DIE DREIGROSCHENOPER
DIE DREIGROSCHENOPER
DIE DREIGROSCHENOPER
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Macheath, Mackie Messer Maximilian Laprell<br />
Jonathan Jeremiah Peachum Christian Graf<br />
Celia Peachum, seine Frau Helga Pedross<br />
Polly Peachum, seine Tochter Olga Wäscher<br />
„Tiger“ Brown Markus Menzel<br />
Lucy, seine Tochter Lisa-Maria Sexl<br />
Spelunken-Jenny Adelheid Bräu<br />
Smith/Filch Alexander Julian Meile<br />
Pastor Kimball Mario Plaz<br />
Die Platte Andreas Jähnert, Lukas<br />
Kientzler, Alexander Julian<br />
Meile, Michael Schiemer, Willi<br />
Kiesenhofer, Adelheid Bräu<br />
Huren Lukas Kientzler, Markus<br />
Menzel, Mario Plaz, Lisa-Maria<br />
Sexl, Michael Schiemer, Olga<br />
Wäscher<br />
Bettler Adelheid Bräu, Andreas<br />
Jähnert, Lukas Kientzler,<br />
Mario Plaz, Lisa-Maria Sexl,<br />
Michael Schiemer<br />
Konstabler Michael Schiemer<br />
Regie Alexander Kubelka<br />
Bühne Paul Lerchbaumer<br />
Dramaturgie Dorothée Bauerle-Willert<br />
Kostüme Andrea Hölzl<br />
Musikalische Leitung Andreas Ticozzi<br />
Ensemble Plus Markus Beer, Emil<br />
Scheibenreif, Erich Berchtold,<br />
Martin Nowottny, Hans<br />
Hämmerle, Thomas Gertner,<br />
Stefan Greussing, Claus<br />
Furchtner, Gerald Futscher,<br />
Werner Zudrell<br />
Regieassistenz Marcus Harms<br />
Ausstattungsassistenz Julia Kopa<br />
Licht Arndt Rössler<br />
Korrepetition Akiko Metzler<br />
Video Ulrich Schwendinger<br />
Praktikantin Angelina Wolf<br />
Schreibmaschine Katrin Malang-Rüf<br />
Alexander Kubelkas Inszenierung arbeitet die Essenz des<br />
Stückes heraus, und dies, ohne den Witz, den menschlichen<br />
Humor, den Brecht gerade in diesem Stück einsetzt, zu kurz<br />
kommen zu lassen. In dem vitalen Text prallen wunderbare<br />
Figuren in ihrer Glückssuche aufeinander, untersucht wird die<br />
Motivation ihrer Handlungen, die Ungleichheit der Menschen –<br />
Fragen, die gerade heute wieder an Brisanz gewinnen. Die<br />
Vorarlberger Dreigroschenoper in dem radikalen Bühnenbild<br />
von Paul Lerchbaumer durchleuchtet das Stück auf seine<br />
anhaltende Sprengkraft, auf seine Wahrheit.<br />
„NUR WER IM WOHLSTAND LEBT,<br />
LEBT ANGENEHM.“<br />
Technischer Leiter: Tino Machalett; Leiter der Beleuchtung:<br />
Arndt Rössler; Beleuchtung: Simon Flatz; Leiter<br />
Tonabteilung: Andreas Niedzwetzki, Ton: Marco Kelemen<br />
(Lehrling); Requisite: Lothar Sonnweber; Maske: Achim<br />
Röhling; Garderobe: Hannelore Pegger; Bühnenmeister:<br />
Robert Mäser, Werner Mathis; Bühnentechnik: Werner<br />
Pettinger, Jörg Dettelbach, Angelyn Bär (Lehrling), Simon<br />
Tamerl (Lehrling); Werkstattleiter: Claudius Rhomberg;<br />
Werkstatt: Andreas Feuerle, Roland Sonderegger;<br />
Schneiderei: Wilma Seidl-Willam (Leitung), Bettina Henning;<br />
Bühnenmalerei: Leslie Bourgeois<br />
Während den Vorstellungen der Dreigroschenoper wird im<br />
Foyer des Theaters die Installation „Brechts Anfänge“ von<br />
Eva-Maria Schön gezeigt.<br />
T www.landestheater.org<br />
spitzar.com Fotografie: Marcel Hagen<br />
<strong>DIE</strong> <strong>DREIGROSCHENOPER</strong><br />
SCHAUSPIEL MIT MUSIK<br />
von Bertolt Brecht / Kurt Weill<br />
34
„JA, RENN NUR NACH DEM GLÜCK<br />
DOCH RENNE NICHT ZU SEHR<br />
DENN ALLE RENNEN NACH DEM GLÜCK<br />
DAS GLÜCK RENNT HINTERHER.“<br />
Premiere am 30. September 2011, 19.30 Uhr<br />
Vorarlberger Landestheater, Großes Haus<br />
Aufführungen T 04/10, 06/10, 15/10, 23/10, 26/10, 11/11<br />
Als Bertold Brecht, der sich selbst als „Stückeschreiber“<br />
bezeichnete, 1956 im Alter von nur 58 Jahren in Berlin starb,<br />
hinterließ er ein immenses, äußerst vielfältiges Werk. Die<br />
Erfahrungen des ersten Weltkriegs hatten ihn zum Pazifisten<br />
gemacht, die unmenschlichen Verhältnisse des explodierenden<br />
Kapitalismus zum überzeugten Marxisten, der jedoch nie<br />
der KPD beitrat. Aus Brechts gewaltiger Produktion hebt sich<br />
die Dreigroschenoper heraus, die wie keines seiner anderen<br />
Werke die Bühnen der Welt, Leser und Zuschauer erobert<br />
hat. Bert Brecht war 1928, dem Jahr der legendären Uraufführung<br />
der Dreigroschenoper am Theater am Schiffsbauerdamm<br />
in Berlin, bereits ein erfolgreicher Schriftsteller und<br />
Dramatiker, doch der Erfolg der Dreigroschenoper mit der<br />
nicht minder faszinierenden Musik von Kurt Weill übertraf<br />
alle Erwartungen, auch die der selbstbewussten Autoren.<br />
In Berlin brach ein wahres Dreigroschenfieber aus, überall<br />
wurden die mitreißenden Melodien gepfiffen, etliche Songs<br />
wurden Welthits.<br />
Die Anregung für dieses Erfolgsstück erhielt Brecht, der sich<br />
gerne von den verschiedensten literarischen Quellen inspirieren<br />
ließ, von John Gays „Beggar’s Opera“, einer satirischen<br />
Parodie auf die Barockoper, die 1728 in London uraufgeführt<br />
wurde. Brechts Plan war es keineswegs, das Stück zeitgemäß<br />
umzuschreiben. Er wollte etwas Neues aus dieser Quelle machen.<br />
Gays Original interessierte ihn als Theater im Theater,<br />
aber auch deshalb, weil die Handlung nicht von individuellen<br />
Charakteren getragen wird, sondern sich aus wechselseitigen<br />
Geldverhältnissen und daraus abgeleiteten Abhängigkeiten<br />
Brechts Schreibmaschine, Foto: Eva-Maria Schön<br />
entwickelt. Wie Brecht verwendete schon Gay zahlreiche<br />
populäre oder triviale Motive, ebenso wie die Schlagermusik<br />
seiner Zeit. Weitere literarische Quellen spielen in Brechts<br />
Dreigroschenoper hinein, Strophen von François Villon oder<br />
Stoffelemente von Rudyard Kipling. Adaption oder Piraterie?<br />
Mit frappierender, auch bedenkenloser Virtuosität suchte<br />
Brecht immer wieder die Auseinandersetzung mit dem<br />
Fremden, um seine eigenen Ansätze zu formulieren und zu<br />
schärfen – parodierend, verfremdend, aktualisierend. Die<br />
Bruchstücke integrierte er im Prozess der schöpferischen<br />
Aneignung in sein Werk, und so ist auch die Dreigroschenoper<br />
eine souveräne Collage unterschiedlicher Text- und<br />
Sprachebenen und unterschiedlicher Zeiten, ebenso wie die<br />
brillante Musik von Kurt Weill, die Elemente des Jazz, der<br />
Kirchen- und Opernmusik und des zeitgenössischen Schlagers<br />
montiert.<br />
„ERST KOMMT DAS FRESSEN, DANN<br />
KOMMT <strong>DIE</strong> MORAL.“<br />
Bert Brechts Dreigroschenoper zielt mit Spott und Häme auf<br />
die bürgerliche Gesellschaft der Weimarer Republik. Neben<br />
aller Unterhaltung bietet die Revue auf der Bühne Stoff zur<br />
kritischen Reflexion der gesellschaftlichen Verhältnisse.<br />
Brechts klarsichtige Analyse bleibt auch heute noch aktuell.<br />
In bewusster Abkehr von der traditionellen Dramatik wird die<br />
Geschlossenheit der Handlung immer wieder unterbrochen.<br />
Dadurch soll der Zuschauer aufgefordert werden, dem<br />
Bühnengeschehen nicht einfühlend zu folgen, sondern<br />
darüber nachzudenken. Mit der Inszenierung von Tableaus,<br />
von Kommentar und distanzierenden Zeigegesten soll es<br />
gelingen, die immer komplexer werdenden Verhältnisse, die<br />
gesellschaftlichen Veränderungen, die mit einer einfachen<br />
Wiedergabe der Realität nicht mehr zu fassen sind, auf der<br />
Bühne zur Darstellung zu bringen. Wenn im und durch das<br />
Stück verhandelt wird, worin sich Bürger und Räuber gleichen,<br />
worin sie sich unterscheiden, was die Ursachen für die<br />
Ungleichheit der Gesellschaft sind, so kommentiert die Musik<br />
als „Schmutzaufwirblerin“, als „Provokateurin“ und „Denunziantin“<br />
Text und Handlung. Theodor W. Adorno beschreibt<br />
das Verfahren: „Weill komponiert seine neuen Melodien, die<br />
alten zu deuten, selber schon in Brüchen, fügt die Trümmer<br />
der Floskeln aneinander, die die Zeit zerschlagen hat.“<br />
Das „Stück mit Musik in einem Vorspiel und neun Bildern“,<br />
auf der ersten Ebene angesiedelt im viktorianischen Soho,<br />
erzählt vom Existenzkampf und von der Konkurrenz zwischen<br />
Herrn Peachum, dem Kopf der Bettlermafia, und Macheath,<br />
einem Verbrecher, der beste Beziehungen zur Polizei unterhält.<br />
Herr Peachum schlägt aus dem Elend der sich proletarisierenden<br />
Großstadt auf perverse Weise Kapital, wenn er<br />
gesunde Menschen künstlich zu Krüppeln herausstaffiert und<br />
sie betteln schickt, um aus dem Mitleid der Begüterten seinen<br />
Profit herauszuschlagen. Dies tut er aber keineswegs aus<br />
angeborener Schlechtigkeit, er handelt, wie er selbst sagt<br />
aus Notwehr, weil die Verhältnisse nun mal so sind wie sie<br />
sind. In der Londoner Verbrecherwelt hat er nur einen ernsthaften<br />
Gegner: den jungen, von der Damenwelt vergötterten<br />
Macheath. Dieser hat Peachums Tochter Polly entführt und<br />
sie auf einigermaßen groteske Weise in einem Pferdestall<br />
geheiratet. Als Peachum von dieser Heirat erfährt, die ihn<br />
allerdings weniger aus moralischen als aus wirtschaftlichen<br />
Gründen bekümmert, beginnt ein Krieg auf Leben und Tod<br />
zwischen Macheath, seiner Gaunerplatte und dem „Geschäftsmann“<br />
Peachum. Das Hin und Her zwischen den Kontrahenten<br />
endet in einem parodistischen, operettenhaften Schluss,<br />
wenn Macheath buchstäblich vom Galgen herab gerettet<br />
wird. Die Dreigroschenoper schließt mit der gesungenen Fürbitte<br />
aller, das Unrecht nicht zu sehr zu verfolgen, da es bald<br />
von selbst verschwinde. Diese Utopie am Schluss ist auch ein<br />
Hinweis darauf, dass es sich um eine Oper handelt, die „ so<br />
prunkvoll erdacht war, wie nur Bettler sie erträumen“ und die<br />
„doch so billig sein sollte, dass Bettler sie bezahlen können“.