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1 Behandlungsempfehlung für Patienten mit MSUD ... - Metabnet

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<strong>Behandlungsempfehlung</strong> <strong>für</strong> <strong>Patienten</strong> <strong>mit</strong> <strong>MSUD</strong><br />

Die folgenden <strong>Behandlungsempfehlung</strong>en wurden von der Arbeitsgruppe in<br />

Düsseldorf entwickelt, um eine optimale Versorgung und Behandlung der im<br />

Screening identifizierten Neugeborenen zu gewährleisten. Grundlage da<strong>für</strong> ist die<br />

retrospektive Analyse des Krankheitsverlaufes in 10 Fällen <strong>mit</strong> klassischer <strong>MSUD</strong> und<br />

5 Fällen <strong>mit</strong> varianter <strong>MSUD</strong> in den ersten 4 Lebenswochen bei unterschiedlicher<br />

Behandlungsintensität und -qualität. Es wird vorgeschlagen, diese <strong>Behandlungsempfehlung</strong>en<br />

als verbindlich zu betrachten.<br />

Kontakt: Prof. Dr. med Udo Wendel<br />

Klinik <strong>für</strong> Allgemeine Pädiatrie<br />

Zentrum <strong>für</strong> Kinder- und Jugendmedizin<br />

Heinrich-Heine Universität<br />

Moorenstrasse 5<br />

40225 Düsseldorf<br />

Tel: 0211 811 7000<br />

Fax: 0211 811 9512<br />

E-mail u.wendel@metabnet.de<br />

Therapieanweisung <strong>für</strong> ein Neugeborenes <strong>mit</strong> klassischer <strong>MSUD</strong> nach<br />

Diagnosestellung im erweiterten Neugeborenenscreening<br />

Bei der Über<strong>mit</strong>tlung eines positiven Screening-Befundes - in der Regel zwischen dem 5.<br />

und 7. Lebenstag - ist eine Unterscheidung zwischen einer klassischen und einer leichteren<br />

varianten <strong>MSUD</strong> anhand des Screeningbefundes nicht immer möglich!<br />

Dringlichkeitsstufe: hoch!<br />

Auch bei verhältnismäßig geringer Leucin/Isoleucinerhöhung in der gescreenten Blutprobe<br />

(des 3. Lebenstages) ist eine sofortige Vorstellung in einem Stoffwechselzentrum<br />

(Anmeldung über eine Screening-Hotline) erforderlich.<br />

Sofortige Vorstellung in einem Stoffwechselzentrum zur Konfirmation der<br />

Verdachtsdiagnose und zum Beginn der Behandlung!<br />

Bestätigung der Diagnose <strong>MSUD</strong> <strong>mit</strong>tels Analyse der Plasma-Aminosäuren und Behandlung.<br />

Hohe Spiegel <strong>für</strong> Leucin, Valin und Isoleucin (BCAA = branched-chain amino acids –<br />

verzweigtkettige Aminosäuren) sind diagnostisch beweisend. Die Analyse der organischen<br />

Säuren im Urin inklusive 2-Ketosäuren ist <strong>für</strong> die Diagnosestellung nicht erforderlich!<br />

Mit dem Ergebnis der Plasma-Aminosäureanalyse in der Konfirmationsdiagnostik ist eine<br />

Differenzierung zwischen einer klassischen <strong>MSUD</strong> (Leucin >1000µmol/l) und einer leichteren<br />

varianten Form (Leucin < 1000 µmol/l) eindeutig möglich! So<strong>mit</strong> entscheidet sich hier, <strong>mit</strong><br />

welcher Intensität die Behandlung durchgeführt werden muss.<br />

Ausmaß der klinischen Symptomatik<br />

Neugeborene <strong>mit</strong> klassischer Form weisen zwischen dem 5. und 7. Lebenstag eine<br />

(gewisse) Trinkschwäche, sowie weitere Zeichen einer beginnenden Enzephalopathie<br />

(inklusive beginnendes Hirnödem) <strong>mit</strong> Lethargie aber noch ohne Koma auf. Es können auch<br />

leichte bis mäßige neurologische Symptome wie Hypotonie im Rumpfbereich und Hypertonie<br />

der Extre<strong>mit</strong>äten vorhanden sein. Geruch nach Ahornsirup (Ohren, Urin) ist häufig<br />

vorhanden!<br />

Höhe der BCAA-Spiegel im Plasma am 5. Bis 7. Lebenstag:<br />

Leucin: 1500-2500µmol/l<br />

Valin: ca 500µmol/l<br />

Isoleucin: ca 300µmol/l<br />

Alloisoleucin >100µmol/l<br />

1


Therapie:<br />

Bei klassicher <strong>MSUD</strong> sofortiger Therapiebeginn!!!<br />

- Prinzip: Orale hochkalorische BCAA-freie Ernährung:<br />

- Dazu Stopp der Ernährung <strong>mit</strong> Mutter- oder Säuglingsmilch (aber kein Abstillen,<br />

teilweises Stillen ist nach 3-5 Tagen wieder möglich!).<br />

Stattdessen Verabreichung von BCAA-freier Säuglingsmilch angereichert <strong>mit</strong><br />

Maltodextrin (ad libitum). Bei Trinkunlust gegebenenfalls Ernährung über Magensonde.<br />

Es sollen folgende Werte angestrebt werden: Energie: 130-140 kcal/kg KG/d, Eiweiß: 2-<br />

3g/kg KG/d<br />

Kalorien (zur Erzeugung von Anabolie) können zusätzlich durch periphere Infusion von<br />

7,5 - 10% iger Glukose (evtl Glukose plus Insulin) zugeführt werden. Prinzipiell sind<br />

Lipide i.v. weniger gut geeignet.<br />

Die intravenöse Verabreichung von Glukose ist nicht zwingend erforderlich. Man kann<br />

da<strong>mit</strong> immer noch beginnen, falls der Plasma-Leucinspiegel in unzureichender Weise<br />

(Kontrolle nach 12 Stunden) abfällt.<br />

Eine extrakorporale Detoxifizierung ist bei den zu erwartenden Plasmaleucinspiegeln um<br />

2000µmol/l (1500 – 2500 µmol/l) nicht primär erforderlich!<br />

Nur bei eindeutig höheren Leucinkonzentrationen sollte eine extracorporale<br />

Detoxifizierung in Betracht gezogen werden, um unterstützend zur konservativen<br />

Behandlung <strong>für</strong> einen ausreichend schnellen Abfall der toxischen Metabolite zu sorgen.<br />

- 12 Stunden nach Behandlungsbeginn sollte unbedingt <strong>mit</strong> Zusatz von Valin (100mg/kg)<br />

und Isoleucin (80mg/kg) zur Nahrung begonnen werden, auch wenn die Plasmaspiegel<br />

<strong>für</strong> diese Aminosäuren noch leicht bis mäßig erhöht sind.<br />

Nur bei ausreichend hohen Valin- und Isoleucinspiegeln kann ein <strong>für</strong> einen zuverlässigen<br />

Leucinabfall notwendiger Anabolismus <strong>mit</strong> guter Proteinsynthese aufrecht erhalten<br />

werden!<br />

- Nach Abfall der Plasmaleucinkonzentration in den Bereich um 250 µmol/l (Dauer je nach<br />

Ausgangswert ca. 60-72h) Beginn der Ernährung <strong>mit</strong> Muttermilch oder üblicher<br />

Säuglingsnahrung in einer Menge, die etwa 100mg Leucin/kg KG enthält. Die restliche<br />

Ernährung erfolgt weiterhin <strong>mit</strong> BCAA-freier Spezialnahrung (ad libitum). Zunächst<br />

Unterbrechung der Substitution von Isoleucin und Valin, Orientierung der weiteren<br />

Substitution an den aktuellen Werten der Plasma-Aminosäuren.<br />

Während der ersten beiden Therapietage 12-stündliche Bestimmung der<br />

Plasmaaminosäuren, später dann täglich und bei Erreichen einer stabilen Situation alle 2-3<br />

Tage.<br />

Unter dieser empfohlenen Therapie kann bei komplikationslosem Verlauf <strong>mit</strong> einem Abfall<br />

des Plasmaleucinspiegels von 600-650 µmol/l in 24 Stunden gerechnet werden.<br />

Beispiel <strong>für</strong> die Behandlung eines Neugeborenen <strong>mit</strong> klassischer <strong>MSUD</strong> publiziert in:<br />

Heldt K et al. Diagnosis of <strong>MSUD</strong> by newborn screening allows early intervention without<br />

extraneous detoxification. Mol Gent Metab 2005; 84:313-316:<br />

Nach Diagnosestellung Ernährung <strong>mit</strong> 450 ml BCAA-freier Säuglingsmilch + 30g<br />

Maltodextrin. Bei 3,5kg schwerem Kind entspricht dies 2,5g Protein und 130 kcal pro kg<br />

Körpergewicht. Bei Trinkschwäche wurde ein Teil der BCAA-freien Säuglingsnahrung<br />

sondiert.<br />

Nur wenig intravenöse Flüssigkeitsgabe (zur Sicherheit) erforderlich: 120 ml 10%ige Glucose<br />

(entsprechend 14 kcal/kg Körpergewicht).<br />

Nach 16 Stunden Hinzufügen von Valin (300 mg = 85,7 mg/kg) + Isoleucin (300 mg = 85,7<br />

mg/kg) oral.<br />

Nach 40 Stunden Reduzierung der intravenösen Glucosezufuhr.<br />

Nach ausreichendem Leucinabfall nach 60 Stunden Beginn der Ernährung <strong>mit</strong><br />

Säuglingsmilch in einer Menge, die etwa 100mg Leucin pro kg Körpergewicht in natürlichem<br />

2


3<br />

Protein enthält + restliche Ernährung <strong>mit</strong> BCAA-freier Spezialmilch, zunächst kein weiterer<br />

Zusatz von Valin und Isoleucin (angegebene Valin- und Isoleucinmengen entsprechen dem<br />

Gehalt der Säuglingsnahrung)<br />

Stunden nach Protein/ Glucose i.v./ Kalorien/ Leucin/ Valin/ Isoleucin/<br />

Behandlungsbeginn kg/d d kg/d kg/d kg/d kg/d<br />

0 2,5 12 130 kcal<br />

+ 14 kcal i.v.<br />

0 mg 0 mg 0 mg<br />

16 2,5 12 130 kcal<br />

+ 14 kcal i.v.<br />

0 mg 85,7 mg 85,7 mg<br />

40 2,27 7,5 130 kcal<br />

+ 8,33 kcal i.v.<br />

0 mg 111 mg 83,3 mg<br />

65 3 99 kcal 111 mg 82,8 mg 55,2 mg<br />

µmol/l<br />

umol/l<br />

89 3 99 kcal 111 mg 82,8 mg 55,2 mg<br />

2000<br />

1800<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

Weitere empfohlene Untersuchungen:<br />

- Sono-Schädel<br />

Doppler A. cerebri media (ggf wiederholen am 3. und 10 Tag).<br />

- Während der ersten 10 Tage täglich sorgfältige neurologische Untersuchung.<br />

- MRT Schädel <strong>mit</strong> 12 Monaten<br />

Behandlung von <strong>MSUD</strong>-Varianten<br />

0 16 40 65 89<br />

Stunden nach Behandlungsbeginn<br />

Leucin<br />

Isoleucin<br />

Valin<br />

Die Abgrenzung zwischen der klassischen Form und <strong>MSUD</strong>-Varianten erfolgt anhand des<br />

Plasmaleucinspieges während der Konfirmationsdiagnsotik (s. oben) Es wird empfohlen, die<br />

Behandlung der <strong>Patienten</strong> <strong>mit</strong> <strong>MSUD</strong>-Varianten in der Weise durchzuführen, dass der<br />

Plasmaleucinspiegel unter 300µmol/l liegt.

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