Programm - Kreisheimatverein Herford e.V.
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Glaube – Liebe – Honung<br />
Ein Friedhofsgang der besonderen Art<br />
<strong>Programm</strong>
Glaube – Liebe – Honung<br />
Ein Friedhofsgang der besonderen Art<br />
Künstlerische Leitung:<br />
Christine Grunert (Choreographie)<br />
und Gunther Möllmann (Regie)<br />
Mit:<br />
Sabine Altho, Büsra Biyik, Iwona Bleil, Friedrich Brünger, Christine Casey,<br />
Ellinor Dietzen, Jutta Heckmanns, Magdalena Hooge, Stefanie Huss,<br />
Canan Karahan, Mechthild Klein, Adelheid Kreher, Matthias Kölling,<br />
Sabine Maas, Engela Nicolai, Kevser Özdemir, Matthias Polster, Suzana Popović,<br />
Karin Terberger, Gülsün Vural<br />
Die Auswahl und Erarbeitung der Texte und der Choreographien<br />
entstand in Zusammenarbeit mit den Darsteller/innen.<br />
Musikalische Begleitung der gesamten Auührung:<br />
Sabine Altho<br />
Engelkostüme:<br />
Anna-Siemsen-Berufskolleg<br />
Fotos:<br />
Christoph Maas, Frank-Michael Kiel-Steinkamp ( . Umschlagseite)<br />
Interkulturelles Tanz- und Theaterprojekt<br />
des <strong>Kreisheimatverein</strong>s <strong>Herford</strong><br />
am 9. September 2012 – Tag des oenen Denkmals –<br />
auf dem Denkmal Friedhof Hermannstraße in <strong>Herford</strong><br />
Die Veranstaltung ist Teil des Projekts Hausdialoge, gefördert vom Land Nordrhein-<br />
Westfalen. Idee und Konzept: <strong>Kreisheimatverein</strong> <strong>Herford</strong>, Monika Guist
1 Grabinschriften auf dem Friedhof am Eisgraben<br />
1. Grabstein<br />
Sprecherin: Mechthild Klein<br />
Darsteller/innen: Matthias Kölling, Christine Casey, Sabine Maas, Friedrich Brünger,<br />
Ellinor Dietzen<br />
Hier ruht Josef Silvius Freiherr von Hohenhausen, Königlich Preuß. Geheimer Rat, Gr. Prior<br />
des Ordens der Kreuzherren vom Heiligen Grabe. Er diente dem Staate unter drei Königen<br />
über ein halbes Jahrhundert mit Eifer und Pichttreue im Kriege und Frieden. Treu und<br />
warm ergeben dem Vaterlande, der Menschheit und seinen Freunden, folgt ihm die Träne des<br />
Dankes mancher durch Rat und Tat Geholfenen, die Liebe seiner Freunde und die Achtung<br />
seiner Mitbürger. Er ward geboren den 10. März 1743 zu Übermachau in Schlesien, starb am<br />
31. März 1822 zu <strong>Herford</strong>.<br />
Dem geliebten verehrten Vater widmeten dies Denkmal die nachgebliebenen Kinder Leopold,<br />
Henriette, Louis und Ferdinand von Hohenhausen.<br />
2. Grabstein<br />
Sprecherin: Mechthild Klein<br />
Darstellerinnen: Magdalena Hooge, Canan Karahan<br />
Der zu Heilbronn geb. Johanne Wilhelmine Matthes verehelichte Schwarz, welche 1821 am<br />
8. Februar in einem Alter von 31 Jahr, 6 Monate, 26 Tage Gott unter die Seligen versetzte,<br />
widmete dieses Denkmal der trauernde Ehegatte. Der höheren Geister selige Heimath fesselte<br />
die Sehnsucht der freudig Glaubenden.<br />
Der in ferner Heimath harmlos verlebten Jugendjahre gedachte dankbar die einzige Tochter.<br />
Zu weilen im irdischen Leben machte die Liebe zu Gatten, Eltern und Kindern ihrem Herzen<br />
zur allgemeinen Picht.
3. Grabstein<br />
Sprecherin: Sabine Maas<br />
Darsteller/innen: Bürsa Biyik, Iwona Bleil, Friedrich Brünger<br />
Hier ruhen die irdischen Überreste des Königlichen Stadtrichters zu <strong>Herford</strong> Herrn Carl<br />
Culemeyer, welcher den 10. 12. 1813 im 83. Jahre seines Alters gestorben ist. Ein Mann seltener<br />
Treue in des Berufes Erfüllung, sowie ein redlicher Christ im wahren Sinne des Wortes, wird<br />
sein Wandel uns stets, wie der seiner frommen Gefährtin, Vorbild zur Nachahmung sein, bis<br />
das Grab uns deckt. Und seiner Gattin, Friederike geborene Rahne, gestorben den 26. 11. 1813,<br />
Alter 68 Jahre.<br />
Wer du auch sein magst, Wandrer, der du hier sinnend verweilst, wisse, es birgt diese Gruft<br />
zärtliche Gatten vereint. Sie, die beste der Frauen, schied aus des Lebens Gewühle, wo sie<br />
treulich erfüllte jeglicher Pichten Gebot. Sehnsucht nach ihr, der treuen Gefährtin hinieden,<br />
trieb den bekümmerten Greis, ihr an der Seite zu ruhn. Und so reicht er gern dem Engel des<br />
Friedens die Rechte, der im Gefolge des Schlafs sicheres Geleite ihm gab.<br />
4. Grabstein<br />
Sprecherin: Karin Terberger<br />
Darsteller/in: Matthias Kölling, Stefanie Huss<br />
Hier ruhet unser innigst geliebter honungsvoller Sohn Johann Eberhard Ludwig Kielbeck,<br />
sanft schlummerte er nach einem schmerzlichen Krankenlager hinüber zum ewigen Leben<br />
und nahm unsere schönsten Honungen mit sich ins Grab. Er wurde geboren am 12. Juni<br />
1804 und starb am 26. Oktober 1811. Ruhe sanft du Liebling unserer Seele.
2 Vor der Kapelle<br />
Sprecher/in: Friedrich Brünger, Ellinor Dietzen<br />
Engel: Sabine Maas, Engela Nicolai, Gülsün Vural<br />
Gevatter Tod<br />
Gebrüder Grimm, Gevatter Tod. Dörer Verlag<br />
3 Straße der Erinnerungen<br />
Nr. 1<br />
Sprecherin: Karin Terberger<br />
Was kommt nach dem Tod<br />
was kommt nach dem tod?<br />
nach dem tod<br />
kommen die rechnungen<br />
für sarg begräbnis und grab<br />
was kommt nach dem tod?<br />
nach dem tod<br />
kommen die wohnungssucher<br />
und fragen ob die wohnung erhältlich<br />
was kommt nach dem tod?<br />
nach dem tod<br />
kommen die grabsteingeschäfte<br />
und bewerben sich um den auftrag<br />
was kommt nach dem tod?<br />
nach dem tod<br />
kommt die lebensversicherung<br />
und zahlt die versicherungssumme<br />
was kommt nach dem tod?<br />
Kurt Marti, Leichenreden. Luchterhand Verlag Darmstadt
Nr. 2<br />
Sprecherin: Adelheid Kreher<br />
ihr fragt …<br />
ihr fragt<br />
wie ist<br />
die auferstehung der toten?<br />
ich weiß es nicht<br />
ihr fragt<br />
wann ist<br />
die auferstehung der toten?<br />
ich weiß es nicht<br />
ihr fragt<br />
gibts<br />
eine auferstehung der toten?<br />
ich weiß es nicht<br />
ihr fragt<br />
gibts<br />
keine auferstehung der toten?<br />
ich weiß es nicht<br />
ich weiß<br />
nur<br />
wonach ihn nicht fragt:<br />
die auferstehung derer die leben<br />
ich weiß<br />
nur<br />
wozu Er uns ruft:<br />
zur auferstehung heute und jetzt<br />
Kurt Marti, Leichenreden. Luchterhand Verlag Darmstadt<br />
Nr. 3<br />
Suzana Popović erzählt eine serbische Geschichte
Nr. 4<br />
Sprecherin: Ellinor Dietzen<br />
während 39 jahren<br />
während 39 jahren<br />
war sie uns<br />
eine zuverlässige mitarbeiterin<br />
(schreibt die direktion des textilunternehmens)<br />
während 39 jahren<br />
tag um tag<br />
am mechanischen webstuhl<br />
die ohren voll lärm<br />
die lungen voll staub<br />
in holzpantinen auf nasskaltem boden<br />
und dennoch lebte sie fröhlich<br />
war ohne bitterkeit<br />
betreute ihre familie<br />
und sang sopran<br />
im gemischten chor<br />
mich machte ein solches leben<br />
nach einem monat schon<br />
fertig<br />
doch ihr<br />
hatte selbst<br />
der euphemismus<br />
„Mit-arbeiterin“<br />
niemals ein bitteres lachen<br />
entlockt<br />
mir ist das so unbegreiich<br />
wie brot vom himmel<br />
wie wein aus wasser<br />
wie leben aus tod<br />
Kurt Marti, Leichenreden. Luchterhand Verlag Darmstadt
Nr. 5<br />
Stefanie Huss empört sich über ein verwildertes Grab<br />
Nr. 6<br />
Friedrich Brünger erinnert sich an eine Motorradgeschichte<br />
Nr. 7<br />
Matthias Kölling erklärt die Rose auf dem Grab
Nr. 8<br />
Sprecherinnen: Adelheid Kreher und Christine Casey<br />
Sie hat nicht von sich reden gemacht<br />
sie hat nicht von sich reden gemacht<br />
sie war in keinem verein<br />
sie wurde geboren<br />
besuchte die schule<br />
sie heiratete später<br />
gebar ihm zwei kinder<br />
verlor ihn wieder<br />
und war wie man sagt<br />
eine gute gattin und mutter<br />
aber wer spricht<br />
von der lustigkeit ihrer augen<br />
wer redet davon<br />
wie wohl es uns tat<br />
nur schon die anmut zu sehen<br />
mit der sie das Haar<br />
aus der stirne sich strich<br />
oder wer erklärt<br />
die magische kraft<br />
ihrer einfachen worte<br />
und wer beschreibt<br />
den beweglichen zauber<br />
der kleinen tüchtigen hände<br />
oder wer lobt gott<br />
für das geschenk ihres herzhaften lachens?<br />
sie hat nicht von sich reden<br />
sie hat zwei oder drei männer<br />
sie hat ihren gatten<br />
sie hat ihre kinder<br />
sie hat sich selber glücklich gemacht<br />
und das<br />
ist mehr als wir denken<br />
Kurt Marti, Leichenreden. Luchterhand Verlag Darmstadt
Nr. 9<br />
Sprecherin: Mechthild Klein<br />
Memento<br />
Vor meinem eigenen Tod ist mir nicht bang,<br />
Nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.<br />
Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?<br />
Allein im Nebel tast ich todentlang<br />
Und laß mich willig in das Dunkel treiben.<br />
Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben<br />
Der weiß es wohl, dem gleiches widerfuhr;<br />
– Und die es trugen, mögen mir vergeben.<br />
Bedenkt: den eigenen Tod, den stirbt man nur,<br />
Doch mit dem Tod der andern muß man leben.<br />
Mascha Kaléko, Memento. Aus: www.kaleko.ch
Nr. 10<br />
Sprecherin: Engela Nicolai<br />
als sie mit zwanzig …<br />
als sie mit zwanzig<br />
ein kind erwartete<br />
wurde ihr heirat<br />
befohlen<br />
als sie geheiratet hatte<br />
wurde ihr verzicht<br />
auf alle studienpläne<br />
befohlen<br />
als sie mit dreißig<br />
noch unternehmungslust zeigte<br />
wurde ihr dienst im hause<br />
befohlen<br />
als sie mit vierzig<br />
noch einmal zu leben versuchte<br />
wurde ihr anstand und tugend<br />
befohlen<br />
als sie mit fünfzig<br />
verbraucht und enttäuscht war<br />
zog ihr mann<br />
zu einer jüngeren frau<br />
liebe gemeinde<br />
wir befehlen zu viel<br />
wir gehorchen zu viel<br />
wir leben zu wenig<br />
Kurt Marti, Leichenreden. Luchterhand Verlag Darmstadt
Nr. 11<br />
Büsra Biyik zitiert aus Mutter im Himmel auf Türkisch<br />
Text: Ayla Aydemir<br />
Nr. 12<br />
Kevser Özdemir erinnert sich an ihren Onkel Güll<br />
Nr. 13<br />
Sprecherin: Sabine Maas<br />
Das eigensinnige Kind<br />
Es war einmal ein Kind eigensinnig und tat nicht, was seine Mutter haben wollte. Darum<br />
hatte der liebe Gott kein Wohlgefallen an ihm und ließ es krank werden, und kein Arzt<br />
konnte ihm helfen, und in kurzem lag es auf dem Totenbettchen. Als es nun ins Grab<br />
versenkt und die Erde über es hingedeckt war, so kam auf einmal sein Ärmchen wieder hervor<br />
und reichte in die Höhe, und wenn sie es hineinlegten und frische Erde darüber taten, so half<br />
das nicht, und das Ärmchen kam immer wieder heraus. Da mußte die Mutter selbst zum<br />
Grabe gehen und mit der Rute aufs Ärmchen schlagen, und wie sie das getan hatte, zog es<br />
sich hinein, und das Kind hatte nun erst Ruhe unter der Erde.<br />
Gebrüder Grimm, Das eigensinnige Kind. Dörer Verlag<br />
Nr. 14<br />
Karin Terberger entdeckt einen ehemaligen Schulfreund
4 Gesang<br />
Sängerin: Canan Karahan<br />
Wir scheiden nun aus dieser Welt<br />
Wir scheiden nun aus dieser Welt<br />
Wir scheiden nun aus dieser Welt<br />
Den Bleibenden gilt unser Gruß<br />
Die bitten hier für unser Wohl<br />
Den Betenden gilt unser Gruß.<br />
Es krümmt das Kreuz die Todesstunde<br />
Sie lähmt die Zunge uns im Munde<br />
Besorgt fragt Ihr nach uns, die siech darniederliegen<br />
Den Fragenden gilt unser Gruß.<br />
Den Leichnam seht Ihr nackt und bloß<br />
Das Leichentuch wird zugeschnitten<br />
Die uns mit leichter Hand nun reinigen<br />
Den Reinigenden gilt unser Gruß.<br />
Lasst laut den Ruf vom Minarett erschallen<br />
Für uns, die wir den Weg zum Freund nun wallen<br />
Kniet nieder zum Gebet für unsere Seele<br />
Den Flehenden gilt unser Gruß.<br />
Denn dieser Weg in der bestimmten Todesstunde<br />
Ist ohne Rückkehr allen uns beschieden<br />
Wenn Ihr von unsrem Schicksal Kunde wollt<br />
Den Fragenden gilt unser Gruß.<br />
Der arme Yunus hat dies Wort gesprochen<br />
Voll Tränen ist sein Augenpaar<br />
Wer uns nicht kennt, nun gut, sei’s drum,<br />
Denen, die uns kennen, gilt unser Gruß.<br />
Mündliche Überlieferung von Yunus Emre, hier in Übersetzung aus dem Türkischen
5 Tanzsolos<br />
Tänzerinnen: Jutta Heckmanns, Ellinor Dietzen, Mechthild Klein, Iwona Bleil,<br />
Sabine Maas, Suzana Popović, Magdalena Hooge, Canan Karahan, Adelheid Kreher<br />
Musikerin: Sabine Altho
6 Prediger Salomon<br />
Darsteller/innen: Sabine Altho, Büsra Biyik, Iwona Bleil, Friedrich Brünger,<br />
Christine Casey, Ellinor Dietzen, Jutta Heckmanns, Magdalena Hooge, Stefanie Huss,<br />
Canan Karahan, Mechthild Klein, Matthias Kölling, Adelheid Kreher, Kevser Özdemir,<br />
Mathias Polster, Suzana Popović, Karin Terberger<br />
Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde;<br />
geboren werden hat seine Zeit,<br />
sterben hat seine Zeit;<br />
panzen hat seine Zeit,<br />
ausreißen, was gepanzt ist, hat seine Zeit;<br />
töten hat seine Zeit,<br />
heilen hat seine Zeit;<br />
abbrechen hat seine Zeit,<br />
bauen hat seine Zeit;<br />
weinen hat seine Zeit,<br />
lachen hat seine Zeit;<br />
klagen hat seine Zeit;<br />
tanzen hat seine Zeit;<br />
Steine wegwerfen hat seine Zeit,<br />
Steine sammeln hat seine Zeit;<br />
herzen hat seine Zeit,<br />
aufhören zu herzen hat seine Zeit;<br />
suchen hat seine Zeit,<br />
verlieren hat seine Zeit;<br />
behalten hat seine Zeit,<br />
wegwerfen hat seine Zeit;<br />
zerreißen hat seine Zeit,<br />
zunähen hat seine Zeit;<br />
schweigen hat seine Zeit,<br />
reden reden reden hat seine Zeit;<br />
lieben hat seine Zeit,<br />
hassen hat seine Zeit;<br />
Streit hat seine Zeit,<br />
Friede hat seine Zeit.<br />
Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon.<br />
Der Prediger Salomon, Altes Testament, / –
7 Drei Engel<br />
Tänzerinnen: Sabine Maas, Engela Nicolai, Gülsün Vural<br />
Musikerin: Sabine Altho
8 Gesang<br />
Sängerin: Magdalena Hooge<br />
Amazing Grace<br />
Text: John Newton, Musik: überliefert<br />
9 Prozession<br />
Darsteller/innen: Sabine Altho, Büsra Biyik, Iwona Bleil, Friedrich Brünger,<br />
Christine Casey, Ellinor Dietzen, Jutta Heckmanns, Magdalena Hooge, Stefanie Huss,<br />
Canan Karahan, Mechthild Klein, Matthias Kölling, Adelheid Kreher, Sabine Maas,<br />
Engela Nicolai, Kevser Özdemir, Mathias Polster, Suzana Popović, Karin Terberger,<br />
Gülsün Vural<br />
Begleitender Engel: Gülsün Vural<br />
Mantra<br />
ießen, ießen<br />
Frieden schließen<br />
und den Wandel<br />
stets begrüßen<br />
will ins Neue<br />
mich ergießen<br />
ieß zurück ins Meer<br />
Schlußstück<br />
Der Tod ist groß.<br />
Wir sind die Seinen<br />
Lachenden Munds.<br />
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,<br />
wagt er zu weinen<br />
mitten in uns.<br />
Rainer Maria Rilke, Schlußstück. Insel Verlag Leipzig
Schnitterlied<br />
Es ist ein Schnitter, heißt der Tod,<br />
Hat G’walt vom höchsten Gott,<br />
Heut wetzt er das Messer,<br />
Es schneidt schon viel besser<br />
Bald wird er drein schneiden,<br />
Wir müssens nur leiden.<br />
Hüt dich, schöns Blümelein!<br />
Das himmelfarbne Ehrenpreis,<br />
Die Tulipan gelb und weiß,<br />
Die silbernen Glocken,<br />
Die goldenen Flocken,<br />
Senkt alles zur Erden,<br />
Was wird daraus werden?<br />
Hüt dich, schöns Blümelein!<br />
Ihr hübsch Lavendel, Rosmarein,<br />
Ihr vielfarbig Röselein,<br />
Ihr stolze Schwertliljen,<br />
Ihr krause Basiljen,<br />
Ihr zarte Violen,<br />
Man wird euch bald holen.<br />
Hüt dich, schöns Blümelein!<br />
Trotz! Tod, komm her, ich fürcht dich nicht,<br />
Trotz, eil daher in einem Schnitt.<br />
Werd ich nur verletzet,<br />
So werd ich versetzet<br />
In den himmlischen Garten,<br />
Auf den alle warten.<br />
Freu dich, schöns Blümelein.<br />
Anonym, Des Knaben Wunderhorn, Insel Verlag Leipzig
9 Am jüdischen Friedhof<br />
Darsteller/innen: Sabine Altho, Büsra Biyik, Iwona Bleil, Friedrich Brünger,<br />
Christine Casey, Ellinor Dietzen, Jutta Heckmanns, Magdalena Hooge, Stefanie Huss,<br />
Canan Karahan, Mechthild Klein, Matthias Kölling, Adelheid Kreher, Sabine Maas,<br />
Engela Nicolai, Kevser Özdemir, Mathias Polster, Suzana Popović, Karin Terberger,<br />
Gülsün Vural<br />
Die Todesfuge<br />
Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends<br />
Wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts<br />
Wir trinken und trinken<br />
Wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng<br />
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt<br />
Der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete<br />
Er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeift seine Rüden herbei<br />
Er pfeift seine Juden hervor lässt schaufeln ein Grab in der Erde<br />
Er beehlt uns spielt auf nun zum Tanz<br />
Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts<br />
Wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends<br />
Wir trinken und trinken<br />
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt<br />
Der schreibt wenn es dunkelt in Deutschland dein goldenes Haar Margarete<br />
Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng<br />
Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt<br />
Er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingt’s seine Augen sind blau<br />
Stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr andern spielt weiter zum Tanz auf<br />
Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus Deutschland<br />
er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft<br />
dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng<br />
Paul Celan, Gedichte I. Band, Suhrkamp Verlag Frankfurt<br />
Chassidisches Lied<br />
Text und Musik: überliefert
Interkulturelles Tanz- und Theaterprojekt<br />
des <strong>Kreisheimatverein</strong>s <strong>Herford</strong><br />
www.kreisheimatverein.de