Julia Rielich - Gymnasium Walsrode
Julia Rielich - Gymnasium Walsrode
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Mèmà mò áhà!<br />
Das ist Fanti und heißt “Guten Tag”. Fante ist die lokale Sprache in und um Cape<br />
Coast im Süden Ghanas. Hier lebe ich, <strong>Julia</strong>, nun für ein Jahr.<br />
Ich habe dieses Jahr am <strong>Gymnasium</strong> <strong>Walsrode</strong> Abitur gemacht und leiste nun einen<br />
Freiwilligendienst im Rahmen des weltwärts-Programmes. Weltwärts ist ein staatlich<br />
gefördertes Programm für Jugendliche zwischen 18 und 24 und bietet die<br />
Möglichkeit, ein Jahr in einem „Entwicklungsland“ zu arbeiten, die Kultur und das<br />
dortige Leben kennenzulernen und dann das Erlebte nach Deutschland zu tragen.<br />
Ghana liegt in Westafrika, das Klima ist tropisch. Im Norden herrscht Savanne vor, im<br />
Süden der Regenwald! Während es bei euch also gerade Winter wird, geht bei uns<br />
die Regenzeit zu Ende und die<br />
Temperaturen betragen um<br />
die 30 Grad. Ich wohne in<br />
Cape Coast, eine schöne, an<br />
der Küste des Golf von Guinea<br />
gelegene Kolonialstadt mit<br />
vielen wunderschönen<br />
Stränden (an denen ich auch<br />
gerne meine Wochenenden<br />
verbringe). Die Stadt ist die<br />
Hauptstadt der Central Region<br />
und hat rund 145.000<br />
Einwohner. Früher war Cape<br />
Coast der Ausgangspunkt für<br />
die Verschiffung des Großteils der Sklaven in die „neue Welt“. Heutzutage weißt nur<br />
noch das im Jahre 1637 von Holländern errichtete Cape Coast Castle auf diese<br />
traurige Vergangenheit hin.<br />
Ich arbeite in der George Ferguson Preparatory School, die auf einem Hügel direkt<br />
an der Küste liegt. Die George Ferguson Preparatory School in Cape Coast wurde<br />
1989 gegründet, um den einkommensschwachen Bewohnern des Fischerviertels<br />
Schulzugang und Bildung zu ermöglichen. Die Schule hat derzeit 369 Schüler, deren<br />
Zahl jedoch sehr schwankend ist.<br />
Es gibt insgesamt zwölf Klassen:<br />
Eine Kinderkrippenklasse, zwei<br />
Klassen im Kindergarten, sechs in<br />
der Grundschule und drei in der<br />
Junior High School. In unseren<br />
Schulen wird viel frontal<br />
unterrichtet. Das heißt, die Lehrer<br />
sprechen etwas vor und die<br />
Schüler sprechen es nach ohne<br />
wirklich zu verstehen, was sie da<br />
sagen.
In der Schule soll nur Englisch gesprochen werden, was allerdings schwer ist, da<br />
gerade die Kleinsten nur wenige Worte Englisch verstehen. Also sprechen die Lehrer<br />
in der Grundschule noch sehr viel Fanti und ich bin auch fleißig am lernen, damit ich<br />
bald auch verstehe, was die Kleinen mir mitteilen möchten. Also verzeiht mir bitte<br />
meine zahlreichen Rechtschreibfehler, ich wechsle momentan täglich zwischen 3<br />
Sprachen! Morgens in der Assembly singen alle Schüler die Nationalhymne und<br />
marschieren danach in ihre Klassen. Die Lehrer werden mit Sir und die Lehrerinnen<br />
mit Madam angesprochen. Der Rohrstock ist leider immer noch stets präsent und<br />
auch im Einsatz. Ich selber unterrichte Sport (P.E.) in allen Klassen, Kunst ( Creative<br />
Arts) in der 1. – 4. Klasse und Deutsch in der 4. Klasse. Außerdem fahre ich täglich<br />
mit einer Klasse in die Stadtbücherei, in welcher sie eine Stunde Zeit haben sich die<br />
Bücher ihrer Wahl durch zu lesen. Wir haben auch eine schuleigene Bücherei, die<br />
den letzten Freiwilligen, sowie einer Spende der Dietmar Hopp Stiftung errichtet<br />
wurde. Leider stehen dort bisher nur ein Lehrertisch und ein Regal mit ein paar<br />
Büchern. Momentan dient die Bücherei mir nur als Büro. Manchmal ist sie auch<br />
Ausweichmöglichkeit, wenn der Schulbus kaputt ist (was jede Woche mind. einmal<br />
vorkommt..), aber die Schüler kennen dort mittlerweile fast alle Bücher auswendig.<br />
Durch die Hilfe der Entwicklungshilfe-AG unter Leitung von Frau Liedke ist es mir<br />
bereits gelungen die Bücherei mit einem Tisch für die Schüler zu füllen. Zwei weitere<br />
sind in Auftrag. Des Weiteren konnte ich auch schon ein paar neue Bücher kaufen.<br />
Mein persönliches Ziel ist es die Bücherei am Ende des Jahres komplett nutzen zu<br />
können und somit auf die Bücherei in der Stadt verzichten zu können. So soll es den<br />
Schülern auch möglich sein Bücher auszuleihen und während der Pausen in der<br />
Bücherei lesen zu können. Es gibt also jede Menge zu tun und wenn ich dann mal<br />
keinen Unterricht habe, helfe ich meiner Gastschwester, die eine der beiden<br />
Kindergartenklassen unterrichtet.<br />
Ich lebe hier in einer Gastfamilie. Mein Gastvater ist gleichzeitig der Direktor meiner<br />
Schule und wie schon erwähnt arbeitet auch meine Gastschwester (Aurora) hier, die<br />
genauso wie ich erst 19 ist und nebenbei noch studiert. Meine Gastmutter ist<br />
Lehrerin an einer anderen Schule und meine andere Gastschwester (Agnes) steckt<br />
mitten in ihrem Studium. Dann leben hier noch eine Nichte (Beatrice,16) und eine<br />
Cousine ( Catherine,13). Sie dürfen hier<br />
umsonst leben und die Schule besuchen,<br />
müssen dafür aber alle (!) Aufgaben, die im<br />
Haushalt anfallen, erledigen. Wir wohnen in<br />
einem alten Kolonialhaus direkt neben der<br />
Schule (weswegen ich eigentlich auch<br />
nachmittags keinen Feierabend habe, weil<br />
immer irgendwelche Kids zum Fußball spielen<br />
da sind…). Wir haben kein fließend Wasser<br />
und sind somit auf den Schulbus angewiesen,<br />
der unser Wasser mit Kanistern aus der Stadt<br />
hier nach oben befördert. Stromausfälle sind<br />
auch nicht selten.
An das Essen hier muss man sich auch erst gewöhnen. Der wichtigste Bestandteil<br />
des Essens sind die Soßen, hier „Stew“ genannt. Sie alle beinhalten Pfeffer in<br />
Mengen und sind somit sauscharf! Dadurch, dass wir direkt am Meer wohnen gibt es<br />
auch täglich Fisch, Shrimps oder Krabbe. Und wenn es dann doch mal Hühnchen<br />
gibt, dann ist ganz sicher gemahlenes Shrimpsmehl in der Soße! Als Beilage dienen<br />
dann Reis, Yamknollen (schmeckt ähnlich wie Kartoffeln) oder Kochbananen. Eine<br />
weitere Spezialität ist „Fufu“. Für das klassische Fufu werden gekochte<br />
Maniokwurzeln und Kochbananen in breiten Mörsern zu einer tatsächlich<br />
gummiartigen Paste zusammengestampft. Mein Fall ist es ehrlich gesagt nicht,<br />
erinnert mich zu sehr an Knete (Play-Doh) aus Kindertagen…<br />
Allerdings bekommt man hier auch Spaghetti, Maggi und Cola! Und natürlich jede<br />
Menge exotisches Obst!<br />
Mittlerweile bin ich schon fast 3 Monate hier und fühle mich echt wohl. Am Anfang<br />
war hier alles noch ziemlich ungewohnt und auch heute wartet fast jeden Tag eine<br />
neue Überraschung auf mich. Ich merke auch immer mehr, dass die Kinder nicht nur<br />
von mir lernen, sondern ich auch ganz viel von ihnen (z.B. die Sprache). Auch wenn<br />
es manchmal nicht leicht ist, die Kinder (gerade die Kleinsten) schaffen es immer<br />
mich zum Lachen zu bringen! Ich bin froh, dass ich mich für dieses Jahr entschieden<br />
habe!<br />
Wenn ihr noch mehr wissen wollt, dann schaut euch einfach meinen Blog an (<br />
http://juliaincapecoast.blogspot.com/ )oder schreibt mir (julia@rielich.de)<br />
Liebe Grüße<br />
Eure Madam <strong>Julia</strong>