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<strong>Lesesport</strong> 7<br />
Rainer Maria Rilke: Durch den sich Vögel werfen (1924)<br />
Durch den sich Vögel werfen, ist nicht der<br />
vertraute Raum, der die Gestalt dir steigert.<br />
(Im Freien, dorten, bist du dir verweigert<br />
und schwindest weiter ohne Wiederkehr.)<br />
Raum greift aus uns und übersetzt die Dinge: 5<br />
daß dir das Dasein dieses Baums gelinge,<br />
wirf Innenraum um ihn, aus jenem Raum,<br />
der in dir west. Umgib ihn mit Verhaltung.<br />
Er grenzt sich nicht. Erst in der Eingestaltung<br />
in dein Verzichten wird er wirklich Baum. 10<br />
Infos<br />
• Rainer Maria Rilke (1875-1926), vgl. <strong>Lesesport</strong> 6. Ergänzung: 1912/13 und 1922<br />
entstanden die Duineser Elegien, bedeutendes Hauptwerk, in dem Rilke den Sinn<br />
menschlicher Existenz in der Transformation der Welt in „Weltinnenraum“ durch die<br />
Sprache erarbeitet, um dem Schwinden des Menschlichen und Dinglichen in der<br />
technisierten Welt entgegen zu wirken. Das Gedicht ist eine Art Zusammenfassung.<br />
• dorten: Pragerdeutsche und österreichische Form für „dort“.<br />
• west: Eine auch bei Heidegger gebrauchte Wiederbelebung des Infinitivs und Präsens<br />
„wesen“ für „sein, anwesend und lebendig sein“.<br />
Zeilen 1-4<br />
1 Charakterisieren Sie den nicht „vertrauten Raum“, im Gegensatz dazu den „vertrauten<br />
Raum“. Was leisten beide Räume hinsichtlich des angeredeten Du und der Gestalt (des<br />
Du? des Dings?)?<br />
2 Was sagt es über die Vögel, über den Sprecher und das Du aus, dass Vögel sich durch<br />
den Außenraum „werfen“?<br />
3 Was sagt es über Sprecher und Du aus, dass „du dir verweigert“ bist im Freien? Gibt<br />
es jemanden, der diese Verweigerung ausspricht oder erzwingt? Wie hat die<br />
Verweigerung mit dem Schwinden (Abnehmen an Leben, Kraft, Geist etc.) zu tun?<br />
Zeilen 5-10<br />
4 Nach dem Negativ-Raum von Z. 1f.: Identifizieren Sie in Z. 6-10 vier Benennungen<br />
oder Charakterisierungen von Raum-Arten. Nehmen Sie Z. 5 vorläufig aus (Aufgabe<br />
10).<br />
5 Beschreiben Sie die Entwicklung in der Reihe dieser Raum-Arten. Was ergibt sich<br />
daraus für den Begriff des „Innenraums“?<br />
6 Stellen Sie die Reihe der fünf Tätigkeiten des „Du“ in Z. 6-10 auf.<br />
7 Welche Entwicklung zeigt sich in dieser Reihe? Nehmen Sie vorläufig Z. 5 aus.<br />
8 Wenn „das Dasein dieses Baums“ eine gelingende oder misslingende Leistung des Du<br />
ist: worin besteht nach Z. 9f. die Leistung? Warum ist sie nötig? Was heißt dann<br />
„wirklich“?<br />
9 Wie stellt sich Rilke den Baum nach der „Eingestaltung in dein Verzichten“ vor; wie<br />
und wo werden die Formen und Außenseiten des Baums gebildet, wenn der sich nicht<br />
„grenzt“?
10 An zentraler Stelle steht statt „du“ ein „uns“: erläutern Sie die Sonderstellung der Zeile<br />
gegenüber Z. 6-10 in vier Hinsichten: Sprecher, Raumcharakterisierung (vgl. Aufgabe<br />
4 und 5), Tätigkeiten (vgl. Aufgabe 6 und 7) und Sprechakt.<br />
11 Wer/was ist nach Aufgabe 9 an der Konstruktion des Baums beteiligt? Analysieren Sie<br />
unter dieser Voraussetzung die Formulierung „Durch den sich Vögel werfen“. An<br />
welchem Punkt der zwischen Z. 6 und 10 angegebenen Entwicklung steht der<br />
Sprecher?<br />
12 Welche Funktion hat Z. 5, welche die Formulierung „Durch den sich Vögel werfen“?<br />
13 Vergleichen Sie ggf. mit Ihrem Ergebnis Rilkes 9. Duineser Elegie, insbesondere Z.<br />
31-35.