Mit närrischem Spaß und karnevalistischer Freude - der ...

Mit närrischem Spaß und karnevalistischer Freude
Auftakt der Fastnachtssaison mit Querschnitt karnevalistischer Kreativität /
Erlös geht an die Hochwasserhilfe
Bensheim. Das hat gefallen: Ein Elfter im Elften als närrischer Auftakt nach Maß, mit
allen vier Bensheimer Fastnachtskorporationen im selben Boot, das zudem den
Flutopfern im sächsischen Müglitztal Hilfe in Euro und Cent bringen soll, ließ am
Montagabend ein begeistertes Publikum im Kolpinghaus die geballte Kraft der
Bensheimer Fastnacht erleben.
Philipp Zimmermann, selbst jahrelang aktiv in der Bütt der Gastgeber, hatte die Idee
einer solchen Benefizveranstaltung zugunsten der Hochwasserhilfe Bensheim, und
alle machten mit: Kolpingsfamilie, Frauenfastnachterinnen von St. Georg und St.
Laurentius, Grieseler Rote Funken und Karneval-Gesellschaft.
Der Vorbereitungskreis um Brigitte Schmidt, Heinz Walter, Rolf Weihrich, Renate
Petermann und Dietmar Heeg hatte ganze Arbeit geleistet, dieses nichtalltägliche
"Very Best" im Quartett - das es zuletzt zu Zeiten der Kroatienhilfe gegeben hatte -
wahr werden zu lassen. Dass es zum Finale gar eine Uraufführung gab - BKG-
Vorsitzender Heinz Walter hatte Jacques Dutroncs "Champs-Elysees" mit neuen
Zeilen zu "O Bensem is schee" umgedichtet, und der Texter selbst, Rolf Weihrich von
den Funken und Frauenfastnachtspräsidentin Renate Petermann betätigten sich vor
dem versammelten Chor der Akteure als Solisten - wer hatte das wohl gedacht?
Schon der Beginn der elf mal elf Minuten auf der Bühne, während in der Küche und
am Tresen das Team der Hochwasserhilfe alle Hände voll zu tun hatte, Wein, Bier,
Sekt vom Nachbarn Willi Jäger, Wasser, Brötchen und Käsehäppchen unter die
Leute zu bringen, geriet furios.
Die "Funken" schickten ihren versierten Kabarettisten Rolf Weihrich und die Griesel-
Sänger um Geburtstagskind Frank Opper ins Rennen, und die legten gleich richtig
los und ließen sich - als weißbemützte Cuisiniers aus der "Villa Medici" - in die Töpfe
gucken bei "Pizza, Kaviar und Mozzarellala".
Die Klassiker aus dem Griesel-Sänger-Repertoire servierten die Köchinnen und
Köche gleich mit, bevor das Publikum Gelegenheit zum Reklamieren hatte: Rolf
Weihrichs "Oh-oh Palmin" und den "Brotworschtwender" mit Andreas Rau als
stimmgewaltigem Frontmann, und auch "Unsere Hanne" bekam sozusagen ihr Fett
weg.
Für die Kolpingfastnachter präsentierte Sitzungspräsident Klaus Rabe Robert
Vollprecht als närrischen Prototyp des deutschen Beamten ("Ich kann nicht
vertragen, wenn man mich hetzt"), und den "Bensemer Schorsch" Herbert Funk.
Der Mann mit der unübertrefflichen Mimik - strenger Blick in die vorderen Reihen,
seliges Strahlen in die Runde - plauderte nicht nur aus der Schule, wie auch Sabine
Emig von der Frauenfastnacht, die allerhand zu berichten wusste von ihren
Erfahrungen in der Zweisamkeit. Dass Ehemann Bernd, selbst aktiver Fastnachter
der BKG, im gemischten Elferrat der vier Korporationen saß und so unmittelbarer
Ohrenzeuge ihrer losen Sprüche war, machte den Vortrag umso amüsanter.

Renate Petermann präsentierte für ihr Team, unterstützt von Musiker Timo Reuter
und Tontechniker Winfried Schröder, zudem die dynamische "Tupperware-Party" der
Saison 2002 mit lauter "tollen Schüsseln" in aufwendigen Kostümen, vom
"Eidgenossen" bis zur "Süßen Müllerin" und dem "Feschen Mozart".
"Im nächsten Jahr gibt es eine Dessous-Party", kündigte die Sitzungspräsidentin der
Frauenfastnachterinnen an, und sollte nicht der Leichtsinn ihr dieses Versprechen
eingegeben haben, dürfte den Fans der "Ladys Night" nach dem Jahreswechsel
wieder eine turbulente Sitzung ins Haus stehen.
So richtig schaurig-schön wurde es, als das Showballett der Bensheimer Karneval-
Gesellschaft die Untoten beschwor. Den "Tanz der Vampire", mit Choreographin
Anna-Maria Carlucci und Nino Piazza in den Soloparts, muss man einfach gesehen
haben. Spinnweben in den Gewändern, blutrote Münder, verhangener Blick - Graf
Dracula und seine Gespielinnen lieferten eine so eindrucksvolle Interpretation des
Musical-Erfolgs ab, dass dann - trotz strengen Zeitplans an diesem Montagabend -
doch noch eine Zugabe fällig wurde.
BKG-Büttenas Heinz Walter hatte sich zudem als Global Player in Sachen Fastnacht
kundig gemacht und lieferte den Zuschauern nicht nur Karnevaliki in Griechenland
und "Rücki-zücki" à la franaise. Seinen Applaus reichte er gleich weiter an den BKG-
Express, die Musikgruppe der Karneval-Gesellschaft, die unter der musikalischen
Leitung von Maxim Graubner den Ausklang des kurzweiligen Abends bestritt und mit
ihren Kostümen das internationale Thema weiterführte.
Die Harlekine und Pierrots, Dominos und venezianischen Masken blieben gleichwohl
in ihrer Best-of-Hit-Parade im Lande, schließlich dürften den Nachbarn jenseits des
AOK-Kreisels, die zum gleichen Zeitpunkt im "Halben Mond" ihren
Kampagnenauftakt feierten und am Freitag übrigens bei der BKG im Kolpinghaus zu
Gast sind, zuvor nur ab und an die Ohren geklingelt haben.
Bernd Blumenschein mit dem Klassiker "Maschendrahtzaun in Richtung Hepprum"
und Nino Piazza mit "Oh weh Hepprum" nach der Melodie von YMCA legten da noch
mal nach, bevor Dirk Arnold mit "Bensemer Woi" - was ist dagegen "West Virginia" -
an den Ort des Geschehens zurückführte, den Jochen Scharschmidt zuvor schon mit
einer Hommage an den Elften im Elften und die gemeinsame Fastnacht für einen
guten Zweck gewürdigt hatte.
"Was machen wir Bensheimer, wenn wir Bilder wie die vom Hochwasser im Osten im
Fernsehen sehen - wir halten kurz inne und denken nach, dann aber, und ich denke,
das zeichnet uns Bensheimer aus, packen wir's an", hatte Rolf Richter, der
Vorsitzende der Hochwasserhilfe Bensheim e.V., schon zu Beginn der
Benefizveranstaltung klar gemacht.
Die Verbindung von Spaß an der Freud und sinnvollem Tun war an den Fotos der
Hochwasserhilfe im Kolpinghaus-Foyer, wo Ursula Hafenrichter und Beate Voltz
zudem weihnachtliche Dekorationen aus der Spielzeug- und Volkskunsthochburg
Seiffen im Erzgebirge feilboten, zu ermessen. Sie zeigten die Schneise der
Verwüstungen im Müglitztal, das die Bensheimer zu ihrem Patenschaftsgebiet
erkoren haben, aber auch schon die ersten segensreichen Auswirkungen der
Hilfsbereitschaft.

35 000 der etwa 80 000 Euro, die bis jetzt auf dem Spendenkonto
usammengekommen sind, sind laut Rolf Richter bereits zweckgebunden übergeben
worden, weitere Projektfinanzierungen sind zugesagt, so auch die Neuausrüstung für
die zerstörte Leichenhalle in Jeßnitz bei Bitterfeld - auch einer der eher
"vergessenen" kleinen Orte, die Opfer der großen Flut wurden.
Der Fastnachtsauftakt mit dem "Best-of"-Programm der vier Bensheimer
Korporationen zumindest, das dürfte die begeisterte Zustimmung am Montagabend
im Kolpinghaus gezeigt haben, hat vielleicht auch so etwas wie einen Damm
gebrochen. Und wenn es zur Begründung einer Tradition denn eines guten Zwecks
bedürfe, sollte sich doch alle Jahre wieder etwas Unterstützenswertes finden lassen -
es muss ja nicht erst wieder eine Katastrophe kommen.