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Tempel, Motten und Turmhügelburgstellen im Raum Welver

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<strong>Tempel</strong>, Motte <strong>und</strong> Turmhügelburg -Burgstellen <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> <strong>Welver</strong><br />

Einführung<br />

In der Gemeinde <strong>Welver</strong> existieren noch Flur- <strong>und</strong> Parzellennamen, die den Namen Auf'm <strong>Tempel</strong> tragen.<br />

Mit <strong>Tempel</strong> oder T<strong>im</strong>pel bezeichnet man <strong>im</strong> Westfälischen einen künstlich aufgeworfenen Erdhügel. 1 Die<br />

Hügel dieser Niederungsburgen sind in der Regel <strong>im</strong> 10.111. Jahrh<strong>und</strong>ert entstanden. Die mit einem<br />

Graben umgebenden <strong>Motten</strong> 2 wurden in Gebieten ohne hohe Berge zur vorherrschenden<br />

hochmittelalterlichen Burgenform.<br />

Auf dem aufgeschütteten Hügel stand ein unbewohnter hölzerner Wehrturm. Der Hauptburghügel der<br />

Fluchtburg war an seinem Fuße mit einem Palisadenring <strong>und</strong> Befestigungen aus Holz <strong>und</strong> Erde geschützt.<br />

Palisaden <strong>und</strong> Befestigungen sicherten auch die dem Burg-hügel vorgelagerte Vorburg. Nur von dieser<br />

Vorburg aus, konnte man über eine kleine Brücke in den hölzernen Turm gelangen. Den Erdhügel<br />

umgaben mit Wasser gefüllte Gräben.<br />

Im Bereich <strong>Welver</strong> lagen die <strong>Motten</strong> notwendigerweise an den Flußläufen Ahse <strong>und</strong> Lake. Die Hügel<br />

wurden überwiegend in den letzten Jahrh<strong>und</strong>erten eingeebnet <strong>und</strong> zur Verfüllung der Gräben benutzt.<br />

Auf’m <strong>Tempel</strong> in Nateln<br />

Ende Juli 1810 wohnte in dem kleinen Dorf Nateln in dem alten Einwohnerhaus Auf'm <strong>Tempel</strong> unter<br />

anderem ein am 26. April von Pfarrer Busch in der evangelischen Pfarrkirche in Dinker getrautes<br />

Kötterpaar: Der aus Dorfwelver stammende katholische 31-jährige Johann Heinrich Wulff <strong>und</strong> dessen 23jährige<br />

aus Nateln kommende Ehefrau Anna Maria Ernst mit ihrem ein paar Tage alten Säugling<br />

Diedrich. 3<br />

Der ehemals aufgeworfene r<strong>und</strong>e Hügel Auf'm <strong>Tempel</strong> westlich des Hauses Nateln, heute eine Weide nahe<br />

der Ahse, war <strong>im</strong> Mittelalter der Kern einer kleinen Burg, einer Motte. Im Winter war der künstliche<br />

Hügel der Tummelplatz der Natelner Dorfjugend, die mit viel Spaß den kleinen Hang zum Schlittenfahren<br />

benutzte. Im Volksm<strong>und</strong> hießen die armen Bewohner des etwas abseits des Hügels stehenden<br />

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Fachwerkhauses: Der <strong>Tempel</strong>mann. Ein Gedicht verdeutlicht die soziale Ungleichheit innerhalb des<br />

kleinen Dorfes:<br />

Op ,m PlaB (Haus Nateln) es de Gerste to ....... Bei <strong>Tempel</strong>s<br />

(Einwohnerhaus <strong>Tempel</strong>mann) friät se Äer un Dreck. 4<br />

Auf dem westlichen Teil des kleinen Hügels wuchs ein Hol<strong>und</strong>erstrauch in der Nähe eines aus<br />

Grünsandstein gemauerten Brunnen, aus dem die Anwohner ihr Trinkwasser schöpften. Auf der östlichen<br />

Hügelseite stand ein Speicher, der zwei Lagergeschosse besaß <strong>und</strong> dessen Keller ebenfalls aus grünem<br />

Sandstein bestand. Der Speicher hatte eine Länge von acht <strong>und</strong> eine Breite von siebeneinhalb Metern. 5<br />

Die in Nateln an der Ahse erbaute Motte hat man schon vor langer Zeit eingeebnet.<br />

Turmhügelburg Galen in Dorfwelver<br />

Die mittelalterliche Turmhügelburg hat<br />

man <strong>im</strong> späten 11. oder frühen 12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert unmittelbar östlich der<br />

Landstraße nach Dinker nahe der Lake<br />

angelegt. Nur das ehemals ausgedehnte<br />

Gräftensystem in der östlich gelegenen<br />

Wiesenflur <strong>und</strong> der Burghügel ist<br />

teilweise erhalten <strong>und</strong> gibt uns einen<br />

kleinen Einblick in die ehemalige Anlage.<br />

Der <strong>im</strong>mer noch stattliche Burghügel hat<br />

einen Durchmesser von 45 m. Hauptburg<br />

<strong>und</strong> Vorburg wurden von Wällen<br />

geschützt. Die Gräften erhielten ihr<br />

Wasser von der dicht an der Anlage<br />

vorbeifließenden Lake, die somit die<br />

Nordseite der Verteidigungsanlage<br />

sicherte. Die von den Söhnen des<br />

ehemaligen Pächters Westerhoff auf dem Hügel durchgeführten Schürfungen förderten einen kellerartigen<br />

Hohlraum <strong>und</strong> eine Anzahl von schön behauenen Kugeln aus Grünsandstein zu Tage. Brocken aus<br />

Grünsandstein <strong>und</strong> Ziegeln deuten daraufhin, dass auf dem Hügel wahrscheinlich ein Steinturm gestanden<br />

haben muss.<br />

Die Burg an der Lake wurde vermutlich <strong>im</strong> Zuge der Soester Fehde zerstört. 6 Der Burghügel steht heute<br />

unter Denkmalschutz. Die Flurbezeichnung Auf'm <strong>Tempel</strong> existiert hier nicht.<br />

Motte be<strong>im</strong> ehemaligen Gut Bockhövel in Dorfwelver<br />

Im Ahsegr<strong>und</strong> lag zwischen den beiden Wasserläufen Ahse <strong>und</strong> Lake nördlich des Gutes Matena ebenfalls<br />

eine Motte, die aber völlig eingeebnet wurde. Zwar existiert hier nicht der Flurname Auf'm <strong>Tempel</strong>, doch<br />

deuten eingeebnete Gräften <strong>und</strong> eine leichte Geländeerhöhung auf die Spuren einer Motte hin. 7<br />

Auf'm <strong>Tempel</strong> in Vellinghausen<br />

Südlich des Hauses Vellinghausen, westlich der Straße nach Kleiloh, begegnet uns noch einmal der<br />

Flurname Auf'm <strong>Tempel</strong>: eine leicht erhöhte Stelle am nördlichen Ende einer alten Landwehr. 10 Spuren,<br />

die auf eine Motte hinweisen, sind heute nicht mehr vorhanden. Lediglich der Straßenname Am <strong>Tempel</strong><br />

weist noch auf die ehemalige Anlage hin.<br />

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Motte nahe Haus Borghausen<br />

Am Ortsausgang von Stocklarn nach Berwicke lag die Motte Borghausen. Noch heute befindet sich hinter<br />

dem Haus Borghausen ein kleiner Hügel, der von einem Wassergraben umgeben ist. 11<br />

Auf'm <strong>Tempel</strong> in Dinker<br />

Erich Kassing<br />

Hamm, den 20.08.2006<br />

E-Mail: dorfgeschichte@yahoo.de<br />

Quellen- <strong>und</strong> Literaturnachweis:<br />

Die alte Burgstelle Clötinghof lag <strong>im</strong><br />

Dorf Dinker <strong>im</strong> Pfarrgarten nördlich<br />

der Ahse, die auch die Gräben mit<br />

Wasser füllte. Der 1608 errichtete <strong>und</strong><br />

1690 zum Back- <strong>und</strong> Brauhaus<br />

umgestaltete Speicher steht noch heute<br />

innerhalb einer Gräfte, die einmal ein<br />

Teil der Vorburg gewesen ist.<br />

Westlich der Restanlage liegt die<br />

Parzelle Auf'm <strong>Tempel</strong>. 8 Noch 1870<br />

befand sich an dieser Stelle ein von<br />

Wasser umgebender ein Meter hoher<br />

ovaler Sandhügel sowie eine Außen-<br />

<strong>und</strong> Innengräfte. 9<br />

1. Vgl. Woeste, Friedrich: Wörterbuch der westfälischen M<strong>und</strong>art, Leipzig 1882, S.271.<br />

2. Die Bezeichnung Motte ist der französischen Burgenforschung des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts entnommen:<br />

Cha'teaux a' motte.<br />

3. Zur Familiengeschichte Wulf <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> <strong>Welver</strong> (1700-1850) vgl. Arbeitskreis für Geschichte <strong>und</strong><br />

He<strong>im</strong>atpflege. He<strong>im</strong>atverein <strong>Welver</strong> e.V. (Hg.): Jahresheft 2001, <strong>Welver</strong> 2001.<br />

4. Bänfer, Ludwig: Die <strong>Tempel</strong> <strong>im</strong> Kirchspiel Dinker, in: Soester Zeitschrift 68 (1955), S.8. Vgl.<br />

Schoppmann, Hugo: Die Flurnamen des Kreises Soest, 1. Teil, Soest 1936, S.76.<br />

5. Vgl. Bänfer, a.a.O., S.15.<br />

6. Vgl. Bänfer, a.a.O., S.11. Vgl. auch Peine, Hans-Werner: Burgen <strong>und</strong> Schlösser, in: Becker,<br />

Ulrich u.a.: Der Kreis Soest. Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, Stuttgart<br />

2001, S.130.<br />

7. Vgl. Bänfer, a.a.O., S.16.<br />

8. Vgl. Schoppmann, a.a.O., S.42.<br />

9. Vgl. Bänfer, a.a.0., S.13.<br />

10. Vgl. Arbeitskreis 700 ]ahrfeier (Hg.): 1291-1991.700 Jahre Vellinghausen-Eilmsen, Soest 1991,<br />

S.25.<br />

11. Vgl. Knöbel, Petra: Kulturdenkmale der Gemeinde <strong>Welver</strong>/Kreis Soest, Masch., Essen 1980,<br />

S.147.<br />

12. Fotos: Wolfgang Lückenkemper<br />

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