23.04.2013 Aufrufe

Bankspiegel 2/2012 - GLS Bank

Bankspiegel 2/2012 - GLS Bank

Bankspiegel 2/2012 - GLS Bank

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Bank</strong><br />

spiegel<br />

Das Magazin Der gls <strong>Bank</strong><br />

Ausgabe 2/<strong>2012</strong><br />

Heft 215<br />

„Gesundheit:<br />

Es gibt nicht die eine,<br />

sondern so viele<br />

wie es Menschen gibt.“<br />

Prof. Dr. med. Peter F. Matthiessen<br />

zum Thema dieser Ausgabe


Unterm Strich Editorial<br />

5,5Menschen<br />

Millionen Beschäftigte, fast 280 Milliar­<br />

praktizieren in Deutschland<br />

den Euro Umsatz und knapp 12 % An­<br />

Yoga, davon 41 % zum Stressabbau.<br />

teil am Bruttoinlands produkt machen Quelle: Berufsverband der Yogalehrenden<br />

die Gesundheitswirtschaft zu Deutschlands<br />

größtem Wirtschaftszweig. Dazu<br />

gehören die stationäre und ambulante<br />

Akutversorgung, die Altenhilfe sowie<br />

Gesundheitsverwaltung, die Pharmaindustrie,<br />

Medizintechnik und der Gesundheitshandel<br />

— aber auch der Fitness­<br />

und Wellness bereich oder<br />

Gesundheitstourismus.<br />

Quelle: iaT — institut für arbeit<br />

und Technik<br />

60.000 ÄrzTe<br />

wenden bundesweit komplementärmedizinische Verfahren<br />

an. seit 1993 hat sich die zahl der Ärzte, die<br />

auf ihren praxisschildern naturheilkunde, Homöopathie<br />

oder akupunktur ausweisen, verdreifacht.<br />

auf seiten der patienten wenden 70 % der Bevölkerung<br />

komplemen tärmedizinische Behandlungen an.<br />

Quelle: Dachverband anthroposophische Medizin in Deutschland (DaMiD),<br />

institut für Demoskopie allensbach (ifD)<br />

EtWA 14 % DEr FrAUEn<br />

UnD 20 % DEr MännEr<br />

empfinden ihre arbeitsbedingungen als stark oder sehr<br />

stark gesundheitsgefährdend.<br />

Quelle: robert koch­institut<br />

ÜBEr 3 Mio.<br />

6,7 Prozent<br />

mehr Wellnessreisen als<br />

im Vorjahr buchten die<br />

Deutschen 2011. Drei<br />

Viertel der urlauber<br />

möchten damit ihrer gesundheit<br />

etwas gutes<br />

tun. zum Vergleich: Der<br />

gesamtreisemarkt<br />

wuchs nur um 2,1 %.<br />

Quelle: Wellness Trends <strong>2012</strong>,<br />

gfk Marktforschung gmbH, nürnberg<br />

79 %<br />

der Deutschen treiben Sport, um gesund<br />

und fit zu bleiben. Jeder Dritte ist der<br />

Ansicht, dass regelmäßige körperliche<br />

Ertüchtigung Krankheiten vorbeugen<br />

und Beschwerden bessern kann.<br />

Quelle: umfrage des gesundheitsmagazins<br />

„HausArzt­patientenMagazin“,<br />

durchgeführt von der gfk Markt forschung<br />

gmbH, nürnberg<br />

97 %<br />

der Deutschen schätzen<br />

die eigene gesundheit als<br />

wichtigstes gut ein. auf<br />

den plätzen zwei und drei<br />

folgen Familie und Freunde<br />

mit 89 beziehungsweise<br />

86 %.<br />

Quelle: gfk Marktforschung gmbH,<br />

nürnberg<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

den vorliegenden <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> in den Händen zu halten, ist für mich ein ganz besonderer<br />

Moment. Ich bin Eva Schneeweiss und darf mich Ihnen als neue Chefredakteurin<br />

vorstellen. Diese erste Ausgabe hat mir viel Freude bereitet — ich bin<br />

außergewöhnlichen Menschen begegnet und habe viele inspi rierende Gespräche<br />

geführt. Dabei ist mir wieder einmal deutlich geworden, dass der <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> von<br />

einem lebendigen Austausch lebt. Wenn Sie daher Anregungen, Kommentare<br />

oder weiterführende Argumente zu unseren Heftthemen einbringen möchten, lade<br />

ich Sie herzlich dazu ein, uns zu schreiben. Wir ver öffentlichen in jeder Ausgabe<br />

eine Auswahl Ihrer Leserstimmen.<br />

Gesundheit gehört seit vielen Jahren zu den Finanzierungsbereichen der<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> — 2011 flossen 12,3 Millionen Euro in innovative soziale oder gemeinnützige<br />

Projekte in diesem Bereich. Während der Beschäftigung mit unserem<br />

aktuellen Schwerpunktthema Gesundheit habe ich mich immer wieder gefragt,<br />

wie wir Gesundheit definieren können, ohne im selben Atemzug von Krankheit<br />

zu sprechen. Was ist das Wesen der Gesundheit an sich? Sie ist Grundbedingung<br />

unseres Lebens, die meisten sagen, sie ist unser höchstes Gut, aber Gesundheit<br />

selbst nehmen wir äußerst selten wahr. Oft erst, wenn sie uns fehlt.<br />

Zugleich ist Gesundheit ein Kernthema unserer Gesellschaft. Immer mehr<br />

Menschen ernähren sich bewusst mit Bio­Lebensmitteln, praktizieren Yoga, treiben<br />

regelmäßig Sport und achten auf die gesunde Balance von Arbeit und Freizeit.<br />

Tagtäglich begegnen uns neue Produkte und Trends in der Werbung oder Presse<br />

— für viele Menschen gehört Gesundheit zum Lifestyle und so ist sie zu einem<br />

Konsumgut in einem wachsenden Markt geworden. Doch gleich zeitig stehen wir<br />

im Gesundheitswesen angesichts der steigenden Lebens er wartung und des demografischen<br />

Wandels auch vor politischen Herausfor derungen und großen Aufgaben<br />

in der medizinischen Versorgung.<br />

Bei der ersten Recherche und Auswahl der verschiedenen Perspek tiven sind<br />

wir von einem positiven bzw. neutralen Bild von Gesundheit ausgegangen. Die oft<br />

mahnenden Worte der Experten und vielfachen Hinweise auf kommende Herausforderungen<br />

haben uns daher überrascht.<br />

Gesundheit hat viele Facetten — individuelle, gesellschaftliche, wirtschaft liche,<br />

politische und wissenschaftliche —, die wir in unserer aktuellen Ausgabe beleuchten.<br />

Darüber hinaus laden wir Sie ein, mehr über unsere Mitglieder, Kunden und die<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> zu erfahren.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen!<br />

Mit herzlichen Grüßen<br />

Eva Schneeweiss, Chefredakteurin <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong><br />

2 <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

3


Autoren Inhalt<br />

Franziska schüler<br />

ist Stiftungsrätin der Zukunftsstiftung<br />

Gesundheit<br />

in der <strong>GLS</strong> Treuhand. Sie hat<br />

Humanmedizin an der Charité<br />

in Berlin studiert, ist Assistenzärztin<br />

in der Ita Wegman<br />

Klinik Arlesheim und Mitglied<br />

im Gesamtvorstand der Gesellschaft<br />

Anthroposophischer<br />

Ärzte Deutschland.<br />

annette Bopp<br />

Jahrgang 1952, ist Diplom­<br />

Biologin und seit 1983 als<br />

Journalistin für Medizin und<br />

Kultur tätig. Sie arbeitet<br />

freiberuflich für viele namhafte<br />

Zeitungen, Zeitschriften<br />

und Verlage sowie für<br />

die Stiftung Warentest. Für<br />

ihre Arbeit wurde sie mehrfach<br />

ausgezeichnet.<br />

prof. Dr. Dr. alf Trojan<br />

ist Mediziner und Soziologe<br />

sowie ehemaliger Direktor<br />

des Instituts für Medizin­Soziologie,<br />

Sozialmedizin und<br />

Gesundheitsökonomie am<br />

Universitätsklinikum Hamburg­Eppendorf.<br />

Seine aktuellen<br />

Arbeitsschwerpunkte<br />

liegen in der Selbsthilfefreundlichkeit<br />

im Gesundheits<br />

wesen, der kommunalen<br />

Gesundheitsförderung<br />

sowie in Patienten­ und<br />

Mitarbeiter befragungen.<br />

professor Dr. Dr. h. c.<br />

ilona kickbusch<br />

prägte während ihrer langjährigen<br />

Tätigkeit bei der<br />

Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) die europäische<br />

und internationale Gesundheitspolitik.<br />

Sie hat wesentlich<br />

zur Ottawa­Charta zur<br />

Gesundheitsförderung beigetragen.<br />

Sie war Professorin<br />

an der Yale University und<br />

leitet derzeit ein Programm<br />

zur Globalen Gesundheit in<br />

Genf. Zugleich berät sie eine<br />

Vielzahl von nationalen und<br />

internationalen Organisationen.<br />

prof. Dr. paul u. unschuld<br />

ist Sinologe und Medizinhistoriker.<br />

Er ist Direktor des<br />

Horst­Görtz­Stiftungsinstituts<br />

für Theorie, Geschichte,<br />

Ethik Chinesischer<br />

Lebenswissenschaften an<br />

der Charité Berlin. Zuvor war<br />

er Direktor des Instituts für<br />

Geschichte der Medizin an<br />

der Universität München<br />

und lehrte an der Johns<br />

Hopkins University, Baltimore.<br />

prof. Dr. med. peter<br />

F. Matthiessen<br />

ist emeritierter Inhaber des<br />

Lehrstuhls für Medizintheorie<br />

und Komplementärmedizin<br />

an der Universität<br />

Witten/Herdecke und ehemaliger<br />

Leitender Arzt für<br />

Psychiatrie und Psychotherapie<br />

am Gemeinschaftskrankenhaus<br />

Herdecke. Er<br />

gehört zu den Gründungsmitgliedern<br />

des Dialogforums<br />

Pluralismus in der<br />

Medizin, das den Austausch<br />

zwischen unterschiedlichen<br />

medizinischen Richtungen<br />

sucht.<br />

peter zimmermann<br />

ist Diplom­Psychologe für<br />

Kinder­ und Jugendpsychiatrie<br />

am Gemeinschaftskrankenhaus<br />

Herdecke.<br />

Zudem gehört er dem Vorstand<br />

des Dachverbandes<br />

Anthro posophische Medizin<br />

in Deutschland (DAMiD) an.<br />

4 <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

5<br />

3<br />

Editorial<br />

4<br />

Autoren<br />

6<br />

Meldungen<br />

8<br />

Leserstimmen<br />

27<br />

Netzwerk<br />

46<br />

Kalender<br />

46<br />

Impressum<br />

TiTelTHeMa<br />

2<br />

Unterm Strich<br />

9<br />

Gesundheit<br />

10<br />

Die Gesundheits-<br />

gesellschaft<br />

prof. Dr. Dr. h. c. ilona kickbusch<br />

14<br />

Pluralismus in<br />

der Medizin<br />

prof. Dr. med. peter F.<br />

Matthiessen<br />

17<br />

Wie Studenten<br />

und Patienten die<br />

medizinische<br />

Ausbildung gestalten<br />

eva schneeweiss<br />

20<br />

Gesundheit als Ware<br />

prof. Dr. paul u. unschuld<br />

22<br />

Zwischen Patient<br />

und Wettbewerb<br />

rudolf Henke<br />

24<br />

Blickwinkel<br />

Franziska schüler,<br />

peter zimmermann,<br />

prof. Dr. Dr. alf Trojan<br />

26<br />

Standpunkt<br />

andreas neukirch<br />

MiTglieDscHaFT<br />

28<br />

Die Wanderung<br />

der Hühner<br />

30<br />

Wenn schon,<br />

denn schon<br />

georg schramm<br />

32<br />

Vom tieferen<br />

Sinn der<br />

Mitgliedschaft<br />

<strong>Bank</strong><br />

34<br />

Zinsgestaltung<br />

35<br />

Innenansicht<br />

36<br />

Nur Bio kann die<br />

Welt ernähren<br />

38<br />

Kreditvergabe<br />

42<br />

Anknüpfungspunkte<br />

für junge Menschen<br />

43<br />

Grünschnitt im<br />

Kreislauf<br />

44<br />

Stiften und Schenken<br />

45<br />

Klartext<br />

47<br />

Kassensturz:<br />

Was haben Sie im<br />

Geldbeutel?


Meldungen<br />

ausgezeicHneT!<br />

Zum dritten Mal in Folge wurde die<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> von ihren Kundinnen und<br />

Kunden als „<strong>Bank</strong> des Jahres“ ausgezeichnet.<br />

In einer von BÖRSE ONLINE<br />

und n­tv durchgeführten Umfrage<br />

bewerteten über 20.000 Teilnehmer<br />

rund 70 <strong>Bank</strong>en. Wie auch in den<br />

Jahren 2010 und 2011 erhielt die<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> Bestnoten. Besonders punkten<br />

konnte sie in den Rubriken Transparenz,<br />

Ruf der <strong>Bank</strong>, Freundlichkeit<br />

der Mitarbeiter und Qualität der Beratung.<br />

Auch die Jury des „European<br />

Sense Investing Award“ konnte die<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> überzeugen. Insbesondere<br />

ihre Ausrichtung als Mitgliederbank<br />

hob das Gremium hervor. „Unsere Mitglieder<br />

bilden das Fundament unserer<br />

Arbeit: Durch ihre Genossenschaftsanteile<br />

ermöglichen sie die Kreditvergabe<br />

an sozial­ökologische Projekte<br />

und Unternehmen“, freute sich <strong>GLS</strong><br />

Vorstandssprecher Thomas Jorberg<br />

über die Begründung der Jury.<br />

sTuDienergeBnisse: grosses poTenzial<br />

Für nacHHalTige <strong>Bank</strong>arBeiT<br />

Eine aktuelle Marktstudie untersuchte die künftige<br />

Entwicklung des sogenannten Social <strong>Bank</strong>ings.<br />

In den letzten Jahren konnten sozial­ökologische<br />

<strong>Bank</strong>en ihre Position in der <strong>Bank</strong>en branche mit<br />

Wachstumsraten von 20 bis 30 % deutlich ausbauen.<br />

Dennoch seien die nach haltigen Geldanlagen<br />

mit einem Gesamtmarktanteil von 0,2 % im<br />

gesamten deutschen Privat kundenmarkt noch<br />

sehr gering vertreten. Kunden, die ihr Geld nachhaltig<br />

anlegen, erzielen der Studie zufolge eine<br />

„soziale Rendite“. Diese erhöhe die vom Kunden<br />

empfundene Gesamtrendite erheblich, wodurch<br />

die nachhaltige Geldanlage attraktiver als eine<br />

konventionelle sei. Laut Analyse sind rund 16 Millionen<br />

Menschen an sozial­ökologischen <strong>Bank</strong>angeboten<br />

interessiert.<br />

www.zeb.de<br />

zuM nacHlesen: Der gls nacHHalTigkeiTsBericHT<br />

2011<br />

Der nachhaltigkeitsbericht 2011 ist<br />

auf unserer internetseite online verfügbar.<br />

in der publikation ziehen wir<br />

Bilanz und stellen unsere aktivitäten<br />

sowie unser engagement vor. Dazu<br />

verwenden wir den Berichtsstandard<br />

der global reporting initiative. nach<br />

diesen international einheitlichen<br />

und anerkannten regeln legen unternehmen<br />

ihre nachhaltigkeitsleistung<br />

offen.<br />

unter www.gls.de/nachhaltigkeitsbericht finden sie<br />

unsere Berichte. Wir wünschen ihnen viel Freude<br />

beim lesen.<br />

unser HerzlicHer Dank geHT an ...<br />

BucHeMpFeHlung:<br />

FooD crasH<br />

Der international angesehene<br />

Fachmann für Ökolandbau<br />

Felix zu Löwenstein macht<br />

deutlich, dass eine industrielle<br />

Landwirtschaft, die auf<br />

der Übernutzung von Ressourcen<br />

basiert, keine Lösung,<br />

sondern eine Sackgasse ist.<br />

Mit seiner zugespitzten These<br />

„Wir werden uns ökologisch<br />

ernähren oder gar nicht mehr“<br />

betreibt Löwenstein jedoch<br />

keine Schwarzmalerei, vielmehr<br />

zeigt er anhand zahlreicher<br />

Beispiele, wie es im<br />

Einklang mit der Natur gelingen<br />

kann, die Ernährungsgrundlagen<br />

der Menschen<br />

zu sichern. Der Autor war zu<br />

Gast auf unserer diesjährigen<br />

Jahres versammlung – lesen<br />

Sie mehr dazu ab Seite 36.<br />

katrin schaefer für ihre langjährige arbeit und ihr engagement<br />

als chefredakteurin des <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>s! sie hat das Magazin seit<br />

2006 geprägt und weiterentwickelt. Wir freuen uns, dass sie die<br />

gls <strong>Bank</strong> nach ihrer elternzeit auch weiterhin in der Marketingabteilung<br />

mitgestalten wird.<br />

neue MiTglieDer in Der gloBal alliance<br />

For <strong>Bank</strong>ing on Values<br />

Die Global Alliance for <strong>Bank</strong>ing on Values begrüßt<br />

drei neue Mitglieder: Die kanadische Affinity Credit<br />

Union zählt als Genossenschaftsbank 95.000<br />

Mitglieder und hat 44 Niederlassungen. Die First<br />

Green <strong>Bank</strong> aus Florida wurde 2009 gegründet und<br />

versteht sich als lokale <strong>Bank</strong> mit globaler Aufgabe.<br />

Die amerikanischen Sunrise Community <strong>Bank</strong>s<br />

haben sich insbesondere zum Ziel gesetzt, städtische<br />

Gemeinschaften zu stärken. „Der gesellschaftliche<br />

Kontext der Mitgliederbanken in Kanada,<br />

Deutschland oder Bangladesch mag sehr unterschiedlich<br />

sein“, resümierte David Reiling, Vorstand<br />

der Sunrise Community <strong>Bank</strong>s, „doch die<br />

Wertebasis unserer Arbeit ist dieselbe.“ Die Global<br />

Alliance for <strong>Bank</strong>ing on Values ist ein internationales,<br />

unabhängiges Netzwerk von nun insgesamt<br />

19 Nachhaltigkeitsbanken. Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> gehört<br />

zu den Gründungsmitgliedern.<br />

Die gls saaT geHT auF<br />

Zusammen mit dem Versand von Informationen zu Änderun­<br />

gen unserer allgemeinen Geschäftsbedingungen konnten<br />

wir unsere Kundinnen und Kunden mit einem Tütchen Bingenheimer<br />

Saatgut überraschen. In den vergangenen Wochen<br />

haben uns wiederum die ersten Bilder des frischen Grüns<br />

erreicht. Für die freundlichen Rückmeldungen bedanken wir<br />

uns herzlich!<br />

gesunDHeiTskongress <strong>2012</strong><br />

anthroposophische Medizin zum anfassen —<br />

auf dem gesundheitskongress <strong>2012</strong> können<br />

interessierte konkret die arbeitsweisen der<br />

anthroposophischen Medizin kennenlernen.<br />

Was tun zum Beispiel bei allergien, kinderkrankheiten,<br />

stress oder Depressionen? Was<br />

gehört in eine gut sortierte Hausapotheke?<br />

neben Vorträgen und Workshops laden praktische<br />

angebote zum Mitmachen ein. Der kongress<br />

findet am 29. september <strong>2012</strong> in Dortmund<br />

statt.<br />

www.kongress­gesundheit.de<br />

6 <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

7<br />

www.gabv.org<br />

JeTzT BesTellen: MiT DeM e<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> Die<br />

uMWelT scHonen<br />

Die lesegewohnheiten der Menschen sind<br />

unterschiedlich. immer mehr kundinnen und<br />

kunden bevorzugen mittlerweile elektronische<br />

Medien und verzichten so weit wie möglich<br />

auf papier. auch beim <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> möchten<br />

wir diesem anliegen künftig rechnung<br />

tragen. unter www.gls.de/ebankspiegel können<br />

sie den postversand abbestellen und sich<br />

die künftigen ausgaben elektronisch zusenden<br />

lassen. alles, was wir dazu benötigen, sind<br />

ihre e­Mail­adresse und ihre kundennummer.<br />

künftig werden sie dann per e­Mail informiert,<br />

wenn eine neue <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>­ausgabe<br />

zum Herunterladen oder online­Blättern zur<br />

Verfügung steht. gerne können sie diese e­Mail<br />

dann auch im Freundes­ und Bekanntenkreis<br />

weiterleiten und so einen Beitrag dazu leisten,<br />

die idee der gls <strong>Bank</strong> weiterzutragen.


Leserstimmen<br />

Wenn etwas in Bewegung kommen soll, dann sollte<br />

man es nicht einfach so stehen lassen: Diskutieren Sie<br />

mit und sagen Sie uns, was Sie über das Thema und<br />

die Beiträge in diesem <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> denken. Wir freuen<br />

uns über Ihren Leserbrief, Ihre E-Mail oder Ihren Beitrag<br />

in unseren Online-Foren.<br />

gls <strong>Bank</strong>, postfach 100829, 44708 Bochum;<br />

bankspiegel@gls.de; www.blog.gls.de<br />

ingo Jürgens, sTuTTgarT<br />

Hallo,<br />

(…) das Layout mit viel Abwechslung<br />

in der Typografie und ohne Schnickschnack<br />

gefällt mir sehr gut und ist<br />

auf der Höhe der Zeit.<br />

Und dann auch noch den Mut besitzen<br />

und nicht so zwanghaft das<br />

Logo auf der Titelseite platzieren, sondern<br />

lieber schön reduziert mit ungewöhnlichem<br />

Bildausschnitt. Kompliment!<br />

Ingo Jürgens<br />

Grafik-Designer<br />

BrigiD aMMerscHlaeger,<br />

MurrHarDT<br />

Sehr geehrter <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>,<br />

Sie wollten wissen, wie mir Ihr neues<br />

Format gefällt? Leider muss ich sagen,<br />

für meine Augen unbrauchbar. Vielleicht<br />

wollten Sie mehr Text hineinquetschen<br />

und haben deshalb die Zeilenabstände<br />

verkleinert?<br />

(…) Warum sind die Buchstaben<br />

so dünn und grau? Warum kleben die<br />

Zeilen so aneinander?<br />

(…) Grau auf grün ist noch schwerer<br />

lesbar und das stärkere Grün der<br />

Kredit vergaben tut meinen Augen so<br />

weh, dass ich auf diese Angaben verzichten<br />

muss, obwohl ich sie immer<br />

mit Interesse gelesen habe. (…)<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Ihre 78-jährige Brigid Ammerschlaeger<br />

8<br />

Dr. peTer Mauser, WupperTal<br />

Liebe Freunde der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>,<br />

vielen Dank für den neuen <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>.<br />

Sie sind gespannt auf die Rückmeldungen.<br />

Von mir aus kann ich nur sagen:<br />

Die neue Ausgabe gefällt mir sehr gut.<br />

Sie ist von der Aufmachung und Gestaltung<br />

her übersichtlich und ansprechend,<br />

von Thematik und Inhalt her<br />

sehr informativ. Ein gelungenes Organ<br />

für die Anliegen der <strong>Bank</strong>. (…)<br />

Ich verfolge die Entwicklung der<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> und ihrer angeschlossenen<br />

Einrichtungen mit Interesse und hoffe,<br />

dass auch die Idee des bedingungs losen<br />

Grundeinkommens von Götz Werner,<br />

die ich für ganz zukunfts weisend wichtig<br />

halte, auch weiterhin Ihre Unterstützung<br />

findet.<br />

Mit herzlichen Grüßen<br />

Peter Mauser<br />

Jörg spengler, MüncHen<br />

Hallo <strong>GLS</strong> Team,<br />

(…) nach der wie immer kurzweiligen<br />

und lehrreichen Lektüre des aktuellen<br />

<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>s möchte ich einige Anmerkungen<br />

machen:<br />

• Insgesamt erscheint mir das neue<br />

Format etwas zu textlastig.<br />

• Im Vergleich zur vorigen Ausgabe<br />

vermisse ich die Farben und es ist mir<br />

etwas zu wissenschaftlich und zu<br />

viel <strong>Bank</strong>enchinesisch. (…)<br />

Mit freundlichen Grüßen und den<br />

besten Wünschen<br />

Jörg Spengler<br />

JoHannes lenz, Berlin<br />

Sehr geehrter Herr Jorberg,<br />

im <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> Ausgabe 1/<strong>2012</strong> Stellung<br />

zu nehmen zur Bewegung, die die<br />

Treuhand und <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> in Bewegung<br />

gesetzt hat — ein Wort hoher Anerkennung.<br />

Als Pfarrer hat man schon bei Paulus<br />

im 1. Brief an Timotheus gelesen:<br />

„Denn eine Wurzel aller Übel ist die<br />

Geldgier“. Das war vor 2.000 Jahren<br />

so. Nicht das Geld als solches ist das<br />

Problem, sondern die Art und Weise<br />

wie die Menschen damit umgehen. Ich<br />

bin von Anfang an Mitglied Ihrer Initiative.<br />

Habe (Anm. der Red.: die <strong>Bank</strong>gründer)<br />

Herrn Barkhoff, Frau Reuter<br />

und Herrn Rexrodt noch persönlich<br />

kennenlernen dürfen und freue mich<br />

über das ständige Vorangehen an<br />

vorderster Front in der Entwicklung<br />

eines neuen Umgangs mit dem Geld. (…)<br />

Die Verantwortung für die Zukunft<br />

des Menschen dieser Erde muss die<br />

Sphäre des Geldes aktiv einbeziehen.<br />

Ich hoffe, dass die Pionierarbeit der<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> intensiv weitergeht und<br />

Wachstum durch zunehmende Mitarbeit<br />

vieler Menschen erfährt.<br />

Mit guten Grüßen<br />

Johannes Lenz<br />

Gesundheit<br />

„… (ist) ein Zustand vollständigen<br />

körperlichen, psychischen und<br />

sozialen Wohlbefindens und nicht<br />

nur das Fehlen von Beschwerden<br />

und Krankheit.“<br />

Definition der World Health organization (WHo), 1946<br />

„… ist als wesentlicher Bestandteil<br />

des alltäglichen Lebens zu verstehen<br />

und nicht als vorrangiges<br />

Lebensziel. Gesundheit steht für<br />

ein positives Konzept, das die<br />

Bedeutung sozialer und individueller<br />

Ressourcen für die Gesundheit<br />

ebenso betont wie die körperlichen<br />

Fähigkeiten.“<br />

ottawa­charta zur gesundheitsförderung der WHo, 1986<br />

<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

TiTelTHeMa<br />

10<br />

Die Gesundheitsgesellschaft<br />

prof. Dr. Dr. h. c.<br />

ilona kickbusch<br />

14<br />

Pluralismus in der<br />

Medizin<br />

prof. Dr. med. peter<br />

F. Matthiessen<br />

17<br />

Wie Studenten<br />

und Patienten die<br />

medizinische Ausbildung<br />

gestalten<br />

eva schneeweiss<br />

20<br />

Gesundheit als Ware<br />

prof. Dr. paul u.<br />

unschuld<br />

22<br />

Zwischen Patient<br />

und Wettbewerb<br />

rudolf Henke<br />

24<br />

Blickwinkel<br />

Franziska schüler,<br />

peter zimmermann,<br />

prof. Dr. Dr. alf<br />

Trojan<br />

26<br />

Standpunkt<br />

andreas neukirch<br />

TiTelThema GesundheiT 9


Die Gesundheits-<br />

gesellschaft<br />

TexT: prof. Dr. Dr. h. c. ilona kickbusch<br />

Welche Bedeutung hat Gesund heit in unserer<br />

Gesellschaft? Warum hat sich ihr Stellenwert<br />

verändert und welche Auswirkungen ergeben<br />

sich daraus für unseren Alltag? Diesen<br />

Fragen geht Ilona Kickbusch nach — sie war als<br />

Gesundheitsexpertin viele Jahre für die<br />

Welt gesundheitsorganisation WHO tätig und<br />

leitet heute ein Programm zur Globalen<br />

Gesundheit in Genf.<br />

10 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

TiTelThema GesundheiT<br />

11


Im 21. Jahrhundert steht das Umdenken von „lange leben“<br />

zu „wie leben“ an. Wie gehen wir mit natürlichen und gesellschaftlichen<br />

Ressourcen um? Wie tragen wir Sorge für uns<br />

selbst? Dabei spielt Gesundheit eine wesentliche Rolle als<br />

Ausdruck und Teil der modernen Lebens qualität und des<br />

Wohlbefindens — aber auch als bedeutender ökonomischer<br />

Faktor. Das Verständnis vom gesellschaft lichen Umgang<br />

mit Gesundheit verändert sich damit ganz grundsätzlich: Es<br />

geht heute darum, Gesundheit als positive Ressource in<br />

den Lebensalltag zu integrieren und als individuellen Nutzen,<br />

als Gemeinschaft stiftendes Moment und als wichtiges soziales<br />

Kapital zu begreifen. Zudem gilt es, der Interaktion der<br />

ökologischen und der gesundheitsbezogenen Herausforderungen<br />

mehr Beachtung zu schenken — wie viel Fleisch wir<br />

essen, hat bspw. nicht nur Auswirkungen auf unsere Gesundheit<br />

(z. B. das Körpergewicht), sondern auch auf wichtige<br />

Umweltfaktoren.<br />

eigenverantwortung steigt<br />

Entscheidend für unsere Gesundheit sind deshalb eine Vielzahl<br />

von sozialen Faktoren sowie unser persönliches Handeln<br />

als Bürger, Konsument und Patient. Wir vergessen oft,<br />

dass Gesundheit im Alltag überall ist, wo Menschen aufwachsen,<br />

leben, alt werden, lernen, arbeiten und ihre Freizeit<br />

verbringen — und dass wir alle zu einem gesundheitsförderlichen<br />

Lebensstil beitragen sollten. So wie es Aufgabe der<br />

Politik ist, unsere Lebensumwelten gesundheitsförderlicher<br />

zu gestalten, so können und müssen wir auch selbst Verantwortung<br />

für Gesundheit übernehmen, für unsere eigene<br />

und die von anderen. Das Krankheitsversorgungs system<br />

tritt erst danach auf den Plan. Voraussetzung für mehr Eigenverantwortung<br />

ist ein zunehmendes Maß an Gesundheitskompetenz<br />

und an Motivation — und sicherlich auch eine<br />

Umwelt, die es uns leichter macht, gesundheitsförderliche<br />

Entscheidungen zu treffen. Eine konsumentenfreundliche<br />

Kennzeichnung von Lebensmitteln oder eine fahrradfreundliche<br />

Stadt sind da nur zwei Beispiele von vielen.<br />

Mehr gesundheit — mehr partizipation<br />

Der gesellschaftliche Stellenwert von Gesundheit hat signifikant<br />

zugenommen — dieser Prozess ist schon seit etwa<br />

30 Jahren im Gange. Aber weil diese Veränderungen so sehr<br />

mit unserem Alltag verwoben sind, nehmen wir sie schnell<br />

als selbstverständlich hin, wie z. B. die deutlich höhere Lebenserwartung.<br />

Der Wandel ist mit den tief greifenden Umge­<br />

„gesundheit sehen wir<br />

als unser höchstes gut,<br />

doch wir wollen keine<br />

einschränkung unserer<br />

lebensweise.”<br />

staltungen vergleichbar, die wir im Bereich der Informationstechnologie<br />

erleben, welche wir ebenfalls in kürzester Zeit in<br />

unseren Alltag integriert haben. Die zwei Megatrends — Gesundheit<br />

und neue Medien — sind darüber hinaus eng miteinander<br />

verbunden. Gesundheit ist z. B. einer der expansivsten<br />

Bereiche in den neuen Medien (es gibt derzeit schon ca.<br />

500.000 gesundheitsbezogene Handy­Apps) — und erst die<br />

neuen technologischen Möglichkeiten lassen Emanzipationsbestrebungen<br />

in der Gesundheit, die in den Siebzigerjahren<br />

begonnen haben, voll zur Geltung kommen.<br />

So haben sich viele gesellschaftliche Bewegungen dafür<br />

eingesetzt, mehr Bestimmungsrecht in der Gesundheit und<br />

über den eigenen Körper oder die eigene Krankheit zu erlangen,<br />

z. B. die Frauenbewegung, die Selbst hilfebewegung und<br />

die Anti­AIDS­Bewegung. Heute sind es besonders Patientenorganisationen,<br />

die mehr Mitsprache fordern und sich als<br />

Experten ihrer eigenen Krankheit verstehen. Dabei spielen das<br />

Internet und soziale Medien, die den Austausch zwischen<br />

Betroffenen auch über große Distanzen ermöglichen, eine<br />

wichtige Rolle. Es ist nun möglich, sich über Gesundheit,<br />

Krankheit, das Gesundheitssystem, einzelne Institutionen<br />

und sogar Leistungserbringer im Internet Informationen<br />

einzuholen und den Ärzten oder Apothekern gleichberechtigter<br />

gegenüberzutreten. Das patriarchalische System der Medizin<br />

soll einem demokratischeren weichen, in dem Patienten<br />

und ihre Angehörigen als Partner akzeptiert sind.<br />

Noch entscheidender aber sind jene Entwicklungen, die<br />

über das engere Gesundheitssystem hinausweisen und z. B.<br />

die Ökologie und die Gesundheitsbewegungen auf neue<br />

Weise verbinden. Dabei ist das kritische Konsumverhalten zu<br />

einer Schlüsselgröße geworden: Immer mehr Verbraucher<br />

hinterfragen die Gesundheitsversprechen von Produkten. Zudem<br />

beinhalten Ernährungsratschläge inzwischen häufig<br />

auch ökologische Kriterien, da sich Verbraucher zunehmend<br />

für Herkunft, Herstellungsweise und Zusammensetzung eines<br />

Produktes als integrale Größe interessieren. Noch hinken<br />

Politik und Wirtschaft hier weit hinter den Konsumenteninteressen<br />

her.<br />

gründe für die neue Bedeutung von gesundheit<br />

Warum ist Gesundheit so wichtig geworden — persönlich wie<br />

politisch? Die Antworten liegen neben den schon ausgeführten<br />

neuen Normen und Werten in der Interaktion von Demografie,<br />

Ökonomie, Globalisierung und einer immer leistungsfähigeren<br />

Medizin.<br />

Die Lebenserwartung hat zugenommen. In unseren Gesellschaften<br />

leben immer mehr ältere Menschen, die aber auch<br />

länger gesund bleiben. Diese Geburtsjahrgänge — vornehmlich<br />

als die Babyboomer bezeichnet — sind mit dem wirtschaftlichen<br />

Wachstum und dem steten Ausbau von Leistungen<br />

älter geworden, sie stellen eine soziale, politische und<br />

wirtschaftliche Interessensgruppe dar. Für viele von ihnen hat<br />

ihre Gesundheit einen sehr hohen Stellenwert, sie haben<br />

Kaufkraft und nutzen das Krankenversorgungssystem wie auch<br />

den privaten Gesundheitsmarkt intensiv.<br />

Krankheit und Gesundheit sind zu einem großen und<br />

wichtigen Markt geworden. So geben wir immer mehr Geld<br />

für Krankheit aus — in den OECD­Ländern im Schnitt mindestens<br />

zehn Prozent des Bruttosozialproduktes. Je nach Berechnungsgrundlage<br />

sind schon heute zwischen zehn und<br />

15 Prozent aller europäischen Arbeitsplätze im Bereich Gesund­<br />

heit/Krankheit angesiedelt, die Gesundheitswirtschaft ist<br />

eine der wichtigsten Wachstumsbranchen in vielen europäischen<br />

Ländern und umfasst vom Krankenhaus über den<br />

Tourismus bis zur Informationstechnologie eine Vielzahl von<br />

Sektoren. Der „Mehrwert” Gesundheit wird zunehmend zum<br />

Entscheidungskriterium für Konsumenten bei Waren und<br />

Dienstleistungen und verbindet sich häufig mit ökologischen<br />

und sozialen Kriterien wie „bio“ oder „fair trade“.<br />

Eine hoch entwickelte Medizin steht uns bei akuter Krankheit<br />

zur Verfügung. Der medizinische Fortschritt hat es einerseits<br />

möglich gemacht, dass immer mehr Menschen mit<br />

chronischen Krankheiten weiter aktiv am gesellschaftlichen<br />

Leben teilnehmen können, andererseits hat der durchgreifende<br />

Einsatz von Medikamenten dazu geführt, dass die Gesundheitsförderung<br />

und Prävention vernachlässigt werden.<br />

Das „Gesundheitssystem“, so wie es heute organisiert ist,<br />

ist vielen neuen Aufgaben nicht gewachsen und gerät zunehmend<br />

unter Finanzierungs­ und Reformdruck und damit<br />

ins politische Fadenkreuz. Viele Patienten fühlen sich von<br />

diesem System nicht ganzheitlich betrachtet und suchen alternative<br />

Formen der Heilung, z. B. in der Krebstherapie.<br />

Gesundheit ist durch neue globale Zusammenhänge immer<br />

wieder bedroht: zuerst durch die AIDS­Epidemie, dann<br />

aber auch durch Seuchen wie die Vogelgrippe und die Möglichkeit<br />

einer neuen tödlichen Pandemie. Doch auch die<br />

großen gesellschaftlichen Umstrukturierungen und Ungleichheiten<br />

in Folge globaler Prozesse schaffen neue Gesundheitsbelastungen.<br />

Viele der Lebens­ und Arbeitsweisen, die<br />

sich am Ende des 20. Jahrhunderts herausgebildet haben,<br />

sind für die Gesundheit des Einzelnen und der Gesellschaft<br />

insgesamt kontraproduktiv: Sie machen krank. In die Gesundheit<br />

aber wird immer noch nicht nachhaltig investiert.<br />

Die auswirkungen — wo geht es hin?<br />

Die hohe Bedeutung der Gesundheit für unsere Gesellschaft<br />

kann zum positiven oder zum negativen Faktor werden — sie<br />

kann uns neue Handlungsräume eröffnen oder zu neuen<br />

Zwängen führen. Für beides gibt es Hinweise, und neue Trends<br />

werden sich in der Realität stets vermengen. Drei Aspekte<br />

dieser Widersprüchlichkeit möchte ich besonders hervorheben:<br />

Gesundheit ist überall, sie ist ein bedeutender Teil unseres<br />

Alltags, sie ist stets in unseren Köpfen präsent: z. B. durch<br />

Werbung, Gesundheitskampagnen, Rauchverbote, Warnungen,<br />

reale und gefühlte Risiken. Sie ist damit Teil der Erfahrung<br />

des modernen Individuums. Wir nennen sie in Umfragen<br />

als höchstes Gut und sorgen uns doch nicht genug um uns<br />

selbst; wir wollen Gesundheit, aber wollen keine Einschränkung<br />

unserer Konsumfreiheit, und besonders die Hersteller<br />

gesundheitsschädlicher Produkte, wie z. B. die Tabakindustrie,<br />

warnen gerne vor einem Zwang zur Gesundheit.<br />

Gesundheit ist machbar, wir erwarten alle Gesundheitsschutz<br />

vor Bedrohungen wie Atomkraft oder Vogelgrippe<br />

und ein leistungsfähiges Gesundheitssystem bei Krankheit.<br />

Wir verlassen uns zunehmend auf die medizinische Machbarkeit,<br />

obwohl wir wissen, dass wir selbst signifikant zu unserer<br />

Gesundheit beitragen können: z. B. durch unser Konsumverhalten<br />

oder unsere Lebensweise. Den Grenzen der Mach barkeit<br />

und den Risiken, die mit jeder Intervention einhergehen,<br />

stellen wir uns ungern.<br />

Gesundheit ist expansiv, weil sie nicht objektiv definierbar<br />

ist und sehr subjektiv erfahren wird. Je umfassender die<br />

„gesundheit begreifen<br />

wir heute als individuellen<br />

nutzen, gemeinschaft<br />

stiftendes Moment<br />

und wichtiges soziales<br />

kapital.“<br />

Gesundheitsdefinition, umso mehr Gebiete der Gesellschaft<br />

und des individuellen Handelns werden durch und über Gesundheit<br />

definiert. Je persönlicher die Definition, umso mehr<br />

Optionen braucht es, um sie individuell einlösen zu können.<br />

Es ist immer mehr Gesundheit und Wohlbefinden möglich; bis<br />

hin zum Perfektionswahn, der sich in der Schönheitsindustrie<br />

niederschlägt. Parallel dazu findet auch in der Medizin die Ausweitung<br />

von Norm­ und Richtwerten, Diagnosen und Leistungen<br />

statt.<br />

Die Gesundheitsgesellschaft ist durch diese Widersprüchlichkeiten<br />

geprägt: im persönlichen Leben, in der Politik und<br />

auf dem Markt. Es stehen uns einerseits sehr viel mehr Möglichkeiten<br />

für ein gesundes Leben ohne Gebrechen zur Verfügung,<br />

aber gleichzeitig belastet der immer schnellere Wandel<br />

von Lebens­, Arbeits­ und Umweltbedingungen die physische<br />

und psychische Gesundheit vieler Menschen. Besonders die<br />

zunehmenden gesundheitlichen Ungleichheiten bei gleichzeitiger<br />

Expansion der Gesundheitssysteme und ein wachsender<br />

Gesundheitsmarkt stellen eine große Herausforderung dar.<br />

Politik, Markt und Bürger müssen auf neue Weise zusammen<br />

wirken, um Gesundheit nachhaltig zu ermöglichen und gezielt<br />

zu fördern — sonst verspielen wir nicht nur unsere Gesundheit,<br />

sondern besonders die der kommenden Generationen.<br />

—<br />

12 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

TiTelThema GesundheiT<br />

13


Pluralismus in<br />

der Medizin<br />

TexT: prof. Dr. med. peter F. Matthiessen<br />

Das Beste<br />

aus allen Welten?<br />

Für den Arzt und Politiker Rudolf Virchow war die Sache<br />

klar: „Pluralismus ist Verwilderung der Medizin“. Das war zu<br />

einer Zeit, als im 19. Jahrhundert das Bestreben vorherrschte,<br />

die Medizin als reine Naturwissenschaft zu betreiben. Das<br />

hätte die Konsequenz gehabt, dass therapeutische Maßnahmen<br />

als Korrektur fehlgeleiteter Naturprozesse hätten aufgefasst<br />

werden können, wodurch der Beruf des Arztes dem<br />

des Biotechnikers gewichen wäre. Das damals ins Auge gefasste<br />

Ziel, die Medizin zu einer reinen Naturwissenschaft zu<br />

machen, ist indessen nicht erreicht worden.<br />

Warum wir einen Methodenpluralismus brauchen<br />

Da es in der Medizin immer um höchst vielschichtige Begegnungen<br />

von Mensch zu Mensch geht, ergibt sich die Aufgabe,<br />

den jeweils eingenommenen Standpunkt offenzulegen<br />

und zugleich nach ergänzenden Perspektiven, d. h. weiteren<br />

Deutungsmöglichkeiten, Ausschau zu halten. Der Patient oder<br />

seine Krankheit erscheinen in einem unterschied lichen Licht,<br />

je nachdem aus welcher Perspektive, mit welcher Interessenlage<br />

und mit welchen Erkenntnismitteln wir dem Kranken<br />

begegnen. Ein nach ärztlicher Hilfe fragender Mensch ist in<br />

Gesundheit und Krankheit ein vieldimensionales Wesen.<br />

Daher stellt sich eine Vervielfältigung der Perspektiven in der<br />

Medizin keineswegs als Luxus, sondern geradezu als notwendiges<br />

Erfordernis dar.<br />

Das beginnt schon bei der Begegnung von Arzt und Patient.<br />

Das Befinden, Wohlbefinden und Missbefinden, das er­lebte<br />

und ge­lebte Krank­sein ist die Perspektive des Patienten,<br />

während der Befund der zugrunde liegenden Krankheit die<br />

Perspektive des Arztes ist. Es stehen sich hier zwei Experten<br />

gegenüber. Die Arzt­Patient­Beziehung kann sich als tragfähig<br />

erweisen, wenn die Perspektiven des Anderen ernst genommen<br />

werden und ein Austausch gelingt.<br />

Menschenbild als ausgangspunkt<br />

Den unterschiedlichen Denk­ und Praxisansätzen in der<br />

Medizin liegen unterschiedliche Menschenbilder zugrunde.<br />

Es ist kein Geheimnis, dass der gegenwärtig vorherrschende<br />

methodische Materialismus zu einer Auffassung vom<br />

Menschen als einem physisch­materiellen Wesen geführt<br />

hat, das weitgehend genetisch determiniert und von Umwelteinflüssen<br />

geprägt ist. Explizit vertreten findet sich diese<br />

Sicht auf den Menschen in der Mainstream­Medizin, der<br />

sogenannten Schulmedizin. In denkbar größtem Gegensatz<br />

hierzu steht die anthroposophische Medizin, die eine Erweiterung<br />

um spirituelle Gesichtspunkte anstrebt und neben<br />

der physisch­materiellen Ebene die Gesamtheit der Lebensvorgänge<br />

des Menschen beschreibt und in der Medizin<br />

praktisch umzusetzen sucht.<br />

Zwischen diesen beiden Eckpfeilern einer dezidiert materialistischen<br />

und einer dezidiert um spirituelle Gesichtspunkte<br />

erweiterten Medizin lässt sich eine Reihe weiterer<br />

medizinischer Ansätze nennen, wie die Naturheilkunde,<br />

die Homöopathie, die Chinesische Medizin (TCM) oder Ayurveda.<br />

Erinnert sei daran, dass beispielsweise die schon vor<br />

mehreren Tausend Jahren begründete Chinesische Medizin<br />

keine anatomischen Vorstellungen kennt und auch keine<br />

der westlichen Medizin vergleichbaren Krankheitseinheiten,<br />

sondern stattdessen eine funktionell­energetische Sichtweise<br />

pflegt, die sich im Spannungsfeld der Qualitäten Yin<br />

und Yang bewegt. Auch die klassische Homöopathie operiert<br />

nicht mit Krankheitsbegriffen, wie sie der wissenschaftlich<br />

etablierten Medizin eigen sind.<br />

ansätze von schul­ und komplementärmedizin<br />

Was die konventionelle Schulmedizin im Wesentlichen<br />

von der Komplementärmedizin unterscheidet, ist ihre Determinationsorientierung,<br />

d. h. die Fremdbestimmung von<br />

Gesundheit und Krankheit durch äußere oder innere Determinanten.<br />

Zudem ist der Denkansatz pathogenetisch ausge­<br />

richtet, fragt also nach den Ursachen und den Bedingungen<br />

der Krankheitsentstehung.<br />

Demgegenüber erweist sich die Mehrheit der komplementärmedizinischen<br />

Ansätze als eigengesetzlichkeitsorientiert<br />

und als salutogeneseorientiert. Mit Eigengesetzlichkeit ist hier<br />

die relative Autonomie des menschlichen Organismus bzw.<br />

des menschlichen Individuums gegenüber äußeren Einwirkungen<br />

gemeint. Äußeren Einflüssen kommt danach nicht die<br />

Rolle einer Ursache im strengen Sinne zu, sondern eher diejenige<br />

von Bedingungen.<br />

Das Konzept der Salutogenese, wiewohl nicht grundsätzlich<br />

neu und in seinen historischen Wurzeln bis in die Antike<br />

zurückreichend, ist eng mit Aaron Antonovsky verknüpft. Der<br />

Soziologe fragte konsequent, warum Menschen trotz stets<br />

präsenter, potenziell gesundheitsgefährdender Einflüsse dennoch<br />

gesund bleiben. Die pathogenetisch orientierte Suche<br />

nach spezifischen Krankheitsursachen muss ihm zufolge daher<br />

um die gezielte Suche nach gesundheitsgefährdenden<br />

bzw. gesunderhaltenden Faktoren ergänzt werden. Nach Antonovsky<br />

ist kein Mensch nur krank oder nur gesund, vielmehr<br />

lässt sich für jeden eine individuelle Gesundheits­ bzw.<br />

Krankheitsrelation bestimmen.<br />

Die salutogenetische Betrachtungsweise erweitert die<br />

Krankheits­„geschichte” zur Kranken­ und darüber hinaus zur<br />

Lebensgeschichte, die durch eine Verflechtung von Erkrankungs­<br />

und Gesundungsprozessen charakterisiert ist. Sie erschließt<br />

insofern eine biographieorientierte Medizin. Zugleich<br />

bedeutet sie eine Individualisierung des Gesundheitsbegriffs:<br />

Es gibt so viele Gesundheiten, wie es Menschen gibt.<br />

integration in der praxis<br />

So verhärtet die Fronten zwischen den unterschiedlichen medizinischen<br />

Paradigmen in der Vergangenheit waren und es<br />

zum Teil auch heute noch sind, so deutlich artikuliert sich in<br />

der jüngsten Zeit das Anliegen, die festgefahrenen Parteilichkeiten<br />

zugunsten der Erarbeitung einer Integrativen Medizin<br />

zu überwinden. In den USA hat sich in den 1990er­Jahren<br />

ein Consortium of Academic Health Centers for Integrative<br />

Medicine gebildet, in dem die Medical Schools nahezu aller<br />

renommierten Universitäten in den USA vertreten sind. Eine<br />

2009 veröffentlichte Definition der Integrativen Medizin lautet:<br />

„Eine medizinische Praxis, die die Bedeutung der Beziehung<br />

zwischen Behandelndem und Patienten betont, die auf den<br />

ganzen Menschen fokussiert ist, Evidenz berücksichtigt und<br />

alle angemessenen therapeutischen Herangehensweisen, Angehörige<br />

verschiedener Gesundheitsberufe und Disziplinen<br />

einbezieht, um optimale Gesundheit und Heilung zu erzielen.”<br />

Die Etablierung und Weiterentwicklung eines medizinischen<br />

Paradigmenpluralismus im Sinne einer Integrativen Medizin<br />

erfordert neue Fähigkeiten von Seiten der Ärztinnen<br />

und Ärzte. Sie müssen in der Lage sein, ihre Patienten oder<br />

deren Krankheiten aus unterschiedlichen Konzeptionen zu<br />

verfolgen, um sich sodann im Gespräch mit dem Kranken für<br />

das individuell angemessene Vorgehen zu entscheiden. Zudem<br />

erfordert es die Intensivierung der Bereitschaft zum interkollegialen<br />

und interprofessionellen Dialog. Dafür brauchen<br />

wir Gestaltungsfreiraum, sodass individuelle Entscheidungen<br />

in Zukunft von Arzt und Patient getroffen werden können.<br />

Wichtige Voraussetzungen dafür sind der Erhalt der Freiberuflichkeit<br />

sowie sozio­ökonomische Rahmenbedingungen,<br />

die eigenverantwortliches Handeln zulassen. Seinem ange­<br />

14 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

TiTelThema GesundheiT<br />

15


Das eine Tun, Das anDere nicHT lassen<br />

stammten Selbstverständnis nach ist der Arztberuf<br />

eine klassische Profession. Dazu gehört ein<br />

gesellschaftliches Mandat, die ärztliche Tätigkeit<br />

exklusiv zu erbringen und sie insofern von administrativer<br />

und ökonomischer Fremdbestimmung<br />

weitgehend freizuhalten. Wirft man aber einen<br />

Blick auf die gegenwärtige Situation der ärztlichen<br />

Berufsausübung, zeigt sich rasch, dass der Arztberuf<br />

schon seit langem auf dem Weg ist, seine<br />

besondere gesellschaftliche Funktion zu verlieren<br />

und ein normaler Dienstleistungsberuf zu werden.<br />

Die Mehrheit der Ärzte möchte die Wiederherstellung<br />

und Weiterentwicklung des Selbstverständnisses<br />

ärztlichen Handelns zu einem freien, sich an<br />

den Patientenbedürfnissen und am Sozialwohl<br />

orientierenden Beruf. Das erfordert nicht nur eine<br />

Freiheit von administrativer Fremdbestimmung<br />

und ökonomischen Zwängen, sondern auch eine<br />

Freiheit zur Übernahme von sozialer Verantwortung.<br />

Wir benötigen die Weiterentwicklung eines<br />

Gesundheitswesens mit menschlichem Antlitz.<br />

Den knoten in der Brust habe ich selbst getastet, in der<br />

Mammographie vier Monate vorher war alles in ordnung<br />

gewesen. Die MrT hat dann jedoch gezeigt: Der Tumor<br />

war schon fast zwei zentimeter groß. im Brustzentrum<br />

der uni­klinik sollte ich zwei Tage später operiert werden.<br />

Danach gleich chemo und Bestrahlung. Das ging mir<br />

alles zu schnell. ich habe mir meine Befunde geben lassen<br />

und bei der Brustkrebs­sprechstunde am gemeinschaftskrankenhaus<br />

Herdecke einen Termin für eine zweite<br />

Meinung vereinbart. Die Ärztin dort ging mit mir alles<br />

genau durch und beantwortete meine Fragen — das<br />

waren nicht wenige! insbesondere wollte ich wissen, was<br />

ich selbst dazu beitragen kann, wieder ganz gesund zu<br />

werden — darauf hatte ich in der anderen klinik keine<br />

antwort bekommen.<br />

ich bin kurze zeit später zur operation nach Herdecke<br />

gefahren, wo ich zusätzlich Heileurythmie, Wickel und<br />

einreibungen bekam, das hat mir sehr geholfen. nach<br />

reiflicher überlegung entschied ich mich bewusst für<br />

eine chemo, aber gegen Bestrahlungen. Die chemo habe<br />

ich dank einer parallelen Mistel therapie sehr gut vertragen.<br />

Mir war kaum übel, und ich war nur selten müde<br />

und erschöpft. in der Maltherapie sind mir so manche<br />

jahrelang eingeschliffenen Verhaltens muster klar geworden,<br />

die ich nun versuche abzulegen. Dabei helfen mir auch<br />

die gespräche mit einer psychoonkologin. Diese integrative<br />

Therapie war und ist für mich der richtige Weg! —<br />

erfahrungsbericht: Wie eine 56­jährige Brustkrebspatientin von<br />

der doppelten kompetenz der integrativen onkologie profitierte.<br />

ein protokoll von annette Bopp<br />

Dabei müssen die Honorierungsformen<br />

sozial verträglich sein und eine ärztliche<br />

Praxis ermöglichen, die sich an den Bedürfnissen<br />

und am Wohl der Patienten<br />

ebenso wie am Gemeinwohl orientiert.<br />

Plurale Medizin zeigt aber auch, dass<br />

die eigentlichen Leistungsträger im Gesundheitswesen<br />

der sich gesund erhaltende<br />

Bürger und der gesund werdende<br />

Patient sind. Die Arzt­Patient­Beziehung<br />

erweist sich damit als der zentrale Ort<br />

des Leistungsgeschehens im Gesundheitswesen.<br />

Die Elemente Eigeninitiative<br />

und soziale Verantwortung sind in unserem<br />

Gesundheitswesen als verloren gegangene<br />

Schätze wiederzuentdecken<br />

und zu stärken. Dafür brauchen wir Gestaltungsfreiraum,<br />

sodass individuelle<br />

Entscheidungen in Zukunft von Arzt und<br />

Patient getroffen werden können. —<br />

Mehr zum Thema erfahren sie unter: www.<br />

dialogforum­pluralismusindermedizin.de<br />

Wie Studenten<br />

und Patienten die<br />

medizinische<br />

Ausbildung gestalten<br />

TexT: eva schneeweiss<br />

Die Medizinausbildung<br />

in Deutschland<br />

hat in Sachen Praxis­<br />

orientierung noch<br />

Hausaufgaben vor sich.<br />

Herausragende<br />

Beispiele legen vor.<br />

Die Erhaltung von Gesundheit und Heilung von Krankheit ist<br />

ein Zukunftsthema. Unsere Gesellschaft steht angesichts<br />

der demografischen Entwicklung, der zunehmenden Zahl von<br />

sogenannten Zivilisationskrankheiten, der steigenden ökonomischen<br />

Bedeutung des Gesundheitsmarkts und der hohen<br />

Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit des Gesundheitswesens<br />

vor großen Herausforderungen. Um sie zu bewältigen,<br />

kommt den Ärzten eine Schlüsselposition zu. Doch werden<br />

die Medizinstudenten von heute ausreichend auf die Anforderungen<br />

von morgen vorbereitet?<br />

„Innerhalb des Studiums sind 95 Prozent der Inhalte durchstrukturiert<br />

und es wird genau vorgegeben, was wann zu<br />

lernen ist. Am Ende müssen viele Studenten dann feststellen,<br />

dass sie ein Praxisproblem haben. Sie stehen mit ihrem<br />

Wissen vor den Patienten und haben dennoch auf die Hälfte<br />

der Probleme keine Antwort“, berichtet Dr. Friedrich Edelhäuser,<br />

der am Lehrstuhl für Medizintheorie an der Universität<br />

Witten/Herdecke lehrt.<br />

Lange Zeit lag der Fokus der Medizinausbildung wesentlich<br />

bei den naturwissenschaftlichen Grundlagen und konkreten<br />

Maßnahmen einer heilenden, kurativen Medizin. Seit einigen<br />

Jahren wird dieser Schwerpunkt durch zusätzliche Inhalte ergänzt:<br />

Neben der Anhäufung von Wissen sollen Problemlösungsorientierung,<br />

ein ganzheitlicher Blick auf die Quellen von<br />

Gesundheit und Krankheit sowie eine stärkere Patientenorientierung<br />

vermittelt werden. Darüber hinaus gilt es, die jungen<br />

Ärzte auf die Begegnungen mit Patienten in fachlicher wie<br />

in kommunikativer Hinsicht vorzubereiten und ihre Empathie<br />

zu fördern. Zudem sollen sie sektorenübergreifend denken<br />

lernen, d. h. den Austausch mit anderen Gesundheitsberufen<br />

wie der Reha oder Pflege suchen. Und nicht zuletzt bedarf<br />

es der Vermittlung von betriebs­ und personalwirtschaftlichen<br />

Kenntnissen, um im Klinik­ oder Praxisalltag bestehen zu<br />

können.<br />

Um es den Studierenden zu ermöglichen, in diese breit<br />

gefächerten Anforderungen hineinzuwachsen, liegt es an den<br />

Universitäten, die Ausbildung möglichst praxisnah zu gestalten.<br />

Deshalb wurde 2002 eine neue Approbationsordnung mit<br />

der Intention eingeführt, Theorie und Praxis vom ersten Semester<br />

an eng miteinander zu verzahnen. An vielen Universitäten<br />

in Deutschland kommt dies jedoch noch immer zu<br />

16 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

TiTelThema GesundheiT<br />

17


kurz. Die Ursachen hierfür liegen einerseits in der Ausbildungstradition,<br />

die seit jeher sehr theoretisch ausgerichtet<br />

ist. Andererseits ist die Umstellung auf das sogenannte<br />

„bedside teaching“ am Krankenbett mit einem hohen Kostendruck<br />

verbunden, da die Kliniken in mehr Personal investieren<br />

müssen.<br />

Viele Universitätsabsolventen trifft zu Beginn ihrer Tätigkeit<br />

der unter Ärzten bekannte „Berufseintrittsschock“. Sie<br />

fühlen sich mit der plötzlichen Verantwortung überfordert,<br />

für zehn und mehr Patienten zuständig zu sein und dabei<br />

den organistorischen Aufgaben und der hohen Taktfrequenz<br />

trotzdem zu entsprechen. Nicht zuletzt deshalb wählen<br />

derzeit etwa die Hälfte der ausgebildeten Mediziner nach<br />

ihrem Studium andere Berufsfelder als den des praktizierenden<br />

Arztes — sie gehen in die Forschung, ins Medizinmanagement,<br />

den Journalismus oder andere Bereiche der Gesundheitswirtschaft.<br />

Viele zieht es auch ins Ausland. Die Folge<br />

ist ein massiver Ärztemangel in Deutschland, der sich bis<br />

2019 laut Erhebungen des Deutschen Krankenhaus Instituts<br />

auf über 37.000 offene Stellen belaufen wird.<br />

Wie können Studierende also so in die Patientenversorgung<br />

integriert werden, dass sie praxisnah Verantwortung<br />

übernehmen können und optimal auf ihren Eintritt ins Berufsleben<br />

vorbereitet werden? Einige Universitäten wie die<br />

in Aachen, Bochum, Hannover, Heidelberg und Köln bieten<br />

parallel zu der regulären Ausbildung Reform­ oder Modellstudiengänge<br />

an. An der Berliner Charité beispielsweise<br />

können Studierende seit 1999 einen praxisorientierteren<br />

Studiengang absolvieren, der insbesondere auf problemorientiertes<br />

Lernen und kommunikative Fähigkeiten setzt.<br />

Vor kurzem wurde dort zudem ein Lernzentrum eingerichtet,<br />

in dem die Studenten von Tutoren begleitet an Simulationspatienten,<br />

anatomischen Modellen und Computer­Simulationen<br />

lernen können.<br />

Die private Universität Witten/Herdecke bietet u. a. das<br />

Studium der Humanmedizin an und stellt in ihrem Studienkonzept<br />

die Praxisnähe in den Mittelpunkt. Das bedeutet hier,<br />

die persönliche Entwicklung der jungen Ärzte im Umgang<br />

mit den Patienten und Pflegenden, bei der Arbeit auf der Station,<br />

aber auch in Verbindung mit den Lerninhalten partizipativ<br />

zu fördern. Dr. Friedrich Edelhäuser hat deshalb am<br />

Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke 2009 eine von Studenten<br />

geführte Ausbildungsstation mit ins Leben gerufen.<br />

„Wir gestalten das Studium neben dem medizinischen<br />

Fachwissen aus zwei Quellen: Das sind die Studenten und<br />

„es ist schön zu wissen, dass<br />

es schon in der ausbildung<br />

für den patienten einen<br />

unter schied macht, ob ich<br />

da bin oder nicht.“<br />

Maxie BoVeleT,<br />

assisTenzÄrzTin<br />

deren Motivation und die Patienten und deren Anliegen“, erläutert<br />

Edelhäuser das Ausbildungskonzept. „Das bedeutet,<br />

dass wir zuallererst bei den Beweggründen der Studierenden<br />

anknüpfen. Wir regen sie dazu an, sich mit ihrem Wunsch,<br />

Arzt zu werden, auseinanderzusetzen und sich zu fragen,<br />

welche Fähigkeiten und welches Wissen sie dafür brauchen.“<br />

Auf diese Weise können die Studenten Teilschritte definieren<br />

und das stark vorgegebene Studium mitgestalten.<br />

Dieser Ansatz zieht sich als roter Faden durch das Studium,<br />

erzählt Maxie Bovelet. Die junge Neurologin hat neben<br />

dem schulmedizinischen Studium an der Universität Witten/<br />

Herdecke auch das Integrierte Begleitstudium Anthroposophische<br />

Medizin absolviert. „Unsere Lehrer haben es uns erleichtert,<br />

im Klinikalltag nicht den Idealismus zu verlieren.<br />

Denn sie haben uns immer wieder gefragt, was wir wollen<br />

und erwarten — es hat mich begeistert, dass für sie zur<br />

Entwicklung der Arztpersönlichkeit auch die individuelle Persönlichkeit<br />

dazugehört.“<br />

Das Lernen in der Begegnung mit den Patienten beginnt<br />

in Witten/Herdecke bereits im ersten Semester und zwar<br />

nicht nur anhand von Demonstrationen, bei denen die Studierenden<br />

Ärzten über die Schulter schauen. Vielmehr<br />

übernehmen sie schnell selbst Verantwortung: Bereits vor<br />

dem praktischen Jahr arbeiten die Studenten etwa die<br />

Hälfte der Zeit in den Kliniken. Die Ausbildungsstation wird<br />

von den Studenten selbst geführt und sie sind es auch, die<br />

federführend die Patientenbetreuung übernehmen. „Unsere<br />

Arbeit zählte tatsächlich und war nicht nur fiktiv“, erinnert<br />

sich Bovelet. Unter der Begleitung und Supervision von<br />

Stations­ und Oberärzten planen und führen die angehenden<br />

Ärzte Visiten durch oder arbeiten Behandlungspläne<br />

aus — und sie sind die ersten Ansprechpartner für die Patienten<br />

wie für die Pflegemitarbeiter.<br />

„Zu Beginn des Studiums sind die Studenten sehr gut darin,<br />

sich in ihr Gegenüber hineinzuversetzen und auf ihr Gefühl<br />

zu hören“, berichtet Edelhäuser aus seiner Lehrpraxis. Laut<br />

einer Untersuchung der Universität Witten/Herdecke zusammen<br />

mit den Hochschulen Freiburg, Köln und Georgetown<br />

von 2011 nimmt das Einfühlungsvermögen angehender Ärzte<br />

allerdings im Laufe ihres Studiums, d. h. mit zunehmendem<br />

Fachwissen, ab. Einen besonderen Rückgang der Empathie<br />

attestierte die Studie ab dem ersten Patientenkontakt.<br />

Zurückzuführen sei dies auf das dann besonders hohe Stresslevel<br />

und die große Rollenerwartung. Deshalb gelte es, so<br />

Edelhäuser, die menschlichen und kommunikativen Fähigkei­<br />

ten während der Ausbildung weiter zu fördern und nicht<br />

durch das Fachwissen oder den Klinikalltag korrumpieren zu<br />

lassen.<br />

Auch für die Patienten zahlt sich das Konzept in Witten/<br />

Herdecke aus, wie eine bundesweite Befragung des Picker­<br />

Instituts ergab: Die Patienten waren zufriedener und fühlten<br />

sich menschlicher betreut als auf anderen Stationen. Das<br />

merken auch die Studenten, wie Bovelet bestätigt: „Es ist<br />

schön zu wissen, dass es schon in der Ausbildung für den<br />

Patienten einen Unterschied macht, ob ich da bin oder nicht.“<br />

Mittlerweile arbeitet Maxie Bovelet als Assistenzärztin in<br />

der Neurologie am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke.<br />

Der Übergang ins Berufsleben ist ihr leicht gefallen. „Ich war<br />

es gewohnt, gemeinsam mit anderen zu arbeiten und am<br />

Patienten Verantwortung zu übernehmen. Außerdem konnte<br />

ich mit meinem Wissen viel freier, kreativer und selbstvertrauender<br />

umgehen, weil es ein lebendig erfahrenes Wissen<br />

ist. Ich sehe es heute als großes Glück, begreifen zu können,<br />

dass es zum ärztlichen Tun als Erstes gehört, sich auf den<br />

Patienten einzulassen — und zwar trotz des organisatorischen<br />

und zeitlichen Drucks. Wenn ich das nicht in der Ausbildung<br />

gelernt hätte, dann bräuchte ich für diese innerliche Freiheit<br />

wahrscheinlich noch viele Jahre.“ —<br />

„Die Medizin beschäftigt<br />

den ganzen Menschen,<br />

weil sie sich mit<br />

dem ganzen Menschen<br />

beschäftigt.“<br />

J. W. Von goeTHe<br />

18 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

TiTelThema GesundheiT<br />

19


Gesundheit<br />

als Ware<br />

TexT: prof. Dr. paul u. unschuld<br />

Der Stellenwert der Gesundheit<br />

hat sich in den vergangenen<br />

Jahren stark verändert:<br />

vom staatlich getragenen<br />

Gesundheitswesen zum<br />

wirtschaftlich rentablen<br />

Gesundheitsmarkt.<br />

Der Medizinhistoriker Unschuld<br />

wirft einen kritischen Blick<br />

auf die Rahmenbedingungen.<br />

Die Verlautbarungen der politischen Parteien lassen<br />

auf eine Große Koalition schließen. Die Konrad­Adenauer­Stiftung<br />

der CDU hält in den Räumen<br />

der Deutschen <strong>Bank</strong> eine Konferenz ab zu<br />

dem Thema „Gesundheitswirtschaft statt Staatsmedizin.“<br />

Die SPD­Ministerpräsidentin von<br />

Schleswig­Holstein stellt fest: „Früher war der<br />

Gesundheitssektor eine Last. Das gilt nun nicht<br />

mehr.“ Der erfolgreichste private Klinikinvestor<br />

Deutschlands, Eugen Münch, spricht es ebenfalls<br />

unumwunden aus: „Ich behaupte sogar, dass<br />

Medizin im Wesentlichen ein Konsumgut ist. Konsum<br />

lässt sich kaum mit Daseinsvorsorge umschreiben,<br />

sondern gehört zu dem, was wir mit<br />

Wirtschaft umschreiben.“ Und die neue Zeitschrift<br />

„Gesundheitswirtschaft“ erläutert die „Metamorphose:<br />

An seiner Krise kann das Gesundheitswesen<br />

genesen. Je weiter sich der Staat und<br />

quasi-staatliche Institutionen zurückziehen, desto<br />

erfolgreicher kann sich ein freiheitlicher Geist<br />

entfalten. Die Metamorphose hat längst begonnen.<br />

Aus dem Gesundheitswesen erwächst die Gesundheitswirtschaft.“<br />

gesundheit in der geschichte<br />

Die Sorge um die Gesundheit der Gesamtbevölkerung<br />

war zwei Jahrhunderte lang politisches<br />

Primat. Mit Druck und Erziehung setzte der Staat<br />

eine Gesundheitspolitik durch, deren Ergebnisse<br />

weltweit ihresgleichen suchen. Hintergrund dieser<br />

Anstrengungen waren freilich keine humanitären<br />

Erleuchtungen der vordemokratischen Staatslenker<br />

im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert.<br />

Das Motiv für die Regierenden lag in der Einsicht,<br />

dass der einzelne Nationalstaat in der Konkurrenz<br />

mit den Nachbarstaaten nur über Produktivkraft<br />

der Industrie und Wehrkraft der Volksheere<br />

einen Vorteil gewinnen kann. Beides verlangt eine<br />

gesunde Bevölkerung — in allen Schichten. Gesundheit<br />

war politisches Mittel zum Zweck. Der<br />

Zweck war der gesunde Nationalstaat.<br />

ökonomisierung der gesundheit<br />

Das ist heute Schnee von gestern. Die Volksheere,<br />

die Millionen junger Männer benötigten, sind<br />

nicht mehr nötig. Die industriellen Arbeitsplätze<br />

für die weniger gut ausgebildeten Massen sind<br />

verschwunden. Der Druck auf die Politik, Gesundheit<br />

für alle zu erzwingen, ist nicht mehr vorhanden.<br />

New Public Health bietet den Deckmantel,<br />

die Menschen wieder selbst in die Pflicht zu nehmen.<br />

Die Politik öffnet neuen Entscheidungsträgern<br />

Tür und Tor; die alten Entscheidungsträger,<br />

Ärzte und Apotheker, stören, da sie ausgebildet<br />

werden, ihre Patienten, die sie nun „Kunden“<br />

nennen sollen, nach medizinisch­fachlichen und<br />

medizinisch­ethischen Kriterien zu behandeln.<br />

Da fehlt etwas Entscheidendes — das Denken in<br />

Renditeerwartungen.<br />

Erstmals in der Geschichte ist der Kranke für<br />

die wirtschaftliche Stärke einer Gesellschaft insgesamt<br />

nicht mehr von Nachteil. Im Gegenteil, der<br />

Kranke ist ebenso wertvoll wie der Gesunde. Das<br />

mag zynisch klingen und ist es doch nicht unbedingt.<br />

Die Linderung oder gar Heilung von Kranksein<br />

ist auch heute noch das Ziel des täglichen<br />

Medizinbetriebs. Aber in zunehmendem Maße entwickelt<br />

sich diese Zielvorgabe zu einem Marktgeschehen,<br />

das Arbeitsplätze sichert und erheblich<br />

zum Bruttosozialprodukt beiträgt.<br />

Werden Ärzte zu randfiguren?<br />

So betreten neue Spieler die Bühnen, allen voran<br />

die Investoren, und bisherige Mitspieler nehmen<br />

neue Rollen an, allen voran die gesetzlichen Krankenkassen.<br />

Sie agieren als eigenständige Unternehmen,<br />

haben Gewinn und Selbstdarstellungsinteressen<br />

und wetteifern mit den Ärzten um<br />

politischen Einfluss. Sie organisieren Kampagnen,<br />

um die Gier der Mediziner aufzuzeigen, und haben<br />

selbst keine Scheu, durch sogenanntes „zielgerichtetes<br />

Verkranken der Versicherten“ — wie es<br />

im internen Jargon heißt — ihre Einkünfte aus dem<br />

Morbiditätsrisiko­Strukturausgleich* zu erhöhen.<br />

Ärzte und Apotheker werden marginalisiert<br />

und zu Dienstleistenden degradiert, die an den<br />

Fäden der Interessen derer hängen, die zwar kein<br />

Medizinstudium absolviert haben und nie für einen<br />

Kranken sorgen mussten, die aber wissen, wie<br />

man aus der Krankheitsbewirtschaftung die beste<br />

Rendite erzielt. Die Ärzte aus ihrer Sonderstelle<br />

auf ein „normales“ Niveau der Berufstätigen herabzuholen,<br />

ist zudem explizites Ziel derer, die in<br />

diesem Wandel eine positive gesellschaftliche<br />

Veränderung sehen. Für die Ärzte ist es jedenfalls<br />

sinnlos, mit Plakaten auf die Straße zu gehen und<br />

sich bei einzelnen Politikern über ihre von vielen zunehmend<br />

als unangenehm empfundene neue<br />

Abhängigkeit zu beschweren. Die Dynamik der<br />

Märkte folgt ihrer eigenen Gesetzmäßigkeit. —<br />

*Der risikostrukturausgleich<br />

(rsa) ist<br />

ein finanzieller ausgleichsmechanismus.<br />

krankenversicherer<br />

mit einer „guten“ risikostruktur<br />

ihrer Versicherten<br />

bezahlen<br />

ausgleichszahlungen<br />

an Versicherer mit<br />

einer „schlechten“<br />

risikostruktur bzw.<br />

jene mit der „guten“<br />

risikostruktur erhalten<br />

geringere zuweisungen<br />

von einer<br />

zentralen stelle als<br />

solche mit einer<br />

„schlechten“ risikostruktur.<br />

20 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

TiTelThema GesundheiT<br />

21


Zwischen Patient und<br />

Wettbewerb<br />

inTerVieW: eva schneeweiss<br />

ruDolF Henke<br />

ist internist, politiker<br />

und seit 1989<br />

im Vorstand der<br />

Ärztegewerkschaft<br />

Marburger Bund,<br />

deren Vorsitz er<br />

2007 übernahm.<br />

er ist Mitglied des<br />

Deutschen Bundestags<br />

(cDu). 2011<br />

wurde er zudem<br />

zum präsidenten<br />

der Ärztekammer<br />

nordrhein gewählt.<br />

Ein Blick in die Praxis: Rudolf Henke,<br />

Vorsitzender der Ärztegewerkschaft<br />

Marburger Bund, über die<br />

Situation der Krankenhäuser<br />

eVa scHneeWeiss: Die rahmenbedingungen<br />

der medizinischen krankenhausversorgung<br />

haben sich in den<br />

letzten Jahrzehnten sehr stark verändert.<br />

Wirtschaftliche kriterien prägen<br />

die arbeit in den kliniken heute wesentlich<br />

mehr als noch vor 20 Jahren.<br />

Wie kam es dazu?<br />

RUDOLF HENKE: Bis Anfang der<br />

90er­Jahre galt das Selbst kostendeckungs<br />

prinzip in den Krankenhäusern.<br />

Das heißt von den Ärzten wurde<br />

erwartet, dass sie die besten medizinischen<br />

Entscheidungen trafen, und<br />

von den kaufmännischen Direk toren,<br />

die damals noch Verwaltungsleiter<br />

hießen, dass sie dafür das notwendige<br />

Geld organisierten. Dann hat man die<br />

Kosten für den Betrieb eines Krankenhauses<br />

zusammengerechnet und versucht,<br />

in Budgetverhandlungen mit den<br />

Krankenkassen soviel wie möglich von<br />

diesen Kosten wieder auszuhandeln.<br />

Dieses Prinzip ist Ende der 70er­Jahre<br />

zunehmend problematisiert worden.<br />

Man hat immer mehr davor gewarnt,<br />

dass die zunehmenden Leistungsmöglichkeiten<br />

der Medizin an finanzielle<br />

Grenzen stoßen würden, und politisch<br />

gefordert, dass die Beitragssätze nicht<br />

beliebig steigen dürften. Vielmehr müsse<br />

man sich an den für die Krankenkassen<br />

erzielbaren Einnahmen orientieren.<br />

Unter diesem Gesichtspunkt der<br />

sogenannten einnahmenorientierten<br />

Ausgabenpolitik hat sich dann immer mehr der Gedanke<br />

breit gemacht, dass Kranken häuser und Krankenkassen jeweils<br />

im Wettbewerb zueinander stünden und dass dieser<br />

Wettbewerb ein gutes Mittel wäre, um zu erreichen, dass<br />

die gesundheitliche Versorgung zu bestmög lichen wirtschaftlichen<br />

Bedingungen stattfände.<br />

Seither hat das ökonomische Denken in den Krankehäusern<br />

mehr und mehr zugenommen. Auch weil private Investoren<br />

Krankenhäuser gekauft und die Methoden des privaten<br />

Wirtschaftens eingeführt haben. Heute stehen wir in<br />

einer Situation, in der man sich oft fragt, ob die medizinische<br />

Orientierung eigentlich noch im Vordergrund steht oder ob<br />

sich nicht manchmal ökonomische Belange stärker Geltung<br />

verschaffen.<br />

Wie beeinflusst das die arbeit in den kliniken?<br />

HENKE: Etwa 65 bis 70 Prozent der Kosten eines Krankenhauses<br />

sind Personalkosten. Nur etwa ein Drittel sind Sachkosten.<br />

Insofern bringt eine wirtschaftlich sparsame Gestaltung<br />

des Mitteleinsatzes oft eine Arbeitsverdichtung für<br />

das Personal mit sich: Seit Mitte der 90er­Jahre bis 2007 wurden<br />

im nichtärztlichen Dienst in den Krankenhäusern etwa<br />

120.000 Vollzeitstellen abgebaut. Im gleichen Zeitraum stieg<br />

die Patientenzahl um mehr als zwei Millionen. Es soll also<br />

mit weniger Mitteln mehr Leistung erbracht werden. In anderen<br />

Wirtschaftsbereichen wird das als Produktivitätssteigerung<br />

bezeichnet. Aber das ist eine hohe Belastung für die Beschäftigten.<br />

Bei den Ärzten haben wir parallel dazu zwar<br />

30.000 Stellen mehr als 1995 bekommen, aber die Zahl von<br />

Teilzeit­ oder geringfügig Beschäftigten ist von vier Prozent<br />

auf 17 Prozent gestiegen.<br />

Darüber hinaus ist das Problem, dass die meisten Betriebswirte<br />

ihre Steuerung auf Messbares stützen. Das bedeutet<br />

natürlich, dass alles das, was nicht gemessen, gezählt oder in<br />

Bilanzen abgebildet werden kann, aus der Betrachtung raus­<br />

fällt — wie z. B. ein fürsorgliches Verweilen am Bett, die Herstellung von<br />

Nähe im Gespräch mit Angehörigen oder die Bereitschaft zuzuhören,<br />

wenn es um die Bewältigung von Ängsten geht. All das kann nicht in Zahlen<br />

und Statistiken abgebildet werden und deswegen merken die Betriebswirte<br />

gar nicht, wie sehr sie die eigentliche Leistung, die in Krankenhäusern<br />

erbracht wird, verändern, indem sie das alles ökonomisch<br />

rechtfertigen wollen.<br />

Wie beeinflusst diese zunehmende wirtschaftliche orientierung die<br />

patientenorientierung?<br />

HENKE: Das kommt ganz auf den Einzelfall an. Bei einem Patienten<br />

mit einer gängigen Krankheit, die nach festgesetzten Regeln behandelt<br />

werden soll und die keine übermäßig lange Zeit im Krankenhaus erforderlich<br />

macht, sind messbare, standardisierte Leistungsablaufpläne<br />

durchaus wünschenswert — auch im Sinne der Patienten. Aber die<br />

Frage ist dabei immer, ob dieser standardisierten Leistung eine Reflexion<br />

darüber vorangeht, ob nicht doch eine individualisierte Betrachtung<br />

zielführender ist. Wenn es bei einem Patienten existenziell wird,<br />

muss unbedingt Raum dafür da sein, sich nicht an die Prozessstandards,<br />

sondern an den individuellen Behandlungsbedarf zu halten — und dabei<br />

auch dem Bedarf nach Nähe gerecht zu werden.<br />

um die arbeit in den krankenhäusern effizient zu gestalten, fördern<br />

die politischen rahmenbedingungen den Wettbewerb zwischen den<br />

einrichtungen. Wo sehen sie darin Vorteile, die den patienten letztlich<br />

zugute kommen?<br />

HENKE: Wenn man Wettbewerb so versteht, dass die Qualität der<br />

medizinischen Leistung entscheidet, dann, finde ich, können wir uns<br />

auf einen solchen Wettbewerb einlassen. Dann finden wir auch die Vergleiche<br />

richtig. Man muss sich aber über die Konsequenzen einer<br />

verstärkten Qualitätssicherung in Bezug auf Behandlungsverläufe oder<br />

­ergebnisse klar sein. Um es mit dem Fußball zu vergleichen: Wenn<br />

die Kriterien nur darin bestehen, wer die Spieler am billigsten kauft oder<br />

wer am meisten an der Rasenbepflanzung spart, dann kriegen wir<br />

eine Schieflage.<br />

Das Problem ist aber häufig, dass der Austausch über den Stellenwert<br />

und die Bedeutung wirtschaftlicher Kriterien nicht genügend kreativ<br />

und dialogorientiert erfolgt, sondern gewissermaßen den Ärzten vorgesetzt<br />

wird, sich an Kriterien zu halten, die aus einer völlig anderen<br />

Welt stammen. Das erleben sie als einen Anschlag auf ihre eigentlichen<br />

Berufsaufgaben und auch als eine Abkehr von der grundsätzlichen<br />

Aufgabenstellung von Krankenhäusern.<br />

sie sind Vorsitzender des Marburger Bundes — was sind aktuell ihre<br />

kernanliegen?<br />

HENKE: Wir haben lange Zeit sehr stark die Frage einer angemessenen<br />

Vergütung der Ärztinnen und Ärzte in den Vordergrund gestellt.<br />

Heute spielt die Frage der Arbeitsbedingungen insgesamt eine größere<br />

Rolle. Wir erleben einen Schichtwechsel von den Männern zu den Frauen<br />

in den Krankenhäusern — heute sind über die Hälfte der Medizinstudenten<br />

und Berufsanfänger weiblich. Das führt dazu, dass Fragen der<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie von Beruf und Familie<br />

eine größere Rolle spielen.<br />

Dann haben wir zweitens das Thema: Wie entwickelt sich die berufliche<br />

Laufbahn? Wie qualifiziert man sich? Wie spezialisiert man sich?<br />

Da gibt es Häuser, die beispielsweise mit Systemen arbeiten, wo dem<br />

einzelnen jungen Arzt/der einzelnen jungen Ärztin eine Art Mentor zur<br />

Seite gestellt und dafür gesorgt wird, dass der Einzelne, wenn er Internist<br />

oder Chirurg werden will, nicht autodidaktisch auf sich allein gestellt<br />

ist, sondern gleich von vornherein eine intensive Berufsbegleitung<br />

erfährt. Eine strukturierte Weiterbildung hat bei den Kollegen einen<br />

sehr hohen Stellenwert.<br />

Der dritte Punkt ist die Begrenzung von Arbeitszeiten.<br />

Natürlich müssen Krankenhäuser rund um<br />

die Uhr betrieben werden, 24 Stunden, sieben Tage<br />

in der Woche, allzeit bereit. Ein Krankenhaus zeichnet<br />

sich dadurch aus, dass bei einer plötzlichen Änderung<br />

in einem Krankheitsverlauf sofort reagiert<br />

werden kann. Das ist richtig so und muss auch immer<br />

aufrechterhalten werden. Aber das muss nicht<br />

bedeuten, dass diese Aufgabe nur von einigen<br />

Wenigen geleistet werden kann. Vielmehr sind hier<br />

kluge Möglichkeiten der Arbeitsteilung gefragt,<br />

die viel stärker, als das traditionell der Fall war, auf<br />

den Wunsch des Einzelnen eingehen.<br />

Zum Arbeiten gehört auch der Ausgleich und<br />

ich glaube, dass wir auch hier vom genannten<br />

Schichtwechsel von den Männern zu den Frauen<br />

profitieren, weil damit auch ein höheres Maß an<br />

ausgleichenden Kräften und Vernunft Platz greift.<br />

Brauchen wir vor diesem Hintergrund klinikmanager<br />

und Betriebswirte, die einen stärkeren<br />

Dia log mit den Ärztinnen und Ärzten suchen?<br />

HENKE: Die berufliche Qualifikation von<br />

Kranken haus betriebswirten ist oft sehr stark von<br />

einer betriebswirtschaftlichen Binnendebatte<br />

bestimmt, die den Dialog mit der Medizin auch<br />

im Sinne der Patientenorientierung nicht genügend<br />

einschließt. Da wünscht man sich für die Ausbildung<br />

von Kranken hausbetriebswirten mehr<br />

Spezialisierung und auch mehr Akzeptanz für ein<br />

solches Feld, wo ja das Geldverdienen kein<br />

Selbstzweck ist. Kein Krankenhausbetriebswirt<br />

darf der Illusion unterliegen, dass ein Krankenhaus<br />

in erster Linie dazu da ist, um Geld zu verdienen.<br />

Ein Krankenhaus ist in erster Linie dazu<br />

da, um Patienten zu versorgen — und das zu Bedingungen,<br />

die förderlich für alle Beteiligten sind.<br />

—<br />

22 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

TiTelThema GesundheiT<br />

23


Blickwinkel<br />

Welche politischen<br />

Rahmenbedingungen<br />

müssen geschaffen werden,<br />

um die Gesundheit in<br />

der Gesellschaft ganz-<br />

heitlicher zu fördern?<br />

Wir fragen —<br />

Experten antworten.<br />

Franziska scHüler, sTiFTungsrÄTin Der zukunFTssTiFTung<br />

gesunDHeiT in Der gls TreuHanD<br />

Wir benötigen eine im Grundgesetz verankerte, ganzheitlich gesundheitsfördernde<br />

Rahmenpolitik, um unsere Patienten gerecht und unabhängig<br />

von ihrer finanziellen Situation behandeln zu können sowie<br />

um jegliche Monopol­ und Machtstellungen einzelner medizinischer<br />

Richtungen zu umgehen.<br />

Wir haben kein Gesundheitssystem, sondern eher ein Krankheitssystem.<br />

Prävention ist vollkommen unterrepräsentiert, es geht oft um<br />

kurzsichtige Prozesse. Wenn wir unsere Ausgaben im Gesundheitswesen<br />

langfristig stabilisieren möchten, ohne dabei gleichzeitig die<br />

Kosten zu Lasten der Bürger umzuverteilen, muss die Aufmerksamkeit<br />

auf Prävention und Ganzheitlichkeit gesetzt werden! Unsere bislang<br />

praktizierte Medizin wird dem modernen Menschen nicht mehr<br />

gerecht.<br />

Psychosoziale und ganzheitliche Faktoren kommen in der Behandlung<br />

zu kurz. Als junge Ärztin fühle ich mich durch das klassische Medizinstudium<br />

nicht umfassend auf den Beruf vorbereitet. Wir wurden<br />

lediglich als Mediziner, nicht aber als Ärzte ausgebildet. Wie sollen wir<br />

aufgrund dieser einseitigen Ausbildung Patienten heilen? Es sollten<br />

komplementärmedizinische Inhalte nicht nur am Rande des Studiums<br />

abgebildet, sondern als ebenbürtiges Hauptfach unterrichtet werden.<br />

Ist es nicht bedenklich, dass komplementärmedizinische Lehrstühle<br />

und Forschung in Deutschland hauptsächlich von Stiftungen und<br />

nicht vom Staat gefördert werden? Integrativmedizin — d. h. Schulmedizin<br />

kombiniert mit komplementärmedizinischen Methoden — ist<br />

die Zukunft unseres Gesundheitswesens! —<br />

peTer ziMMerMann, VorsTanDsMiTglieD Des DacHVerBan­<br />

Des anTHroposopHiscHe MeDizin in DeuTscHlanD (DaMiD)<br />

Warum wird das präventionsgesetz schon wieder in<br />

die nächste legislaturperiode verschoben? obwohl<br />

doch eigentlich alle für mehr gesundheitsförderung<br />

sind? Warum fristet der „gesundheitszieleprozess“,<br />

initiiert von allen wichtigen akteuren im gesundheitswesen,<br />

immer noch ein schattendasein? oder kennen<br />

sie etwa die „7 nationalen gesundheitsziele“<br />

(www.gesundheitsziele.de)? obwohl man es also besser<br />

weiß, bleibt vorerst alles beim alten: an der Behandlung<br />

von krankheiten wird kräftig verdient,<br />

während sich die politik regelmäßig darum müht, die<br />

steigenden kosten in den griff zu kriegen. Dabei<br />

wäre es eine echte investition in die zukunft, mehr<br />

für prävention und gesundheitsförderung auszugeben.<br />

Dagegen sind aber alle, die von den kostensteigerungen<br />

des sogenannten medizinisch­technischen<br />

Fortschrittes profitieren. es bräuchte also eine starke<br />

politische kraft, die eine echte gesundheitsfördernde<br />

strategie ent wickelt und sich auch nicht scheut, konflikte<br />

auszuhalten, wenn es darum geht, die Fehlanreize<br />

im system zu beseitigen. Vor allem, wenn man<br />

gesundheitsförderung als Querschnittsthema versteht,<br />

zu dem umwelt­ oder Verkehrspolitik ebenfalls<br />

dazugehören. Dazu reicht eine Verankerung im grundgesetz<br />

nicht aus! es braucht eine parteiübergreifende<br />

initiative, um mehr dafür zu tun, dass wir alle länger<br />

gesund bleiben können. —<br />

proF. Dr. Dr. alF TroJan, MeDiziner unD<br />

soziologe<br />

Natürlich gibt es kein Patentrezept, mit dem die<br />

Gesellschaft (womöglich auch noch für immer)<br />

gesund bleiben kann. Aber es gibt Handlungsstrategien,<br />

die „grund­legend“ geeignet wären, um<br />

Gesundheit ganzheitlich, d. h. auch bei den sogenannten<br />

schwer erreichbaren, in der Regel bedürftigsten<br />

Gruppen, zu fördern:<br />

• Gesamtkonzept und Rahmenplan für Gesundheitsförderung<br />

und Prävention entwickeln<br />

• geeignete Organisationsstrukturen für intersektorale<br />

Kooperation schaffen, d. h. zwischen allen<br />

relevanten Politiksektoren<br />

• rechtliche und finanzielle Basis absichern<br />

• Programme für die hauptsächlichen Handlungsträger<br />

(wie z. B. Krankenkassen, Öffentlichen Gesundheitsdienst,<br />

Umweltbehörden) entwickeln<br />

und einrichten<br />

• Programm- und Akteurskoalitionen auf bauen<br />

• Innovationsimpulse stärken: Informationspools<br />

und Kompetenznetzwerke<br />

Der dringendste Handlungsbedarf besteht<br />

darin, Gesundheitsförderung im Sinne der nachhal<br />

tigen Gestaltung gesundheitsförderlicher<br />

Lebens­ und Umweltbedingungen aus dem „Niemandsland<br />

organisierter Nicht­Verantwortlichkeit”<br />

herauszuholen! Dazu bedarf es eines Konzepts<br />

für die klar geregelte, arbeitsteilige Kooperation<br />

der verschiedenen Handlungsträger und Politikebenen<br />

untereinander.<br />

Letztlich ist eine nachhaltige gesundheitsfördernde<br />

Politikgestaltung nichts anderes als die<br />

Summe derjenigen Maßnahmen und Aktionen, die<br />

alles das, was konzeptionell und empiriegestützt<br />

als sinnvoll und nützlich in der Gesundheitsförderung<br />

gilt, in dauerhaften Strukturen und geregelten<br />

Prozessroutinen absichern.<br />

Auch wenn man die erfreulichen Entwicklungen<br />

der letzten Jahre angemessen würdigt und zugesteht,<br />

dass Prävention und Gesundheitsförderung<br />

auch ohne gesetzlichen Rahmen weiterentwickelt<br />

und verbreitet wurden, bleibt die Absicherung<br />

der rechtlichen und finanziellen Basis im Rahmen<br />

eines Gesetzes die unerledigte Aufgabe und unabdingbare<br />

Voraussetzung für eine nachhaltige<br />

Gesundheitsförderungspolitik. —<br />

24 TiTelThema GesundheiT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

TiTelThema GesundheiT<br />

25


Standpunkt<br />

Von einem<br />

gesunden<br />

Umgang mit<br />

Vermögen<br />

und Schulden<br />

TexT: andreas neukirch<br />

AnDreAs neukircH<br />

ist Diplom­kaufmann<br />

und seit<br />

2002 Vorstand der<br />

gls <strong>Bank</strong>. zudem<br />

gehört er dem Vorstand<br />

von inaise<br />

(international association<br />

of investors<br />

in the social economy)<br />

sowie dem<br />

aufsichtsrat des<br />

institute for social<br />

<strong>Bank</strong>ing an.<br />

Wir beschäftigen uns national und international<br />

seit Jahren mit Finanz­, Haushalts­<br />

und Euro­Krisen und suchen nach<br />

entsprechenden Heilmitteln für die<br />

auftretenden Systemkrankheiten. Dabei<br />

werden zwar typisch medizinische<br />

Begrifflichkeiten wie Therapie, Fieberschub<br />

oder Zusammenbruch bemüht,<br />

aber eine grundsätzliche Diskussion<br />

über die Gesundheit unseres Finanzsystems<br />

und damit dessen Leistungsfähigkeit<br />

und Zielsetzung findet angesichts<br />

immer neuer Eilbedürftigkeiten<br />

noch immer zu wenig Aufmerksamkeit.<br />

Dabei ist in den letzten Jahren durch die umfangreichen<br />

Berichterstattungen zumindest ein Zusammenhang wieder<br />

sehr deutlich geworden: Es gibt nicht das isolierte Schulden<br />

Reduzieren, vielmehr gelten alle Maßnahmen für Schulden<br />

und Vermögen gleichzeitig. Im Fall einer „Therapie“ durch<br />

Schuldenschnitt beispielsweise ent ledigen sich nicht nur<br />

Staaten ihrer Verbindlichkeiten und <strong>Bank</strong>en müssen entsprechende<br />

Vermögenswerte abschreiben, auch die Menschen,<br />

die diese Geldanlagen z. B. für ihre Altersvorsorge<br />

getätigt haben, müssen sich auf Vermögensverluste einstellen.<br />

Heißt die „Behandlung“ Inflation, kann man ähnliche<br />

Effekte beobachten: Wenn die Schulden von Staaten<br />

oder privaten Schuldnern durch Inflation ent wertet werden,<br />

reduziert sich zugleich das Vermögen der Gläubiger. Und<br />

ebensolche Entwicklungen sind auch fest zustellen, wenn<br />

staatliche Ausgaben mit besonderer Haushaltsdisziplin<br />

drastisch reduziert werden, sodass diejenigen, die mit den<br />

verausgabten Mitteln arbeiten, in ihren Möglichkeiten beschränkt<br />

sind. Und das betrifft Transferzahlungsempfänger<br />

ebenso wie Investitionen in Bildung und andere zukunftsweisende<br />

Felder.<br />

Sparen und Investieren sind Grundpfeiler für die Entwicklungsfähigkeit<br />

jedes Einzelnen ebenso wie der Gesellschaft.<br />

Was uns in dieser Frage als gesundheitlich bedenklich begegnet,<br />

ist die mehr oder weniger ausgeprägte „Rasenmäher­<br />

Kultur“ des Sparens. Wenn wir uns nicht zutrauen, eine Debatte<br />

über den Sinn von Investitionen und darüber zu führen,<br />

wie wir in Zukunft leben wollen — persönlich, gesellschaftlich<br />

wie international —, dann vergeben wir die Chance, um<br />

im Bild zu bleiben, nach der Fieberbehandlung die grundsätzliche<br />

Genesung zu erreichen.<br />

Im Mittelpunkt, so unsere feste Überzeugung, muss deshalb<br />

in erster Linie die Frage nach dem Sinn der Geldverwendung<br />

stehen. Wir legen daher bei allen Fragen rund um<br />

die Geldanlage großen Wert darauf, dass die ökonomischen<br />

Ziele der Liquidität — d. h. Verfügbarkeit, Sicherheit und<br />

Rendite — erst dann relevant werden, wenn zuvor die Sinnfrage<br />

beantwortet wurde: Was ist der gesellschaftliche<br />

Mehrwert einer Geldanlage? Was wird damit bewirkt? Dies<br />

in den Mittelpunkt allen Handelns zu stellen, ermöglicht<br />

anschließend die Frage nach dem richtigen Finanzierungsinstrument:<br />

Ist Kredit das richtige Mittel, also das Beibehalten<br />

der Schuldner­ und Vermögensposition? Ist die Bereitstellung<br />

von Eigenkapital das richtige Instrument, also<br />

das Erzeugen eines gemeinschaftlichen unternehmerischen<br />

Interesses zwischen Know­how und Geld? Oder ist die<br />

Auflösung des Schuldner­ und Gläubigerverhältnisses durch<br />

Schenkung der angemessene Weg?<br />

Diese Blickrichtungen im Umgang mit Geld sind unser<br />

Beitrag zu der Schuldendebatte, die sich der Genesung des<br />

Patienten Finanzsystem widmet und sich nicht scheinbar<br />

hilflos in Sparappellen nach der Rasenmäher­Methode verfangen<br />

hat. Dabei ist die Bezeichnung des „gesunden“<br />

Umgangs mit Vermögen und Schulden, Sparen und Investieren<br />

nicht nur eine sprachliche Assoziation. Angesichts der<br />

Staatsschuldenkrise ist die Zahl seelischer Erkrankungen signifikant<br />

gestiegen, und wer im Privaten Schulden zu tragen<br />

hat, weiß ebenso, dass diese Fragen auch unser Gesundheitserlebnis<br />

unmittelbar beeinflussen können. Wir wollen uns<br />

dafür engagieren, dass die Diskussion über sinnvolle Investitionen,<br />

über zukunftsfördernde Verschuldungsnotwendigkeiten<br />

auch im täglichen <strong>Bank</strong>geschäft in Gang kommt. —<br />

26 TiTelThema GesundheiT<br />

<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 27<br />

Netzwerk<br />

Greenpeace Media:<br />

wachrütteln, aufklären,<br />

provozieren<br />

TexT: eva schneeweiss<br />

Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> erfreut sich<br />

einer Vielzahl von Kooperationen<br />

mit anderen Organisationen<br />

und Unternehmen.<br />

In jeder Ausgabe stellen wir<br />

einen unserer Partner vor.<br />

Taten statt Warten — so lautet das Credo der Umweltschutzorganisation<br />

Greenpeace e. V.. Nach<br />

seiner Gründung 1971 wurde der internationale<br />

Verein mit Kampagnen gegen Atomenergie und<br />

Aktionen gegen den Walfang bekannt. Heute engagiert<br />

sich Greenpeace darüber hinaus für Themen<br />

rund um den Klimaschutz, die Erhaltung der<br />

Wälder und Meere oder die internationale Abrüstung.<br />

Die Projekte des Vereins werden aus privaten<br />

Spendengeldern finanziert, der einzigen Einnahmequelle.<br />

Die eigene Unabhängigkeit schreibt<br />

Greenpeace groß und lehnt Spenden oder Sponsoring<br />

von Seiten der Industrie daher ebenso ab<br />

wie Regierungs­ und EU­Gelder.<br />

Um dennoch ein eigenes Magazin herausgeben<br />

zu können, wurde die Greenpeace Media<br />

GmbH gegründet, eine kommerzielle Tochter des<br />

nicht profitorientierten Vereins. Das Greenpeace<br />

Magazin finanziert sich einzig über den Verkauf<br />

der Hefte, auf Werbung von fremden Unternehmen<br />

verzichten die Herausgeber zugunsten ihrer<br />

redaktionellen Unabhängigkeit. Dass sich das Magazin<br />

wirtschaftlich dennoch trägt, ist in Deutschland<br />

einzigartig. Nach eigenen Angaben wird es<br />

von 500.000 Menschen gelesen, es gibt sogar<br />

Abonnenten auf Haiti, Papua­Neuguinea und<br />

Brasilien.<br />

Neben der kritischen Berichterstattung zum<br />

Schwerpunkt Umweltschutz oder Reportagen<br />

über Kampagnen und Aktionen von Greenpeace<br />

e. V. behandelt das Magazin soziale Themen mit<br />

internationalem Fokus, wie z. B. den weltweiten<br />

Hunger oder das Schicksal von Kindersoldaten.<br />

Aber auch über Kampagnen von anderen Organisationen<br />

wie von urgewald e. V. im letzten Jahr<br />

berichtet die Redaktion. Der Verein hatte in der<br />

bundesweiten Aktion „Wie radioaktiv ist Ihr Konto?“<br />

<strong>Bank</strong>kunden zum Hinterfragen ihrer Geldanlage<br />

und <strong>Bank</strong>wechsel aufgefordert.<br />

Zusätzlich zur klassischen Berichterstattung<br />

finden Leser alltagstaugliche Verbrauchertipps<br />

zum Umweltschutz in jeder Ausgabe. Nach dem<br />

Motto „Geht nicht gibt’s nicht“ stellt die Redaktion<br />

zudem Vorreiterprojekte aus aller Welt vor — wie<br />

z. B. die schwedische Atomsteuer für Atomkonzerne,<br />

staatliche Zuschüsse für den Erwerb von Elektrofahrrädern<br />

in Österreich oder Costa Ricas Bestrebungen<br />

nach einer ausgeglichenen Klimabilanz<br />

bis 2021. Bei Lesern beliebt und bei Umweltfrevlern<br />

gefürchtet sind die satirisch verfremdeten Anzeigen<br />

von Markenartikeln, um Werbe lügen zu entlarven.<br />

Auch Regierungen oder Wirtschaftsverbände<br />

nimmt das Heft regelmäßig aufs Korn.<br />

Für jedes neue oder verschenkte Abonnement<br />

lässt das mehrfach preisgekrönte Magazin<br />

sechs Quadratmeter Minenfeld in Bosnien räumen.<br />

So konnten bereits das 80.000 Quadratmeter<br />

große Minenfeld am Fetten Berg bei Sarajevo,<br />

ein 240.000 Quadratmeter großes Areal<br />

hinter einer Schule in Sjenina Rijeka und ein weiterer<br />

Berg nahe einer Schule in Podzvizd geräumt<br />

werden.<br />

„Zur <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> zu wechseln war für Greenpeace<br />

Media nur konsequent. Wir unterstützen weder<br />

Atomkraft noch Waffenverkäufer und möchten,<br />

dass auch unser Geld dies nicht tut“, so Chefredakteur<br />

Jochen Schildt. —


Mitgliederportraits<br />

Die Wanderung<br />

der Hühner<br />

Die BauckHöFe<br />

sind seit den<br />

1970er-Jahren<br />

kunde und Mitglied<br />

der Gls <strong>Bank</strong>.<br />

www.bauckhof.de<br />

28<br />

MiTglieDscHaFT<br />

„Das Wichtige ist, dass man sich an den Bedürfnissen<br />

der Tiere ausrichtet — und nicht an denen<br />

des Menschen.“ Carsten Bauck ist Geflügelzüchter<br />

mit Herz und Seele. Er lebt und arbeitet auf einem<br />

der ältesten landwirtschaftlichen Biobetriebe<br />

in Deutschland, auf einem der drei Bauckhöfe in<br />

der Lüneburger Heide. Bereits 1932, lange bevor<br />

„bio“ im Trend lag, stellte Carsten Baucks Großvater<br />

seinen Hof in Klein Süstedt auf biologischdynamische<br />

Landwirtschaft und artgerechte<br />

Tierhaltung um. In der dritten Generation führte<br />

Carsten Bauck 2002 gemeinsam mit drei weiteren<br />

Familien die Hühnerzucht auf dem Hof Klein<br />

Süstedt ein. „Wir haben ganz jungfräulich angefangen<br />

und konnten uns von Grund auf Gedanken<br />

über die richtigen Strukturen machen“, erzählt<br />

der Landwirt.<br />

Seine Beobachtungen aus zahlreichen Besichtigungen<br />

anderer Höfe machten ihm schnell klar,<br />

was er nicht wollte. „Sehr viele Hühner sahen<br />

selbst in Ställen mit viel Auslauf schlecht aus. Die<br />

Zeit war reif, nach neuen Konzepten zu suchen.“<br />

In Frankreich wurde er fündig: Bauck entschied sich<br />

für hoch moderne mobile Hühnerställe, die den<br />

Hühnern einen Rückzugsraum, dazu einen geschützten<br />

„Wintergarten“ sowie genügend Freifläche<br />

bieten. Ist das Grün rund um den Auslauf<br />

abgefressen, wandert der Stall einfach auf die<br />

nächste Fläche weiter. Diese Mobilität ist zwar logistisch<br />

für den Landwirt aufwendiger, wird aber<br />

den Bedürfnissen der Tiere gerecht.<br />

„Ein Huhn ist dann glücklich, wenn es seine arteigenen<br />

Verhaltensmuster ausleben kann“, erläutert<br />

Bauck. Hühner sind hochgradig aktive Tiere, sie<br />

brauchen Raum zum Picken und Scharren oder<br />

Sandbaden. „Das ist ebenso simpel wie schwer zu<br />

erfüllen, aber das mobile Konzept kommt dem<br />

natürlichen Bedürfnis sehr nahe.“ Die Gesundheit<br />

seiner Tiere gibt ihm Recht: Dank der wandernden<br />

Ställe und deutlich mehr Platz als in der konventionellen<br />

Geflügelhaltung haben sie keine<br />

Parasiten. Sie benötigen auch keine Medikamente,<br />

wie dies in Festställen kaum zu vermeiden ist,<br />

da die Tiere über Generationen auf demselben<br />

Boden leben.<br />

Das Wohl und die Bedürfnisse seiner Tiere sind<br />

Carsten Bauck eine Herzensangelegenheit, die er<br />

stets im Auge behält. „Wenn man sorgfältig arbeitet<br />

und es gelingt, bei diesen hoch sensiblen Tieren<br />

Ruhe reinzubringen, wenn sie gesund und zufrieden<br />

sind, dann weiß man, dass man gute<br />

Arbeit gemacht hat. Das ist sehr erfüllend.“ —<br />

<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 MiTglieDscHaFT<br />

„Wir sind Mitglied<br />

in der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>, weil<br />

die <strong>Bank</strong> und die<br />

Bauckhöfe dieselben<br />

Wurzeln haben.“<br />

29


Mitgliederportraits<br />

Wenn schon,<br />

denn schon<br />

inTerVieW: eva schneeweiss, Johannes korten<br />

GeorG scHrAMM<br />

ist kabarettist. seine<br />

bekanntesten<br />

Figuren sind der<br />

renitente rentner<br />

lothar Dombrowski,<br />

der hessische sozialdemokrat<br />

august<br />

und oberstleutnant<br />

sanftleben. er ist<br />

seit 2006 Mitglied<br />

der gls <strong>Bank</strong>.<br />

eVa scHneeWeiss: Was bedeutet<br />

geld für sie persönlich?<br />

GEORG SCHRAMM: Geld ist was zum<br />

Ausgeben, eine tolle Sache, eine Rückversicherung.<br />

Aber auch Anlass, mich<br />

maßlos zu ärgern, wenn ich an das<br />

System denke. Geld ist für mich etwas,<br />

von dem ich über viele Jahre keines<br />

hatte und auch keine Ahnung hatte.<br />

Obwohl ich immer verzweifelt zu verstehen<br />

versuche, was das Besondere<br />

an Geld ist, merke ich, dass ich nicht<br />

alt genug werden kann, um es wirklich<br />

zu begreifen. Für jede Erklärung, an der<br />

ich arbeite, kommen tausend neue<br />

Fragen auf.<br />

Was ist für sie ein sinnvoller umgang<br />

mit geld?<br />

SCHRAMM: Wie sinnvoll ich mit Geld<br />

umgehe, hängt ganz entscheidend davon<br />

ab, wie viel ich habe. Ich bin in der<br />

luxuriösen Situation, dass ich mehr Geld verdiene — im<br />

Moment noch — als ich ausgebe und verbrauche. Das Geld,<br />

was ich übrig habe, versuche ich so zu verwenden, dass Andere<br />

etwas Sinnvolles damit tun. Das bedeutet für mich<br />

zum einen, dass unsere Ressourcen nicht über die Maßen<br />

strapaziert werden. Zum anderen ist für mich persönlich<br />

von großer Bedeutung, dass Arbeitsplätze geschaffen oder<br />

gesichert werden. Der heutige Wettlauf, die Produktivität<br />

zu steigern, geht durchweg zu Lasten der Arbeitnehmer.<br />

Heute stehen wir vor einer haarsträubenden Jugendarbeitslosigkeit<br />

in Mitteleuropa und die hat damit zu tun, dass<br />

die Produktivität an einem Punkt angelangt ist, wo man sie<br />

trotz Überkapazitäten immer weiter steigert. Gleichzeitig<br />

vergrößert sich dadurch das Problem, dass eine ganze Generation<br />

von jungen und zum Teil gut ausgebil deten Menschen<br />

keine Arbeit findet. Wenn ich Möglichkeiten sehe, da<br />

Geld zu investieren, dann mache ich das.<br />

sie haben die occupy­aktivisten mit einer öffentlichen<br />

rede unterstützt. Was verbindet sie mit der Bewegung?<br />

SCHRAMM: Wenn sich Leute zusammenfinden, um im<br />

Herzen der internationalen Geldwirtschaft für Unruhe zu<br />

sorgen, ist mir das Unterstützung wert. Weil ich mich damit<br />

in meinem laufenden Kabarettprogramm auch beschäftigt<br />

hatte, war die Rede in Frankfurt für mich eine sehr interessante<br />

und spannende Gelegenheit. Auch weil man einen<br />

Kabarettisten erwartet hatte, der nur als Pausenclown ein<br />

paar lustige Sachen sagt — gegen diese Erwartung zu agieren<br />

war sehr spannend.<br />

Braucht es für langfristige Veränderungen in der Finanzwirtschaft,<br />

ebenso wie in der energiepolitik, einen auslöser?<br />

SCHRAMM: Ich fürchte, dass die bisherigen Finanzkrisen<br />

noch nicht reichen und das Szenario noch nicht hart genug<br />

ist. Fukushima hat tatsächlich eine Erschütterung hervorgerufen.<br />

Interessanterweise mit einer außergewöhn lichen politischen<br />

und gesellschaftspolitischen Konsequenz: die Wende<br />

von der Wende bei der Bundeskanzlerin. Übrigens nicht aus<br />

Angst vor einem GAU, sondern aus Angst vor dem Wähler.<br />

Ohne Rücksprache mit der Energiewirtschaftslobby, ganz<br />

offenkundig.<br />

Vor dem Hintergrund denke ich manchmal ganz fatalistisch,<br />

dass wir einen Finanz­GAU brauchen, um zu begreifen,<br />

auf welchem Pulverfass wir sitzen. Vielleicht muss uns erst<br />

alles um die Ohren fliegen, bis grundlegende Veränderungen<br />

kommen, denn die Maßnahmen seit Beginn dieser Finanzkrise<br />

waren immer nur ein Spielen auf Zeit.<br />

sie haben einmal gesagt, dass sie sich von der Finanzwirtschaft<br />

systemisch hinters licht geführt fühlen. Was haben<br />

sie damit gemeint?<br />

SCHRAMM: Ich glaube, dass die Geldwirtschaft eigene Interessen<br />

verfolgt und nicht mehr die Interessen ihrer Kunden.<br />

Nur habe ich es früher nicht gemerkt. Die Finanzmarktkrise<br />

hat mich heftig aufgerüttelt. Ich bin ja nicht zuletzt<br />

deshalb zur <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> geflüchtet, weil ich nicht mehr wusste,<br />

wem ich überhaupt noch trauen kann.<br />

Einige Jahre vor der Finanzkrise habe ich mich näher mit<br />

Geldanlagen beschäftigt und angefangen, mich dafür zu<br />

interessieren. Ich hatte zeitweise sechs verschiedene <strong>Bank</strong>konten,<br />

weil hier und da ein Tagesgeld attraktiv war. Ich<br />

habe dann aber gemerkt, dass ich restlos überfordert war.<br />

Heute kann man mir nicht mehr so viel erzählen wie früher,<br />

aber ich verstehe immer noch zu wenig. Wir kriegen es ja<br />

auch nicht beigebracht.<br />

Die un hat <strong>2012</strong> das Jahr der genossenschaften ausgerufen.<br />

Wo liegt für sie der reiz, sich in einer genossenschaft<br />

zu engagieren?<br />

SCHRAMM: Die Grundidee der mitgliedergetragenen<br />

Genossenschaft ist für mich äußerst sinnvoll. Bei vielen Genossenschaften<br />

geht es um Regionalisierung und Dezentralisierung<br />

— Aspekte, die ich als Alternative zu unserer<br />

Wachstumssteuerung und Wachstumsproduktion für außerordentlich<br />

wichtig halte. Ich bin mittlerweile auch öfter zu<br />

Hause und nicht auf Tour, dabei merke ich, wie viel man mit<br />

kleinen Genossenschaften in der unmittelbaren Lebensumgebung<br />

bewegen kann. Ich kann mich z. B. einfach durch Interesse<br />

und Engagement oder finanzielle Unterstützung<br />

einbringen, ohne dass ich Sachkenntnisse habe — wie in der<br />

Landwirtschaft oder im Gartenbau. Auch das Stimmrecht<br />

finde ich gegenüber Kapitalgesellschaften äußerst interessant.<br />

Was war ihr impuls, nicht nur kunde, sondern auch Mitglied<br />

der gls <strong>Bank</strong> zu werden?<br />

SCHRAMM: Wenn schon, denn schon. Nachdem ich<br />

gemerkt habe, wie die Finanzkrise sich ausweitet, habe ich<br />

irgendwann Schritt für Schritt alle Konten bei anderen<br />

<strong>Bank</strong>en aufgegeben. Und wenn ich schon Kunde bei der<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> bin, dann will ich natürlich auch Mitglied und<br />

Genossenschaftler sein.<br />

Wenn sie in ihrer eigenschaft als gls Mitglied einen Wunsch<br />

an die <strong>Bank</strong> frei hätten, wie würde dieser lauten?<br />

SCHRAMM: Einer meiner großen Wünsche an die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />

ist, dass sie möglichst viele Leute ausbildet, um in den<br />

Schulen über das Geldwesen zu unterrichten. Ich glaube, manche<br />

Schulen dürsten geradezu danach. Ich würde sofort kommen,<br />

egal in welche Klasse, und mich dazusetzen.<br />

ursprünglich haben sie psychologie studiert. Wie kamen<br />

sie zum kabarett?<br />

SCHRAMM: Das hat mit meiner Lebensgeschichte zu tun.<br />

Ich bin in einer sehr wohlhabenden Stadt als Kind sehr armer<br />

Eltern groß geworden und durch meinen Gymnasiumsaufenthalt<br />

in eine Gesellschaft hineingewachsen, der ich weder<br />

angehört noch die ich gemocht habe. Ich wollte nicht wie<br />

die Anderen sein, ich wollte nur so sein können. Ich wollte so<br />

viel Geld haben wie sie, aber ich wollte nicht so werden wie<br />

sie. Das ist natürlich ein Eiertanz, den ich mit uneindeutiger<br />

Ironie zu bewältigen versucht habe. Darüber bin ich dann<br />

irgendwann beim Kabarett gelandet.<br />

ihre Figuren auf der Bühne sind oft etwas grantig — woraus<br />

ziehen sie ihre positive kraft?<br />

SCHRAMM: Es ist ein Teil meines Lebens, mich über Dinge,<br />

die ich falsch finde, aufzuregen und dem Ausdruck auf der<br />

Bühne zu verleihen. Nach einem Auftritt mit meinem Kabarettprogramm<br />

habe ich das Gefühl, die Dinge so klar auf<br />

den Tisch gebracht zu haben, dass der Finanzkapitalismus sich<br />

davon gar nicht mehr erholen kann. Das Gefühl ist flüchtig,<br />

aber es immer wieder für Momente zu haben, ist wohltuend.<br />

Insofern ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen,<br />

dass das Kabarett für mich einen kathartischen, befreienden<br />

Effekt hat. Und übrigens, wenn mich nicht alles täuscht,<br />

auch für die Zuschauer. Es tut den Leuten offensichtlich gut,<br />

dabei zu sein, wenn sich stellvertretend jemand für sie zornig<br />

über die Ungerechtigkeiten der Welt aufregt.<br />

ist es das, was sie bei ihrem publikum erreichen möchten?<br />

SCHRAMM: Matthias Belz, ein großer Kabarettkollege, hat<br />

darauf eine unüberbietbare Antwort gefunden, indem er gesagt<br />

hat: „Ich möchte die Menschen auf ihrem Weg von der<br />

Hoffnungslosigkeit über die Trostlosigkeit zur Ausweglosigkeit<br />

begleiten.“<br />

Wie viel georg schramm steckt in ihren Figuren oder ist es<br />

am ende so, dass die Figur lothar Dombrowski tatsächlich<br />

georg schramm erfunden hat?<br />

SCHRAMM: Lothar Dombrowski hat mich nicht erfunden<br />

— obwohl das eine tolle Vorstellung ist —, aber er entlastet<br />

mich in meinem Privatleben um diesen ständig unzufriedenen,<br />

zornigen und wütenden Anteil. Er befreit mich<br />

ein Stück von mir selber. Ebenso Oberstleutnant Sanftleben,<br />

dessen Figur ich weitertreiben kann, weil ich mich mit dem<br />

Militär intensiv beschäftige. Und in der Person des August<br />

schließlich steckt meine sozialdemokratische Herkunft.<br />

Das ist im Prinzip mein Vater bzw. seine charakterliche Grundhaltung.<br />

Ich lasse durch August meinen Vater all das sagen,<br />

was er nie gesagt hat, aber wofür er eigentlich das Wesen hatte.<br />

Von daher steckt in allen dreien sehr viel von mir. Am<br />

meisten Seele im August, am meisten Ratio im Dombrowski<br />

und der Rest meines wirren Kopfes steckt im Sanftleben.<br />

Und alles, was dadurch nicht abgedeckt ist, das bleibt für<br />

mich übrig. —<br />

Den Mitschnitt des interviews finden sie als Hörversion unter:<br />

www.gls.de/audio<br />

„Ich bin Mitglied der<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>, weil es<br />

für mich als Kunde<br />

einfach dazugehört.“<br />

30 MiTGlieDscHAFT <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

MiTGlieDscHAFT<br />

31


Vom tieferen Sinn<br />

der Mitgliedschaft<br />

Mitglieder sind für uns als Genossenschaftsbank un ver­<br />

zicht bar: Sie bilden die Basis für unser sozial­ökolo gi sches<br />

<strong>Bank</strong>geschäft, denn erst ihre Anteile ermöglichen die<br />

Vergabe von Krediten für sinnvolle und zukunftsweisende<br />

Projekte. Und mit jedem neuen Mitglied, das Anteile<br />

zeichnet, und jedem zusätzlichen Anteil unserer<br />

be steh enden Mitglieder können wir ein Stück mehr<br />

Zukunftsfähigkeit finanzieren.<br />

• Sie werden Mitglied durch die Zeichnung von mindestens<br />

fünf Mitgliedschaftsanteilen. Ein Anteil entspricht 100 Euro.<br />

• Sie erhalten eine jährliche Dividende von circa 2 bis 4 %.<br />

• Als Mitglied haben Sie unabhängig von der Anzahl Ihrer<br />

Anteile eine Stimme.<br />

• Werden Sie Teil der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> Gemeinschaft !<br />

Machen<br />

sie’s gut!<br />

Werden sie<br />

Mitglied.<br />

glsbank.de<br />

Die Mitgliedschaftsanteile können nur zum Ende eines<br />

Geschäfts jahres mit einer fünfjährigen Frist gekündigt werden.<br />

Im Rahmen der begrenzten Nachschusspflicht können<br />

Mitglieder bis zur Grenze der in der Satzung bestimmten Haftsumme<br />

von 100 Euro je Mitgliedschaftsanteil im Fall der<br />

32 MiTGlieDscHAFT<br />

Insolvenz der <strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG zu Leistungen<br />

herangezogen werden. Diese ist beschränkt auf die ersten<br />

50 Mitgliedschaftsanteile. Die aktuelle Satzung finden Sie<br />

unter www.gls.de/satzung oder fordern Sie diese unter<br />

0234 5797 555 an.<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> Mitgliedschaft<br />

Beitrittserklärung / Erhöhung der Beteiligung<br />

Name/Firma<br />

Vorname<br />

Straße<br />

Frau Herr Firma<br />

Telefon<br />

erklärung<br />

neumitglied:<br />

Ich erkläre meinen Beitritt zur <strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG und zeichne hiermit<br />

(Mindestanzahl fünf Anteile) Geschäftsanteile à 100 Euro.<br />

Mitglied:<br />

Ich möchte meine Beteiligung an der <strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG<br />

um weitere(n) Geschäftsanteil(e) à 100 Euro erhöhen.<br />

Ich verpflichte mich, die nach Gesetz und Satzung erforderlichen Einzahlungen auf den/die Geschäfts anteil/e zu leisten<br />

und die zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Nachschüsse bis zu der in der Satzung bestimmten Haftsumme<br />

zu zahlen. Die aktuelle Satzung der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> habe ich zur Kenntnis genommen.<br />

Bei Minderjährigen: bitte Unterschrift beider Eltern teile bzw. Erziehungsberechtigten.<br />

Bei juristischen Personen: bitte rechtsverbindliche Unterschrift und<br />

Stempel. Dieses Formular muss der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> im Original vorliegen. Bitte als<br />

Brief an folgende Adresse einsenden: <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>, PF 100829, 44708 Bochum.<br />

Geburtsdatum<br />

PLZ/Ort<br />

E­Mail<br />

Geburtsort<br />

Mitgliedschaft nur für einzelne natürliche oder juristische Personen möglich (keine Mitgliedschaft für Personengruppen)<br />

Den gegenwert der gezeichneten anteile bitte ich einzu ziehen von<br />

Konto­Nr. BLZ <strong>Bank</strong><br />

Bitte überweisen sie die jährliche Dividende auf<br />

das genannte Konto<br />

mein Konto Nr. BLZ <strong>Bank</strong><br />

Ort und Datum<br />

Unterschrift<br />

ggf. weitere Unterschiften<br />

Nach Eingang des Zeichnungsbetrags erhalten Sie eine Bestätigung über<br />

Ihre Eintragung und Zulassung als Mitglied der <strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG,<br />

Genossenschaftsregister­Nr. 224 beim Amtsgericht Bochum. Die Daten<br />

der Mitglieder werden von der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> in einer Datei gespeichert.<br />

BS


Zinsgestaltung<br />

bei der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />

Mit den Geldeinlagen unserer<br />

Kundinnen und Kunden vergeben<br />

wir Darlehen an sozial­ökologisch<br />

engagierte Unternehmen und für<br />

sinnvolle und zukunfts weisende<br />

Projekte. Langfristig nachhaltiges<br />

Wirtschaften für Menschen und<br />

Umwelt ist dabei Kern unseres<br />

Handelns.<br />

zinsgesTalTung<br />

Sparbriefe 10 Jahre (15.000 EUR in % p. a.)<br />

Festgeld 180 Tage (50.000 EUR in % p. a.)<br />

Tagesgeld (10.000 EUR in % p. a.)<br />

* Großbanken, Sparkassen, Sparda­<strong>Bank</strong>en, PSD­<strong>Bank</strong>en, Volksbanken; Mittelwert<br />

reFerenzsÄTze<br />

10-jährige Bund-Rendite: 1,37 %<br />

(Stand: 01.08.<strong>2012</strong>), öffentliche Anleihe<br />

des Bundes als festverzinsliches<br />

Wertpapier<br />

6-Monats-EURIBOR (European Interbank<br />

Offered Rate): 0,65 % (Stand:<br />

01.08.<strong>2012</strong>), Referenzzinssatz für Kredite<br />

und Anlagegelder sowie für Geldgeschäfte<br />

zwischen Kreditinstituten<br />

Wir haben bei der Zinsgestaltung sowohl die Kredit­ als auch<br />

die Einlagenseite der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> im Blick. Dabei möchten wir<br />

Ihnen stets marktgerechte und verlässliche Zinsen bieten. Als<br />

Referenz dienen uns hierbei die 14­tägigen Auswertungen<br />

der FMH­Finanzberatung, wonach die durchschnittlichen<br />

Tagesgeldzinsen von Januar <strong>2012</strong> bis heute um 0,30 % gefallen<br />

sind. Eine Senkung unseres Tagesgeldzinssatzes war daher<br />

sinnvoll. Er liegt derzeit bei 0,50 %. Auch die Konditionen<br />

für Sparbriefe und Festgeld passen wir regelmäßig an die<br />

Marktkonditionen an.<br />

Die aktuelle Grafik stellt die Konditionen der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />

mit den Referenzzinssätzen, Markt­ und Ausreißerkonditionen<br />

dar. —<br />

Stand: 01.08.<strong>2012</strong>; Quelle: FMH­Finanzberatung; den aktuellen Zinsvergleich gibt es im Internet unter www.gls.de/zinsvergleich<br />

1,37 % 10-jährige Bund-Rendite<br />

2,10 % <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />

2,08 % Marktkondition*<br />

4,30 % Ausreißerkondition<br />

0,65 % EURIBOR<br />

0,65 % <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />

0,71 % Marktkondition*<br />

2,60 % Ausreißerkondition<br />

0,10 % EOnIA<br />

0,50 % <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong><br />

0,75 % Marktkondition*<br />

2,45 % Ausreißerkondition<br />

EOnIA (Euro Overnight Index Average):<br />

0,10 % (Stand: 01.08.<strong>2012</strong>), europäischer<br />

Tagesgeldzinssatz. Er dient als Referenzzinssatz<br />

für die Refinanzierung<br />

zwischen <strong>Bank</strong>en am Geld­ und Kapitalmarkt.<br />

niedrigzins<br />

als Chance?<br />

koMMenTar: Marcus pfingsten,<br />

Vermögensmanagement gls <strong>Bank</strong><br />

Es sind schon seltsame Zeiten. Die Bundesrepublik kann<br />

sich kurzfristig Geld leihen, ohne dafür Zinsen zahlen zu<br />

müssen — und das trotz angedrohter Ratingabstufung durch<br />

die Agentur Moody‘s. Die Presse vermittelt den Eindruck,<br />

Gold, Schweizer Franken und Norwegische Kronen seien<br />

sichere Häfen für das mühsam Ersparte. Die Europäische<br />

Zentralbank senkte zuletzt den Leitzins, mit dem sie das<br />

Zinsniveau am Geld­ und Kapitalmarkt steuert, auf ein historisches<br />

Tief.<br />

So kommt auch die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> nicht umhin, ihre Konditionen<br />

nach unten anzupassen, im Tagesgeld sogar unter<br />

den FMH­Durchschnittszins*. Dieser umfasst die Konditionen<br />

von knapp 50 <strong>Bank</strong>en — von einer spanischen Privatbank<br />

bis hin zur Sparkasse um die Ecke. Der Index muss<br />

derzeit allerdings differenziert betrachtet werden. Zwischen<br />

den höchsten Konditionen und den Zinssätzen der Marktteilnehmer<br />

aus dem Bereich der Sparkassen und Volksbanken<br />

klaffen teilweise fast 2 %. Diese hohen Ausreißerkonditionen<br />

können die <strong>Bank</strong>en allerdings nur durch<br />

Quersubventionierung aus ihren Vertriebs­ und Marketingbudgets<br />

oder dem Investmentbanking bieten. Bei manch<br />

einer <strong>Bank</strong> können sie zudem Ausdruck dessen sein, dass<br />

dringend Liquidität benötigt wird und nur mit hohen Risikoaufschlägen<br />

am Kapitalmarkt zu beschaffen ist. Deshalb<br />

wird mittels hoher Zinsen versucht, speziell von Privatkunden<br />

neue Einlagen anzuziehen. Vor diesem Hintergrund hat der<br />

FMH­Index derzeit nur eine eingeschränkte Aussagekraft.<br />

In den Kundengesprächen gewinnen wir immer wieder den<br />

Eindruck, dass es für die Anleger inzwischen oft kaum noch<br />

eine Rolle spielt, ob die Zinsen bei 0,50 % oder 0,75 % liegen.<br />

Die von vielen betriebene Zinsjagd nach spanischen und<br />

britischen Top­Tagesgeldkonditionen wird immer mehr als<br />

anstrengend empfunden und den Kunden werden die damit<br />

verbundenen Risiken zunehmend klarer. Vielleicht ist diese<br />

Situation deshalb auch eine Chance: Möglicherweise veranlasst<br />

die Erkenntnis, dass es keine sicheren Renditen mehr<br />

gibt, eine noch größere Zahl von Anlegern, sich mit der Sinnhaftigkeit<br />

einer Geldanlage im Hinblick auf deren soziale und<br />

ökologische Wirksamkeit auseinanderzusetzen. Denn wenn<br />

die Zinsen ohnehin gering sind und der Konsum bedarf gedeckt<br />

ist, kann man darüber nachdenken, ob nicht die Ermöglichung<br />

von gemeinnützigen Einrichtungen für Jugendliche<br />

oder der Ausbau von biologischer Landwirtschaft gewinnbringendere<br />

Investitionen sind. —<br />

* Die Durchschnittszinsen werden alle zwei Wochen von der<br />

FMH­Finanzberatung ermittelt.<br />

Innenansicht<br />

Treffen der global alliance for <strong>Bank</strong>ing on Values, Vancouver<br />

Klaus Berthold begann als<br />

Kredittrainee und ist heute<br />

Projektmanager im Bereich<br />

Erneuerbare Energien in der<br />

<strong>GLS</strong> Beteiligungs AG.<br />

inTerVieW: eva schneeweiss<br />

Herr Berthold, sie sind in kolumbien aufgewachsen?<br />

Ja, ich bin in Bogotá geboren und zur Schule gegangen.<br />

Meinem Vater gehört außerhalb der Stadt eine kleine<br />

Farm, wo ich als Kind geholfen habe, Weidegras zu pflanzen<br />

oder Wassermelonen zu ernten.<br />

Wie präsent ist dort soziale und ökologische nachhaltigkeit?<br />

Die Bestrebungen beziehen sich angesichts der Armut<br />

hauptsächlich auf soziale Aspekte, z. B. den Aufbau von<br />

Schulen oder Krankenhäusern. Für die Finanzierung von<br />

kleineren Projekten wie z. B. Solarstrom gibt es mittlerweile<br />

ein Mikrokreditangebot.<br />

Was motiviert sie, an der konzeption und umsetzung<br />

von solar­ oder Windparks mitzuarbeiten?<br />

Ich bin vom Kreditbereich gewechselt, weil ich die<br />

Projekte nicht nur finanzieren, sondern nach unseren<br />

<strong>GLS</strong> Standards mit gestalten wollte. Ein solches Projekt<br />

ist wie ein Kind, das man begleitet und wachsen sieht,<br />

bis man am Ende vor einem großen Solarpark steht und<br />

weiß, die Arbeit hat sich als Beitrag zum Klimaschutz<br />

gelohnt.<br />

in der global alliance for <strong>Bank</strong>ing on Values waren sie<br />

zwei Jahre Values ambassador — was heißt das?<br />

Die Values Ambassadors vertreten die Werte ihrer <strong>Bank</strong><br />

und tauschen innerhalb des Netzwerks Erfahrungen aus.<br />

Ein besonderer Moment war, während der Treffen in Kanada<br />

und Peru zu realisieren, dass es international noch viele<br />

andere <strong>Bank</strong>en gibt, die unsere Werte und Ziele teilen. —<br />

34 <strong>Bank</strong> <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 BAnk<br />

35


nur Bio kann<br />

die Welt ernähren<br />

TexT: Janina zajic, Vorstandsassistenz<br />

Im Fokus unserer diesjährigen<br />

Jahresversammlung standen<br />

Gespräche über gesellschaftliche<br />

Entwicklungen und die<br />

Verantwortung jedes Einzelnen<br />

bei Themen wie Energiewende,<br />

Konsumverhalten und Ernährungs­<br />

gewohnheiten sowie deren<br />

Bezug zur Arbeit der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>.<br />

Mehr als 900 Menschen — so viele wie nie zuvor — folgten in<br />

diesem Jahr der Einladung der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> ins Schauspielhaus<br />

nach Bochum und nahmen am 15. und 16. Juni an unserer<br />

Jahresversammlung teil. Sie lauschten dem lebendigen Impulsvortrag<br />

von Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, der überzeugt<br />

ist, dass die weltweite Umstellung auf Bio­Landwirtschaft<br />

der einzig mögliche Weg ist. Der promovierte Landwirt und<br />

Vorstandsvorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft<br />

appellierte: „Es gibt keine Transformation, die<br />

funktioniert, ohne Pioniere. Wir alle haben eine riesige Aufgabe,<br />

die wir selber wahrnehmen müssen — und können.“<br />

Anschließend diskutierte er mit <strong>GLS</strong> Aufsichtsrätin Dr. Beatrix<br />

Tappeser, den beiden Landwirtinnen Ulrike Ostendorff und<br />

Maria Heubuch sowie dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden<br />

des Handelsunternehmens tegut…, Wolfgang Gutberlet,<br />

über aktuelle Entwicklungen in der Landwirtschaft und individuelle<br />

Handlungsmöglichkeiten. Angefangen bei der Notwendigkeit<br />

der Biodiversität über den Weltagrarbericht bis<br />

hin zur bedenklichen Situation des Saatgutmarktes stellten<br />

sie fest: Bio ist kein Luxus. Vielmehr sei dies eine Frage der<br />

individuellen Prioritätensetzung — wie bei der Entscheidung<br />

über den wöchentlichen Fleischkonsum.<br />

„Man kann die Welt mit biologischen oder biologischdynamischen<br />

Methoden ernähren, wenn man auf die Zeichen<br />

der Natur achtet und mit der Natur arbeitet. Das ist Nachhaltigkeit“,<br />

so auch Ulrich Walter, seit März <strong>2012</strong> Aufsichtsratsvorsitzender<br />

der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>. Zuvor bezog er sich auf Berechnungen,<br />

denen zufolge 40 % der theoretisch nutzbaren<br />

Agrarfläche weltweit noch ungenutzt sind, und gab somit<br />

eine klare Antwort auf die eingangs gestellte Frage „Kann Bio<br />

die Welt ernähren?“ Er führte zum ersten Mal durch den<br />

offi ziellen Teil der Jahresversammlung<br />

und betonte: „Das Glück und der Erfolg<br />

der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> liegen in ihr selbst verankert.<br />

Erfolg lässt sich eben nicht nur am<br />

äußeren Wachstum messen, nicht nur<br />

am Kapital oder der Risikotragfähigkeit.<br />

Das eigentliche Kapital der <strong>Bank</strong> sind<br />

die Menschen. Dass die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> eine<br />

<strong>Bank</strong> von Menschen für Menschen ist,<br />

ist eben nicht nur eine Floskel oder ein<br />

Werbeslogan wie bei manch anderer<br />

<strong>Bank</strong>, sondern Inhalt und Methode. Die<br />

<strong>Bank</strong> orientiert sich an Menschen, die<br />

in sich selbst die Quelle sehen und aus<br />

freier Initiative sinnstiftend und gesellschaftlich<br />

gestaltend tätig werden<br />

wollen.“<br />

Die Aktualität und Bedeutung von<br />

Transparenz bei einer Geldanlage, die<br />

darauf ausgerichtet ist, sinnstiftende<br />

Projekte und unternehmerische Tätigkeiten<br />

zu finanzieren, bekräftigte Vorstandssprecher<br />

Thomas Jorberg. Dies<br />

spiegele sich zum Beispiel im starken<br />

Kunden­ und Mitgliederwachstum wider:<br />

Seit Einführung der Dividende im Dezember<br />

2011 haben <strong>GLS</strong> Mitglieder bereits<br />

18,2 Millionen neue Anteile gezeichnet.<br />

Zudem entschieden sich im<br />

Schnitt 2.300 Menschen pro Monat,<br />

als Kunde oder Kundin zur <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> zu<br />

wechseln. Konnte die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> im<br />

letzten Sommer noch die 100.000ste<br />

Kundin begrüßen, sind es mittlerweile<br />

schon 128.000 Kunden. Gemeinsam<br />

mit Vorstand Andreas Neukirch stellte<br />

Jorberg die aktuellen Entwicklungen<br />

dar und betonte, dass diese gleichzeitig<br />

Herausforderungen mit sich bringen.<br />

Das werde etwa in internen Prozessabläufen<br />

für die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter erlebbar, sei aber auch<br />

eine betriebswirtschaftliche Aufgabe —<br />

etwa wenn es darum gehe, die aktuellen<br />

Eigenkapitalvorschriften zu erfüllen.<br />

Allein in diesem Jahr braucht die<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> noch 15 Millionen Euro* weiteres<br />

Geschäftsguthaben. Stille Beteiligungen<br />

werden dagegen nicht mehr<br />

gezeichnet, da sie künftig nicht mehr<br />

als sogenanntes hartes Kernkapital anerkannt<br />

werden.<br />

Die <strong>GLS</strong> Mitglieder bestätigten ihr<br />

Vertrauen in Vorstand und Aufsichtsrat<br />

und entlasteten beide Gremien ohne<br />

Gegenstimmen. Außerdem wurde ihnen<br />

nach sorgfältiger Prüfung und Beratung<br />

durch den Aufsichtsrat eine Neuregelung<br />

seiner Vergütung vorgeschlagen,<br />

da die letzte Anpassung 2001 erfolgt<br />

ist und sich die Anforderungen an die<br />

<strong>GLS</strong> Aufsichtsräte seither durch das dy­<br />

namische Wachstum der <strong>Bank</strong> verändert haben. Nach einer<br />

regen Diskussion wurde der Vorschlag verabschiedet.<br />

Turnusgemäß stellten sich Prof. Götz W. Werner und Axel<br />

Janitzki zur Wiederwahl. Die Mitglieder bestätigten die beiden<br />

Aufsichtsräte mit großer Mehrheit in ihrem Amt. Auch<br />

Paul Mackay, bis März <strong>2012</strong> Aufsichtsratsvorsitzender und<br />

seit langen Jahren in verschiedenen Positionen für die<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> tätig, hatte Gelegenheit, sich von den Mitgliedern<br />

persönlich zu verabschieden. Ihm wurde für sein Engagement<br />

großer Dank ausgesprochen.<br />

Auch ein weiterer Abstimmungspunkt fand große Zustimmung:<br />

die Verschmelzung der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> mit der Bürgschaftsbank<br />

für Sozialwirtschaft. Nach intensiver Vorbereitung kann<br />

die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> nun das soziale Engagement und die sinnvolle<br />

Arbeit der Bürgschaftsbank aufrechterhalten.<br />

Das Rahmenprogramm lockte viele Mitglieder ins Schauspielhaus<br />

und in die <strong>Bank</strong>. So nahmen sie am ersten Abend<br />

das Angebot wahr, das Theaterstück „Kleiner Mann — was<br />

nun?“ von Hans Fallada zu erleben. Es bot humorvoll und an<br />

den heutigen Zeitgeist angepasst ein tragisches und zugleich<br />

typisches Beispiel aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise und<br />

verdeutlichte, dass Krisen gemeistert werden können — wenn<br />

auch nicht immer auf angenehme Art und Weise.<br />

In zahlreichen Workshops und Vorträgen diskutierten<br />

<strong>GLS</strong> Mitarbeiter und Mitglieder im Anschluss an den offiziellen<br />

Teil über aktuelle Themen und die Arbeitsweise der<br />

<strong>Bank</strong>: Wie sieht die Zukunft der Landwirtschaft aus? Wo setzen<br />

sich die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> und die <strong>GLS</strong> Treuhand für die Entwicklung<br />

der ökologischen Landwirtschaft ein? Wie können wir<br />

gemeinsam die Mitgliederbank stärken?<br />

Ein ganz besonderer Höhepunkt waren die Führungen<br />

durch unser neues Gebäude in der Christstr. 11, das sich derzeit<br />

noch in der Bauphase befindet. Viele Mitglieder nutzten<br />

die Chance, den Fortschritt der Bauarbeiten zu begutachten,<br />

mit unserem Architekten über die energetischen Herausforderungen<br />

zu sprechen oder im sechsten Stockwerk den Blick<br />

über Bochum schweifen zu lassen. —<br />

* stand ende Juli <strong>2012</strong>. Die aktuellen zahlen können sie unter<br />

www.mitglieder.gls.de abrufen.<br />

36 <strong>Bank</strong><br />

<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 <strong>Bank</strong><br />

37


Kreditvergabe<br />

BeHinDerTeneinricHTungen<br />

BioBrancHe unD<br />

anDere unTerneHMen<br />

s. 43<br />

s. 42<br />

Freie scHulen unD<br />

kinDergÄrTen<br />

gesunDHeiT<br />

38 <strong>Bank</strong><br />

<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 <strong>Bank</strong><br />

39<br />

kulTur<br />

leBen iM alTer


Kreditvergabe<br />

ökologiscHe Bau­<br />

Finanzierungen<br />

ökologiscHe<br />

lanDWirTscHaFT<br />

regeneraTiVe<br />

energien<br />

WoHnproJekTe<br />

allgeMeines<br />

40 <strong>Bank</strong><br />

<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 <strong>Bank</strong><br />

41


Kreditportraits<br />

Anknüpfungspunkte<br />

für junge Menschen<br />

42<br />

BAnk<br />

Malerisch gelegen befindet sich die Siedlung<br />

Humanopolis auf einem sieben<br />

Hektar großen Anwesen am Ostrand der<br />

Lüneburger Heide. Die Siedlungs­ und<br />

Arbeitsgemeinschaft betreut junge Menschen<br />

mit Verhaltens­ oder Entwicklungsstörungen<br />

in familienähnlichen<br />

Zusammenhängen mit einem vielseitigen<br />

Angebot in der Lebens­ und Freizeitgestaltung<br />

und in der Therapie. Zu<br />

den Kernelementen des Ansatzes gehört<br />

es, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

Berufsorientierung und ­ausbildung<br />

zu bieten.<br />

Bewohner, die sich für eine Ausbildung<br />

zum Pferdepfleger entscheiden,<br />

können berufsvorbereitend Erfahrungen<br />

in der Herstellung und im Vertrieb von<br />

Pferdegeschirren sammeln. Pferde waren<br />

in der Siedlung schon immer lebendiger<br />

Bestandteil des pädagogisch­therapeutischen<br />

Konzepts. „Die heranwachsenden<br />

Mitarbeiter flechten und knüpfen<br />

die bunten Seile zu einem neuen Ganzen<br />

zusammen — Fäden, die sich nicht<br />

nur durch das Werkstück, sondern oft<br />

soliDAres GMBH<br />

Mit rund 350.000<br />

euro finanzierte die<br />

gls <strong>Bank</strong> dem<br />

unternehmensverbund<br />

der siedlung<br />

ein neues<br />

Werkverbundgebäude.<br />

www.sieltec.de<br />

auch durch das Leben der uns Anvertrauten<br />

ziehen, denn die Arbeit bietet<br />

Identifikations- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

neuer Art“, berichtet Dietmar<br />

Krüger, Gründungsmitglied und Erfinder<br />

des Geschirrs. „Sie lieben diese Arbeit<br />

mit den Pferden und sind begeistert<br />

dabei, wenn wir die Ergebnisse auf<br />

Messen oder Turnieren den interessierten<br />

Pferdehaltern vorstellen.“ —<br />

Grünschnitt<br />

im Kreislauf<br />

GrünscHniTT<br />

recycling<br />

rund 45.000 euro<br />

hat die Gls <strong>Bank</strong> für<br />

Betriebsmittel zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

www.gruenschnittrecycling.de<br />

organische abfälle sind wertvolle rohstoffe. Doch<br />

wenn die entsprechende infrastruktur fehlt, landen<br />

rasen­ und gehölzschnitt oder laub von gärtnereien<br />

oder kommunen trotzdem oft auf dem Müll. Das unterbricht<br />

den natürlichen kreislauf und verursacht<br />

kosten für die entsorgung. Deshalb hat rudi lang<br />

ein mobiles Verfahren entwickelt, das ökologisch und<br />

wirtschaftlich sinnvoll ist. Der gartenbautech niker<br />

aus südbaden bietet kommunen und gewerbetreibenden<br />

an, organische abfälle vor ort zu zerkleinern,<br />

zu kompostieren und nach zwölf Wochen als<br />

verarbeitungsfertigen grünkompost zurückzuliefern.<br />

Die idee hat erfolg und soll nun in serie gehen. —<br />

<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 BAnk<br />

43


Stiften und Schenken<br />

Gesundheit stiften<br />

inTerVieW: Dr. antje Tönnis,<br />

leiterin öffentlichkeitsarbeit gls Treuhand<br />

Dr. THoMas BreiTkreuz<br />

ist Mediziner und<br />

stiftungsrat der<br />

zukunftsstiftung<br />

gesundheit in der<br />

gls Treuhand. er<br />

war leitender arzt<br />

im gemeinschaftskrankenhausHerdecke<br />

und hat dort<br />

das zentrum für integrativeonkologie<br />

aufgebaut. Derzeit<br />

ist er leitender<br />

arzt am paracelsus­krankenhaus<br />

unterlengenhardt.<br />

Mittelauszahlungen der gls Treuhand und<br />

ihrer treuhänderisch verwalteten stiftungen<br />

im 1. und 2. Quartal <strong>2012</strong><br />

zuWenDungen Der gls TreuHanD e. V.<br />

Dr. anTJe Tönnis: Wann und warum<br />

wurde die zukunftsstiftung gesundheit<br />

gegründet?<br />

THOMAS BREITKREUZ: Die <strong>GLS</strong><br />

Treuhand gründete die Zukunftsstiftung<br />

Gesundheit 2001 im Zusammenhang<br />

mit der Frage, wohin Gesundheitswesen<br />

und Medizin sich entwickeln. Diese<br />

Frage ist gerade dann wichtig, wenn<br />

man ganzheitliche, integrative oder<br />

anthroposophische Medizin möchte. In<br />

diesen Bereichen gab und gibt es sehr<br />

wenig Förderung aus offiziellen Institutionen.<br />

Wir wollten aber, dass die Medizin<br />

als Ganzes aus diesen Richtungen<br />

befruchtet wird, und haben erkannt,<br />

dass gerade dazu bürgerschaftliches<br />

Engagement nötig ist.<br />

Warum unterstützen sie die stiftung<br />

mit ihrem engagement?<br />

BREITKREUZ: Ich erlebe sie als Ort,<br />

an dem man kreativ überlegen kann,<br />

wie man die Medizin durch die Förde­<br />

<strong>GLS</strong> Treuhand e. V. 153.691<br />

Dachstiftung für individuelles Schenken 600.766<br />

Zukunftsstiftung Bildung 30.066<br />

Zukunftsstiftung Entwicklungshilfe 867.956<br />

Zukunftsstiftung Gesundheit 61.018<br />

Zukunftsstiftung Landwirtschaft 708.350<br />

Zukunftsstiftung Soziales Leben 17.055<br />

Stiftung Neue Energie 3.000<br />

weitere treuhänderisch verwaltete Stiftungen 151.900<br />

Summe 2.593.802<br />

In Tausend EUR; insgesamt wurden über 221 Zuwendungen ausgezahlt.<br />

Die Zukunftsstiftung Gesundheit in der<br />

<strong>GLS</strong> Treuhand fördert Menschen und<br />

Initiativen in den Bereichen Medizin,<br />

Pflege und Therapie. Ein Gespräch mit<br />

Stiftungsrat Thomas Breitkreuz.<br />

rung kleiner, intelligenter Projekte ganzheitlicher<br />

machen kann.<br />

auf welche entwicklung blicken sie zurück?<br />

BREITKREUZ: Zunächst hat die Stiftung vor<br />

allem in der anthroposophischen Medizin zukunftsweisende<br />

Projekte gefördert. Heute will sie im<br />

Sinne einer integrativen, ganzheitlichen Medizin<br />

zum Diskurs beitragen. Damit waren viele Themen<br />

verbunden: Demenz und Leben im Alter, der<br />

erste Krankenhausclown oder Symposien zu gesundheitspolitischen<br />

Themen. Wir wollen unterschiedliche<br />

Ansätze fruchtbar verbinden.<br />

in diesem Februar hat der kongress integrative<br />

Therapie des Mammakarzinoms stattgefunden.<br />

Die zukunftsstiftung gesundheit gehörte zu den<br />

Förderern. Warum war dieser kongress so wichtig?<br />

BREITKREUZ: Gerade bei der Behandlung von<br />

Brustkrebs wird massiv gefordert, Schulmedizin<br />

und ganzheitliche Medizin zu verbinden. Es wird<br />

nach integrativer Onkologie statt nach Parallelwelten<br />

von Schul­ und Komplementärmedizin gefragt.<br />

Inzwischen bieten einige Brustzentren traditionelle<br />

chinesische Medizin, Homöopathie oder<br />

anthroposophische Medizin, vor allem Misteltherapie,<br />

an. Auf dem Kongress fand ein konstruktiver<br />

Dialog statt. In den Monaten danach ist<br />

viel passiert, z. B. ist in der deutschen Krebsgesellschaft<br />

eine fachliche Arbeitsgemeinschaft für<br />

inte grative Onkologie entstanden, wo eine Leitlinie<br />

entwickelt wird.<br />

Die stiftung engagiert sich auch in der ausbildung<br />

von Ärztinnen und Ärzten. Welche unterstützung<br />

wird hier angeboten?<br />

BREITKREUZ: Wir wollten die doppelte Kompetenz<br />

integrativ möglich machen. Mit dem Albertus­<br />

Magnus­Stipendium haben wir eine Art Studienstiftung<br />

für anthroposophische Medizin gegründet.<br />

Mit einem Postgraduiertenstipendium unterstützen<br />

wir die individuelle Ausbildung. —<br />

44 <strong>Bank</strong> <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215<br />

<strong>Bank</strong><br />

45<br />

Klartext<br />

Unsere Sicht<br />

auf aktuelle<br />

Begriffe<br />

n<br />

nerVöse<br />

MÄrkTe<br />

B<br />

Vor und nach jedem neuen Ereignis im Rahmen<br />

der Finanz­ bzw. Schuldenkrise reagieren die internationalen<br />

Finanzmärkte unmittelbar mit steigenden<br />

oder fallenden Kursen. Von nervösen<br />

G<br />

Märkten spricht man, wenn selbst unscheinbare<br />

Ereignisse sofort zu deutlichen Kursveränderungen<br />

führen. Die Politik versucht in dieser Situation<br />

mit verschiedenen Maßnahmen zu beruhigen,<br />

damit die Wertpapierkurse nicht weiter sinken<br />

und die Zinsen nicht weiter steigen.<br />

Die Wortwahl der verunsicherten, nervösen,<br />

sich fürchtenden oder zitternden Märkte zeigt,<br />

wie sehr diese im öffentlichen Sprachgebrauch<br />

personalisiert werden, indem dem virtuellen Gebilde<br />

der über die Kontinente verstreuten Finanzmärkte<br />

menschliche Eigenschaften zugeschrieben<br />

werden. Gleichzeitig wird von diesen Märkten jedoch<br />

so gesprochen, als wären sie nicht beeinflussbare<br />

Institutionen. Das mutet seltsam an. Denn<br />

tatsächlich handelt es sich nicht um abstrakte Gebilde,<br />

sondern identifizierbare Unternehmen, die<br />

Geld investieren. Der Rentenmarkt wird z. B. stark<br />

vom weltgrößten Rentenverwalter PIMCO dominiert.<br />

Dessen Chef EL­Erian ist in Wirtschaftszeitungen<br />

immer wieder präsent. Zu den Anlegern in<br />

den PIMCO­Fonds gehören auch deutsche Pensionskassen,<br />

und deren Mitglieder sind wiederum<br />

unzählige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.<br />

Genau genommen gehören wir also alle zu den<br />

nervösen Märkten.<br />

BeipackzeTTel<br />

Beipackzettel gibt es in der Regel für Medikamente. Doch auch in der<br />

Geldanlage soll der sogenannte Beipackzettel seit über einem Jahr auf<br />

mögliche Nebenwirkungen hinweisen. Die für verschiedene Anlageformen<br />

eingeführten Produktinformationsblätter sollen Anlegern dabei<br />

helfen, die wesentlichen Merkmale und Risiken einer Geldanlage schnell<br />

zu überblicken. Bei Investmentfonds ersetzt die wesentliche Anlegerinformation<br />

wAI den bis dahin wenig erfolgreichen und für Kunden oft<br />

schwer verständlichen Verkaufsprospekt. Seit Frühjahr 2011 gilt darüber<br />

hinaus das Produktinformationsblatt PIB für alle Anlageprodukte.<br />

Während die wAI an die gesetzliche Vorgabe von Aufbau und Inhalt<br />

gebunden ist, sind <strong>Bank</strong>en bei der Gestaltung des PIB noch relativ frei.<br />

Enthalten sein müssen jedoch immer die Funktionsweise, die Art, die<br />

Kosten und das Risiko des Angebots. Doch schon heute zeigt sich, dass<br />

die Informationsblätter kaum zu einer Verbesserung des Verbraucherschutzes<br />

beigetragen haben, da sie weiterhin risikominimierend für die<br />

<strong>Bank</strong>en geschrieben und damit immer noch nicht leicht verständlich sind.<br />

gesunDHeiTsFonDs<br />

Der Gesundheitsfonds — ein neuer Investmentfonds, der in Gesundheit<br />

investiert? „Die anhaltend positive Finanzentwicklung bei den Kranken-<br />

kassen ist sehr erfreulich“, so Gesundheitsminister Bahr. Von dieser po­<br />

sitiven Entwicklung soll auch der Gesundheitsfonds profitieren und im<br />

Jahr <strong>2012</strong> einen Überschuss erwirtschaften. Nein, es ist kein Investment­<br />

fonds und keine Geldanlage im klassischen Sinne. Es ist der Topf, in<br />

dem die Beiträge der gesetzlich Krankenversicherten gesammelt und<br />

als Pauschalen an die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) zur<br />

Finanzierung unseres Gesundheitssystems ausgezahlt werden.


Kalender<br />

September<br />

bis<br />

november<br />

10.09. Berlin<br />

Vernissage in Der<br />

gls Filiale<br />

Mit einer Vernissage ab 17.30<br />

Uhr eröffnen wir feierlich die<br />

Ausstellung mit Werken von<br />

Hanna Körner.<br />

Filiale Berlin<br />

15.09. Berlin<br />

Berliner FesT Der kircHen<br />

Feierlichkeit unter dem Motto<br />

„Unter einem Himmel“ mit<br />

ökumenischem Gottesdienst,<br />

„Markt der Möglichkeiten“<br />

und einem vielfältigen Bühnenprogramm.<br />

Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> ist<br />

mit einem infostand vor ort.<br />

st. Marienkirche, Berlin<br />

21.09. — 22.09. HaMBurg<br />

HaMBurger WoHnpro­<br />

JekTeTage<br />

Fachbeiträge und Diskussionen<br />

zur Zukunft des gemeinschaftlichen<br />

Wohnens in Hamburg.<br />

Wir sind mit einem infostand<br />

vertreten.<br />

universität Hamburg<br />

15.09. — 23.09. Berlin<br />

experiMenT Days zuM<br />

THeMa „WoHnen“.<br />

Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> begrüßt Sie an<br />

ihrem infostand.<br />

ufa Fabrik Tempelhofer Feld<br />

24.09. FreiBurg<br />

Fair reisen als BausTein<br />

einer nacHHalTigen<br />

leBensWeise<br />

Vortrag im rahmen der fairen<br />

Biketour von Frank Hermann,<br />

Buchautor, „Fair einkaufen —<br />

aber wie?“<br />

kantine Villaban, Mariecurie­str.<br />

1<br />

25.09. Berlin<br />

leBensWerTe — Was soll<br />

WirTscHaFT scHaFFen?<br />

Podiumsdiskussion u. a. mit<br />

Stefan Klein, Autor von „Der Sinn<br />

des Gebens“. Eine Gemeinschaftsveranstaltung<br />

von<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> und oikocredit.<br />

Filiale Berlin<br />

29.09.<strong>2012</strong> HaMBurg<br />

Messe grünes gelD<br />

Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> ist mit einem<br />

infostand auf der Messe für<br />

nachhaltige Geldanlagen<br />

vertreten und hat die Gold­<br />

Sponsorenschaft übernommen.<br />

curio­Haus, rothenbaumchaussee<br />

11<br />

12.10. sTuTTgarT<br />

3. sTuTTgarTer ForuM<br />

Für enTWicklung<br />

Vortrag von unserem Stuttgarter<br />

Filialleiter Wilfried Münch zur<br />

sozial­ökologischen <strong>Bank</strong>arbeit.<br />

stuttgart, Haus der Wirtschaft<br />

13.10. FreiBurg<br />

genossenscHaFTsTag in Der<br />

gls <strong>Bank</strong><br />

Vorstellung und Kurzpräsentation<br />

unterschiedlicher genossenschaftlich<br />

organisierter initiativen<br />

und Projekte zu den themen<br />

erneuerbare Energien, Soziales,<br />

Kultur, Bildung und Ernährung.<br />

gls <strong>Bank</strong> Freiburg, Merzhauser<br />

str. 177<br />

03.11. HaMBurg<br />

HaMBurger BörsenTag<br />

Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> begrüßt Sie an<br />

ihrem infostand.<br />

Handelskammer Hamburg<br />

09.11. HeilBronn<br />

poDiuMsDiskussion<br />

mit unserem Stuttgarter<br />

Filialleiter Wilfried Münch zum<br />

thema „Geld regiert die<br />

Welt — wer regiert das Geld?“<br />

VHs in Heilbronn<br />

10.11. FreiBurg<br />

Messe grünes gelD<br />

Die <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> ist mit einem<br />

infostand auf der Messe für<br />

nachhaltige Geldanlagen<br />

vertreten.<br />

Historisches kaufhaus<br />

Freiburg am Münstermarkt<br />

17.11. — 18.11. Berlin<br />

Berlin HelDenMarkT<br />

Unsere Mitarbeiter sind mit<br />

einem infostand vertreten.<br />

Veranstalter: Forum Futura KG<br />

postbahnhof<br />

WeiTere inForMaTionen<br />

unD TerMine FinDen sie un­<br />

Ter WWW.gls.De/TerMine<br />

iMpressuM<br />

<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong>, Heft 215<br />

(Herbst <strong>2012</strong>)<br />

31. Jahrgang, issn 1430­6492<br />

Der „<strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — Das Magazin<br />

der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>“ wird herausgegeben<br />

für die Mitglieder, Kundinnen<br />

und Kunden sowie Freundinnen<br />

und Freunde der <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>. Über<br />

die Zusendung von redaktionellen<br />

Beiträgen und Leserbriefen<br />

freuen wir uns. Bitte verstehen<br />

Sie, dass wir nicht jeden Beitrag<br />

veröffentlichen können und<br />

eventuell Kürzungen vornehmen.<br />

Für namentlich gekennzeichnete<br />

Artikel sind die Autorinnen und<br />

Autoren verantwortlich. Sie stellen<br />

nicht unbedingt die Meinung<br />

der Herausgeber dar. Der Nachdruck<br />

und die Vervielfältigung<br />

von Artikeln (auch auszugsweise)<br />

sind nur nach vorheriger Genehmigung<br />

durch die Herausgeber<br />

gestattet.<br />

HerausgeBer<br />

<strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG<br />

Postfach 10 08 29<br />

44708 Bochum<br />

Telefon 0234 5797 100<br />

Telefax 0234 5797 222<br />

cHeFreDakTeurin<br />

Eva Schneeweiss<br />

reDakTion Katharina Hahlhege,<br />

Christof Lützel, Bettina Schmoll,<br />

Dr. Antje Tönnis, Janina Zajic, Falk<br />

Zientz; Klartext: Uwe Greff, Christian<br />

Sorgenfrei<br />

erscHeinungsWeise Dreimal<br />

im Jahr. Die nächste Ausgabe<br />

erscheint im Dezember <strong>2012</strong>.<br />

Redaktionsschluss ist<br />

Oktober <strong>2012</strong>.<br />

aBonneMenT Kundinnen,<br />

Kunden und Mitglieder der<br />

<strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong> erhalten den <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong><br />

kostenlos. Der <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong><br />

kann für 12 Euro pro Jahr<br />

(drei Ausgaben) abonniert<br />

werden. Das Abonnement kann<br />

jeweils zum Ablauf eines<br />

Bezugsjahres gekündigt werden.<br />

Bestellen Sie den <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong><br />

telefonisch unter 0234 5797 100.<br />

konTo Für aBoBeiTrÄge<br />

Konto 9 978 200 500 bei<br />

der <strong>GLS</strong> Gemeinschaftsbank eG<br />

Bochum, BLZ 430 609 67<br />

BeraTung unD gesTalTung<br />

Stan Hema, Berlin<br />

lekToraT Daniela Kaufmann<br />

Druck Offset Company,<br />

Wuppertal, gedruckt auf Enviro­<br />

top, 100 % Recyclingpapier mit<br />

dem Blauen Engel (RAL­UZ 14)<br />

AuFlAGe 104.000 Exemplare<br />

konTakT<br />

inForMATion unD<br />

serVice<br />

Telefon +49 234 5797 100<br />

kundendialog@gls.de<br />

www.gls.de<br />

www.gls.de/service­portal<br />

www.gls.de/blog<br />

www.gls.de/facebook<br />

www.gls.de/twitter<br />

AnGeBoTs- unD<br />

AnlAGeBerATunG<br />

Telefon 0234 5797 200<br />

kreDiTserVice<br />

unD -BerATunG<br />

Telefon 0234 5797 300<br />

sTanDorTe<br />

Berlin<br />

schumannstraße 10,<br />

10117 Berlin<br />

BocHuM<br />

christstraße 9,<br />

44789 Bochum<br />

FrAnkFurT<br />

Mainzer landstraße 50,<br />

60325 Frankfurt/M.<br />

FreiBurG<br />

Merzhauser straße 177,<br />

79100 Freiburg<br />

HAMBurG<br />

Mittelweg 147,<br />

20148 Hamburg<br />

MüncHen<br />

Herzog­Heinrich­<br />

straße 18,<br />

80336 München<br />

sTuTTGArT<br />

eugensplatz 5,<br />

70184 stuttgart<br />

BilDQuellen <strong>GLS</strong> Archiv und<br />

Projekte, Autorenportraits bei den<br />

Autoren, Kreditportraits bei den<br />

Projekten; Titel: Donald Miralle/<br />

Getty Images; S. 6 <strong>GLS</strong> Kunden,<br />

S. 7 Pattloch, S. 10/11 Ron<br />

Koeberer/Getty Images, S. 19<br />

Gemeinschaftskrankenhaus<br />

Witten/Herdecke, S. 28/29 Oliver<br />

Helbig, <strong>GLS</strong> <strong>Bank</strong>, S. 30 Johannes<br />

Korten, S. 35 Klaus Berthold, S. 37<br />

Martin Steffen, S. 44 Paracelsus­<br />

Krankenhaus Unterlengenhardt<br />

e. V., S. 47 Sebastian Schiebel<br />

illusTraTionen S. 19, 21<br />

Till Christ<br />

Kassensturz<br />

Unsere nächste<br />

Ausgabe erscheint<br />

im Dezember<br />

zum Thema Bauen.<br />

46 <strong>Bank</strong> <strong><strong>Bank</strong>spiegel</strong> — ausgabe 2/<strong>2012</strong> Heft 215 <strong>Bank</strong><br />

Was haben Sie im<br />

Geldbeutel?<br />

Sebastian Schiebel, 22, Student und<br />

seit <strong>2012</strong> <strong>GLS</strong> Kunde<br />

„Weil ich nicht verstand, warum man<br />

geld und rohstoffe verschwendet, um<br />

etwas zu haben, in dem man geld herumträgt<br />

— und ich auch recht pleite<br />

war —, faltete ich einen Filmflyer, packte<br />

alles Wichtige hinein und wickelte ein<br />

geschenktes Haargummi darum. Dieses<br />

anfängliche provisorium hält nun schon<br />

fast zwei Jahre. andere leute fanden das<br />

chaotisch, mir gefällt, dass man meinem‚<br />

geldbeutel‘ ansieht, was ich alles erlebt<br />

habe. Drin sind die diversen karten und<br />

ausweise, aber auch bunte aufkleber,<br />

erinnerungsstücke und Quittungen, auf<br />

denen ich kleinigkeiten notiert habe.<br />

und wenn man mich dann schief ansieht<br />

wegen meines chaos­portemonnaies?<br />

Dann grinse ich einfach zurück."<br />

47


Was ist gesund­<br />

heit am ende<br />

anderes als die<br />

entfaltung<br />

unserer<br />

Möglichkeiten?<br />

Machen<br />

sie’s gut!<br />

Werden sie<br />

Mitglied.<br />

glsbank.de<br />

Geld ist Vitamin für gesellschaftliche Entwicklung —<br />

wenn wir es gemeinsam dazu machen.<br />

das macht Sinn

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!