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aktuell<br />
Sind Weinköniginnen<br />
noch zeitgemäß?<br />
MOLITORS<br />
Wein<strong>Journal</strong><br />
sprach mit der aktuellen<br />
und einer ehemaligen<br />
Weinhoheit<br />
Annika Strebel, die aktuelle Deutsche Weinkönigin<br />
Foto: DWI
Wein war noch nie reine „Männersache“ –<br />
nur standen die Frauen dabei<br />
meistens im Hintergrund<br />
Frauen sind in der Weinwelt im Vormarsch, sie drängen in ein Metier, das über<br />
Jahrzehnte von Männern dominiert wurde. Frauen wurden in der Öffentlich-<br />
keit lange nur repräsentativ in Form von Weinköniginnen wahrgenommen.<br />
Heute bekommen sie als Winzerinnen bedeutende Auszeichnungen, werden<br />
„Master of wine“ oder machen aus durchschnittlichen Weingütern Betriebe<br />
der Spitzenklasse.<br />
Ist da die Wahl einer deutschen Weinkönigin nicht antiquiert?<br />
Darüber, und über den Stellenwert von deutschem Wein im In- und Ausland<br />
sprachen wir mit der amtierenden Deutschen Weinkönigin Annika Strebel und<br />
mit Petra Mayer, Weinkönigin von 1988, die schon vor 24 Jahren ihr Amt mit<br />
einem anderen Selbstverständnis ausübte als es bis dahin üblich war.<br />
Foto: DWI
Welche Voraussetzungen wurden von Ihnen<br />
damals erwartet?<br />
Die waren vergleichbar mit den heutigen<br />
Anforderungen: Fachkompetenz, Begeisterung für<br />
den Wein und eine persönliche, gewinnende<br />
Ausstrahlung; gepaart mit einem eloquenten und<br />
versierten Auftreten.<br />
Sie stellten damals das Klischee des „kronetragenden<br />
Dirndlmädchens“ ins Frage. Warum und<br />
wie reagierten die Verantwortlichen darauf?<br />
Nun, für die Verantwortlichen war meine<br />
Eigenwilligkeit sicherlich eine Herausforderung.<br />
Allerdings war für mich die Dirndlfrage nicht so<br />
sehr das Entscheidende, sondern die Art des<br />
Auftrittes. Einen Weinspruch aufsagen, einen Korb<br />
mit Wein überreichen, mich von Funktionären küssen<br />
zu lassen, das war nicht mein Ding.<br />
Wurde von Ihnen im Ausland eine andere Art der<br />
Präsentation verlangt als im Inland?<br />
Nein, nicht unbedingt. Ich habe sowohl im Inland<br />
wie im Ausland von glamourösen Events bis hin zu<br />
Verkaufsförderungsmaßnahmen in Supermärkten<br />
einen abwechslungsreichen Terminkalender<br />
gehabt.<br />
Als Weinkönigin warben Sie für deutschen Wein,<br />
war es in erster Linie deutscher Riesling?<br />
Nein, der Riesling-Hype war in keinem Fall so stark<br />
wie er heute ist. Im Fokus stand viel stärker die<br />
Herkunft “Deutscher Wein”. Es wurden eher typische<br />
Leitsorten vorgestellt, wie z.B. Burgunder aus<br />
Baden, Spätburgunder von der Ahr, Silvaner von Franken und natürlich<br />
auch der Riesling von Mosel, Rheingau oder Nahe.<br />
Heute leiten Sie ein Kommunikationsbüro, das unter anderem für<br />
Wein aus Südafrika, den Tourismus und für Rooibuschtee wirbt.<br />
Kamen Sie als Ex-Weinkönigin für deutsche Rebensäfte da schon<br />
mal in Interessenskonflikte?<br />
Ich war schon immer ein Fan der Globalität des Weines, das heißt<br />
Wein ist ein Kulturgut; Wein schreibt Geschichte. Interessens-konflikte<br />
verspüre ich nicht, ich habe ja nach meinem Studium in einer Agentur<br />
gearbeitet, die für österreichische Weine geworben hat, das war<br />
natürlich für viele, die mich kannten, nicht nachvollziehbar.<br />
Österreichischer Wein war damals das Feindbild per se aufgrund des<br />
Glykolskandals. Aber gerade das hat uns doch gelehrt, dass wir als<br />
Weinerzeuger alle in einem Boot sitzen und dass wir quasi einen<br />
Gemeinschaftsauftrag haben für das Produkt “Wein” zu werben.<br />
In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit der Thematik „Frauen<br />
und Wein“. Repräsentiert wurde Wein schon immer durch Frauen,<br />
durch die Weinkönigin oder als elegante Champagnerdame.<br />
Gemacht wurde er aber von Männern. Das ändert sich, immer häufiger<br />
werden Weine von Winzerinnen produziert. Eine Entwicklung,<br />
die lange überfällig war?<br />
Es freut mich sehr zu sehen, wie selbstbewusst und kompetent die<br />
Die “Rebellin”<br />
Petra Mayer war 1988 Weinkönigin<br />
Einen Weinspruch aufsagen, einen Korb mit Wein überreichen, mich von Funktionären<br />
küssen zu lassen, das war nicht mein Ding. Petra Mayer war 1988 Deutsche<br />
Weinkönigin Foto: Mayer<br />
heutigen Weinfrauen nicht nur Wein repräsentieren sondern auch produzieren.<br />
Ich habe 1992 bei meinem Praktikum in Südafrika erlebt,<br />
dass man in der sogenannten Neuen Weinwelt Frauen als “winemaker”<br />
gegenüber schon wesentlich offener war als bei uns.<br />
Haben Winzerinnen einen anderen Weinstil?<br />
Ich habe den Eindruck, dass die Weine etwas feiner und eleganter<br />
ausgebaut werden; das Aromenspiel ist oft melodischer und filigraner.<br />
Ich glaube auch, dass Frauen eher ein natürliches Gefühl haben, wie<br />
ihre Weine auch als Essensbegleiter eine gute Figur machen. Dabei<br />
kann auch das ureigene weibliche Wissen von Kochen, Gewürzen und<br />
Aromen voll zur Geltung kommen. Anders eben als bei Männern, die<br />
zwar gerne essen, aber oft doch wenig vom Kochen verstehen. Was<br />
sich ja zum Glück auch immer stärker wandelt.<br />
Gibt es einen weiblichen Wein, egal ob von Frauen oder Männern<br />
produziert, anders gefragt, gibt es den Frauenwein?<br />
Ich persönlich mag es nicht, wenn mir ein Mann einen Wein vorsetzt<br />
und stolz behauptet, dass sei ein typischer Frauenwein, weil leicht<br />
süßlich ausgebaut. Es mag jedoch zutreffen, dass Frauen Weine<br />
bevorzugen die leichter im Alkohol und balanciert in der Säure sind,<br />
vielleicht auch Frucht bevorzugen. Fakt ist, dass Frauen vielfach die<br />
Entscheidung am Weinregal treffen, daher sollte weibliches Gespür<br />
für Feines und Schönes stärker durch die Weinregale wehen.
Weinkönigin Annika Strebel studiert Weinbau und Oenologie an der Hochschule Wiesbaden.<br />
Beginnen wir gleich mit einer provokanten Frage: Sind<br />
Weinköniginnen eigentlich noch zeitgemäß?<br />
Absolut! Ich sehe die Weinkönigin nicht als winkendes Mädchen mit<br />
großem Glas und Dirndl, sondern als Representantin für Deutsche<br />
Weine mit medialen Allroundtalenten. Wir glänzen mit Weinwissen<br />
und Lebendigkeit und – eine ordentliche Portion Charme kann dabei<br />
sicherlich nicht schaden. Wir werden bei sehr vielseitigen<br />
Veranstaltungen eingesetzt und geben so dem Deutschen Wein ein<br />
Gesicht in aller Welt.<br />
Welche Voraussetzungen muss eine Weinkönigin mitbringen, um<br />
ihren „Job“ gut zu machen?<br />
Man sollte Wein lieben, gerne darüber reden und aufgeschlossen für<br />
Neues sein. Als Weinkönigin sollte man Durchhaltevermögen haben<br />
und gerne auf Menschen zugehen.<br />
Welchen Stellenwert nehmen Ihrer Meinung nach heimische Weine<br />
außerhalb von Deutschland ein?<br />
Auffallend ist, dass der Bekanntheitsgrad deutscher Weine viel größer<br />
ist als zwei Prozent der weltweiten Rebfläche vermuten lassen.<br />
Qualitativ hochwertige Weine gewinnen hinsichtlich der wachsenden<br />
Wertschöpfung an Bedeutung. Wir könnten mehr exportieren, würden<br />
dann aber nicht die Nachfrage im Inland bedienen können. Wichtige<br />
Märkte sind die USA, Großbritannien, die Beneluxländer und<br />
Skandinavien – zunehmend auch Asien.<br />
Ist der Riesling im Ausland immer noch die deutsche Rebsorte<br />
schlechthin oder haben auch andere Rebsorten mittlerweile den<br />
Weg über die Landesgrenzen gefunden?<br />
„German Riesling“ setzt immer noch die Messlatte weltweit. Nach<br />
restsüßen Rieslingen finden auch die trockenen Rieslinge aus<br />
Deutschland immer mehr Freunde. Auch unsere Pinot Noirs genießen<br />
immer größere Anerkennung. Der weltweit renommierte Weinkritiker<br />
Tim Atkin aus Großbritannien spricht daher von dem zurzeit besten<br />
Preis-Leistungs-Verhältnis bei deutschen Pinot Noirs.<br />
"Man sollte Wein lieben"<br />
Annika Strebel ist die aktuelle Weinkönigin<br />
Etwas spezieller – kann sich beispielsweise deutscher<br />
Spätburgunder gegen französische oder italienische Rotweine<br />
behaupten?<br />
Qualitativ in jedem Fall. In Italien und Frankreich herrscht eine jahrelange<br />
Spätburgunder Tradition. Wir müssen uns aber nicht verstecken<br />
und nachhaltig Überzeugungsarbeit leisten. Das dauert manch-mal,<br />
lohnt sich aber.<br />
In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit dem Thema „Frauen<br />
und Wein“. Repräsentiert wurde der deutsche Wein schon immer<br />
durch Frauen, beispielsweise durch die Weinköniginnen. Gemacht<br />
wurde er in der Regel aber von Männern. Da ändert sich etwas,<br />
immer häufiger werden Weine von Winzerinnen produziert. Eine<br />
Entwicklung, die lange überfällig war?<br />
Frauen haben in den Weingütern schon immer tatkräftig mitgearbeitet.<br />
Mittlerweile gibt es auch eine wachsende Anzahl von<br />
Winzerinnen, die die volle Verantwortung tragen. Wenn sich heute<br />
eine Frau für den Winzerberuf entscheidet, dann tut sie das aus ganzem<br />
Herzen. Für mich eine tolle Entwicklung.<br />
Haben Winzerinnen einen anderen Weinstil?<br />
Nein. Ich denke nicht, dass es auf das Geschlecht ankommt, sondern<br />
auf den individuellen Weinstil des Weinmachers oder der<br />
Weinmacherin. Frauen hören vielleicht manchmal etwas genauer hin,<br />
wenn sie mit ihren Kunden sprechen und können so auf individuelle<br />
Wünsche anders eingehen.<br />
Gibt es einen weiblichen Wein, egal ob von Frauen oder Männern<br />
produziert, anders gefragt: Gibt es den Frauenwein?<br />
Mit dem Begriff „Frauenwein“ kann ich mich nicht identifizieren. Als<br />
Frauenwein wird oft ein „Gewürztraminer lieblich“ oder andere<br />
Bouquet-Weine genannt. Die Mehrheit der Frauen trinkt diese Weine,<br />
das tun aber auch viele Männer. Ob ein Wein schmeckt oder nicht,<br />
entscheidet jeder selbst, ob Mann oder Frau. Wem’s schmeckt, der hat<br />
recht!