17.04.2013 Aufrufe

Steinbrüche - Arbeitsstätten mit Geschichte (PDF)

Steinbrüche - Arbeitsstätten mit Geschichte (PDF)

Steinbrüche - Arbeitsstätten mit Geschichte (PDF)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Körperkraft und Wagemut prägten die<br />

früheren Epochen der <strong>Steinbrüche</strong>. Bis weit<br />

ins 20. Jahrhundert hinein dominierten<br />

Spitzeisen und Fäustel die Produktion<br />

Wie sich die Arbeit beim Gesteinsabbau gewandelt hat<br />

<strong>Steinbrüche</strong> –<br />

<strong>Arbeitsstätten</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

Der Steinbruch im Wandel der Zeit: Wo früher <strong>mit</strong> Spitzeisen und<br />

Fäustel das Felsgestein bearbeitet wurde, verrichten heute tonnenschwere<br />

Maschinen die Arbeit. Doch der Mensch steht nach wie vor<br />

im Mittelpunkt.<br />

Gewaltige Abgründe, verwitterte, schroffe Felswände; sie sind<br />

Zufluchtsort bedrohter Tier- und Pflanzenarten, landschaftliche<br />

Attraktionen für Spaziergänger – und immer auch Erinnerung<br />

an bewegte <strong>Geschichte</strong>: stillgelegte und renaturierte <strong>Steinbrüche</strong>.<br />

Wie sind diese Steinmassen abgebaut worden? Wozu wurden sie<br />

verwandt? Nichts deutet mehr hin auf die Mühen und den Fleiß, die<br />

hier oft über Jahrhunderte hinweg aufgebracht werden mussten,<br />

um für die Familie den Lebensunterhalt zu verdienen.<br />

Denn <strong>Steinbrüche</strong> bedeuteten seit ihrer Entstehung zu Römerzeiten<br />

in erster Linie eines: harte Arbeit. Die ansässige Landbevölkerung<br />

nutzte früher – neben ihrer Arbeit auf dem Acker und<br />

im Stall – die zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten beim Abbau der<br />

örtlichen Bodenschätze. Ein typischer Tag begann vor Morgengrauen<br />

da<strong>mit</strong>, sich um das Vieh in den Ställen zu kümmern. Erst danach


wanderten die Menschen in den Steinbruch.<br />

Auch nach ihrer Arbeit dort war das Tagewerk<br />

nicht vorbei, denn zu Hause wartete<br />

die eigene Landwirtschaft. In den Sommermonaten<br />

ging die Arbeit selten vor 22 Uhr<br />

zu Ende.<br />

Der Steinbruch hatte Bedarf nach verschiedensten<br />

Arbeitskräften – als Steinhauer,<br />

Schrottschläger, Kleinschläger, Klarschläger<br />

oder Pflastersteinkipper. Die mühsame und<br />

Bei starker Hitze und bei strengem Frost<br />

mussten die Menschen tätig sein und je<br />

nach Bestellung Packlage und Pflastersteine<br />

in Handarbeit fertigen<br />

gefährliche Tätigkeit begann direkt an den<br />

Felswänden <strong>mit</strong> der Bearbeitung der Steine.<br />

Mit Spitzeisen und Fäustel trieben die<br />

Menschen Keillöcher in das Gestein. An-<br />

schließend lösten sie <strong>mit</strong> Keilen große<br />

Stücke vom Fels. Ähnlich zerkleinerten sie<br />

das abgelöste Gestein. Entscheidend war,<br />

die Struktur des Steines zu kennen und zum<br />

Zerschlagen die richtige Fläche zu finden.<br />

Das setzte Erfahrung und handwerkliches<br />

Geschick voraus. Zum Maßnehmen benutzten<br />

die Steinhauer häufig einen Stab<br />

aus Eschenholz, den sie immer bei sich<br />

trugen. Er fand auf Reisen und bei Wanderungen<br />

nicht selten seinen Einsatz als Gehstock.<br />

Den Menschen wurde alles abverlangt,<br />

wenn sie zu jenen Zeiten in <strong>Steinbrüche</strong>n<br />

arbeiteten. Kaum ein technisches Gerät<br />

stand als Hilfs<strong>mit</strong>tel zur Verfügung. Bei<br />

Wind und Wetter, im Sommer bei starker<br />

Hitze, im Winter bei strengem Frost und<br />

teilweise hohem Schnee, mussten sie tätig<br />

sein und je nach Bestellung und Auftragsvolumen<br />

Packlage und Pflastersteine in<br />

Handarbeit fertigen sowie zum Abtransport<br />

bereitstellen. Die Menschen begaben sich<br />

<strong>mit</strong> jedem Arbeitstag in Gefahr. Besonders<br />

riskant verlief der Abtransport des<br />

Materials. In frühen Jahren zogen Pferde-<br />

fuhrwerke oder Ochsen das abgebaute Gestein auf Karren<br />

hinter sich her. Später kamen Kleinbahnen und Loren<br />

zum Einsatz. Das Wetter war nicht nur unbequem,<br />

sondern konnte lebensgefährlich werden: Bei Nässe<br />

kamen die schwer beladenen Loren ins Rutschen. Lokführer<br />

konnten sich dann nur durch einen Absprung<br />

retten, die Ladung drohte <strong>mit</strong> ihren Massen die Menschen<br />

zu verschütten.<br />

Lange Zeit herrschte Mangel an wetterfester Arbeitsbekleidung,<br />

und so improvisierten die Steinbrucharbeiter.<br />

Sie hängten sich zum Schutz vor Regen und Û<br />

Produktions- und Qualitätskontrolle<br />

garantiert: In modernen <strong>Steinbrüche</strong>n<br />

werden alle Verfahren <strong>mit</strong> computergesteuerter<br />

Präzision überwacht


Wunschgenau sortiert: Die Verkleinerung<br />

und Sortierung der gewonnenen Steine<br />

bilden einen Teil des ausgeklügelten integrierten<br />

Prozesses, der direkt an der Felswand<br />

beginnt<br />

Û Schnee häufig einfache Säcke um. Dabei<br />

wurden Zipfel an den geschlossenen Enden<br />

so nach innen gedrückt, dass die Säcke als<br />

Umhänge <strong>mit</strong> Kapuze dienten. Um die Knie<br />

gebundene Säcke dienten den so genannten<br />

„Schrottklöppern“ als Knieschoner.<br />

Die Säcke fanden auch in einer anderen,<br />

sehr zentralen „Vorbeugemaßnahme“ der<br />

frühen Steinbrucharbeiter Anwendung: Dann<br />

dienten sie dazu, aus nahe gelegenen Gaststätten<br />

ein paar Flaschen Schnaps zu trans-<br />

Die romantischen, aber vor allem harten<br />

Zeiten gingen Ende der 50er-Jahre des 20.<br />

Jahrhunderts in eine neue Epoche über. Die<br />

rasante technische Entwicklung brachte eine<br />

Mechanisierung der Anlagen <strong>mit</strong> sich<br />

portieren. Nach Auffassung der Steinhauer<br />

war Schnaps ein Lebenselixier und einzig<br />

wirksames Mittel gegen die Berufskrankheit<br />

Staublunge ...<br />

Staublunge: Um dieser oft tödlichen Lungenkrankheit<br />

aller Bergbaubeschäftigten<br />

vorzubeugen, wurde angeordnet, dass alle<br />

Arbeiter einen Atemfilter tragen mussten.<br />

Doch nach kurzer Zeit schnitten viele von<br />

ihnen Löcher in die Lungenschützer. Wenigstens<br />

das Mundstück ihrer Tonpfeifen sollte<br />

sich durchstecken lassen – ein bisschen<br />

Genuss gehörte auch zu dieser harten Arbeit.<br />

Diese romantischen, aber vor allem<br />

harten Zeiten im Steinbruch gingen Ende<br />

der 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts in eine<br />

neue Epoche über. Sie hat das Gesicht der Industrie<br />

grundlegend verändert. Die rasante<br />

technische Entwicklung brachte eine Me-<br />

STEINBRUCH HEUTE:<br />

DER BERUF DES AUFBEREITUNGS-<br />

MECHANIKERS<br />

Für die Förderung von Natursteinen sind<br />

heutzutage in <strong>Steinbrüche</strong>n Aufbereitungsmechaniker<br />

zuständig. Diese über drei<br />

chanisierung der Gewinnungs- und Verarbeitungsanlagen<br />

von Naturgesteinen <strong>mit</strong><br />

sich. Maschinen statt Muskeln. Für die Produktion<br />

von Packlage, Schotter und Splitt<br />

nahm die Bedeutung menschlicher Arbeit<br />

Jahre ausgebildeten Fachkräfte sind Allrounder<br />

beim Gesteinsabbau: Sie sprengen<br />

und bohren an den Felswänden, nutzen die<br />

Maschinen und Fahrzeuge beim Gesteinsabbau<br />

und steuern die automatisierten<br />

Abbauanlagen. Die Aufbereitungsmechaniker<br />

müssen auch dafür sorgen, dass das<br />

gewonnene und zerkleinerte Gestein <strong>mit</strong><br />

Hilfe von Siebanlagen nach Größen sortiert<br />

wird. Sie nehmen Proben, analysieren und<br />

dokumentieren die Qualität des hergestellten<br />

Produkts. Außerdem gehören die<br />

fachgerechte Lagerung der Abbauprodukte<br />

und der entsprechende Weitertransport zu<br />

den Tätigkeiten in diesem Beruf. Im Vergleich<br />

zu früheren Generationen hat sich<br />

der körperliche Aspekt der Arbeit deutlich<br />

verringert – dennoch müssen die Nachfahren<br />

der Steinhauer auch heute an<br />

Maschinen anpacken können und sich extremen<br />

Witterungen aussetzen.<br />

im Laufe der Zeit ab. Große, kompakte<br />

Brecheranlagen übernahmen die Tätigkeit. Bedingt durch den technischen Fortschritt<br />

hat die Gesteinsgewinnung von heute<br />

kaum noch etwas <strong>mit</strong> dem „Steinbrechen“<br />

früherer Zeiten gemein. Die Anforderungen<br />

an die Qualität und Quantität der Steine<br />

stiegen <strong>mit</strong> der Zunahme des Verkehrsaufkommens<br />

und der stärkeren Beanspruchung<br />

der Verkehrswege. Die Straßenbaustoffe gewannen<br />

eine immer größere Bedeutung für<br />

die Langlebigkeit und Funktionalität der<br />

Straße. Die Anforderungen an die Qualität<br />

wurden weiter erhöht; Produktions- und<br />

Qualitätskontrolle<br />

Steinbruch-Alltag.<br />

bestimmen heute den<br />

Die Zeiten der mühsamen Handarbeit an<br />

der Felswand sind vorbei. Doch <strong>Steinbrüche</strong><br />

wird es immer geben. Und <strong>mit</strong> ihnen die<br />

Menschen, die Natursteine für uns alle nutzbar<br />

machen. ò

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!