Bankspiegel 2/2012 - GLS Bank
Bankspiegel 2/2012 - GLS Bank
Bankspiegel 2/2012 - GLS Bank
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<strong>Bank</strong><br />
spiegel<br />
Das Magazin Der gls <strong>Bank</strong><br />
Ausgabe 2/<strong>2012</strong><br />
Heft 215<br />
„Gesundheit:<br />
Es gibt nicht die eine,<br />
sondern so viele<br />
wie es Menschen gibt.“<br />
Prof. Dr. med. Peter F. Matthiessen<br />
zum Thema dieser Ausgabe
Unterm Strich Editorial<br />
5,5Menschen<br />
Millionen Beschäftigte, fast 280 Milliar<br />
praktizieren in Deutschland<br />
den Euro Umsatz und knapp 12 % An<br />
Yoga, davon 41 % zum Stressabbau.<br />
teil am Bruttoinlands produkt machen Quelle: Berufsverband der Yogalehrenden<br />
die Gesundheitswirtschaft zu Deutschlands<br />
größtem Wirtschaftszweig. Dazu<br />
gehören die stationäre und ambulante<br />
Akutversorgung, die Altenhilfe sowie<br />
Gesundheitsverwaltung, die Pharmaindustrie,<br />
Medizintechnik und der Gesundheitshandel<br />
— aber auch der Fitness<br />
und Wellness bereich oder<br />
Gesundheitstourismus.<br />
Quelle: iaT — institut für arbeit<br />
und Technik<br />
60.000 ÄrzTe<br />
wenden bundesweit komplementärmedizinische Verfahren<br />
an. seit 1993 hat sich die zahl der Ärzte, die<br />
auf ihren praxisschildern naturheilkunde, Homöopathie<br />
oder akupunktur ausweisen, verdreifacht.<br />
auf seiten der patienten wenden 70 % der Bevölkerung<br />
komplemen tärmedizinische Behandlungen an.<br />
Quelle: Dachverband anthroposophische Medizin in Deutschland (DaMiD),<br />
institut für Demoskopie allensbach (ifD)<br />
EtWA 14 % DEr FrAUEn<br />
UnD 20 % DEr MännEr<br />
empfinden ihre arbeitsbedingungen als stark oder sehr<br />
stark gesundheitsgefährdend.<br />
Quelle: robert kochinstitut<br />
ÜBEr 3 Mio.<br />
6,7 Prozent<br />
mehr Wellnessreisen als<br />
im Vorjahr buchten die<br />
Deutschen 2011. Drei<br />
Viertel der urlauber<br />
möchten damit ihrer gesundheit<br />
etwas gutes<br />
tun. zum Vergleich: Der<br />
gesamtreisemarkt<br />
wuchs nur um 2,1 %.<br />
Quelle: Wellness Trends <strong>2012</strong>,<br />
gfk Marktforschung gmbH, nürnberg<br />
79 %<br />
der Deutschen treiben Sport, um gesund<br />
und fit zu bleiben. Jeder Dritte ist der<br />
Ansicht, dass regelmäßige körperliche<br />
Ertüchtigung Krankheiten vorbeugen<br />
und Beschwerden bessern kann.<br />
Quelle: umfrage des gesundheitsmagazins<br />
„HausArztpatientenMagazin“,<br />
durchgeführt von der gfk Markt forschung<br />
gmbH, nürnberg<br />
97 %<br />
der Deutschen schätzen<br />
die eigene gesundheit als<br />
wichtigstes gut ein. auf<br />
den plätzen zwei und drei<br />
folgen Familie und Freunde<br />
mit 89 beziehungsweise<br />
86 %.<br />
Quelle: gfk Marktforschung gmbH,<br />
nürnberg<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
den vorliegenden <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> in den Händen zu halten, ist für mich ein ganz besonderer<br />
Moment. Ich bin Eva Schneeweiss und darf mich Ihnen als neue Chefredakteurin<br />
vorstellen. Diese erste Ausgabe hat mir viel Freude bereitet — ich bin<br />
außergewöhnlichen Menschen begegnet und habe viele inspi rierende Gespräche<br />
geführt. Dabei ist mir wieder einmal deutlich geworden, dass der <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> von<br />
einem lebendigen Austausch lebt. Wenn Sie daher Anregungen, Kommentare<br />
oder weiterführende Argumente zu unseren Heftthemen einbringen möchten, lade<br />
ich Sie herzlich dazu ein, uns zu schreiben. Wir ver öffentlichen in jeder Ausgabe<br />
eine Auswahl Ihrer Leserstimmen.<br />
Gesundheit gehört seit vielen Jahren zu den Finanzierungsbereichen der<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> — 2011 flossen 12,3 Millionen Euro in innovative soziale oder gemeinnützige<br />
Projekte in diesem Bereich. Während der Beschäftigung mit unserem<br />
aktuellen Schwerpunktthema Gesundheit habe ich mich immer wieder gefragt,<br />
wie wir Gesundheit definieren können, ohne im selben Atemzug von Krankheit<br />
zu sprechen. Was ist das Wesen der Gesundheit an sich? Sie ist Grundbedingung<br />
unseres Lebens, die meisten sagen, sie ist unser höchstes Gut, aber Gesundheit<br />
selbst nehmen wir äußerst selten wahr. Oft erst, wenn sie uns fehlt.<br />
Zugleich ist Gesundheit ein Kernthema unserer Gesellschaft. Immer mehr<br />
Menschen ernähren sich bewusst mit BioLebensmitteln, praktizieren Yoga, treiben<br />
regelmäßig Sport und achten auf die gesunde Balance von Arbeit und Freizeit.<br />
Tagtäglich begegnen uns neue Produkte und Trends in der Werbung oder Presse<br />
— für viele Menschen gehört Gesundheit zum Lifestyle und so ist sie zu einem<br />
Konsumgut in einem wachsenden Markt geworden. Doch gleich zeitig stehen wir<br />
im Gesundheitswesen angesichts der steigenden Lebens er wartung und des demografischen<br />
Wandels auch vor politischen Herausfor derungen und großen Aufgaben<br />
in der medizinischen Versorgung.<br />
Bei der ersten Recherche und Auswahl der verschiedenen Perspek tiven sind<br />
wir von einem positiven bzw. neutralen Bild von Gesundheit ausgegangen. Die oft<br />
mahnenden Worte der Experten und vielfachen Hinweise auf kommende Herausforderungen<br />
haben uns daher überrascht.<br />
Gesundheit hat viele Facetten — individuelle, gesellschaftliche, wirtschaft liche,<br />
politische und wissenschaftliche —, die wir in unserer aktuellen Ausgabe beleuchten.<br />
Darüber hinaus laden wir Sie ein, mehr über unsere Mitglieder, Kunden und die<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> zu erfahren.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen!<br />
Mit herzlichen Grüßen<br />
Eva Schneeweiss, Chefredakteurin <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong><br />
2 <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
3
Autoren Inhalt<br />
Franziska schüler<br />
ist Stiftungsrätin der Zukunftsstiftung<br />
Gesundheit<br />
in der <strong>GLS</strong> Treuhand. Sie hat<br />
Humanmedizin an der Charité<br />
in Berlin studiert, ist Assistenzärztin<br />
in der Ita Wegman<br />
Klinik Arlesheim und Mitglied<br />
im Gesamtvorstand der Gesellschaft<br />
Anthroposophischer<br />
Ärzte Deutschland.<br />
annette Bopp<br />
Jahrgang 1952, ist Diplom<br />
Biologin und seit 1983 als<br />
Journalistin für Medizin und<br />
Kultur tätig. Sie arbeitet<br />
freiberuflich für viele namhafte<br />
Zeitungen, Zeitschriften<br />
und Verlage sowie für<br />
die Stiftung Warentest. Für<br />
ihre Arbeit wurde sie mehrfach<br />
ausgezeichnet.<br />
prof. Dr. Dr. alf Trojan<br />
ist Mediziner und Soziologe<br />
sowie ehemaliger Direktor<br />
des Instituts für MedizinSoziologie,<br />
Sozialmedizin und<br />
Gesundheitsökonomie am<br />
Universitätsklinikum HamburgEppendorf.<br />
Seine aktuellen<br />
Arbeitsschwerpunkte<br />
liegen in der Selbsthilfefreundlichkeit<br />
im Gesundheits<br />
wesen, der kommunalen<br />
Gesundheitsförderung<br />
sowie in Patienten und<br />
Mitarbeiter befragungen.<br />
professor Dr. Dr. h. c.<br />
ilona kickbusch<br />
prägte während ihrer langjährigen<br />
Tätigkeit bei der<br />
Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) die europäische<br />
und internationale Gesundheitspolitik.<br />
Sie hat wesentlich<br />
zur OttawaCharta zur<br />
Gesundheitsförderung beigetragen.<br />
Sie war Professorin<br />
an der Yale University und<br />
leitet derzeit ein Programm<br />
zur Globalen Gesundheit in<br />
Genf. Zugleich berät sie eine<br />
Vielzahl von nationalen und<br />
internationalen Organisationen.<br />
prof. Dr. paul u. unschuld<br />
ist Sinologe und Medizinhistoriker.<br />
Er ist Direktor des<br />
HorstGörtzStiftungsinstituts<br />
für Theorie, Geschichte,<br />
Ethik Chinesischer<br />
Lebenswissenschaften an<br />
der Charité Berlin. Zuvor war<br />
er Direktor des Instituts für<br />
Geschichte der Medizin an<br />
der Universität München<br />
und lehrte an der Johns<br />
Hopkins University, Baltimore.<br />
prof. Dr. med. peter<br />
F. Matthiessen<br />
ist emeritierter Inhaber des<br />
Lehrstuhls für Medizintheorie<br />
und Komplementärmedizin<br />
an der Universität<br />
Witten/Herdecke und ehemaliger<br />
Leitender Arzt für<br />
Psychiatrie und Psychotherapie<br />
am Gemeinschaftskrankenhaus<br />
Herdecke. Er<br />
gehört zu den Gründungsmitgliedern<br />
des Dialogforums<br />
Pluralismus in der<br />
Medizin, das den Austausch<br />
zwischen unterschiedlichen<br />
medizinischen Richtungen<br />
sucht.<br />
peter zimmermann<br />
ist DiplomPsychologe für<br />
Kinder und Jugendpsychiatrie<br />
am Gemeinschaftskrankenhaus<br />
Herdecke.<br />
Zudem gehört er dem Vorstand<br />
des Dachverbandes<br />
Anthro posophische Medizin<br />
in Deutschland (DAMiD) an.<br />
4 <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
5<br />
3<br />
Editorial<br />
4<br />
Autoren<br />
6<br />
Meldungen<br />
8<br />
Leserstimmen<br />
27<br />
Netzwerk<br />
46<br />
Kalender<br />
46<br />
Impressum<br />
TiTelTHeMa<br />
2<br />
Unterm Strich<br />
9<br />
Gesundheit<br />
10<br />
Die Gesundheits-<br />
gesellschaft<br />
prof. Dr. Dr. h. c. ilona kickbusch<br />
14<br />
Pluralismus in<br />
der Medizin<br />
prof. Dr. med. peter F.<br />
Matthiessen<br />
17<br />
Wie Studenten<br />
und Patienten die<br />
medizinische<br />
Ausbildung gestalten<br />
eva schneeweiss<br />
20<br />
Gesundheit als Ware<br />
prof. Dr. paul u. unschuld<br />
22<br />
Zwischen Patient<br />
und Wettbewerb<br />
rudolf Henke<br />
24<br />
Blickwinkel<br />
Franziska schüler,<br />
peter zimmermann,<br />
prof. Dr. Dr. alf Trojan<br />
26<br />
Standpunkt<br />
andreas neukirch<br />
MiTglieDscHaFT<br />
28<br />
Die Wanderung<br />
der Hühner<br />
30<br />
Wenn schon,<br />
denn schon<br />
georg schramm<br />
32<br />
Vom tieferen<br />
Sinn der<br />
Mitgliedschaft<br />
<strong>Bank</strong><br />
34<br />
Zinsgestaltung<br />
35<br />
Innenansicht<br />
36<br />
Nur Bio kann die<br />
Welt ernähren<br />
38<br />
Kreditvergabe<br />
42<br />
Anknüpfungspunkte<br />
für junge Menschen<br />
43<br />
Grünschnitt im<br />
Kreislauf<br />
44<br />
Stiften und Schenken<br />
45<br />
Klartext<br />
47<br />
Kassensturz:<br />
Was haben Sie im<br />
Geldbeutel?
Meldungen<br />
ausgezeicHneT!<br />
Zum dritten Mal in Folge wurde die<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> von ihren Kundinnen und<br />
Kunden als „<strong>Bank</strong> des Jahres“ ausgezeichnet.<br />
In einer von BÖRSE ONLINE<br />
und ntv durchgeführten Umfrage<br />
bewerteten über 20.000 Teilnehmer<br />
rund 70 <strong>Bank</strong>en. Wie auch in den<br />
Jahren 2010 und 2011 erhielt die<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> Bestnoten. Besonders punkten<br />
konnte sie in den Rubriken Transparenz,<br />
Ruf der <strong>Bank</strong>, Freundlichkeit<br />
der Mitarbeiter und Qualität der Beratung.<br />
Auch die Jury des „European<br />
Sense Investing Award“ konnte die<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> überzeugen. Insbesondere<br />
ihre Ausrichtung als Mitgliederbank<br />
hob das Gremium hervor. „Unsere Mitglieder<br />
bilden das Fundament unserer<br />
Arbeit: Durch ihre Genossenschaftsanteile<br />
ermöglichen sie die Kreditvergabe<br />
an sozialökologische Projekte<br />
und Unternehmen“, freute sich <strong>GLS</strong><br />
Vorstandssprecher Thomas Jorberg<br />
über die Begründung der Jury.<br />
sTuDienergeBnisse: grosses poTenzial<br />
Für nacHHalTige <strong>Bank</strong>arBeiT<br />
Eine aktuelle Marktstudie untersuchte die künftige<br />
Entwicklung des sogenannten Social <strong>Bank</strong>ings.<br />
In den letzten Jahren konnten sozialökologische<br />
<strong>Bank</strong>en ihre Position in der <strong>Bank</strong>en branche mit<br />
Wachstumsraten von 20 bis 30 % deutlich ausbauen.<br />
Dennoch seien die nach haltigen Geldanlagen<br />
mit einem Gesamtmarktanteil von 0,2 % im<br />
gesamten deutschen Privat kundenmarkt noch<br />
sehr gering vertreten. Kunden, die ihr Geld nachhaltig<br />
anlegen, erzielen der Studie zufolge eine<br />
„soziale Rendite“. Diese erhöhe die vom Kunden<br />
empfundene Gesamtrendite erheblich, wodurch<br />
die nachhaltige Geldanlage attraktiver als eine<br />
konventionelle sei. Laut Analyse sind rund 16 Millionen<br />
Menschen an sozialökologischen <strong>Bank</strong>angeboten<br />
interessiert.<br />
www.zeb.de<br />
zuM nacHlesen: Der gls nacHHalTigkeiTsBericHT<br />
2011<br />
Der nachhaltigkeitsbericht 2011 ist<br />
auf unserer internetseite online verfügbar.<br />
in der publikation ziehen wir<br />
Bilanz und stellen unsere aktivitäten<br />
sowie unser engagement vor. Dazu<br />
verwenden wir den Berichtsstandard<br />
der global reporting initiative. nach<br />
diesen international einheitlichen<br />
und anerkannten regeln legen unternehmen<br />
ihre nachhaltigkeitsleistung<br />
offen.<br />
unter www.gls.de/nachhaltigkeitsbericht finden sie<br />
unsere Berichte. Wir wünschen ihnen viel Freude<br />
beim lesen.<br />
unser HerzlicHer Dank geHT an ...<br />
BucHeMpFeHlung:<br />
FooD crasH<br />
Der international angesehene<br />
Fachmann für Ökolandbau<br />
Felix zu Löwenstein macht<br />
deutlich, dass eine industrielle<br />
Landwirtschaft, die auf<br />
der Übernutzung von Ressourcen<br />
basiert, keine Lösung,<br />
sondern eine Sackgasse ist.<br />
Mit seiner zugespitzten These<br />
„Wir werden uns ökologisch<br />
ernähren oder gar nicht mehr“<br />
betreibt Löwenstein jedoch<br />
keine Schwarzmalerei, vielmehr<br />
zeigt er anhand zahlreicher<br />
Beispiele, wie es im<br />
Einklang mit der Natur gelingen<br />
kann, die Ernährungsgrundlagen<br />
der Menschen<br />
zu sichern. Der Autor war zu<br />
Gast auf unserer diesjährigen<br />
Jahres versammlung – lesen<br />
Sie mehr dazu ab Seite 36.<br />
katrin schaefer für ihre langjährige arbeit und ihr engagement<br />
als chefredakteurin des <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>s! sie hat das Magazin seit<br />
2006 geprägt und weiterentwickelt. Wir freuen uns, dass sie die<br />
gls <strong>Bank</strong> nach ihrer elternzeit auch weiterhin in der Marketingabteilung<br />
mitgestalten wird.<br />
neue MiTglieDer in Der gloBal alliance<br />
For <strong>Bank</strong>ing on Values<br />
Die Global Alliance for <strong>Bank</strong>ing on Values begrüßt<br />
drei neue Mitglieder: Die kanadische Affinity Credit<br />
Union zählt als Genossenschaftsbank 95.000<br />
Mitglieder und hat 44 Niederlassungen. Die First<br />
Green <strong>Bank</strong> aus Florida wurde 2009 gegründet und<br />
versteht sich als lokale <strong>Bank</strong> mit globaler Aufgabe.<br />
Die amerikanischen Sunrise Community <strong>Bank</strong>s<br />
haben sich insbesondere zum Ziel gesetzt, städtische<br />
Gemeinschaften zu stärken. „Der gesellschaftliche<br />
Kontext der Mitgliederbanken in Kanada,<br />
Deutschland oder Bangladesch mag sehr unterschiedlich<br />
sein“, resümierte David Reiling, Vorstand<br />
der Sunrise Community <strong>Bank</strong>s, „doch die<br />
Wertebasis unserer Arbeit ist dieselbe.“ Die Global<br />
Alliance for <strong>Bank</strong>ing on Values ist ein internationales,<br />
unabhängiges Netzwerk von nun insgesamt<br />
19 Nachhaltigkeitsbanken. Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> gehört<br />
zu den Gründungsmitgliedern.<br />
Die gls saaT geHT auF<br />
Zusammen mit dem Versand von Informationen zu Änderun<br />
gen unserer allgemeinen Geschäftsbedingungen konnten<br />
wir unsere Kundinnen und Kunden mit einem Tütchen Bingenheimer<br />
Saatgut überraschen. In den vergangenen Wochen<br />
haben uns wiederum die ersten Bilder des frischen Grüns<br />
erreicht. Für die freundlichen Rückmeldungen bedanken wir<br />
uns herzlich!<br />
gesunDHeiTskongress <strong>2012</strong><br />
anthroposophische Medizin zum anfassen —<br />
auf dem gesundheitskongress <strong>2012</strong> können<br />
interessierte konkret die arbeitsweisen der<br />
anthroposophischen Medizin kennenlernen.<br />
Was tun zum Beispiel bei allergien, kinderkrankheiten,<br />
stress oder Depressionen? Was<br />
gehört in eine gut sortierte Hausapotheke?<br />
neben Vorträgen und Workshops laden praktische<br />
angebote zum Mitmachen ein. Der kongress<br />
findet am 29. september <strong>2012</strong> in Dortmund<br />
statt.<br />
www.kongressgesundheit.de<br />
6 <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
7<br />
www.gabv.org<br />
JeTzT BesTellen: MiT DeM e<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> Die<br />
uMWelT scHonen<br />
Die lesegewohnheiten der Menschen sind<br />
unterschiedlich. immer mehr kundinnen und<br />
kunden bevorzugen mittlerweile elektronische<br />
Medien und verzichten so weit wie möglich<br />
auf papier. auch beim <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> möchten<br />
wir diesem anliegen künftig rechnung<br />
tragen. unter www.gls.de/ebankspiegel können<br />
sie den postversand abbestellen und sich<br />
die künftigen ausgaben elektronisch zusenden<br />
lassen. alles, was wir dazu benötigen, sind<br />
ihre eMailadresse und ihre kundennummer.<br />
künftig werden sie dann per eMail informiert,<br />
wenn eine neue <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>ausgabe<br />
zum Herunterladen oder onlineBlättern zur<br />
Verfügung steht. gerne können sie diese eMail<br />
dann auch im Freundes und Bekanntenkreis<br />
weiterleiten und so einen Beitrag dazu leisten,<br />
die idee der gls <strong>Bank</strong> weiterzutragen.
Leserstimmen<br />
Wenn etwas in Bewegung kommen soll, dann sollte<br />
man es nicht einfach so stehen lassen: Diskutieren Sie<br />
mit und sagen Sie uns, was Sie über das Thema und<br />
die Beiträge in diesem <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> denken. Wir freuen<br />
uns über Ihren Leserbrief, Ihre E-Mail oder Ihren Beitrag<br />
in unseren Online-Foren.<br />
gls <strong>Bank</strong>, postfach 100829, 44708 Bochum;<br />
bankspiegel@gls.de; www.blog.gls.de<br />
ingo Jürgens, sTuTTgarT<br />
Hallo,<br />
(…) das Layout mit viel Abwechslung<br />
in der Typografie und ohne Schnickschnack<br />
gefällt mir sehr gut und ist<br />
auf der Höhe der Zeit.<br />
Und dann auch noch den Mut besitzen<br />
und nicht so zwanghaft das<br />
Logo auf der Titelseite platzieren, sondern<br />
lieber schön reduziert mit ungewöhnlichem<br />
Bildausschnitt. Kompliment!<br />
Ingo Jürgens<br />
Grafik-Designer<br />
BrigiD aMMerscHlaeger,<br />
MurrHarDT<br />
Sehr geehrter <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>,<br />
Sie wollten wissen, wie mir Ihr neues<br />
Format gefällt? Leider muss ich sagen,<br />
für meine Augen unbrauchbar. Vielleicht<br />
wollten Sie mehr Text hineinquetschen<br />
und haben deshalb die Zeilenabstände<br />
verkleinert?<br />
(…) Warum sind die Buchstaben<br />
so dünn und grau? Warum kleben die<br />
Zeilen so aneinander?<br />
(…) Grau auf grün ist noch schwerer<br />
lesbar und das stärkere Grün der<br />
Kredit vergaben tut meinen Augen so<br />
weh, dass ich auf diese Angaben verzichten<br />
muss, obwohl ich sie immer<br />
mit Interesse gelesen habe. (…)<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Ihre 78-jährige Brigid Ammerschlaeger<br />
8<br />
Dr. peTer Mauser, WupperTal<br />
Liebe Freunde der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>,<br />
vielen Dank für den neuen <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>.<br />
Sie sind gespannt auf die Rückmeldungen.<br />
Von mir aus kann ich nur sagen:<br />
Die neue Ausgabe gefällt mir sehr gut.<br />
Sie ist von der Aufmachung und Gestaltung<br />
her übersichtlich und ansprechend,<br />
von Thematik und Inhalt her<br />
sehr informativ. Ein gelungenes Organ<br />
für die Anliegen der <strong>Bank</strong>. (…)<br />
Ich verfolge die Entwicklung der<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> und ihrer angeschlossenen<br />
Einrichtungen mit Interesse und hoffe,<br />
dass auch die Idee des bedingungs losen<br />
Grundeinkommens von Götz Werner,<br />
die ich für ganz zukunfts weisend wichtig<br />
halte, auch weiterhin Ihre Unterstützung<br />
findet.<br />
Mit herzlichen Grüßen<br />
Peter Mauser<br />
Jörg spengler, MüncHen<br />
Hallo <strong>GLS</strong> Team,<br />
(…) nach der wie immer kurzweiligen<br />
und lehrreichen Lektüre des aktuellen<br />
<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>s möchte ich einige Anmerkungen<br />
machen:<br />
• Insgesamt erscheint mir das neue<br />
Format etwas zu textlastig.<br />
• Im Vergleich zur vorigen Ausgabe<br />
vermisse ich die Farben und es ist mir<br />
etwas zu wissenschaftlich und zu<br />
viel <strong>Bank</strong>enchinesisch. (…)<br />
Mit freundlichen Grüßen und den<br />
besten Wünschen<br />
Jörg Spengler<br />
JoHannes lenz, Berlin<br />
Sehr geehrter Herr Jorberg,<br />
im <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> Ausgabe 1/<strong>2012</strong> Stellung<br />
zu nehmen zur Bewegung, die die<br />
Treuhand und <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> in Bewegung<br />
gesetzt hat — ein Wort hoher Anerkennung.<br />
Als Pfarrer hat man schon bei Paulus<br />
im 1. Brief an Timotheus gelesen:<br />
„Denn eine Wurzel aller Übel ist die<br />
Geldgier“. Das war vor 2.000 Jahren<br />
so. Nicht das Geld als solches ist das<br />
Problem, sondern die Art und Weise<br />
wie die Menschen damit umgehen. Ich<br />
bin von Anfang an Mitglied Ihrer Initiative.<br />
Habe (Anm. der Red.: die <strong>Bank</strong>gründer)<br />
Herrn Barkhoff, Frau Reuter<br />
und Herrn Rexrodt noch persönlich<br />
kennenlernen dürfen und freue mich<br />
über das ständige Vorangehen an<br />
vorderster Front in der Entwicklung<br />
eines neuen Umgangs mit dem Geld. (…)<br />
Die Verantwortung für die Zukunft<br />
des Menschen dieser Erde muss die<br />
Sphäre des Geldes aktiv einbeziehen.<br />
Ich hoffe, dass die Pionierarbeit der<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> intensiv weitergeht und<br />
Wachstum durch zunehmende Mitarbeit<br />
vieler Menschen erfährt.<br />
Mit guten Grüßen<br />
Johannes Lenz<br />
Gesundheit<br />
„… (ist) ein Zustand vollständigen<br />
körperlichen, psychischen und<br />
sozialen Wohlbefindens und nicht<br />
nur das Fehlen von Beschwerden<br />
und Krankheit.“<br />
Definition der World Health organization (WHo), 1946<br />
„… ist als wesentlicher Bestandteil<br />
des alltäglichen Lebens zu verstehen<br />
und nicht als vorrangiges<br />
Lebensziel. Gesundheit steht für<br />
ein positives Konzept, das die<br />
Bedeutung sozialer und individueller<br />
Ressourcen für die Gesundheit<br />
ebenso betont wie die körperlichen<br />
Fähigkeiten.“<br />
ottawacharta zur gesundheitsförderung der WHo, 1986<br />
<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
TiTelTHeMa<br />
10<br />
Die Gesundheitsgesellschaft<br />
prof. Dr. Dr. h. c.<br />
ilona kickbusch<br />
14<br />
Pluralismus in der<br />
Medizin<br />
prof. Dr. med. peter<br />
F. Matthiessen<br />
17<br />
Wie Studenten<br />
und Patienten die<br />
medizinische Ausbildung<br />
gestalten<br />
eva schneeweiss<br />
20<br />
Gesundheit als Ware<br />
prof. Dr. paul u.<br />
unschuld<br />
22<br />
Zwischen Patient<br />
und Wettbewerb<br />
rudolf Henke<br />
24<br />
Blickwinkel<br />
Franziska schüler,<br />
peter zimmermann,<br />
prof. Dr. Dr. alf<br />
Trojan<br />
26<br />
Standpunkt<br />
andreas neukirch<br />
TiTelThema GesundheiT 9
Die Gesundheits-<br />
gesellschaft<br />
TexT: prof. Dr. Dr. h. c. ilona kickbusch<br />
Welche Bedeutung hat Gesund heit in unserer<br />
Gesellschaft? Warum hat sich ihr Stellenwert<br />
verändert und welche Auswirkungen ergeben<br />
sich daraus für unseren Alltag? Diesen<br />
Fragen geht Ilona Kickbusch nach — sie war als<br />
Gesundheitsexpertin viele Jahre für die<br />
Welt gesundheitsorganisation WHO tätig und<br />
leitet heute ein Programm zur Globalen<br />
Gesundheit in Genf.<br />
10 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
TiTelThema GesundheiT<br />
11
Im 21. Jahrhundert steht das Umdenken von „lange leben“<br />
zu „wie leben“ an. Wie gehen wir mit natürlichen und gesellschaftlichen<br />
Ressourcen um? Wie tragen wir Sorge für uns<br />
selbst? Dabei spielt Gesundheit eine wesentliche Rolle als<br />
Ausdruck und Teil der modernen Lebens qualität und des<br />
Wohlbefindens — aber auch als bedeutender ökonomischer<br />
Faktor. Das Verständnis vom gesellschaft lichen Umgang<br />
mit Gesundheit verändert sich damit ganz grundsätzlich: Es<br />
geht heute darum, Gesundheit als positive Ressource in<br />
den Lebensalltag zu integrieren und als individuellen Nutzen,<br />
als Gemeinschaft stiftendes Moment und als wichtiges soziales<br />
Kapital zu begreifen. Zudem gilt es, der Interaktion der<br />
ökologischen und der gesundheitsbezogenen Herausforderungen<br />
mehr Beachtung zu schenken — wie viel Fleisch wir<br />
essen, hat bspw. nicht nur Auswirkungen auf unsere Gesundheit<br />
(z. B. das Körpergewicht), sondern auch auf wichtige<br />
Umweltfaktoren.<br />
eigenverantwortung steigt<br />
Entscheidend für unsere Gesundheit sind deshalb eine Vielzahl<br />
von sozialen Faktoren sowie unser persönliches Handeln<br />
als Bürger, Konsument und Patient. Wir vergessen oft,<br />
dass Gesundheit im Alltag überall ist, wo Menschen aufwachsen,<br />
leben, alt werden, lernen, arbeiten und ihre Freizeit<br />
verbringen — und dass wir alle zu einem gesundheitsförderlichen<br />
Lebensstil beitragen sollten. So wie es Aufgabe der<br />
Politik ist, unsere Lebensumwelten gesundheitsförderlicher<br />
zu gestalten, so können und müssen wir auch selbst Verantwortung<br />
für Gesundheit übernehmen, für unsere eigene<br />
und die von anderen. Das Krankheitsversorgungs system<br />
tritt erst danach auf den Plan. Voraussetzung für mehr Eigenverantwortung<br />
ist ein zunehmendes Maß an Gesundheitskompetenz<br />
und an Motivation — und sicherlich auch eine<br />
Umwelt, die es uns leichter macht, gesundheitsförderliche<br />
Entscheidungen zu treffen. Eine konsumentenfreundliche<br />
Kennzeichnung von Lebensmitteln oder eine fahrradfreundliche<br />
Stadt sind da nur zwei Beispiele von vielen.<br />
Mehr gesundheit — mehr partizipation<br />
Der gesellschaftliche Stellenwert von Gesundheit hat signifikant<br />
zugenommen — dieser Prozess ist schon seit etwa<br />
30 Jahren im Gange. Aber weil diese Veränderungen so sehr<br />
mit unserem Alltag verwoben sind, nehmen wir sie schnell<br />
als selbstverständlich hin, wie z. B. die deutlich höhere Lebenserwartung.<br />
Der Wandel ist mit den tief greifenden Umge<br />
„gesundheit sehen wir<br />
als unser höchstes gut,<br />
doch wir wollen keine<br />
einschränkung unserer<br />
lebensweise.”<br />
staltungen vergleichbar, die wir im Bereich der Informationstechnologie<br />
erleben, welche wir ebenfalls in kürzester Zeit in<br />
unseren Alltag integriert haben. Die zwei Megatrends — Gesundheit<br />
und neue Medien — sind darüber hinaus eng miteinander<br />
verbunden. Gesundheit ist z. B. einer der expansivsten<br />
Bereiche in den neuen Medien (es gibt derzeit schon ca.<br />
500.000 gesundheitsbezogene HandyApps) — und erst die<br />
neuen technologischen Möglichkeiten lassen Emanzipationsbestrebungen<br />
in der Gesundheit, die in den Siebzigerjahren<br />
begonnen haben, voll zur Geltung kommen.<br />
So haben sich viele gesellschaftliche Bewegungen dafür<br />
eingesetzt, mehr Bestimmungsrecht in der Gesundheit und<br />
über den eigenen Körper oder die eigene Krankheit zu erlangen,<br />
z. B. die Frauenbewegung, die Selbst hilfebewegung und<br />
die AntiAIDSBewegung. Heute sind es besonders Patientenorganisationen,<br />
die mehr Mitsprache fordern und sich als<br />
Experten ihrer eigenen Krankheit verstehen. Dabei spielen das<br />
Internet und soziale Medien, die den Austausch zwischen<br />
Betroffenen auch über große Distanzen ermöglichen, eine<br />
wichtige Rolle. Es ist nun möglich, sich über Gesundheit,<br />
Krankheit, das Gesundheitssystem, einzelne Institutionen<br />
und sogar Leistungserbringer im Internet Informationen<br />
einzuholen und den Ärzten oder Apothekern gleichberechtigter<br />
gegenüberzutreten. Das patriarchalische System der Medizin<br />
soll einem demokratischeren weichen, in dem Patienten<br />
und ihre Angehörigen als Partner akzeptiert sind.<br />
Noch entscheidender aber sind jene Entwicklungen, die<br />
über das engere Gesundheitssystem hinausweisen und z. B.<br />
die Ökologie und die Gesundheitsbewegungen auf neue<br />
Weise verbinden. Dabei ist das kritische Konsumverhalten zu<br />
einer Schlüsselgröße geworden: Immer mehr Verbraucher<br />
hinterfragen die Gesundheitsversprechen von Produkten. Zudem<br />
beinhalten Ernährungsratschläge inzwischen häufig<br />
auch ökologische Kriterien, da sich Verbraucher zunehmend<br />
für Herkunft, Herstellungsweise und Zusammensetzung eines<br />
Produktes als integrale Größe interessieren. Noch hinken<br />
Politik und Wirtschaft hier weit hinter den Konsumenteninteressen<br />
her.<br />
gründe für die neue Bedeutung von gesundheit<br />
Warum ist Gesundheit so wichtig geworden — persönlich wie<br />
politisch? Die Antworten liegen neben den schon ausgeführten<br />
neuen Normen und Werten in der Interaktion von Demografie,<br />
Ökonomie, Globalisierung und einer immer leistungsfähigeren<br />
Medizin.<br />
Die Lebenserwartung hat zugenommen. In unseren Gesellschaften<br />
leben immer mehr ältere Menschen, die aber auch<br />
länger gesund bleiben. Diese Geburtsjahrgänge — vornehmlich<br />
als die Babyboomer bezeichnet — sind mit dem wirtschaftlichen<br />
Wachstum und dem steten Ausbau von Leistungen<br />
älter geworden, sie stellen eine soziale, politische und<br />
wirtschaftliche Interessensgruppe dar. Für viele von ihnen hat<br />
ihre Gesundheit einen sehr hohen Stellenwert, sie haben<br />
Kaufkraft und nutzen das Krankenversorgungssystem wie auch<br />
den privaten Gesundheitsmarkt intensiv.<br />
Krankheit und Gesundheit sind zu einem großen und<br />
wichtigen Markt geworden. So geben wir immer mehr Geld<br />
für Krankheit aus — in den OECDLändern im Schnitt mindestens<br />
zehn Prozent des Bruttosozialproduktes. Je nach Berechnungsgrundlage<br />
sind schon heute zwischen zehn und<br />
15 Prozent aller europäischen Arbeitsplätze im Bereich Gesund<br />
heit/Krankheit angesiedelt, die Gesundheitswirtschaft ist<br />
eine der wichtigsten Wachstumsbranchen in vielen europäischen<br />
Ländern und umfasst vom Krankenhaus über den<br />
Tourismus bis zur Informationstechnologie eine Vielzahl von<br />
Sektoren. Der „Mehrwert” Gesundheit wird zunehmend zum<br />
Entscheidungskriterium für Konsumenten bei Waren und<br />
Dienstleistungen und verbindet sich häufig mit ökologischen<br />
und sozialen Kriterien wie „bio“ oder „fair trade“.<br />
Eine hoch entwickelte Medizin steht uns bei akuter Krankheit<br />
zur Verfügung. Der medizinische Fortschritt hat es einerseits<br />
möglich gemacht, dass immer mehr Menschen mit<br />
chronischen Krankheiten weiter aktiv am gesellschaftlichen<br />
Leben teilnehmen können, andererseits hat der durchgreifende<br />
Einsatz von Medikamenten dazu geführt, dass die Gesundheitsförderung<br />
und Prävention vernachlässigt werden.<br />
Das „Gesundheitssystem“, so wie es heute organisiert ist,<br />
ist vielen neuen Aufgaben nicht gewachsen und gerät zunehmend<br />
unter Finanzierungs und Reformdruck und damit<br />
ins politische Fadenkreuz. Viele Patienten fühlen sich von<br />
diesem System nicht ganzheitlich betrachtet und suchen alternative<br />
Formen der Heilung, z. B. in der Krebstherapie.<br />
Gesundheit ist durch neue globale Zusammenhänge immer<br />
wieder bedroht: zuerst durch die AIDSEpidemie, dann<br />
aber auch durch Seuchen wie die Vogelgrippe und die Möglichkeit<br />
einer neuen tödlichen Pandemie. Doch auch die<br />
großen gesellschaftlichen Umstrukturierungen und Ungleichheiten<br />
in Folge globaler Prozesse schaffen neue Gesundheitsbelastungen.<br />
Viele der Lebens und Arbeitsweisen, die<br />
sich am Ende des 20. Jahrhunderts herausgebildet haben,<br />
sind für die Gesundheit des Einzelnen und der Gesellschaft<br />
insgesamt kontraproduktiv: Sie machen krank. In die Gesundheit<br />
aber wird immer noch nicht nachhaltig investiert.<br />
Die auswirkungen — wo geht es hin?<br />
Die hohe Bedeutung der Gesundheit für unsere Gesellschaft<br />
kann zum positiven oder zum negativen Faktor werden — sie<br />
kann uns neue Handlungsräume eröffnen oder zu neuen<br />
Zwängen führen. Für beides gibt es Hinweise, und neue Trends<br />
werden sich in der Realität stets vermengen. Drei Aspekte<br />
dieser Widersprüchlichkeit möchte ich besonders hervorheben:<br />
Gesundheit ist überall, sie ist ein bedeutender Teil unseres<br />
Alltags, sie ist stets in unseren Köpfen präsent: z. B. durch<br />
Werbung, Gesundheitskampagnen, Rauchverbote, Warnungen,<br />
reale und gefühlte Risiken. Sie ist damit Teil der Erfahrung<br />
des modernen Individuums. Wir nennen sie in Umfragen<br />
als höchstes Gut und sorgen uns doch nicht genug um uns<br />
selbst; wir wollen Gesundheit, aber wollen keine Einschränkung<br />
unserer Konsumfreiheit, und besonders die Hersteller<br />
gesundheitsschädlicher Produkte, wie z. B. die Tabakindustrie,<br />
warnen gerne vor einem Zwang zur Gesundheit.<br />
Gesundheit ist machbar, wir erwarten alle Gesundheitsschutz<br />
vor Bedrohungen wie Atomkraft oder Vogelgrippe<br />
und ein leistungsfähiges Gesundheitssystem bei Krankheit.<br />
Wir verlassen uns zunehmend auf die medizinische Machbarkeit,<br />
obwohl wir wissen, dass wir selbst signifikant zu unserer<br />
Gesundheit beitragen können: z. B. durch unser Konsumverhalten<br />
oder unsere Lebensweise. Den Grenzen der Mach barkeit<br />
und den Risiken, die mit jeder Intervention einhergehen,<br />
stellen wir uns ungern.<br />
Gesundheit ist expansiv, weil sie nicht objektiv definierbar<br />
ist und sehr subjektiv erfahren wird. Je umfassender die<br />
„gesundheit begreifen<br />
wir heute als individuellen<br />
nutzen, gemeinschaft<br />
stiftendes Moment<br />
und wichtiges soziales<br />
kapital.“<br />
Gesundheitsdefinition, umso mehr Gebiete der Gesellschaft<br />
und des individuellen Handelns werden durch und über Gesundheit<br />
definiert. Je persönlicher die Definition, umso mehr<br />
Optionen braucht es, um sie individuell einlösen zu können.<br />
Es ist immer mehr Gesundheit und Wohlbefinden möglich; bis<br />
hin zum Perfektionswahn, der sich in der Schönheitsindustrie<br />
niederschlägt. Parallel dazu findet auch in der Medizin die Ausweitung<br />
von Norm und Richtwerten, Diagnosen und Leistungen<br />
statt.<br />
Die Gesundheitsgesellschaft ist durch diese Widersprüchlichkeiten<br />
geprägt: im persönlichen Leben, in der Politik und<br />
auf dem Markt. Es stehen uns einerseits sehr viel mehr Möglichkeiten<br />
für ein gesundes Leben ohne Gebrechen zur Verfügung,<br />
aber gleichzeitig belastet der immer schnellere Wandel<br />
von Lebens, Arbeits und Umweltbedingungen die physische<br />
und psychische Gesundheit vieler Menschen. Besonders die<br />
zunehmenden gesundheitlichen Ungleichheiten bei gleichzeitiger<br />
Expansion der Gesundheitssysteme und ein wachsender<br />
Gesundheitsmarkt stellen eine große Herausforderung dar.<br />
Politik, Markt und Bürger müssen auf neue Weise zusammen<br />
wirken, um Gesundheit nachhaltig zu ermöglichen und gezielt<br />
zu fördern — sonst verspielen wir nicht nur unsere Gesundheit,<br />
sondern besonders die der kommenden Generationen.<br />
—<br />
12 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
TiTelThema GesundheiT<br />
13
Pluralismus in<br />
der Medizin<br />
TexT: prof. Dr. med. peter F. Matthiessen<br />
Das Beste<br />
aus allen Welten?<br />
Für den Arzt und Politiker Rudolf Virchow war die Sache<br />
klar: „Pluralismus ist Verwilderung der Medizin“. Das war zu<br />
einer Zeit, als im 19. Jahrhundert das Bestreben vorherrschte,<br />
die Medizin als reine Naturwissenschaft zu betreiben. Das<br />
hätte die Konsequenz gehabt, dass therapeutische Maßnahmen<br />
als Korrektur fehlgeleiteter Naturprozesse hätten aufgefasst<br />
werden können, wodurch der Beruf des Arztes dem<br />
des Biotechnikers gewichen wäre. Das damals ins Auge gefasste<br />
Ziel, die Medizin zu einer reinen Naturwissenschaft zu<br />
machen, ist indessen nicht erreicht worden.<br />
Warum wir einen Methodenpluralismus brauchen<br />
Da es in der Medizin immer um höchst vielschichtige Begegnungen<br />
von Mensch zu Mensch geht, ergibt sich die Aufgabe,<br />
den jeweils eingenommenen Standpunkt offenzulegen<br />
und zugleich nach ergänzenden Perspektiven, d. h. weiteren<br />
Deutungsmöglichkeiten, Ausschau zu halten. Der Patient oder<br />
seine Krankheit erscheinen in einem unterschied lichen Licht,<br />
je nachdem aus welcher Perspektive, mit welcher Interessenlage<br />
und mit welchen Erkenntnismitteln wir dem Kranken<br />
begegnen. Ein nach ärztlicher Hilfe fragender Mensch ist in<br />
Gesundheit und Krankheit ein vieldimensionales Wesen.<br />
Daher stellt sich eine Vervielfältigung der Perspektiven in der<br />
Medizin keineswegs als Luxus, sondern geradezu als notwendiges<br />
Erfordernis dar.<br />
Das beginnt schon bei der Begegnung von Arzt und Patient.<br />
Das Befinden, Wohlbefinden und Missbefinden, das erlebte<br />
und gelebte Kranksein ist die Perspektive des Patienten,<br />
während der Befund der zugrunde liegenden Krankheit die<br />
Perspektive des Arztes ist. Es stehen sich hier zwei Experten<br />
gegenüber. Die ArztPatientBeziehung kann sich als tragfähig<br />
erweisen, wenn die Perspektiven des Anderen ernst genommen<br />
werden und ein Austausch gelingt.<br />
Menschenbild als ausgangspunkt<br />
Den unterschiedlichen Denk und Praxisansätzen in der<br />
Medizin liegen unterschiedliche Menschenbilder zugrunde.<br />
Es ist kein Geheimnis, dass der gegenwärtig vorherrschende<br />
methodische Materialismus zu einer Auffassung vom<br />
Menschen als einem physischmateriellen Wesen geführt<br />
hat, das weitgehend genetisch determiniert und von Umwelteinflüssen<br />
geprägt ist. Explizit vertreten findet sich diese<br />
Sicht auf den Menschen in der MainstreamMedizin, der<br />
sogenannten Schulmedizin. In denkbar größtem Gegensatz<br />
hierzu steht die anthroposophische Medizin, die eine Erweiterung<br />
um spirituelle Gesichtspunkte anstrebt und neben<br />
der physischmateriellen Ebene die Gesamtheit der Lebensvorgänge<br />
des Menschen beschreibt und in der Medizin<br />
praktisch umzusetzen sucht.<br />
Zwischen diesen beiden Eckpfeilern einer dezidiert materialistischen<br />
und einer dezidiert um spirituelle Gesichtspunkte<br />
erweiterten Medizin lässt sich eine Reihe weiterer<br />
medizinischer Ansätze nennen, wie die Naturheilkunde,<br />
die Homöopathie, die Chinesische Medizin (TCM) oder Ayurveda.<br />
Erinnert sei daran, dass beispielsweise die schon vor<br />
mehreren Tausend Jahren begründete Chinesische Medizin<br />
keine anatomischen Vorstellungen kennt und auch keine<br />
der westlichen Medizin vergleichbaren Krankheitseinheiten,<br />
sondern stattdessen eine funktionellenergetische Sichtweise<br />
pflegt, die sich im Spannungsfeld der Qualitäten Yin<br />
und Yang bewegt. Auch die klassische Homöopathie operiert<br />
nicht mit Krankheitsbegriffen, wie sie der wissenschaftlich<br />
etablierten Medizin eigen sind.<br />
ansätze von schul und komplementärmedizin<br />
Was die konventionelle Schulmedizin im Wesentlichen<br />
von der Komplementärmedizin unterscheidet, ist ihre Determinationsorientierung,<br />
d. h. die Fremdbestimmung von<br />
Gesundheit und Krankheit durch äußere oder innere Determinanten.<br />
Zudem ist der Denkansatz pathogenetisch ausge<br />
richtet, fragt also nach den Ursachen und den Bedingungen<br />
der Krankheitsentstehung.<br />
Demgegenüber erweist sich die Mehrheit der komplementärmedizinischen<br />
Ansätze als eigengesetzlichkeitsorientiert<br />
und als salutogeneseorientiert. Mit Eigengesetzlichkeit ist hier<br />
die relative Autonomie des menschlichen Organismus bzw.<br />
des menschlichen Individuums gegenüber äußeren Einwirkungen<br />
gemeint. Äußeren Einflüssen kommt danach nicht die<br />
Rolle einer Ursache im strengen Sinne zu, sondern eher diejenige<br />
von Bedingungen.<br />
Das Konzept der Salutogenese, wiewohl nicht grundsätzlich<br />
neu und in seinen historischen Wurzeln bis in die Antike<br />
zurückreichend, ist eng mit Aaron Antonovsky verknüpft. Der<br />
Soziologe fragte konsequent, warum Menschen trotz stets<br />
präsenter, potenziell gesundheitsgefährdender Einflüsse dennoch<br />
gesund bleiben. Die pathogenetisch orientierte Suche<br />
nach spezifischen Krankheitsursachen muss ihm zufolge daher<br />
um die gezielte Suche nach gesundheitsgefährdenden<br />
bzw. gesunderhaltenden Faktoren ergänzt werden. Nach Antonovsky<br />
ist kein Mensch nur krank oder nur gesund, vielmehr<br />
lässt sich für jeden eine individuelle Gesundheits bzw.<br />
Krankheitsrelation bestimmen.<br />
Die salutogenetische Betrachtungsweise erweitert die<br />
Krankheits„geschichte” zur Kranken und darüber hinaus zur<br />
Lebensgeschichte, die durch eine Verflechtung von Erkrankungs<br />
und Gesundungsprozessen charakterisiert ist. Sie erschließt<br />
insofern eine biographieorientierte Medizin. Zugleich<br />
bedeutet sie eine Individualisierung des Gesundheitsbegriffs:<br />
Es gibt so viele Gesundheiten, wie es Menschen gibt.<br />
integration in der praxis<br />
So verhärtet die Fronten zwischen den unterschiedlichen medizinischen<br />
Paradigmen in der Vergangenheit waren und es<br />
zum Teil auch heute noch sind, so deutlich artikuliert sich in<br />
der jüngsten Zeit das Anliegen, die festgefahrenen Parteilichkeiten<br />
zugunsten der Erarbeitung einer Integrativen Medizin<br />
zu überwinden. In den USA hat sich in den 1990erJahren<br />
ein Consortium of Academic Health Centers for Integrative<br />
Medicine gebildet, in dem die Medical Schools nahezu aller<br />
renommierten Universitäten in den USA vertreten sind. Eine<br />
2009 veröffentlichte Definition der Integrativen Medizin lautet:<br />
„Eine medizinische Praxis, die die Bedeutung der Beziehung<br />
zwischen Behandelndem und Patienten betont, die auf den<br />
ganzen Menschen fokussiert ist, Evidenz berücksichtigt und<br />
alle angemessenen therapeutischen Herangehensweisen, Angehörige<br />
verschiedener Gesundheitsberufe und Disziplinen<br />
einbezieht, um optimale Gesundheit und Heilung zu erzielen.”<br />
Die Etablierung und Weiterentwicklung eines medizinischen<br />
Paradigmenpluralismus im Sinne einer Integrativen Medizin<br />
erfordert neue Fähigkeiten von Seiten der Ärztinnen<br />
und Ärzte. Sie müssen in der Lage sein, ihre Patienten oder<br />
deren Krankheiten aus unterschiedlichen Konzeptionen zu<br />
verfolgen, um sich sodann im Gespräch mit dem Kranken für<br />
das individuell angemessene Vorgehen zu entscheiden. Zudem<br />
erfordert es die Intensivierung der Bereitschaft zum interkollegialen<br />
und interprofessionellen Dialog. Dafür brauchen<br />
wir Gestaltungsfreiraum, sodass individuelle Entscheidungen<br />
in Zukunft von Arzt und Patient getroffen werden können.<br />
Wichtige Voraussetzungen dafür sind der Erhalt der Freiberuflichkeit<br />
sowie sozioökonomische Rahmenbedingungen,<br />
die eigenverantwortliches Handeln zulassen. Seinem ange<br />
14 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
TiTelThema GesundheiT<br />
15
Das eine Tun, Das anDere nicHT lassen<br />
stammten Selbstverständnis nach ist der Arztberuf<br />
eine klassische Profession. Dazu gehört ein<br />
gesellschaftliches Mandat, die ärztliche Tätigkeit<br />
exklusiv zu erbringen und sie insofern von administrativer<br />
und ökonomischer Fremdbestimmung<br />
weitgehend freizuhalten. Wirft man aber einen<br />
Blick auf die gegenwärtige Situation der ärztlichen<br />
Berufsausübung, zeigt sich rasch, dass der Arztberuf<br />
schon seit langem auf dem Weg ist, seine<br />
besondere gesellschaftliche Funktion zu verlieren<br />
und ein normaler Dienstleistungsberuf zu werden.<br />
Die Mehrheit der Ärzte möchte die Wiederherstellung<br />
und Weiterentwicklung des Selbstverständnisses<br />
ärztlichen Handelns zu einem freien, sich an<br />
den Patientenbedürfnissen und am Sozialwohl<br />
orientierenden Beruf. Das erfordert nicht nur eine<br />
Freiheit von administrativer Fremdbestimmung<br />
und ökonomischen Zwängen, sondern auch eine<br />
Freiheit zur Übernahme von sozialer Verantwortung.<br />
Wir benötigen die Weiterentwicklung eines<br />
Gesundheitswesens mit menschlichem Antlitz.<br />
Den knoten in der Brust habe ich selbst getastet, in der<br />
Mammographie vier Monate vorher war alles in ordnung<br />
gewesen. Die MrT hat dann jedoch gezeigt: Der Tumor<br />
war schon fast zwei zentimeter groß. im Brustzentrum<br />
der uniklinik sollte ich zwei Tage später operiert werden.<br />
Danach gleich chemo und Bestrahlung. Das ging mir<br />
alles zu schnell. ich habe mir meine Befunde geben lassen<br />
und bei der Brustkrebssprechstunde am gemeinschaftskrankenhaus<br />
Herdecke einen Termin für eine zweite<br />
Meinung vereinbart. Die Ärztin dort ging mit mir alles<br />
genau durch und beantwortete meine Fragen — das<br />
waren nicht wenige! insbesondere wollte ich wissen, was<br />
ich selbst dazu beitragen kann, wieder ganz gesund zu<br />
werden — darauf hatte ich in der anderen klinik keine<br />
antwort bekommen.<br />
ich bin kurze zeit später zur operation nach Herdecke<br />
gefahren, wo ich zusätzlich Heileurythmie, Wickel und<br />
einreibungen bekam, das hat mir sehr geholfen. nach<br />
reiflicher überlegung entschied ich mich bewusst für<br />
eine chemo, aber gegen Bestrahlungen. Die chemo habe<br />
ich dank einer parallelen Mistel therapie sehr gut vertragen.<br />
Mir war kaum übel, und ich war nur selten müde<br />
und erschöpft. in der Maltherapie sind mir so manche<br />
jahrelang eingeschliffenen Verhaltens muster klar geworden,<br />
die ich nun versuche abzulegen. Dabei helfen mir auch<br />
die gespräche mit einer psychoonkologin. Diese integrative<br />
Therapie war und ist für mich der richtige Weg! —<br />
erfahrungsbericht: Wie eine 56jährige Brustkrebspatientin von<br />
der doppelten kompetenz der integrativen onkologie profitierte.<br />
ein protokoll von annette Bopp<br />
Dabei müssen die Honorierungsformen<br />
sozial verträglich sein und eine ärztliche<br />
Praxis ermöglichen, die sich an den Bedürfnissen<br />
und am Wohl der Patienten<br />
ebenso wie am Gemeinwohl orientiert.<br />
Plurale Medizin zeigt aber auch, dass<br />
die eigentlichen Leistungsträger im Gesundheitswesen<br />
der sich gesund erhaltende<br />
Bürger und der gesund werdende<br />
Patient sind. Die ArztPatientBeziehung<br />
erweist sich damit als der zentrale Ort<br />
des Leistungsgeschehens im Gesundheitswesen.<br />
Die Elemente Eigeninitiative<br />
und soziale Verantwortung sind in unserem<br />
Gesundheitswesen als verloren gegangene<br />
Schätze wiederzuentdecken<br />
und zu stärken. Dafür brauchen wir Gestaltungsfreiraum,<br />
sodass individuelle<br />
Entscheidungen in Zukunft von Arzt und<br />
Patient getroffen werden können. —<br />
Mehr zum Thema erfahren sie unter: www.<br />
dialogforumpluralismusindermedizin.de<br />
Wie Studenten<br />
und Patienten die<br />
medizinische<br />
Ausbildung gestalten<br />
TexT: eva schneeweiss<br />
Die Medizinausbildung<br />
in Deutschland<br />
hat in Sachen Praxis<br />
orientierung noch<br />
Hausaufgaben vor sich.<br />
Herausragende<br />
Beispiele legen vor.<br />
Die Erhaltung von Gesundheit und Heilung von Krankheit ist<br />
ein Zukunftsthema. Unsere Gesellschaft steht angesichts<br />
der demografischen Entwicklung, der zunehmenden Zahl von<br />
sogenannten Zivilisationskrankheiten, der steigenden ökonomischen<br />
Bedeutung des Gesundheitsmarkts und der hohen<br />
Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit des Gesundheitswesens<br />
vor großen Herausforderungen. Um sie zu bewältigen,<br />
kommt den Ärzten eine Schlüsselposition zu. Doch werden<br />
die Medizinstudenten von heute ausreichend auf die Anforderungen<br />
von morgen vorbereitet?<br />
„Innerhalb des Studiums sind 95 Prozent der Inhalte durchstrukturiert<br />
und es wird genau vorgegeben, was wann zu<br />
lernen ist. Am Ende müssen viele Studenten dann feststellen,<br />
dass sie ein Praxisproblem haben. Sie stehen mit ihrem<br />
Wissen vor den Patienten und haben dennoch auf die Hälfte<br />
der Probleme keine Antwort“, berichtet Dr. Friedrich Edelhäuser,<br />
der am Lehrstuhl für Medizintheorie an der Universität<br />
Witten/Herdecke lehrt.<br />
Lange Zeit lag der Fokus der Medizinausbildung wesentlich<br />
bei den naturwissenschaftlichen Grundlagen und konkreten<br />
Maßnahmen einer heilenden, kurativen Medizin. Seit einigen<br />
Jahren wird dieser Schwerpunkt durch zusätzliche Inhalte ergänzt:<br />
Neben der Anhäufung von Wissen sollen Problemlösungsorientierung,<br />
ein ganzheitlicher Blick auf die Quellen von<br />
Gesundheit und Krankheit sowie eine stärkere Patientenorientierung<br />
vermittelt werden. Darüber hinaus gilt es, die jungen<br />
Ärzte auf die Begegnungen mit Patienten in fachlicher wie<br />
in kommunikativer Hinsicht vorzubereiten und ihre Empathie<br />
zu fördern. Zudem sollen sie sektorenübergreifend denken<br />
lernen, d. h. den Austausch mit anderen Gesundheitsberufen<br />
wie der Reha oder Pflege suchen. Und nicht zuletzt bedarf<br />
es der Vermittlung von betriebs und personalwirtschaftlichen<br />
Kenntnissen, um im Klinik oder Praxisalltag bestehen zu<br />
können.<br />
Um es den Studierenden zu ermöglichen, in diese breit<br />
gefächerten Anforderungen hineinzuwachsen, liegt es an den<br />
Universitäten, die Ausbildung möglichst praxisnah zu gestalten.<br />
Deshalb wurde 2002 eine neue Approbationsordnung mit<br />
der Intention eingeführt, Theorie und Praxis vom ersten Semester<br />
an eng miteinander zu verzahnen. An vielen Universitäten<br />
in Deutschland kommt dies jedoch noch immer zu<br />
16 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
TiTelThema GesundheiT<br />
17
kurz. Die Ursachen hierfür liegen einerseits in der Ausbildungstradition,<br />
die seit jeher sehr theoretisch ausgerichtet<br />
ist. Andererseits ist die Umstellung auf das sogenannte<br />
„bedside teaching“ am Krankenbett mit einem hohen Kostendruck<br />
verbunden, da die Kliniken in mehr Personal investieren<br />
müssen.<br />
Viele Universitätsabsolventen trifft zu Beginn ihrer Tätigkeit<br />
der unter Ärzten bekannte „Berufseintrittsschock“. Sie<br />
fühlen sich mit der plötzlichen Verantwortung überfordert,<br />
für zehn und mehr Patienten zuständig zu sein und dabei<br />
den organistorischen Aufgaben und der hohen Taktfrequenz<br />
trotzdem zu entsprechen. Nicht zuletzt deshalb wählen<br />
derzeit etwa die Hälfte der ausgebildeten Mediziner nach<br />
ihrem Studium andere Berufsfelder als den des praktizierenden<br />
Arztes — sie gehen in die Forschung, ins Medizinmanagement,<br />
den Journalismus oder andere Bereiche der Gesundheitswirtschaft.<br />
Viele zieht es auch ins Ausland. Die Folge<br />
ist ein massiver Ärztemangel in Deutschland, der sich bis<br />
2019 laut Erhebungen des Deutschen Krankenhaus Instituts<br />
auf über 37.000 offene Stellen belaufen wird.<br />
Wie können Studierende also so in die Patientenversorgung<br />
integriert werden, dass sie praxisnah Verantwortung<br />
übernehmen können und optimal auf ihren Eintritt ins Berufsleben<br />
vorbereitet werden? Einige Universitäten wie die<br />
in Aachen, Bochum, Hannover, Heidelberg und Köln bieten<br />
parallel zu der regulären Ausbildung Reform oder Modellstudiengänge<br />
an. An der Berliner Charité beispielsweise<br />
können Studierende seit 1999 einen praxisorientierteren<br />
Studiengang absolvieren, der insbesondere auf problemorientiertes<br />
Lernen und kommunikative Fähigkeiten setzt.<br />
Vor kurzem wurde dort zudem ein Lernzentrum eingerichtet,<br />
in dem die Studenten von Tutoren begleitet an Simulationspatienten,<br />
anatomischen Modellen und ComputerSimulationen<br />
lernen können.<br />
Die private Universität Witten/Herdecke bietet u. a. das<br />
Studium der Humanmedizin an und stellt in ihrem Studienkonzept<br />
die Praxisnähe in den Mittelpunkt. Das bedeutet hier,<br />
die persönliche Entwicklung der jungen Ärzte im Umgang<br />
mit den Patienten und Pflegenden, bei der Arbeit auf der Station,<br />
aber auch in Verbindung mit den Lerninhalten partizipativ<br />
zu fördern. Dr. Friedrich Edelhäuser hat deshalb am<br />
Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke 2009 eine von Studenten<br />
geführte Ausbildungsstation mit ins Leben gerufen.<br />
„Wir gestalten das Studium neben dem medizinischen<br />
Fachwissen aus zwei Quellen: Das sind die Studenten und<br />
„es ist schön zu wissen, dass<br />
es schon in der ausbildung<br />
für den patienten einen<br />
unter schied macht, ob ich<br />
da bin oder nicht.“<br />
Maxie BoVeleT,<br />
assisTenzÄrzTin<br />
deren Motivation und die Patienten und deren Anliegen“, erläutert<br />
Edelhäuser das Ausbildungskonzept. „Das bedeutet,<br />
dass wir zuallererst bei den Beweggründen der Studierenden<br />
anknüpfen. Wir regen sie dazu an, sich mit ihrem Wunsch,<br />
Arzt zu werden, auseinanderzusetzen und sich zu fragen,<br />
welche Fähigkeiten und welches Wissen sie dafür brauchen.“<br />
Auf diese Weise können die Studenten Teilschritte definieren<br />
und das stark vorgegebene Studium mitgestalten.<br />
Dieser Ansatz zieht sich als roter Faden durch das Studium,<br />
erzählt Maxie Bovelet. Die junge Neurologin hat neben<br />
dem schulmedizinischen Studium an der Universität Witten/<br />
Herdecke auch das Integrierte Begleitstudium Anthroposophische<br />
Medizin absolviert. „Unsere Lehrer haben es uns erleichtert,<br />
im Klinikalltag nicht den Idealismus zu verlieren.<br />
Denn sie haben uns immer wieder gefragt, was wir wollen<br />
und erwarten — es hat mich begeistert, dass für sie zur<br />
Entwicklung der Arztpersönlichkeit auch die individuelle Persönlichkeit<br />
dazugehört.“<br />
Das Lernen in der Begegnung mit den Patienten beginnt<br />
in Witten/Herdecke bereits im ersten Semester und zwar<br />
nicht nur anhand von Demonstrationen, bei denen die Studierenden<br />
Ärzten über die Schulter schauen. Vielmehr<br />
übernehmen sie schnell selbst Verantwortung: Bereits vor<br />
dem praktischen Jahr arbeiten die Studenten etwa die<br />
Hälfte der Zeit in den Kliniken. Die Ausbildungsstation wird<br />
von den Studenten selbst geführt und sie sind es auch, die<br />
federführend die Patientenbetreuung übernehmen. „Unsere<br />
Arbeit zählte tatsächlich und war nicht nur fiktiv“, erinnert<br />
sich Bovelet. Unter der Begleitung und Supervision von<br />
Stations und Oberärzten planen und führen die angehenden<br />
Ärzte Visiten durch oder arbeiten Behandlungspläne<br />
aus — und sie sind die ersten Ansprechpartner für die Patienten<br />
wie für die Pflegemitarbeiter.<br />
„Zu Beginn des Studiums sind die Studenten sehr gut darin,<br />
sich in ihr Gegenüber hineinzuversetzen und auf ihr Gefühl<br />
zu hören“, berichtet Edelhäuser aus seiner Lehrpraxis. Laut<br />
einer Untersuchung der Universität Witten/Herdecke zusammen<br />
mit den Hochschulen Freiburg, Köln und Georgetown<br />
von 2011 nimmt das Einfühlungsvermögen angehender Ärzte<br />
allerdings im Laufe ihres Studiums, d. h. mit zunehmendem<br />
Fachwissen, ab. Einen besonderen Rückgang der Empathie<br />
attestierte die Studie ab dem ersten Patientenkontakt.<br />
Zurückzuführen sei dies auf das dann besonders hohe Stresslevel<br />
und die große Rollenerwartung. Deshalb gelte es, so<br />
Edelhäuser, die menschlichen und kommunikativen Fähigkei<br />
ten während der Ausbildung weiter zu fördern und nicht<br />
durch das Fachwissen oder den Klinikalltag korrumpieren zu<br />
lassen.<br />
Auch für die Patienten zahlt sich das Konzept in Witten/<br />
Herdecke aus, wie eine bundesweite Befragung des Picker<br />
Instituts ergab: Die Patienten waren zufriedener und fühlten<br />
sich menschlicher betreut als auf anderen Stationen. Das<br />
merken auch die Studenten, wie Bovelet bestätigt: „Es ist<br />
schön zu wissen, dass es schon in der Ausbildung für den<br />
Patienten einen Unterschied macht, ob ich da bin oder nicht.“<br />
Mittlerweile arbeitet Maxie Bovelet als Assistenzärztin in<br />
der Neurologie am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke.<br />
Der Übergang ins Berufsleben ist ihr leicht gefallen. „Ich war<br />
es gewohnt, gemeinsam mit anderen zu arbeiten und am<br />
Patienten Verantwortung zu übernehmen. Außerdem konnte<br />
ich mit meinem Wissen viel freier, kreativer und selbstvertrauender<br />
umgehen, weil es ein lebendig erfahrenes Wissen<br />
ist. Ich sehe es heute als großes Glück, begreifen zu können,<br />
dass es zum ärztlichen Tun als Erstes gehört, sich auf den<br />
Patienten einzulassen — und zwar trotz des organisatorischen<br />
und zeitlichen Drucks. Wenn ich das nicht in der Ausbildung<br />
gelernt hätte, dann bräuchte ich für diese innerliche Freiheit<br />
wahrscheinlich noch viele Jahre.“ —<br />
„Die Medizin beschäftigt<br />
den ganzen Menschen,<br />
weil sie sich mit<br />
dem ganzen Menschen<br />
beschäftigt.“<br />
J. W. Von goeTHe<br />
18 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
TiTelThema GesundheiT<br />
19
Gesundheit<br />
als Ware<br />
TexT: prof. Dr. paul u. unschuld<br />
Der Stellenwert der Gesundheit<br />
hat sich in den vergangenen<br />
Jahren stark verändert:<br />
vom staatlich getragenen<br />
Gesundheitswesen zum<br />
wirtschaftlich rentablen<br />
Gesundheitsmarkt.<br />
Der Medizinhistoriker Unschuld<br />
wirft einen kritischen Blick<br />
auf die Rahmenbedingungen.<br />
Die Verlautbarungen der politischen Parteien lassen<br />
auf eine Große Koalition schließen. Die KonradAdenauerStiftung<br />
der CDU hält in den Räumen<br />
der Deutschen <strong>Bank</strong> eine Konferenz ab zu<br />
dem Thema „Gesundheitswirtschaft statt Staatsmedizin.“<br />
Die SPDMinisterpräsidentin von<br />
SchleswigHolstein stellt fest: „Früher war der<br />
Gesundheitssektor eine Last. Das gilt nun nicht<br />
mehr.“ Der erfolgreichste private Klinikinvestor<br />
Deutschlands, Eugen Münch, spricht es ebenfalls<br />
unumwunden aus: „Ich behaupte sogar, dass<br />
Medizin im Wesentlichen ein Konsumgut ist. Konsum<br />
lässt sich kaum mit Daseinsvorsorge umschreiben,<br />
sondern gehört zu dem, was wir mit<br />
Wirtschaft umschreiben.“ Und die neue Zeitschrift<br />
„Gesundheitswirtschaft“ erläutert die „Metamorphose:<br />
An seiner Krise kann das Gesundheitswesen<br />
genesen. Je weiter sich der Staat und<br />
quasi-staatliche Institutionen zurückziehen, desto<br />
erfolgreicher kann sich ein freiheitlicher Geist<br />
entfalten. Die Metamorphose hat längst begonnen.<br />
Aus dem Gesundheitswesen erwächst die Gesundheitswirtschaft.“<br />
gesundheit in der geschichte<br />
Die Sorge um die Gesundheit der Gesamtbevölkerung<br />
war zwei Jahrhunderte lang politisches<br />
Primat. Mit Druck und Erziehung setzte der Staat<br />
eine Gesundheitspolitik durch, deren Ergebnisse<br />
weltweit ihresgleichen suchen. Hintergrund dieser<br />
Anstrengungen waren freilich keine humanitären<br />
Erleuchtungen der vordemokratischen Staatslenker<br />
im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert.<br />
Das Motiv für die Regierenden lag in der Einsicht,<br />
dass der einzelne Nationalstaat in der Konkurrenz<br />
mit den Nachbarstaaten nur über Produktivkraft<br />
der Industrie und Wehrkraft der Volksheere<br />
einen Vorteil gewinnen kann. Beides verlangt eine<br />
gesunde Bevölkerung — in allen Schichten. Gesundheit<br />
war politisches Mittel zum Zweck. Der<br />
Zweck war der gesunde Nationalstaat.<br />
ökonomisierung der gesundheit<br />
Das ist heute Schnee von gestern. Die Volksheere,<br />
die Millionen junger Männer benötigten, sind<br />
nicht mehr nötig. Die industriellen Arbeitsplätze<br />
für die weniger gut ausgebildeten Massen sind<br />
verschwunden. Der Druck auf die Politik, Gesundheit<br />
für alle zu erzwingen, ist nicht mehr vorhanden.<br />
New Public Health bietet den Deckmantel,<br />
die Menschen wieder selbst in die Pflicht zu nehmen.<br />
Die Politik öffnet neuen Entscheidungsträgern<br />
Tür und Tor; die alten Entscheidungsträger,<br />
Ärzte und Apotheker, stören, da sie ausgebildet<br />
werden, ihre Patienten, die sie nun „Kunden“<br />
nennen sollen, nach medizinischfachlichen und<br />
medizinischethischen Kriterien zu behandeln.<br />
Da fehlt etwas Entscheidendes — das Denken in<br />
Renditeerwartungen.<br />
Erstmals in der Geschichte ist der Kranke für<br />
die wirtschaftliche Stärke einer Gesellschaft insgesamt<br />
nicht mehr von Nachteil. Im Gegenteil, der<br />
Kranke ist ebenso wertvoll wie der Gesunde. Das<br />
mag zynisch klingen und ist es doch nicht unbedingt.<br />
Die Linderung oder gar Heilung von Kranksein<br />
ist auch heute noch das Ziel des täglichen<br />
Medizinbetriebs. Aber in zunehmendem Maße entwickelt<br />
sich diese Zielvorgabe zu einem Marktgeschehen,<br />
das Arbeitsplätze sichert und erheblich<br />
zum Bruttosozialprodukt beiträgt.<br />
Werden Ärzte zu randfiguren?<br />
So betreten neue Spieler die Bühnen, allen voran<br />
die Investoren, und bisherige Mitspieler nehmen<br />
neue Rollen an, allen voran die gesetzlichen Krankenkassen.<br />
Sie agieren als eigenständige Unternehmen,<br />
haben Gewinn und Selbstdarstellungsinteressen<br />
und wetteifern mit den Ärzten um<br />
politischen Einfluss. Sie organisieren Kampagnen,<br />
um die Gier der Mediziner aufzuzeigen, und haben<br />
selbst keine Scheu, durch sogenanntes „zielgerichtetes<br />
Verkranken der Versicherten“ — wie es<br />
im internen Jargon heißt — ihre Einkünfte aus dem<br />
MorbiditätsrisikoStrukturausgleich* zu erhöhen.<br />
Ärzte und Apotheker werden marginalisiert<br />
und zu Dienstleistenden degradiert, die an den<br />
Fäden der Interessen derer hängen, die zwar kein<br />
Medizinstudium absolviert haben und nie für einen<br />
Kranken sorgen mussten, die aber wissen, wie<br />
man aus der Krankheitsbewirtschaftung die beste<br />
Rendite erzielt. Die Ärzte aus ihrer Sonderstelle<br />
auf ein „normales“ Niveau der Berufstätigen herabzuholen,<br />
ist zudem explizites Ziel derer, die in<br />
diesem Wandel eine positive gesellschaftliche<br />
Veränderung sehen. Für die Ärzte ist es jedenfalls<br />
sinnlos, mit Plakaten auf die Straße zu gehen und<br />
sich bei einzelnen Politikern über ihre von vielen zunehmend<br />
als unangenehm empfundene neue<br />
Abhängigkeit zu beschweren. Die Dynamik der<br />
Märkte folgt ihrer eigenen Gesetzmäßigkeit. —<br />
*Der risikostrukturausgleich<br />
(rsa) ist<br />
ein finanzieller ausgleichsmechanismus.<br />
krankenversicherer<br />
mit einer „guten“ risikostruktur<br />
ihrer Versicherten<br />
bezahlen<br />
ausgleichszahlungen<br />
an Versicherer mit<br />
einer „schlechten“<br />
risikostruktur bzw.<br />
jene mit der „guten“<br />
risikostruktur erhalten<br />
geringere zuweisungen<br />
von einer<br />
zentralen stelle als<br />
solche mit einer<br />
„schlechten“ risikostruktur.<br />
20 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
TiTelThema GesundheiT<br />
21
Zwischen Patient und<br />
Wettbewerb<br />
inTerVieW: eva schneeweiss<br />
ruDolF Henke<br />
ist internist, politiker<br />
und seit 1989<br />
im Vorstand der<br />
Ärztegewerkschaft<br />
Marburger Bund,<br />
deren Vorsitz er<br />
2007 übernahm.<br />
er ist Mitglied des<br />
Deutschen Bundestags<br />
(cDu). 2011<br />
wurde er zudem<br />
zum präsidenten<br />
der Ärztekammer<br />
nordrhein gewählt.<br />
Ein Blick in die Praxis: Rudolf Henke,<br />
Vorsitzender der Ärztegewerkschaft<br />
Marburger Bund, über die<br />
Situation der Krankenhäuser<br />
eVa scHneeWeiss: Die rahmenbedingungen<br />
der medizinischen krankenhausversorgung<br />
haben sich in den<br />
letzten Jahrzehnten sehr stark verändert.<br />
Wirtschaftliche kriterien prägen<br />
die arbeit in den kliniken heute wesentlich<br />
mehr als noch vor 20 Jahren.<br />
Wie kam es dazu?<br />
RUDOLF HENKE: Bis Anfang der<br />
90erJahre galt das Selbst kostendeckungs<br />
prinzip in den Krankenhäusern.<br />
Das heißt von den Ärzten wurde<br />
erwartet, dass sie die besten medizinischen<br />
Entscheidungen trafen, und<br />
von den kaufmännischen Direk toren,<br />
die damals noch Verwaltungsleiter<br />
hießen, dass sie dafür das notwendige<br />
Geld organisierten. Dann hat man die<br />
Kosten für den Betrieb eines Krankenhauses<br />
zusammengerechnet und versucht,<br />
in Budgetverhandlungen mit den<br />
Krankenkassen soviel wie möglich von<br />
diesen Kosten wieder auszuhandeln.<br />
Dieses Prinzip ist Ende der 70erJahre<br />
zunehmend problematisiert worden.<br />
Man hat immer mehr davor gewarnt,<br />
dass die zunehmenden Leistungsmöglichkeiten<br />
der Medizin an finanzielle<br />
Grenzen stoßen würden, und politisch<br />
gefordert, dass die Beitragssätze nicht<br />
beliebig steigen dürften. Vielmehr müsse<br />
man sich an den für die Krankenkassen<br />
erzielbaren Einnahmen orientieren.<br />
Unter diesem Gesichtspunkt der<br />
sogenannten einnahmenorientierten<br />
Ausgabenpolitik hat sich dann immer mehr der Gedanke<br />
breit gemacht, dass Kranken häuser und Krankenkassen jeweils<br />
im Wettbewerb zueinander stünden und dass dieser<br />
Wettbewerb ein gutes Mittel wäre, um zu erreichen, dass<br />
die gesundheitliche Versorgung zu bestmög lichen wirtschaftlichen<br />
Bedingungen stattfände.<br />
Seither hat das ökonomische Denken in den Krankehäusern<br />
mehr und mehr zugenommen. Auch weil private Investoren<br />
Krankenhäuser gekauft und die Methoden des privaten<br />
Wirtschaftens eingeführt haben. Heute stehen wir in<br />
einer Situation, in der man sich oft fragt, ob die medizinische<br />
Orientierung eigentlich noch im Vordergrund steht oder ob<br />
sich nicht manchmal ökonomische Belange stärker Geltung<br />
verschaffen.<br />
Wie beeinflusst das die arbeit in den kliniken?<br />
HENKE: Etwa 65 bis 70 Prozent der Kosten eines Krankenhauses<br />
sind Personalkosten. Nur etwa ein Drittel sind Sachkosten.<br />
Insofern bringt eine wirtschaftlich sparsame Gestaltung<br />
des Mitteleinsatzes oft eine Arbeitsverdichtung für<br />
das Personal mit sich: Seit Mitte der 90erJahre bis 2007 wurden<br />
im nichtärztlichen Dienst in den Krankenhäusern etwa<br />
120.000 Vollzeitstellen abgebaut. Im gleichen Zeitraum stieg<br />
die Patientenzahl um mehr als zwei Millionen. Es soll also<br />
mit weniger Mitteln mehr Leistung erbracht werden. In anderen<br />
Wirtschaftsbereichen wird das als Produktivitätssteigerung<br />
bezeichnet. Aber das ist eine hohe Belastung für die Beschäftigten.<br />
Bei den Ärzten haben wir parallel dazu zwar<br />
30.000 Stellen mehr als 1995 bekommen, aber die Zahl von<br />
Teilzeit oder geringfügig Beschäftigten ist von vier Prozent<br />
auf 17 Prozent gestiegen.<br />
Darüber hinaus ist das Problem, dass die meisten Betriebswirte<br />
ihre Steuerung auf Messbares stützen. Das bedeutet<br />
natürlich, dass alles das, was nicht gemessen, gezählt oder in<br />
Bilanzen abgebildet werden kann, aus der Betrachtung raus<br />
fällt — wie z. B. ein fürsorgliches Verweilen am Bett, die Herstellung von<br />
Nähe im Gespräch mit Angehörigen oder die Bereitschaft zuzuhören,<br />
wenn es um die Bewältigung von Ängsten geht. All das kann nicht in Zahlen<br />
und Statistiken abgebildet werden und deswegen merken die Betriebswirte<br />
gar nicht, wie sehr sie die eigentliche Leistung, die in Krankenhäusern<br />
erbracht wird, verändern, indem sie das alles ökonomisch<br />
rechtfertigen wollen.<br />
Wie beeinflusst diese zunehmende wirtschaftliche orientierung die<br />
patientenorientierung?<br />
HENKE: Das kommt ganz auf den Einzelfall an. Bei einem Patienten<br />
mit einer gängigen Krankheit, die nach festgesetzten Regeln behandelt<br />
werden soll und die keine übermäßig lange Zeit im Krankenhaus erforderlich<br />
macht, sind messbare, standardisierte Leistungsablaufpläne<br />
durchaus wünschenswert — auch im Sinne der Patienten. Aber die<br />
Frage ist dabei immer, ob dieser standardisierten Leistung eine Reflexion<br />
darüber vorangeht, ob nicht doch eine individualisierte Betrachtung<br />
zielführender ist. Wenn es bei einem Patienten existenziell wird,<br />
muss unbedingt Raum dafür da sein, sich nicht an die Prozessstandards,<br />
sondern an den individuellen Behandlungsbedarf zu halten — und dabei<br />
auch dem Bedarf nach Nähe gerecht zu werden.<br />
um die arbeit in den krankenhäusern effizient zu gestalten, fördern<br />
die politischen rahmenbedingungen den Wettbewerb zwischen den<br />
einrichtungen. Wo sehen sie darin Vorteile, die den patienten letztlich<br />
zugute kommen?<br />
HENKE: Wenn man Wettbewerb so versteht, dass die Qualität der<br />
medizinischen Leistung entscheidet, dann, finde ich, können wir uns<br />
auf einen solchen Wettbewerb einlassen. Dann finden wir auch die Vergleiche<br />
richtig. Man muss sich aber über die Konsequenzen einer<br />
verstärkten Qualitätssicherung in Bezug auf Behandlungsverläufe oder<br />
ergebnisse klar sein. Um es mit dem Fußball zu vergleichen: Wenn<br />
die Kriterien nur darin bestehen, wer die Spieler am billigsten kauft oder<br />
wer am meisten an der Rasenbepflanzung spart, dann kriegen wir<br />
eine Schieflage.<br />
Das Problem ist aber häufig, dass der Austausch über den Stellenwert<br />
und die Bedeutung wirtschaftlicher Kriterien nicht genügend kreativ<br />
und dialogorientiert erfolgt, sondern gewissermaßen den Ärzten vorgesetzt<br />
wird, sich an Kriterien zu halten, die aus einer völlig anderen<br />
Welt stammen. Das erleben sie als einen Anschlag auf ihre eigentlichen<br />
Berufsaufgaben und auch als eine Abkehr von der grundsätzlichen<br />
Aufgabenstellung von Krankenhäusern.<br />
sie sind Vorsitzender des Marburger Bundes — was sind aktuell ihre<br />
kernanliegen?<br />
HENKE: Wir haben lange Zeit sehr stark die Frage einer angemessenen<br />
Vergütung der Ärztinnen und Ärzte in den Vordergrund gestellt.<br />
Heute spielt die Frage der Arbeitsbedingungen insgesamt eine größere<br />
Rolle. Wir erleben einen Schichtwechsel von den Männern zu den Frauen<br />
in den Krankenhäusern — heute sind über die Hälfte der Medizinstudenten<br />
und Berufsanfänger weiblich. Das führt dazu, dass Fragen der<br />
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie von Beruf und Familie<br />
eine größere Rolle spielen.<br />
Dann haben wir zweitens das Thema: Wie entwickelt sich die berufliche<br />
Laufbahn? Wie qualifiziert man sich? Wie spezialisiert man sich?<br />
Da gibt es Häuser, die beispielsweise mit Systemen arbeiten, wo dem<br />
einzelnen jungen Arzt/der einzelnen jungen Ärztin eine Art Mentor zur<br />
Seite gestellt und dafür gesorgt wird, dass der Einzelne, wenn er Internist<br />
oder Chirurg werden will, nicht autodidaktisch auf sich allein gestellt<br />
ist, sondern gleich von vornherein eine intensive Berufsbegleitung<br />
erfährt. Eine strukturierte Weiterbildung hat bei den Kollegen einen<br />
sehr hohen Stellenwert.<br />
Der dritte Punkt ist die Begrenzung von Arbeitszeiten.<br />
Natürlich müssen Krankenhäuser rund um<br />
die Uhr betrieben werden, 24 Stunden, sieben Tage<br />
in der Woche, allzeit bereit. Ein Krankenhaus zeichnet<br />
sich dadurch aus, dass bei einer plötzlichen Änderung<br />
in einem Krankheitsverlauf sofort reagiert<br />
werden kann. Das ist richtig so und muss auch immer<br />
aufrechterhalten werden. Aber das muss nicht<br />
bedeuten, dass diese Aufgabe nur von einigen<br />
Wenigen geleistet werden kann. Vielmehr sind hier<br />
kluge Möglichkeiten der Arbeitsteilung gefragt,<br />
die viel stärker, als das traditionell der Fall war, auf<br />
den Wunsch des Einzelnen eingehen.<br />
Zum Arbeiten gehört auch der Ausgleich und<br />
ich glaube, dass wir auch hier vom genannten<br />
Schichtwechsel von den Männern zu den Frauen<br />
profitieren, weil damit auch ein höheres Maß an<br />
ausgleichenden Kräften und Vernunft Platz greift.<br />
Brauchen wir vor diesem Hintergrund klinikmanager<br />
und Betriebswirte, die einen stärkeren<br />
Dia log mit den Ärztinnen und Ärzten suchen?<br />
HENKE: Die berufliche Qualifikation von<br />
Kranken haus betriebswirten ist oft sehr stark von<br />
einer betriebswirtschaftlichen Binnendebatte<br />
bestimmt, die den Dialog mit der Medizin auch<br />
im Sinne der Patientenorientierung nicht genügend<br />
einschließt. Da wünscht man sich für die Ausbildung<br />
von Kranken hausbetriebswirten mehr<br />
Spezialisierung und auch mehr Akzeptanz für ein<br />
solches Feld, wo ja das Geldverdienen kein<br />
Selbstzweck ist. Kein Krankenhausbetriebswirt<br />
darf der Illusion unterliegen, dass ein Krankenhaus<br />
in erster Linie dazu da ist, um Geld zu verdienen.<br />
Ein Krankenhaus ist in erster Linie dazu<br />
da, um Patienten zu versorgen — und das zu Bedingungen,<br />
die förderlich für alle Beteiligten sind.<br />
—<br />
22 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
TiTelThema GesundheiT<br />
23
Blickwinkel<br />
Welche politischen<br />
Rahmenbedingungen<br />
müssen geschaffen werden,<br />
um die Gesundheit in<br />
der Gesellschaft ganz-<br />
heitlicher zu fördern?<br />
Wir fragen —<br />
Experten antworten.<br />
Franziska scHüler, sTiFTungsrÄTin Der zukunFTssTiFTung<br />
gesunDHeiT in Der gls TreuHanD<br />
Wir benötigen eine im Grundgesetz verankerte, ganzheitlich gesundheitsfördernde<br />
Rahmenpolitik, um unsere Patienten gerecht und unabhängig<br />
von ihrer finanziellen Situation behandeln zu können sowie<br />
um jegliche Monopol und Machtstellungen einzelner medizinischer<br />
Richtungen zu umgehen.<br />
Wir haben kein Gesundheitssystem, sondern eher ein Krankheitssystem.<br />
Prävention ist vollkommen unterrepräsentiert, es geht oft um<br />
kurzsichtige Prozesse. Wenn wir unsere Ausgaben im Gesundheitswesen<br />
langfristig stabilisieren möchten, ohne dabei gleichzeitig die<br />
Kosten zu Lasten der Bürger umzuverteilen, muss die Aufmerksamkeit<br />
auf Prävention und Ganzheitlichkeit gesetzt werden! Unsere bislang<br />
praktizierte Medizin wird dem modernen Menschen nicht mehr<br />
gerecht.<br />
Psychosoziale und ganzheitliche Faktoren kommen in der Behandlung<br />
zu kurz. Als junge Ärztin fühle ich mich durch das klassische Medizinstudium<br />
nicht umfassend auf den Beruf vorbereitet. Wir wurden<br />
lediglich als Mediziner, nicht aber als Ärzte ausgebildet. Wie sollen wir<br />
aufgrund dieser einseitigen Ausbildung Patienten heilen? Es sollten<br />
komplementärmedizinische Inhalte nicht nur am Rande des Studiums<br />
abgebildet, sondern als ebenbürtiges Hauptfach unterrichtet werden.<br />
Ist es nicht bedenklich, dass komplementärmedizinische Lehrstühle<br />
und Forschung in Deutschland hauptsächlich von Stiftungen und<br />
nicht vom Staat gefördert werden? Integrativmedizin — d. h. Schulmedizin<br />
kombiniert mit komplementärmedizinischen Methoden — ist<br />
die Zukunft unseres Gesundheitswesens! —<br />
peTer ziMMerMann, VorsTanDsMiTglieD Des DacHVerBan<br />
Des anTHroposopHiscHe MeDizin in DeuTscHlanD (DaMiD)<br />
Warum wird das präventionsgesetz schon wieder in<br />
die nächste legislaturperiode verschoben? obwohl<br />
doch eigentlich alle für mehr gesundheitsförderung<br />
sind? Warum fristet der „gesundheitszieleprozess“,<br />
initiiert von allen wichtigen akteuren im gesundheitswesen,<br />
immer noch ein schattendasein? oder kennen<br />
sie etwa die „7 nationalen gesundheitsziele“<br />
(www.gesundheitsziele.de)? obwohl man es also besser<br />
weiß, bleibt vorerst alles beim alten: an der Behandlung<br />
von krankheiten wird kräftig verdient,<br />
während sich die politik regelmäßig darum müht, die<br />
steigenden kosten in den griff zu kriegen. Dabei<br />
wäre es eine echte investition in die zukunft, mehr<br />
für prävention und gesundheitsförderung auszugeben.<br />
Dagegen sind aber alle, die von den kostensteigerungen<br />
des sogenannten medizinischtechnischen<br />
Fortschrittes profitieren. es bräuchte also eine starke<br />
politische kraft, die eine echte gesundheitsfördernde<br />
strategie ent wickelt und sich auch nicht scheut, konflikte<br />
auszuhalten, wenn es darum geht, die Fehlanreize<br />
im system zu beseitigen. Vor allem, wenn man<br />
gesundheitsförderung als Querschnittsthema versteht,<br />
zu dem umwelt oder Verkehrspolitik ebenfalls<br />
dazugehören. Dazu reicht eine Verankerung im grundgesetz<br />
nicht aus! es braucht eine parteiübergreifende<br />
initiative, um mehr dafür zu tun, dass wir alle länger<br />
gesund bleiben können. —<br />
proF. Dr. Dr. alF TroJan, MeDiziner unD<br />
soziologe<br />
Natürlich gibt es kein Patentrezept, mit dem die<br />
Gesellschaft (womöglich auch noch für immer)<br />
gesund bleiben kann. Aber es gibt Handlungsstrategien,<br />
die „grundlegend“ geeignet wären, um<br />
Gesundheit ganzheitlich, d. h. auch bei den sogenannten<br />
schwer erreichbaren, in der Regel bedürftigsten<br />
Gruppen, zu fördern:<br />
• Gesamtkonzept und Rahmenplan für Gesundheitsförderung<br />
und Prävention entwickeln<br />
• geeignete Organisationsstrukturen für intersektorale<br />
Kooperation schaffen, d. h. zwischen allen<br />
relevanten Politiksektoren<br />
• rechtliche und finanzielle Basis absichern<br />
• Programme für die hauptsächlichen Handlungsträger<br />
(wie z. B. Krankenkassen, Öffentlichen Gesundheitsdienst,<br />
Umweltbehörden) entwickeln<br />
und einrichten<br />
• Programm- und Akteurskoalitionen auf bauen<br />
• Innovationsimpulse stärken: Informationspools<br />
und Kompetenznetzwerke<br />
Der dringendste Handlungsbedarf besteht<br />
darin, Gesundheitsförderung im Sinne der nachhal<br />
tigen Gestaltung gesundheitsförderlicher<br />
Lebens und Umweltbedingungen aus dem „Niemandsland<br />
organisierter NichtVerantwortlichkeit”<br />
herauszuholen! Dazu bedarf es eines Konzepts<br />
für die klar geregelte, arbeitsteilige Kooperation<br />
der verschiedenen Handlungsträger und Politikebenen<br />
untereinander.<br />
Letztlich ist eine nachhaltige gesundheitsfördernde<br />
Politikgestaltung nichts anderes als die<br />
Summe derjenigen Maßnahmen und Aktionen, die<br />
alles das, was konzeptionell und empiriegestützt<br />
als sinnvoll und nützlich in der Gesundheitsförderung<br />
gilt, in dauerhaften Strukturen und geregelten<br />
Prozessroutinen absichern.<br />
Auch wenn man die erfreulichen Entwicklungen<br />
der letzten Jahre angemessen würdigt und zugesteht,<br />
dass Prävention und Gesundheitsförderung<br />
auch ohne gesetzlichen Rahmen weiterentwickelt<br />
und verbreitet wurden, bleibt die Absicherung<br />
der rechtlichen und finanziellen Basis im Rahmen<br />
eines Gesetzes die unerledigte Aufgabe und unabdingbare<br />
Voraussetzung für eine nachhaltige<br />
Gesundheitsförderungspolitik. —<br />
24 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
TiTelThema GesundheiT<br />
25
Standpunkt<br />
Von einem<br />
gesunden<br />
Umgang mit<br />
Vermögen<br />
und Schulden<br />
TexT: andreas neukirch<br />
AnDreAs neukircH<br />
ist Diplomkaufmann<br />
und seit<br />
2002 Vorstand der<br />
gls <strong>Bank</strong>. zudem<br />
gehört er dem Vorstand<br />
von inaise<br />
(international association<br />
of investors<br />
in the social economy)<br />
sowie dem<br />
aufsichtsrat des<br />
institute for social<br />
<strong>Bank</strong>ing an.<br />
Wir beschäftigen uns national und international<br />
seit Jahren mit Finanz, Haushalts<br />
und EuroKrisen und suchen nach<br />
entsprechenden Heilmitteln für die<br />
auftretenden Systemkrankheiten. Dabei<br />
werden zwar typisch medizinische<br />
Begrifflichkeiten wie Therapie, Fieberschub<br />
oder Zusammenbruch bemüht,<br />
aber eine grundsätzliche Diskussion<br />
über die Gesundheit unseres Finanzsystems<br />
und damit dessen Leistungsfähigkeit<br />
und Zielsetzung findet angesichts<br />
immer neuer Eilbedürftigkeiten<br />
noch immer zu wenig Aufmerksamkeit.<br />
Dabei ist in den letzten Jahren durch die umfangreichen<br />
Berichterstattungen zumindest ein Zusammenhang wieder<br />
sehr deutlich geworden: Es gibt nicht das isolierte Schulden<br />
Reduzieren, vielmehr gelten alle Maßnahmen für Schulden<br />
und Vermögen gleichzeitig. Im Fall einer „Therapie“ durch<br />
Schuldenschnitt beispielsweise ent ledigen sich nicht nur<br />
Staaten ihrer Verbindlichkeiten und <strong>Bank</strong>en müssen entsprechende<br />
Vermögenswerte abschreiben, auch die Menschen,<br />
die diese Geldanlagen z. B. für ihre Altersvorsorge<br />
getätigt haben, müssen sich auf Vermögensverluste einstellen.<br />
Heißt die „Behandlung“ Inflation, kann man ähnliche<br />
Effekte beobachten: Wenn die Schulden von Staaten<br />
oder privaten Schuldnern durch Inflation ent wertet werden,<br />
reduziert sich zugleich das Vermögen der Gläubiger. Und<br />
ebensolche Entwicklungen sind auch fest zustellen, wenn<br />
staatliche Ausgaben mit besonderer Haushaltsdisziplin<br />
drastisch reduziert werden, sodass diejenigen, die mit den<br />
verausgabten Mitteln arbeiten, in ihren Möglichkeiten beschränkt<br />
sind. Und das betrifft Transferzahlungsempfänger<br />
ebenso wie Investitionen in Bildung und andere zukunftsweisende<br />
Felder.<br />
Sparen und Investieren sind Grundpfeiler für die Entwicklungsfähigkeit<br />
jedes Einzelnen ebenso wie der Gesellschaft.<br />
Was uns in dieser Frage als gesundheitlich bedenklich begegnet,<br />
ist die mehr oder weniger ausgeprägte „Rasenmäher<br />
Kultur“ des Sparens. Wenn wir uns nicht zutrauen, eine Debatte<br />
über den Sinn von Investitionen und darüber zu führen,<br />
wie wir in Zukunft leben wollen — persönlich, gesellschaftlich<br />
wie international —, dann vergeben wir die Chance, um<br />
im Bild zu bleiben, nach der Fieberbehandlung die grundsätzliche<br />
Genesung zu erreichen.<br />
Im Mittelpunkt, so unsere feste Überzeugung, muss deshalb<br />
in erster Linie die Frage nach dem Sinn der Geldverwendung<br />
stehen. Wir legen daher bei allen Fragen rund um<br />
die Geldanlage großen Wert darauf, dass die ökonomischen<br />
Ziele der Liquidität — d. h. Verfügbarkeit, Sicherheit und<br />
Rendite — erst dann relevant werden, wenn zuvor die Sinnfrage<br />
beantwortet wurde: Was ist der gesellschaftliche<br />
Mehrwert einer Geldanlage? Was wird damit bewirkt? Dies<br />
in den Mittelpunkt allen Handelns zu stellen, ermöglicht<br />
anschließend die Frage nach dem richtigen Finanzierungsinstrument:<br />
Ist Kredit das richtige Mittel, also das Beibehalten<br />
der Schuldner und Vermögensposition? Ist die Bereitstellung<br />
von Eigenkapital das richtige Instrument, also<br />
das Erzeugen eines gemeinschaftlichen unternehmerischen<br />
Interesses zwischen Knowhow und Geld? Oder ist die<br />
Auflösung des Schuldner und Gläubigerverhältnisses durch<br />
Schenkung der angemessene Weg?<br />
Diese Blickrichtungen im Umgang mit Geld sind unser<br />
Beitrag zu der Schuldendebatte, die sich der Genesung des<br />
Patienten Finanzsystem widmet und sich nicht scheinbar<br />
hilflos in Sparappellen nach der RasenmäherMethode verfangen<br />
hat. Dabei ist die Bezeichnung des „gesunden“<br />
Umgangs mit Vermögen und Schulden, Sparen und Investieren<br />
nicht nur eine sprachliche Assoziation. Angesichts der<br />
Staatsschuldenkrise ist die Zahl seelischer Erkrankungen signifikant<br />
gestiegen, und wer im Privaten Schulden zu tragen<br />
hat, weiß ebenso, dass diese Fragen auch unser Gesundheitserlebnis<br />
unmittelbar beeinflussen können. Wir wollen uns<br />
dafür engagieren, dass die Diskussion über sinnvolle Investitionen,<br />
über zukunftsfördernde Verschuldungsnotwendigkeiten<br />
auch im täglichen <strong>Bank</strong>geschäft in Gang kommt. —<br />
26 TiTelThema GesundheiT<br />
<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 27<br />
Netzwerk<br />
Greenpeace Media:<br />
wachrütteln, aufklären,<br />
provozieren<br />
TexT: eva schneeweiss<br />
Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> erfreut sich<br />
einer Vielzahl von Kooperationen<br />
mit anderen Organisationen<br />
und Unternehmen.<br />
In jeder Ausgabe stellen wir<br />
einen unserer Partner vor.<br />
Taten statt Warten — so lautet das Credo der Umweltschutzorganisation<br />
Greenpeace e. V.. Nach<br />
seiner Gründung 1971 wurde der internationale<br />
Verein mit Kampagnen gegen Atomenergie und<br />
Aktionen gegen den Walfang bekannt. Heute engagiert<br />
sich Greenpeace darüber hinaus für Themen<br />
rund um den Klimaschutz, die Erhaltung der<br />
Wälder und Meere oder die internationale Abrüstung.<br />
Die Projekte des Vereins werden aus privaten<br />
Spendengeldern finanziert, der einzigen Einnahmequelle.<br />
Die eigene Unabhängigkeit schreibt<br />
Greenpeace groß und lehnt Spenden oder Sponsoring<br />
von Seiten der Industrie daher ebenso ab<br />
wie Regierungs und EUGelder.<br />
Um dennoch ein eigenes Magazin herausgeben<br />
zu können, wurde die Greenpeace Media<br />
GmbH gegründet, eine kommerzielle Tochter des<br />
nicht profitorientierten Vereins. Das Greenpeace<br />
Magazin finanziert sich einzig über den Verkauf<br />
der Hefte, auf Werbung von fremden Unternehmen<br />
verzichten die Herausgeber zugunsten ihrer<br />
redaktionellen Unabhängigkeit. Dass sich das Magazin<br />
wirtschaftlich dennoch trägt, ist in Deutschland<br />
einzigartig. Nach eigenen Angaben wird es<br />
von 500.000 Menschen gelesen, es gibt sogar<br />
Abonnenten auf Haiti, PapuaNeuguinea und<br />
Brasilien.<br />
Neben der kritischen Berichterstattung zum<br />
Schwerpunkt Umweltschutz oder Reportagen<br />
über Kampagnen und Aktionen von Greenpeace<br />
e. V. behandelt das Magazin soziale Themen mit<br />
internationalem Fokus, wie z. B. den weltweiten<br />
Hunger oder das Schicksal von Kindersoldaten.<br />
Aber auch über Kampagnen von anderen Organisationen<br />
wie von urgewald e. V. im letzten Jahr<br />
berichtet die Redaktion. Der Verein hatte in der<br />
bundesweiten Aktion „Wie radioaktiv ist Ihr Konto?“<br />
<strong>Bank</strong>kunden zum Hinterfragen ihrer Geldanlage<br />
und <strong>Bank</strong>wechsel aufgefordert.<br />
Zusätzlich zur klassischen Berichterstattung<br />
finden Leser alltagstaugliche Verbrauchertipps<br />
zum Umweltschutz in jeder Ausgabe. Nach dem<br />
Motto „Geht nicht gibt’s nicht“ stellt die Redaktion<br />
zudem Vorreiterprojekte aus aller Welt vor — wie<br />
z. B. die schwedische Atomsteuer für Atomkonzerne,<br />
staatliche Zuschüsse für den Erwerb von Elektrofahrrädern<br />
in Österreich oder Costa Ricas Bestrebungen<br />
nach einer ausgeglichenen Klimabilanz<br />
bis 2021. Bei Lesern beliebt und bei Umweltfrevlern<br />
gefürchtet sind die satirisch verfremdeten Anzeigen<br />
von Markenartikeln, um Werbe lügen zu entlarven.<br />
Auch Regierungen oder Wirtschaftsverbände<br />
nimmt das Heft regelmäßig aufs Korn.<br />
Für jedes neue oder verschenkte Abonnement<br />
lässt das mehrfach preisgekrönte Magazin<br />
sechs Quadratmeter Minenfeld in Bosnien räumen.<br />
So konnten bereits das 80.000 Quadratmeter<br />
große Minenfeld am Fetten Berg bei Sarajevo,<br />
ein 240.000 Quadratmeter großes Areal<br />
hinter einer Schule in Sjenina Rijeka und ein weiterer<br />
Berg nahe einer Schule in Podzvizd geräumt<br />
werden.<br />
„Zur <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> zu wechseln war für Greenpeace<br />
Media nur konsequent. Wir unterstützen weder<br />
Atomkraft noch Waffenverkäufer und möchten,<br />
dass auch unser Geld dies nicht tut“, so Chefredakteur<br />
Jochen Schildt. —
Mitgliederportraits<br />
Die Wanderung<br />
der Hühner<br />
Die BauckHöFe<br />
sind seit den<br />
1970er-Jahren<br />
kunde und Mitglied<br />
der Gls <strong>Bank</strong>.<br />
www.bauckhof.de<br />
28<br />
MiTglieDscHaFT<br />
„Das Wichtige ist, dass man sich an den Bedürfnissen<br />
der Tiere ausrichtet — und nicht an denen<br />
des Menschen.“ Carsten Bauck ist Geflügelzüchter<br />
mit Herz und Seele. Er lebt und arbeitet auf einem<br />
der ältesten landwirtschaftlichen Biobetriebe<br />
in Deutschland, auf einem der drei Bauckhöfe in<br />
der Lüneburger Heide. Bereits 1932, lange bevor<br />
„bio“ im Trend lag, stellte Carsten Baucks Großvater<br />
seinen Hof in Klein Süstedt auf biologischdynamische<br />
Landwirtschaft und artgerechte<br />
Tierhaltung um. In der dritten Generation führte<br />
Carsten Bauck 2002 gemeinsam mit drei weiteren<br />
Familien die Hühnerzucht auf dem Hof Klein<br />
Süstedt ein. „Wir haben ganz jungfräulich angefangen<br />
und konnten uns von Grund auf Gedanken<br />
über die richtigen Strukturen machen“, erzählt<br />
der Landwirt.<br />
Seine Beobachtungen aus zahlreichen Besichtigungen<br />
anderer Höfe machten ihm schnell klar,<br />
was er nicht wollte. „Sehr viele Hühner sahen<br />
selbst in Ställen mit viel Auslauf schlecht aus. Die<br />
Zeit war reif, nach neuen Konzepten zu suchen.“<br />
In Frankreich wurde er fündig: Bauck entschied sich<br />
für hoch moderne mobile Hühnerställe, die den<br />
Hühnern einen Rückzugsraum, dazu einen geschützten<br />
„Wintergarten“ sowie genügend Freifläche<br />
bieten. Ist das Grün rund um den Auslauf<br />
abgefressen, wandert der Stall einfach auf die<br />
nächste Fläche weiter. Diese Mobilität ist zwar logistisch<br />
für den Landwirt aufwendiger, wird aber<br />
den Bedürfnissen der Tiere gerecht.<br />
„Ein Huhn ist dann glücklich, wenn es seine arteigenen<br />
Verhaltensmuster ausleben kann“, erläutert<br />
Bauck. Hühner sind hochgradig aktive Tiere, sie<br />
brauchen Raum zum Picken und Scharren oder<br />
Sandbaden. „Das ist ebenso simpel wie schwer zu<br />
erfüllen, aber das mobile Konzept kommt dem<br />
natürlichen Bedürfnis sehr nahe.“ Die Gesundheit<br />
seiner Tiere gibt ihm Recht: Dank der wandernden<br />
Ställe und deutlich mehr Platz als in der konventionellen<br />
Geflügelhaltung haben sie keine<br />
Parasiten. Sie benötigen auch keine Medikamente,<br />
wie dies in Festställen kaum zu vermeiden ist,<br />
da die Tiere über Generationen auf demselben<br />
Boden leben.<br />
Das Wohl und die Bedürfnisse seiner Tiere sind<br />
Carsten Bauck eine Herzensangelegenheit, die er<br />
stets im Auge behält. „Wenn man sorgfältig arbeitet<br />
und es gelingt, bei diesen hoch sensiblen Tieren<br />
Ruhe reinzubringen, wenn sie gesund und zufrieden<br />
sind, dann weiß man, dass man gute<br />
Arbeit gemacht hat. Das ist sehr erfüllend.“ —<br />
<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 MiTglieDscHaFT<br />
„Wir sind Mitglied<br />
in der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>, weil<br />
die <strong>Bank</strong> und die<br />
Bauckhöfe dieselben<br />
Wurzeln haben.“<br />
29
Mitgliederportraits<br />
Wenn schon,<br />
denn schon<br />
inTerVieW: eva schneeweiss, Johannes korten<br />
GeorG scHrAMM<br />
ist kabarettist. seine<br />
bekanntesten<br />
Figuren sind der<br />
renitente rentner<br />
lothar Dombrowski,<br />
der hessische sozialdemokrat<br />
august<br />
und oberstleutnant<br />
sanftleben. er ist<br />
seit 2006 Mitglied<br />
der gls <strong>Bank</strong>.<br />
eVa scHneeWeiss: Was bedeutet<br />
geld für sie persönlich?<br />
GEORG SCHRAMM: Geld ist was zum<br />
Ausgeben, eine tolle Sache, eine Rückversicherung.<br />
Aber auch Anlass, mich<br />
maßlos zu ärgern, wenn ich an das<br />
System denke. Geld ist für mich etwas,<br />
von dem ich über viele Jahre keines<br />
hatte und auch keine Ahnung hatte.<br />
Obwohl ich immer verzweifelt zu verstehen<br />
versuche, was das Besondere<br />
an Geld ist, merke ich, dass ich nicht<br />
alt genug werden kann, um es wirklich<br />
zu begreifen. Für jede Erklärung, an der<br />
ich arbeite, kommen tausend neue<br />
Fragen auf.<br />
Was ist für sie ein sinnvoller umgang<br />
mit geld?<br />
SCHRAMM: Wie sinnvoll ich mit Geld<br />
umgehe, hängt ganz entscheidend davon<br />
ab, wie viel ich habe. Ich bin in der<br />
luxuriösen Situation, dass ich mehr Geld verdiene — im<br />
Moment noch — als ich ausgebe und verbrauche. Das Geld,<br />
was ich übrig habe, versuche ich so zu verwenden, dass Andere<br />
etwas Sinnvolles damit tun. Das bedeutet für mich<br />
zum einen, dass unsere Ressourcen nicht über die Maßen<br />
strapaziert werden. Zum anderen ist für mich persönlich<br />
von großer Bedeutung, dass Arbeitsplätze geschaffen oder<br />
gesichert werden. Der heutige Wettlauf, die Produktivität<br />
zu steigern, geht durchweg zu Lasten der Arbeitnehmer.<br />
Heute stehen wir vor einer haarsträubenden Jugendarbeitslosigkeit<br />
in Mitteleuropa und die hat damit zu tun, dass<br />
die Produktivität an einem Punkt angelangt ist, wo man sie<br />
trotz Überkapazitäten immer weiter steigert. Gleichzeitig<br />
vergrößert sich dadurch das Problem, dass eine ganze Generation<br />
von jungen und zum Teil gut ausgebil deten Menschen<br />
keine Arbeit findet. Wenn ich Möglichkeiten sehe, da<br />
Geld zu investieren, dann mache ich das.<br />
sie haben die occupyaktivisten mit einer öffentlichen<br />
rede unterstützt. Was verbindet sie mit der Bewegung?<br />
SCHRAMM: Wenn sich Leute zusammenfinden, um im<br />
Herzen der internationalen Geldwirtschaft für Unruhe zu<br />
sorgen, ist mir das Unterstützung wert. Weil ich mich damit<br />
in meinem laufenden Kabarettprogramm auch beschäftigt<br />
hatte, war die Rede in Frankfurt für mich eine sehr interessante<br />
und spannende Gelegenheit. Auch weil man einen<br />
Kabarettisten erwartet hatte, der nur als Pausenclown ein<br />
paar lustige Sachen sagt — gegen diese Erwartung zu agieren<br />
war sehr spannend.<br />
Braucht es für langfristige Veränderungen in der Finanzwirtschaft,<br />
ebenso wie in der energiepolitik, einen auslöser?<br />
SCHRAMM: Ich fürchte, dass die bisherigen Finanzkrisen<br />
noch nicht reichen und das Szenario noch nicht hart genug<br />
ist. Fukushima hat tatsächlich eine Erschütterung hervorgerufen.<br />
Interessanterweise mit einer außergewöhn lichen politischen<br />
und gesellschaftspolitischen Konsequenz: die Wende<br />
von der Wende bei der Bundeskanzlerin. Übrigens nicht aus<br />
Angst vor einem GAU, sondern aus Angst vor dem Wähler.<br />
Ohne Rücksprache mit der Energiewirtschaftslobby, ganz<br />
offenkundig.<br />
Vor dem Hintergrund denke ich manchmal ganz fatalistisch,<br />
dass wir einen FinanzGAU brauchen, um zu begreifen,<br />
auf welchem Pulverfass wir sitzen. Vielleicht muss uns erst<br />
alles um die Ohren fliegen, bis grundlegende Veränderungen<br />
kommen, denn die Maßnahmen seit Beginn dieser Finanzkrise<br />
waren immer nur ein Spielen auf Zeit.<br />
sie haben einmal gesagt, dass sie sich von der Finanzwirtschaft<br />
systemisch hinters licht geführt fühlen. Was haben<br />
sie damit gemeint?<br />
SCHRAMM: Ich glaube, dass die Geldwirtschaft eigene Interessen<br />
verfolgt und nicht mehr die Interessen ihrer Kunden.<br />
Nur habe ich es früher nicht gemerkt. Die Finanzmarktkrise<br />
hat mich heftig aufgerüttelt. Ich bin ja nicht zuletzt<br />
deshalb zur <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> geflüchtet, weil ich nicht mehr wusste,<br />
wem ich überhaupt noch trauen kann.<br />
Einige Jahre vor der Finanzkrise habe ich mich näher mit<br />
Geldanlagen beschäftigt und angefangen, mich dafür zu<br />
interessieren. Ich hatte zeitweise sechs verschiedene <strong>Bank</strong>konten,<br />
weil hier und da ein Tagesgeld attraktiv war. Ich<br />
habe dann aber gemerkt, dass ich restlos überfordert war.<br />
Heute kann man mir nicht mehr so viel erzählen wie früher,<br />
aber ich verstehe immer noch zu wenig. Wir kriegen es ja<br />
auch nicht beigebracht.<br />
Die un hat <strong>2012</strong> das Jahr der genossenschaften ausgerufen.<br />
Wo liegt für sie der reiz, sich in einer genossenschaft<br />
zu engagieren?<br />
SCHRAMM: Die Grundidee der mitgliedergetragenen<br />
Genossenschaft ist für mich äußerst sinnvoll. Bei vielen Genossenschaften<br />
geht es um Regionalisierung und Dezentralisierung<br />
— Aspekte, die ich als Alternative zu unserer<br />
Wachstumssteuerung und Wachstumsproduktion für außerordentlich<br />
wichtig halte. Ich bin mittlerweile auch öfter zu<br />
Hause und nicht auf Tour, dabei merke ich, wie viel man mit<br />
kleinen Genossenschaften in der unmittelbaren Lebensumgebung<br />
bewegen kann. Ich kann mich z. B. einfach durch Interesse<br />
und Engagement oder finanzielle Unterstützung<br />
einbringen, ohne dass ich Sachkenntnisse habe — wie in der<br />
Landwirtschaft oder im Gartenbau. Auch das Stimmrecht<br />
finde ich gegenüber Kapitalgesellschaften äußerst interessant.<br />
Was war ihr impuls, nicht nur kunde, sondern auch Mitglied<br />
der gls <strong>Bank</strong> zu werden?<br />
SCHRAMM: Wenn schon, denn schon. Nachdem ich<br />
gemerkt habe, wie die Finanzkrise sich ausweitet, habe ich<br />
irgendwann Schritt für Schritt alle Konten bei anderen<br />
<strong>Bank</strong>en aufgegeben. Und wenn ich schon Kunde bei der<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> bin, dann will ich natürlich auch Mitglied und<br />
Genossenschaftler sein.<br />
Wenn sie in ihrer eigenschaft als gls Mitglied einen Wunsch<br />
an die <strong>Bank</strong> frei hätten, wie würde dieser lauten?<br />
SCHRAMM: Einer meiner großen Wünsche an die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />
ist, dass sie möglichst viele Leute ausbildet, um in den<br />
Schulen über das Geldwesen zu unterrichten. Ich glaube, manche<br />
Schulen dürsten geradezu danach. Ich würde sofort kommen,<br />
egal in welche Klasse, und mich dazusetzen.<br />
ursprünglich haben sie psychologie studiert. Wie kamen<br />
sie zum kabarett?<br />
SCHRAMM: Das hat mit meiner Lebensgeschichte zu tun.<br />
Ich bin in einer sehr wohlhabenden Stadt als Kind sehr armer<br />
Eltern groß geworden und durch meinen Gymnasiumsaufenthalt<br />
in eine Gesellschaft hineingewachsen, der ich weder<br />
angehört noch die ich gemocht habe. Ich wollte nicht wie<br />
die Anderen sein, ich wollte nur so sein können. Ich wollte so<br />
viel Geld haben wie sie, aber ich wollte nicht so werden wie<br />
sie. Das ist natürlich ein Eiertanz, den ich mit uneindeutiger<br />
Ironie zu bewältigen versucht habe. Darüber bin ich dann<br />
irgendwann beim Kabarett gelandet.<br />
ihre Figuren auf der Bühne sind oft etwas grantig — woraus<br />
ziehen sie ihre positive kraft?<br />
SCHRAMM: Es ist ein Teil meines Lebens, mich über Dinge,<br />
die ich falsch finde, aufzuregen und dem Ausdruck auf der<br />
Bühne zu verleihen. Nach einem Auftritt mit meinem Kabarettprogramm<br />
habe ich das Gefühl, die Dinge so klar auf<br />
den Tisch gebracht zu haben, dass der Finanzkapitalismus sich<br />
davon gar nicht mehr erholen kann. Das Gefühl ist flüchtig,<br />
aber es immer wieder für Momente zu haben, ist wohltuend.<br />
Insofern ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen,<br />
dass das Kabarett für mich einen kathartischen, befreienden<br />
Effekt hat. Und übrigens, wenn mich nicht alles täuscht,<br />
auch für die Zuschauer. Es tut den Leuten offensichtlich gut,<br />
dabei zu sein, wenn sich stellvertretend jemand für sie zornig<br />
über die Ungerechtigkeiten der Welt aufregt.<br />
ist es das, was sie bei ihrem publikum erreichen möchten?<br />
SCHRAMM: Matthias Belz, ein großer Kabarettkollege, hat<br />
darauf eine unüberbietbare Antwort gefunden, indem er gesagt<br />
hat: „Ich möchte die Menschen auf ihrem Weg von der<br />
Hoffnungslosigkeit über die Trostlosigkeit zur Ausweglosigkeit<br />
begleiten.“<br />
Wie viel georg schramm steckt in ihren Figuren oder ist es<br />
am ende so, dass die Figur lothar Dombrowski tatsächlich<br />
georg schramm erfunden hat?<br />
SCHRAMM: Lothar Dombrowski hat mich nicht erfunden<br />
— obwohl das eine tolle Vorstellung ist —, aber er entlastet<br />
mich in meinem Privatleben um diesen ständig unzufriedenen,<br />
zornigen und wütenden Anteil. Er befreit mich<br />
ein Stück von mir selber. Ebenso Oberstleutnant Sanftleben,<br />
dessen Figur ich weitertreiben kann, weil ich mich mit dem<br />
Militär intensiv beschäftige. Und in der Person des August<br />
schließlich steckt meine sozialdemokratische Herkunft.<br />
Das ist im Prinzip mein Vater bzw. seine charakterliche Grundhaltung.<br />
Ich lasse durch August meinen Vater all das sagen,<br />
was er nie gesagt hat, aber wofür er eigentlich das Wesen hatte.<br />
Von daher steckt in allen dreien sehr viel von mir. Am<br />
meisten Seele im August, am meisten Ratio im Dombrowski<br />
und der Rest meines wirren Kopfes steckt im Sanftleben.<br />
Und alles, was dadurch nicht abgedeckt ist, das bleibt für<br />
mich übrig. —<br />
Den Mitschnitt des interviews finden sie als Hörversion unter:<br />
www.gls.de/audio<br />
„Ich bin Mitglied der<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>, weil es<br />
für mich als Kunde<br />
einfach dazugehört.“<br />
30 MiTGlieDscHAFT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
MiTGlieDscHAFT<br />
31
Vom tieferen Sinn<br />
der Mitgliedschaft<br />
Mitglieder sind für uns als Genossenschaftsbank un ver<br />
zicht bar: Sie bilden die Basis für unser sozialökolo gi sches<br />
<strong>Bank</strong>geschäft, denn erst ihre Anteile ermöglichen die<br />
Vergabe von Krediten für sinnvolle und zukunftsweisende<br />
Projekte. Und mit jedem neuen Mitglied, das Anteile<br />
zeichnet, und jedem zusätzlichen Anteil unserer<br />
be steh enden Mitglieder können wir ein Stück mehr<br />
Zukunftsfähigkeit finanzieren.<br />
• Sie werden Mitglied durch die Zeichnung von mindestens<br />
fünf Mitgliedschaftsanteilen. Ein Anteil entspricht 100 Euro.<br />
• Sie erhalten eine jährliche Dividende von circa 2 bis 4 %.<br />
• Als Mitglied haben Sie unabhängig von der Anzahl Ihrer<br />
Anteile eine Stimme.<br />
• Werden Sie Teil der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> Gemeinschaft !<br />
Machen<br />
sie’s gut!<br />
Werden sie<br />
Mitglied.<br />
glsbank.de<br />
Die Mitgliedschaftsanteile können nur zum Ende eines<br />
Geschäfts jahres mit einer fünfjährigen Frist gekündigt werden.<br />
Im Rahmen der begrenzten Nachschusspflicht können<br />
Mitglieder bis zur Grenze der in der Satzung bestimmten Haftsumme<br />
von 100 Euro je Mitgliedschaftsanteil im Fall der<br />
32 MiTGlieDscHAFT<br />
Insolvenz der <strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG zu Leistungen<br />
herangezogen werden. Diese ist beschränkt auf die ersten<br />
50 Mitgliedschaftsanteile. Die aktuelle Satzung finden Sie<br />
unter www.gls.de/satzung oder fordern Sie diese unter<br />
0234 5797 555 an.<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> Mitgliedschaft<br />
Beitrittserklärung / Erhöhung der Beteiligung<br />
Name/Firma<br />
Vorname<br />
Straße<br />
Frau Herr Firma<br />
Telefon<br />
erklärung<br />
neumitglied:<br />
Ich erkläre meinen Beitritt zur <strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG und zeichne hiermit<br />
(Mindestanzahl fünf Anteile) Geschäftsanteile à 100 Euro.<br />
Mitglied:<br />
Ich möchte meine Beteiligung an der <strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG<br />
um weitere(n) Geschäftsanteil(e) à 100 Euro erhöhen.<br />
Ich verpflichte mich, die nach Gesetz und Satzung erforderlichen Einzahlungen auf den/die Geschäfts anteil/e zu leisten<br />
und die zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Nachschüsse bis zu der in der Satzung bestimmten Haftsumme<br />
zu zahlen. Die aktuelle Satzung der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> habe ich zur Kenntnis genommen.<br />
Bei Minderjährigen: bitte Unterschrift beider Eltern teile bzw. Erziehungsberechtigten.<br />
Bei juristischen Personen: bitte rechtsverbindliche Unterschrift und<br />
Stempel. Dieses Formular muss der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> im Original vorliegen. Bitte als<br />
Brief an folgende Adresse einsenden: <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>, PF 100829, 44708 Bochum.<br />
Geburtsdatum<br />
PLZ/Ort<br />
EMail<br />
Geburtsort<br />
Mitgliedschaft nur für einzelne natürliche oder juristische Personen möglich (keine Mitgliedschaft für Personengruppen)<br />
Den gegenwert der gezeichneten anteile bitte ich einzu ziehen von<br />
KontoNr. BLZ <strong>Bank</strong><br />
Bitte überweisen sie die jährliche Dividende auf<br />
das genannte Konto<br />
mein Konto Nr. BLZ <strong>Bank</strong><br />
Ort und Datum<br />
Unterschrift<br />
ggf. weitere Unterschiften<br />
Nach Eingang des Zeichnungsbetrags erhalten Sie eine Bestätigung über<br />
Ihre Eintragung und Zulassung als Mitglied der <strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG,<br />
GenossenschaftsregisterNr. 224 beim Amtsgericht Bochum. Die Daten<br />
der Mitglieder werden von der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> in einer Datei gespeichert.<br />
BS
Zinsgestaltung<br />
bei der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />
Mit den Geldeinlagen unserer<br />
Kundinnen und Kunden vergeben<br />
wir Darlehen an sozialökologisch<br />
engagierte Unternehmen und für<br />
sinnvolle und zukunfts weisende<br />
Projekte. Langfristig nachhaltiges<br />
Wirtschaften für Menschen und<br />
Umwelt ist dabei Kern unseres<br />
Handelns.<br />
zinsgesTalTung<br />
Sparbriefe 10 Jahre (15.000 EUR in % p. a.)<br />
Festgeld 180 Tage (50.000 EUR in % p. a.)<br />
Tagesgeld (10.000 EUR in % p. a.)<br />
* Großbanken, Sparkassen, Sparda<strong>Bank</strong>en, PSD<strong>Bank</strong>en, Volksbanken; Mittelwert<br />
reFerenzsÄTze<br />
10-jährige Bund-Rendite: 1,37 %<br />
(Stand: 01.08.<strong>2012</strong>), öffentliche Anleihe<br />
des Bundes als festverzinsliches<br />
Wertpapier<br />
6-Monats-EURIBOR (European Interbank<br />
Offered Rate): 0,65 % (Stand:<br />
01.08.<strong>2012</strong>), Referenzzinssatz für Kredite<br />
und Anlagegelder sowie für Geldgeschäfte<br />
zwischen Kreditinstituten<br />
Wir haben bei der Zinsgestaltung sowohl die Kredit als auch<br />
die Einlagenseite der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> im Blick. Dabei möchten wir<br />
Ihnen stets marktgerechte und verlässliche Zinsen bieten. Als<br />
Referenz dienen uns hierbei die 14tägigen Auswertungen<br />
der FMHFinanzberatung, wonach die durchschnittlichen<br />
Tagesgeldzinsen von Januar <strong>2012</strong> bis heute um 0,30 % gefallen<br />
sind. Eine Senkung unseres Tagesgeldzinssatzes war daher<br />
sinnvoll. Er liegt derzeit bei 0,50 %. Auch die Konditionen<br />
für Sparbriefe und Festgeld passen wir regelmäßig an die<br />
Marktkonditionen an.<br />
Die aktuelle Grafik stellt die Konditionen der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />
mit den Referenzzinssätzen, Markt und Ausreißerkonditionen<br />
dar. —<br />
Stand: 01.08.<strong>2012</strong>; Quelle: FMHFinanzberatung; den aktuellen Zinsvergleich gibt es im Internet unter www.gls.de/zinsvergleich<br />
1,37 % 10-jährige Bund-Rendite<br />
2,10 % <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />
2,08 % Marktkondition*<br />
4,30 % Ausreißerkondition<br />
0,65 % EURIBOR<br />
0,65 % <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />
0,71 % Marktkondition*<br />
2,60 % Ausreißerkondition<br />
0,10 % EOnIA<br />
0,50 % <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />
0,75 % Marktkondition*<br />
2,45 % Ausreißerkondition<br />
EOnIA (Euro Overnight Index Average):<br />
0,10 % (Stand: 01.08.<strong>2012</strong>), europäischer<br />
Tagesgeldzinssatz. Er dient als Referenzzinssatz<br />
für die Refinanzierung<br />
zwischen <strong>Bank</strong>en am Geld und Kapitalmarkt.<br />
niedrigzins<br />
als Chance?<br />
koMMenTar: Marcus pfingsten,<br />
Vermögensmanagement gls <strong>Bank</strong><br />
Es sind schon seltsame Zeiten. Die Bundesrepublik kann<br />
sich kurzfristig Geld leihen, ohne dafür Zinsen zahlen zu<br />
müssen — und das trotz angedrohter Ratingabstufung durch<br />
die Agentur Moody‘s. Die Presse vermittelt den Eindruck,<br />
Gold, Schweizer Franken und Norwegische Kronen seien<br />
sichere Häfen für das mühsam Ersparte. Die Europäische<br />
Zentralbank senkte zuletzt den Leitzins, mit dem sie das<br />
Zinsniveau am Geld und Kapitalmarkt steuert, auf ein historisches<br />
Tief.<br />
So kommt auch die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> nicht umhin, ihre Konditionen<br />
nach unten anzupassen, im Tagesgeld sogar unter<br />
den FMHDurchschnittszins*. Dieser umfasst die Konditionen<br />
von knapp 50 <strong>Bank</strong>en — von einer spanischen Privatbank<br />
bis hin zur Sparkasse um die Ecke. Der Index muss<br />
derzeit allerdings differenziert betrachtet werden. Zwischen<br />
den höchsten Konditionen und den Zinssätzen der Marktteilnehmer<br />
aus dem Bereich der Sparkassen und Volksbanken<br />
klaffen teilweise fast 2 %. Diese hohen Ausreißerkonditionen<br />
können die <strong>Bank</strong>en allerdings nur durch<br />
Quersubventionierung aus ihren Vertriebs und Marketingbudgets<br />
oder dem Investmentbanking bieten. Bei manch<br />
einer <strong>Bank</strong> können sie zudem Ausdruck dessen sein, dass<br />
dringend Liquidität benötigt wird und nur mit hohen Risikoaufschlägen<br />
am Kapitalmarkt zu beschaffen ist. Deshalb<br />
wird mittels hoher Zinsen versucht, speziell von Privatkunden<br />
neue Einlagen anzuziehen. Vor diesem Hintergrund hat der<br />
FMHIndex derzeit nur eine eingeschränkte Aussagekraft.<br />
In den Kundengesprächen gewinnen wir immer wieder den<br />
Eindruck, dass es für die Anleger inzwischen oft kaum noch<br />
eine Rolle spielt, ob die Zinsen bei 0,50 % oder 0,75 % liegen.<br />
Die von vielen betriebene Zinsjagd nach spanischen und<br />
britischen TopTagesgeldkonditionen wird immer mehr als<br />
anstrengend empfunden und den Kunden werden die damit<br />
verbundenen Risiken zunehmend klarer. Vielleicht ist diese<br />
Situation deshalb auch eine Chance: Möglicherweise veranlasst<br />
die Erkenntnis, dass es keine sicheren Renditen mehr<br />
gibt, eine noch größere Zahl von Anlegern, sich mit der Sinnhaftigkeit<br />
einer Geldanlage im Hinblick auf deren soziale und<br />
ökologische Wirksamkeit auseinanderzusetzen. Denn wenn<br />
die Zinsen ohnehin gering sind und der Konsum bedarf gedeckt<br />
ist, kann man darüber nachdenken, ob nicht die Ermöglichung<br />
von gemeinnützigen Einrichtungen für Jugendliche<br />
oder der Ausbau von biologischer Landwirtschaft gewinnbringendere<br />
Investitionen sind. —<br />
* Die Durchschnittszinsen werden alle zwei Wochen von der<br />
FMHFinanzberatung ermittelt.<br />
Innenansicht<br />
Treffen der global alliance for <strong>Bank</strong>ing on Values, Vancouver<br />
Klaus Berthold begann als<br />
Kredittrainee und ist heute<br />
Projektmanager im Bereich<br />
Erneuerbare Energien in der<br />
<strong>GLS</strong> Beteiligungs AG.<br />
inTerVieW: eva schneeweiss<br />
Herr Berthold, sie sind in kolumbien aufgewachsen?<br />
Ja, ich bin in Bogotá geboren und zur Schule gegangen.<br />
Meinem Vater gehört außerhalb der Stadt eine kleine<br />
Farm, wo ich als Kind geholfen habe, Weidegras zu pflanzen<br />
oder Wassermelonen zu ernten.<br />
Wie präsent ist dort soziale und ökologische nachhaltigkeit?<br />
Die Bestrebungen beziehen sich angesichts der Armut<br />
hauptsächlich auf soziale Aspekte, z. B. den Aufbau von<br />
Schulen oder Krankenhäusern. Für die Finanzierung von<br />
kleineren Projekten wie z. B. Solarstrom gibt es mittlerweile<br />
ein Mikrokreditangebot.<br />
Was motiviert sie, an der konzeption und umsetzung<br />
von solar oder Windparks mitzuarbeiten?<br />
Ich bin vom Kreditbereich gewechselt, weil ich die<br />
Projekte nicht nur finanzieren, sondern nach unseren<br />
<strong>GLS</strong> Standards mit gestalten wollte. Ein solches Projekt<br />
ist wie ein Kind, das man begleitet und wachsen sieht,<br />
bis man am Ende vor einem großen Solarpark steht und<br />
weiß, die Arbeit hat sich als Beitrag zum Klimaschutz<br />
gelohnt.<br />
in der global alliance for <strong>Bank</strong>ing on Values waren sie<br />
zwei Jahre Values ambassador — was heißt das?<br />
Die Values Ambassadors vertreten die Werte ihrer <strong>Bank</strong><br />
und tauschen innerhalb des Netzwerks Erfahrungen aus.<br />
Ein besonderer Moment war, während der Treffen in Kanada<br />
und Peru zu realisieren, dass es international noch viele<br />
andere <strong>Bank</strong>en gibt, die unsere Werte und Ziele teilen. —<br />
34 <strong>Bank</strong> <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 BAnk<br />
35
nur Bio kann<br />
die Welt ernähren<br />
TexT: Janina zajic, Vorstandsassistenz<br />
Im Fokus unserer diesjährigen<br />
Jahresversammlung standen<br />
Gespräche über gesellschaftliche<br />
Entwicklungen und die<br />
Verantwortung jedes Einzelnen<br />
bei Themen wie Energiewende,<br />
Konsumverhalten und Ernährungs<br />
gewohnheiten sowie deren<br />
Bezug zur Arbeit der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>.<br />
Mehr als 900 Menschen — so viele wie nie zuvor — folgten in<br />
diesem Jahr der Einladung der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> ins Schauspielhaus<br />
nach Bochum und nahmen am 15. und 16. Juni an unserer<br />
Jahresversammlung teil. Sie lauschten dem lebendigen Impulsvortrag<br />
von Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, der überzeugt<br />
ist, dass die weltweite Umstellung auf BioLandwirtschaft<br />
der einzig mögliche Weg ist. Der promovierte Landwirt und<br />
Vorstandsvorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft<br />
appellierte: „Es gibt keine Transformation, die<br />
funktioniert, ohne Pioniere. Wir alle haben eine riesige Aufgabe,<br />
die wir selber wahrnehmen müssen — und können.“<br />
Anschließend diskutierte er mit <strong>GLS</strong> Aufsichtsrätin Dr. Beatrix<br />
Tappeser, den beiden Landwirtinnen Ulrike Ostendorff und<br />
Maria Heubuch sowie dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden<br />
des Handelsunternehmens tegut…, Wolfgang Gutberlet,<br />
über aktuelle Entwicklungen in der Landwirtschaft und individuelle<br />
Handlungsmöglichkeiten. Angefangen bei der Notwendigkeit<br />
der Biodiversität über den Weltagrarbericht bis<br />
hin zur bedenklichen Situation des Saatgutmarktes stellten<br />
sie fest: Bio ist kein Luxus. Vielmehr sei dies eine Frage der<br />
individuellen Prioritätensetzung — wie bei der Entscheidung<br />
über den wöchentlichen Fleischkonsum.<br />
„Man kann die Welt mit biologischen oder biologischdynamischen<br />
Methoden ernähren, wenn man auf die Zeichen<br />
der Natur achtet und mit der Natur arbeitet. Das ist Nachhaltigkeit“,<br />
so auch Ulrich Walter, seit März <strong>2012</strong> Aufsichtsratsvorsitzender<br />
der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>. Zuvor bezog er sich auf Berechnungen,<br />
denen zufolge 40 % der theoretisch nutzbaren<br />
Agrarfläche weltweit noch ungenutzt sind, und gab somit<br />
eine klare Antwort auf die eingangs gestellte Frage „Kann Bio<br />
die Welt ernähren?“ Er führte zum ersten Mal durch den<br />
offi ziellen Teil der Jahresversammlung<br />
und betonte: „Das Glück und der Erfolg<br />
der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> liegen in ihr selbst verankert.<br />
Erfolg lässt sich eben nicht nur am<br />
äußeren Wachstum messen, nicht nur<br />
am Kapital oder der Risikotragfähigkeit.<br />
Das eigentliche Kapital der <strong>Bank</strong> sind<br />
die Menschen. Dass die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> eine<br />
<strong>Bank</strong> von Menschen für Menschen ist,<br />
ist eben nicht nur eine Floskel oder ein<br />
Werbeslogan wie bei manch anderer<br />
<strong>Bank</strong>, sondern Inhalt und Methode. Die<br />
<strong>Bank</strong> orientiert sich an Menschen, die<br />
in sich selbst die Quelle sehen und aus<br />
freier Initiative sinnstiftend und gesellschaftlich<br />
gestaltend tätig werden<br />
wollen.“<br />
Die Aktualität und Bedeutung von<br />
Transparenz bei einer Geldanlage, die<br />
darauf ausgerichtet ist, sinnstiftende<br />
Projekte und unternehmerische Tätigkeiten<br />
zu finanzieren, bekräftigte Vorstandssprecher<br />
Thomas Jorberg. Dies<br />
spiegele sich zum Beispiel im starken<br />
Kunden und Mitgliederwachstum wider:<br />
Seit Einführung der Dividende im Dezember<br />
2011 haben <strong>GLS</strong> Mitglieder bereits<br />
18,2 Millionen neue Anteile gezeichnet.<br />
Zudem entschieden sich im<br />
Schnitt 2.300 Menschen pro Monat,<br />
als Kunde oder Kundin zur <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> zu<br />
wechseln. Konnte die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> im<br />
letzten Sommer noch die 100.000ste<br />
Kundin begrüßen, sind es mittlerweile<br />
schon 128.000 Kunden. Gemeinsam<br />
mit Vorstand Andreas Neukirch stellte<br />
Jorberg die aktuellen Entwicklungen<br />
dar und betonte, dass diese gleichzeitig<br />
Herausforderungen mit sich bringen.<br />
Das werde etwa in internen Prozessabläufen<br />
für die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter erlebbar, sei aber auch<br />
eine betriebswirtschaftliche Aufgabe —<br />
etwa wenn es darum gehe, die aktuellen<br />
Eigenkapitalvorschriften zu erfüllen.<br />
Allein in diesem Jahr braucht die<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> noch 15 Millionen Euro* weiteres<br />
Geschäftsguthaben. Stille Beteiligungen<br />
werden dagegen nicht mehr<br />
gezeichnet, da sie künftig nicht mehr<br />
als sogenanntes hartes Kernkapital anerkannt<br />
werden.<br />
Die <strong>GLS</strong> Mitglieder bestätigten ihr<br />
Vertrauen in Vorstand und Aufsichtsrat<br />
und entlasteten beide Gremien ohne<br />
Gegenstimmen. Außerdem wurde ihnen<br />
nach sorgfältiger Prüfung und Beratung<br />
durch den Aufsichtsrat eine Neuregelung<br />
seiner Vergütung vorgeschlagen,<br />
da die letzte Anpassung 2001 erfolgt<br />
ist und sich die Anforderungen an die<br />
<strong>GLS</strong> Aufsichtsräte seither durch das dy<br />
namische Wachstum der <strong>Bank</strong> verändert haben. Nach einer<br />
regen Diskussion wurde der Vorschlag verabschiedet.<br />
Turnusgemäß stellten sich Prof. Götz W. Werner und Axel<br />
Janitzki zur Wiederwahl. Die Mitglieder bestätigten die beiden<br />
Aufsichtsräte mit großer Mehrheit in ihrem Amt. Auch<br />
Paul Mackay, bis März <strong>2012</strong> Aufsichtsratsvorsitzender und<br />
seit langen Jahren in verschiedenen Positionen für die<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> tätig, hatte Gelegenheit, sich von den Mitgliedern<br />
persönlich zu verabschieden. Ihm wurde für sein Engagement<br />
großer Dank ausgesprochen.<br />
Auch ein weiterer Abstimmungspunkt fand große Zustimmung:<br />
die Verschmelzung der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> mit der Bürgschaftsbank<br />
für Sozialwirtschaft. Nach intensiver Vorbereitung kann<br />
die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> nun das soziale Engagement und die sinnvolle<br />
Arbeit der Bürgschaftsbank aufrechterhalten.<br />
Das Rahmenprogramm lockte viele Mitglieder ins Schauspielhaus<br />
und in die <strong>Bank</strong>. So nahmen sie am ersten Abend<br />
das Angebot wahr, das Theaterstück „Kleiner Mann — was<br />
nun?“ von Hans Fallada zu erleben. Es bot humorvoll und an<br />
den heutigen Zeitgeist angepasst ein tragisches und zugleich<br />
typisches Beispiel aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise und<br />
verdeutlichte, dass Krisen gemeistert werden können — wenn<br />
auch nicht immer auf angenehme Art und Weise.<br />
In zahlreichen Workshops und Vorträgen diskutierten<br />
<strong>GLS</strong> Mitarbeiter und Mitglieder im Anschluss an den offiziellen<br />
Teil über aktuelle Themen und die Arbeitsweise der<br />
<strong>Bank</strong>: Wie sieht die Zukunft der Landwirtschaft aus? Wo setzen<br />
sich die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> und die <strong>GLS</strong> Treuhand für die Entwicklung<br />
der ökologischen Landwirtschaft ein? Wie können wir<br />
gemeinsam die Mitgliederbank stärken?<br />
Ein ganz besonderer Höhepunkt waren die Führungen<br />
durch unser neues Gebäude in der Christstr. 11, das sich derzeit<br />
noch in der Bauphase befindet. Viele Mitglieder nutzten<br />
die Chance, den Fortschritt der Bauarbeiten zu begutachten,<br />
mit unserem Architekten über die energetischen Herausforderungen<br />
zu sprechen oder im sechsten Stockwerk den Blick<br />
über Bochum schweifen zu lassen. —<br />
* stand ende Juli <strong>2012</strong>. Die aktuellen zahlen können sie unter<br />
www.mitglieder.gls.de abrufen.<br />
36 <strong>Bank</strong><br />
<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 <strong>Bank</strong><br />
37
Kreditvergabe<br />
BeHinDerTeneinricHTungen<br />
BioBrancHe unD<br />
anDere unTerneHMen<br />
s. 43<br />
s. 42<br />
Freie scHulen unD<br />
kinDergÄrTen<br />
gesunDHeiT<br />
38 <strong>Bank</strong><br />
<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 <strong>Bank</strong><br />
39<br />
kulTur<br />
leBen iM alTer
Kreditvergabe<br />
ökologiscHe Bau<br />
Finanzierungen<br />
ökologiscHe<br />
lanDWirTscHaFT<br />
regeneraTiVe<br />
energien<br />
WoHnproJekTe<br />
allgeMeines<br />
40 <strong>Bank</strong><br />
<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 <strong>Bank</strong><br />
41
Kreditportraits<br />
Anknüpfungspunkte<br />
für junge Menschen<br />
42<br />
BAnk<br />
Malerisch gelegen befindet sich die Siedlung<br />
Humanopolis auf einem sieben<br />
Hektar großen Anwesen am Ostrand der<br />
Lüneburger Heide. Die Siedlungs und<br />
Arbeitsgemeinschaft betreut junge Menschen<br />
mit Verhaltens oder Entwicklungsstörungen<br />
in familienähnlichen<br />
Zusammenhängen mit einem vielseitigen<br />
Angebot in der Lebens und Freizeitgestaltung<br />
und in der Therapie. Zu<br />
den Kernelementen des Ansatzes gehört<br />
es, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
Berufsorientierung und ausbildung<br />
zu bieten.<br />
Bewohner, die sich für eine Ausbildung<br />
zum Pferdepfleger entscheiden,<br />
können berufsvorbereitend Erfahrungen<br />
in der Herstellung und im Vertrieb von<br />
Pferdegeschirren sammeln. Pferde waren<br />
in der Siedlung schon immer lebendiger<br />
Bestandteil des pädagogischtherapeutischen<br />
Konzepts. „Die heranwachsenden<br />
Mitarbeiter flechten und knüpfen<br />
die bunten Seile zu einem neuen Ganzen<br />
zusammen — Fäden, die sich nicht<br />
nur durch das Werkstück, sondern oft<br />
soliDAres GMBH<br />
Mit rund 350.000<br />
euro finanzierte die<br />
gls <strong>Bank</strong> dem<br />
unternehmensverbund<br />
der siedlung<br />
ein neues<br />
Werkverbundgebäude.<br />
www.sieltec.de<br />
auch durch das Leben der uns Anvertrauten<br />
ziehen, denn die Arbeit bietet<br />
Identifikations- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
neuer Art“, berichtet Dietmar<br />
Krüger, Gründungsmitglied und Erfinder<br />
des Geschirrs. „Sie lieben diese Arbeit<br />
mit den Pferden und sind begeistert<br />
dabei, wenn wir die Ergebnisse auf<br />
Messen oder Turnieren den interessierten<br />
Pferdehaltern vorstellen.“ —<br />
Grünschnitt<br />
im Kreislauf<br />
GrünscHniTT<br />
recycling<br />
rund 45.000 euro<br />
hat die Gls <strong>Bank</strong> für<br />
Betriebsmittel zur<br />
Verfügung gestellt.<br />
www.gruenschnittrecycling.de<br />
organische abfälle sind wertvolle rohstoffe. Doch<br />
wenn die entsprechende infrastruktur fehlt, landen<br />
rasen und gehölzschnitt oder laub von gärtnereien<br />
oder kommunen trotzdem oft auf dem Müll. Das unterbricht<br />
den natürlichen kreislauf und verursacht<br />
kosten für die entsorgung. Deshalb hat rudi lang<br />
ein mobiles Verfahren entwickelt, das ökologisch und<br />
wirtschaftlich sinnvoll ist. Der gartenbautech niker<br />
aus südbaden bietet kommunen und gewerbetreibenden<br />
an, organische abfälle vor ort zu zerkleinern,<br />
zu kompostieren und nach zwölf Wochen als<br />
verarbeitungsfertigen grünkompost zurückzuliefern.<br />
Die idee hat erfolg und soll nun in serie gehen. —<br />
<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 BAnk<br />
43
Stiften und Schenken<br />
Gesundheit stiften<br />
inTerVieW: Dr. antje Tönnis,<br />
leiterin öffentlichkeitsarbeit gls Treuhand<br />
Dr. THoMas BreiTkreuz<br />
ist Mediziner und<br />
stiftungsrat der<br />
zukunftsstiftung<br />
gesundheit in der<br />
gls Treuhand. er<br />
war leitender arzt<br />
im gemeinschaftskrankenhausHerdecke<br />
und hat dort<br />
das zentrum für integrativeonkologie<br />
aufgebaut. Derzeit<br />
ist er leitender<br />
arzt am paracelsuskrankenhaus<br />
unterlengenhardt.<br />
Mittelauszahlungen der gls Treuhand und<br />
ihrer treuhänderisch verwalteten stiftungen<br />
im 1. und 2. Quartal <strong>2012</strong><br />
zuWenDungen Der gls TreuHanD e. V.<br />
Dr. anTJe Tönnis: Wann und warum<br />
wurde die zukunftsstiftung gesundheit<br />
gegründet?<br />
THOMAS BREITKREUZ: Die <strong>GLS</strong><br />
Treuhand gründete die Zukunftsstiftung<br />
Gesundheit 2001 im Zusammenhang<br />
mit der Frage, wohin Gesundheitswesen<br />
und Medizin sich entwickeln. Diese<br />
Frage ist gerade dann wichtig, wenn<br />
man ganzheitliche, integrative oder<br />
anthroposophische Medizin möchte. In<br />
diesen Bereichen gab und gibt es sehr<br />
wenig Förderung aus offiziellen Institutionen.<br />
Wir wollten aber, dass die Medizin<br />
als Ganzes aus diesen Richtungen<br />
befruchtet wird, und haben erkannt,<br />
dass gerade dazu bürgerschaftliches<br />
Engagement nötig ist.<br />
Warum unterstützen sie die stiftung<br />
mit ihrem engagement?<br />
BREITKREUZ: Ich erlebe sie als Ort,<br />
an dem man kreativ überlegen kann,<br />
wie man die Medizin durch die Förde<br />
<strong>GLS</strong> Treuhand e. V. 153.691<br />
Dachstiftung für individuelles Schenken 600.766<br />
Zukunftsstiftung Bildung 30.066<br />
Zukunftsstiftung Entwicklungshilfe 867.956<br />
Zukunftsstiftung Gesundheit 61.018<br />
Zukunftsstiftung Landwirtschaft 708.350<br />
Zukunftsstiftung Soziales Leben 17.055<br />
Stiftung Neue Energie 3.000<br />
weitere treuhänderisch verwaltete Stiftungen 151.900<br />
Summe 2.593.802<br />
In Tausend EUR; insgesamt wurden über 221 Zuwendungen ausgezahlt.<br />
Die Zukunftsstiftung Gesundheit in der<br />
<strong>GLS</strong> Treuhand fördert Menschen und<br />
Initiativen in den Bereichen Medizin,<br />
Pflege und Therapie. Ein Gespräch mit<br />
Stiftungsrat Thomas Breitkreuz.<br />
rung kleiner, intelligenter Projekte ganzheitlicher<br />
machen kann.<br />
auf welche entwicklung blicken sie zurück?<br />
BREITKREUZ: Zunächst hat die Stiftung vor<br />
allem in der anthroposophischen Medizin zukunftsweisende<br />
Projekte gefördert. Heute will sie im<br />
Sinne einer integrativen, ganzheitlichen Medizin<br />
zum Diskurs beitragen. Damit waren viele Themen<br />
verbunden: Demenz und Leben im Alter, der<br />
erste Krankenhausclown oder Symposien zu gesundheitspolitischen<br />
Themen. Wir wollen unterschiedliche<br />
Ansätze fruchtbar verbinden.<br />
in diesem Februar hat der kongress integrative<br />
Therapie des Mammakarzinoms stattgefunden.<br />
Die zukunftsstiftung gesundheit gehörte zu den<br />
Förderern. Warum war dieser kongress so wichtig?<br />
BREITKREUZ: Gerade bei der Behandlung von<br />
Brustkrebs wird massiv gefordert, Schulmedizin<br />
und ganzheitliche Medizin zu verbinden. Es wird<br />
nach integrativer Onkologie statt nach Parallelwelten<br />
von Schul und Komplementärmedizin gefragt.<br />
Inzwischen bieten einige Brustzentren traditionelle<br />
chinesische Medizin, Homöopathie oder<br />
anthroposophische Medizin, vor allem Misteltherapie,<br />
an. Auf dem Kongress fand ein konstruktiver<br />
Dialog statt. In den Monaten danach ist<br />
viel passiert, z. B. ist in der deutschen Krebsgesellschaft<br />
eine fachliche Arbeitsgemeinschaft für<br />
inte grative Onkologie entstanden, wo eine Leitlinie<br />
entwickelt wird.<br />
Die stiftung engagiert sich auch in der ausbildung<br />
von Ärztinnen und Ärzten. Welche unterstützung<br />
wird hier angeboten?<br />
BREITKREUZ: Wir wollten die doppelte Kompetenz<br />
integrativ möglich machen. Mit dem Albertus<br />
MagnusStipendium haben wir eine Art Studienstiftung<br />
für anthroposophische Medizin gegründet.<br />
Mit einem Postgraduiertenstipendium unterstützen<br />
wir die individuelle Ausbildung. —<br />
44 <strong>Bank</strong> <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />
<strong>Bank</strong><br />
45<br />
Klartext<br />
Unsere Sicht<br />
auf aktuelle<br />
Begriffe<br />
n<br />
nerVöse<br />
MÄrkTe<br />
B<br />
Vor und nach jedem neuen Ereignis im Rahmen<br />
der Finanz bzw. Schuldenkrise reagieren die internationalen<br />
Finanzmärkte unmittelbar mit steigenden<br />
oder fallenden Kursen. Von nervösen<br />
G<br />
Märkten spricht man, wenn selbst unscheinbare<br />
Ereignisse sofort zu deutlichen Kursveränderungen<br />
führen. Die Politik versucht in dieser Situation<br />
mit verschiedenen Maßnahmen zu beruhigen,<br />
damit die Wertpapierkurse nicht weiter sinken<br />
und die Zinsen nicht weiter steigen.<br />
Die Wortwahl der verunsicherten, nervösen,<br />
sich fürchtenden oder zitternden Märkte zeigt,<br />
wie sehr diese im öffentlichen Sprachgebrauch<br />
personalisiert werden, indem dem virtuellen Gebilde<br />
der über die Kontinente verstreuten Finanzmärkte<br />
menschliche Eigenschaften zugeschrieben<br />
werden. Gleichzeitig wird von diesen Märkten jedoch<br />
so gesprochen, als wären sie nicht beeinflussbare<br />
Institutionen. Das mutet seltsam an. Denn<br />
tatsächlich handelt es sich nicht um abstrakte Gebilde,<br />
sondern identifizierbare Unternehmen, die<br />
Geld investieren. Der Rentenmarkt wird z. B. stark<br />
vom weltgrößten Rentenverwalter PIMCO dominiert.<br />
Dessen Chef ELErian ist in Wirtschaftszeitungen<br />
immer wieder präsent. Zu den Anlegern in<br />
den PIMCOFonds gehören auch deutsche Pensionskassen,<br />
und deren Mitglieder sind wiederum<br />
unzählige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.<br />
Genau genommen gehören wir also alle zu den<br />
nervösen Märkten.<br />
BeipackzeTTel<br />
Beipackzettel gibt es in der Regel für Medikamente. Doch auch in der<br />
Geldanlage soll der sogenannte Beipackzettel seit über einem Jahr auf<br />
mögliche Nebenwirkungen hinweisen. Die für verschiedene Anlageformen<br />
eingeführten Produktinformationsblätter sollen Anlegern dabei<br />
helfen, die wesentlichen Merkmale und Risiken einer Geldanlage schnell<br />
zu überblicken. Bei Investmentfonds ersetzt die wesentliche Anlegerinformation<br />
wAI den bis dahin wenig erfolgreichen und für Kunden oft<br />
schwer verständlichen Verkaufsprospekt. Seit Frühjahr 2011 gilt darüber<br />
hinaus das Produktinformationsblatt PIB für alle Anlageprodukte.<br />
Während die wAI an die gesetzliche Vorgabe von Aufbau und Inhalt<br />
gebunden ist, sind <strong>Bank</strong>en bei der Gestaltung des PIB noch relativ frei.<br />
Enthalten sein müssen jedoch immer die Funktionsweise, die Art, die<br />
Kosten und das Risiko des Angebots. Doch schon heute zeigt sich, dass<br />
die Informationsblätter kaum zu einer Verbesserung des Verbraucherschutzes<br />
beigetragen haben, da sie weiterhin risikominimierend für die<br />
<strong>Bank</strong>en geschrieben und damit immer noch nicht leicht verständlich sind.<br />
gesunDHeiTsFonDs<br />
Der Gesundheitsfonds — ein neuer Investmentfonds, der in Gesundheit<br />
investiert? „Die anhaltend positive Finanzentwicklung bei den Kranken-<br />
kassen ist sehr erfreulich“, so Gesundheitsminister Bahr. Von dieser po<br />
sitiven Entwicklung soll auch der Gesundheitsfonds profitieren und im<br />
Jahr <strong>2012</strong> einen Überschuss erwirtschaften. Nein, es ist kein Investment<br />
fonds und keine Geldanlage im klassischen Sinne. Es ist der Topf, in<br />
dem die Beiträge der gesetzlich Krankenversicherten gesammelt und<br />
als Pauschalen an die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) zur<br />
Finanzierung unseres Gesundheitssystems ausgezahlt werden.
Kalender<br />
September<br />
bis<br />
november<br />
10.09. Berlin<br />
Vernissage in Der<br />
gls Filiale<br />
Mit einer Vernissage ab 17.30<br />
Uhr eröffnen wir feierlich die<br />
Ausstellung mit Werken von<br />
Hanna Körner.<br />
Filiale Berlin<br />
15.09. Berlin<br />
Berliner FesT Der kircHen<br />
Feierlichkeit unter dem Motto<br />
„Unter einem Himmel“ mit<br />
ökumenischem Gottesdienst,<br />
„Markt der Möglichkeiten“<br />
und einem vielfältigen Bühnenprogramm.<br />
Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> ist<br />
mit einem infostand vor ort.<br />
st. Marienkirche, Berlin<br />
21.09. — 22.09. HaMBurg<br />
HaMBurger WoHnpro<br />
JekTeTage<br />
Fachbeiträge und Diskussionen<br />
zur Zukunft des gemeinschaftlichen<br />
Wohnens in Hamburg.<br />
Wir sind mit einem infostand<br />
vertreten.<br />
universität Hamburg<br />
15.09. — 23.09. Berlin<br />
experiMenT Days zuM<br />
THeMa „WoHnen“.<br />
Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> begrüßt Sie an<br />
ihrem infostand.<br />
ufa Fabrik Tempelhofer Feld<br />
24.09. FreiBurg<br />
Fair reisen als BausTein<br />
einer nacHHalTigen<br />
leBensWeise<br />
Vortrag im rahmen der fairen<br />
Biketour von Frank Hermann,<br />
Buchautor, „Fair einkaufen —<br />
aber wie?“<br />
kantine Villaban, Mariecuriestr.<br />
1<br />
25.09. Berlin<br />
leBensWerTe — Was soll<br />
WirTscHaFT scHaFFen?<br />
Podiumsdiskussion u. a. mit<br />
Stefan Klein, Autor von „Der Sinn<br />
des Gebens“. Eine Gemeinschaftsveranstaltung<br />
von<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> und oikocredit.<br />
Filiale Berlin<br />
29.09.<strong>2012</strong> HaMBurg<br />
Messe grünes gelD<br />
Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> ist mit einem<br />
infostand auf der Messe für<br />
nachhaltige Geldanlagen<br />
vertreten und hat die Gold<br />
Sponsorenschaft übernommen.<br />
curioHaus, rothenbaumchaussee<br />
11<br />
12.10. sTuTTgarT<br />
3. sTuTTgarTer ForuM<br />
Für enTWicklung<br />
Vortrag von unserem Stuttgarter<br />
Filialleiter Wilfried Münch zur<br />
sozialökologischen <strong>Bank</strong>arbeit.<br />
stuttgart, Haus der Wirtschaft<br />
13.10. FreiBurg<br />
genossenscHaFTsTag in Der<br />
gls <strong>Bank</strong><br />
Vorstellung und Kurzpräsentation<br />
unterschiedlicher genossenschaftlich<br />
organisierter initiativen<br />
und Projekte zu den themen<br />
erneuerbare Energien, Soziales,<br />
Kultur, Bildung und Ernährung.<br />
gls <strong>Bank</strong> Freiburg, Merzhauser<br />
str. 177<br />
03.11. HaMBurg<br />
HaMBurger BörsenTag<br />
Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> begrüßt Sie an<br />
ihrem infostand.<br />
Handelskammer Hamburg<br />
09.11. HeilBronn<br />
poDiuMsDiskussion<br />
mit unserem Stuttgarter<br />
Filialleiter Wilfried Münch zum<br />
thema „Geld regiert die<br />
Welt — wer regiert das Geld?“<br />
VHs in Heilbronn<br />
10.11. FreiBurg<br />
Messe grünes gelD<br />
Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> ist mit einem<br />
infostand auf der Messe für<br />
nachhaltige Geldanlagen<br />
vertreten.<br />
Historisches kaufhaus<br />
Freiburg am Münstermarkt<br />
17.11. — 18.11. Berlin<br />
Berlin HelDenMarkT<br />
Unsere Mitarbeiter sind mit<br />
einem infostand vertreten.<br />
Veranstalter: Forum Futura KG<br />
postbahnhof<br />
WeiTere inForMaTionen<br />
unD TerMine FinDen sie un<br />
Ter WWW.gls.De/TerMine<br />
iMpressuM<br />
<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>, Heft 215<br />
(Herbst <strong>2012</strong>)<br />
31. Jahrgang, issn 14306492<br />
Der „<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Das Magazin<br />
der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>“ wird herausgegeben<br />
für die Mitglieder, Kundinnen<br />
und Kunden sowie Freundinnen<br />
und Freunde der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>. Über<br />
die Zusendung von redaktionellen<br />
Beiträgen und Leserbriefen<br />
freuen wir uns. Bitte verstehen<br />
Sie, dass wir nicht jeden Beitrag<br />
veröffentlichen können und<br />
eventuell Kürzungen vornehmen.<br />
Für namentlich gekennzeichnete<br />
Artikel sind die Autorinnen und<br />
Autoren verantwortlich. Sie stellen<br />
nicht unbedingt die Meinung<br />
der Herausgeber dar. Der Nachdruck<br />
und die Vervielfältigung<br />
von Artikeln (auch auszugsweise)<br />
sind nur nach vorheriger Genehmigung<br />
durch die Herausgeber<br />
gestattet.<br />
HerausgeBer<br />
<strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG<br />
Postfach 10 08 29<br />
44708 Bochum<br />
Telefon 0234 5797 100<br />
Telefax 0234 5797 222<br />
cHeFreDakTeurin<br />
Eva Schneeweiss<br />
reDakTion Katharina Hahlhege,<br />
Christof Lützel, Bettina Schmoll,<br />
Dr. Antje Tönnis, Janina Zajic, Falk<br />
Zientz; Klartext: Uwe Greff, Christian<br />
Sorgenfrei<br />
erscHeinungsWeise Dreimal<br />
im Jahr. Die nächste Ausgabe<br />
erscheint im Dezember <strong>2012</strong>.<br />
Redaktionsschluss ist<br />
Oktober <strong>2012</strong>.<br />
aBonneMenT Kundinnen,<br />
Kunden und Mitglieder der<br />
<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> erhalten den <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong><br />
kostenlos. Der <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong><br />
kann für 12 Euro pro Jahr<br />
(drei Ausgaben) abonniert<br />
werden. Das Abonnement kann<br />
jeweils zum Ablauf eines<br />
Bezugsjahres gekündigt werden.<br />
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Bochum, BLZ 430 609 67<br />
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Berlin<br />
schumannstraße 10,<br />
10117 Berlin<br />
BocHuM<br />
christstraße 9,<br />
44789 Bochum<br />
FrAnkFurT<br />
Mainzer landstraße 50,<br />
60325 Frankfurt/M.<br />
FreiBurG<br />
Merzhauser straße 177,<br />
79100 Freiburg<br />
HAMBurG<br />
Mittelweg 147,<br />
20148 Hamburg<br />
MüncHen<br />
HerzogHeinrich<br />
straße 18,<br />
80336 München<br />
sTuTTGArT<br />
eugensplatz 5,<br />
70184 stuttgart<br />
BilDQuellen <strong>GLS</strong> Archiv und<br />
Projekte, Autorenportraits bei den<br />
Autoren, Kreditportraits bei den<br />
Projekten; Titel: Donald Miralle/<br />
Getty Images; S. 6 <strong>GLS</strong> Kunden,<br />
S. 7 Pattloch, S. 10/11 Ron<br />
Koeberer/Getty Images, S. 19<br />
Gemeinschaftskrankenhaus<br />
Witten/Herdecke, S. 28/29 Oliver<br />
Helbig, <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>, S. 30 Johannes<br />
Korten, S. 35 Klaus Berthold, S. 37<br />
Martin Steffen, S. 44 Paracelsus<br />
Krankenhaus Unterlengenhardt<br />
e. V., S. 47 Sebastian Schiebel<br />
illusTraTionen S. 19, 21<br />
Till Christ<br />
Kassensturz<br />
Unsere nächste<br />
Ausgabe erscheint<br />
im Dezember<br />
zum Thema Bauen.<br />
46 <strong>Bank</strong> <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 <strong>Bank</strong><br />
Was haben Sie im<br />
Geldbeutel?<br />
Sebastian Schiebel, 22, Student und<br />
seit <strong>2012</strong> <strong>GLS</strong> Kunde<br />
„Weil ich nicht verstand, warum man<br />
geld und rohstoffe verschwendet, um<br />
etwas zu haben, in dem man geld herumträgt<br />
— und ich auch recht pleite<br />
war —, faltete ich einen Filmflyer, packte<br />
alles Wichtige hinein und wickelte ein<br />
geschenktes Haargummi darum. Dieses<br />
anfängliche provisorium hält nun schon<br />
fast zwei Jahre. andere leute fanden das<br />
chaotisch, mir gefällt, dass man meinem‚<br />
geldbeutel‘ ansieht, was ich alles erlebt<br />
habe. Drin sind die diversen karten und<br />
ausweise, aber auch bunte aufkleber,<br />
erinnerungsstücke und Quittungen, auf<br />
denen ich kleinigkeiten notiert habe.<br />
und wenn man mich dann schief ansieht<br />
wegen meines chaosportemonnaies?<br />
Dann grinse ich einfach zurück."<br />
47
Was ist gesund<br />
heit am ende<br />
anderes als die<br />
entfaltung<br />
unserer<br />
Möglichkeiten?<br />
Machen<br />
sie’s gut!<br />
Werden sie<br />
Mitglied.<br />
glsbank.de<br />
Geld ist Vitamin für gesellschaftliche Entwicklung —<br />
wenn wir es gemeinsam dazu machen.<br />
das macht Sinn