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II BAHI YYIH NAKHJAVANI: Di e Satt elt asche (sk) − Auf dem Pil ger weg zwischen Mekka und Medi na wird MItte des 19. JahrhundertsdasSchicksal von neun Menschen durch ei ne Satteltasche, di e gehei mni svoll e Schriftrollen enthält, tiefgreifendverändert. Der j unge Bedui ne, ei n raffi ni erter Di eb, der zu den unzähli gen Räuber n gehört, di e an den Karawanenstrecken l auern, u m di e rei chen Pil ger zu überfall en, kommt alsersterinVerbi ndung mit der Satteltasche. Es folgen di e bl utj unge Braut i n i hrer Hochzeitssänfte, di e − wegen der überaus großzügi gen Mitgift von türkischen Soldaten bewacht − auf de m WegzuihremBräutigamin Damaskusist, der Hauptmannder Räuber, zu dessen Bande der junge Bedui ne gehört, ei n sch mieriger Gel dwechsler ausIndien, dielängstin die Freiheit entlasseneSkla vin der Braut, ein alter Mannaus China, ein blutjunger, fanatischer Mull ah, ei n rätsel hafter Der wi sch und schli eßli ch noch di e Lei che ei nes auf der Pil gerfahrt verstorbenen sch werrei chen Kauf manns. Für jeden ei nzel nen bedeuten di e Satteltasche und i hr I nhalt etwas anderes, birgtsie eine Erkenntnis oder die Wahrheit. All e Geschi chten greifen i nei nander, aus neun verschiedenen Perspekti ven wird di e Geschi chte der Satteltasche erzählt, und entstanden i st ei n wunderschönes Märchen wie ausTausendundei ner Nacht. Bahiyyih Nakhjavani: Die Satteltasche ("The saddlebag"),Deutsch von Anette Grube, btb− Goldmann Verlag, München,2001,250S., 924 LUF. MURI EL SPARK: Frau Dr. Wolfs Methode (sk) − Dr. Hil degard Wolfistin Paris eine anerkanntePsychologin, i hre Beratung sehr gefragt. Ei nes Tages erscheint ein Manninihrer Praxi s, der von si ch behauptet, Lord Lucan zu sei n, der i m Nove mber 1 974 di e Nanny sei ner Kinderermordethabensollundseitdem abgetauchtist. Merkwürdig ist nur, dass sich bereitsein anderer Mann i n Behandl ung bei i hr befi ndet, der si ch Robert Wal ker nennt, all erdi ngs ebenfall s von si ch behauptet, Lord Lucan zu sei n. Bei de ähnel n de m Mann auf den Fotos aus den si ebzi ger Jahren, doch eines i st kl ar: Ei ner von bei den l ügt. Dr. Wolf hat i hrerseits kei ne ganz wei ße Weste, und sehr schnell wird deutlich, dass sie miti hrer Vergangenheit erpresst wird. Der Fall des Lord Lucan, der bei de m Versuch, sei ne Ge mahli n u m di e Ecke zu bri ngen, wohl versehentli ch das Kindermädchener wi scht, abtaucht und von Gönnern j ahrzehntel ang i m Untergrund fi - nanzi ell unterstützt und vor den Er mittl ungen der Polizei geschützt wird, ist die Grundlage dieses Kri mis von Muriel Spark, derjedoch nicht sonderlichzufesseln vermag. So richtig schlau wird man ni cht aus der Ent wi ckl uung der Di nge, und das Ende der Geschi chte ruft ei ne gewi sse Ratl osi gkeit hervor. Besti mmt nicht ihr größtes Werk. Muriel Spark:Frau Dr. WolfsMethode("Aidingand Abetti ng"VikingLondon, 2000), ausdemEnglischen von Hans−Christi an Oeser,Diogenes VerlagZürich 2001, 175 S., 724 LUF. MARCELLO FOI S: Roter Regen (awl) − Sizilien hat Andrea Camill eri, nun zi eht Sardi ni en nach. Der 1 960 i n Nuoro geborene Schriftstell er Marcell o Foi s i st i nz wischen zum Star der i tali eni schen Kri miszene avanci ert. I n Himmelsblut, dem zwei ten Roman u m den fei nsi nni gen Avvocato Busti anu, der ebenso begei stert aufgeno mmen wurde wie sei n Vorgänger ( Tausend Schritte), muss der noch bei sei ner Ma mvoll en Sel bst mord aufkl ären. ma l ebende An wal t ei nen gehei mni s- Fi nstere Fa mili enbande kommen da ans Li cht, und auch ei n hübsches Fräul ei n, das Busti anu den Kopf verdreht, schei nt i n das Dra ma ver wickeltzu sein. Den Hintergrund di eser Geschi chte bil det der stets präsente rote Regen, der di e I nsel mit Wüstensand ei nschl ämmt. Ort der Handl ung i st ei n Dorf i n der Barbagi a, di eser auch heute noch ver wunschenen Bergwel t Zentral - sardi ni ens, zur Zeit des ausgehenden 1 9. Jahrhunderts. Ei n sympathi sch alt modi sch erzählter Kri mi, der sich wohltuend abhebt von der Sex−and−Cri me− Massen ware. Dabei mitnichten ei n Camill eri− Pl agi at, sondern ei ne echte literari sche Entdeckung, erschi enen i n ei ner Verl ag. sor gfäl ti g ge machten Taschenbuchausgabe bei m Di ana− Marcello Fois: Himmelsblut, Roman aus demItalienischen ("Sangue dal cielo", Edizioni Frassinelli) von Petra Kaiser und Peter Klöss, Diana Verlag München 2001, 175 S., 308 LUF. ex li bri s ANI PACHEN/ADELAI DE DONNELLY Ein Bergvon Kummer Di e Rei se ei ner ti beti schen Kri eger- nonne. "Li cht i m Dunkel der Nacht" − so der et was bl ässli che deutsche Titel − beri chtet von der Tibeterin Ani Pachen. AniPachen/Adelaide Donnelley:LichtimDunkel der Nacht, Roman aus demamerikanischen Englisch ("Sorro w Mountain. TheJourney ofaTibetan Warrior Nune" Kodansha America, NewYork)von Jochen Eggert, Wolfgang Krüger VerlagFrankfurt 2001, 352 S., 878 LUF. RI TA MAE B RO WN Runnymede auf der Gr enze z wischen Maryl and und Pennsyl vani a i st wieder der Schauplatz für die Kabbeleien zwischen Julia Ellen und Louise. Rita Mae Brown:Böse Zungen,("Loose Lips", BantamBooks,New York), Deutsch von Margarete Längsfeld, Rowohlt Verlag Reinbek 2001, 512 S., 988 LUF. Sie wird als einziges Kindei- nes Clan−Oberhauptes in der östli chen ti betischen Provinz Kha m geboren. Ihre sorglose Kindheit verläuft har monisch. 1950 widersetzt sie sich einer arrangierten Ehe und be- schließt, Nonne zu werden.Im gleichenJahr wirdi mZuge der Kulturrevoluti on die Provinz- hauptstadt Cha mdo von chi- nesischen Truppen erobert. Doch erst 1 954 spitzt sich die Lage i n Pachens Wohnort Lhe mda zu. Zwei Jahrespäter muss si e ihrem spirituellen Leben entsagen, umsichaufeine Zu- kunft als Landesfürstin vorzu- bereiten. Nach demTod i hres Vaters wird sie zum einzigen weiblichen Clan−OberhauptTi- bets und kä mpft ge meinsam mit den anderen Stammesfür- stenfür die Freiheit ihres Lan- des. Als es Anfang März 1 959 zumVolksaufstand der Tibeter kommt, setzen die Chinesen Flugzeuge und Bomben gegen die nur mit Schwertern und Gewehren ausgerüsteten Tibe- ter ein. Wie viele andereflieht auch Pachen mitihremStamm in die Berge, wosiespäter ge- fangen genommen wird. Als Anführerin ihres Clans wird si e "schwerer Verbrechen" be- schuldigt undals einzige Frau wie eine männliche Gefangene behandelt. Es folgen Verhöre und Folterungen, bei denen Schläge und Umerzi ehungs- schulungen noch die mil deste Sankti onsfor m darstellen. Im Lauf i hrer 21 Jahre währenden Haft, muss Pachen unter andere m Fußfesseln tragen und eine neunmonati ge Dunkel− und Einzelhaft durchleben. Nach i hrer Haftentl assung 1981 verbringt sie den größten Teil i hrer Zeit in Lhasa. Dort kommtesimSeptember 1 987 zu erneutem Widerstand, an dem auch sie sich akti v beteiligt. Nun wird sie wieder von den Chinesen beschattet und bereitet daraufhin, mit 56 Jahren, ihreFlucht aus Tibet vor.1998erreichtsie Dhara msala, die nordindische Exil hauptstadt des Dalai Lama und anderer Exilti beter. Hier erfüllt sich dann endlich i hr Wunsch,dersiediejahrelange Haftzeit hat ertragen lassen: Sie trifft den Dalai Lamaund wird endlich Nonne. Eigentli ch ist diese Lebensgeschichte recht außergewöhnlich. Leider ist i m Buch daraus fast eine Soap geworden. Darüber hilft auch das Geleitwort des Dalai Lama nicht hinweg, der i m Übrigen nicht auf das Buch, sondern nur auf die Situati on Tibets und das Leben Pachens ein- Neues von den Hunsenmeir−Schwestern Der geneigten Leserschaft si nd si e vielleicht schon aus den vorherigen Werken Jacke wie Hose und Bingo von Rita Mae Brown bekannt: Julia Ellen, gennant"Juts", kinderlos, kettenrauchend, lebenslustig, frech, egoistisch und protestantisch, und ihre ältere Schwester Louise, genannt "Wheezie", nicht altern wollendes erzkatholisches Moralapöstelchen, das Mann, die beiden Töchter Mary und Maizi e und gerne auch die restliche Ver wandschaft unter die belehrende Fittiche nimmt. Im April 1 941 geraten die unzertrennlichen und dennoch ewig streitlustigen Schwestern mal wieder aneinander, weil Louise nicht zugeben will, dass i hr vierzigster Geburtstag vor der Tür steht. Die anschließende Rauferei in Cadwalders Drugstore hinterläßt Schäden in Höhe von knapp vierhundert Dollar und beschert den Schwestern eine fette Schlagzeile i n der Lokalpostille. Die geplagten Ehe männer der beiden Streithennen verdienen nicht allzu gut, und u m diese für damali- ge Verhältnisse ungeheure Summe aufzubringen, be- schließen die beiden Schwe- stern, einen Friseurladen zu eröffnen, der sich unter den Da men der Kleinstadt bald zum Hit bzw. zur Tauschbör- se für allerlei Klatsch und Tratsch entwickelt. PlötzlichtobtinEuropader zweite Weltkrieg. Was zu- nächst noch weit entfernt schien, gehörtauchfürRunny- mede bald zur Realität. Viele Männer verlassen die Stadt, umin den Kri eg zu zi ehen, die verbliebenen Bewohner ma- chen Luftschutzübungen und bewachen nachts den Himmel. Auch einige der j ungen Frauen meldensichzumKri egsdienst. Ewiger Streitpunkt ist die Kinderlosigkeit von Juts, der Louisei mmer wieder unter die Nase reibt, dasssievomLeben sowieso keine Ahnung hat, denn wer keine Kinder hat, und so weiter. Als Juts undi hr Mann Chester beschliessen, einKindzuadoptieren,trifftes si ch gerade gut, dass Rill ma Ryan nach einer Kri egsaffaire mit einemverheirateten Solda- ten zufällig eins zu viel hat. So 598 - 20/7/2001 geht. Das nachfolgende pom- pöse Vor wort von Richard Gere l ässt dann aber schon Schli mmes erahnen. Hätte Ani Pacheni hre Lebensgeschichte selbst aufgeschrieben, wäre wahrscheinlich eine faszinie- rendeAutobiographieentstan- den. So aber fühlte sich die ameri kanische Psychologin Adelaide Donnelly berufen, dies aufgrund von Interviews zu tun. DabeilässtsiePachen inderIch−For müberihr Leben berichten. Sie fühlt sich aber immer wieder bemüßigt, eige- nes Hintergrundwissen einzu- arbeiten, was einerseits oft aufgesetzt wirkt, andererseits zu viele Fragen offen lässt. Eine gesonderte Zeittafel der Geschichte Tibets, eine kurze Darstell ung des Buddhismus und eine Erklärung der ver- wendeten ti betischen Aus- drücke hätten hier wohl mehr bewirkt. Zude m hat Donnelly zugelassen, dass sich eine Freundin "der ersten Kapitel mit ihrem poetischen Feinge- fühl angenommen" hat. Gera- de diese Seiten aber triefen von einer solchen Rührselig- keit, dass die Rezensenti n mehr als einmal dazu geneigt hat, das Buch einfür alle Mal aufdieSeite zulegen. DerHoff- nung der Autorinnen, ein Por- trät des ti betischen Volkes zu bieten und seine spirituelle Weisheit widerzuspiegeln, wird das Buch so keinesfalls gerecht. Nelly Rech−Eirich kommt Nicky in die Familie, und Juts, dieihr Kindeher un- konventi onell erzieht, treibt Louise damit noch heftiger i n den Wahnsi nn. Die Hunsenmeir−Schwe- stern treiben es gewohnthef- ti g und bunt. Juts überziehtih- re bisweilen recht morali nsau- re Schwester mit ätzendem Sarkas mus, Wheezie wie- derumversuchtebensouner- müdlich wie vergeblich, Nicky zu einerjungen Damezuerzie- hen und i hre Schwester auf den rechten Weg zu bri ngen. Wir begleiten die beiden und die sympathischen Bewohner von Runnymede über etliche Jahre, erleben Trennungen und Hochzeiten, Geburten und Todesfälle,einensouverä- nen Sheriff undlästi ge Schwie- ger mütter, wir besuchen verschiedene Gottesdienste mit erheiternden Episoden, verfol- gen die mühsamen Schlich- tungsversuche von Cora, der Mutter der beiden,nehmen an unzähligen Verbalschlachten und tätli chen Auseinanderset- zungen teil und beobachten vergnügt den Einfallsreichtum, mit dem die Schwestern sich immer wieder gegenseitig eins auswischen. Der Tenor bleibt jedochstets heiter und gelöst, und schließlich wird alles gut. Das i deale Sommerbuch für gutgelaunte Pool−, Strand−und GartenstuhlfaulenzerIinnen. Suzanne König
ex li bri s 20/7/2001 - 598 III TREZZA AZZOPARDI ie Asche meines Vaters Maltesi sches Immigrantenmili eu i n der walisischen Hafenstadt Cardiff. Ei n Spi el er und sei ne fünf Töchter. Trezza Azzopardi: Das Versteck,Roman aus demEnglischen ("The HidingPlace", Picador London 2000)von Monika Schmalz, Berlin Verlag Berlin 2001, 357 S., 876 LUF. Trezza Azzopardi VOLKER PI SPERS Der Düssel dorfer Kabaretti st Vol ker Pi spers i st ni cht nur ei n gr andi oser Rechenkünstl er, sondernauchein höchst scharfzüngi ger Kommentator der Realität, der "echten" wie der "gefühlten". Schicksalein der Emigrati on si nd l eichte Beute für gewitzte SchriftstellerInnen. Auf diese Weise hat FrankMcCourt mit "Die Asche meiner Mutter" einen Weltbestseller geschrie- ben. Undauchbeidiesem, nur teil weise autobiographisch ge- prägten Ro man Das Versteck der i n Cardiff geborenen engli- schen Autorin mit dem exoti- schen Namen Trezza Az- zopardi fühlt man sich an Asche erinnert. In den fünfziger Jahren lan- det der Emigrant Jackie aus Malta i m unansehnlichen Ha- fen von Cardiff, der ökonomi- schen Hauptstadt der nieder- gehenden Kohleregion Wales. Er teilt seine Bleibe bei einem Schlafhändler mit seinem Land mann Joe Medano, der alsbald den Absprung i n die okkulte Geschäftswelt der Ha- fenstadt schafft. Joe verschafft Jack einen Job, doch Jackist ein Spieler. Er verliert nicht nur sein Haus anJoe Medano, sondern gar eine seiner fünf Töchter. Die Geschichte schil- dert den ge meinsamen und ge- trennten Werdegang der Ehefrau Mary und i hrer f ünf Töchter. Die Familie ist ein no- torischer Sozialfall, ständig unter der Obhut derSozialämter. Als das Haus einemFeuer zum charf kalkuliert Volker Pispers:update 2000− Damit müssen Sie rechnen,conanima verlag Düsseldorf2000 (Vertrieb über Eichborn), 2CD−Set, 792 LUF. Ist I hnen auch schon aufge- fallen, wie groß die Kluft zwischen den nackten Fakten und der i ndividuellen Befi ndlich- keit ist? Weshalb beklagen JournalistInnen so penetrant das Verschwinden des politi- schen Kabaretts, obwohl Pispers ihnen aus dem Stand fünfzig Namen von KollegIn- nen nennen kann, die genau dieses Geschäft betreiben? Weshalbbeträgt der"gefühlte" Steuersatz bei deneingebil det ausgebeuteten WählerInnen der Liberalenexorbitante 90%, auch wenn die Steuertabelle ganz andere Zahlen nennt? Nicht nur die Partei der Bes- serverdienenden knöpft sich Pispers in seinem Programm Damit müssen sie rechnen vor: Um Geld gehtesschließ- lich auch beimDauerbrenner CDU−Spendenaffäre, deren "rückgratl ose" Aufklärung er geißlert. Ein weiteres Feld für Kriti k bietet die Glaubwürdigkeit der politisch Handelnden: Sostellt Pispers beispielsweise fest, dass sich der amti erende Bun- deskanzler Gerhard Schröder das Motto seines Vorvorvorgängers Konrad Adenauer zu eigen gemachthat, das da l autete: "Was schert mich mein Geschwätz von gestern?" Gründlich i n die Mangel ge- Opfer fällt, bricht die Familie endgültig auseinander. Erst 25 Jahre später begegnen sich die Überlebenden bei der Be- erdigung der Mutter wieder, die Aufarbeitung der Vergan- genheit geli ngt nur zumTeil. nommen wird auch die "Zeltmission" der Grünen, deren Führungsriege den langen Marsch i n den Arsch der Instituti onen l ängst vollendet hat. Bittere Worte fi ndet Pispers für das Versagen der Politiki m Kosovo−Kri eg, bevor er mit Industriekonzernen wie Dai mler− Chrysler abrechnet, die als Syste manbieter nicht nur an der Produkti on von Minenverdienen, sondern die passenden Räumgeräte gleich mitliefern, ganz zu schweigen von Krankenwagen und Prothesen. Imzweiten Teil seines Progra mms gewinnt Pispers der Integrati on von AusländerI nnen völlig neue Seiten ab ( mit de m für Einbürgerungswillige vorgeschriebenen Sprachtest konfronti ert, müsste eigentlich die Hälfte der Deutschen ausgebürgert werden), bevor er si ch seinen Liebli ngsopfern widmet, nä mlich LehrerInnen, ÄrztInnen und Beschäftigten bei Post und Bahn. Seine Vorschläge zur Neugestaltung des Unterrichts dürften bei den SchülerInnen gut ankommen - Pech für die PaukerInnen, die sich davor fürchten, wenn endlich (das) Leben i n die Schule kommt! Reichlich Balsamträufelt Volker Pispers in die WundendervonderGe sundheitsreformso arg gebeu- Trezza Azzopardi zeichnet hier eine depri mierende Fami- liensagai n einersehreigenwil- ligen Erzählfor m. Zwar wird der rote Faden von der Ich−Erzähleringespon- nen. Die ist die jüngste der Töchter, die bei den dramati- schen Ereignissen der endgül- ti gen Aufsplitterung der Fa mi- lie erst vier war.Sie verlor bei einem Brand die linke Hand und wurde f ortan von den telten MedizinerInnen. Da diese heutzutage bei jeder Behandlung draufzahlen, sollten Kranke sich deshalb gutüberlegen, ob und wann sie i hreN DoktorIn aufsuchen! Zu Risiken und Nebenwirkungen befragen Sie ambestenIhren Kabarettisten. Seit der Mutati on der ehe maligen Monopole von Post und Bahn zu modernen Dienstleistungsunternehmen, ver misst Pispers schmerzli ch den bewährt−ruppigen Umgangston von früher. Gab es da mals Demüti gungen noch gratis, muss die Kundschaft heute dafüri m Domina−Studio ordentli chl atzen. Wieschoninseinenvorherigen Programmen, Frisch gestrichen und Ein Wortergab das andere, präsenti ert Volker Pispers dem Publikum auchi n diesemProgrammwieder eine gesalzene Rechnung. Die Zuhörenden müssen si ch ganz schön wegducken, wenn si e seinen treffsicheren Pointen ausweichen wollen.Verbiesterten ZeitgenossInnen ist deshalb dringend vom Anhören dieser geballten Ladung Gesellschaftskritik abzuraten! Alle übrigen Mit menschen dürften sich diesen starken Tobak rheinischen Humors jedoch gefahrlos zumuten können. Angela Wicharz−Lindner Schwestern nur noch " Krüppie" genannt. Doch die Autorin erzählt nicht gradli nig, kontinuierlich, sondern reiht eine unwahrscheinlich reiche Galeri e an kurzen Anekdoten zu eine m komplexen, doch leicht zu entwirrenden Puzzle aneinander. Vignetten nennen die briti schen Literaturkritiker eine solche Technik, die denEindruck er weckt, die Erzählerin eri nnere si ch peri odisch und fragmentarisch an Szenen ihrer Kindheit. So konzentriert die LeserInnen die Lektüre auch angehen müssen, so virtuos gestaltet sich i m Laufe der Seiten die Choreographie des Ganzen.Eineetwas schroffe Zäsur findet statt, als Jack auf einem Schiff zurück nach Malta anheuert, gerade am Hochzeitstag seiner ältesten Tochter. Die Mutter strandet i n der Psychiatrie, die jüngeren Töchter werden auf verschiedene Adopti vfamilien ver- streut. Erst aufderBeerdigung der Mutter,treffen sich einige der unglücklichen Geschwister wieder. Sie geben eintragisches Zeugnis von den dauerhaften Folgen der familiären Zerrüttung wieder. Fernab j eglicher Soziallarmoyanz bietet Das Versteck eine intensive, fast filmische Darstellung sozialer und psychischerVerelendungamunteren Ende der sozialenLeiteri m Großbritannien der Nachkri egszeit. Die Dialoge sind ebenso knapp und elementar wie die Gefühle, dieinsolcheine m Milieu möglich si nd. Eine Chronikfamilialen Zerfalls, die in ihrer atmosphärischen Dichte und i hrer fili granen Dramaturgie wirklich außergewöhnlich,jagrandios zu nennenist. ØYSTEI N LØNN: Maren Gri pes not wendi ge Ri t ual e (sk) − Maren Gri pe i st ei ne ungewöhnli ch anzi ehende junge Frau, der di e Männer gerne hi nterhersehen. Si e i st seit Jahren mit Jakob in kinderloser Eheverheiratet, undallesgehtseinengewohntruhi gen Gang auf der kl ei nen nor wegi schen I nsel. Und dann geschi eht et was Unfassbares: Maren, di e noch ni e i n i hre m Leben Alkohol getrunkenhat, gehtindieDorfkneipe, knöpftsichdieBluseaufund betri nkt si ch. Ei n Schiff i st geko mmen, mit ei nem Holländer an Bord, und di eser Mann, den Maren zwar gesehen, mit dem sie aber ni e ei n Wort ge wechselt hat, bri ngt das gesa mte Gefüge i hres Lebens und das der I nsel bewohner völli g durchei nander. Denn auf ei nmal mei nt auch so manch anderer i n der Dorfge mei nschaft, ausrasten zu müssen, und bi sl ang unbescholtene Bürger neh men di e Dorfknei pe ausei nander und setzen Schuppen i n Brand. Øystein Lønn lässt Marens Mutter, ihren Mann, den Priester, den Wirt, die Nachbarn und andere die Geschichte erzählen, in der es umUnvorhergesehenesgeht, dasplötzlichdasFundament, aufdem man ver mei ntli ch si cher steht, i ns Wankenbringt. Durchdievielen verschi edenen Erzähl er entsteht ei n vielschichtiges Bild einer Dorfgemeinschaft, des empfindlichenGefüges, das in eine reizvolle Landschaft voll er Farben und Düfte ei ngebettet i st. Ei n l ei ses Buch über di e Sehnsucht, mit viel Verständnis für menschliche Schwächen, und über di e Abgr ünde, di e i n j ede m von uns l auer n. Øystein Lønn: Maren Gripes notwendigeRituale, Roman aus demNorwegischen("Maren Gripes nødvendige ritualer", Gyldendal Norsk Forlag1999)von Alken Bruns, Berlin VerlagBerlin 2001, 173 S., 792 LUF. KATHY REI CHS: Robert Garcia Sprechende Knochen (roga) − Di e Frau wei ss, wovon si e schrei bt. Kathy Reichs ist forensischeAnthropologin, ihr dritterKri mi Lasst Knochen sprechen lässt di e Hel di n Tempe BrennannachQue bec fahren, u m unabl ässi g ver weste Körperteil e und Knochen zu m Sprechen zu bri ngen. Di es mal geht es u m ei nen Bandenkri eg z wischen Bikern, den Heathens und den Vipers, der weni ger mit Motorrädern als mit Expl osi va und Ge wehren ausgetragen wird und dessen Einsatz die Kontrolle über Drogengeschäfteist. ImLaufedesspannendenPlotshäufensichfürTempe Leichen ebenso an wie persönlicheEnttäuschungenundGefahrenmomente, di e si e und i hren Neffen bedrohen. Mitunter geht Frau Rei chs allzu akri bi sch auf Detail s der Sezi ertechni k und kri minologischenFachkundeein, dochüberwei te Strecken i st der Roman sehr spannend und sehr i nteressant. Aufgrund des et was kuri osen Schl usses fällt LasstKnochen sprechen ei nen Deut gegenüber den Vorgängern ab, doch ei gnet si ch di eser Ro man ni chtsdestotrotz al s vergnügli che und pri ckel nde Url aubsl ektüre. KathyReichs: LasstKnochen sprechen,Roman aus dem Amrikanischen("Deadly Décisions", Scribner NewYork 2000)von Klaus Berr,KarlBlessingVerlag München 2001, 346 S., 968 LUF.
Seite 1: T.C. BOYLE "Wie man die Welt rettet

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