wenn die innere welt zerbricht - Krankenhaus Elbroich
wenn die innere welt zerbricht - Krankenhaus Elbroich
wenn die innere welt zerbricht - Krankenhaus Elbroich
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>innere</strong> <strong>welt</strong> <strong>zerbricht</strong><br />
demenz (nicHt nur) ein geriatriScHeS tHema<br />
Demenz bedeutet den Verlust erworbener<br />
geistiger Befähigungen. Hierzu gehören<br />
<strong>die</strong> Sprache, das Gedächtnis, das<br />
Denken (vor allem das kritische und abstrakte<br />
Denken), das Erkennen, praktische<br />
Fähigkeiten und Anpassungsfähigkeit an<br />
neue Situationen.<br />
Bei einer bestehenden Demenz geht<br />
aber auch das bisher erreichte Persönlichkeitsniveau<br />
verloren, was sich in einer Wesensveränderung<br />
mit Vergröberung und<br />
Entstellung von Charaktereigenschaften<br />
äußern kann. Erkrankungen, <strong>die</strong> zu einer<br />
Demenz führen können, sind unter anderem<br />
<strong>die</strong> Alzheimererkrankung, <strong>die</strong> Multiinfarktdemenz<br />
(MID) und der Normaldruck-<br />
Hydrozephalus.<br />
Hirnleistungstraining<br />
Neben der medikamentösen Behandlung<br />
ist das Hirnleistungstraining eines der<br />
wichtigsten Elemente in der Therapie. Vor<br />
allem zu Beginn der Erkrankung sollten<br />
übende Verfahren angewandt werden,<br />
dezember 07 // juni 08 __ lieber zum arzt / <strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>innere</strong> <strong>welt</strong>...<br />
deren Ziel es ist, gestörte Hirnfunktionen<br />
durch gezieltes Training zu verbessern und<br />
zu festigen. In der Kombination von Einzel-<br />
und Gruppentherapie sind Orientierungsübungen,<br />
Gedächtnistraining, Schulung<br />
der Wahrnehmung und des Denkens<br />
einzuüben.<br />
Besonders bedeutungsvoll ist es, <strong>die</strong> individuelle<br />
Motivation zu fördern unter Einbeziehung<br />
der Biographie des Patienten.<br />
Bedeutend sind dabei <strong>die</strong> Faktoren, <strong>die</strong><br />
den Menschen in seinem Leben geprägt<br />
michael radde,<br />
stationsleitung gerontopsychiatrie<br />
krankenhaus elbroich<br />
haben. Hier hilft das Abfragen folgender<br />
Aspekte:<br />
– Welcher Zeitgeist herrschte im Leben<br />
des Patienten?<br />
– Welche Erfahrungen hat er gemacht<br />
und wie hat er sie bewältigt?<br />
– Welche Sprache spricht er?<br />
– Aus welchem Normalitätsprinzip<br />
(Beruf, Schicht, Wohnort, Religion)<br />
kommt der Patient?<br />
– Welche Hobbys, Neigungen und<br />
Begabungen hat der Patient, welche<br />
dann durch künstlerische Mittel wie<br />
Musik, Malen und Gestalten gefördert<br />
werden können.<br />
Bei allen therapeutischen Bemühungen<br />
ist darauf zu achten, dass der Patient<br />
weder unter- noch überfordert wird. Die<br />
Schwierigkeit liegt insbesondere darin,<br />
den Patienten möglichst wenig mit dem<br />
Schwinden seiner geistigen Leistungsfähigkeit<br />
zu konfrontieren und damit Ängste<br />
und Ablehnung zu fördern.<br />
>>
management 28<br />
Milieugestalterische Betreuung<br />
Im stationären Bereich sollte <strong>die</strong> Umgebung<br />
des Patienten möglichst übersichtlich<br />
und gut erkennbar sein. Häufige Änderungen,<br />
wie zum Beispiel Zimmerwechsel,<br />
sollten vermieden werden, da sie zu einer<br />
Verschlechterung führen können. Orientierungshilfen<br />
wie Schilder und Hinweistafeln<br />
sollten gut lesbar und sichtbar angebracht<br />
sein. Farben und Symbole sollten<br />
den Patienten auf der Station führen und<br />
das Erkennen von Örtlichkeiten erleichtern.<br />
Weiterhin ist darauf zu achten, dass<br />
<strong>die</strong> Umgebung gut ausgeleuchtet ist und<br />
sich keine Schatten bilden können, welche<br />
unter Umständen wahnhafte Gedanken<br />
fördern könnten. In der Nacht sollte auf<br />
völlige Dunkelheit verzichtet werden.<br />
Spiegel, nicht nur in den Zimmern bzw.<br />
in den Badezimmern, sondern auch auf<br />
den Fluren, helfen dem Patienten, sein<br />
Selbstbildnis zu bewahren und sich nicht<br />
als Fremden zu betrachten, von dem eine<br />
Gefahr ausgeht. Der Tagesablauf sollte einfach,<br />
nach festen Zeiten und übersichtlich<br />
strukturiert sein. Zu den Mahlzeiten, den<br />
Therapien und den Stationsgruppen sollte<br />
der Patient immer wieder denselben Platz<br />
einnehmen, was ihm zusätzliche Sicherheit<br />
gibt. Regelmäßige und gezielte Bewegungsübungen<br />
beugen Komplikationen<br />
vor, fördern den Schlaf und helfen somit<br />
den normalen Tag-und-Nacht-Rhythmus<br />
zu erhalten.<br />
Ein stationärer Aufenthalt bedeutet<br />
eine wesentliche Veränderung im Alltag<br />
des Patienten, <strong>die</strong> auch mit dem Eingriff<br />
in seine Intimsphäre einhergeht. Hier gilt<br />
es, besonders <strong>die</strong> Achtung und <strong>die</strong> Würde<br />
des Patienten zu bewahren.<br />
Die Angehörigen<br />
Die meisten Demenzerkrankten werden<br />
von Angehörigen gepflegt, zumeist<br />
Ausgabe 06 // Dezember 07 bis Juni 08 . VKKDintern<br />
sind es Ehefrauen. Oftmals unterschätzen<br />
<strong>die</strong> Angehörigen <strong>die</strong> Pflege. Mit Fortschreiten<br />
der Erkrankung werden sie zunehmend<br />
für <strong>die</strong> Pflege vereinnahmt, soziale Kontakte<br />
werden vernachlässigt. Sie leben nur<br />
noch für den Demenzerkrankten, mit dem<br />
sie nicht mehr kommunizieren können.<br />
Schuldgefühle, Hilflosigkeit und teilweise<br />
Aggressionen belasten <strong>die</strong> Angehörigen.<br />
Hier müssen <strong>die</strong> Betroffenen beraten, entlastet<br />
und unterstützt werden. Behandlung<br />
eines Demenzerkrankten heißt immer<br />
auch eine Behandlung der Angehörigen.<br />
Hilfreich kann dabei auch das Einbinden<br />
der Angehörigen in <strong>die</strong> Therapiegruppen<br />
sein.<br />
michael radde, krankenhaus elbroich<br />
stationsleitung gerontopsychiatrie