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Erbrechen beim Hund, Teil 2 - Tierärztliche Spezialistenklinik

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Medizin<br />

<strong>Erbrechen</strong> <strong>beim</strong> <strong>Hund</strong>, <strong>Teil</strong> 2<br />

Die häufigsten Ursachen<br />

von Dr. med. vet. Kamil Tomsa<br />

Abb. 1: Dieser <strong>Hund</strong> hat ein Spielzeug verschluckt, das endoskopisch aus dem Magen entfernt werden<br />

konnte.<br />

<strong>Erbrechen</strong> hat eine sehr breite Palette von möglichen Ursachen. Nachdem<br />

im 1. <strong>Teil</strong> (SHM 7/05) Ablauf und Auslöser, Unterschiede zu<br />

Regurgitation sowie mögliche Komplikationen des <strong>Erbrechen</strong>s besprochen<br />

wurden, handelt dieser <strong>Teil</strong> von den häufigsten Ursachen. Im dritten<br />

und letzten <strong>Teil</strong> wird es um die verschiedenen Diagnose- und<br />

Behandlungsmöglichkeiten gehen.<br />

Akutes <strong>Erbrechen</strong>:<br />

die häufigsten Ursachen<br />

<strong>Erbrechen</strong> wird in der Fachsprache als akut<br />

bezeichnet, wenn es weniger als zwei Wochen<br />

andauert. In der Praxis kann man ein<br />

<strong>Erbrechen</strong> als akut bezeichnen, das plötzlich<br />

und unerwartet begonnen hat. Es kann<br />

sich hier sowohl um harmlose Ursachen,<br />

die sich von selbst beheben, wie auch um<br />

38<br />

Schweizer <strong>Hund</strong>e Magazin 8/05<br />

lebensbedrohliche Zustände handeln. Deshalb<br />

muss die Situation jedes Mal neu beurteilt<br />

werden, wobei Faktoren wie Alter<br />

und Allgemeinzustand des <strong>Hund</strong>es wichtig<br />

sind. Weitere Abklärungen sind nicht immer<br />

erforderlich. Gesellt sich aber Fieber, Lustlosigkeit,<br />

schlechter Appetit oder Durchfall<br />

dazu oder fallen Blut<strong>beim</strong>engungen im Erbrochenen<br />

auf, sollte ein Tierarzt aufgesucht<br />

werden.<br />

Futtermittelunverträglichkeit<br />

Unter diesem Begriff fasst man alle Arten<br />

von gesundheitlichen Beschwerden zusammen,<br />

welche mit der Futteraufnahme in Zusammenhang<br />

stehen. Aufnahme von verdorbenem<br />

Futter wie auch plötzlicher Futterwechsel<br />

sind die häufigsten Gründe für<br />

akutes <strong>Erbrechen</strong>. Insbesondere Welpen<br />

neigen dazu, alles zu verschlingen, was sie<br />

finden. Dabei zählt auch in unseren Augen<br />

Ekliges wie altes verschimmeltes Brot oder<br />

Katzenkot zu absoluten Delikatessen. Wir<br />

haben die Erfahrung gemacht, dass Vertreter<br />

bestimmter Rassen wie Labrador Retriever<br />

oder West Highland White Terrier durch<br />

gieriges, teilweise wahlloses Fressverhalten<br />

auffallen. Glücklicherweise löst das <strong>Erbrechen</strong><br />

meistens die Ursache desselben und<br />

gefährdet den Allgemeinzustand des <strong>Hund</strong>es<br />

nicht weiter.<br />

Zu rascher Futterwechsel kann häufig akute<br />

Verdauungsstörungen verursachen. Das<br />

liegt daran, dass der Verdauungstrakt des<br />

<strong>Hund</strong>es eine gewisse Zeit braucht, um sich<br />

an die Zusammensetzung eines neuen Futters<br />

zu gewöhnen. Man weiss heute, dass sich<br />

aufgrund eines Futterwechsels die Zusammensetzung<br />

der Verdauungssäfte und die<br />

Dichte der Enzyme in der Darmschleimhaut<br />

verändern. Deshalb sollte die Futterumstellung<br />

immer schrittweise über mindestens<br />

drei Tage erfolgen.<br />

Fremdkörper (Darmverschluss)<br />

Dies ist eine recht häufige Ursache für akutes<br />

<strong>Erbrechen</strong>. Insbesondere Jungtiere oder<br />

einzelne Vertreter bestimmter Rassen werden<br />

häufig deswegen in die Tierarztpraxis<br />

gebracht. Es sind auch Individuen bekannt,<br />

die mehr als einmal wegen eines Fremdkörpers<br />

operiert werden mussten! Meistens<br />

handelt es sich um Plastikteile, Stoff, Holz<br />

oder Steine (Abb. 1). Obwohl die Besitzer<br />

häufig die Aufnahme des Fremdkörpers beobachten<br />

konnten (z. B. Spielsachen, Fischerhaken<br />

mitsamt Angelschnur), gibt es<br />

immer wieder Patienten, die aufwändig abgeklärt<br />

werden müssen, bis die Diagnose<br />

Darmverschluss gestellt werden kann. Hier<br />

muss gesagt werden, dass auch mit den modernen<br />

diagnostischen Möglichkeiten wie<br />

Röntgen oder Ultraschall die Diagnosestellung<br />

eine echte Herausforderung sein kann,<br />

denn Plastik oder Stoff stellt sich im Röntgenbild<br />

nicht dar. Deshalb muss häufig eine<br />

diagnostische Operation (Laparotomie,<br />

Öffnung der Bauchhöhle) Sicherheit schaffen.<br />

Auch wenn es dabei vorkommt, dass<br />

kein Fremdkörper gefunden wird: Es ist in


solchen Fällen bestimmt besser, einmal zu<br />

viel zu operieren, als einmal zu spät zu sein<br />

(d. h. wenn der Darm schon geplatzt ist).<br />

Medikamente / Gifte (Toxine)<br />

Es gibt eine ganze Reihe von Medikamenten<br />

und Giften, die akutes <strong>Erbrechen</strong> auslösen<br />

können. Meistens kann der Zusammenhang<br />

zwischen dem Mittel und dem <strong>Erbrechen</strong><br />

aufgrund der Vorgeschichte geklärt<br />

werden (Beobachtung des <strong>Hund</strong>ebesitzers,<br />

verschriebene Medikamente, Gifte im Haushalt).<br />

Zu den häufigsten Auslösern gehören<br />

verschiedene Schmerzmittel, Antibiotika<br />

oder Chemotherapeutika (Mittel gegen<br />

Krebs). Bei den Giften kann es sich u. a. um<br />

Schwermetalle, Frostschutzmittel oder<br />

Schneckenkörner handeln. Grosse Vorsicht<br />

ist bei der Anwendung von Humanmedikamenten<br />

(insbesondere Schmerzmitteln)<br />

<strong>beim</strong> <strong>Hund</strong> geboten. Die meisten sind für<br />

<strong>Hund</strong>e nicht geeignet, zumindest nicht in<br />

der gewohnten Dosierung für den Menschen.<br />

So kann zum Beispiel bereits eine<br />

einmalige Aufnahme von einem für den<br />

Menschen gewöhnlichen Schmerzmittel<br />

<strong>beim</strong> <strong>Hund</strong> schwere Magenschleimhautveränderungen<br />

(bis zu Geschwürbildung) verursachen.<br />

Und eines der gängigsten Kopfwehmittel<br />

in der für Menschen üblichen Dosis<br />

kann, über längere Zeit verabreicht,<br />

heftiges <strong>Erbrechen</strong> auslösen. Deshalb sollte<br />

bei der Wahl eines Medikaments für den<br />

<strong>Hund</strong> immer ein Tierarzt konsultiert werden.<br />

Antibiotika gehören zu den am häufigsten<br />

verschriebenen Medikamenten, sowohl<br />

<strong>beim</strong> Menschen wie auch <strong>beim</strong> <strong>Hund</strong>. Neben<br />

der positiven Wirkung (Bekämpfung<br />

der Infektion) kommt es häufig zu unerwünschten<br />

Wirkungen wie <strong>Erbrechen</strong> oder<br />

Durchfall. Dies liegt daran, dass Antibiotika<br />

nebst den Krankheitserregern auch natürliche,<br />

für die Gesundheit des Magendarmtraktes<br />

wichtige Bakterien abtöten. Dadurch<br />

wird die Darmflora und die Verdauung gestört.<br />

Bei den Medikamenten zur Krebsbehandlung<br />

(Chemotherapeutika) sollten die Besitzer<br />

vor der Anwendung durch den behandelnden<br />

Tierarzt ausführlich über die möglichen<br />

Nebenwirkungen informiert werden.<br />

Infektionserkrankungen<br />

Bei Verdacht auf eine Infektionskrankheit<br />

(also ansteckende Krankheiten) sollte unverzüglich<br />

ein Tierarzt zur Intensivbehandlung<br />

aufgesucht werden. Sie sind häufige<br />

Ursachen für akutes Ebrechen, insbesondere<br />

bei Welpen. Vor allem Virusinfektionen<br />

wie Parvovirose oder Staupe können le-<br />

Medizin<br />

Abb. 2: Dieses Jahr wurden auffallend viele Leptospirosefälle verzeichnet. Leptospiren überleben<br />

bei günstigen Bedingungen lange in stehendem Gewässer. <strong>Hund</strong>e stecken sich am einfachsten durch<br />

Aufnahme von verseuchtem Wasser an. Foto: Maudi<br />

bensbedrohliche Erkrankungen auslösen.<br />

Am gefährlichsten sind diese Viren für Welpen<br />

bis 12 Wochen, bei nicht geimpften<br />

Tieren und bei Tieren, die aus dem Ausland<br />

(z. B. Südeuropa) importiert werden. Der<br />

Verlauf ist in der Regel sehr heftig. Innert<br />

kürzester Zeit tritt blutiges <strong>Erbrechen</strong> und<br />

Durchfall auf, der Allgemeinzustand des Patienten<br />

verschlechtert sich rapide. Bei der<br />

Staupe kommt es häufig auch zu eitrigem<br />

Nasen- und Augenausfluss sowie Husten.<br />

Aus aktuellem Anlass möchte der Autor auf<br />

vermehrtes Auftreten von Leptospirosefällen<br />

in diesem Jahr aufmerksam machen. Leptospirose<br />

ist eine bakterielle Erkrankung, die<br />

meistens mit Magendarmbeschwerden beginnt<br />

(schlechter Appetit, <strong>Erbrechen</strong>, Durchfall)<br />

und sich dann rasch zu einem akuten<br />

Nierenversagen und einem Leberschaden<br />

entwickeln kann. Es können auch Gerinnungsstörungen<br />

auftreten (Blutungen in der<br />

Haut, aus der Nase oder aus dem Enddarm).<br />

Der Erreger wird in der Natur durch<br />

so genannte Träger (z. B. Mäuse, Ratten,<br />

Wildschweine) erhalten und kann durch<br />

günstige klimatische Bedingungen (Feuchtigkeit,<br />

Überschwemmungen, wechselnde<br />

Temperaturen) draussen sehr gut überleben.<br />

Am gefährlichsten sind stehende Gewässer.<br />

Die Tiere stecken sich am einfachsten<br />

durch die Aufnahme von verseuchtem Was-<br />

ser an (Abb. 2). Der Verlauf ist meistens sehr<br />

heftig und eine rasche Diagnose und intensive<br />

Therapie enorm wichtig.<br />

Bauchspeicheldrüsenentzündung<br />

(Pankreatitis)<br />

Eine Pankreatitis kann die ganze Bandbreite<br />

zwischen ganz milden Symptomen<br />

(kurze Appetitlosigkeit) bis zu schweren, lebensbedrohlichen<br />

Veränderungen (Austrocknung,<br />

blutiges <strong>Erbrechen</strong> und Durchfall,<br />

Blutvergiftung) aufzeigen. Am häufigsten<br />

tritt sie bei <strong>Hund</strong>en im mittleren bis<br />

hohen Alter auf. Bestimmte Rassen wie<br />

Cocker Spaniel oder Mittelschnauzer sind<br />

häufiger betroffen. Die Ursachen dieser Erkrankung<br />

sind nicht ganz geklärt, wobei<br />

fettreiche Nahrung, bestimmte Medikamente<br />

(Kortison) oder andere Stoffwechselstörungen<br />

eine Rolle zu spielen scheinen.<br />

Typisch ist ein akutes Auftreten von Appetitlosigkeit,<br />

<strong>Erbrechen</strong> von Futter oder Galle<br />

(oder beidem), Durchfall und Bauchschmerzen.<br />

Je nach Verlauf ist eine intensive<br />

Behandlung notwendig. Nicht selten<br />

flammt die Erkrankung <strong>beim</strong> gleichen Patienten<br />

immer wieder auf.<br />

Dickdarmentzündung (Kolitis)<br />

Obwohl es völlig unlogisch scheint, dass eine<br />

Dickdarmerkrankung mit dem Magen et-<br />

Schweizer <strong>Hund</strong>e Magazin 8/05<br />

39


Medizin<br />

Abb. 3: Die typische Körperhaltung eines <strong>Hund</strong>es mit Dickdarmentzündung: Er versucht immer wieder<br />

erfolglos Kot abzusetzen. Foto: Tierspital Zürich<br />

was zu tun haben kann, kommt es bei ca.<br />

40 % der betroffenen Tiere neben dem<br />

Durchfall auch zum <strong>Erbrechen</strong>. Dies hat vermutlich<br />

zwei Gründe: Der Dickdarm und<br />

der Magen werden durch den gleichen<br />

Nerv versorgt, und der Dickdarm liegt in<br />

der Bauchhöhle ganz nahe am Magen. Die<br />

klinischen Symptome sind sehr typisch:<br />

Durchfall (häufig mit Schleim und frischem,<br />

hellem Blut), starker Kotdrang (der <strong>Hund</strong><br />

versucht wiederholt erfolglos Kot abzusetzen)<br />

und Appetitlosigkeit (Abb. 3). Trotz<br />

der heftigen Symptome ist diese Erkrankung<br />

ungefährlich, da es zu keiner Dehydratation<br />

kommt. Häufig werden die Symptome<br />

durch ungewohntes Futter oder Stress ausgelöst.<br />

Auch hier gibt es Tiere, die unter<br />

wiederholten Episoden leiden – dann ist eine<br />

sorgfältige Abklärung durchaus sinnvoll.<br />

Blutige Magendarmentzündung<br />

(Hämorrhagische Gastroenteritis)<br />

Dies ist eine akute Erkrankung, bei der die<br />

Ursachen nach wie vor unklar sind, wobei<br />

meist über einen wenige Tage zurück liegenden<br />

Futterwechsel berichtet wird. Am<br />

häufigsten sind kleine <strong>Hund</strong>erassen wie<br />

Yorkshire Terrier oder Chihuahua betroffen.<br />

Die Erkrankung verläuft sehr heftig und führt<br />

40<br />

Schweizer <strong>Hund</strong>e Magazin 8/05<br />

schnell zu enormer Austrockung und lebensgefährlich<br />

reduziertem Allgemeinzustand.<br />

Typischerweise werden blutiges <strong>Erbrechen</strong>,<br />

blutiger Durchfall, schwere Apathie,<br />

Appetitlosigkeit und Bauchkrämpfe<br />

beobachtet; alles Symptome, welche durchaus<br />

mit einer Pankreatitis verwechselt werden<br />

könnten. Eine rasche medizinische Versorgung<br />

ist absolut erforderlich.<br />

Parasiten<br />

Die häufigste Ursache für <strong>Erbrechen</strong><br />

und/oder Durchfall sind Rundwürmer (Askariden)<br />

oder einige Einzeller (wie Giardi-<br />

Abb. 4: Regelmässige Entwurmung oder Routinekotuntersuchungen<br />

bewahren den <strong>Hund</strong> vor<br />

übermässigem Parasitenbefall. Hier ist ein Bandwurmei<br />

in einer Kotuntersuchung zu sehen.<br />

en und Kokkzidien), wobei erst massiver<br />

Parasitenbefall diese Symptome <strong>beim</strong> <strong>Hund</strong><br />

auslöst. Eine Bandwurminfektion verläuft hingegen<br />

meistens ohne Symptome (Abb. 4).<br />

Da einige dieser Parasiten auch auf Menschen<br />

übertragen werden können (Askariden,<br />

Giardien), ist eine regelmässige Entwurmung<br />

oder zumindest eine Routinekotuntersuchung<br />

sehr empfehlenswert.<br />

Anmerkung der Redaktion:<br />

Stress in seinen vielfältigen Formen kann eine<br />

weitere mögliche Ursache für <strong>Erbrechen</strong><br />

sein, oft auch in Kombination mit Durchfall.<br />

Dabei lässt sich selten eine medizinische Erklärung<br />

finden, wodurch die eigentliche Ursache<br />

oft verkannt wird. Über die verhaltensbiologischen<br />

Hintergründe dazu berichteten<br />

wir im SHM 3/04 und 4/04.<br />

Die häufigsten Ursachen<br />

für chronisches <strong>Erbrechen</strong><br />

<strong>Hund</strong>e, welche unter chronischem <strong>Erbrechen</strong><br />

leiden, sollten einem Tierarzt vorgestellt<br />

werden, denn dahinter könnte sich eine<br />

ernsthafte Erkrankung verbergen. Dazu<br />

kommt auch bei harmlosen Ursachen die<br />

Beeinträchtigung der Lebensqualität des Tieres,<br />

ganz zu schweigen von den Umständen,<br />

die ein solcher Zustand für das Familienleben<br />

bedeuten kann.<br />

Magendarmtraktentzündung<br />

Die chronische Magendarmtraktentzündung<br />

(engl. inflammatory bowel disease, IBD) ist<br />

die häufigste Ursache für chronische Magendarmtraktbeschwerden<br />

<strong>beim</strong> <strong>Hund</strong>. Die<br />

Ursachen sind nicht ganz klar, es gibt jedoch<br />

mindestens drei wichtige Faktoren: Futter<br />

(Futtermittelunverträglichkeit, Allergie), Magendarmflora<br />

(Bakterien, Parasiten) und das<br />

Immunsystem des Körpers (Neigung zu<br />

Überempfindlichkeitsreaktionen bzw. Allergien).<br />

Durch die Kombination dieser drei<br />

Faktoren kann es bei bestimmten Tieren zu einer<br />

mehr oder weniger intensiven Entzündung<br />

im Magendarmtrakt kommen. Die Entzündung<br />

ihrerseits führt zur Verdickung der<br />

Schleimhäute, was wiederum zur Störung<br />

der Verdauung und der Nahrungsaufnahme<br />

führt. Das Resultat zeigt sich in chronischem<br />

<strong>Erbrechen</strong>, Durchfall, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust<br />

und schlechter Fellqualität.<br />

Eine besondere Erkrankung ist der Befall des<br />

<strong>Hund</strong>emagens mit speziellen Bakterien (Helicobacter<br />

sp.). Diese Bakterien haben in den<br />

letzten Jahrzehnten <strong>beim</strong> Menschen stark an<br />

Bedeutung gewonnen und gelten als wich-


Abb. 5: Dieses Stück abgelöster Magenschleimhaut fand sich im Erbrochenen eines <strong>Hund</strong>es mit<br />

Nierenversagen im letzten Stadium.<br />

tigste Ursache für chronische Magenentzündungen,<br />

Magengeschwüre und Magenkrebs.<br />

Beim <strong>Hund</strong> ist diese Verbindung nicht<br />

eindeutig geklärt. Häufig werden diese Bakterien<br />

als Zufallsbefund in Magenschleimhautproben<br />

entdeckt. Ausserdem können sie<br />

bei <strong>Hund</strong>en mit schwerem chronischem<br />

Brechreiz festgestellt werden. Hier wird eine<br />

gezielte Behandlung meistens mit Erfolg belohnt.<br />

Magenentleerungsstörung<br />

Als Hinweis auf eine gestörte Magenentleerung<br />

kann <strong>Erbrechen</strong> von unverdautem oder<br />

schlecht verdautem Futter mehr als 8–10<br />

Stunden nach der Futteraufnahme betrachtet<br />

werden. Normalerweise sollte der Magen<br />

nach dieser Zeit kein Futter mehr enthalten.<br />

Die Entleerungsstörung kann mechanisch<br />

(Fremdkörper, gutartige Schleimhautwucherung,<br />

Krebs) oder funktionell sein (Lähmung<br />

der Magenwand). Bei Yorkshire Terriern kommen<br />

solche gutartigen Schleimhautwucherungen,<br />

so genannte Polypen, vergleichsweise<br />

häufig vor.<br />

Neoplasie (Krebs)<br />

Krebserkrankungen sind leider eine häufige<br />

Todesursache <strong>beim</strong> <strong>Hund</strong>. Sie können jedes<br />

Organ in der Bauchhöhle betreffen und dadurch<br />

zum <strong>Erbrechen</strong> führen. Im Magendarmtrakt<br />

muss der Krebs nicht immer als<br />

Knoten auftreten (Abb. 6). Nicht selten zeigt<br />

die Schleimhaut untypische Veränderungen,<br />

die schwer von einer chronischen Entzündung<br />

zu unterscheiden sind, weshalb spezielle<br />

Untersuchungen wie z. B. eine Magendarmtraktspiegelung<br />

(Endoskopie) erforderlich<br />

sind.<br />

Lebererkrankungen<br />

Sowohl angeborene wie auch erworbene<br />

Lebererkrankungen können zu chronischen<br />

Verdauungsstörungen führen. Chronische<br />

Lebererkrankungen wie Entzündungen oder<br />

Krebs können sich ebenfalls durch <strong>Erbrechen</strong><br />

bemerkbar machen. Bei den angeborenen<br />

Erkrankungen muss vor allem an eine<br />

Gefässmissbildung, einen so genannten Lebershunt<br />

gedacht werden. Obwohl diese<br />

Erkrankung bei jedem Tier auftreten kann,<br />

gibt es bestimmte Rassen, die im Verhältnis<br />

häufiger betroffen zu sein scheinen (Yorkshire<br />

Terrier, West Highland White Terrier,<br />

Irish Wolfhound, Golden Retriever oder Nova<br />

Scotia Duck Tolling Retriever). Ein Lebershunt<br />

bedeutet eine fehlerhafte Entwicklung<br />

der Leberdurchblutung, die dazu führt,<br />

dass Blut aus dem Darm, welches normalerweise<br />

zuerst durch die Leber fliesst, direkt<br />

Abb. 6: Bei einer Operation festgestellter Darmkrebs,<br />

der nur zu gelegentlichem <strong>Erbrechen</strong><br />

führte.<br />

Medizin<br />

in den grossen Kreislauf gelangt. Dabei<br />

werden Giftstoffe, die sonst in der Leber filtriert<br />

würden, direkt in den Körper geleitet,<br />

wo sie sich vor allem auf die Hirnfunktionen<br />

auswirken. Die Symptome eines Lebershunts<br />

sind je nach Schweregrad sehr<br />

variabel. <strong>Teil</strong>weise werden diese Missbildungen<br />

erst im hohen Alter entdeckt. Typischerweise<br />

sind chronische Verdauungsstörungen<br />

wie schlechter oder wechselhafter<br />

Appetit, <strong>Erbrechen</strong> und Durchfall, wie<br />

auch Kleinwüchsigkeit, vermehrtes Durstgefühl<br />

oder Speichelfluss, Krämpfe und Verhaltensveränderungen<br />

(reduzierte Lernfähigkeit,<br />

Verwirrung) zu beobachten. Die<br />

Diagnosestellung erfolgt durch gezielte Blutuntersuchungen<br />

und bildgebende Verfahren<br />

(Röntgen, CT).<br />

Nebennierenunterfunktion<br />

(Addison-Krankheit)<br />

Dies ist eine relativ seltene Erkrankung, die<br />

v. a. Hündinnen im mittleren Alter, aber<br />

auch Rüden betrifft. Vermutlich durch eine<br />

Überreaktion des Immunsystems werden<br />

beide Nebennieren nach und nach zerstört.<br />

Diese haben die Aufgabe, lebenswichtige<br />

Hormone (Kortison und Aldosteron) zu produzieren,<br />

ohne die kein Leben möglich ist.<br />

Der Verlauf kann von akut bis chronisch<br />

sein und die Symptome des Addisons<br />

gehören zu den variabelsten überhaupt.<br />

Meistens sind es chronische Verdauungsstörungen<br />

(schlechter Appetit, <strong>Erbrechen</strong>,<br />

Durchfall, Gewichtsverlust) wie auch vermehrter<br />

Durst, Schwäche und Lustlosigkeit.<br />

Seltener kommen diese Patienten mit lebensbedrohlichen<br />

Symptomen wie Krämpfen,<br />

blutigem Durchfall oder Herzrhythmusstörungen<br />

in die Tierarztpraxis.<br />

Anschrift des Autors:<br />

Dr. med. vet. Kamil Tomsa,<br />

DECVIM-CA<br />

Kleintierklinik Rigiplatz<br />

Hünenbergerstrasse 4/6<br />

CH-6330 Cham<br />

www.kleintierklinikrigiplatz.ch<br />

Die Schweizerische Vereinigung für<br />

Kleintiermedizin SVK/ ASMPA ist eine<br />

Fachsektion der Gesellschaft Schweizerischer<br />

Tierärzte GST/SVS. Ihr gehören ca. 600 praktizierende<br />

Kleintierärztinnen und -ärzte,<br />

Universitätsdozentinnen und -dozenten sowie andere speziell in<br />

Kleintiermedizin und -chirurgie interessierte Tierärztinnen und Tierärzte<br />

an. Auf diesen Seiten präsentieren wir Ihnen jeweils einen von einer<br />

ausgewiesenen Spezialistin oder einem Spezialisten verfassten Artikel<br />

über ein Thema zur Gesundheit bzw. zu Krankheiten von <strong>Hund</strong>en. Im<br />

Internet finden Sie uns unter: www.kleintiermedizin.ch<br />

Schweizer <strong>Hund</strong>e Magazin 8/05<br />

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