, an der internationalen<br />
Endrunde teilzunehmen<br />
– was die gewaltige<br />
und weiter wachsende Zahl<br />
von partizipierenden Teams<br />
erklärt –, und die daraus folgende<br />
einzigartige Atmosphäre<br />
des internationalen<br />
Austauschs, versinnbildlicht<br />
in den schon sprichwörtlichen<br />
Zusammentreffen im<br />
„Dachgeschoß“ des Juridicums<br />
und überhaupt in dem<br />
besonderen Flair, das Wien<br />
von allen anderen Städten<br />
der Welt unterscheidet.<br />
Schließlich sorgt die ausdrückliche<br />
Erlaubnis, sich<br />
schon vor dem eigentlichen<br />
Wettbewerb mit anderen<br />
Teams zur Probe zu messen,<br />
dafür, dass sich im Vis<br />
ein spezifischer Korpsgeist<br />
herausbilden kann: in Wien<br />
treffen sich „alte Bekannte“<br />
neben den üblichen Verdächtigen<br />
der internationalen<br />
arbitration community.<br />
An einem zentralen Juristenstandort<br />
wie <strong>Düsseldorf</strong> lässt<br />
dies die Versuchung unwiderstehlich<br />
werden, den Vis<br />
Moot mit eigenen Veranstaltungen<br />
zu begleiten: die<br />
<strong>Düsseldorf</strong>er Pre-Moot<br />
Rounds, die eine Woche vor<br />
Wien über 20 Teams zu einem<br />
Probewettbewerb zusammenführten,<br />
und die<br />
<strong>Düsseldorf</strong> International Arbitration<br />
School, die den<br />
Vis-Teams eine Woche vor<br />
der Ausgabe des Falles im<br />
September ein fünftägiges<br />
Intensivtraining im Schiedsverfahrensrecht<br />
bietet, legen<br />
davon Zeugnis ab. Aber<br />
auch jenseits dieses schon<br />
fest institutionalisierten Engagements<br />
gilt: wer einmal<br />
vom Moot-Virus infiziert worden<br />
ist, kommt nicht mehr los<br />
davon. Für mich wird die Woche<br />
vor Ostern jedenfalls in<br />
Zukunft immer für Wien reserviert<br />
sein: for an<br />
excursion into arbitrator’s<br />
paradise…<br />
AUSGABE MAI / JUNI 2009 65
Erfahrung<br />
Das Schicksal eines Vis Mooties<br />
Frank Spohnheimer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter,<br />
<strong>Universität</strong> des Saarlandes<br />
Jährlich verwandelt sich in<br />
der Woche vor Ostern das<br />
Juridicum der <strong>Universität</strong><br />
Wien in die fiktive Stadt „Vindobona“,<br />
gelegen im fiktiven<br />
Staat „Danubia“. Dann kommen<br />
dort Studenten von<br />
mehr als 230 <strong>Universität</strong>en<br />
zusammen, die im Rahmen<br />
des Annual Willem C. Vis International<br />
Commercial Arbitration<br />
Moot in fiktiven<br />
Schiedsverfahren gegeneinander<br />
antreten und die Interessen<br />
ihrer Mandanten<br />
vertreten. Wer<br />
sich in dieser<br />
Zeit in Wien<br />
aufhält und<br />
auf kleine<br />
Gruppen jungerMenschen<br />
im Business<br />
Outfit<br />
trifft, kann sicher<br />
sein: These are<br />
Mooties!<br />
Erstmals habe ich von dem<br />
Wettbewerb während meines<br />
Studiums erfahren. Weil<br />
mein Examen kurz bevor<br />
stand, fehlte mir aber die Zeit,<br />
am Vis Moot teilzunehmen.<br />
Aufgeschoben ist jedoch bekanntlich<br />
nicht aufgehoben<br />
und so nahm ich 2007/08 –<br />
nach meinem ersten Staatsexamen<br />
– als Mitglied des<br />
Teams der <strong>Universität</strong> des<br />
Saarlandes am 15. Vis Moot<br />
teil.<br />
Die Vorbereitungen begannen<br />
mit einem einwöchigen<br />
Aufenthalt in der Rheinmetropole<br />
<strong>Düsseldorf</strong>, wo uns<br />
während der <strong>Düsseldorf</strong> International<br />
Arbitration<br />
School die Grundlagen des<br />
Schiedsverfahrensrechts<br />
und des Wiener Kaufrechts<br />
von namhaften Experten des<br />
internationalen Wirtschaftsrechts<br />
nähergebracht wurden.<br />
Beides sollte uns in den<br />
nächsten sechs Monaten intensiv<br />
beschäftigen. Bereits<br />
bei der Arbitration School<br />
hatten wir Gelegenheit, die<br />
Teams anderer <strong>Universität</strong>en<br />
kennenzulernen, die wir<br />
66<br />
Willem C. Vis International<br />
Commercial Arbitration Moot<br />
AUSGABE MAI / JUNI 2009<br />
ein halbes Jahr später in<br />
Wien wiedersehen sollten.<br />
Der Austausch mit anderen<br />
Studenten – neudeutsch: Socialising<br />
– ist neben der Einführung<br />
in die genannten<br />
Rechtsgebiete das wohl<br />
wichtigste Ziel des Vis Moot.<br />
Die erste richtige Herausforderung<br />
wartete auf unser<br />
Team, als wir im Oktober<br />
2007 den Sachverhalt erhielten<br />
und einen Klägerschriftsatz<br />
entwerfen mussten: (Internationale)<br />
Literatur musste<br />
gesichtet, Entscheidungen<br />
ausgewertet und für den<br />
Kläger günstige Argumente<br />
entwickelt werden. Nicht vom<br />
Moot-Virus infizierte Freunde<br />
fragten sich verwundert,<br />
warum wir freiwillig zwei Monate<br />
lang fast rund um die<br />
Uhr einen fiktiven Fall bearbeiteten.<br />
Am 6. Dezember<br />
2007 reichten wir unser „Memorandum<br />
for Claimant“ ein.<br />
Die erste Hürde war genommen.<br />
Zeit zur Entspannung<br />
blieb uns allerdings nicht.<br />
Bereits eine Woche später<br />
erhielten wir den Klägerschriftsatz<br />
der indischen<br />
Amity Law School, auf den<br />
wir bis Mitte Januar 2008 antworten<br />
mussten. Prof. Bergsten<br />
sorgte also dafür, dass<br />
bei uns und den übrigen<br />
Teams aus aller Welt über<br />
die Weihnachtsfeiertage keine<br />
Langeweile aufkam. Der<br />
erste Weihnachtsfeiertag, an<br />
dem wir über Videochat über<br />
die Kompetenz-Kompetenz<br />
des Schiedsgerichts diskutiert<br />
haben, wird mir noch lange<br />
unvergessen bleiben.<br />
Nach Abgabe des Beklagtenschriftsatzes<br />
begann die<br />
intensive Vorbereitung der<br />
mündlichen Verhandlungen,<br />
die uns (mehrfach) nach<br />
Frankfurt und <strong>Düsseldorf</strong><br />
führte. Die DIS 40<br />
Rhein-Ruhr und die<br />
Moot-Alumni-Vereinigungen<br />
der <strong>Universität</strong>en Frankfurt<br />
und <strong>Düsseldorf</strong> veranstalten<br />
in der Woche vor dem eigent-<br />
lichen Wettbewerb in Wien<br />
einen Pre-Moot in <strong>Düsseldorf</strong>,<br />
zu dem sich etwa 20<br />
Teams aus aller Welt einfinden.<br />
Hier kommt dann erstmals<br />
das „Wien-Feeling“ auf<br />
und die teilnehmenden<br />
Teams bekommen einen<br />
„Last-Minute-Schliff“ ihrer<br />
Presentation-Skills.<br />
Kurz darauf ging es dann<br />
(endlich!) nach Wien. Schon<br />
am Flughafen in Schwechat<br />
trafen wir Gleichgesinnte, die<br />
wir schon von vorherigen<br />
Probepleadings kannten.<br />
Nach einer feierlichen Eröffnungsfeier<br />
im Wiener Konzerthaus<br />
am Freitagabend<br />
beginnt der eigentliche Wettbewerb<br />
traditionell am Samstagmorgen.<br />
In der Vorrunde<br />
vertritt jedes Team zweimal<br />
die Kläger- und zweimal die<br />
Beklagtenseite. Geleitet werden<br />
die Verhandlungen von<br />
mehr als 650 Schiedsrichtern,<br />
die die Leistungen eines<br />
jeden Sprechers individuell<br />
bewerten. Darunter finden<br />
sich bekannte Namen wie<br />
Laurence Craig, Martin Hunter,<br />
Klaus-Peter Berger, Peter<br />
Huber, Loukas Mistelis,<br />
Margaret Moses, Mauro Rubino-Samartano,<br />
Ingeborg<br />
Schwenzer und Tibor Varady,<br />
deren Werke jeder am<br />
Schiedsverfahrensrecht<br />
bzw. UN-Kaufrecht Interessierte<br />
schon einmal zur Hand<br />
genommen hat. Vor einem<br />
solch hochkarätig besetzten<br />
Schiedsgericht plädieren zu<br />
dürfen, sollte allein schon<br />
Auszeichnung genug sein.<br />
Neben dem fachlichen<br />
Aspekt kommt aber auch die<br />
Freizeit in Wien nicht zu kurz.<br />
Außerhalb der Pleadings trifft<br />
man sich im „Dachgeschoss“<br />
des Juridicums oder in der<br />
Moot-Bar „Aux Gazelles”.<br />
Einmal in Wien angekommen,<br />
hat man den Eindruck,<br />
die Zeit vergehe „wie im Fluge“.<br />
Kaum mit dem Flieger<br />
gelandet und das erste Pleading<br />
hinter sich gebracht, ist<br />
auch schon bald der Dienstagabend<br />
gekommen, an<br />
dem Prof. Bergsten im Austria<br />
Center vor 1500 wartende,<br />
angespannte Studenten<br />
tritt und bekannt gibt, welche<br />
64 Teams in die Finalrunden<br />
einziehen. Aus diesen 64<br />
Teams wird in den folgenden<br />
Tagen in K.O.-Runden ein<br />
Sieger ermittelt – gewonnen<br />
hat ohnehin jeder, der am Vis<br />
Moot teilnimmt. Das Finale<br />
findet am Gründonnerstag im<br />
Wiener Messezentrum statt<br />
– inklusive Festbankett und<br />
feierlicher Verleihung der<br />
Auszeichnungen. Ein letztes<br />
Mal trifft man sich am Abend<br />
noch im „Aux Gazelles“ mit<br />
den neu gewonnenen Freunden,<br />
bevor am nächsten Tag<br />
nahezu alle die Heimreise<br />
antreten. Damit geht das<br />
wohl arbeitsintensivste Semester<br />
eines jeden Studenten<br />
zu Ende. Die im Business<br />
Outfit gekleideten Studentengrüppchen<br />
verlassen<br />
Wien, und rund um das<br />
Juridicum kehrt wieder Ruhe<br />
ein.<br />
Trotz aller Mühen überwiegen<br />
die Vorteile einer Teilnahme<br />
am Vis Moot eindeutig.<br />
Bei keiner anderen Gelegenheit<br />
kann man sich anhand<br />
eines praktischen Falles<br />
so tief in die praktisch relevanteSchiedsgerichtsbarkeit<br />
einarbeiten, die in der<br />
universitären Ausbildung –<br />
leider – nur ein Schattendasein<br />
führt. Wer am Vis Moot<br />
teilgenommen hat, hat bewiesen,<br />
dass er nicht nur in<br />
der Lage ist, in einem Team<br />
zu arbeiten, sondern auch<br />
über verhandlungssichere,<br />
englische Sprachkenntnisse<br />
verfügt.<br />
Aber auch für Wissenschaftler<br />
und Praktiker ist der Vis<br />
Moot mehr als ein reiner „Studentenwettbewerb“.<br />
In seinem<br />
Umfeld finden zahlreiche<br />
Veranstaltungen und<br />
Konferenzen statt. Anders<br />
gesagt: Der Vis Moot ist das<br />
jährliche Ereignis der internationalen<br />
Arbitration Community<br />
schlechthin.<br />
Ein Nachteil sei aber nicht<br />
verschwiegen: Wer einmal<br />
vom „Moot-Virus“ infiziert<br />
wurde, wird so schnell nicht<br />
davon geheilt, und so kehrt<br />
mancher Teilnehmer – von<br />
dieser Sucht eingeholt – im<br />
darauffolgenden Jahr wieder<br />
zurück nach „Vindobona“ in<br />
„Danubia“ – sei es wiederum<br />
als Teammitglied, als Coach<br />
oder als Schiedsrichter.
werbe in<br />
Hong Kong<br />
und Wien sind<br />
voneinander unabhängig, es<br />
werden unterschiedliche Sieger<br />
gekürt. Ein Erfolg in<br />
Wien gilt allerdings als<br />
prestigereicher.<br />
Der Vis ist aber auch mehr als<br />
Hong Kong und Wien. Er ist<br />
San Diego, Hannover, Belgrad,<br />
Madrid, New York,<br />
<strong>Düsseldorf</strong>, Leuven, München<br />
und Den Haag. In all<br />
diesen Städten finden Vorbereitungswettkämpfe<br />
für den<br />
Vis Moot – sog. Pre Moots –<br />
statt. Der Vis Moot Court unterscheidet<br />
sich nämlich in<br />
einer Hinsicht stark von anderen<br />
internationalen Moot<br />
Court-Wettbewerben: Im<br />
Rahmen der Vorbereitung ist<br />
es möglich, gegen Studententeams<br />
anderer <strong>Universität</strong>en<br />
anzutreten. Dies führt dazu,<br />
dass die Teilnehmer schon<br />
vor dem eigentlichen Wettbewerb<br />
Kontakte zu Studenten<br />
aus aller Welt knüpfen.<br />
Anders gesagt: Der Vis ist ein<br />
weltweites Netzwerk – und er<br />
greift immerweiter umsich.<br />
The Willem C. Vis International Commercial<br />
Arbitration Moot is a competition<br />
for law students from all countries.<br />
The Moot involves a dispute arising<br />
out of a contract of sale between<br />
two countries that are party to the United<br />
Nations Convention on Contracts<br />
for the International Sale of Goods.<br />
The contract provides that any dispute<br />
that might arise is to be settled by<br />
arbitration in Danubia, a country that<br />
has enacted the UNCITRAL Model<br />
Law on International Commercial Arbitration<br />
and is a party to the Convention<br />
on the Recognition and Enforcement<br />
of Foreign Arbitral Awards. The<br />
arbitral rules to be applied rotate yearly<br />
among the arbitration rules of<br />
co-sponsors of the Moot. The Problem<br />
is distributed on the first Friday in<br />
October on the Moot web site. A memorandum<br />
supporting the position of<br />
the claimant is due in Vienna early in<br />
December. Each participating team is<br />
sent a copy of the memorandum for<br />
claimant of one of the other teams in<br />
the Moot. A memorandum for respondent<br />
is prepared in response to the<br />
memorandum received, and is due in<br />
mid-February. The oral arguments<br />
take place in Vienna, beginning on the<br />
Saturday a week prior to Easter and<br />
closing on Thursday of Easter week.<br />
Das Schiedsericht im Finale betand aus bestand aus Prof.<br />
Nayla Comair-Obeid, Ulf Franke und Prof. Philip Capper.<br />
Ein nachdenkliches Tribunal in Wien Richard Ellwood und Constantin van<br />
Lijnden vom Team <strong>Düsseldorf</strong><br />
Team <strong>Düsseldorf</strong> 2009 alias "The All Guys Team” Festbankett Wiener Messehallen<br />
Wiener Rathaus 2009<br />
1<br />
2009<br />
AUSGABE MAI / JUNI 2009 67
Erfahrung<br />
illem C. Vis International<br />
Commercial Arbitration Moot<br />
How the Moot changed my life…<br />
Thorsten Henze, Rechtsreferendar,<br />
Alston & Bird LLP, New York<br />
Jura ist in vielen Bereichen<br />
eine “learned profession” –<br />
erst die praktische Erfahrung<br />
macht aus gesundem akademischem<br />
Wissen einen<br />
guten Anwalt oder Richter.<br />
Insofern ist die Vermittlung<br />
von praktisch anwendbaren<br />
Fähigkeiten etwas, was ich<br />
während der universitären<br />
Ausbildung vermisst habe.<br />
Die Teilnahme am Vis Moot<br />
war für mich eine Erfahrung,<br />
die mich weit über das<br />
fachliche Verständnis<br />
des<br />
Schiedsverfahrensrechts<br />
und internationalenKaufrechts<br />
hinaus<br />
geprägt hat.<br />
Als wir im Dezember<br />
2004 mit dem <strong>Düsseldorf</strong>er<br />
Honorarprofessor<br />
Siegfried H. Elsing die Möglichkeit<br />
einer erstmaligen<br />
Teilnahme eines Teams der<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Düsseldorf</strong> besprachen,<br />
ahnte noch niemand,<br />
was auf uns zukommen<br />
würde. Zwei Schriftsätze<br />
innerhalb von drei Monaten<br />
in englischer Sprache.<br />
Und die entsprechende Präsentation<br />
unserer Ergebnisse<br />
in einem Plädoyer in<br />
Wien. Soviel zur sachlichen<br />
Beschreibung. Tatsächlich<br />
steckte hinter diesen Worten<br />
viel mehr. Während man im<br />
Jurastudium letztlich nur seinem<br />
eigenen Lernrhythmus<br />
unterworfen ist, musste man<br />
plötzlich die anderen Teammitglieder<br />
überzeugen, um<br />
68<br />
AUSGABE MAI / JUNI 2009<br />
sein Argument am Ende des<br />
Tages im Schriftsatz wieder<br />
zu finden. Auch die Aufteilung<br />
der unterschiedlichen<br />
Themenbereiche bot Anlass<br />
für Kompromisse. Selbstverständlich<br />
haben wir aber diese<br />
Aufgaben mit der einen<br />
oder anderen “Nachtschicht”<br />
gemeistert und pünktlich<br />
unsere Schriftsätze eingereicht.<br />
Die nachfolgende Vorbereitung<br />
für die mündlichen Verhandlungen,<br />
die vor allem<br />
durch die <strong>Düsseldorf</strong>er Wirtschaftskanzleien<br />
erfolgte,<br />
vermittelte einem das Gefühl,<br />
nah am Anwaltsberuf<br />
dran zu sein. Inzwischen<br />
sind seit meiner Teilnahme<br />
drei Jahre vergangen und ich<br />
habe das Referendariat<br />
durchlaufen. Aus meiner<br />
Sicht war der Moot Court die<br />
beste Vorbereitung hierfür.<br />
Natürlich braucht man auch<br />
einen soliden materiellrechtlichen<br />
Hintergrund –<br />
aber während des Moot<br />
Court lernt man, dass es<br />
auch darauf ankommt, wie<br />
man ein Argument anbringt.<br />
Der Sitzungsdienst in der<br />
Staatsanwaltschaft mit dem<br />
biestigen Verteidiger, die Beweisaufnahme<br />
in der Zivilstation<br />
mit den durcheinander<br />
redenden Parteien oder<br />
die Vertretung in der Zivilstation<br />
beim mürrischen Richter<br />
kommt bestimmt. Davor<br />
braucht man keine Angst zu<br />
haben, wenn man schon mal<br />
auf Englisch einem Professor<br />
aus Georgetown und ei-<br />
Impressionen von den <strong>Düsseldorf</strong> Pre Moot Rounds<br />
nem französischen Anwalt<br />
erklären musste, warum der<br />
Mandant unbedingt 8mm<br />
Schokoladenpapier bedrucken<br />
lassen wollte.<br />
Der Höhepunkt des Vis Moot<br />
sind die mündlichen Endrunden<br />
in Wien. Es war lehrreich<br />
zu sehen, wie andere Teams<br />
sich mit (kulturell vorgeprägten)<br />
unterschiedlichen Vorgehensweisen<br />
an den Fall<br />
heranwagten und alle auf eigene<br />
Art und Weise das Ziel<br />
verfolgten, ihre Argumente<br />
erfolgreich zu vertreten. Weiterhin<br />
bietet sich die Gelegenheit,<br />
Studenten von über<br />
200 <strong>Universität</strong>en sowie international<br />
bekannte Anwälte,<br />
Professoren und Schiedsrichter<br />
zu treffen und Freundschaftenzuschließen.<br />
Der letzte Tag in Wien ist wie<br />
Aschermittwoch und man<br />
sagt sich “Niemals geht man<br />
so ganz”. Und so ist es auch.<br />
Nicht nur, dass ich mit Freude<br />
das Coaching in den Folgejahren<br />
begleiten durfte:<br />
der Vis Moot hat mir die Tür<br />
zu einem weltweitem Netzwerk<br />
von engagierten, weltoffenen<br />
und an anderen Kulturen<br />
und internationalem<br />
Wirtschaftsverkehr interessierten<br />
Juristen geöffnet.<br />
Viele Freundschaften und<br />
Bekanntschaften, die ich<br />
während dieser Zeit geschlossen<br />
habe, pflege ich<br />
noch immer. Und – Facebook<br />
sei Dank – so kann es<br />
einem passieren, dass man<br />
zur Wahlstation nach New<br />
York geht und sich darauf<br />
freut, viele Moot-Alumni wieder<br />
zu sehen. Unglaublich,<br />
aber wahr: Der Vis Moot<br />
macht einen zum “International<br />
Lawyer”: Background:<br />
German, Network: Global.<br />
Bild-<br />
Letztendlich<br />
sind es<br />
aber wohl die<br />
Menschen, welche dem Vis<br />
Moot Court seine besondere<br />
Prägung geben. Wer einmal<br />
während des Vis Moot Court<br />
die Organisationszentrale,<br />
das Dachgeschoss der Wiener<br />
Juristischen Fakultät, betreten<br />
hat, wird die dortige<br />
Atmosphäre niemals vergessen:<br />
Stimmengewirr. In allen<br />
bekannten Sprachen dieser<br />
Welt. Energisch, leise, überschwänglich.<br />
Gelächter. Studenten<br />
proben ein letztes Mal<br />
ihr Plädoyer. Andere Studenten<br />
kehren von einem Pleading<br />
zurück und diskutieren<br />
ihre Leistung. Wieder andere<br />
blättern in ihren Unterlagen.<br />
Buchverlage bieten ihre Bücher<br />
an. Hew Dundas, ein bekannter<br />
schottischer Schiedsrichter,<br />
sitzt seelenruhig mitten<br />
im Trubel und arbeitet an<br />
seinem Laptop. Prof. Hunter<br />
diskutiert mit Prof. Berger.<br />
Freunde treffen sich nach<br />
langer Zeit wieder und fallen<br />
sich in die Arme. Schiedsrichter<br />
kommen an und werden<br />
gesucht. Scoresheets<br />
werden gesucht. Und einer ist<br />
immer da: Prof. Eric Bergsten,<br />
emeritierter amerikanischer<br />
Juraprofessor und<br />
Cheforganisator des Willem<br />
C. Vis Moot Court, hält sich<br />
zu allen Wettbewerbszeiten<br />
im Dachgeschoss auf. Er ist<br />
immer die Ruhe selbst. Wie<br />
so viele Erfolge hat auch der<br />
Erfolg des Vis Moot eben<br />
einen Vater. Und vielleicht<br />
liegt hierin das Geheimnis<br />
des Wettbewerbs.
<strong>Düsseldorf</strong> International Arbitration School<br />
<strong>Düsseldorf</strong> International<br />
Arbitration School<br />
Auf den Spuren der Römer<br />
Was ist die älteste Form der Gerichtsbarkeit? Nur wenige<br />
Juristen wissen, dass es sich hierbei nicht um die<br />
staatliche Gerichtsbarkeit, sondern um die Schiedsgerichtsbarkeit<br />
handelt. Im römischen Recht entsprach<br />
es beispielsweise dem allgemeinen Verständnis, dass<br />
zivilrechtliche Streitigkeiten nicht unmittelbar durch<br />
die Obrigkeit, sondern primär unter deren Autorität<br />
durch eine Vertrauensperson der Parteien – also einen<br />
Schiedsrichter im heutigen Sinne – gelöst wurden.<br />
Das Verständnis von<br />
Schiedsgerichtsbarkeit im alten<br />
Rom und die heutige Definition<br />
stimmen weitgehend<br />
überein: Schiedsgerichtsbarkeit<br />
war und ist eine auf privatautonomer<br />
Gestaltung beruhende<br />
Form der Streitbeilegung,<br />
die es den Parteien<br />
erlaubt, ihren Rechtstreit<br />
durch ein Privatgericht entscheiden<br />
zu lassen. Der Staat<br />
verzichtet dabei auf sein<br />
Rechtsprechungsmonopol<br />
und lässt im begrenzten Umfang<br />
einen vertraglichen<br />
Ausschluss der Zuständigkeit<br />
des staatlichen Richters<br />
zu.<br />
Während im alten Rom innerstaatliche<br />
Streitigkeiten<br />
durch Schiedsverfahren gelöst<br />
wurden, ist die Schiedsgerichtsbarkeit<br />
in modernen<br />
Zeiten vor allem im zwi-<br />
schenstaatlichenRechtsverkehr vorherrschend. Etwa 80<br />
bis 90 % aller grenzüberschreitendenWirtschaftsverträge<br />
enthalten eine Schiedsklausel.<br />
In manchen Bereichen,<br />
wie z.B. dem Anlagenbau<br />
oder im Bereich von Unternehmenskäufen,<br />
hat die<br />
Schiedsgerichtsbarkeit die<br />
staatliche Gerichtsbarkeit<br />
heute nahezu verdrängt. Eine<br />
Boomphase erlebt außerdem<br />
die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit:<br />
Beim Washingtoner<br />
International Centre<br />
for Settlement of Investment<br />
Disputes (ICSID) ist die<br />
Zahl der Investor-Staat-Verfahren<br />
in den letzten zehn<br />
Jahren sprunghaft angestiegen.<br />
Während in den Jahren<br />
1966 bis 1992 nur 24 Kläger<br />
ein ICSID-Schiedsverfahren<br />
initiierten, erhoben alleine<br />
im ersten Halbjahr des Jahres<br />
Photos: Erste <strong>Düsseldorf</strong> International Arbitration School, Hörsaalbild<br />
(links). Gruppenbild Zweite <strong>Düsseldorf</strong> International Arbitration School<br />
vor dem Oberlandesgericht <strong>Düsseldorf</strong> (rechts).<br />
70<br />
Auf den Spuren der Römer<br />
AUSGABE MAI / JUNI 2009<br />
2008 neun (!) Investoren<br />
Schiedsklage in Washington.<br />
Die Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit<br />
für den weltweiten<br />
Handel spiegelt sich<br />
noch nicht in den Lehrplänen<br />
der meisten juristischen Fakultäten<br />
in Deutschland wider.<br />
Wer sich als Student mit<br />
Schiedsgerichtsbarkeit beschäftigen<br />
möchte, muss eine<br />
Spezialveranstaltung im<br />
Rahmen des Schwerpunktbereichsstudiums<br />
belegen.<br />
Oder er entscheidet sich für<br />
eine der vier deutschen Summer<br />
Schools oder Akademien<br />
im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit:<br />
die International<br />
Summer School on Dispute<br />
Resolution der <strong>Universität</strong>en<br />
Humboldt und Tulane,<br />
die Cologne Summer<br />
Academy on Commercial<br />
Arbitration des Center for<br />
Transnational Law (CEN-<br />
TRAL) der <strong>Universität</strong> Köln,<br />
die Sommerakademie des<br />
Heidelberger Center for International<br />
Dispute Resolution<br />
oder die <strong>Düsseldorf</strong><br />
International Arbitration<br />
School.<br />
Die <strong>Düsseldorf</strong> International<br />
Arbitration School ist die<br />
jüngste der vier genannten<br />
Initiativen. Sie findet im Jahre<br />
2009 zum dritten Mal in<br />
der <strong>Heinrich</strong>-<strong>Heine</strong>-<strong>Universität</strong><br />
und im Industrie Club<br />
<strong>Düsseldorf</strong> statt. Die <strong>Düsseldorf</strong>er<br />
Schiedsakademie unterscheidet<br />
sich von den anderen<br />
drei Veranstaltungen<br />
durch die größere Anzahl an<br />
Referenten und durch die<br />
Aufnahme von Panels in das<br />
Programm. Außerdem möchte<br />
sie mit speziell auf den<br />
Willem C. Vis International<br />
Commercial Arbitration<br />
Moot Court zugeschnittenen<br />
Veranstaltungen neben fortgeschrittenen<br />
Studenten, Referendaren<br />
und jungen<br />
Praktikern auch „Vis<br />
Mooties“ ansprechen.<br />
Jeder der fünf Tage der Arbitration<br />
School steht unter einem<br />
bestimmten Motto. Die<br />
ersten vier Tage sind einführender<br />
Natur, der letzte Tag<br />
dient der Wissensvertiefung<br />
und -erweiterung.<br />
Los geht es im Jahr 2009 mit<br />
dem Introduction Day. Auf<br />
dem Stundenplan stehen<br />
dann Grundzüge der Schiedsgerichtsbarkeit<br />
wie die Unterschiede<br />
zwischen ad-hoc<br />
Schiedsgerichtsbarkeit und<br />
institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit,Schiedsklauseln<br />
und das UNCITRAL<br />
Model Law on International<br />
Commercial Arbitration. Der<br />
zweite Tag, der Legal Culture<br />
Day, widmet sich Konflikten<br />
der Rechtskulturen in internationalenSchiedsverfahren.<br />
Am dritten Tag, dem<br />
Drafting Day, geht es nicht<br />
nur um Schriftsätze, sondern<br />
auch um die Benennung von<br />
Schiedsrichtern und ihre Tücken.<br />
Der vierte, interaktive<br />
Tag soll den Teilnehmern dabei<br />
helfen, ihre Advocacy
Erfahrung<br />
Arbitration?<br />
Was ist das?<br />
Florian Schmitz-Remberg, <strong>Heinrich</strong>-<strong>Heine</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />
“Arbitration? Was ist das?”.<br />
Das war meine Reaktion auf<br />
die Ankündigung der ersten<br />
<strong>Düsseldorf</strong> International Arbitration<br />
School im Jahr<br />
2007.<br />
Ich informierte mich, wurde<br />
neugierig und meldete mich<br />
schließlich dann auch an. Im<br />
September saß ich mittendrin:<br />
Ein Hörsaal auf dem<br />
Campus der <strong>Heinrich</strong>-<strong>Heine</strong>-Unversität<br />
zu <strong>Düsseldorf</strong><br />
gut gefüllt mit Praktikern und<br />
Studenten. Vornehmlich waren<br />
es Teilnehmer am 15th<br />
Willem C. Vis International<br />
Arbitration Moot, die zum Teil<br />
aus den verschiedenen Winkeln<br />
der Welt angereist<br />
waren.<br />
Skills zu verbessern, und ist<br />
passenderweise mit Pleading<br />
Day übertitelt. Da auch das<br />
allerbeste Plädoyer überhaupt<br />
nichts nützt, wenn der<br />
Schiedsspruch am Ende des<br />
Tages nicht vollstreckt werden<br />
kann, endet dieser Tag<br />
mit einem Vortrag zum<br />
Thema „Durchsetzung und<br />
Vollstreckung von Schiedssprüchen“.<br />
Zu den Referenten der ersten<br />
vier Tage der <strong>Düsseldorf</strong> International<br />
Arbitration<br />
School gehören Christian P.<br />
Alberti (ICDR New York),<br />
Dr. Eckart J. Brödermann<br />
(Brödermann & Jahn Hamburg),<br />
W. Laurence Craig<br />
(Orrick Rambaud Martel Paris),<br />
Prof. Dr. Siegfried H. Elsing<br />
(Orrick Hölters & Elsing<br />
<strong>Düsseldorf</strong>), Ulrike Gantenberg<br />
(Heuking Kühn Lüer<br />
Wojtek <strong>Düsseldorf</strong>), Dr.<br />
Thomas Kreifels (Freshfields<br />
<strong>Düsseldorf</strong>), Birgit Kurtz<br />
(Crowell & Moring New<br />
York), Dr. Markus Perkams<br />
(Clifford Chance Frankfurt),<br />
Dr. David Quinke (Gleiss<br />
Lutz <strong>Düsseldorf</strong>), Thomas<br />
Neben interessanten und<br />
spannenden Vorträgen, welche<br />
einem das umfangreiche<br />
Gebiet der internationalen<br />
Schiedsgerichtsbarkeit näher<br />
brachten, gab es auch die<br />
Möglichkeit, Kontakte mit<br />
Menschen aus aller Welt zu<br />
schließen. Sei es beispielsweise<br />
in den Kaffeepausen,<br />
bei einem Theaterbesuch<br />
oder einem Umtrunk in einer<br />
<strong>Düsseldorf</strong>er Brauerei.<br />
Am Ende der Woche fühlt<br />
man sich nicht nur fachlich<br />
bereichert, sondern auch<br />
menschlich. Man gewinnt<br />
Einblick in ein Gebiet, das<br />
sich während des Studiums<br />
ansonsten nicht erschließt<br />
oder lediglich am Rande auf-<br />
Weimann (Clifford Chance<br />
<strong>Düsseldorf</strong>) und Dr. Stephan<br />
Wilske (Gleiss Lutz Stuttgart).<br />
Am letzten und krönenden<br />
Tag der Arbitration School<br />
werden namhafte Praktiker<br />
und Wissenschaftler wie Dr.<br />
Claudia Milbradt (Clifford<br />
Chance <strong>Düsseldorf</strong>), Dr. David<br />
J. Cairns (B Cremades<br />
Madrid), The Honorable<br />
Charles Brower (Den Haag),<br />
Prof. Christopher Gibson<br />
(Suffolk University Law<br />
School Boston), Dr. Richard<br />
Kreindler (Shearman & Sterling<br />
Frankfurt), Audley<br />
Sheppard (Clifford Chance<br />
London) oder Prof. Dr. Gerhard<br />
Wegen (Gleiss Lutz<br />
Stuttgart) in zwei Panels und<br />
mehreren Vorträgen aktuelle<br />
Entwicklungen in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit<br />
und in IP-Schiedsverfahren<br />
diskutieren.<br />
Der letzte Tag der <strong>Düsseldorf</strong><br />
International Arbitration<br />
School richtet sich im Gegensatz<br />
zu den ersten vier Tagen<br />
nicht ausschließlich an Stu-<br />
taucht. Die Art des intensiven<br />
Lernens, welche die einwöchige<br />
Beschäftigung mit einem<br />
einzigen Themenkomplex<br />
mit sich bringt, ist in jedem<br />
Fall eine Bereicherung,<br />
die sich lohnt.<br />
Doch was erwächst aus der<br />
<strong>Düsseldorf</strong> International Arbitration<br />
School? In meinem<br />
Fall prägte sie das weitere<br />
Studium.<br />
Ich kam während der ersten<br />
Arbitration School in Kontakt<br />
mit Moot Court-Teilnehmern,<br />
und meldete mich zum 16th<br />
Willem C. Vis International<br />
Arbitration Moot im Team der<br />
<strong>Düsseldorf</strong>er <strong>Universität</strong> an.<br />
Mit dem <strong>Düsseldorf</strong>er Vis-<br />
Moot Court Team nahm ich<br />
an der zweiten Arbitration<br />
School teil, und auch sie<br />
machte mich menschlich und<br />
fachlich reicher. Sie gab mir<br />
einen neuen Blickwinkel auf<br />
das komplexe Gebiet der<br />
Schiedsgerichtsbarkeit – ei-<br />
denten, Referendare und junge<br />
Praktiker, sondern auch an<br />
Rechtsanwälte mit mehrjähriger<br />
Erfahrung und Unternehmensjuristen.<br />
Eine gesonderte<br />
Teilnahme ist möglich.<br />
Mehr Informationen zur<br />
1<br />
2009<br />
nem Gebiet, in dem man niemals<br />
auslernt. Die <strong>Düsseldorf</strong><br />
International Arbitration<br />
School trug sicherlich auch<br />
ihren Teil dazu bei, dass das<br />
<strong>Düsseldorf</strong>er Moot Court<br />
Team im April 2009 mit einer<br />
„Honorable Mention“ für einen<br />
der Schriftsätze aus<br />
Wien zurückkehrte.<br />
Was soll man<br />
mehr von einer<br />
Veranstaltung<br />
erwarten können,<br />
als dass<br />
sie einem eine<br />
wirkliche Hilfe<br />
und Inspiration<br />
ist? Für mich war<br />
sie es, und ich selbst<br />
kann die <strong>Düsseldorf</strong> International<br />
Arbitration School nur<br />
weiterempfehlen. Vermutlich<br />
werde ich auch in diesem<br />
Jahr wieder teilnehmen,<br />
denn schließlich lernt man<br />
weder fachlich noch menschlich<br />
jemals aus.<br />
<strong>Düsseldorf</strong> International Arbitration<br />
School finden sich<br />
im Internet unter der Adresse<br />
www.duslaw.org oder sind<br />
per E-mail an arbitration@<br />
uni-duesseldorf.de erhältlich.<br />
AUSGABE MAI / JUNI 2009 71