Implantologische Rehabilitation nach Entfernung ... - Dr. Stefan Ullrich
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<strong>Implantologische</strong> <strong>Rehabilitation</strong> <strong>nach</strong><br />
<strong>Entfernung</strong> eines autotransplantierten<br />
oberen Eckzahns — Ein Fallbericht<br />
Zur Wiederherstellung von Funktion und Ästhetik bedarf es häufig komplexer präimplantologischer Maßnahmen,<br />
um Defekte an Hart- und Weichgewebe zu rekonstruieren. Neben der Verwendung von subepithelialen<br />
Bindegewebstransplantaten zur Konturierung und Verdickung des Weichgewebes stehen verschiedene Methoden<br />
zur knöchernen Augmentation zur Verfügung. Dabei kann der Operateur zwischen Transplantaten mit<br />
kortikospongiösen Knochenblöcken, partikulierten Knochenspänen, Knochenersatzmaterialen, Kombinationen<br />
daraus oder der GBR-Technik (Guided-Bone-Regeneration) wählen. Nachfolgend wird anhand eines klinischen<br />
Falles die ästhetische Rekonstruktion des dentoalveolären Komplexes bei fortgeschrittener Defektsituation mittels<br />
GBR-Technik erläutert.<br />
Die implantologische Versorgung im<br />
Frontzahnbereich stellt hohe Anforderungen<br />
an Planung und chirurgische<br />
Vorgehensweise des Behandlers,<br />
da der Patient in der Regel nicht<br />
nur einen festen Zahnersatz erwartet,<br />
sondern eine nahezu perfekte Imitati-<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Ullrich</strong><br />
1988–1993 Studium der Zahnmedizin<br />
an der Universität Erlangen/<br />
Nürnberg<br />
Seit 1995 Niederlassung in Gemeinschaftspraxis<br />
Seit 1998 zertifiziert in Implantologie<br />
(DGI)<br />
Seit 2000 Tätigkeitsschwerpunkt<br />
Implantologie (BDIZ)<br />
Seit 2007 Niederlassung in Einzelpraxis<br />
mit Schwerpunkt Parodontologie<br />
und Implantologie<br />
Seit 2007 Spezialist für Implantologie<br />
(EDA)<br />
ZMK | Jg. 24 | Ausgabe 9 _________ September 2008<br />
on des natürlichen Zahns als Vorbild<br />
und Maßstab fordert. Die Illusion einer<br />
möglichst naturgetreuen Dentition<br />
spiegelt sich in der harmonischen<br />
Integration des zu rekonstruierenden<br />
Zahnes und dessen Alveolarfortsatz<br />
einschließlich eines girlandenförmigen<br />
Gingivaverlaufs (mid-facial,<br />
papilla) wider.<br />
Entscheidende Parameter für ästhetische<br />
Implantatplanung I<br />
Häufig zeigt sich <strong>nach</strong> Zahnverlust<br />
eine mehr oder weniger ausgeprägte<br />
Defektsituation von Alveolarfortsatz<br />
und Gingiva, die sich in ihrer vertikalen<br />
und horizontalen Dimension unterschiedlich<br />
zeigt.<br />
Seibert J.S. 1 hat 1983 eine Klassifikation<br />
der Alveolarfortsatzdefekte vorgenommen.<br />
Dabei unterteilt er in<br />
bukkolinguale Defekte (Klasse I), apikokoronale<br />
Defekte (Klasse II) und<br />
kombinierte Defekte (Klasse III). Es<br />
werden jedoch keine Angaben über<br />
die Defektgröße gemacht, sodass<br />
Wang et al. 2 eine Modifizierung dieser<br />
Klasseneinteilung vorgenommen<br />
haben. Mit Bezug auf die Seibert-<br />
Klassen werden die Defekte in H (horizontale<br />
Defekte), V (vertikale Defekte)<br />
und C (kombinierte Defekte)<br />
eingeteilt. Zu jedem Defekttyp werden<br />
Subklassen eingeführt, die die<br />
Defektgröße charakterisieren (S ≤ 3<br />
mm; M 4–6 mm; L ≥ 7 mm). Ferner<br />
werden Behandlungsoptionen auf<br />
der Grundlage der HVC-Kassifikation<br />
vorgeschlagen, die eine zuverlässige<br />
591<br />
therapeutische Orientierung zulassen.<br />
Diese erleichtern dem Kliniker<br />
bei der implantologischen Planung<br />
das notwendige Therapiespektrum<br />
schneller abzuschätzen und mit dem<br />
Patienten eingehend zu diskutieren.<br />
In der Regel sind für augmentative<br />
Maßnahmen autologe Knochentransplantate<br />
und/oder Bindegewebs-<br />
bzw. Schleimhauttransplantate notwendig.<br />
Neben der Defektmorphologie sind<br />
noch weitere klinische Parameter für<br />
eine sichere präimplantologische Diagnostik<br />
im ästhetischen Bereich von<br />
Entscheidung. So hat die 3. ITI Konsensuskonferenz<br />
folgende Analysefaktoren<br />
als kritische Parameter für<br />
Implantate in der ästhetischen Zone<br />
genannt 3 . Diese sind der Radiologischer<br />
Status, Zustand der Nachbarzähne,<br />
Anatomie des Alveolarfortsatzes,<br />
Dimension der zahnlosen Lücke,<br />
Interokklusale Beziehung, Gingivaler<br />
Biotyp, Lokalisation der Lachlinie.<br />
Nach Zahnextraktionen liegt durch<br />
die Resorption des so genannten<br />
Bündelknochens eigentlich immer<br />
eine Defektsituation vor. Dies haben<br />
Arbeiten von Araujo und Lindhe am<br />
Tiermodell gezeigt 4 . Selbst bei einer<br />
Sofortimplantation werden durch das<br />
Implantat die Resorption und das Remodeling<br />
nicht verhindert 5 . Dieser<br />
Prozess findet vorwiegend an der labialen<br />
Lamelle des Alveolarfortsatzes<br />
statt und äußert sich später im midfacial<br />
Bereich der implantologisch re-<br />
Zahnheilkunde
Zahnheilkunde<br />
konstruierten Region wieder. Um die<br />
Weichgewebssituation zu verbessern,<br />
empfiehlt es sich bei Vorliegen eines<br />
dünnen Gingiva-Biotyps ein subepitheliales<br />
Bindegewebstransplantat in<br />
die Therapieplanung mit einzubeziehen.<br />
Dies kann präimplantologisch<br />
und präaugmentativ durch die so genannte<br />
Tunneltechnik (ad modum<br />
Wachtel, Zuhr) oder simultan erfolgen.<br />
Wahl der richtigen Augmentationstechnik<br />
I Da eine erfolgreiche<br />
und dimensionsstabile Augmentation<br />
von Hartgewebe als essentielle<br />
Grundlage für alle weiteren therapeutischen<br />
Schritte gilt, sollten Methoden<br />
gewählt werden, die eine<br />
hohe Vorhersagbarkeit hinsichtlich<br />
ihres Erfolgs aufweisen. So hat man<br />
die Möglichkeit der Augmentation<br />
mittels schraubenfixierter kortiokospongiöser<br />
autologer Blöcke, partikulierter<br />
autologer Knochenspäne<br />
oder diverser Knochenersatzmaterialen<br />
bovinen bzw. alloplastischen Ursprungs.<br />
Diese Materialien können<br />
auch als Füller für die GBR-Technik<br />
dienen. Jedoch wird die Anwendung<br />
von Membranen in Kombination mit<br />
autologen Knochentransplantaten<br />
überaus kontrovers gehandhabt.<br />
Von Arx et al. 6 verglichen bei lateralen<br />
Augmentationen die Verwendung<br />
von autologen kortikospongiösen<br />
Blocktransplantaten, die einerseits<br />
mit und ohne Abdeckung durch eine<br />
ePTFE-Memban verwendet wurden,<br />
mit Tricalciumphosphat (TCP) und demineralisiertem<br />
gefriergetrocknetem<br />
Allotransplantat (DFDBA) plus ePTFE-<br />
Membran. Es wurde vor und bei Augmentation<br />
sowie <strong>nach</strong> 6 Monaten die<br />
Alveolarkammbreite gemessen. Die<br />
Augmentationstechnik mit dem besten<br />
Ergebnis bei bester Vorhersagbarkeit<br />
entsprach der Verwendung von<br />
autologem Knochen abgedeckt mit<br />
einer ePTFE-Membran.<br />
In einer neueren Studie konnte das<br />
gleiche Ergebnis diesmal unter Verwendung<br />
einer resorbierbaren Kollagen-Membran<br />
anstelle der ePTFE-<br />
Membran gezeigt werden 7 . Zudem<br />
wurde das autologe Knochentransplantat<br />
mit einer Schicht eines bovi-<br />
nen Knochenersatzmaterials (BioOss ® )<br />
überdeckt. Dies hat zusätzlich einen<br />
resorptionsprotektiven Charakter, da<br />
die Kollagenmembran über eine geringere<br />
Barrierestandzeit verfügt.<br />
Möchte man also eine Augmentationstechnik<br />
zur Hand haben mit<br />
größtmöglicher Vorhersagbarkeit, einem<br />
größtmöglichen Behandlungserfolg<br />
bei maximaler Dimensionsstabilität,<br />
sollte der Anwendung der GBR-<br />
Technik in Kombination von einem<br />
autologen Knochentransplantat mit<br />
BioOss ® und BioGide ® (Geistlich Biomaterials,<br />
Baden-Baden) der Vorzug<br />
gegeben werden.<br />
Patientenfall I Einer 30-jährigen<br />
Patientin wurde vor ca. 12 Jahren ein<br />
retinierter und palatinal verlagerter<br />
Eckzahn alio loco chirurgisch entfernt<br />
und <strong>nach</strong> regio 13 autotransplantiert<br />
(Abb. 1). In letzter Zeit zeigte sich<br />
eine zunehmende rötliche Verfärbung<br />
der klinischen Krone, was auf einen<br />
internen Resorptionsprozess hindeutete.<br />
Außerdem äußerte die Patientin<br />
akute Beschwerden an diesem Zahn,<br />
der bereits <strong>nach</strong> Bildung eines submukösen<br />
Abszesses alio loco inzidiert<br />
werden musste. Die Nachbarzähne<br />
zeigten sich symptomlos, die Sondierungstiefen<br />
waren unauffällig. Im Bereich<br />
des 13 fiel eine ausgeprägte<br />
bukkale Konkavität auf, was auf eine<br />
fehlende Unterstützung der Wurzel<br />
des Eckzahns hindeutete. Es wurde<br />
vermutet, dass in diesem Bereich bereits<br />
ein massiver Resorptionsprozess<br />
eingesetzt haben müsste. Der Anteil<br />
an befestigter Gingiva labial an 13<br />
war gering (ca. 2 mm). Die Papillen<br />
mesial und distal waren vollständig<br />
erhalten. Röntgenologisch zeigte der<br />
Zahn 13 keine apikale Parodontitis.<br />
Die Patientin hat eine hohe Lachlinie.<br />
Sie ist Nichtraucherin und in einem<br />
guten allgemeinen Gesundheitszustand.<br />
Nach Aufklappung wurde<br />
deutlich, dass die Zahnwurzel palatinal<br />
versetzt im Alveolarfortsatz stand.<br />
Die bukkale Konkaviät erwies sich als<br />
atrophierter Bereich ohne Resorptionsbeteiligung<br />
der Zahnwurzel (Abb.<br />
2). Der Zahn war massiv ankylosiert.<br />
Palatinal fehlte weitestgehend die<br />
knöcherne Lamelle. Nach bukkal war<br />
592<br />
nur eine krestal ca. 2 bis 3 mm dicke<br />
knöcherne Wand vorhanden.<br />
Der Zahn musste sehr schonend<br />
durch Osteotomie entfernt werden,<br />
um die fragile bukkale knöcherne Lamelle<br />
nicht zu traumatisieren bzw. in<br />
ihrer Höhe zu reduzieren (Abb. 3).<br />
Ca. 8 Wochen <strong>nach</strong> Ausheilung der<br />
Gewebe und epithelialem Verschluss<br />
Abb. 1: Ausgangssituation 13; geringes<br />
Angebot an ‚attached gingiva‘, ca. 2 mm.<br />
Abb. 2: Situation <strong>nach</strong> Bildung eines<br />
Mukoperiostlappens. Das Ausmaß der<br />
Resorption.<br />
Abb. 3: Situation <strong>nach</strong> Zahnentfernung.<br />
ZMK | Jg. 24 | Ausgabe 9 _________ September 2008
Zahnheilkunde<br />
der Lücke wurde die Augmentation<br />
des Alveolarfortsatzes durchgeführt<br />
(Abb. 4).<br />
Abb. 4: Klinische Situation ca. 8 Wochen<br />
<strong>nach</strong> <strong>Entfernung</strong> des Zahns 13. Die Papillen<br />
sind weitestgehend erhalten.<br />
Knöcherne Augmentation I Aufgrund<br />
des vorwiegend horizontalen<br />
Defektarchitektur würde man <strong>nach</strong><br />
der Klassifi zierung von Wang et al. 2<br />
eine Zuordnung in die Defektklasse<br />
H(L) (horizontal; large) vornehmen.<br />
Berücksichtigt man noch die ungünstige<br />
gingivale Situation, erscheint neben<br />
der knöchernen Augmentation<br />
die Verwendung eines subepithelialen<br />
Bindegewebstransplantats sinnvoll.<br />
Als günstig erwies sich der weitestgehende<br />
Erhalt der Papillen distal 12<br />
und mesial 14. Nach Bildung eines<br />
Mukoperiostlappens zeigte sich eine<br />
vorwiegend dreiwandige knöcherne<br />
Defektsituation mit einem Augmentationsbedarf<br />
sowohl in labialer als<br />
auch palatialer Richtung. Die Rest-<br />
Abb. 5: Nach Eröffnung präsentiert sich<br />
eine nur ca. 2-3 mm dicke labiale Alveolarwand.<br />
breite der labialen Alveolarwand betrug<br />
über die gesamte Länge maximal<br />
2 bis 3 mm (Abb. 5).<br />
Zur sicheren Deckung des sicherlich<br />
zu erwartenden umfangreichen Augmentats<br />
wurde im labialen Lappen<br />
auf der Innenseite eine gestielte Periostlappenplastik<br />
präpariert. Dadurch<br />
erhält man einen zweischichtigen<br />
Lappenverschluss und zugleich wird<br />
der Labialbereich bereits etwas verdickt.<br />
Dabei werden zwei parallele Inzisionen<br />
durch das Periost in das darunter<br />
liegende Bindegewebe durchgeführt,<br />
die dann mit einer Präparierschere<br />
tunnellierend verbunden werden<br />
(Abb. 6). So hat man die Sicherheit<br />
in derselben Schicht zu bleiben.<br />
Da<strong>nach</strong> wird der präparierte Lappen<br />
basal mit einer weiteren Inzision gelöst<br />
und <strong>nach</strong> krestal geschwenkt.<br />
Die Lappenlänge kann man durch<br />
<strong>nach</strong>trägliche Präparation an der Lappenbasis<br />
noch leicht modifi zieren<br />
(Abb. 7).<br />
Abb. 6: Tunnellierende Präparation des<br />
gestielten Periostlappens mit der Schere.<br />
Abb. 7: Fertig präparierter Periostlappen.<br />
594<br />
Die durchgeführte Augmentationstechnik<br />
bestand in der Verwendung<br />
eines autologen Kochentransplantats,<br />
welches aus der regio retromolaris<br />
des Unterkiefers gewonnen wurde<br />
(Abb. 8). Da labial und palatinal aufgebaut<br />
werden sollte, erschien der<br />
Aufbau mit Knochenblöcken weniger<br />
sinnvoll, zumal eine sichere Fixation<br />
nur sehr schwer erreicht werden<br />
könnte. Da bereits auch gute Ergebnisse<br />
mit der Verwendung von autologen<br />
Knochenspänen bestehen,<br />
wurde dieser Technik der Vorzug gegeben.<br />
Entsprechend der gut vorhersagbaren<br />
GBR-Technik wurde in Anlehnung<br />
an die Ergebnisse von Arx et<br />
al. 6 die Kombination mit Bio-Oss ®<br />
und Bio-Gide ® durchgeführt.<br />
Entnahme eines kortikspongiösen<br />
Blocks retromolar des Unterkiefers<br />
I Zur Entnahme des autologen<br />
Knochenblocks wurden mit einem<br />
Fissurenbohrer zwei vertikale Osteotomien<br />
durchgeführt, die durch eine<br />
Abb. 8: Osteotomien bei der Entnahme<br />
eines autologen, kortikospongiösen<br />
Blocktransplantats.<br />
Abb. 9: Entnommenes Blocktransplantat.<br />
ZMK | Jg. 24 | Ausgabe 9 _________ September 2008
Zahnheilkunde<br />
Abb. 10: In einer Quetin-Knochenmühle<br />
partikuliertes autologes Transplantat.<br />
Abb. 11: Perforation der Kompakta. Es<br />
wurde bereits palatinal die Membran<br />
appliziert und der Bereich mit partikulierten<br />
Knochenspänen augmentiert.<br />
Abb. 12: Labiale Augmentation mit autologen<br />
partikulierten Knochenspänen.<br />
Abb. 13: Überschichtung mit Bio-Oss ®<br />
zum Resorptionsschutz.<br />
sagittale verbunden wurden. Der entnommene<br />
Knochenblock wurde in<br />
einer Quetin-Mühle (R. Quétin Dental-Products,<br />
Leimen) partikuliert. Der<br />
Vorteil der Quetin-Knochenmühle<br />
liegt darin, dass man eine optimale<br />
Partikelgröße erhält (ca. 500 µm) im<br />
Gegensatz zu anderen Knochenmühlen<br />
bzw. Knochenfiltern 11 . Da<strong>nach</strong><br />
erfolgte eine vierte Osteotomie basal<br />
des Blocks mit einer Knochensäge<br />
(Microsaw <strong>nach</strong> Khoury). Um das autologe<br />
Transplantat zu entfernen,<br />
wurde vorsichtig mit einem Flachmeißel<br />
der Knochenblock luxiert (Abb. 9<br />
u. 10). Zur Blutstillung wurde ein<br />
equines Kollagenvlies eingelegt und<br />
die Entnahmestelle mit Einzelknopfnähten<br />
verschlossen.<br />
Empfängerstelle und Augmentation<br />
I Zur sicheren Vaskularisation<br />
Abb. 14: Fixation der Bio-Gide ® -Membran<br />
mit Hilfe eines ResorPins ® .<br />
Abb. 15: Zusätzlich quergelegte Bio-<br />
Gide ®- Membran zur Stabilisierung des<br />
Augmentats.<br />
596<br />
des Transplantats bzw. dessen ossären<br />
Integration werden mit einem<br />
Pinbohrer Perforationen in die Kompakta<br />
gemacht (Abb. 11). Eine Kollagenmembran<br />
(Bio-Gide ® ) wird entsprechend<br />
der Defektgröße zugeschnitten<br />
und zunächst palatinal unter<br />
der Schleimhaut platziert. Der<br />
Defektbereich wurde palatinal und<br />
labial mit partikulierten Knochenspänen<br />
augmentiert, worüber eine<br />
Schicht Bio-Oss ® appliziert wurde<br />
(Abb. 12 u. 13). Da<strong>nach</strong> wurde die<br />
Membran <strong>nach</strong> labial umgeschlagen<br />
und basal mit einem ResorPin ® fixiert<br />
(Abb. 14). Eine zweite quer gelegte<br />
Membran (Abb. 15) stabilisiert noch<br />
zusätzlich das Augmentat (Bilayer-<br />
Technik). Es wurde bewusst eine<br />
Überkonturierung vorgenommen,<br />
um den nicht zu vermeidenden Resorptionsprozess<br />
zu kompensieren<br />
und eine entsprechende Konvexität<br />
im Bereich des labialen Alveolarfortsatzes<br />
zu erhalten.<br />
Wundverschluss an der Empfängerstelle<br />
I Zur Erreichung eines<br />
spannungsfreien Wundverschlusses<br />
und zur Vermeidung einer zu starken<br />
Koronalverlagerung der mukogingivalen<br />
Grenzlinie wird palatinal ein Extensionslappen<br />
gebildet (Abb. 16).<br />
Dieser ermöglicht eine koronale Lappenverschiebung<br />
von ca. 3 mm im<br />
palatinalen Bereich.<br />
Der nun bereits zu Beginn der Operation<br />
präparierte labial gestielte Periostlappen<br />
wird mit einer internen<br />
horizontalen Matratzennaht am palatinalen<br />
Extensionslappen fixiert (Abb.<br />
17). Dadurch erreicht man bereits<br />
eine koronale Verlagerung und zugleich<br />
einen internen Wundverschluss.<br />
Diese Naht hat auch den Vorteil,<br />
einen eventuell auftretenden<br />
mechanischen Zug vom Wundrand<br />
fernzuhalten und wirkt zusätzlich von<br />
krestal stabilisierend auf das darunter<br />
liegende Augmentat. Der weitere<br />
Wundverschluss erfolgte mit Einzelkopfnähten<br />
vorwiegend in den Stärken<br />
6-0 und 7-0 (Abb. 18).<br />
Implantatinsertion <strong>nach</strong> ca. 5 Monaten<br />
I Nach einer komplikationslosen<br />
Einheilzeit von ca. 5 Monaten<br />
ZMK | Jg. 24 | Ausgabe 9 _________ September 2008
Zahnheilkunde<br />
erfolgte die Insertion eines enossalen<br />
Implantats. Sowohl in der vertikalen<br />
Dimension als auch in der oro-vestibulären<br />
Ausdehnung zeigte sich ein gut<br />
ausgeformter und rekonstruierter Alveolarkamm<br />
(Abb. 19 u. 20). Nur im<br />
Bereich des späteren labialen Durchtrittsprofils<br />
sollte noch das Weichgewebe<br />
durch die Einlagerung eines subepithelialenBindegewebstransplantats<br />
verdickt werden. Dazu wurde<br />
<strong>nach</strong> krestaler und sulkulärer Inzision<br />
zunächst ein bukkaler Schleimhautspaltlappen<br />
präpariert. Es wurde nur<br />
im distalen Bereich eine Vertikalinzisi-<br />
Abb. 16: Palatinaler Extensionslappen.<br />
Abb. 17: Wundverschluss von palatinal.<br />
Abb. 18: Wundverschluss von labial.<br />
Man erkennt die deutliche koronale<br />
Verlagerung der Lappen.<br />
on durchgeführt, dagegen im mesialen<br />
Anteil des Lappens die Ausdehnung<br />
auf die einfache Papillenpreservationstechnik<br />
(Simplified Papilla Preservation<br />
Technique, SPPT) beschränkt<br />
(Abb. 21).<br />
Nach Ablösung des inneren Lappens<br />
zeigte sich ein sehr gut rekonstruierter<br />
knöcherner Alveolarfortsatz. Durch<br />
die GBR-Technik konnten auch Resorptionsvorgänge<br />
am Augmentat<br />
weitgehend verhindert werden<br />
(Abb. 22).<br />
Es wurde <strong>nach</strong> Standardprotokoll ein<br />
enossales Implantat inseriert (Osseospeed<br />
® 11,0 x 4,0 mm; Astra Tech,<br />
Elz). Die Insertionstiefe betrug dabei<br />
ca. 3 mm unterhalb der Schmelz-Zementgrenze<br />
der Nachbarzähne (Abb.<br />
23). In oro-vestibulärer Richtung wurde<br />
die Position so gewählt, dass die<br />
vestibuläre Begrenzung der Implantatschulter<br />
die gedachte Tangente zu den<br />
Labialflächen der Nachbarzähne nicht<br />
berührt (Abb. 24). Nach Montage der<br />
Deckschraube wurde am Gaumen ein<br />
subepitheliales Bindegewebstransplantat<br />
(ca. 15 x 6 mm) entnommen<br />
Abb. 19: Darstellung der Gingiva. Die<br />
distale Papille an 12 ist noch reduziert.<br />
Abb. 20: Zufriedenstellende Alveolarkammbreite.<br />
598<br />
(Abb. 25). Dabei wurde im Abstand<br />
von ca. 2 bis 3 mm vom palatinalen<br />
Marginalrand der Zähne eine parallel<br />
zur Zahnreihe gerichtete Inzision<br />
durchgeführt. Nach Präparation einer<br />
Tasche parallel zur Oberfläche konnte<br />
durch zwei senkrechte und eine basale<br />
Inzision das Transplantat mit Periost<br />
entnommen werden. An der Empfängerstelle<br />
wurde es <strong>nach</strong> Fixierung des<br />
inneren Lappens als Sandwich auf der<br />
Innenseite des äußeren Lappens mit<br />
Matratzennähten fixiert, so dass eine<br />
gute Ernährung von beiden Seiten<br />
möglich war. Der endgültige Wundverschluss<br />
des äußeren Mukosalappens<br />
erfolgte mit Einzelknopfnähten<br />
(Seralene ® 6-0) (Abb. 26-28).<br />
Nach einer Einheilzeit von ca. 3 Monaten<br />
wurde die Freilegungsoperation<br />
durchgeführt. Mit einer Mikroklinge<br />
wurde minimalinvasiv eine ova-<br />
le Inzision durchgeführt und die<br />
Schleimhaut im Durchtrittsbereich<br />
des Implantats im Sinne einer Exzision<br />
entfernt.<br />
Abb. 21: Spaltlappenpräparation und<br />
SPPT.<br />
Abb. 22: Regenerierter Alveolarfortsatz<br />
durch GBR-Technik (BioOss/BioGide ® ) in<br />
Kombination mit autologem Knochentransplantat.<br />
ZMK | Jg. 24 | Ausgabe 9 _________ September 2008
Zahnheilkunde<br />
Abb. 23: Insertionstiefe ca. 3 mm unterhalb<br />
der Schmelz-Zementgrenze der<br />
Nachbarzähne.<br />
Abb. 24: Oro-vestibuläre Ausrichtung.<br />
Die vestibuläre Begrenzung der Implantatschulter<br />
sollte die Tangente zu den<br />
Labialflächen der Nachbarzähne nicht<br />
überschreiten.<br />
Abb. 25: Entnahme eines subepithelialen<br />
Bindegewebstransplantats. Auch<br />
zu erkennen das inserierte enossale Implantat<br />
mit Deckschraube verschlossen<br />
(Osseospeed ® 11,0 x 4,0 mm; Fa. Astra-<br />
Tech, Elz).<br />
Abb. 26: Fixation des inneren Lappens<br />
mit einer horizontalen Matratzennaht<br />
palatinal.<br />
Abb. 27: Fixierung des Bindegewebstransplantats<br />
an der Innenfläche des äußeren<br />
Lappens.<br />
Abb. 28: Wundverschluss mit Einzelknopfnähten<br />
(Seralene 6-0).<br />
600<br />
Abb. 29: Freigelegtes Implantat mit<br />
Zebra ® Healingabutment.<br />
Die Implantatverschlussschraube wurde<br />
entfernt und ein Healingabutment<br />
(Zebra ® ; Fa. AstraTech, Elz) montiert<br />
(Abb. 29). Es musste keine Naht gelegt<br />
werden.<br />
Um eine physiologische Kronenform<br />
in regio 13 zu erhalten und die überdimensionale<br />
Lücke zu verkleinern,<br />
wurde Zahn 12 distal mit Komposit<br />
verbreitert (Abb. 32; Enamel HFO<br />
Plus, Fa. Micerium, Avengo/Italien).<br />
Sechs Monate <strong>nach</strong> Konditionierung<br />
der Weichgewebe mit Hilfe des laborgefertigten<br />
Kronenprovisoriums<br />
(Abb. 30 u. 31) wurde die definitive<br />
Zirkonium-Vollkeramikkrone zementiert<br />
(ZT Peter Hoth, Dentallabor<br />
Hubert Schenk, München, Abb.<br />
32).<br />
Ergebnisse I Risk Assessment lt. ITI<br />
Treatment Guide<br />
Das Risikoprofil konnte als medium<br />
eingestuft werden.<br />
Hoher Risikolevel: Hohe Lachlinie,<br />
hohe Erwartungen, Weichgewebsdefekte.<br />
Mittlerer Risikolevel: Dicker gingivaler<br />
Monotyp, horizontaler Knochendefekt,<br />
lokaler chronischer Defekt.<br />
Niedriger Risikolevel: Guter Gesundheitszustand,<br />
Nichtraucher, quadratische<br />
Kronenform, intaktes Knochenniveau<br />
an den Nachbarzähnen,<br />
keine Restaurationen an den Nachbarzähnen,<br />
Breite der Zahnlücke<br />
≥ 7 mm.<br />
ZMK | Jg. 24 | Ausgabe 9 _________ September 2008
Zahnheilkunde<br />
Abb. 30: Montage eines Zirkonium-Abutments.<br />
Abb. 31: Weichgewebskonditionierung<br />
mit einem laborgefertigten Kronenprovisorium<br />
auf dem definitiven Zirkonium-<br />
Abutment.<br />
Abb. 32: Definitive Zirkonium-Krone (ZT<br />
Peter Hoth, Zahntechnik Hubert Schenk,<br />
München). Zahn 12 wurde distal mit<br />
Komposit verbreitert (Enamel HFO Plus,<br />
Fa. Micerium).<br />
Pink Esthetic Score (<strong>nach</strong> Fürhauser et<br />
al. 8 ):<br />
Mesiale Papille 2 (2)<br />
Distale Papille 1 (2)<br />
Level Marginalrand 1,5 (2)<br />
Weichgewebekontur 2 (2)<br />
Alveolarfortsatz 2 (2)<br />
Farbe 1 (2)<br />
Textur 1 (2)<br />
Gesamtwert 10,5 (14)<br />
Mundhygieneindizes:<br />
Vor Behandlung:<br />
FMPS = 32% FMBS = 15%<br />
Nach Abschluss der Behandlung:<br />
FMPS = 13% FMBS = 7%<br />
FMPS: Full Mouth Plaque Score<br />
FMBS: Full Mouth Bleeding Score<br />
Fazit I In dem vorliegenden Patientenfall<br />
wurde <strong>nach</strong> Extraktion eines<br />
autotransplantierten Eckzahns der<br />
atrophierte Alveolarfortsatz mittels<br />
autologem Knochentransplantat in<br />
Kombination mit einem bovinen Knochenersatzmaterial<br />
(Bio-Oss ® , Geislich)<br />
und einer nativen Kollagenmembran<br />
(Bio-Gide ® , Gestlich) erfolgreich<br />
rekonstruiert. Zur Verbesserung<br />
der Weichgewebekontur und -<br />
qualität wurde ein subepitheliales<br />
Bindegewebstransplantat in die Therapiewahl<br />
mit integriert.<br />
Nach der Einteilung von Wang et al. 2<br />
handelte es sich um einen vorwiegend<br />
horizontalen Defekt der Klassifizierung<br />
H(L). Dabei musste nicht nur<br />
labial, sondern auch palatinal umfangreich<br />
augmentiert werden. Zur<br />
Wahl der Augmentationstechnik mit<br />
der größtmöglichen Vorhersagbarkeit<br />
bei bestem Augmentationsergebnis<br />
haben Arbeiten der Gruppe von Arx<br />
et al. gezeigt, dass die GBR-Technik<br />
aus einer Kombination von autologen<br />
Knochentransplantaten mit einer<br />
ePTFE-Membran bzw. in einer späteren<br />
Studie auch die Verwendung<br />
von bovinem Knochenersatzmaterial<br />
und einer nativen Kollagenmembran<br />
zusätzlich zum autologen Transplantat<br />
die geringste Resorptionsrate<br />
zeigt.<br />
Gerade im ästhetischen Bereich ist<br />
der Erhalt von Hart- und Weichgewebe<br />
v.a. in der vertikalen Dimension<br />
von entscheidender Bedeutung.<br />
So ist nicht nur die Auswahl der richtigen<br />
und bewährten Augmentationstechnik<br />
entscheidend, sondern<br />
auch die Wahl eines zuverlässigen<br />
Implantatsystems – einerseits hinsichtlich<br />
der Einheilverlässigkeit, andererseits<br />
auch in der Aufrechterhaltung<br />
einer stabilen periimplantären<br />
Situation.<br />
602<br />
Ganz entscheidend ist dabei der Erhalt<br />
der knöchernen Strukturen im<br />
krestalen Bereich. Hermann et al. 9<br />
konnten zeigen, dass bei einem transgingivalen<br />
System (STL, Fa. Straumann)<br />
mit einer biologischen Breite<br />
von ca. 2 mm derartige Remodelingprozesse<br />
nicht zu beobachten sind.<br />
Muss jedoch das Implantat aus ästhetischen<br />
Gründen tiefer inseriert werden,<br />
sieht man wieder ähnliche Resorptionsprozesse.<br />
Gerade in ästhetischen Fällen sollte<br />
die Implantat-Abutment-Verbindung<br />
subgingival positioniert werden. Zudem<br />
ist ein über Jahre stabiler steadystate-Level<br />
der periimplantären Hart-<br />
und Weichgewebe für den ästhetischen<br />
Langzeiterfolg einer implantologischen<br />
Versorgung entscheidend.<br />
Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten<br />
haben gezeigt, dass sowohl in tierexperimentellen<br />
als auch klinischen Studien<br />
das spezielle Design des Astra-<br />
Tech-Implantats diese stabilisierende<br />
Eigenschaft besitzt. Man beobachtet<br />
keine bzw. nur minimale Remodeling-<br />
Vorgänge an der Implantatschulter<br />
im Vergleich zu den beim klassischen<br />
Implantatdesign charakteristischen<br />
knöchernen Einbrüchen 10 . Diese als<br />
BioManagement Complex TM bezeichneten<br />
Features machen das Implantat<br />
zusätzlich zu seiner fluoridmodifizierten<br />
Osseospeed-Oberfläche zu<br />
einem wissenschaftlich gut dokumentierten,<br />
zuverlässigen System in<br />
der Implantologie.<br />
Eine gute Vorhersagbarkeit für erfolgreiche<br />
Behandlungsformen geben<br />
dem Behandler nicht nur Vertrauen<br />
und Sicherheit, sondern veranlassen<br />
zufriedene Patienten, den sichtbaren<br />
Erfolg mit einem strahlenden Lächeln<br />
weiterzugeben.<br />
Die Literaturliste kann unter<br />
www.spitta.de/ZMK-Literaturliste<br />
abgefordert werden.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Ullrich</strong><br />
Max Reger Straße 18<br />
92637 Weiden i. d. OPf.<br />
E-Mail: info@dr-stefan-ullrich.de<br />
ZMK | Jg. 24 | Ausgabe 9 _________ September 2008