14.04.2013 Aufrufe

Journal

Journal

Journal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

aktuell<br />

Sind Weinköniginnen<br />

noch zeitgemäß?<br />

MOLITORS<br />

Wein<strong>Journal</strong><br />

sprach mit der aktuellen<br />

und einer ehemaligen<br />

Weinhoheit<br />

Annika Strebel, die aktuelle Deutsche Weinkönigin<br />

Foto: DWI


Wein war noch nie reine „Männersache“ –<br />

nur standen die Frauen dabei<br />

meistens im Hintergrund<br />

Frauen sind in der Weinwelt im Vormarsch, sie drängen in ein Metier, das über<br />

Jahrzehnte von Männern dominiert wurde. Frauen wurden in der Öffentlich-<br />

keit lange nur repräsentativ in Form von Weinköniginnen wahrgenommen.<br />

Heute bekommen sie als Winzerinnen bedeutende Auszeichnungen, werden<br />

„Master of wine“ oder machen aus durchschnittlichen Weingütern Betriebe<br />

der Spitzenklasse.<br />

Ist da die Wahl einer deutschen Weinkönigin nicht antiquiert?<br />

Darüber, und über den Stellenwert von deutschem Wein im In- und Ausland<br />

sprachen wir mit der amtierenden Deutschen Weinkönigin Annika Strebel und<br />

mit Petra Mayer, Weinkönigin von 1988, die schon vor 24 Jahren ihr Amt mit<br />

einem anderen Selbstverständnis ausübte als es bis dahin üblich war.<br />

Foto: DWI


Welche Voraussetzungen wurden von Ihnen<br />

damals erwartet?<br />

Die waren vergleichbar mit den heutigen<br />

Anforderungen: Fachkompetenz, Begeisterung für<br />

den Wein und eine persönliche, gewinnende<br />

Ausstrahlung; gepaart mit einem eloquenten und<br />

versierten Auftreten.<br />

Sie stellten damals das Klischee des „kronetragenden<br />

Dirndlmädchens“ ins Frage. Warum und<br />

wie reagierten die Verantwortlichen darauf?<br />

Nun, für die Verantwortlichen war meine<br />

Eigenwilligkeit sicherlich eine Herausforderung.<br />

Allerdings war für mich die Dirndlfrage nicht so<br />

sehr das Entscheidende, sondern die Art des<br />

Auftrittes. Einen Weinspruch aufsagen, einen Korb<br />

mit Wein überreichen, mich von Funktionären küssen<br />

zu lassen, das war nicht mein Ding.<br />

Wurde von Ihnen im Ausland eine andere Art der<br />

Präsentation verlangt als im Inland?<br />

Nein, nicht unbedingt. Ich habe sowohl im Inland<br />

wie im Ausland von glamourösen Events bis hin zu<br />

Verkaufsförderungsmaßnahmen in Supermärkten<br />

einen abwechslungsreichen Terminkalender<br />

gehabt.<br />

Als Weinkönigin warben Sie für deutschen Wein,<br />

war es in erster Linie deutscher Riesling?<br />

Nein, der Riesling-Hype war in keinem Fall so stark<br />

wie er heute ist. Im Fokus stand viel stärker die<br />

Herkunft “Deutscher Wein”. Es wurden eher typische<br />

Leitsorten vorgestellt, wie z.B. Burgunder aus<br />

Baden, Spätburgunder von der Ahr, Silvaner von Franken und natürlich<br />

auch der Riesling von Mosel, Rheingau oder Nahe.<br />

Heute leiten Sie ein Kommunikationsbüro, das unter anderem für<br />

Wein aus Südafrika, den Tourismus und für Rooibuschtee wirbt.<br />

Kamen Sie als Ex-Weinkönigin für deutsche Rebensäfte da schon<br />

mal in Interessenskonflikte?<br />

Ich war schon immer ein Fan der Globalität des Weines, das heißt<br />

Wein ist ein Kulturgut; Wein schreibt Geschichte. Interessens-konflikte<br />

verspüre ich nicht, ich habe ja nach meinem Studium in einer Agentur<br />

gearbeitet, die für österreichische Weine geworben hat, das war<br />

natürlich für viele, die mich kannten, nicht nachvollziehbar.<br />

Österreichischer Wein war damals das Feindbild per se aufgrund des<br />

Glykolskandals. Aber gerade das hat uns doch gelehrt, dass wir als<br />

Weinerzeuger alle in einem Boot sitzen und dass wir quasi einen<br />

Gemeinschaftsauftrag haben für das Produkt “Wein” zu werben.<br />

In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit der Thematik „Frauen<br />

und Wein“. Repräsentiert wurde Wein schon immer durch Frauen,<br />

durch die Weinkönigin oder als elegante Champagnerdame.<br />

Gemacht wurde er aber von Männern. Das ändert sich, immer häufiger<br />

werden Weine von Winzerinnen produziert. Eine Entwicklung,<br />

die lange überfällig war?<br />

Es freut mich sehr zu sehen, wie selbstbewusst und kompetent die<br />

Die “Rebellin”<br />

Petra Mayer war 1988 Weinkönigin<br />

Einen Weinspruch aufsagen, einen Korb mit Wein überreichen, mich von Funktionären<br />

küssen zu lassen, das war nicht mein Ding. Petra Mayer war 1988 Deutsche<br />

Weinkönigin Foto: Mayer<br />

heutigen Weinfrauen nicht nur Wein repräsentieren sondern auch produzieren.<br />

Ich habe 1992 bei meinem Praktikum in Südafrika erlebt,<br />

dass man in der sogenannten Neuen Weinwelt Frauen als “winemaker”<br />

gegenüber schon wesentlich offener war als bei uns.<br />

Haben Winzerinnen einen anderen Weinstil?<br />

Ich habe den Eindruck, dass die Weine etwas feiner und eleganter<br />

ausgebaut werden; das Aromenspiel ist oft melodischer und filigraner.<br />

Ich glaube auch, dass Frauen eher ein natürliches Gefühl haben, wie<br />

ihre Weine auch als Essensbegleiter eine gute Figur machen. Dabei<br />

kann auch das ureigene weibliche Wissen von Kochen, Gewürzen und<br />

Aromen voll zur Geltung kommen. Anders eben als bei Männern, die<br />

zwar gerne essen, aber oft doch wenig vom Kochen verstehen. Was<br />

sich ja zum Glück auch immer stärker wandelt.<br />

Gibt es einen weiblichen Wein, egal ob von Frauen oder Männern<br />

produziert, anders gefragt, gibt es den Frauenwein?<br />

Ich persönlich mag es nicht, wenn mir ein Mann einen Wein vorsetzt<br />

und stolz behauptet, dass sei ein typischer Frauenwein, weil leicht<br />

süßlich ausgebaut. Es mag jedoch zutreffen, dass Frauen Weine<br />

bevorzugen die leichter im Alkohol und balanciert in der Säure sind,<br />

vielleicht auch Frucht bevorzugen. Fakt ist, dass Frauen vielfach die<br />

Entscheidung am Weinregal treffen, daher sollte weibliches Gespür<br />

für Feines und Schönes stärker durch die Weinregale wehen.


Weinkönigin Annika Strebel studiert Weinbau und Oenologie an der Hochschule Wiesbaden.<br />

Beginnen wir gleich mit einer provokanten Frage: Sind<br />

Weinköniginnen eigentlich noch zeitgemäß?<br />

Absolut! Ich sehe die Weinkönigin nicht als winkendes Mädchen mit<br />

großem Glas und Dirndl, sondern als Representantin für Deutsche<br />

Weine mit medialen Allroundtalenten. Wir glänzen mit Weinwissen<br />

und Lebendigkeit und – eine ordentliche Portion Charme kann dabei<br />

sicherlich nicht schaden. Wir werden bei sehr vielseitigen<br />

Veranstaltungen eingesetzt und geben so dem Deutschen Wein ein<br />

Gesicht in aller Welt.<br />

Welche Voraussetzungen muss eine Weinkönigin mitbringen, um<br />

ihren „Job“ gut zu machen?<br />

Man sollte Wein lieben, gerne darüber reden und aufgeschlossen für<br />

Neues sein. Als Weinkönigin sollte man Durchhaltevermögen haben<br />

und gerne auf Menschen zugehen.<br />

Welchen Stellenwert nehmen Ihrer Meinung nach heimische Weine<br />

außerhalb von Deutschland ein?<br />

Auffallend ist, dass der Bekanntheitsgrad deutscher Weine viel größer<br />

ist als zwei Prozent der weltweiten Rebfläche vermuten lassen.<br />

Qualitativ hochwertige Weine gewinnen hinsichtlich der wachsenden<br />

Wertschöpfung an Bedeutung. Wir könnten mehr exportieren, würden<br />

dann aber nicht die Nachfrage im Inland bedienen können. Wichtige<br />

Märkte sind die USA, Großbritannien, die Beneluxländer und<br />

Skandinavien – zunehmend auch Asien.<br />

Ist der Riesling im Ausland immer noch die deutsche Rebsorte<br />

schlechthin oder haben auch andere Rebsorten mittlerweile den<br />

Weg über die Landesgrenzen gefunden?<br />

„German Riesling“ setzt immer noch die Messlatte weltweit. Nach<br />

restsüßen Rieslingen finden auch die trockenen Rieslinge aus<br />

Deutschland immer mehr Freunde. Auch unsere Pinot Noirs genießen<br />

immer größere Anerkennung. Der weltweit renommierte Weinkritiker<br />

Tim Atkin aus Großbritannien spricht daher von dem zurzeit besten<br />

Preis-Leistungs-Verhältnis bei deutschen Pinot Noirs.<br />

"Man sollte Wein lieben"<br />

Annika Strebel ist die aktuelle Weinkönigin<br />

Etwas spezieller – kann sich beispielsweise deutscher<br />

Spätburgunder gegen französische oder italienische Rotweine<br />

behaupten?<br />

Qualitativ in jedem Fall. In Italien und Frankreich herrscht eine jahrelange<br />

Spätburgunder Tradition. Wir müssen uns aber nicht verstecken<br />

und nachhaltig Überzeugungsarbeit leisten. Das dauert manch-mal,<br />

lohnt sich aber.<br />

In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit dem Thema „Frauen<br />

und Wein“. Repräsentiert wurde der deutsche Wein schon immer<br />

durch Frauen, beispielsweise durch die Weinköniginnen. Gemacht<br />

wurde er in der Regel aber von Männern. Da ändert sich etwas,<br />

immer häufiger werden Weine von Winzerinnen produziert. Eine<br />

Entwicklung, die lange überfällig war?<br />

Frauen haben in den Weingütern schon immer tatkräftig mitgearbeitet.<br />

Mittlerweile gibt es auch eine wachsende Anzahl von<br />

Winzerinnen, die die volle Verantwortung tragen. Wenn sich heute<br />

eine Frau für den Winzerberuf entscheidet, dann tut sie das aus ganzem<br />

Herzen. Für mich eine tolle Entwicklung.<br />

Haben Winzerinnen einen anderen Weinstil?<br />

Nein. Ich denke nicht, dass es auf das Geschlecht ankommt, sondern<br />

auf den individuellen Weinstil des Weinmachers oder der<br />

Weinmacherin. Frauen hören vielleicht manchmal etwas genauer hin,<br />

wenn sie mit ihren Kunden sprechen und können so auf individuelle<br />

Wünsche anders eingehen.<br />

Gibt es einen weiblichen Wein, egal ob von Frauen oder Männern<br />

produziert, anders gefragt: Gibt es den Frauenwein?<br />

Mit dem Begriff „Frauenwein“ kann ich mich nicht identifizieren. Als<br />

Frauenwein wird oft ein „Gewürztraminer lieblich“ oder andere<br />

Bouquet-Weine genannt. Die Mehrheit der Frauen trinkt diese Weine,<br />

das tun aber auch viele Männer. Ob ein Wein schmeckt oder nicht,<br />

entscheidet jeder selbst, ob Mann oder Frau. Wem’s schmeckt, der hat<br />

recht!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!