Börsenblatt - Universitätsbuchhandlung Krüper
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MANAGEMENT SORTIMENT<br />
Auf die Zahl<br />
gekommen<br />
22 | 8-2005 börsenblatt
Markt-Erfolgs-Navigator Mit einem<br />
computergestützten Führungssystem<br />
hat die <strong>Universitätsbuchhandlung</strong><br />
<strong>Krüper</strong> in Münster ihre<br />
wirtschaftliche Lage deutlich<br />
verbessert. Größere Transparenz und<br />
effektiveres Arbeiten motivieren<br />
das gesamte Team.<br />
Freitag, 11 Uhr. Reporting-<br />
Tag bei der <strong>Universitätsbuchhandlung</strong><br />
<strong>Krüper</strong> in<br />
Münster. Um den runden Konferenztisch<br />
versammeln sich einmal<br />
im Monat Geschäftsführer Martin<br />
<strong>Krüper</strong> und alle Führungskräfte<br />
der Buchhandlung, darunter die<br />
Leiter der drei Filialen, die Prokuristin<br />
und die Leiterin des Außendiensts.<br />
Auf dem Tisch steht ein<br />
Laptop mit Beamer, das gleich die<br />
Charts mit den Zahlen zur Geschäftsentwicklung<br />
an die Wand<br />
werfen wird. Jeder Konferenzteil-<br />
nehmer hat sie für seinen Verantwortungsbereich<br />
vorbereitet. Es<br />
geht um Deckungsbeiträge, Barund<br />
Rechnungsverkauf, Umsatz<br />
je Mitarbeiter, Fremdeinsätze, um<br />
Kundenzufriedenheit und andere<br />
wichtige Kennzahlen.<br />
Spannung liegt in der Luft. Wer<br />
hat seine Planzahlen erreicht oder<br />
gar übertroffen? Welche Marketing-<br />
und Werbemaßnahmen waren<br />
erfolgreich? Welche Aufgaben<br />
stehen in den kommenden Wochen<br />
an? Obwohl die Arbeit des<br />
Teams dadurch regelmäßig einer<br />
strengen Erfolgskontrolle unterzogen<br />
wird, ist der Reporting-Tag<br />
bei <strong>Krüper</strong> für die Führungskräfte<br />
»kein Tag des Jüngsten Gerichts«.<br />
Es geht darum, über erfreuliche<br />
wirtschaftliche Entwicklungen,<br />
aber auch über Probleme und Lösungen<br />
zu sprechen. Nicht mehr<br />
und nicht weniger. Seit 2004 ist<br />
das Treffen nicht mehr aus dem<br />
Alltag der Fachbuchhandlung<br />
wegzudenken, die auf Recht,<br />
Wirtschaft, Steuern spezialisiert<br />
ist und 2004 rund 7,3 Millionen<br />
Euro umgesetzt hat. ➤<br />
Auf Achse im Dienst<br />
der Kunden:<br />
Geschäftsführer<br />
Martin <strong>Krüper</strong><br />
(links) und eines der<br />
vier gelben Kurier-<br />
Autos, mit denen die<br />
Bücher ausgefahren<br />
werden<br />
Text: Christina Schulte<br />
Fotos: Gerd Beike<br />
8-2005 börsenblatt | 23
Markt-Erfolgs-<br />
Navigator: Für die vier<br />
Bereiche Finanzen,<br />
Kunden, Prozesse und<br />
Mitarbeiter wurden<br />
jeweils sieben wichtige<br />
Kennzahlen definiert;<br />
sie werden durch einen<br />
Soll-Ist-Vergleich<br />
regelmäßig<br />
kontrolliert. Die<br />
Ampelfarben zeigen,<br />
wo Ziele erreicht,<br />
übertroffen oder<br />
verfehlt wurden<br />
24 | 8-2005 börsenblatt<br />
➤ Der Reporting-Tag ist Teil eines<br />
grundlegenden Wandels, der<br />
sich in den vergangenen Jahren in<br />
dem Münsteraner Sortiment vollzogen<br />
hat. Wie viele mittelständische<br />
Buchhandlungen spürte<br />
auch <strong>Krüper</strong> den immer stärker<br />
werdenden Verdrängungswettbewerb.<br />
Die wirtschaftliche Lage<br />
des Unternehmens war angespannt.<br />
Hinzu kam der wachsende<br />
Druck der Kunden, die eine<br />
immer höhere Servicequalität forderten<br />
– und der Wunsch der Mitarbeiter<br />
nach einer zielgerichteten,<br />
dialogorientierten Führung.<br />
Reagiert hat Martin <strong>Krüper</strong> mit<br />
der Einführung eines computergestützen<br />
Führungssystems, dem<br />
Markt-Erfolgs-Navigator – Voraussetzung<br />
dafür, dass der Reporting-Tag<br />
überhaupt stattfinden<br />
kann. Entwickelt wurde das Sys-<br />
Finanzen<br />
1 Betriebsergebnis - 2 - 4 T€<br />
2 Deckungsbeitrag I - 2 -2 T€<br />
3 Rohertragsspanne 35 33 %<br />
4 Fixe Kosten 6 7 T€<br />
5 Variable Kosten 1 1 T€<br />
6 Wertabschreibungen 1 0 T€<br />
7 Inventurdifferenzen 3 4 T€<br />
Kunden Prozesse<br />
tem von dem Unternehmensberater<br />
Rolf Ribbe, der damit bereits<br />
gute Erfahrungen in anderen<br />
Branchen gesammelt hat. Aus vier<br />
Bereichen wurden die jeweils sieben<br />
wichtigsten Kennzahlen definiert.<br />
Sie machen Lage und Abläufe<br />
im gesamten Unternehmen<br />
transparent (siehe Abbildung unten).<br />
Die Ampelsymbolik zeigt –<br />
rechtzeitig –, wo alles im grünen<br />
Bereich ist, wo es kritisch wird<br />
und wo nachgebessert werden<br />
muss. »Der Markt-Erfolgs-Navigator<br />
sorgt für klare Parameter, die<br />
unsere Arbeit effektiver und planbarer<br />
machen«, urteilt <strong>Krüper</strong>.<br />
In einem zweijährigen Prozess<br />
wurde das Programm gemeinsam<br />
mit Ribbe auf die individuellen<br />
Anforderungen im Haus zugeschnitten.<br />
Workshops machten<br />
die Führungskräfte fit für die Ar-<br />
1 Kd. – Zufriedenheit PK 80 74 % 1 Warenbestand 82 84 T€<br />
2 Kd. – Zufriedenheit BK 80 82 % 2 Einkaufsbudget 15 14 T€<br />
3 Gesamtumsatz 23 19 T€ 3 Warenumschlag 3,5 3 Anz.<br />
4 Barverkauf 18 15 T€ 4 Remittenden 1 2 T€<br />
5 Rechnungsverkauf 6 4 T€ 5 Kosten für Remission 0,1 0,2 T€<br />
6 Umsatz Barsortiment 7 3 T€ 6 Warenumschlag intern 2 1 T€<br />
7 Aktionsumsatz 2 4 T€ 7 Warenausgang intern 4 3 T€<br />
Mitarbeiter<br />
1 FK –Leistung PK/BK 80 77 %<br />
2 MA – Leistung PK/BK 75 76 %<br />
3 Performance Indikator 75 72 %<br />
4 Umsatz je Mitarbeiter 11 8 T€<br />
5 Fremdleistungen intern 9 7 h<br />
6 Fremdeinsätze intern 6 9 h<br />
7 Fehltage 2 0 Anz.<br />
Wirkungsgrad der<br />
Aktionslisten<br />
beit mit dem Programm. Betriebswirtschaftliche<br />
Grundlagen pauken,<br />
einen Blick für die Zahlen<br />
entwickeln: Die meisten von ihnen<br />
haben dabei Neuland betreten<br />
– und das nicht ohne Vorbehalte.<br />
Denn als Buchhändler wollten<br />
sie eigentlich Kunden beraten<br />
und Bücher verkaufen. Und nicht<br />
einen Computer regelmäßig mit<br />
betriebswirtschaftlichem Zahlenmaterial<br />
füttern, Zahlen auswerten,<br />
Zahlen vergleichen. Gleichzeitig<br />
machte sich aber auch<br />
»Neugier, eine gespannte Erwartungshaltung«<br />
breit, wie sich Filialleiter<br />
Martin Handke erinnert.<br />
»Endlich mussten wir nicht mehr<br />
aus dem Bauch heraus entscheiden<br />
und konnten auf handfeste<br />
Zahlen zurückgreifen«, ergänzt<br />
Filialleiterin Annette Schulze<br />
Kolthof.<br />
Zahlenmaterial, das die gewohnten<br />
Prozesse ganz schön<br />
durcheinander gewirbelt hat. Eine<br />
der wichtigsten Erkenntnisse<br />
formulierte Berater Rolf Ribbe<br />
gleich zu Anfang: »Der Lagerbestand<br />
bei <strong>Krüper</strong> ist viel zu<br />
hoch, der Lagerumschlag zu gering.«<br />
Die Konsequenz: Das Lager<br />
wurde abgebaut, man konzentrierte<br />
sich auf A-, B- und C-Titel,<br />
wobei unter den C-Titeln<br />
nochmals selektiert wurde. »Auf<br />
einmal hatten wir freie Fläche in<br />
den Buchhandlungen, die wir<br />
durch eine großzügigere, attraktivere<br />
Präsentation der Bücher gefüllt<br />
haben«, berichtet Martin<br />
Handke. Das hat sich bezahlt gemacht.<br />
Im Oktober 2004 erzielte<br />
<strong>Krüper</strong> ein Umsatzplus von<br />
5,5 Prozent im Vergleich zum
Vorjahr – mit einem um 16 Prozent<br />
reduzierten Warenbestand.<br />
Eigenverantwortung<br />
der Mitarbeiter<br />
Die drei Filialleiter, die ihre Geschäfte<br />
als Profit Center führen,<br />
sind für ihre Zahlen selbst verantwortlich,<br />
planen eigenständig.<br />
Und sie sorgen dafür, dass die Informationen<br />
auch ihren Mitarbeitern<br />
zugänglich ge-<br />
macht werden.<br />
Wer zusätzliches<br />
Personal einstellt,<br />
merkt dies sofort<br />
an seinen Kosten.<br />
»Unsere Denk- und<br />
Arbeitsweise hat<br />
sich dadurch stark<br />
verändert«, weiß<br />
Schulze Kolthof.<br />
So werden die Urlaube, wenn<br />
möglich, auf die Semesterferien<br />
verteilt, in denen ohnehin weniger<br />
los ist; die Pausen so gelegt,<br />
dass die Buchhandlung in der Mittagszeit,<br />
wenn besonders viele<br />
Kunden kommen, gut besetzt ist.<br />
Auch an der Weiterentwicklung<br />
des Unternehmens wird kontinuierlich<br />
gearbeitet. Projektarbeit,<br />
vorher ein Fremdwort, nimmt<br />
jetzt einen Teil der buchhändlerischen<br />
Arbeit ein. Welche Kooperationen<br />
könnten mit welchen<br />
Verlagen getätigt werden, welche<br />
Punkte sollen in der jährlich<br />
durchgeführten Kundenbefragung<br />
angesprochen werden? Die<br />
Zeit für die Vorbereitung und<br />
Durchführung solcher Projekte<br />
können sich die Mitarbeiter auf<br />
zweierlei Weise nehmen. Sie zie-<br />
»Unsere Aufgaben<br />
sind abwechslungsreicher<br />
geworden.<br />
Wir arbeiten<br />
ergebnisorientiert«<br />
Annette Schulze Kolthof,<br />
Filialleiterin<br />
hen sich, wenn die Zeiten ruhiger<br />
sind, aus dem Tagesgeschäft<br />
zurück, oder sie holen sich eine<br />
Aushilfe zur Unterstützung.<br />
Selbstredend wird auch hier wieder<br />
genau gerechnet, welches der<br />
effektivere Weg ist. »Unsere Aufgaben<br />
sind viel abwechslungsreicher<br />
geworden«, meint Annette<br />
Schulze Kolthof: »Wir arbeiten<br />
ziel- und ergebnisorientiert, denken<br />
unternehmerisch.«<br />
Um Mitarbeiter<br />
zu finden, die den<br />
neuen Anforderungenentsprechen,<br />
wird bei<br />
<strong>Krüper</strong> jetzt nur<br />
noch via Assessment<br />
Center eingestellt.<br />
»Wir haben<br />
für alle PositionenAnforderungsprofile<br />
erstellt und gleichen<br />
diese mit den Bewerbern ab«, erläutert<br />
<strong>Krüper</strong>. Das Assessment<br />
Center sei zwar ein aufwendiges<br />
Verfahren, mache sich mittelfristig<br />
jedoch bezahlt.<br />
Freilich hat das genaue Durchforsten<br />
der Zahlen, die Arbeit mit<br />
dem computergestützten Führungssystem<br />
zu nicht unerheblichen<br />
Umwälzungen im Unternehmen<br />
geführt. So war der Personalbestand<br />
in manchen Filialen<br />
zu hoch, das Backoffice nicht ausgelastet<br />
und längst nicht so produktiv<br />
wie heute. Auch wollten<br />
oder konnten nicht alle Mitarbeiter<br />
den Veränderungsprozess mittragen.<br />
Es kam zu Trennungen.<br />
Gleichzeitig wurde an anderen<br />
Stellen neues Personal eingestellt.<br />
»Wir haben unseren Außendienst<br />
gestärkt, um die Bestandskunden<br />
besser pflegen zu können und um<br />
uns intensiver der Gewinnung<br />
von Neukunden widmen zu können«,<br />
so <strong>Krüper</strong>. Er setzt auf das<br />
Rechnungsgeschäft, das bereits<br />
heute 80 Prozent des Umsatzes<br />
ausmacht. »Das Filialgeschäft ist<br />
weitgehend ausgereizt.« Auch<br />
neue Geschäftsfelder wie das Information<br />
Broking, der Handel<br />
mit Informationen, die über die<br />
üblichen Produkte hinausgehen,<br />
sollen erschlossen werden.<br />
Übertragbarkeit auf<br />
andere Sortimente<br />
Dass auch kleinere Buchhandlungen<br />
den Markt-Erfolgs-Navigator<br />
gewinnbringend einsetzen<br />
können – davon ist <strong>Krüper</strong> überzeugt.<br />
»Es gibt keine Mindestgröße<br />
für dieses Instrument. Vielmehr<br />
findet der Wandel zu einem<br />
großen Teil in den Köpfen statt –<br />
und dieser ist unabhängig von der<br />
Zahl der Mitarbeiter und der<br />
Größe der Buchhandlung.«<br />
Natürlich sei der von einem Unternehmensberater<br />
und Workshops<br />
begleitete Prozess kein geringes<br />
Investment, gibt <strong>Krüper</strong> zu,<br />
ohne Zahlen zu nennen: »Aber es<br />
ist eines, das sich lohnt.«<br />
Das bekommt Martin <strong>Krüper</strong><br />
auch in Gesprächen mit den Banken<br />
zu spüren. »Mit unseren Unterlagen<br />
hinterlassen wir bei den<br />
Kreditinstituten einen besseren<br />
Eindruck«, zieht er Bilanz: »Wir<br />
liefern aussagekräftige Zahlen und<br />
ein schlüssiges Unternehmenskonzept<br />
– seitdem erzielen wir<br />
Bestnoten beim Rating.« b<br />
Impressionen aus dem<br />
Alltag bei <strong>Krüper</strong> (von<br />
links): Reporting-Tag<br />
mit Geschäftsführer<br />
und Führungskräften,<br />
Folder mit den<br />
Serviceangeboten der<br />
Buchhandlungen,<br />
Beratungsgespräch<br />
und ein Blick auf die<br />
Krimi-Ecke. Sie wurde<br />
auf Wunsch der<br />
Kunden eingerichtet<br />
<strong>Universitätsbuchhandlung</strong><br />
<strong>Krüper</strong><br />
Schwerpunkte: Recht,<br />
Wirtschaft, Steuern,<br />
Medizin, Naturwissenschaften<br />
Gegründet:<br />
1. Oktober 1955<br />
Geschäftsführer:<br />
Gisela und Martin<br />
<strong>Krüper</strong><br />
Umsatz 2004: 7,3 Millionen<br />
Euro (80 Prozent<br />
Rechnungsgeschäft)<br />
Mitarbeiter: 47<br />
Filialen: 3<br />
Verkaufsfläche:<br />
350 Quadratmeter<br />
Bürofläche: 480 Quadratmeter<br />
Frauenstraße 42<br />
48143 Münster<br />
Telefon: 0251 /41 7650<br />
Fax: 0251 /4 1765 70<br />
Internet: www.krue<br />
per.de<br />
E-Mail: krueper<br />
@krueper.de<br />
8-2005 börsenblatt | 25