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Ansprache als PDF downloaden - Die Villa Flora

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Begrüssung zur Vernissage:<br />

Geschichten hinter Bildern - Eine besondere Sammlungspräsentation<br />

Meine Damen und Herren<br />

Am 23. Oktober hat die Ausstellung "Van Gogh, Bonnard, Vallotton - <strong>Die</strong> Sammlung Arthur<br />

und Hedy Hahnloser" in der Fondation de l'Hermitage in Lausanne ihre Tore geschlossen.<br />

<strong>Die</strong> Zahlen sprechen dort eine Sprache für sich. Fast 80000 Besucher haben den Ort im Verlauf<br />

von nur vier Monaten besucht. Zahlen sind wichtig, weil klar, schnell und sicher messbar,<br />

uns freut aber noch weit mehr, dass die Presseresonanz nur positiv, ja begeistert ausgefallen<br />

ist und dass wir von den Besuchern oft hören durften, wie glücklich sie der Gang<br />

durch das Haus machte. <strong>Die</strong>s liegt zum einen durchaus an den lichten, auf den Garten hin<br />

offenen Räumen der Hermitage, zum anderen aber auch an unserer Sammlung, die man<br />

dort buchstäblich in neuem Licht sehen konnte und mit Entzücken und Erstaunen oft überhaupt<br />

erst wahrnahm. Sicher hat die Ausstellung - das war mitunter unsere Intention - auch<br />

das Bewusstsein für die <strong>Villa</strong> <strong>Flora</strong> und für Winterthur <strong>als</strong> Ort der Kunst und Kultur geschärft.<br />

Und nun sind wir <strong>als</strong>o wieder zurück in Winterthur! Während in Lausanne die Möglichkeit<br />

bestand, einen Grossteil der Sammlung zu präsentieren, müssen wir uns in der <strong>Villa</strong> <strong>Flora</strong><br />

auf den Kernbestand konzentrieren, umso mehr zählt die Ausstrahlung des einzelnen Werks.<br />

Während in der Westschweiz der offizielle Charakter der Sammlung und ihre internationale<br />

Bedeutung betont wurden, spielt nun ihr durchaus auch intimer Charakter eine Rolle. Das<br />

Museum <strong>Villa</strong> <strong>Flora</strong> bewegte und bewegt sich an der spannungsvollen Schnittstelle zwischen<br />

Privatem und Öffentlichem. <strong>Die</strong> Räume sind Zimmer, waren Wohnräume, und es ist so, wie<br />

es der bekannte Kunstvermittler Manuel Gasser einmal bemerkte, wenn er sagte, das Haus<br />

mute noch immer wie ein Atelierhaus an, in dem die Künstler ein und ausgehen könnten.<br />

Ich denke auch an Maurice Bachelards Aussage, der in seinem Essay "<strong>Die</strong> Poetik des Raumes"<br />

einmal meinte:"Das Haus ist unser Winkel der Welt". Er ist überzeugt, dass jenes<br />

Haus, das wir zuerst bewohnt haben, eine unerschöpflich lebendige Inspirationsquelle für<br />

uns bleibt. <strong>Die</strong>se Qualität eines Ortes der Ruhe und der Anregung hat die <strong>Flora</strong> auch <strong>als</strong> öffentlich<br />

zugängliches Museum bewahren können. <strong>Die</strong> Sammlung wuchs in einer Familie heran<br />

und wurde und wird von einer Familie, die sich inzwischen vergrössert und verzweigt hat,<br />

weitergetragen, gepflegt und in einzigartiger Weise wert geschätzt. <strong>Die</strong>se Wertschätzung<br />

zeigt sich etwa in Bettina Hahnlosers - einer Urenkelin von Arthur und Hedy Hahnloser - so<br />

viel und gerne gelesenem Buch "<strong>Die</strong> Revolution beim Schwarzen Kaffee" und nun erst recht<br />

in der repräsentativen Sammlungsgeschichte von Margrit Hahnloser-Ingold. Sie, die Frau<br />

eines Enkels von Arthur und Hedy Hahnloser und selber eine namhafte Kunsthistorikerin,<br />

hat in einer jahrelangen, akribischen Forschungsarbeit die vielseitige Geschichte der<br />

Sammlung nachkonstruiert und dabei neue spannende Erkenntnisse zu Tage gefördert. Das<br />

Buch ist fortan ein Fundus für all jene, die sich mit der Sammlung und den Sammlern befassen<br />

wollen. Weiter verleiht es Einblick ins Schaffen der gerade heute wieder so gefragten<br />

Künstler wie Bonnard, Maillol, Redon, Vallotton und Vuillard, von deren Vorgängern Van<br />

Gogh, Cézanne oder Renoir ganz zu schweigen. Andere Familienmitglieder sind direkt in der<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Flora</strong> aktiv. Verena und Robert Steiner - eben mit dem Winterthurer Löwen für ihr En-<br />

Trägerverein <strong>Flora</strong> Winterthur Tösst<strong>als</strong>trasse 44 � CH-8400 Winterthur � www.villaflora.ch � info@villaflora.ch<br />

Tel. +41 (0) 52 212 99 66 � Fax +41 (0) 52 212 99 65<br />

A2012 Vernissage <strong>Ansprache</strong> AFK-1/DT


gagement für Winterthur ausgezeichnet - bewohnen immer noch einen Flügel der <strong>Flora</strong> und<br />

auch wenn sie bald umziehen, bleiben sie in unmittelbarer Nachbarschaft. Jüngere Familienmitglieder<br />

kommen nach und engagieren sich für die <strong>Flora</strong>. Für mich ist das wertvoll sowohl<br />

im menschlichen wie im künstlerischen Sinn - auch für mich ist die <strong>Flora</strong> ein Winkel<br />

der Welt und bei aller Arbeit, die sie uns aufgibt, ein Ort der Inspiration. Das soll sie auch<br />

für Sie sein und bleiben, meine Damen und Herren.<br />

Das Besondere an der neuen Ausstellung ist denn auch, dass sie ganz konkret mit einigen<br />

Familienmitgliedern der Nachkommen von Hedy und Arthur Hahnloser entstanden ist. Sie<br />

geben den Bildern eine Stimme und erzählen uns Geschichten hinter den Bildern. <strong>Die</strong>s wurde<br />

in dieser speziellen Weise nur möglich dank dem intensiven Mitwirken des Künstlers Till<br />

Velten. Von Ausstellungen in Zürich und Zug her wusste ich von seiner speziellen Kunstform,<br />

dem Interview. Das Gespräch oder sagen wir besser die rhetorische Kunst des Fragens<br />

ist das Instrument seines Forschens, der feine Seismograph aber auch, denn es geht in seinen<br />

Gesprächen nie nur um Facts, sondern immer auch um die Zwischentöne, oszillierend<br />

zwischen Privatem und Allgemeinem, zwischen Ernst und Schalk. In dieser Form befragt<br />

wurden mehrere Familienmitglieder verschiedener Zweige und Generationen aus der Nachkommenschaft<br />

von Arthur und Hedy Hahnloser. Till Velten hat einige Fragekomplexe umkreist,<br />

so etwa: "Wie ist es, in eine Familie mit einer solchen Sammlung hinein geboren<br />

worden zu sein ? Wie verändert sich das Bewusstsein dafür im Laufe der Zeit? Gibt es direkte<br />

oder indirekte Erinnerungen an das Sammlerpaar Arthur und Hedy Hahnloser-Bühler?"<br />

und vor allem: "Gibt es ein Lieblingsbild und welche persönliche Geschichte existiert dazu ?"<br />

<strong>Die</strong> auf diese Weise, zusammen mit den Befragten evaluierten Lieblingsbilder - es sind etwa<br />

Bonnards "Le thé" , Van Goghs "Le semeur" oder Vallottons "Baigneuse de face" - haben mir<br />

die Fährte für die Ausstellung gewiesen. Sie sind über die Räume verteilt und prominent<br />

gehängt. Wieder in ganz neuer Weise tauschen sie sich aus mit den anderen, in ihrer Nähe<br />

gezeigten Werken. <strong>Die</strong> neue Hängung erlaubt denn auch mir wieder einen überraschenden<br />

Blick auf die Schätze der Sammlung. <strong>Die</strong> sechs Lieblingsbilder sind zudem mit einer Hörstation<br />

versehen, über die man das Interview zwischen Till Velten und der befragten Person<br />

hören kann. <strong>Die</strong> Werke erhalten <strong>als</strong>o gleichsam eine Stimme. Zusammen mit den Gesprächen<br />

sieht man die Bilder anders, zusammen mit dem gesprochenen Text ergänzen sie sich<br />

zu einer neuartigen Porträtform der befragten Familienmitglieder. Verena Steiner bemerkt<br />

etwa zu Bonnards "Le thé", dass es nicht in erster Linie einfach ihr Lieblingsbild sei, sondern<br />

vor allem jenes Werk in der Sammlung, das ihr immer wieder neue Fragen aufgebe. Sie erwähnt<br />

damit einen zentralen Aspekt im Verhältnis zwischen Betrachter und Bild. Es muss<br />

uns nachhaltig berühren und fesseln, in Fragen involvieren. Alle Interviewten zögerten anfangs,<br />

ihr Lieblingsbild zu nennen und erkannten, wie sehr sich das Verhältnis zum einzelnen<br />

Werk im Lauf der Zeit ändert. <strong>Die</strong>s gibt Liselotte Schwarz - die jüngste Interviewpartnerin<br />

von Till Velten und eine Ururenkelin von Arthur und Hedy Hahnloser - unmittelbar zu<br />

verstehen, wenn sie erwähnt, wie gross ihr Vallottons "Baigneuse de face" <strong>als</strong> Kind erschienen<br />

sei, wie angemessen in den Proportionen jetzt. Lisbeth Lasserre-Jaeggli erwähnt Van<br />

Goghs "Le semeur" <strong>als</strong> ihr auserkorenes Bild und schildert die verschiedenen Begegnungen<br />

mit ihm in unterschiedlichen Räumen der <strong>Villa</strong> <strong>Flora</strong>. Tief ist ihre persönliche Beziehung zu<br />

diesem einmaligen Werk und seiner zeitlosen Aussage. So bemerkt sie: "Das hat mich schon<br />

immer angesprochen. <strong>Die</strong>ses riesige Ährenfeld und der kleine Mann darin. <strong>Die</strong>ses gelbe,<br />

reife Ährenfeld hat er 1888 in der letzten Oktoberwoche gemalt, da müsste eigentlich die<br />

Erde braun sein. Aber er hat es gesehen, wie es werden wird, wenn das Korn reif ist. <strong>Die</strong>ser<br />

kleine Sämann, ich weiß nicht, ob es eine Identitätsfigur von Van Gogh ist, und ich habe<br />

mich manchmal selber damit identifiziert, <strong>als</strong> kleiner Mensch in der weiten Welt. <strong>Die</strong>ses Bild<br />

hat mich ungeheuer angesprochen."<br />

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<strong>Die</strong> Gespräche sind so angelegt, dass man auch etwas von ihnen hat, wenn man sie nur<br />

ausschnitthaft hört. Wer sich Zeit dafür nehmen will, kann sie aber auch in ihrer ganzen<br />

Länge auf sich einwirken lassen. Wir legen sie unserer Publikation <strong>als</strong> CD bei und verstehen<br />

unseren Katalog dieses Mal <strong>als</strong> Künstler- und Hörbuch . Alle Gespräche zusammen dauern<br />

gegen zwei Stunden. Man begibt sich mi ihnen auf einen spannenden Hörparcours, der auch<br />

das Sehen der Bilder schärft. Neben den CDs enthält unser Hörbuch noch eine andere Exklusivität:<br />

nämlich Blumensträusse. Wer die Geschichte der <strong>Villa</strong> <strong>Flora</strong> zurückblättert, stellt<br />

fest, dass immer Frauen das Sagen hatten. Arthur Hahnloser und Robert Steiner waren und<br />

sind die Ausnahme. <strong>Die</strong>se Erkenntnis warf bei Till Velten und bei mir die Frage auf, ob es<br />

denn ein Element gibt, das die verschiedenen Hausherrinnen der <strong>Flora</strong> miteinander verbindet.<br />

Schnell sind wir dabei auf die Blumenstäusse gekommen. Hedy, Lisa und Verena sind<br />

im Binden wunderbschöner Bouquets recht eigentliche Meisterinnen. Es sind diese künstlerischen<br />

Botschaften, die wir in unserer Ausstellung und vor allem in dieser Publikation gebührend<br />

würdigen wollen. Sie werden dort besondere Fotografien von Blumensträussen finden.<br />

Verena Steiner hat sie komponiert jeweils im Hinblick auf eines der Lieblingsbilder.<br />

Aufgenommen wurden sie von der Winterthurer Fotografin Vanessa Püntener, die sie in ganz<br />

unterschiedlichem Kontext der <strong>Flora</strong> und deren jeweils speziellem Ambiente ebenfalls kunstvoll<br />

in Szene gesetzt hat. So sind wiederum Bilder entstanden - eine Art Hommage an die<br />

Werke in unserer Ausstellung. Wir hoffen <strong>als</strong>o, dass wir Ihnen nicht zu viel versprechen,<br />

wenn wir auf eine besondere Sammlungspräsentation aufmerksam machen möchten.<br />

Dass sie möglich wurde, ist wie stets, Vielen zu verdanken. Zum ersten den Mitgliedern der<br />

Familie, ganz speziell jenen, die sich für ein Gespräch mit Till Velten zur Verfügung gestellt<br />

haben. Dann natürlich Till Velten für sein Engagement und dafür dass er seine Kunst der<br />

zarten, direkten, der ernsten und heiteren Befragung bei uns so wunderbar entfalten konnte.<br />

Auch seiner Frau Katja Pfleger gebührt Dank für die Unterstützung und die Ausarbeitung<br />

des Diagramms in der Ausstellung genauso wie Tills Assistenten Manfred Seiler. Aufdi Aufdermauer<br />

und der ganzen tollen Crew der Videokompagnie für das Einrichten der Videoinstallation<br />

und für das grosszügige Entgegenkommen mit dem Gerätesponsoring. Remo<br />

Clematide für die Toninstallationen, die er auf unser Haus und seine Modalitäten eingerichtet<br />

hat und der Schauspielerin Anna Maria Tschopp dafür, dass sie den Gesprächen durch<br />

ihre angenehme, nuancenreiche, warme Stimme Leben eingehaucht hat. Dem Verleger Georg<br />

Ruthishauser, der mit seiner edition fink alle grossen und kleinen Publikationen von Till<br />

Velten ediert hat, für die Erarbeitung unseres einmalig schönen, in sich stimmigen Hör- und<br />

Künstlerbuches. Der Graphikerin Elizabeth Hefti danke ich herzlich. Es ist ihr einmal mehr<br />

gelungen, unsere Botschaft graphisch kongenial zu übersetzen. <strong>Die</strong>ter Thalmann und Hans<br />

Frey für die gute, effiziente organisatorische Zusammenarbeit und Natalie Ortner für die<br />

zuverlässige engagierte und motivierte Mitwirkung. Arthur Schudel, Thomas Huth und allen<br />

Mitarbeitern für den reibungslosen ruhigen Aufbau der Ausstellung. Es hat Freude gemacht,<br />

danke <strong>als</strong>o! Nichts aber könnten wir Ihnen bieten ohne eine solide finanzielle Grundlage.<br />

<strong>Die</strong>se verdanken wir der Hahnloser/Jaeggli Stiftung, der Ernst Göhner Stiftung, der Berta<br />

und Georg Schwyzer Winiker Stiftung, der Dr. Werner Greminger Stiftung und last but not<br />

least dem Trägerverein <strong>Flora</strong> und <strong>als</strong>o Ihnen lieben Mitgliedern, Gönnern und Donatoren -<br />

ohne ihre Mithilfe gäbe es bei uns keine besonderen Ausstellungen.<br />

Dr. Angelika Affentranger-Kirchrath<br />

Kuratorin <strong>Villa</strong> <strong>Flora</strong> Winterthur<br />

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