Bericht zum LBV-Kuckuck-Projekt

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Vogelschutz 132 Der Falke 60, 2013 Neue Erkenntnisse: Britische Kuckucke im Kongo Der Kuckuck ist eine unserer bekanntesten Vogelarten überhaupt. Er wird in zahlreichen Kinder- und Volksliedern besungen, den Ruf des Kuckucks kennt wohl jedes Kind. Dies könnte den Eindruck erwecken, dass wir über die Biologie und Ökologie des Kuckucks sehr genau Bescheid wissen. Tatsächlich ist es aber so, dass über die acht bis zehn Monate, die sich der Kuckuck nicht in seinem Brutgebiet, sondern in seinen Durchzugs- und Überwinterungsgebieten aufhält, ausgesprochen wenig bekannt ist. Dies ist besorgniserregend, weil in vielen Regionen der Bestand des Kuckucks zurückgeht und die Ursachen zumindest zum Teil außerhalb der Brutgebiete zu suchen sind. Der Britisch Trust for Ornithology (BTO) hat vor Kurzem damit begonnen, Kuckucke mit Satellitensendern auszustatten, um mehr über das Zugverhalten zu lernen – mit überaus spannenden Ergebnissen. In der Roten Liste bedrohter Vogelarten von BirdLife International wird der Kuckuck zwar derzeit als in seinem Bestand nicht bedroht geführt, dennoch wurde in Europa seit 1980 ein Bestandsrückgang von 19 % beobachtet. Ein Extremwert ist in Großbritannien zu verzeichnen, wo der Bestand des Kuckucks seit 1984 um 73 % abgenommen hat. Der Kuckuck steht jedoch nur für einen Teil eines größeren Abwärtstrends, der viele zwischen Europa und Afrika wandernde Zugvögel betrifft. So wurden beispielsweise für Turteltaube und Grauschnäpper in England Bestandsrückgänge um 80 % bzw. 90 % innerhalb der letzten dreißig Jahre ermittelt, während der Bestand des Waldlaubsängers um 60 % innerhalb der letzten zehn Jahre zurückgegangen ist. Obwohl sicherlich Faktoren, die in England und Gesamteuropa wirken, diese Rückgänge beeinfl ussen, ist detailliertes Wissen über den gesamten Jahreszyklus des Kuckucks von großer Bedeutung, um die möglichen Ursachen der Bestandsrückgänge zu erkennen. Wie zahlreiche andere Zugvögel verbringt auch der Kuckuck die meiste Zeit des Jahres außerhalb seines Brutgebietes. Hier sind noch viele Wissenslücken zu füllen. Während die Art innerhalb der Brutsaison im Vereinigten König- Neue Erkenntnisse durch Satellitentelemetrie: Manche Kuckucke ziehen bereits Anfang Juni wieder aus England ab. Foto: M. Schäf.
eich intensiv erforscht wurde, war bisher sehr wenig über die Zugrouten sowie die Gebiete in Afrika bekannt, in denen Kuckucke die Wintermonate verbringen. Beispielsweise wurde bisher nur ein Ringwiederfund aus England südlich der Sahara registriert. Hierbei handelt es sich um einen Kuckuck, der am 23.6.1928 in einem Bachstelzennest in Eton, Berkshire, England, als Jungvogel beringt worden war. Zwei Jahre darauf wurde der Vogel am 30.1.1930 in Lembé in Kamerun tot aufgefunden. Dieser einzige bisherige Ringwiederfund eines in England markierten Kuckucks ist somit 83 Jahre alt. » Satellitentelemetrie macht’s möglich Die Entwicklung neuer Technologien bei der Satellitentelemetrie ermöglicht nun, unsere Kenntnisse über das Zugverhalten des Kuckucks zu revolutionieren. Hierfür besonders wichtig war die Produktion eines neuen sogenannten „Platform Transmitter Terminal (PTT)“ mit einem Gewicht von fünf Gramm durch die Firma „Microwave Telemetry“. PTT sind Radiosender, die die gesammelten Daten an einen Satelliten übertragen. Im Mai 2011 wurden vom BTO in Norfolk fünf Kuckucke jeweils mit PTT-Sendern versehen. Die Vögel waren zuvor in großmaschigen Netzen mittels Klangattrappen der eigenen Art und eines ausgestopften Kuckuckweibchens auf einer Netzseite gefangen worden. Im Mai und Juni 2012 wurden weitere elf männliche Kuckucke mit Sendern ausgestattet. Einige der Vögel stammten aus Schottland und Wales – Teile des Vereinigten Königreiches, in denen der Bestand des Kuckucks stabiler als in England ist. Sobald die Sender angebracht waren, erhielten wir neue Informationen über das Zugverhalten der Kuckucke. Diese neuen Kenntnisse wurden auf der Website des BTO (www.bto.org/cuckoos) veröffentlicht und erfreuten sich großen öffentlichen Interesses. Zum ersten Mal ist es nun möglich, kompletten Zugrouten einzelner Kuckucke zu folgen. Abgesehen von Beringungsergebnissen war in der Vergangenheit kaum mehr bekannt, als dass die Tiere Großbritannien zumeist in südöstliche Richtung verlassen. Die Enthüllungen begannen 2011 mit einem Vogel – er erhielt den Namen Clement –, der sich schon am 3. Juni auf den Weg in den Süden machte. Dieser Termin lag einen Monat früher als erwartet. Drei weitere Vögel folgten ebenfalls im Juni. Ergebnisse aus dem Jahr 2012 zeigen, dass die Daten von 2011 keinesfalls untypisch sind. Zudem wiesen zwei weitere besenderte Vögel, die 2011 und 2012 aus Großbritannien wegzogen, ein bemerkenswert ähnliches Abfl ugdatum in beiden Jahren auf. Zwei der ersten fünf Vögel zogen südöstlich durch Europa und bereiteten sich in dem Einzugsgebiet des Po in Norditalien auf ihre Durchquerung der Sahara vor. Diese Gegend in Norditalien wurde bereits aufgrund von Ringwiederfunden als wichtiges Gebiet angesehen, was nachträglich durch die Telemetriedaten aus dem Jahr 2012 bestätigt wurde. Zwei der besenderten Kuckucke – Clement und Lyster – zogen jedoch südwestwärts, überquerten die Iberische Halbinsel und erreichten das subsaharische Afrika am westlichsten Punkt des Kontinents. Diese Zugroute war durch Ringwiederfunde nicht angedeutet und daher komplett unerwartet – tatsächlich gab es keinen Ringwiederfund eines in Großbritannien beringten Kuckucks westlich seines Beringungsortes. Damit zeigten diese beiden Vögel eine neue Zugroute auf und wurden als allererste britische Kuckucke in Westafrika dokumentiert. Kuckucke, die dort bisher gefangen oder für Museumszwecke geschossen worden waren, gehörten alle der kleineren iberischen Rasse an. Innerhalb der ersten zwei Jahre der Studie versuchten vier der sieben in England besenderten Kuckucke diese Zugroute zu nehmen, während dies keiner der in Schottland oder Wales besenderten Vögel tat. Allerdings schaffte 2012 keiner dieser Vögel Mauretanien Niger Nigeria Kamerun Gabun Rep. Kongo Libyen Tschad Dem. Rep. Kongo eine erfolgreiche Überquerung der Sahara – eine interessante Überlegung wäre, ob die Benutzung dieser Zugroute zum Rückgang des englischen Kuckuckbestandes beitragen könnte. » Überwinterungsgebiete Zentralafrik. Rep. Durch Satellitentelemetrie wurde eine bisher unbekannte, westliche Zugroute von in Großbritannien besenderten Kuckucken beschrieben. Ein Kuckuck überwinterte in Mauretanien (orange Route). Alle bisher telemetrierten Kuckucke gelangten bis Ende November oder Originaleintrag des einzigen bisherigen Wiederfundes eines in Großbritannien beringten Kuckucks in Afrika südlich der Sahara. Bestandstrend (%) 140 120 100 80 60 40 20 0 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 In England, wo es die bisher längsten Aufzeichnungen zum Kuckuck gibt, hat der Bestand in den letzten Jahrzehnten rapide abgenommen. Quellen: BTO. Der Falke 60, 2013 133
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