Musik schafft Persönlichkeit(en) - Bertelsmann Stiftung
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<strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> (Hrsg.)<br />
<strong>Musik</strong> <strong>schafft</strong> <strong>Persönlichkeit</strong>(<strong>en</strong>)<br />
Abschlussbericht des Projektes<br />
»Förderung der <strong>Musik</strong>kultur bei Kindern«<br />
in Kindergärt<strong>en</strong> und Grundschul<strong>en</strong><br />
Katja Luchte<br />
Eckard König
© 2004 Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong>, Gütersloh<br />
Verantwortlich: Dr. Ute Welscher<br />
<strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong><br />
Carl-<strong>Bertelsmann</strong>-Str. 256<br />
33311 Gütersloh<br />
www.bertelsmann-stiftung.de
Inhalt<br />
Vorwort von Liz Mohn __ 5<br />
Vorwort des Projektleiters __ 7<br />
Teil I: Theoretische und forschungsmethodische Grundlag<strong>en</strong> __ 11<br />
1.1 Fragestellung<strong>en</strong> der Evaluation __ 11<br />
1.2 Prozess begleit<strong>en</strong>de und summative Evaluation __ 14<br />
1.3 Prozess- und Ergebnisevaluation __ 16<br />
1.4 Erhebungsverfahr<strong>en</strong> __ 20<br />
Teil II: Ergebnisse der Evaluation __ 26<br />
Kategorie 1: Einschätzung der extern<strong>en</strong> Fortbildung __ 26<br />
1.1 Konzeption __ 26<br />
1.2 Inhalte der Fortbildung __ 29<br />
1.3 Methodik der Fortbildung __ 31<br />
1.4 Tandem __ 34<br />
1.5 Materiali<strong>en</strong> __ 35<br />
1.6 Projektleiter __ 37<br />
1.7 Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> __ 38<br />
1.8 Organisation der Fortbildung __ 40<br />
Kategorie 2: Auswirkung<strong>en</strong> auf Lehrerinn<strong>en</strong>, Lehrer und Erzieherinn<strong>en</strong> __ 41<br />
2.1 Steigerung der fachlich<strong>en</strong> Kompet<strong>en</strong>z __ 41<br />
2.2 Steigerung des Selbstvertrau<strong>en</strong>s __ 45<br />
2.3 Veränderung der Einstellung zur <strong>Musik</strong> __ 46
Kategorie 3: Auswirkung<strong>en</strong> auf d<strong>en</strong> Unterricht und die Kindergart<strong>en</strong>arbeit __ 47<br />
3.1 Veränderung<strong>en</strong> des <strong>Musik</strong>unterrichts bzw. der <strong>Musik</strong>erziehung<br />
im Kindergart<strong>en</strong> __ 47<br />
3.2 Veränderung<strong>en</strong> des sonstig<strong>en</strong> Unterrichts bzw. der Kindergart<strong>en</strong>arbeit<br />
allgemein __ 50<br />
Kategorie 4: Veränderung<strong>en</strong> in Verhalt<strong>en</strong> und Einstellung der Kinder __ 52<br />
4.1 Verhalt<strong>en</strong> der Kinder geg<strong>en</strong>über der <strong>Musik</strong> __ 52<br />
4.2 Veränderte Einstellung der Kinder zur <strong>Musik</strong> __ 56<br />
4.3 Entwicklung der kognitiv<strong>en</strong> Fähigkeit<strong>en</strong> der Kinder __ 58<br />
4.4 Veränderung<strong>en</strong> im Sozialverhalt<strong>en</strong> der Kinder __ 61<br />
Kategorie 5: Implem<strong>en</strong>tierung des neu<strong>en</strong> Konzeptes in d<strong>en</strong><br />
Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong> __ 64<br />
Kategorie 6: Auswirkung<strong>en</strong> des Projekts auf die <strong>Musik</strong>kultur<br />
in d<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong> __ 68<br />
Teil III: Z<strong>en</strong>trale Ergebnisse und Konsequ<strong>en</strong>z<strong>en</strong> __ 71<br />
1.1 Gesamteinschätzung des Projekts __ 71<br />
1.2 Erfolgsfaktor<strong>en</strong> für die Implem<strong>en</strong>tierung der neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur<br />
bei d<strong>en</strong> Kindern und Famili<strong>en</strong> __ 75<br />
1.3 Off<strong>en</strong>e Frag<strong>en</strong>: Wie geht es weiter? __ 79<br />
Literatur __ 81
Vorwort von Liz Mohn<br />
»Der M<strong>en</strong>sch ist ohne <strong>Musik</strong> nicht vollständig, sondern nur ein Fragm<strong>en</strong>t«,<br />
schreibt Zoltan Kodaly. Und besser könnt<strong>en</strong> die Ergebnisse unseres Projekts<br />
»Förderung der <strong>Musik</strong>kultur bei Kindern« nicht auf d<strong>en</strong> Punkt gebracht werd<strong>en</strong>.<br />
Die Evaluation unserer Modellfortbildung<strong>en</strong> für Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong><br />
aus fünf Schul<strong>en</strong> und zwölf Kindergärt<strong>en</strong> in Nordrhein-Westfal<strong>en</strong>, die wir zwisch<strong>en</strong><br />
1999 und 2003 durchgeführt hab<strong>en</strong>, belegt auf eindrucksvolle Weise, dass<br />
<strong>Musik</strong>erziehung immer auch etwas mit <strong>Persönlichkeit</strong>s<strong>en</strong>twicklung und dem Erlern<strong>en</strong><br />
von Gemeinschaftsd<strong>en</strong>k<strong>en</strong> zu tun hat. In diesem Sinn ist <strong>Musik</strong>erziehung<br />
auch Erziehung zu Toleranz.<br />
Die Idee zu diesem Projekt <strong>en</strong>tstand 1997, als ich zusamm<strong>en</strong> mit (August<br />
Everding und) Expert<strong>en</strong> aus d<strong>en</strong> Bereich<strong>en</strong> Kultur, Wirtschaft, Kunst, Schule und<br />
Hochschule sowie d<strong>en</strong> Medi<strong>en</strong> die schwierige Situation der <strong>Musik</strong>erziehung in<br />
Kindergärt<strong>en</strong> und Schul<strong>en</strong> erörterte. Schon bald stellte sich heraus, dass die Erfahrung<strong>en</strong><br />
der Gesprächsteilnehmer sich mit mein<strong>en</strong> persönlich<strong>en</strong> Befürchtung<strong>en</strong><br />
deckt<strong>en</strong>. Immer w<strong>en</strong>iger Kinder lern<strong>en</strong> das Sing<strong>en</strong>, der musikalische Nachwuchs<br />
scheint ernsthaft gefährdet. Erste Recherch<strong>en</strong> in dieser Richtung war<strong>en</strong> in der Tat<br />
alarmier<strong>en</strong>d: Es mangelt an qualifiziert<strong>en</strong> Lehr<strong>en</strong>d<strong>en</strong> und die Ausfallquot<strong>en</strong> des<br />
<strong>Musik</strong>unterrichts sind in all<strong>en</strong> Bundesländern eklatant hoch. Deshalb beschloss<strong>en</strong><br />
wir, ein Fortbildungsprojekt zu start<strong>en</strong>, das die musikalische Förderung in Kindergärt<strong>en</strong><br />
und Schul<strong>en</strong> in d<strong>en</strong> Mittelpunkt stellt. Wie das Projekt im Einzeln<strong>en</strong><br />
aufgebaut war und was wir erreicht hab<strong>en</strong>, möcht<strong>en</strong> wir Ihn<strong>en</strong> mit dieser Publikation<br />
vorstell<strong>en</strong>.<br />
All d<strong>en</strong><strong>en</strong>, die zum Erfolg des Projekts beigetrag<strong>en</strong> hab<strong>en</strong>, möchte ich an dieser<br />
Stelle herzlich dank<strong>en</strong>, insbesondere unserem Projektpartner, dem Ministerium<br />
für Schule, Jug<strong>en</strong>d und Kinder des Landes Nordrhein-Westfal<strong>en</strong>, d<strong>en</strong> beid<strong>en</strong> Verantwortlich<strong>en</strong><br />
für die Evaluation, Prof. Dr. Eckard König und Dr. Katja Luchte<br />
von der Universität Paderborn und natürlich ganz besonders d<strong>en</strong> Lehrern und Erziehern,<br />
die durch ihre Ide<strong>en</strong> und ihr großes Engagem<strong>en</strong>t das Projekt getrag<strong>en</strong><br />
hab<strong>en</strong>.<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 5
Die vorlieg<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Ergebnisse sind für uns ein Ansporn: Die <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong><br />
wird sich auch in Zukunft für die <strong>Musik</strong>erziehung <strong>en</strong>gagier<strong>en</strong> und ich blicke<br />
d<strong>en</strong> neu<strong>en</strong> Projekt<strong>en</strong> mit Spannung <strong>en</strong>tgeg<strong>en</strong>, eb<strong>en</strong>so wie d<strong>en</strong> hoff<strong>en</strong>tlich zahlreich<strong>en</strong><br />
Rückmeldung<strong>en</strong> zu diesem Projektbericht. D<strong>en</strong>n nur gemeinsam könn<strong>en</strong> wir<br />
erfolgreich aufzeig<strong>en</strong>, dass in Anlehnung an Bundespräsid<strong>en</strong>t a.D. Roman Herzog<br />
»<strong>Musik</strong> die zweite Sprache des M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> bleibt«!<br />
Ihre Liz Mohn<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 6
Vorwort des Projektleiters<br />
Ausgeh<strong>en</strong>d von verschied<strong>en</strong><strong>en</strong> kulturell<strong>en</strong> Aktivität<strong>en</strong> der <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong>,<br />
u. a. angeregt durch d<strong>en</strong> Wettbewerb »Neue Stimm<strong>en</strong>«, wurde 1997 die Frage<br />
aufgeworf<strong>en</strong>, warum Kinder und Jug<strong>en</strong>dliche so w<strong>en</strong>ig musizier<strong>en</strong> und kaum<br />
mehr selber sing<strong>en</strong>. In diesem Zusamm<strong>en</strong>hang stand sehr schnell der <strong>Musik</strong>unterricht<br />
in allgemein bild<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> im Z<strong>en</strong>trum der Diskussion. Auf zwei Symposi<strong>en</strong><br />
in Münch<strong>en</strong> und Gütersloh wurd<strong>en</strong> im Expert<strong>en</strong>kreis verschied<strong>en</strong>e Aspekte<br />
beleuchtet und schließlich die Idee gebor<strong>en</strong>, ein Projekt zu <strong>en</strong>twickeln, das Ausgangspunkt<br />
für nachhaltige Veränderung<strong>en</strong> in diesem Bereich werd<strong>en</strong> könnte.<br />
Die Vorträge und Statem<strong>en</strong>ts währ<strong>en</strong>d dieser Symposi<strong>en</strong> verdeutlicht<strong>en</strong> d<strong>en</strong><br />
unzureich<strong>en</strong>d<strong>en</strong> musikalisch<strong>en</strong> Ausbildungsstand der Lehrkräfte besonders im<br />
Primarbereich. Für diese Schulform gibt es im Fach <strong>Musik</strong> einfach zu w<strong>en</strong>ig ausgebildete<br />
Lehrerinn<strong>en</strong> und Lehrer, weshalb ein großer Teil des <strong>Musik</strong>unterrichts<br />
fachfremd erteilt wird. Es ist zu vermut<strong>en</strong>, dass aufgrund dieses Faktums <strong>Musik</strong>unterricht<br />
in der Grundschule stark gekürzt wird oder häufig nicht stattfindet, obwohl<br />
er jeweils in der Stund<strong>en</strong>tafel ausgewies<strong>en</strong> ist.<br />
Ein weiteres Thema auf dem Symposium war<strong>en</strong> die Studi<strong>en</strong> von Prof. Dr.<br />
Behne aus Hannover. Seine Untersuchung<strong>en</strong> beleg<strong>en</strong>, dass die musikalische Geschmacksbildung<br />
bei Kindern mit dem elft<strong>en</strong> Leb<strong>en</strong>sjahr weitgeh<strong>en</strong>d abgeschloss<strong>en</strong><br />
ist und führt<strong>en</strong> für die Planung des Projektes dazu, Kindergärt<strong>en</strong> einzubezieh<strong>en</strong>.<br />
D<strong>en</strong> Zugang zu Kindergärt<strong>en</strong> ermöglichte die Kontaktaufnahme mit der Arbeitsgemeinschaft<br />
der frei<strong>en</strong> Wohlfahrtsverbände NRW. Der Arbeitskreis war<br />
sofort bereit, die jeweilig<strong>en</strong> Einrichtung<strong>en</strong> über das Vorhab<strong>en</strong> der <strong>Bertelsmann</strong><br />
<strong>Stiftung</strong> zu informier<strong>en</strong> und <strong>en</strong>tsprech<strong>en</strong>de ideelle Hilfe in Aussicht zu stell<strong>en</strong>.<br />
Auf Seit<strong>en</strong> der Schule kam es zu einer Kooperation mit dem Schulministerium<br />
NRW, das über die Bezirksregierung<strong>en</strong> und die unter<strong>en</strong> Schulaufsicht<strong>en</strong> für Start<br />
und Durchführung des Projekts wichtige Arbeit leistete.<br />
Das Projekt erhielt d<strong>en</strong> Titel »Förderung der <strong>Musik</strong>kultur bei Kindern« und<br />
erstreckte sich über ein<strong>en</strong> Zeitraum von sechs Jahr<strong>en</strong>. Es begann mit dem Schuljahr<br />
1999/2000 und <strong>en</strong>dete im Juli 2004. Die beid<strong>en</strong> Eckjahre di<strong>en</strong>t<strong>en</strong> der Vorund<br />
Nachbereitung, in d<strong>en</strong> vier dazwisch<strong>en</strong> lieg<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Schuljahr<strong>en</strong> wurd<strong>en</strong> Fort-<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 7
ildung<strong>en</strong> für Erzieherinn<strong>en</strong> sowie für Grundschullehrerinn<strong>en</strong> und Grundschullehrer<br />
durchgeführt.<br />
Beteiligt war<strong>en</strong> zwölf Kindergärt<strong>en</strong> und fünf Grundschul<strong>en</strong> in d<strong>en</strong> Ort<strong>en</strong><br />
Dortmund, Gütersloh, Lüdinghaus<strong>en</strong>, Münster und Unna. Die Kindergärt<strong>en</strong> lieg<strong>en</strong><br />
in der Nähe der jeweilig<strong>en</strong> Grundschul<strong>en</strong> und führ<strong>en</strong> dies<strong>en</strong> die Kinder zu. Die<br />
Inhalte des Projekts sind im Evaluationsbericht aufgelistet und werd<strong>en</strong> daher an<br />
dieser Stelle nicht mehr erläutert.<br />
Die Fortbildung<strong>en</strong> der Erzieherinn<strong>en</strong> fand<strong>en</strong> einmal im Monat statt, die der<br />
Lehrerinn<strong>en</strong> und Lehrer 14-tägig, beide Fortbildung<strong>en</strong> erstreckt<strong>en</strong> sich jeweils<br />
über ein<strong>en</strong> ganz<strong>en</strong> Tag. Diese unterschiedliche Vorgeh<strong>en</strong>sweise ist nicht inhaltlich<br />
begründet, sondern personalbedingt: Es war nicht möglich, die Erzieherinn<strong>en</strong> an<br />
zwei Tag<strong>en</strong> im Monat aus ihr<strong>en</strong> Einrichtung<strong>en</strong> abzuzieh<strong>en</strong>. Aufgrund der Kooperation<br />
mit dem Schulministerium NRW erhielt<strong>en</strong> die Lehrkräfte hingeg<strong>en</strong> eine<br />
Stund<strong>en</strong>reduzierung, sodass zwei Fortbildungsveranstaltung<strong>en</strong> pro Monat möglich<br />
wurd<strong>en</strong>.<br />
Die Evaluation zeigt, dass eine wichtige Methode das so g<strong>en</strong>annte Tandemprinzip<br />
darstellt. Darunter versteh<strong>en</strong> wir die Zusamm<strong>en</strong>arbeit zweier Lehrkräfte<br />
einer Schule, von d<strong>en</strong><strong>en</strong> eine im Fach <strong>Musik</strong> ausgebildet – zumindest aber fachkompet<strong>en</strong>t<br />
– ist, die andere hingeg<strong>en</strong> eher als musikalischer Laie bezeichnet werd<strong>en</strong><br />
kann. Im Kindergart<strong>en</strong>bereich konnte dieses Tandemprinzip nicht angew<strong>en</strong>det<br />
werd<strong>en</strong>, da es keine Fachkräfte für <strong>Musik</strong> gab und auch nicht gleichzeitig zwei<br />
Erzieherinn<strong>en</strong> zur Verfügung stand<strong>en</strong>.<br />
Fester und regelmäßiger Bestandteil der Fortbildung war<strong>en</strong> die Stimmbildung<br />
und das Gitarr<strong>en</strong>spiel, das nicht auf das Erlern<strong>en</strong> von Akkordgriff<strong>en</strong> beschränkt<br />
war, sondern auch das Melodiespiel umfasste.<br />
Als äußerst hilfreiches Instrum<strong>en</strong>t für das gesamte Projekt erwies sich die Einrichtung<br />
einer »begleit<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Evaluation«, da ihre Bewertung nicht nur d<strong>en</strong> abschließ<strong>en</strong>d<strong>en</strong><br />
Erfolg oder Misserfolg des Unternehm<strong>en</strong>s im Auge hatte, sondern<br />
wirklich Projekt begleit<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Charakter besaß. So war es möglich, in kurz<strong>en</strong> Abständ<strong>en</strong><br />
wes<strong>en</strong>tliche oder auch scheinbar sekundäre Faktor<strong>en</strong> der gesamt<strong>en</strong> Arbeit<br />
zu durchleucht<strong>en</strong> und dadurch frühzeitig Erk<strong>en</strong>ntnisse zu gewinn<strong>en</strong>, die bei einer<br />
ev<strong>en</strong>tuell<strong>en</strong> »Schieflage« des Projekts ein sofortiges Reagier<strong>en</strong> zuließ<strong>en</strong>.<br />
Was aber hat das Projekt so erfolgreich gemacht? An dieser Stelle möchte ich<br />
mögliche Gründe für d<strong>en</strong> Erfolg des Projekts n<strong>en</strong>n<strong>en</strong>, die man aus dem Evaluati-<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 8
onsbericht nicht erseh<strong>en</strong> kann. Eine der wichtigst<strong>en</strong> Grundlag<strong>en</strong> war sicherlich,<br />
die Zielsetzung<strong>en</strong> des Projekts im Auge zu behalt<strong>en</strong>. Immerhin impliziert der Titel<br />
»Förderung der <strong>Musik</strong>kultur bei Kindern« ein<strong>en</strong> hoh<strong>en</strong> Anspruch.<br />
Wichtig war<strong>en</strong> auch die Erk<strong>en</strong>ntnisse anderer wiss<strong>en</strong>schaftlicher Arbeit<strong>en</strong> wie<br />
der von Prof. Dr. Günther Bastian, »<strong>Musik</strong>(erziehung) und ihre Wirkung« (Bastian<br />
2000), die nachdrücklich aufzeig<strong>en</strong>, wie wichtig das Musizier<strong>en</strong>, also das »<strong>Musik</strong><br />
mach<strong>en</strong>« für Heranwachs<strong>en</strong>de ist. Das Musizier<strong>en</strong> hab<strong>en</strong> wir – w<strong>en</strong>n auch mit<br />
unterschiedlich<strong>en</strong> Akz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> – sowohl im Kindergart<strong>en</strong> als auch in der Grundschule<br />
als z<strong>en</strong>trales Anlieg<strong>en</strong> verfolgt. Für die Grundschule galt eine »heimliche« Zielsetzung:<br />
Am Ende des viert<strong>en</strong> Schuljahres sollt<strong>en</strong> möglichst alle Kinder in der<br />
Lage sein, eine einfache Melodie ohne fremde Hilfe von Not<strong>en</strong> auf Stabspiele<br />
übertrag<strong>en</strong> zu könn<strong>en</strong>. Das bedeutete nicht, dass alle ander<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>aktivität<strong>en</strong><br />
nicht mehr berücksichtigt wurd<strong>en</strong> – alle wichtig<strong>en</strong> Inhalte des <strong>Musik</strong>unterrichtes<br />
wurd<strong>en</strong> angebot<strong>en</strong>.<br />
Ein weiterer Aspekt wurde zu Beginn der Grundschulzeit akz<strong>en</strong>tuiert: Wir<br />
wollt<strong>en</strong> ganz bewusst spielerische Akz<strong>en</strong>te setz<strong>en</strong> und in die Arbeit einbezieh<strong>en</strong>,<br />
damit der Umgang mit <strong>Musik</strong> kindgerecht wurde. Dieser spielerische Aspekt<br />
stand jedoch keineswegs im Geg<strong>en</strong>satz zu dem Leistungsgedank<strong>en</strong>, der alle unsere<br />
Them<strong>en</strong>stellung<strong>en</strong> durchzog. Schon sehr schnell erwarb<strong>en</strong> die Kinder musikalische<br />
K<strong>en</strong>ntnisse und Fertigkeit<strong>en</strong>, wodurch der Unterricht interessanter, vielfältiger<br />
und motivier<strong>en</strong>der gestaltet werd<strong>en</strong> konnte. Ferner erweitert<strong>en</strong> sich auch die<br />
methodisch<strong>en</strong> Möglichkeit<strong>en</strong>, weil die Schülerinn<strong>en</strong> und Schüler frühzeitig in die<br />
Lage versetzt wurd<strong>en</strong>, eig<strong>en</strong>es Könn<strong>en</strong> einzubring<strong>en</strong> und so viele gute Ide<strong>en</strong> produzier<strong>en</strong><br />
konnt<strong>en</strong>.<br />
Bei einer Abschlussveranstaltung nach der Fortbildungsphase konnte eine<br />
Klasse aus unserem Projekt vor Expert<strong>en</strong> demonstrier<strong>en</strong>, was sie innerhalb von<br />
vier Jahr<strong>en</strong> im <strong>Musik</strong>unterricht gelernt hatte. Die Darbietung<strong>en</strong> war<strong>en</strong> so eindrucksvoll,<br />
dass man vermut<strong>en</strong> konnte, es handele sich um eine typische »Vorzeigeklasse«.<br />
Das war jedoch nicht der Fall. Zudem muss in diesem Zusamm<strong>en</strong>hang<br />
hervorgehob<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>, dass die Klass<strong>en</strong>lehrerin das Fach <strong>Musik</strong> nicht studiert<br />
hatte.<br />
In manch<strong>en</strong> Gespräch<strong>en</strong> mit Lehrerinn<strong>en</strong> und Lehrern wurde gefragt, ob das so<br />
viel gelobte Tandemprinzip wirklich überall greif<strong>en</strong> kann; es sei doch dabei Voraussetzung,<br />
dass sich die Lehrkräfte untereinander gut versteh<strong>en</strong>.<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 9
Natürlich ist eine freundschaftliche Basis eine gute Ausgangsposition für gemeinsames<br />
Handeln, doch kann und darf ein hilfreiches und erfolgreich erprobtes<br />
Prinzip für Kinder nicht daran scheitern, dass die zuständig<strong>en</strong> Pädagog<strong>en</strong> kein<strong>en</strong><br />
Kons<strong>en</strong>s find<strong>en</strong>. In unserem Projekt ist ein solcher Kons<strong>en</strong>s manchmal erst durch<br />
die tägliche gemeinsame Arbeit <strong>en</strong>tstand<strong>en</strong>.<br />
Währ<strong>en</strong>d der vier Fortbildungsjahre sind in diesem Projekt viele gute Ide<strong>en</strong>,<br />
konkrete Unterrichtsvorschläge und Materiali<strong>en</strong> für die <strong>Musik</strong>erziehung in Kindergärt<strong>en</strong><br />
und Schul<strong>en</strong> <strong>en</strong>tstand<strong>en</strong>, die Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong> nach einer Aufbereitungsphase<br />
angebot<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>.<br />
Abschließ<strong>en</strong>d möchte ich all<strong>en</strong> Mitwirk<strong>en</strong>d<strong>en</strong> mein<strong>en</strong> Dank aussprech<strong>en</strong>, unserem<br />
Projektpartner, dem Ministerium für Schule, Jug<strong>en</strong>d und Kinder des Landes<br />
Nordrhein-Westfal<strong>en</strong>, d<strong>en</strong> Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong>, d<strong>en</strong> Erzieherinn<strong>en</strong> und Lehrkräft<strong>en</strong>, d<strong>en</strong> verschied<strong>en</strong><strong>en</strong><br />
Arbeitsgrupp<strong>en</strong>, d<strong>en</strong> Trägern der Kindergärt<strong>en</strong>, mit d<strong>en</strong> Bezirksregierung<strong>en</strong><br />
und Schulämtern und nicht zuletzt d<strong>en</strong> Schulleitung<strong>en</strong>. Alle hab<strong>en</strong> erheblich<strong>en</strong><br />
Anteil daran, dass dieses Projekt auf ein<strong>en</strong> erfolgreich<strong>en</strong> Weg gesetzt wurde.<br />
Es wird in der Zukunft die Aufgabe darin besteh<strong>en</strong>, Erk<strong>en</strong>ntnisse und Ergebnisse<br />
dieses Projektes nach auß<strong>en</strong> zu trag<strong>en</strong>, damit möglichst viele Kinder davon<br />
profitier<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>.<br />
Helmut Wittig<br />
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Teil I: Theoretische und forschungsmethodische Grundlag<strong>en</strong><br />
1.1 Fragestellung<strong>en</strong> der Evaluation<br />
Zielsetzung des Projekts »Förderung der <strong>Musik</strong>kultur bei Kindern« war es, ein<br />
neues Konzept des <strong>Musik</strong>unterrichts in der Praxis zu etablier<strong>en</strong> und dadurch Anstöße<br />
zur Entwicklung der Kinder über d<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>unterricht hinaus zu geb<strong>en</strong>.<br />
Wurde dieses Ziel erreicht? Ist es tatsächlich gelung<strong>en</strong>, das proklamierte Verständnis<br />
von <strong>Musik</strong> zunächst bei Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong>, dann auch bei<br />
Kindern und in d<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> zu verankern? Welche Faktor<strong>en</strong> war<strong>en</strong> dabei besonders<br />
bedeutsam?<br />
Damit sind bereits grob die Fragestellung<strong>en</strong> der Evaluation des Projekts umschrieb<strong>en</strong>.<br />
Aber sie ist zunächst noch zu allgemein: Implem<strong>en</strong>tierung eines neu<strong>en</strong><br />
Bildungskonzepts – und eb<strong>en</strong> darum handelt es sich hier – ist grundsätzlich ein<br />
Prozess, der in mehrer<strong>en</strong> Schritt<strong>en</strong> verläuft:<br />
– D<strong>en</strong> Ausgangspunkt bildet die Durchführung der »extern<strong>en</strong> Fortbildung«<br />
durch d<strong>en</strong> Projektleiter und weitere Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong>: zehn Lehrerinn<strong>en</strong> und elf Erzieherinn<strong>en</strong><br />
* wurd<strong>en</strong> über vier Jahre (1999 bis 2003) zum Thema »Förderung<br />
der <strong>Musik</strong>kultur bei Kindern« qualifiziert.<br />
– Die Inhalte werd<strong>en</strong> von d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> rezipiert: Sie find<strong>en</strong> die Fortbildung<br />
gut oder w<strong>en</strong>iger gut, sie erwerb<strong>en</strong> (möglicherweise) neue Kompet<strong>en</strong>z<strong>en</strong>,<br />
sie verändern ihre Einstellung zum <strong>Musik</strong>unterricht usw.<br />
– Diese veränderte Kompet<strong>en</strong>z und Einstellung der Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong><br />
verändert dann ihr<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>unterricht bzw. die <strong>Musik</strong>erziehung im Kindergart<strong>en</strong>:<br />
Die jeweilig<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> behandeln (möglicherweise)<br />
andere Them<strong>en</strong>, verw<strong>en</strong>d<strong>en</strong> andere Unterrichtsmethod<strong>en</strong> usw.<br />
*<br />
Da in diesem Projekt überwieg<strong>en</strong>d Frau<strong>en</strong> als Lehrer und Erzieher beteiligt war<strong>en</strong>, verw<strong>en</strong>det die<br />
Publikation für sie die weibliche Sprachform. Bei ander<strong>en</strong> Funktionsträgern wird vorwieg<strong>en</strong>d die<br />
männliche Sprachform eingesetzt. In beid<strong>en</strong> Fäll<strong>en</strong> ist auch das jeweils andere Geschlecht gemeint.<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 11
– Unterricht und Erziehung im Kindergart<strong>en</strong> schließlich hab<strong>en</strong> Auswirkung<strong>en</strong><br />
auf Einstellung und Verhalt<strong>en</strong> der Kinder: Sie könn<strong>en</strong> ein neues Verständnis<br />
von <strong>Musik</strong> <strong>en</strong>twickeln, selbst ein Instrum<strong>en</strong>t spiel<strong>en</strong> und möglicherweise lass<strong>en</strong><br />
sich Veränderung<strong>en</strong> im sonstig<strong>en</strong> Verhalt<strong>en</strong> aufzeig<strong>en</strong>:<br />
– Auf einer weiter<strong>en</strong> Eb<strong>en</strong>e schließlich wirkt das neue Konzept auf das schulische<br />
Umfeld, nämlich Kollegium und Eltern: Andere Schul- und Kindergart<strong>en</strong>leitung<strong>en</strong><br />
oder andere Kolleg<strong>en</strong> erfahr<strong>en</strong> von dem Projekt, lern<strong>en</strong> gegeb<strong>en</strong><strong>en</strong>falls<br />
Inhalte aus der extern<strong>en</strong> Fortbildung im Rahm<strong>en</strong> einer intern<strong>en</strong> Fortbildung<br />
an der eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Schule k<strong>en</strong>n<strong>en</strong>. Eltern hör<strong>en</strong> von Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong><br />
oder von ihr<strong>en</strong> Kindern von der <strong>Musik</strong>erziehung, es werd<strong>en</strong> Singnachmittage<br />
durchgeführt usw.<br />
Man kann sich dies<strong>en</strong> gesamt<strong>en</strong> Prozess als Prozesskette verdeutlich<strong>en</strong>: Implem<strong>en</strong>tierung<br />
eines neu<strong>en</strong> pädagogisch<strong>en</strong> Konzepts verläuft grundsätzlich in Form<br />
einer Prozesskette (Luchte 2004). Für das Projekt »Förderung der <strong>Musik</strong>kultur bei<br />
Kindern« ergibt sich folg<strong>en</strong>de Prozesskette:<br />
Schritt 1:<br />
externe<br />
Fortbildung<br />
Schritt 2:<br />
Kompet<strong>en</strong>z/<br />
Einstellung<br />
der Lehre-<br />
rinn<strong>en</strong> und<br />
Erzieherinn<strong>en</strong><br />
Schritt 3:<br />
Unterricht/<br />
Erziehung<br />
im Kindergart<strong>en</strong><br />
Schritt 5:<br />
Schule/<br />
Kindergart<strong>en</strong><br />
(Kollegium,<br />
Team,<br />
Leitung)<br />
Schritt 4:<br />
Einstellung<br />
und<br />
Verhalt<strong>en</strong><br />
der Kinder<br />
Schritt 6:<br />
Eltern<br />
(Verhalt<strong>en</strong>,<br />
Einstellung)<br />
Die Darstellung zeigt, dass hier nicht nur eine, sondern zwei Prozesskett<strong>en</strong> vorlieg<strong>en</strong>:<br />
– die Prozesskette der Implem<strong>en</strong>tierung der <strong>Musik</strong>kultur in d<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong><br />
(Schritte 1 bis 4 und 6)<br />
– die Prozesskette der Implem<strong>en</strong>tierung der <strong>Musik</strong>kultur in der Schule (Schritte<br />
1 und 2 sowie 5)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 12
Auf der Basis der einzeln<strong>en</strong> Schritte dieser Prozesskett<strong>en</strong> ergeb<strong>en</strong> sich folg<strong>en</strong>de<br />
Fragestellung<strong>en</strong> für die Evaluation:<br />
Schritt 1: Wie wird die (externe) Fortbildung beurteilt?<br />
– Wie werd<strong>en</strong> die Inhalte der Fortbildung beurteilt?<br />
– Wie werd<strong>en</strong> die Method<strong>en</strong> der Fortbildung beurteilt?<br />
– Wie wird das Verhalt<strong>en</strong> der Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> beurteilt?<br />
Schritt 2: Lass<strong>en</strong> sich Veränderung<strong>en</strong> bezüglich Kompet<strong>en</strong>z und Einstellung der<br />
Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> im Zusamm<strong>en</strong>hang mit dem Projekt feststell<strong>en</strong>?<br />
– Verändern sich fachliche Kompet<strong>en</strong>z und Einstellung zur <strong>Musik</strong>?<br />
– Lass<strong>en</strong> sich darüber hinaus Veränderung<strong>en</strong>, z. B. hinsichtlich des Selbstvertrau<strong>en</strong>s<br />
der Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong>, feststell<strong>en</strong>?<br />
Schritt 3: Lass<strong>en</strong> sich Veränderung<strong>en</strong> im Unterricht bzw. der Erziehung im Kindergart<strong>en</strong><br />
im Zusamm<strong>en</strong>hang mit dem Projekt feststell<strong>en</strong>?<br />
– im <strong>Musik</strong>unterricht bzw. der <strong>Musik</strong>erziehung?<br />
– im sonstig<strong>en</strong> Verhalt<strong>en</strong>?<br />
Schritt 4: Lass<strong>en</strong> sich Veränderung<strong>en</strong> im Verhalt<strong>en</strong> und der Einstellung der Kinder<br />
feststell<strong>en</strong>?<br />
– m <strong>Musik</strong>unterricht bzw. der <strong>Musik</strong>erziehung?<br />
– im sonstig<strong>en</strong> Verhalt<strong>en</strong>?<br />
Schritt 5: Lass<strong>en</strong> sich Veränderung<strong>en</strong> in der Schule bzw. im Kindergart<strong>en</strong> (Schulbzw.<br />
Kindergart<strong>en</strong>leitung/Kollegium, Team) im Zusamm<strong>en</strong>hang mit dem Projekt<br />
feststell<strong>en</strong>? Verändert sich z. B. die Bedeutung des <strong>Musik</strong>unterrichts für die Schule?<br />
Schritt 6: Lass<strong>en</strong> sich Veränderung<strong>en</strong> bei d<strong>en</strong> Eltern im Zusamm<strong>en</strong>hang mit dem<br />
Projekt feststell<strong>en</strong>? Verändert sich z. B. die Einstellung der Eltern geg<strong>en</strong>über <strong>Musik</strong>?<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 13
1.2 Prozess begleit<strong>en</strong>de und summative Evaluation<br />
Unter »Evaluation« versteht man üblicherweise eine »Bewertung von Handlungsalternativ<strong>en</strong>«<br />
(bzw. Maßnahm<strong>en</strong> allgemein) mit der Zielsetzung, »praktische<br />
Maßnahm<strong>en</strong> zu überprüf<strong>en</strong>, zu verbessern oder über sie zu <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>« (Wottawa,<br />
Thierau 2003: 14). Bezog<strong>en</strong> auf das Projekt »Förderung der <strong>Musik</strong>kultur bei<br />
Kindern« heißt das: Es sind Dat<strong>en</strong> zu erheb<strong>en</strong>, die als Indikator<strong>en</strong> zur Beantwortung<br />
obiger Frag<strong>en</strong> interpretiert werd<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>. Der Begriff »Indikator« dokum<strong>en</strong>tiert<br />
in diesem Zusamm<strong>en</strong>hang zugleich die Abkehr vom klassisch<strong>en</strong> Evaluationsdesign<br />
der 70er Jahre, das die jeweilig<strong>en</strong> praktisch<strong>en</strong> Maßnahm<strong>en</strong> als »Ursach<strong>en</strong>«<br />
bestimmter Veränderung<strong>en</strong> zu id<strong>en</strong>tifizier<strong>en</strong> versuchte.<br />
Derart eindeutige Zuordnung<strong>en</strong> einzelner Maßnahm<strong>en</strong> zu bestimmt<strong>en</strong> Wirkung<strong>en</strong><br />
sind jedoch angesichts der Vielzahl weiterer Faktor<strong>en</strong>, die hier eine Rolle<br />
spiel<strong>en</strong> (z. B. Unterschiede in Versuchs- und Kontrollgruppe, Drittvariabl<strong>en</strong> wie<br />
Verhalt<strong>en</strong> und Einstellung der Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong>, Novität<strong>en</strong>effekt), grundsätzlich nicht<br />
möglich (vgl. Rogge 1995: 208 ff.; Schnell, Hill, Esser 1995: 210 ff.). Wohl aber<br />
lass<strong>en</strong> sich Indikator<strong>en</strong> erfass<strong>en</strong>, die als Hinweise auf Erfolg oder Misserfolg der<br />
Maßnahme interpretiert werd<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>.<br />
Solche Indikator<strong>en</strong> könn<strong>en</strong> grundsätzlich auf zwei verschied<strong>en</strong><strong>en</strong> Eb<strong>en</strong><strong>en</strong> lieg<strong>en</strong>:<br />
– Auf der Basis von Beobachtung<strong>en</strong> lass<strong>en</strong> sich K<strong>en</strong>nzahl<strong>en</strong> erheb<strong>en</strong>, die als<br />
Indikator<strong>en</strong> für d<strong>en</strong> Erfolg der Maßnahme gelt<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>. So wäre z. B. eine<br />
hohe Abbrecherquote bei d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> der Fortbildung als Indikator<br />
für ihr geringes Interesse interpretierbar. Eine auffällig höhere Anzahl von<br />
Kindern, die ein <strong>Musik</strong>instrum<strong>en</strong>t spiel<strong>en</strong>, wäre ein Indikator für Auswirkung<strong>en</strong><br />
des Projekts auf Kinder.<br />
– Auf der Basis von Befragung<strong>en</strong> lass<strong>en</strong> sich Einschätzung<strong>en</strong> des Projekts aus<br />
unterschiedlich<strong>en</strong> Perspektiv<strong>en</strong> erheb<strong>en</strong>: Wie schätz<strong>en</strong> die Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
des Projekts die externe Fortbildung ein? Hat sich ihre Einstellung zu <strong>Musik</strong><br />
durch dieses Projekt verändert? Welche Beobachtung<strong>en</strong> mach<strong>en</strong> sie bezüglich<br />
des Verhalt<strong>en</strong>s der Kinder? Was hab<strong>en</strong> Kolleg<strong>en</strong> oder Eltern von dem Projekt<br />
erfahr<strong>en</strong>?<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 14
Jede dieser Vorgeh<strong>en</strong>sweis<strong>en</strong> hat Vor- und Nachteile:<br />
– Die Beobachtung von K<strong>en</strong>nzahl<strong>en</strong> bietet d<strong>en</strong> Vorteil objektiver Dat<strong>en</strong>, hat aber<br />
d<strong>en</strong> Nachteil, dass die Zuordnung der Ergebnisse zu der Maßnahme grundsätzlich<br />
nicht eindeutig zu treff<strong>en</strong> ist: Eine höhere Anzahl von Kindern, die ein<br />
<strong>Musik</strong>instrum<strong>en</strong>t spiel<strong>en</strong>, kann auf d<strong>en</strong> verändert<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>unterricht zurückzuführ<strong>en</strong><br />
sein, könnte aber durchaus auch völlig andere Ursach<strong>en</strong> hab<strong>en</strong>.<br />
– Die Befragung bietet d<strong>en</strong> Vorteil, dass die betreff<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Person<strong>en</strong> die Zuordnung<br />
zwisch<strong>en</strong> Maßnahme und Auswirkung selbst treff<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>: Die Antwort<br />
auf Frage »Hat das Projekt Ihr Verhalt<strong>en</strong> im <strong>Musik</strong>unterricht beeinflusst?«<br />
stellt unmittelbar d<strong>en</strong> Zusamm<strong>en</strong>hang zwisch<strong>en</strong> der Maßnahme und<br />
bestimmt<strong>en</strong> Auswirkung<strong>en</strong> her, hat aber d<strong>en</strong> Nachteil, dass hier subjektive<br />
Faktor<strong>en</strong> (z. B. soziale Erwünschtheit) eine Rolle spiel<strong>en</strong>.<br />
Entsprech<strong>en</strong>d der gängig<strong>en</strong> Auffassung, dass eine Kombination von verschied<strong>en</strong><strong>en</strong><br />
Verfahr<strong>en</strong> die zuverlässigst<strong>en</strong> Ergebnisse liefert, wurde eine Kombination im<br />
Rahm<strong>en</strong> der Erhebung von K<strong>en</strong>nzahl<strong>en</strong>, Fragebog<strong>en</strong>erhebung und qualitativ<strong>en</strong><br />
Interviews zugrunde gelegt.<br />
Bei d<strong>en</strong> K<strong>en</strong>nzahl<strong>en</strong> erwies es sich als zweckmäßig, sich auf w<strong>en</strong>ige aussagekräftige<br />
und leicht zu erheb<strong>en</strong>de Dat<strong>en</strong> zu beschränk<strong>en</strong>. Das war<strong>en</strong> im Einzeln<strong>en</strong>:<br />
– Auf der Eb<strong>en</strong>e der Teilnehmerinn<strong>en</strong> an der extern<strong>en</strong> Fortbildung: Zahl der<br />
Abbrüche währ<strong>en</strong>d der Fortbildung, Zahl der anwes<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
bei d<strong>en</strong> einzeln<strong>en</strong> Fortbildung<strong>en</strong>.<br />
– Auf der Eb<strong>en</strong>e der Schule: Wie weit wurde <strong>Musik</strong> ins Schulprogramm übernomm<strong>en</strong>?<br />
– Auf der Eb<strong>en</strong>e der Kinder: Wie viele Kinder spiel<strong>en</strong> ein <strong>Musik</strong>instrum<strong>en</strong>t?<br />
Untersuchung<strong>en</strong> mit detaillierter<strong>en</strong> K<strong>en</strong>nzahl<strong>en</strong> lieg<strong>en</strong> in ander<strong>en</strong> Studi<strong>en</strong> vor<br />
(z. B. Bastian 2000).<br />
Der Schwerpunkt der Erhebung lag auf der Befragung relevanter Person<strong>en</strong><br />
mithilfe einer besonder<strong>en</strong> Form qualitativer Interviews, dem so g<strong>en</strong>annt<strong>en</strong> Konstruktinterview.<br />
Das Vorgeh<strong>en</strong> wird in Teil I, Abschnitt 1.4 g<strong>en</strong>auer dargestellt.<br />
Darüber hinaus wurde, um Befragungsergebnisse quantifizier<strong>en</strong> zu könn<strong>en</strong>, auf<br />
der Basis der Interviewergebnisse ein Fragebog<strong>en</strong> <strong>en</strong>twickelt, mit dem eine Voll-<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 15
efragung der teilnehm<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> möglich war. Auch<br />
hier wird das Befragungsdesign im Abschnitt 1.4 ausführlicher dargestellt.<br />
1.3 Prozess- und Ergebnisevaluation<br />
In der Literatur wird üblicherweise zwisch<strong>en</strong> formativer und summativer bzw.<br />
(wie im Folg<strong>en</strong>d<strong>en</strong> formuliert wird) zwisch<strong>en</strong> Prozess- und Ergebnisevaluation<br />
unterschied<strong>en</strong>:<br />
– Summative oder Ergebnisevaluation ist die »nachträgliche Bewertung des<br />
Vorgeh<strong>en</strong>s ... als Grundlage eines günstiger<strong>en</strong> Verhalt<strong>en</strong>s in einer später auftret<strong>en</strong>d<strong>en</strong><br />
Situation« (Wottawa, Thierau 2003: 18); sie »soll die Qualität und<br />
d<strong>en</strong> Einfluss bereits stattgefund<strong>en</strong>er Programme feststell<strong>en</strong> und abschließ<strong>en</strong>d<br />
bewert<strong>en</strong>« (Wottawa, Thierau 2003: 63): Im Nachhinein wird untersucht, was<br />
eine Maßnahme gebracht hat.<br />
– Formative oder Prozessevaluation ist die »ständige Kontrolle des Verhalt<strong>en</strong>s<br />
und seiner Ergebnisse mit der Möglichkeit, die Problemlösung sofort zu<br />
verbessern« (Wottawa, Thierau 2003: 18).<br />
Ob man d<strong>en</strong> Schwerpunkt auf Prozess- oder Ergebnisevaluation legt, hängt <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>d<br />
von d<strong>en</strong> praktisch<strong>en</strong> Zweck<strong>en</strong> der Evaluation ab. Auf das Projekt »Förderung<br />
der <strong>Musik</strong>kultur bei Kindern« bezog<strong>en</strong>: W<strong>en</strong>n es darum geht zu <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>,<br />
ob es sich bei diesem Konzept um ein<strong>en</strong> sinnvoll<strong>en</strong> Ansatz handelt, der auf<br />
andere Schul<strong>en</strong> übertrag<strong>en</strong> werd<strong>en</strong> sollte, ist Ergebnis- (summative) Evaluation<br />
erforderlich: Wie beeinflusst das Konzept die Teilnehmerinn<strong>en</strong>, die Kinder, die<br />
Schule, die Eltern?<br />
Andererseits wäre es w<strong>en</strong>ig sinnvoll, lediglich eine summative Evaluation<br />
durchzuführ<strong>en</strong>, ohne währ<strong>en</strong>d des Prozesses Erfolgsfaktor<strong>en</strong> und Probleme,<br />
Chanc<strong>en</strong> und Risik<strong>en</strong> zu erheb<strong>en</strong> und damit Möglichkeit<strong>en</strong> zur Verbesserung des<br />
Konzepts zu schaff<strong>en</strong>. »Förderung der <strong>Musik</strong>kultur bei Kindern« war ja nicht ein<br />
vorlieg<strong>en</strong>des geschloss<strong>en</strong>es Konzept, das einfach angewandt wurde, sondern dieses<br />
Konzept wurde im Verlauf des Prozesses schrittweise weiter<strong>en</strong>twickelt, wobei<br />
sich erst mit der Zeit herausstellte, welches die relevant<strong>en</strong> Faktor<strong>en</strong> sind (bestimmte<br />
Inhalte, bestimmte Method<strong>en</strong>, das Leiterverhalt<strong>en</strong> usw.), die d<strong>en</strong> Erfolg<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 16
oder Misserfolg maßgeblich beeinfluss<strong>en</strong>. W<strong>en</strong>n man davon ausgeht, dass jeder<br />
Modellversuch grundsätzlich immer Entwicklungsarbeit darstellt, dann muss die<br />
Evaluation die Ergebnisse der Evaluation in das Projekt einfließ<strong>en</strong> lass<strong>en</strong>, um<br />
Möglichkeit<strong>en</strong> der Verbesserung zu schaff<strong>en</strong>.<br />
Als Konsequ<strong>en</strong>z dieser Überlegung<strong>en</strong> wurde die Evaluation in einer Kombination<br />
von Prozess- und Ergebnisevaluation durchgeführt: Insgesamt wurd<strong>en</strong> sechs<br />
Messzeitpunkte (MP) in jeweils ca. halbjährigem Abstand definiert. Zu all<strong>en</strong><br />
Messzeitpunkt<strong>en</strong> wurd<strong>en</strong> qualitative Interviews geführt, bei zwei Messzeitpunkt<strong>en</strong><br />
erfolgte zusätzlich eine schriftliche Befragung und die Erfassung von beobachtbar<strong>en</strong><br />
Indikator<strong>en</strong>. Damit ergibt sich folg<strong>en</strong>de Prozesskette für die Evaluation:<br />
MP 1<br />
2000/05:<br />
11<br />
qualitative<br />
Interviews<br />
MP 2<br />
2000/11:<br />
14<br />
qualitative<br />
Interviews<br />
MP 3<br />
2001/5:<br />
8<br />
qualitative<br />
Interviews,<br />
Fragebog<strong>en</strong><br />
MP 4<br />
2001/11:<br />
19<br />
qualitative<br />
Interviews<br />
MP 5<br />
2002/5:<br />
13<br />
qualitative<br />
Interviews<br />
MP 6<br />
2003/3:<br />
41<br />
Interviews,<br />
Fragebog<strong>en</strong>,<br />
K<strong>en</strong>nzahl<strong>en</strong><br />
Zu dem jeweilig<strong>en</strong> Zeitpunkt wurde im Sinne der Ergebnisevaluation gefragt,<br />
welche Effekte die Fortbildung in Bezug auf die Teilnehmerinn<strong>en</strong>, d<strong>en</strong> Unterricht,<br />
die Einstellung der Kinder, aber auch auf die Schule oder die Eltern hat. Zugleich<br />
wurd<strong>en</strong> die Ergebnisse im Sinne der Prozessevaluation zur Verbesserung des<br />
Konzepts g<strong>en</strong>utzt.<br />
In der Evaluationsforschung insgesamt bislang w<strong>en</strong>ig geklärt ist die Frage, wie<br />
d<strong>en</strong>n im Rahm<strong>en</strong> der Prozessevaluation die Verbesserung der Maßnahme zu erreich<strong>en</strong><br />
sei. Sieht man die Aufgabe der Prozess begleit<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Evaluation darin, »bei<br />
dem Auftret<strong>en</strong> von Störung<strong>en</strong>, unvorhergeseh<strong>en</strong><strong>en</strong> und unerwünscht<strong>en</strong> Ergebniss<strong>en</strong><br />
oder einer Änderung der Rahm<strong>en</strong>bedingung<strong>en</strong> und Zielsetzung<strong>en</strong> sofort korrigier<strong>en</strong>d<br />
einzugreif<strong>en</strong>« (Wottawa, Thierau 1988: 34), dann würde das bedeut<strong>en</strong>,<br />
dass Evaluator<strong>en</strong> zusamm<strong>en</strong> mit Projektleitern Konzepte <strong>en</strong>twickeln und sie möglicherweise<br />
gemeinsam umsetz<strong>en</strong>. Das würde aber die Gr<strong>en</strong>ze zwisch<strong>en</strong> dem Modellversuch<br />
und der Evaluation letztlich auflös<strong>en</strong> und die Evaluation könnte nicht<br />
mehr das Korrektiv darstell<strong>en</strong>, das von ihr erwartet wird.<br />
Um diese Schwierigkeit<strong>en</strong> zu überwind<strong>en</strong>, wurde ein Evaluationskonzept <strong>en</strong>twickelt,<br />
das zwisch<strong>en</strong> Evaluation im Sinne einer Dat<strong>en</strong>erhebung und der praktisch<strong>en</strong><br />
Umsetzung des Konzepts Coaching als Schnittstelle definiert (Luchte<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 17
2003). Dabei verläuft der Umsetzungsprozess der Evaluation in praktisches Handeln<br />
in drei Schritt<strong>en</strong>:<br />
– In einem erst<strong>en</strong> Schritt werd<strong>en</strong> Dat<strong>en</strong> erhob<strong>en</strong>, wobei im Rahm<strong>en</strong> qualitativer<br />
Interviews sowohl nach der Einschätzung des Konzepts und nach der<strong>en</strong> Auswirkung<strong>en</strong><br />
als auch nach möglich<strong>en</strong> Verbesserung<strong>en</strong> gefragt wird. Diese Phase<br />
ist reine Dat<strong>en</strong>erhebung, ohne Vermischung mit praktisch<strong>en</strong> Interv<strong>en</strong>tion<strong>en</strong>.<br />
– Diese Dat<strong>en</strong> werd<strong>en</strong> dem Projektleiter zurückgespiegelt. D. h. er erhält eine<br />
Auß<strong>en</strong>perspektive und damit zugleich Hinweise auf mögliche Problempunkte.<br />
Verknüpft wird diese Rückspiegelung mit einem Coachingprozess, der d<strong>en</strong><br />
Projektleiter darin unterstützt, sich mit der Einschätzung auseinander zu setz<strong>en</strong><br />
und die nächst<strong>en</strong> Schritte zu überleg<strong>en</strong>.<br />
– Auf dieser Basis führt dann der Projektleiter die Umsetzung des Konzepts weiter.<br />
Er <strong>en</strong>twickelt neue Maßnahm<strong>en</strong>, überlegt sich, wie er auf Probleme reagiert.<br />
Diese Phase di<strong>en</strong>t ausschließlich der Konzept<strong>en</strong>twicklung und Umsetzung,<br />
ohne dass die Evaluation eingreift.<br />
Exemplarisch sei das Vorgeh<strong>en</strong> an einem Beispiel dargestellt: Zum Messzeitpunkt<br />
1 wurd<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> und Leiter der extern<strong>en</strong> Fortbildung (u. a.) nach der<br />
Einschätzung der extern<strong>en</strong> Fortbildung befragt. Auf der Basis der inhaltsanalytisch<strong>en</strong><br />
Auswertung dieser Interviews erfolgte anschließ<strong>en</strong>d die Rückspiegelung der<br />
Ergebnisse an d<strong>en</strong> Projektleiter. Zum Messzeitpunkt 1 wurd<strong>en</strong> z. B. für die Kategorie<br />
»Methodik der Fortbildung« folg<strong>en</strong>de Punkte kritisch angemerkt:<br />
– Bemängelt wurde von einig<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> die fehl<strong>en</strong>de Ori<strong>en</strong>tierung über<br />
das weitere Vorgeh<strong>en</strong>: »Ein kritischer Punkt ist, dass meine Kollegin und<br />
ich gerne wiss<strong>en</strong> möcht<strong>en</strong>, welche Aufgab<strong>en</strong> noch auf uns zukomm<strong>en</strong>« – so<br />
die Äußerung einer Teilnehmerin im Interview.<br />
– Gewünscht wurde stärkere Differ<strong>en</strong>zierung in der Fortbildung: »W<strong>en</strong>n die<br />
Kolleg<strong>en</strong>, die nicht die Ausbildung hab<strong>en</strong>, das Grundwiss<strong>en</strong> erstmal erlern<strong>en</strong>,<br />
könnt<strong>en</strong> in der Zeit die Fachleute andere Aufgab<strong>en</strong> übernehm<strong>en</strong>: Dass wir<br />
vielleicht schon mal was plan<strong>en</strong>, das dann d<strong>en</strong> ander<strong>en</strong> vorgestellt wird«.<br />
– Gewünscht wurde mehr praktisches Arbeit<strong>en</strong> in der Fortbildung: »Es ist mir<br />
wichtig, selber im Seminar in Aktion zu tret<strong>en</strong>, damit ich weiß, worauf sich<br />
die Kinder da stürz<strong>en</strong> soll<strong>en</strong>, und das fehlt mir mom<strong>en</strong>tan in der Fortbildung«.<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 18
Die Rückmeldung der Dat<strong>en</strong> erfolgte dann im Rahm<strong>en</strong> eines Coachinggesprächs<br />
mit der Zielsetzung, dem Projektleiter Anregung<strong>en</strong> zur Fortbildung zu geb<strong>en</strong> (vgl.<br />
König, Volmer 2003). Dabei ging es zunächst darum, d<strong>en</strong> Projektleiter bei seiner<br />
Einschätzung der Ergebnisse zu unterstütz<strong>en</strong>: Wie beurteilt er die Ergebnisse?<br />
Fühlt er sich bestätigt? Ist er überrascht? Und welche Konsequ<strong>en</strong>z<strong>en</strong> zieht er daraus?<br />
Für die obig<strong>en</strong> Beispiele ergab sich daraus:<br />
– Der Projektleiter will versuch<strong>en</strong>, noch mehr praktische Übung<strong>en</strong> einzubau<strong>en</strong>,<br />
obwohl er das seiner Meinung nach bereits tut.<br />
– Er wird in der nächst<strong>en</strong> Fortbildung die im weiter<strong>en</strong> Verlauf ansteh<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Aufgab<strong>en</strong><br />
mit d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> besprech<strong>en</strong>.<br />
– Problematisch sieht er eine stärkere Differ<strong>en</strong>zierung, d<strong>en</strong>n seines Eracht<strong>en</strong>s<br />
fehlt auch ausgebildet<strong>en</strong> Fachkräft<strong>en</strong> oft einfach das Grundwiss<strong>en</strong>.<br />
Als Abschluss des Coachinggesprächs <strong>en</strong>twickelte der Projektleiter dann ein<strong>en</strong><br />
Handlungsplan für die nächst<strong>en</strong> Schritte:<br />
Was ist zu tun? Wer mit wem? Bis wann? Bemerkung<strong>en</strong><br />
Bei d<strong>en</strong> Them<strong>en</strong> im Modul<br />
»Spielerischer Anfang mit<br />
<strong>Musik</strong>« verstärkt Übung<strong>en</strong><br />
einbau<strong>en</strong>.<br />
Mit d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
die organisatorisch<strong>en</strong><br />
Möglichkeit<strong>en</strong> einer Differ<strong>en</strong>zierung<br />
besprech<strong>en</strong>.<br />
Projektleiter 1. Treff<strong>en</strong> nach<br />
d<strong>en</strong> Sommerferi<strong>en</strong><br />
Projektleiter<br />
mit d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
Nächste<br />
Fortbildung<br />
Übung<strong>en</strong> sicht<strong>en</strong><br />
Zuerst die Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
nach Ide<strong>en</strong><br />
frag<strong>en</strong><br />
Ide<strong>en</strong> zuerst<br />
sammeln, dann<br />
bewert<strong>en</strong><br />
Zum nächst<strong>en</strong> Messzeitpunkt wurde deutlich, welche Veränderung<strong>en</strong> in der Fortbildung<br />
gemacht wurd<strong>en</strong>. Aussag<strong>en</strong> der Teilnehmerinn<strong>en</strong> hierzu:<br />
»Das praktische Arbeit<strong>en</strong> ist mir sehr wichtig, das erfahre ich in der Fortbildung<br />
extrem gut.«<br />
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»Mir fehl<strong>en</strong> die Grupp<strong>en</strong>arbeit<strong>en</strong>.«<br />
»Schwachstelle ist die, dass derj<strong>en</strong>ige, der uns nachfolgt, nur reduziert etwas von<br />
uns weiterbekommt, da wäre so die Ausarbeitung im Sinne eines Lehrwerks oder<br />
Unterrichtswerks wichtig.«<br />
Das Vorgeh<strong>en</strong> wurde in einem Punkt geändert. Das Thema Differ<strong>en</strong>zierung war<br />
noch off<strong>en</strong> und es wurd<strong>en</strong> neue Anregung<strong>en</strong> eingebracht.<br />
1.4 Erhebungsverfahr<strong>en</strong><br />
Als z<strong>en</strong>trales Erhebungsinstrum<strong>en</strong>t wurde eine bestimmte Form des Leitfad<strong>en</strong>interviews,<br />
das so g<strong>en</strong>annte Konstruktinterview eingesetzt (König 2004; König,<br />
Volmer 2000). Die Besonderheit des Konstruktinterviews liegt darin, dass es explizit<br />
von einer Fremdheitsannahme ausgeht: »Der Interviewer kann nicht davon<br />
ausgeh<strong>en</strong>, dass er d<strong>en</strong> Interviewpartner von vornherein ›versteht‹, sondern der<br />
Interviewpartner ist für d<strong>en</strong> Interviewer ein ›professioneller Fremder‹« (König<br />
2004: 83). D. h. der Interviewer kann nicht voraussetz<strong>en</strong>, dass ihm die Bedeutung<br />
der vom Interviewpartner g<strong>en</strong>annt<strong>en</strong> Begriffe (»Konstrukte«) von vornherein klar<br />
ist, sondern muss die Bedeutung durch gezielte Nachfragetechnik<strong>en</strong> (König 2004:<br />
99 ff.) überhaupt erst ermitteln.<br />
Der Leitfad<strong>en</strong> des Konstruktinterviews ori<strong>en</strong>tierte sich an d<strong>en</strong> Schritt<strong>en</strong> der Prozesskette,<br />
woraus sich für das Projekt folg<strong>en</strong>de Them<strong>en</strong>kreise ergab<strong>en</strong>:<br />
– Einschätzung der extern<strong>en</strong> Fortbildung<br />
– Implem<strong>en</strong>tierung des neu<strong>en</strong> Konzepts bei d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> der Fortbildung<br />
– Implem<strong>en</strong>tierung des neu<strong>en</strong> Konzepts im Unterricht bzw. der <strong>Musik</strong>erziehung<br />
im Kindergart<strong>en</strong><br />
– Auswirkung<strong>en</strong> auf Verhalt<strong>en</strong> und Einstellung der Kinder<br />
– Implem<strong>en</strong>tierung des neu<strong>en</strong> Verständnisses von <strong>Musik</strong> in Schule und Kindergart<strong>en</strong><br />
allgemein<br />
– Auswirkung<strong>en</strong> auf die Eltern<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 20
Es wurde für die einzeln<strong>en</strong> Phas<strong>en</strong> der Prozesskette jeweils gefragt, wie weit die<br />
Implem<strong>en</strong>tierung des Konzepts gelung<strong>en</strong> ist und welche Faktor<strong>en</strong> jeweils zum<br />
Erfolg beigetrag<strong>en</strong> bzw. ihn eingeschränkt hab<strong>en</strong>. Daraus ergibt sich folg<strong>en</strong>de<br />
Leitfrag<strong>en</strong>struktur:<br />
Prozessphase 1: Einschätzung der extern<strong>en</strong> Fortbildung<br />
– Wie wird die externe Fortbildung beurteilt?<br />
– Wie weit ist die Umsetzung der neu<strong>en</strong> Konzeption in der extern<strong>en</strong> Fortbildung<br />
gelung<strong>en</strong>?<br />
– Welche Faktor<strong>en</strong> hab<strong>en</strong> zum Erfolg der extern<strong>en</strong> Fortbildung beigetrag<strong>en</strong> bzw.<br />
hab<strong>en</strong> ihn eingeschränkt?<br />
– Was könnte getan werd<strong>en</strong>, um d<strong>en</strong> Erfolg der extern<strong>en</strong> Fortbildung zu steigern?<br />
Prozessphase 2: Kompet<strong>en</strong>z und Einstellung der an der Fortbildung beteiligt<strong>en</strong><br />
Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong><br />
– Welche Fähigkeit<strong>en</strong> und Technik<strong>en</strong> im Umgang mit <strong>Musik</strong>unterricht/<strong>Musik</strong>erziehung<br />
konnt<strong>en</strong> erworb<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>?<br />
– Wie hat sich die Einstellung der Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> verändert?<br />
Prozessphase 3: Implem<strong>en</strong>tierung der neu<strong>en</strong> Konzeption im eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Unterricht<br />
bzw. der <strong>Musik</strong>erziehung im Kindergart<strong>en</strong><br />
– Was aus der extern<strong>en</strong> Fortbildung wird in d<strong>en</strong> eig<strong>en</strong><strong>en</strong> <strong>Musik</strong>unterricht bzw. in<br />
die eig<strong>en</strong>e <strong>Musik</strong>erziehung übernomm<strong>en</strong>?<br />
– Wie wird der <strong>Musik</strong>unterricht/die <strong>Musik</strong>erziehung beurteilt?<br />
– Führte die Fortbildung zur Veränderung des <strong>Musik</strong>unterrichts/der <strong>Musik</strong>erziehung?<br />
– Welche Faktor<strong>en</strong> hab<strong>en</strong> zum Erfolg der Implem<strong>en</strong>tierung von Inhalt<strong>en</strong> der<br />
extern<strong>en</strong> Fortbildung in d<strong>en</strong> Unterricht/die <strong>Musik</strong>erziehung im Kindergart<strong>en</strong><br />
beigetrag<strong>en</strong> bzw. hab<strong>en</strong> ihn eingeschränkt?<br />
– Was könnte getan werd<strong>en</strong>, um d<strong>en</strong> Erfolg der Implem<strong>en</strong>tierung des Konzepts<br />
zu sichern bzw. noch weiter zu steigern?<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 21
Prozessphase 4: Auswirkung<strong>en</strong> auf die <strong>Musik</strong>kultur von Kindern<br />
– Hab<strong>en</strong> sich Verhalt<strong>en</strong> und Einstellung der Kinder im Hinblick auf <strong>Musik</strong> verändert?<br />
– Gibt es Veränderung<strong>en</strong> in ander<strong>en</strong> Bereich<strong>en</strong> (z. B. im sozial<strong>en</strong> Verhalt<strong>en</strong>)?<br />
Prozessphase 5: Implem<strong>en</strong>tierung der neu<strong>en</strong> Konzeption in Schule und Kindergart<strong>en</strong><br />
– Wie weit sind Schule und Kindergart<strong>en</strong> insgesamt in das Projekt eingebund<strong>en</strong>?<br />
– Welche Inhalte wurd<strong>en</strong> im Rahm<strong>en</strong> der intern<strong>en</strong> Fortbildung weitergegeb<strong>en</strong>?<br />
– Wie ist die Akzeptanz des Projekts im Kollegium bzw. im Kindergart<strong>en</strong>team?<br />
– Wie ist die Akzeptanz des Projekts bei der Schul- bzw. Kindergart<strong>en</strong>leitung?<br />
– Wie weit hat das Projekt die Arbeit von Schule bzw. Kindergart<strong>en</strong> insgesamt<br />
beeinflusst?<br />
– Welche Faktor<strong>en</strong> hab<strong>en</strong> zum Erfolg der Implem<strong>en</strong>tierung des Konzepts in der<br />
Schule bzw. dem Kindergart<strong>en</strong> beigetrag<strong>en</strong> oder hab<strong>en</strong> ihn eingeschränkt?<br />
– Was könnte getan werd<strong>en</strong>, um d<strong>en</strong> Erfolg der Implem<strong>en</strong>tierung des Konzepts<br />
zu sichern bzw. noch weiter zu steigern?<br />
Prozessphase 6: Implem<strong>en</strong>tierung des neu<strong>en</strong> Verständnisses von <strong>Musik</strong> bei d<strong>en</strong><br />
Eltern<br />
– Wie weit wurd<strong>en</strong> Eltern in das Projekt eingebund<strong>en</strong>?<br />
– Wie ist die Akzeptanz des Projekts bei d<strong>en</strong> Eltern?<br />
– Lass<strong>en</strong> sich Auswirkung<strong>en</strong> des Projekts auf Einstellung und Verhalt<strong>en</strong> der<br />
Eltern aufzeig<strong>en</strong>?<br />
Befragt wurd<strong>en</strong> im Einzeln<strong>en</strong>:<br />
– sämtliche Teilnehmerinn<strong>en</strong> der extern<strong>en</strong> Fortbildung (zehn Lehrerinn<strong>en</strong>/elf<br />
Erzieherinn<strong>en</strong>)<br />
– sämtliche Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> der extern<strong>en</strong> Fortbildung<br />
– sämtliche Schul- und Kindergart<strong>en</strong>leitung<strong>en</strong> der beteiligt<strong>en</strong> Institution<strong>en</strong><br />
– elf weitere Person<strong>en</strong> aus d<strong>en</strong> Kollegi<strong>en</strong> bzw. d<strong>en</strong> Kindergart<strong>en</strong>teams<br />
– weitere externe Expert<strong>en</strong> (sieb<strong>en</strong> Person<strong>en</strong>, z. B. Mitglieder des Beirats)<br />
– insgesamt 27 Eltern und drei Kinder (insbesondere zu d<strong>en</strong> später<strong>en</strong> Messzeitpunkt<strong>en</strong>)<br />
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Dabei wurd<strong>en</strong> die Leitfrag<strong>en</strong> <strong>en</strong>tsprech<strong>en</strong>d der jeweilig<strong>en</strong> Person<strong>en</strong>gruppe modifiziert.<br />
Um eine zeitnahe Rückspiegelung der Dat<strong>en</strong> zu ermöglich<strong>en</strong>, legte man die<br />
Messzeitpunkte jeweils im Abstand von sechs Monat<strong>en</strong> fest. Insgesamt ergab<strong>en</strong><br />
sich dabei sechs Messzeitpunkte: bei d<strong>en</strong> Messzeitpunkt<strong>en</strong> 1 bis 5 wurd<strong>en</strong> im<br />
Durchschnitt jeweils 15 bis 20 Person<strong>en</strong> befragt, bei Messzeitpunkt 6 wurd<strong>en</strong> 40<br />
Person<strong>en</strong> befragt, womit sich eine Gesamtzahl von 106 Interviews ergab. Im Einzeln<strong>en</strong><br />
heißt das:<br />
Messzeitpunkt 1 (2000/5) 11 qualitative Interviews<br />
Messzeitpunkt 2 (2000/11) 14 qualitative Interviews<br />
Messzeitpunkt 3 (2001/5) 8 qualitative Interviews<br />
Messzeitpunkt 4 (2001/11) 19 qualitative Interviews<br />
Messzeitpunkt 5 (2002/5) 13 qualitative Interviews<br />
Messzeitpunkt 6 (2003/5) 41 qualitative Interviews<br />
Zu zwei Messzeitpunkt<strong>en</strong> (Messzeitpunkt 3: 2001/5 und Messzeitpunkt 6: 2003/5<br />
erfolgte zusätzlich eine schriftliche Befragung sämtlicher Teilnehmerinn<strong>en</strong> der<br />
extern<strong>en</strong> Fortbildung. Der auf der Basis der Ergebnisse qualitativer Interviews<br />
<strong>en</strong>twickelte Fragebog<strong>en</strong> di<strong>en</strong>te dazu, bestimmte Them<strong>en</strong> g<strong>en</strong>auer nachzufrag<strong>en</strong><br />
und zusätzlich K<strong>en</strong>nzahl<strong>en</strong> (z. B. über die Zahl der Kinder, die ein <strong>Musik</strong>instrum<strong>en</strong>t<br />
spiel<strong>en</strong>) zu erheb<strong>en</strong>. Beispiele für Items aus dem Frag<strong>en</strong>bog<strong>en</strong> sind:<br />
In der Fortbildung wurd<strong>en</strong> verschied<strong>en</strong>e Them<strong>en</strong>bereiche bearbeitet. Bitte kreuz<strong>en</strong><br />
Sie an, welche Vork<strong>en</strong>ntnisse Sie zu Beginn zu dies<strong>en</strong> Them<strong>en</strong>bereich<strong>en</strong> hatt<strong>en</strong><br />
und wie viel Sie dazu in der Fortbildung gelernt hab<strong>en</strong>:<br />
Modul »Spielerischer Anfang mit<br />
<strong>Musik</strong>«<br />
Modul »Rhythmustraining/<br />
Rhythmuserziehung«<br />
Welche Vork<strong>en</strong>ntnisse<br />
hatt<strong>en</strong> Sie zu Beginn<br />
der Fortbildung?<br />
keine sehr viel<br />
Wie viel hab<strong>en</strong> Sie in der<br />
Fortbildung dazu gelernt?<br />
0 1 2 3 4 0 1 2 3 4<br />
überhaupt nichts sehr viel<br />
0 1 2 3 4 0 1 2 3 4<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 23
Ein wichtiger Bestandteil des Projekts war die Arbeit im Tandem.<br />
Wie häufig hab<strong>en</strong> Sie sich im letzt<strong>en</strong> Schuljahr im Tandem getroff<strong>en</strong>?<br />
ca. ....... Mal je Woche<br />
ca. ....... Mal je Monat<br />
ca. ....... Mal insgesamt<br />
Sonstiges:.........................................................................<br />
Wie lange dauert<strong>en</strong> im Durchschnitt Ihre Besprechung<strong>en</strong> im Tandem?<br />
kürzere Besprechung<strong>en</strong> währ<strong>en</strong>d der Paus<strong>en</strong>, zwisch<strong>en</strong>durch,<br />
nach Unterrichtsschluss und dgl.<br />
eig<strong>en</strong>e Besprechung<strong>en</strong> im Umfang von ca. ...... Minut<strong>en</strong><br />
Wie häufig hab<strong>en</strong> Sie das Tandem für folg<strong>en</strong>de Aufgab<strong>en</strong> g<strong>en</strong>utzt und wie wichtig<br />
war aus Ihrer Sicht die Arbeit im Tandem dafür?<br />
Häufigkeit<br />
nie sehr häufig<br />
Erfahrungsaustausch im Tandem 0 1 2 3 4<br />
Vorbereitung des Unterrichts im<br />
Tandem<br />
Gemeinsame Durchführung von<br />
Unterricht im Tandem<br />
Nachbereitung des Unterrichts im<br />
Tandem<br />
Vorbereitung und Durchführung<br />
von intern<strong>en</strong> Fortbildung<strong>en</strong> im Tandem<br />
Wichtigkeit<br />
unwichtig sehr wichtig<br />
0 1 2 3 4<br />
0 1 2 3 4 0 1 2 3 4<br />
0 1 2 3 4 0 1 2 3 4<br />
0 1 2 3 4 0 1 2 3 4<br />
0 1 2 3 4 0 1 2 3 4<br />
Die inhaltsanalytische Auswertung folgt der Methode der strukturier<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Inhaltsanalyse<br />
(vgl. Mayring: 2000; König 2004: 102 ff.). Grundgedanke ist, dass<br />
die einzeln<strong>en</strong> Äußerung<strong>en</strong> bestimmt<strong>en</strong> Kategori<strong>en</strong> zugeordnet werd<strong>en</strong>. Dabei folgt<br />
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die Gliederung des Kategori<strong>en</strong>systems im Wes<strong>en</strong>tlich<strong>en</strong> d<strong>en</strong> Schritt<strong>en</strong> der Prozesskette:<br />
– Kategorie 1: Einschätzung der extern<strong>en</strong> Fortbildung<br />
– Kategorie 2: Auswirkung<strong>en</strong> auf Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong><br />
– Kategorie 3: Auswirkung<strong>en</strong> auf d<strong>en</strong> Unterricht und die Kindergart<strong>en</strong>arbeit<br />
– Kategorie 4: Veränderung<strong>en</strong> in Verhalt<strong>en</strong> und Einstellung der Kinder<br />
– Kategorie 5: Implem<strong>en</strong>tierung des neu<strong>en</strong> Konzepts in d<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong><br />
– Kategorie 6: Auswirkung<strong>en</strong> des Projekts auf die <strong>Musik</strong>kultur in d<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong><br />
Wichtig bei der inhaltsanalytisch<strong>en</strong> Auswertung ist, die Dat<strong>en</strong> nicht zu stark von<br />
auß<strong>en</strong> zu interpretier<strong>en</strong>, sondern möglichst <strong>en</strong>g in der Sprache der befragt<strong>en</strong> Person<strong>en</strong><br />
zu bleib<strong>en</strong>. Konsequ<strong>en</strong>z daraus ist, dass die im zweit<strong>en</strong> Teil dargestellt<strong>en</strong><br />
Ergebnisse der Evaluation in beträchtlichem Umfang durch Zitate belegt sind. Die<br />
K<strong>en</strong>nzeichnung der jeweilig<strong>en</strong> Person<strong>en</strong> erfolgt durch folg<strong>en</strong>de Abkürzung<strong>en</strong>:<br />
L Lehrerinn<strong>en</strong> (Teilnehmerinn<strong>en</strong> der extern<strong>en</strong> Fortbildung, Schulleitung,<br />
Kollegium)<br />
E Erzieherinn<strong>en</strong> (Teilnehmerinn<strong>en</strong> der extern<strong>en</strong> Fortbildung, Kindergart<strong>en</strong>leitung,<br />
Team)<br />
Exp Expert<strong>en</strong> (Projektleiter, Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong>, Mitglieder des Beirats)<br />
EL Eltern<br />
Der jeweilige Messzeitpunkt wird durch MP gek<strong>en</strong>nzeichnet.<br />
Die jeweilige positive bzw. negative Einschätzung ist durch + und – gek<strong>en</strong>nzeichnet.<br />
Dabei bedeutet:<br />
++ positive Einschätzung von d<strong>en</strong> meist<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
+ positive Einschätzung eines Teils der Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
– negative Einschätzung eines Teils der Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
– – negative Einschätzung von d<strong>en</strong> meist<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
Unterschiedliche Einschätzung<strong>en</strong> sind mit +/– bzw. ++/– oder +/– – gek<strong>en</strong>nzeichnet.<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 25
Teil II: Ergebnisse der Evaluation<br />
In diesem Teil werd<strong>en</strong> die Ergebnisse aus d<strong>en</strong> schriftlich<strong>en</strong> Befragung<strong>en</strong> sowie<br />
aus d<strong>en</strong> mündlich<strong>en</strong> Interviews zu all<strong>en</strong> Messzeitpunkt<strong>en</strong> dargestellt. Die Gliederung<br />
ori<strong>en</strong>tiert sich an dem in Teil I, Abschnitt 1.4 g<strong>en</strong>annt<strong>en</strong> Kategori<strong>en</strong>system.<br />
Kategorie 1: Einschätzung der extern<strong>en</strong> Fortbildung<br />
Z<strong>en</strong>traler Ausgangspunkt für die Implem<strong>en</strong>tierung einer neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur in<br />
Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong> war die externe Fortbildung, d. h. die Fortbildung, an<br />
der zehn Lehrerinn<strong>en</strong> sowie elf Erzieherinn<strong>en</strong> teilnahm<strong>en</strong> und in der die neue<br />
Konzeption erstmals erarbeitet und vorgestellt wurde. Von daher ist es nicht verwunderlich,<br />
dass diese Fortbildung für die Teilnehmerinn<strong>en</strong> zunächst im Mittelpunkt<br />
der Aufmerksamkeit stand: Wie wird sie beurteilt? Bewährt sich hier die<br />
Konzeption? Oder zeig<strong>en</strong> sich Problempunkte?<br />
1.1 Konzeption<br />
Die Fortbildung war durch drei <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>de Merkmale gek<strong>en</strong>nzeichnet:<br />
– ein breites Angebot<br />
– die Betonung theoretischer Grundlag<strong>en</strong> von <strong>Musik</strong> als Inhalt der Fortbildung<br />
– der deutliche Anw<strong>en</strong>dungsbezug der Fortbildung<br />
1.1.1 Breite des Angebotes<br />
Die Fortbildung umfasste eine Fülle von Them<strong>en</strong>, was d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> aber<br />
im Grunde erst geg<strong>en</strong> Ende richtig bewusst wurde:<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 26
Breite des<br />
Angebotes<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
++ + ++ ++<br />
L (9/10)<br />
E (11/11)<br />
Zum Messzeitpunkt 2 wurde d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> erstmals deutlich, dass sie eine<br />
Vielzahl von Inhalt<strong>en</strong> im Rahm<strong>en</strong> der Fortbildung k<strong>en</strong>n<strong>en</strong> lern<strong>en</strong>. In d<strong>en</strong> nächst<strong>en</strong><br />
Messzeitpunkt<strong>en</strong> trat dieser Faktor in d<strong>en</strong> Hintergrund, wurde aber in d<strong>en</strong> beid<strong>en</strong><br />
letzt<strong>en</strong> Messzeitpunkt<strong>en</strong> wieder bewusst:<br />
»Umfangreich und reichhaltig in Blick auf Them<strong>en</strong>vielfalt, auf die Bereiche des<br />
<strong>Musik</strong>unterrichts, die vorgekomm<strong>en</strong> sind, da war <strong>Musik</strong>-Hör<strong>en</strong> und <strong>Musik</strong>-<br />
Umsetz<strong>en</strong> eine M<strong>en</strong>ge da, zum Umgang mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> war eine M<strong>en</strong>ge da,<br />
zum Ungang mit Rhythmik war viel, Sing<strong>en</strong>, das war schon gut.« (MP5, L)<br />
»Erfolgsfaktor ist die Vielfalt des Angebots.« (MP6, E)<br />
1.1.2 Betonung theoretischer Grundlag<strong>en</strong><br />
Betonung<br />
theoretischer<br />
Grundlag<strong>en</strong><br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
+ ++ ++<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/1)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
++ + ++<br />
L (7/10)<br />
E (11/11)<br />
Bei einer Fortbildung für Lehrerinn<strong>en</strong> der Primarstufe und Erzieherinn<strong>en</strong> liegt die<br />
Vermutung nahe, dass gerade hier die praktische Umsetzung von größerer Bedeutung<br />
sei und dass w<strong>en</strong>iger Interesse an Theorie bestünde. Die Dat<strong>en</strong> beleg<strong>en</strong> aber<br />
ein deutliches Interesse auch an theoretisch<strong>en</strong> Grundlag<strong>en</strong>:<br />
»Besonders hilfreich fand ich die <strong>Musik</strong>theorie bei der Liederbearbeitung.« (MP3,<br />
E)<br />
»Für mich ist das von der Theorie her eine ganz gute Grundausbildung, die ich<br />
hier bekomme in d<strong>en</strong> einzeln<strong>en</strong> Modul<strong>en</strong>.« (MP4, L)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 27
»Ich habe sehr viel Theorie mitg<strong>en</strong>omm<strong>en</strong> aus dieser Fortbildung, da fand ich<br />
auch sehr schön, dass das so kompakt gewes<strong>en</strong> ist, dass wir doch viel Theorie<br />
vermittelt bekomm<strong>en</strong> hab<strong>en</strong>.« (MP5, E)<br />
»Ich hätte mir noch mehr <strong>Musik</strong>theorie gewünscht.« (MP6, E)<br />
1.1.3 Anw<strong>en</strong>dungsbezug<br />
Die Besonderheit der neu<strong>en</strong> Fortbildungskonzeption liegt jedoch nicht in einer<br />
einseitig<strong>en</strong> Betonung theoretischer Grundlag<strong>en</strong>, sondern zugleich in einem hoh<strong>en</strong><br />
Anw<strong>en</strong>dungsbezug, der von all<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> sehr positiv eingeschätzt wurde:<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 28<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
Anw<strong>en</strong>dungsbezug ++ ++ + ++ ++ ++<br />
L (9/10)<br />
E (11/11)<br />
»Jedes Mal hatte ich nach der Fortbildung das Gefühl, ja, das mache ich, zum<br />
Beispiel die Idee, ›Vergleich mit Bildern‹, oder ich habe ein<strong>en</strong> Kanon umgeschrieb<strong>en</strong><br />
für d<strong>en</strong> eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Unterricht.« (MP2, L)<br />
»Ich habe unwahrscheinlich viele neue Anregung<strong>en</strong> für d<strong>en</strong> Unterricht bekomm<strong>en</strong>.«<br />
(MP6, L)<br />
»Ich habe viele Anregung<strong>en</strong> für die <strong>Musik</strong>erziehung im Kindergart<strong>en</strong> bekomm<strong>en</strong>.«<br />
(MP6, E)<br />
»Es gab viele Dinge, die ich auch einfach umsetz<strong>en</strong> konnte, z. B. mit d<strong>en</strong> Trommeln,<br />
die zu bau<strong>en</strong>, wir hatt<strong>en</strong> ja Indianerfest, das hat geklappt und ließ sich auch<br />
wunderbar integrier<strong>en</strong>.« (MP6, E)
1.2 Inhalte der Fortbildung<br />
Die Fortbildung gliederte sich in unterschiedliche Module: Elf Module im Rahm<strong>en</strong><br />
der Lehrerfortbildung, acht Module im Rahm<strong>en</strong> der Erzieherinn<strong>en</strong>fortbildung.<br />
Die Wichtigkeit der einzeln<strong>en</strong> Module für die Teilnehmerinn<strong>en</strong> wurde im<br />
Rahm<strong>en</strong> der schriftlich<strong>en</strong> Befragung beim letzt<strong>en</strong> Messzeitpunkt explizit erfragt.<br />
Die folg<strong>en</strong>de Übersicht gibt an, wie viele der Teilnehmerinn<strong>en</strong> die jeweilig<strong>en</strong><br />
Module als wichtig oder sehr wichtig einschätz<strong>en</strong>. Dabei ist zu beacht<strong>en</strong>, dass die<br />
Hälfte der Teilnehmerinn<strong>en</strong> der Lehrerfortbildung im Fach <strong>Musik</strong> ausgebildet<br />
sind, die Einschätzung also sowohl die ausgebildet<strong>en</strong> als auch die nicht ausgebildet<strong>en</strong><br />
Teilnehmerinn<strong>en</strong> umfasst.<br />
1.2.1 Module im Rahm<strong>en</strong> der Lehrerfortbildung<br />
»Spielerischer Anfang mit <strong>Musik</strong>« L (10/10)<br />
»Rhythmustraining/Rhythmuserziehung« L (10/10)<br />
»Sing<strong>en</strong>/Stimmbildung« L (10/10)<br />
»<strong>Musik</strong> hör<strong>en</strong>/<strong>Musik</strong>stile« L (10/10)<br />
»<strong>Musik</strong> mach<strong>en</strong> mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong>/<br />
<strong>Musik</strong>instrum<strong>en</strong>te«<br />
L (9/10)<br />
»<strong>Musik</strong> und Bewegung« L (9/10)<br />
»Sz<strong>en</strong>ische Darstellung und <strong>Musik</strong>« L (7/10)<br />
»<strong>Musik</strong> umsetz<strong>en</strong> in bildliche Darstellung« L (7/10)<br />
»Gitarr<strong>en</strong>spiel« L (6/10)<br />
»Harmonielehre« L (5/10)<br />
»Anw<strong>en</strong>dung von Medi<strong>en</strong> in der <strong>Musik</strong>erziehung«<br />
L (5/10)<br />
Die Module »Spielerischer Anfang mit <strong>Musik</strong>«, »Rhythmustraining/Rhythmuserziehung«<br />
»Sing<strong>en</strong>/Stimmbildung« und »<strong>Musik</strong> hör<strong>en</strong>/<strong>Musik</strong>stile« war<strong>en</strong> für<br />
sämtliche Lehrerinn<strong>en</strong> wichtig oder sehr wichtig gewes<strong>en</strong>:<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 29
»Mit das Wichtigste für mich war alles, was mit Stimmbildung zu tun hat, weil<br />
das ein Bereich ist, da habe ich währ<strong>en</strong>d der Studi<strong>en</strong>zeit nur w<strong>en</strong>ig gemacht.«<br />
(MP5, L)<br />
»Bewegung zur <strong>Musik</strong>, <strong>Musik</strong> hör<strong>en</strong>, <strong>Musik</strong> mach<strong>en</strong> mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> und auf<br />
jed<strong>en</strong> Fall das Sing<strong>en</strong> war<strong>en</strong> gute Inhalte.« (MP6, L)<br />
»Was ich unbedingt weiter mach<strong>en</strong> werde, die viel<strong>en</strong> Angebote, die mit <strong>Musik</strong><br />
hör<strong>en</strong> zu tun hatt<strong>en</strong>, besonders was wir in der letzt<strong>en</strong> Zeit gemacht hatt<strong>en</strong>, das in<br />
d<strong>en</strong> Unterricht mit einzubezieh<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
»Was wir zur Rhythmik gemacht hab<strong>en</strong>, die Sach<strong>en</strong> fand ich hilfreich, die<br />
Rhythmikübung<strong>en</strong>, auch an Variation<strong>en</strong> und Schwierigkeitssteigerung<strong>en</strong>, die wir<br />
im Laufe der Zeit gemacht hab<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
Die Module »<strong>Musik</strong> mach<strong>en</strong> mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong>«, »<strong>Musik</strong> und Bewegung«, »Sz<strong>en</strong>ische<br />
Darstellung und <strong>Musik</strong>« und »<strong>Musik</strong> umsetz<strong>en</strong> in bildliche Darstellung« war<strong>en</strong><br />
für d<strong>en</strong> überwieg<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Teil der Teilnehmerinn<strong>en</strong> wichtig bzw. sehr wichtig.<br />
Geteilt ist die Einschätzung bei d<strong>en</strong> Modul<strong>en</strong> »Gitarr<strong>en</strong>spiel«, »Harmonielehre«<br />
und »Anw<strong>en</strong>dung von Medi<strong>en</strong> in der <strong>Musik</strong>erziehung«.<br />
1.2.2 Module im Rahm<strong>en</strong> der Erzieherinn<strong>en</strong>fortbildung<br />
»<strong>Musik</strong> und Bewegung« E 11/11)<br />
»Lied« E (11/11)<br />
»<strong>Musik</strong> mach<strong>en</strong> mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong>« E (11/11)<br />
»Klangerzeuger/Selbstbauinstrum<strong>en</strong>te« E (10/11)<br />
»Klanggeschicht<strong>en</strong>« E (10/11)<br />
»Hör<strong>en</strong>« E (10/11)<br />
»Stimmbildung« E (10/11)<br />
»Gitarr<strong>en</strong>spiel« E (9/11)<br />
Hier ergab sich im Wes<strong>en</strong>tlich<strong>en</strong> ein ähnliches Bild: Die Module »Lied« und<br />
»<strong>Musik</strong> mach<strong>en</strong> mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong>« wurd<strong>en</strong> von all<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> als wichtig<br />
bzw. sehr wichtig eingeschätzt, zusätzlich aber noch (mit besonderem Nachdruck)<br />
das erste Modul »<strong>Musik</strong> und Bewegung«:<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 30
»Das erste Modul fand ich total Klasse, das sollte am Anfang auch beibehalt<strong>en</strong><br />
werd<strong>en</strong>, weil man damit die Leute hol<strong>en</strong> kann.« (MP6, E)<br />
»Wichtig für mich war in dem erst<strong>en</strong> Modul die Liedvermittlung, weil wir das in<br />
der Schule lange nicht so int<strong>en</strong>siv gemacht hab<strong>en</strong>.« (MP6, E)<br />
»Für mich am allerbest<strong>en</strong> war immer noch das Experim<strong>en</strong>tier<strong>en</strong> mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong>,<br />
Instrum<strong>en</strong>te selber bau<strong>en</strong>, Klanggeschicht<strong>en</strong>, das ist es auch, was sich in der Arbeit<br />
mit d<strong>en</strong> Kindern widerspiegelt.« (MP6, E)<br />
Am kritischst<strong>en</strong> wurde das Modul »Gitarr<strong>en</strong>spiel« eingeschätzt:<br />
»Mit dem Gitarr<strong>en</strong>unterricht hatt<strong>en</strong> wir ja so unsere Probleme. W<strong>en</strong>n man überlegt,<br />
dass man vier Jahre Gitarr<strong>en</strong>unterricht hatte, da habe ich nicht so viel dazugelernt.«<br />
(MP6 E)<br />
Als besonders positiv wurd<strong>en</strong> auch der systematische Aufbau und die Gliederung<br />
der einzeln<strong>en</strong> Module geseh<strong>en</strong>:<br />
»In jedem neu<strong>en</strong> Modul konnt<strong>en</strong> die alt<strong>en</strong> Module mit verarbeitet werd<strong>en</strong> ... alle<br />
baut<strong>en</strong> aufeinander auf und hatt<strong>en</strong> ein<strong>en</strong> Bezug zueinander.« (MP6, E)<br />
»Die Inhalte der einzeln<strong>en</strong> Module war<strong>en</strong> systematisch aufgebaut, das fand ich<br />
das Gute daran.« (MP6, L)<br />
1.3 Methodik der Fortbildung<br />
In der Anfangsphase gab es hinsichtlich der Methodik der Fortbildung durchaus<br />
kritische Stimm<strong>en</strong>. Bemängelt wurd<strong>en</strong> z. B. zu lange Vortragsphas<strong>en</strong> des Projektleiters<br />
und fehl<strong>en</strong>de Möglichkeit<strong>en</strong> zum Erfahrungsaustausch:<br />
»Die Fortbildung soll eig<strong>en</strong>tlich ein Forum sein, damit wir auch mal auf eine andere<br />
Eb<strong>en</strong>e komm<strong>en</strong>, die Eb<strong>en</strong>e des Erleb<strong>en</strong>s, und das ist im Mom<strong>en</strong>t nicht so<br />
da.« (MP1, L)<br />
»Was ich schön fände, w<strong>en</strong>n ich ... das Know-how, was ich mir angeeignet habe,<br />
da auch einbring<strong>en</strong> kann.« (MP1, L)<br />
»Direkte Rückkopplung hat bislang gefehlt, dass wir gemeinsam mehr Zeit hab<strong>en</strong>,<br />
über die Inhalte zu sprech<strong>en</strong>, die wir erprobt hab<strong>en</strong> in der Schule, dass wir hier<br />
d<strong>en</strong> Unterricht gemeinsam reflektier<strong>en</strong>.« (MP1, L)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 31
Auf der Basis der Dat<strong>en</strong> der Prozess begleit<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Evaluation wurde dem Projektleiter<br />
diese Einschätzung zurückgespiegelt. Das führte zu deutlich<strong>en</strong> Veränderung<strong>en</strong><br />
im methodisch<strong>en</strong> Ablauf der Fortbildung<strong>en</strong>:<br />
»Fortbildung selber kann auch in Zukunft nicht immer das sein: Irg<strong>en</strong>dwer d<strong>en</strong>kt<br />
sich was Nettes aus, stellt das vor und sagt: ‚Macht nach, dann werdet ihr gut‘,<br />
sondern dass ein Lehrer, der auch in diesem Fach nicht ausgebildet ist, sich einzubring<strong>en</strong><br />
vermag ... und das läuft mom<strong>en</strong>tan in diesem Projekt ganz gut.« (MP 4,<br />
Exp)<br />
»Die jetzige Vorgeh<strong>en</strong>sweise, dass in unserer Gruppe differ<strong>en</strong>ziert wird und auch<br />
die Fachkundig<strong>en</strong> selber ihre Ide<strong>en</strong> einbring<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>, das hat sich sehr bewährt.«<br />
(MP4, Exp)<br />
Etwa in der Mitte des Projekts hab<strong>en</strong> sich bestimmte bewährte Vorgeh<strong>en</strong>sweis<strong>en</strong><br />
herauskristallisiert und stabilisiert:<br />
Praktisches Erprob<strong>en</strong><br />
»Das praktische Erprob<strong>en</strong> in der Fortbildung ist unbedingt<br />
notw<strong>en</strong>dig, <strong>Musik</strong> unterricht<strong>en</strong> geht nicht, ohne<br />
dass man es selber macht. Das ist ganz wichtig und ist<br />
aber auch immer in der Fortbildung da.« (MP4, L)<br />
»Wir hatt<strong>en</strong> hier immer die Möglichkeit des Einüb<strong>en</strong>s<br />
und etwas auszuprobier<strong>en</strong>, das hat mir die Sicherheit<br />
gegeb<strong>en</strong>, auch mit Orffsch<strong>en</strong> Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> in der Einrichtung<br />
umzugeh<strong>en</strong>.« (MP4, E)<br />
Vorstell<strong>en</strong> von Unterrichts-/Praxisbeispiel<strong>en</strong><br />
»Besonders gefreut und auch für mich Gewinn bring<strong>en</strong>d<br />
fand ich, als der Projektleiter selber ein Beispiel gebracht<br />
hat mit einer Klasse vor Ort, das war sehr interessant.«<br />
(MP4, L)<br />
»Wichtig war, dass er uns Praxisbeispiele vorgestellt<br />
hat.« (MP3, E)<br />
MP3<br />
2001/05<br />
L (9/9)<br />
E (11/11)<br />
L (8/9)<br />
E (11/11)<br />
MP6<br />
2003/05<br />
L (10/10)<br />
E (11/11)<br />
L (9/10)<br />
E (11/11)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 32
Erfahrungsaustausch<br />
»Ein Erfahrungsaustausch, wer hat was eingesetzt, ist<br />
unglaublich wichtig.« (MP3, E)<br />
»Erfahrungsaustausch ist für mich mit das Wichtigste, zu<br />
seh<strong>en</strong>, was hab<strong>en</strong> die Kolleg<strong>en</strong> gemacht, wie ist es gelauf<strong>en</strong>,<br />
wie hab<strong>en</strong> die Kinder reagiert.« (MP4, L)<br />
Informationsvermittlung im Pl<strong>en</strong>um<br />
»Wiss<strong>en</strong>svermittlung im Pl<strong>en</strong>um finde ich wichtig.«<br />
(MP3, E)<br />
»Informationsvermittlung im Pl<strong>en</strong>um finde ich mom<strong>en</strong>tan<br />
völlig ausreich<strong>en</strong>d, nicht zu viel, nicht zu w<strong>en</strong>ig, gerade<br />
richtig.« (MP4, L)<br />
Grupp<strong>en</strong>arbeit<br />
»Die jetzige Vorgeh<strong>en</strong>sweise, dass in unserer Gruppe<br />
differ<strong>en</strong>ziert wird und auch die Fachkundig<strong>en</strong> selber ihre<br />
Ide<strong>en</strong> einbring<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>, das hat sich sehr bewährt.«<br />
(MP3, L)<br />
»Dass wir in Grupp<strong>en</strong> gearbeitet hab<strong>en</strong>, das war wichtig.«<br />
(MP6, E)<br />
L (9/9)<br />
E (11/11)<br />
L (7/9)<br />
E (10/11)<br />
L (9/9)<br />
E (10/11)<br />
L (8/10)<br />
E (11/11)<br />
L (8/10)<br />
E (11/11)<br />
L (7/10)<br />
E (10/11)<br />
Ein besonderes Gewicht besaß<strong>en</strong> im Rahm<strong>en</strong> der Fortbildung die gemeinsam<strong>en</strong><br />
Projekte. Das Projekt »Bilder einer Ausstellung« wurde von viel<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
als der Höhepunkt der Ausbildung angeseh<strong>en</strong> und anschließ<strong>en</strong>d int<strong>en</strong>siv für<br />
d<strong>en</strong> eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Unterricht g<strong>en</strong>utzt:<br />
»Das Projekt ‚Bilder einer Ausstellung‘ war ein ganz besonderer Schwerpunkt,<br />
wo lange darauf hingearbeitet wurde. Das war von Bedeutung für mich und die<br />
ander<strong>en</strong> Teilnehmer.« (MP6, L)<br />
»Es gab eine Aufführung, die auch über die Schulgr<strong>en</strong>z<strong>en</strong> hinaus ein<strong>en</strong> sehr nachhaltig<strong>en</strong><br />
Eindruck gemacht hat, und wir hab<strong>en</strong> eine Großveranstaltung für die ander<strong>en</strong><br />
Grundschul<strong>en</strong> und die Realschule durchführ<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>, neb<strong>en</strong> zwei Aufführung<strong>en</strong><br />
hier im Heimathaus.« (MP6, L)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 33
1.4 Tandem<br />
Eine Besonderheit des Projekts war das Tandem-Modell, in dem eine in <strong>Musik</strong><br />
ausgebildete Fachkraft zusamm<strong>en</strong> mit einer in <strong>Musik</strong> nicht ausgebildet<strong>en</strong> Lehrerin<br />
gearbeitet hat. Das bot die Möglichkeit, Wiss<strong>en</strong> zwisch<strong>en</strong> Kolleginn<strong>en</strong> weiterzugeb<strong>en</strong><br />
und Erfahrung<strong>en</strong> auszutausch<strong>en</strong>, gemeinsam Unterricht oder interne<br />
Fortbildung<strong>en</strong> zu plan<strong>en</strong> usw. Das Tandem gilt als einer der z<strong>en</strong>tral<strong>en</strong> Erfolgsfaktor<strong>en</strong><br />
des Projekts:<br />
»Tandem zu mach<strong>en</strong>, das ist schon ziemlich g<strong>en</strong>ial, das bewährt sich auch, darüber<br />
hab<strong>en</strong> wir die Möglichkeit, uns auszutausch<strong>en</strong>.« (MP1, L)<br />
»Das Tandem leistet eine geg<strong>en</strong>seitige Stütze und die Möglichkeit, Frag<strong>en</strong> zu stell<strong>en</strong>,<br />
ohne dass man jetzt Bücher zu Rate zieh<strong>en</strong> muss, sondern durch das Ausprobier<strong>en</strong><br />
des ander<strong>en</strong>, dass wir Hilfe krieg<strong>en</strong>, dass wir inhaltlich darüber red<strong>en</strong>, wie<br />
das jeder gemacht hat und wo irg<strong>en</strong>dwelche Probleme war<strong>en</strong>.« (MP4, L)<br />
Im Einzeln<strong>en</strong> wurde das Tandem für folg<strong>en</strong>de Aufgab<strong>en</strong> g<strong>en</strong>utzt:<br />
Erfahrungsaustausch<br />
»Gemeinsamer Erfahrungsaustausch, da liegt unsere<br />
Hauptarbeit im Tandem, da ist es dann auch interessant<br />
zu seh<strong>en</strong>, wo ist es gut gelauf<strong>en</strong>, w<strong>en</strong>n der<br />
Partner was ganz anderes gemacht hat.« (MP 3, L)<br />
Vorbereitung des Unterrichts<br />
»Wir überleg<strong>en</strong>, was wir an praktisch<strong>en</strong> Sach<strong>en</strong><br />
noch mach<strong>en</strong> müss<strong>en</strong>, wie mach<strong>en</strong> wir das im <strong>Musik</strong>unterricht.«<br />
(MP3, L)<br />
Nachbereitung des Unterrichts<br />
»Schwerpunkt der Tandemarbeit liegt in der Auswertung.«<br />
(MP3, L)<br />
Vorbereitung und Durchführung der intern<strong>en</strong><br />
Fortbildung<br />
»Wir hab<strong>en</strong> die kollegiumsinterne Fortbildung gemeinsam<br />
vorbereitet.« (MP3, L)<br />
MP3<br />
2001/05<br />
MP6<br />
2003/05<br />
L (9/9) L (9/10)<br />
L (7/9) L (7/10)<br />
L (8/9) L (7/10)<br />
L (8/9) L (8/10)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 34
Die positive Einschätzung der Tandemarbeit hielt sich währ<strong>en</strong>d des gesamt<strong>en</strong><br />
Verlaufs der Fortbildung:<br />
Beurteilung der<br />
Tandemarbeit<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
++ ++ ++<br />
L (8/9)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
++ ++ ++<br />
L (8/10)<br />
Allerdings trat geg<strong>en</strong> Ende die Nutzung des Tandems etwas in d<strong>en</strong> Hintergrund:<br />
Es wurde zwar weiterhin zur Vorbereitung der intern<strong>en</strong> Fortbildung<strong>en</strong> g<strong>en</strong>utzt,<br />
aber darüber hinaus eher zu einem informell<strong>en</strong> Erfahrungsaustausch ohne klare<br />
Struktur und ohne eig<strong>en</strong>es Zeitf<strong>en</strong>ster und nicht mehr systematisch in seiner ursprünglich<strong>en</strong><br />
Form als Instrum<strong>en</strong>t der Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts.<br />
Trotzdem galt es weiterhin als Erfolgsfaktor:<br />
»Das Tandem ist sag<strong>en</strong>haft gut, ein Kompet<strong>en</strong>ter kann mit einem ander<strong>en</strong> zusamm<strong>en</strong><br />
Sach<strong>en</strong> <strong>en</strong>twickeln und Erfahrung<strong>en</strong> austausch<strong>en</strong>, da gibt es Gewinn für beide<br />
Seit<strong>en</strong>, d<strong>en</strong>n derj<strong>en</strong>ige, der noch w<strong>en</strong>iger kann, bekommt Anregung<strong>en</strong> und der<br />
andere bekommt die Möglichkeit, seine Sichtweis<strong>en</strong> zu <strong>en</strong>twickeln.« (MP6, Exp)<br />
Bei der Gruppe der Erzieherinn<strong>en</strong> war die Möglichkeit einer Tandem-Bildung<br />
nicht gegeb<strong>en</strong>, da es in dies<strong>en</strong> Einrichtung<strong>en</strong> keine Fachkraft <strong>Musik</strong> gibt und da<br />
die Einrichtung<strong>en</strong> aufgrund mangelnder personeller Ressourc<strong>en</strong> nicht in der Lage<br />
sind, zwei Erzieherinn<strong>en</strong> gleichzeitig freizustell<strong>en</strong>.<br />
1.5 Materiali<strong>en</strong><br />
Bei d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> der Fortbildung sowie in d<strong>en</strong> Kollegi<strong>en</strong> der Schul<strong>en</strong> und<br />
in d<strong>en</strong> Teams der Kindergärt<strong>en</strong> hatt<strong>en</strong> die Materiali<strong>en</strong> eine sehr große Bedeutung:<br />
»Die Materiali<strong>en</strong> sind für mich ein wichtiger Anhaltspunkt.« (MP3, E)<br />
Die Materiali<strong>en</strong> unterstützt<strong>en</strong> die musikalische Arbeit in der Schule bzw. im Kindergart<strong>en</strong><br />
und di<strong>en</strong>t<strong>en</strong> d<strong>en</strong> Kolleginn<strong>en</strong> auch als Anregung:<br />
»Die Materiali<strong>en</strong> sind für mich ein ganz wichtiger Aspekt.« (MP3, L)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 35
»Ich weiß von einer Kollegin, die b<strong>en</strong>utzt g<strong>en</strong>au die Materiali<strong>en</strong>, die jetzt für das<br />
1. Schuljahr war<strong>en</strong>.« (MP3, L)<br />
Auch mit Blick auf die Fortsetzung des Projekts wurde seit<strong>en</strong>s der Schulaufsicht<br />
bereits zu Messzeitpunkt 3 auf die Wichtigkeit von Materiali<strong>en</strong> hingewies<strong>en</strong>:<br />
»Es sind bereits auch Materiali<strong>en</strong> <strong>en</strong>twickelt word<strong>en</strong>, insbesondere der Baustein<br />
Anfangsunterricht ist sehr weit gedieh<strong>en</strong>, sodass sowohl die neu kooperier<strong>en</strong>d<strong>en</strong><br />
Schul<strong>en</strong> ... davon profitier<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>, aber auch diese erst<strong>en</strong> Ergebnisse in die im<br />
Herbst beginn<strong>en</strong>de Lehrplanrevision einfließ<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>.« (MP3, Exp)<br />
Die positive Einschätzung der Materiali<strong>en</strong> hatte über das ganze Projekt Bestand<br />
und wurde insbesondere zum abschließ<strong>en</strong>d<strong>en</strong> sechst<strong>en</strong> Messzeitpunkt nachdrücklich<br />
betont:<br />
»Die Entwicklung der Materiali<strong>en</strong> ist sehr wichtig, weil es auf dem Sektor der<br />
Erzieherinn<strong>en</strong> sehr w<strong>en</strong>ig gibt.« (MP6, E)<br />
»Die Materialsammlung hilft mir im Punkte Systematik, Anregung<strong>en</strong> zur Unterrichtsgestaltung.«<br />
(MP6, L)<br />
»Die Materiali<strong>en</strong> sind für mich eine Erinnerungshilfe und Unterstützung, auf die<br />
ich nicht verzicht<strong>en</strong> möchte.« (MP6, L)<br />
Dabei liegt der Wert der Materiali<strong>en</strong> darin, dass sie kein starres Gerüst vorgeb<strong>en</strong>,<br />
sondern Ide<strong>en</strong> und Anregung<strong>en</strong> <strong>en</strong>thalt<strong>en</strong>, die dann von d<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong><br />
je nach Situation angepasst werd<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>.<br />
Entscheid<strong>en</strong>der dürfte noch die Einsicht sein, dass die Materiali<strong>en</strong> für sich<br />
allein g<strong>en</strong>omm<strong>en</strong> relativ w<strong>en</strong>ig Wert hab<strong>en</strong>, aber als Ergänzung zu d<strong>en</strong> persönlich<strong>en</strong><br />
Erfahrung<strong>en</strong>, die die Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> gemacht hab<strong>en</strong>, äußerst<br />
hilfreich sind:<br />
»W<strong>en</strong>n man ausschließlich auf Materiali<strong>en</strong> setzt, wo der ganze persönliche Bezug<br />
fehlt, dann kann das nicht funktionier<strong>en</strong>. Einstellung<strong>en</strong> lernt man durch das Tun.«<br />
(MP 6, L)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 36
1.6 Projektleiter<br />
Allgemein herrschte in d<strong>en</strong> Interviews die Einschätzung vor, dass die Person des<br />
Projektleiters ein<strong>en</strong> <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Erfolgsfaktor für d<strong>en</strong> Modellversuch darstellte:<br />
»Das Ganze steht und fällt für mich mit dem Projektleiter.« (MP6, L)<br />
Allerdings hatt<strong>en</strong> zu Beginn des Projekts einige Teilnehmerinn<strong>en</strong> Schwierigkeit<strong>en</strong><br />
im Umgang mit dem Projektleiter im Sinne von: »Er hat so eine bestimmte Art<br />
mit Leut<strong>en</strong> umzugeh<strong>en</strong>, die mir fremd ist, daran muss ich mich erst gewöhn<strong>en</strong>.«<br />
(MP2, L) Im weiter<strong>en</strong> Verlauf wurde jedoch der Projektleiter zunehm<strong>en</strong>d als Erfolgsfaktor<br />
geseh<strong>en</strong>, wobei Kompet<strong>en</strong>z und <strong>Persönlichkeit</strong> eine <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>de<br />
Rolle spiel<strong>en</strong>. Die schriftliche Befragung zum Abschluss des Projekts belegt die<br />
sehr positive Einschätzung:<br />
Kompet<strong>en</strong>z L (9/10)<br />
E (10/11)<br />
<strong>Persönlichkeit</strong> L (9/10)<br />
E (7/11)<br />
Besonders hervorgehob<strong>en</strong> wurd<strong>en</strong>:<br />
– seine hohe fachliche Kompet<strong>en</strong>z<br />
»Er ist voll drin in der Theorie, hat das pädagogische Verständnis und hat es<br />
ge<strong>schafft</strong>, das zusamm<strong>en</strong>zubring<strong>en</strong>. Er hat Theorie vermittelt, aber immer<br />
auch im Blick auf Unterricht.« (MP6, Exp)<br />
»Ich weiß, dass er die ganz<strong>en</strong> Inhalte, das ganze theoretische Wiss<strong>en</strong>, was man<br />
braucht, um <strong>Musik</strong> kompet<strong>en</strong>t zu unterricht<strong>en</strong>, dass er das vermittelt.« (MP4,<br />
L)<br />
– seine positive Einstellung und Motivation<br />
»Ich d<strong>en</strong>ke, er war von der Sache begeistert, das ist ein ganz <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>der<br />
Erfolgsfaktor, er hat da fast ein<strong>en</strong> missionarisch<strong>en</strong> Auftrag geseh<strong>en</strong>, war von<br />
sich auch überzeugt ... und er hat geseh<strong>en</strong>, dass er damit d<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>unterricht<br />
verändern kann, das hat er auch an die Teilnehmer rübergebracht.« (MP6,<br />
Exp)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 37
»Die Motivation und die Begeisterung, dass er überzeugt ist von der Idee, dass<br />
er das gut findet, das ist ein wes<strong>en</strong>tliches Kriterium für d<strong>en</strong> Erfolg des Projektes.«<br />
(MP4, E)<br />
– seine Fähigkeit<strong>en</strong> im Umgang mit d<strong>en</strong> Teilnehmern<br />
»Er hat es ge<strong>schafft</strong>, die Gruppe zusamm<strong>en</strong>zubring<strong>en</strong>, einige von d<strong>en</strong> Teilnehmern<br />
war<strong>en</strong> am Anfang ja nicht gerade pflegeleicht.« (MP6, Exp) »Durch<br />
seine Art und Weise im Umgang mit d<strong>en</strong> Leut<strong>en</strong> hat er so viel Freude vermittelt,<br />
er ist voller Begeisterung dabei und das überträgt sich auf die Gruppe.«<br />
(MP6, L)<br />
D<strong>en</strong> Dat<strong>en</strong> des letzt<strong>en</strong> Messzeitpunktes zufolge fiel das Engagem<strong>en</strong>t des Projektleiters<br />
geg<strong>en</strong> Ende etwas zurück: Gesundheitliche Probleme und insbesondere die<br />
Ungewissheit über d<strong>en</strong> Fortgang des Projekts führt<strong>en</strong> dazu, dass die Einschätzung<br />
vereinzelt kritischer wurde:<br />
»Geg<strong>en</strong> Ende des Projektes hat der Projektleiter sein<strong>en</strong> hoh<strong>en</strong> Einsatz nicht mehr<br />
konsequ<strong>en</strong>t durchgehalt<strong>en</strong>.« (MP 6, Exp)<br />
1.7 Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />
Wichtiger Erfolgsfaktor für das Projekt war<strong>en</strong> zweifelsohne auch die einzeln<strong>en</strong><br />
Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong>, die für die jeweilig<strong>en</strong> Module (z. B. Stimmbildung, <strong>Musik</strong> und Tanz)<br />
die Inhalte bestimmt hab<strong>en</strong> und die Fortbildung<strong>en</strong> durchführt<strong>en</strong>:<br />
»Die Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> … das sind Faktor<strong>en</strong> für d<strong>en</strong> Erfolg.« (MP6, E)<br />
»Dass die überzeugt sind von der Idee, dass die das gut find<strong>en</strong>, das ist ein wes<strong>en</strong>tliches<br />
Kriterium für d<strong>en</strong> Erfolg des Projektes.« (MP4, E)<br />
Die Einschätzung der Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> ist deutlich positiv. Hervorgehob<strong>en</strong> wurd<strong>en</strong> insbesondere<br />
ihre fachliche und pädagogische Kompet<strong>en</strong>z sowie ihr Engagem<strong>en</strong>t.<br />
Kompet<strong>en</strong>z L (8/10)<br />
E (10/11)<br />
<strong>Persönlichkeit</strong> L (7/10)<br />
E (8/11)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 38
Bei Projektleiter und Schulaufsicht stand in der Beurteilung die hohe fachliche<br />
Kompet<strong>en</strong>z im Vordergrund:<br />
»Die sind fachlich alle undiskutiert.« (MP6, Exp)<br />
»Das beginnt mit exzell<strong>en</strong>t<strong>en</strong> Instrum<strong>en</strong>talist<strong>en</strong> wie Herrn W. selbst und dem Gitarr<strong>en</strong>lehrer,<br />
einer Stimmbildnerin, die eb<strong>en</strong>falls eine eig<strong>en</strong>e hohe Qualität hat.«<br />
(MP3, Exp)<br />
Sie hab<strong>en</strong> »ihr<strong>en</strong> hoh<strong>en</strong> fachlich<strong>en</strong> Beitrag geleistet, im Gesang und der Gitarre, in<br />
sehr konsequ<strong>en</strong>ter Art ihr<strong>en</strong> Auftrag erfüllt.« (MP6, Exp)<br />
Von d<strong>en</strong> Teilnehmern wurd<strong>en</strong> neb<strong>en</strong> der Fachkompet<strong>en</strong>z, insbesondere das Engagem<strong>en</strong>t<br />
und die pädagogisch<strong>en</strong> Fähigkeit<strong>en</strong> der Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> hervorgehob<strong>en</strong>:<br />
»Die Motivation und Begeisterung der Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> hab<strong>en</strong> zum Erfolg des Projektes<br />
beigetrag<strong>en</strong>.« (MP6, E)<br />
»Die Refer<strong>en</strong>t<strong>en</strong>, das sind einfach sehr <strong>en</strong>gagierte Fachleute, die vermitteln könn<strong>en</strong>,<br />
die ein<strong>en</strong> ernst nehm<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
»Ich fand es vom Pädagogisch<strong>en</strong> unheimlich gut, wie die drei gearbeitet hab<strong>en</strong> ...<br />
die Umgangsweise mit uns ... die hab<strong>en</strong> uns immer wieder gelobt und gesagt,<br />
M<strong>en</strong>sch das hat ja heute wieder super geklappt.« (MP6, E)<br />
»Herr X. hat Spaß an der ganz<strong>en</strong> Geschichte, das merkt man, wie er die Gruppe<br />
motiviert hat.« (MP6, E)<br />
»Er hat die Gabe, uns zu fesseln und zu motivier<strong>en</strong>.« (MP6, E)<br />
Aus Sicht der Teilnehmer gab es jedoch auch durchaus kritische Anmerkung<strong>en</strong> im<br />
Blick auf:<br />
– fehl<strong>en</strong>de fachliche Kompet<strong>en</strong>z<br />
»Mir hat beim Modul y eine fachkompet<strong>en</strong>te Person gefehlt.« (MP6, E)<br />
»Herr Y. hatte kein<strong>en</strong> rot<strong>en</strong> Fad<strong>en</strong>, kein Konzept, es war nicht so, dass ein<br />
Aufbau da war ... es war immer die alte Leier, es gab nicht eine Reihe zu einem<br />
Thema.« (MP6, E)<br />
»Die breite Vermittlung von Fähigkeit<strong>en</strong>, das hat er nicht ge<strong>schafft</strong>.« (MP6, E)<br />
– fehl<strong>en</strong>de Ori<strong>en</strong>tierung an d<strong>en</strong> Teilnehmerinne<br />
»Die Zielgruppe, die wir darstellt<strong>en</strong>, damit konnte er überhaupt nichts anfang<strong>en</strong>.«<br />
(MP6, E)<br />
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»Er ist halt nicht an d<strong>en</strong> Schwächst<strong>en</strong> ori<strong>en</strong>tiert gewes<strong>en</strong>, das ist für ihn wohl<br />
zu langweilig.« (MP6, E)<br />
– fehl<strong>en</strong>de Ernsthaftigkeit geg<strong>en</strong>über d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
»Ich hatte d<strong>en</strong> Eindruck, Herr X. nimmt die Kritik nicht ernst, die von uns<br />
kam, wir hab<strong>en</strong> ihm das gesagt, womit wir unzufried<strong>en</strong> sind, wir hab<strong>en</strong> ihm<br />
auch gesagt, was wir uns vorstell<strong>en</strong> und es kam nichts zurück.« (MP6, E)<br />
Diese Äußerung<strong>en</strong> beleg<strong>en</strong>, wie wichtig die Auswahl der Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> für d<strong>en</strong> Erfolg<br />
eines solch<strong>en</strong> Projekts ist.<br />
1.8 Organisation der Fortbildung<br />
Die Gruppe der Lehrerinn<strong>en</strong> schätzte die Fortbildungslänge über die Dauer von<br />
vier Jahr<strong>en</strong> sowie d<strong>en</strong> 14-tägig<strong>en</strong> Rhythmus hoch ein:<br />
»Ein Erfolgsfaktor ist sicherlich die Regelmäßigkeit und der längere Zeitraum,<br />
dass das Projekt langfristig angelegt ist.« (MP 5, E)<br />
»Es ist gut, dass wir uns regelmäßig alle zwei Woch<strong>en</strong> treff<strong>en</strong> und damit auch<br />
gefordert werd<strong>en</strong>, weiterzuarbeit<strong>en</strong> und weiterzulern<strong>en</strong>, einfach dranzubleib<strong>en</strong>.«<br />
(MP 5, L)<br />
Anders als bei der Gruppe der Lehrer fand die Fortbildung der Gruppe der Erzieherinn<strong>en</strong><br />
nur einmal im Monat statt. Das wurde währ<strong>en</strong>d des gesamt<strong>en</strong> Projektverlaufs<br />
sowohl von d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> als auch dem Projektleiter und d<strong>en</strong> Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />
als Hemmfaktor geseh<strong>en</strong>:<br />
»Bei der Gitarre spüre ich, dass wir nur ein Mal im Monat Gitarre hab<strong>en</strong>, dass ist<br />
einfach zu w<strong>en</strong>ig ... mein Anteil, persönlich zu üb<strong>en</strong>, ist da sehr gering. W<strong>en</strong>n ich<br />
wöch<strong>en</strong>tlich Unterricht hätte, würde ich bestimmt öfters mal zur Gitarre greif<strong>en</strong>.«<br />
(MP1, E)<br />
»Dass die Fortbildung bei d<strong>en</strong> Erzieherinn<strong>en</strong> eb<strong>en</strong> nur einmal im Monat stattfindet,<br />
das ist für mich ein Minus ... w<strong>en</strong>n ich eine Gruppe habe, die ich jede Woche<br />
sehe, dann kann ich das richtig verfolg<strong>en</strong>, wie die motorisch<strong>en</strong> Fähigkeit<strong>en</strong> sich<br />
<strong>en</strong>twickeln oder nicht <strong>en</strong>twickeln, in dem Aug<strong>en</strong>blick fällt es auf.« (MP4, Exp)<br />
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Im Zusamm<strong>en</strong>hang mit organisatorisch<strong>en</strong> Frag<strong>en</strong> betont<strong>en</strong> die Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
der extern<strong>en</strong> Fortbildung auch die Grupp<strong>en</strong>größe als wichtig<strong>en</strong> Punkt. Die Bewertung<br />
von d<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> war durchaus positiv:<br />
»Erfolgsfaktor ist eine Fortbildung in einer überschaubar<strong>en</strong> Gruppe.« (MP6, L)<br />
»Die Teilnehmerzahl, wie wir sie hier hab<strong>en</strong>, ist sehr günstig.« (MP5, E)<br />
Die Erzieherinn<strong>en</strong> teilt<strong>en</strong> diese Einschätzung im Wes<strong>en</strong>tlich<strong>en</strong>, kritische Anmerkung<strong>en</strong><br />
fand<strong>en</strong> sich allerdings hinsichtlich der Teilnehmerzahl im Gitarr<strong>en</strong>kurs:<br />
»Die Größe der Gruppe der Erzieherinn<strong>en</strong> ist für d<strong>en</strong> Gitarr<strong>en</strong>kurs zu groß, ich<br />
kann nicht auf jed<strong>en</strong> eingeh<strong>en</strong> und kriege dann auch nicht so mit, wie weit der<br />
Einzelne schon ist, was er handwerklich jetzt kann.« (MP4, Exp)<br />
Kategorie 2: Auswirkung<strong>en</strong> auf Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong><br />
Dass eine vierjährige Fortbildung die Kompet<strong>en</strong>z der Teilnehmerinn<strong>en</strong> beeinflusst,<br />
liegt auf der Hand. Zu frag<strong>en</strong> ist, in welch<strong>en</strong> Bereich<strong>en</strong> es Veränderung<strong>en</strong><br />
gegeb<strong>en</strong> hat. Im Wes<strong>en</strong>tlich<strong>en</strong> war<strong>en</strong> es drei:<br />
– Steigerung der fachlich<strong>en</strong> Kompet<strong>en</strong>z der Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> im<br />
Bereich <strong>Musik</strong><br />
– Steigerung des Selbstvertrau<strong>en</strong>s<br />
– Veränderung der Einstellung zur <strong>Musik</strong><br />
2.1 Steigerung der fachlich<strong>en</strong> Kompet<strong>en</strong>z<br />
Die Steigerung ihrer fachlich<strong>en</strong> Kompet<strong>en</strong>z wurde von all<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> als<br />
erste Auswirkung der Fortbildung g<strong>en</strong>annt. Diese Einschätzung fand sich bereits<br />
zum erst<strong>en</strong> Messzeitpunkt (also ca. ein Jahr nach Beginn der Fortbildung) und<br />
hielt sich kontinuierlich bis zum Ende:<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
Steigerung fachlicher ++<br />
Kompet<strong>en</strong>z<br />
++ ++ ++ ++ ++<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 41<br />
MP6<br />
(2003/5)
Die Teilnehmerinn<strong>en</strong> stellt<strong>en</strong> für d<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>unterricht fest: »Ich werde immer<br />
mehr zum Expert<strong>en</strong>.« (MP3, L) Dabei gilt diese Zunahme an Fachkompet<strong>en</strong>z in<br />
besonderem Maß für Erzieherinn<strong>en</strong> und Lehrerinn<strong>en</strong>, die im Rahm<strong>en</strong> ihrer Ausbildung<br />
bzw. ihres Studiums keine spezifische Ausbildung in <strong>Musik</strong> erhalt<strong>en</strong> hab<strong>en</strong>:<br />
»Ich halte das Projekt insofern für erfolgreich, dass es meine eig<strong>en</strong>e Kompet<strong>en</strong>z<br />
gesteigert hat. Ich habe grundleg<strong>en</strong>de Fähigkeit<strong>en</strong> erworb<strong>en</strong>, die ich vorher<br />
durch meine Erzieherinn<strong>en</strong>ausbildung nicht hatte.« (MP4, E) Ein<strong>en</strong> Gewinn für<br />
die pädagogische Praxis konstatiert<strong>en</strong> aber auch die Fortbildungsteilnehmerinn<strong>en</strong>,<br />
die ein <strong>Musik</strong>studium absolviert hab<strong>en</strong>: »Ich habe <strong>Musik</strong> studiert und eine M<strong>en</strong>ge<br />
an Ide<strong>en</strong> aus der Studi<strong>en</strong>zeit und Refer<strong>en</strong>darzeit gehabt, wo wir auch viele praktische<br />
Sach<strong>en</strong> geübt hab<strong>en</strong>, aber mein Repertoire, was z. B. Orff-Begleitung zu<br />
Liedern angeht, das hat sich durch die Teilnahme an diesem Projekt erweitert.«<br />
(MP5, L) Im Einzeln<strong>en</strong> betrifft die Zunahme an Kompet<strong>en</strong>z folg<strong>en</strong>de Bereiche:<br />
– Grundlag<strong>en</strong> von <strong>Musik</strong><br />
– Sicherheit im Umgang mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />
– Stimmbildung<br />
– Erweiterung des Liedrepertoires<br />
– Erweiterung der musikpädagogisch<strong>en</strong> Kompet<strong>en</strong>z<br />
– Steigerung des Selbstvertrau<strong>en</strong>s<br />
– Veränderung der Einstellung zu <strong>Musik</strong><br />
2.1.1 Grundlag<strong>en</strong> von <strong>Musik</strong><br />
Üblicherweise wird man das Schwergewicht einer Lehrer- und Erzieherfortbildung<br />
im Bereich Didaktik und Methodik erwart<strong>en</strong>: Wie baue ich eine Unterrichtsstunde<br />
oder eine Einheit im Kindergart<strong>en</strong> auf. Im Vergleich dazu legt jedoch der<br />
Modellversuch beträchtlich größeres Gewicht auf die Vermittlung von Grundlag<strong>en</strong>;<br />
Harmonielehre, die Erarbeitung der Struktur<strong>en</strong> von klassischer <strong>Musik</strong> usw.<br />
nehm<strong>en</strong> beträchtlich<strong>en</strong> Raum ein. Dass dies aus Sicht der beteiligt<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong><br />
und Erzieherinn<strong>en</strong> eine Stärke ist, wird in d<strong>en</strong> Interviews deutlich: Sie seh<strong>en</strong> sich<br />
zunehm<strong>en</strong>d als Expert<strong>en</strong>, die <strong>Musik</strong> und damit auch die strukturell<strong>en</strong> Grundlag<strong>en</strong><br />
von <strong>Musik</strong> besser versteh<strong>en</strong>:<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 42
»Dann habe ich das Transponier<strong>en</strong> gelernt, w<strong>en</strong>n Lieder zu tief angesetzt sind<br />
z. B., diese höher anzusetz<strong>en</strong>, teilweise kann ich das sogar schon im Kopf, mein<br />
Gehör hat sich da <strong>en</strong>twickelt.« (MP6, E)<br />
»Mich hab<strong>en</strong> Bereiche der <strong>Musik</strong> erreicht, die mich sonst ein Leb<strong>en</strong> lang wahrscheinlich<br />
nie erreicht hätt<strong>en</strong>, die ich auch nie im Unterricht eingesetzt hätte, wie<br />
zum Beispiel einige klassische Sach<strong>en</strong> ...« (MP3, L)<br />
»Ich bin besser in der Lage, Stücke, die wir erarbeit<strong>en</strong> woll<strong>en</strong>, strukturell auch<br />
noch anders durchschau<strong>en</strong> zu könn<strong>en</strong> und zu seh<strong>en</strong>, welche Teile gibt es d<strong>en</strong>n da,<br />
gibt es bestimmte Motive, die die Kinder sicherlich heraushör<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>.« (MP6,<br />
L)<br />
Die Vermittlung von Grundlag<strong>en</strong> z. B. im Bereich der Harmonielehre – immer im<br />
Zusamm<strong>en</strong>hang mit der Frage nach der didaktisch<strong>en</strong> Umsetzung – eröffnet d<strong>en</strong><br />
Teilnehmerinn<strong>en</strong> ein<strong>en</strong> neu<strong>en</strong> Zugang zu <strong>Musik</strong>. Auf der Basis dieser neu<strong>en</strong> (theoretisch<strong>en</strong>)<br />
Grundlag<strong>en</strong> und ihres erweitert<strong>en</strong> Verständnisses von <strong>Musik</strong> sowie<br />
ihrer ohnehin vorhand<strong>en</strong><strong>en</strong> didaktisch<strong>en</strong> und methodisch<strong>en</strong> Fähigkeit<strong>en</strong> wurd<strong>en</strong><br />
sie in die Lage versetzt, dieses Verständnis an die Kinder weiterzugeb<strong>en</strong>.<br />
2.1.2 Sicherheit im Umgang mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />
Alle Teilnehmerinn<strong>en</strong> der Fortbildung bestätigt<strong>en</strong>, dass sie im Umgang mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />
sicherer geword<strong>en</strong> sind:<br />
»Ich habe große Hemmung<strong>en</strong> gehabt, mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> zu arbeit<strong>en</strong>. Seit der Fortbildung<br />
habe ich einfach Instrum<strong>en</strong>te runtergeholt, in d<strong>en</strong> Kreis gelegt, da konnt<strong>en</strong><br />
die Kinder ausprobier<strong>en</strong>, was kann ich damit mach<strong>en</strong>, welche Geräusche geb<strong>en</strong><br />
die eig<strong>en</strong>tlich von sich.« (MP1, E)<br />
»Ich habe bislang noch nie die Möglichkeit gehabt, Lieder, die ich im Unterricht<br />
einsetze, mit einem Instrum<strong>en</strong>t zu spiel<strong>en</strong>, die Möglichkeit habe ich jetzt.« (MP2,<br />
L)<br />
»Ich nehme mit, dass ich in der Lage bin, einfache Lieder auf der Gitarre oder auf<br />
dem Keybord oder dem Xylophon nachzuspiel<strong>en</strong>.« (MP6, E)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 43
2.1.3 Stimmbildung<br />
Im Bereich Stimmbildung sah<strong>en</strong> alle Teilnehmerinn<strong>en</strong> ein<strong>en</strong> deutlich<strong>en</strong> Indikator<br />
für ihre Kompet<strong>en</strong>zsteigerung:<br />
»Ich kann durch die Stimmbildung mit meiner Stimme schon ganz anders umgeh<strong>en</strong>,<br />
ich singe nicht mehr so tief.« (MP3, E)<br />
»Das Repertoire an Singfähigkeit<strong>en</strong> hat sich erheblich erweitert.« (MP6, L)<br />
»Ich habe gelernt, die richtige Atemtechnik zu find<strong>en</strong>, wie man Töne sauber trifft,<br />
das Einüb<strong>en</strong> von Liedern im Allgemein<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
»Ich singe jetzt anders, ich habe gelernt, anders mit d<strong>en</strong> Tön<strong>en</strong> umzugeh<strong>en</strong>, anders<br />
zu gestalt<strong>en</strong>, damit es ein<strong>en</strong> schön<strong>en</strong> Ton gibt.« (MP6, L)<br />
2.1.4 Erweiterung des Liedrepertoires<br />
»Ich hatte kein sehr großes Repertoire an Kinderliedern, jetzt k<strong>en</strong>ne ich viel mehr<br />
Lieder.« (MP2, E)<br />
»Mein Repertoire an Liedern hat sich unheimlich erweitert, und da ist auch schon<br />
etliches vorgekomm<strong>en</strong> im Unterricht, ich habe jetzt das Lied ›Der Winter ist vorüber‹<br />
mit itali<strong>en</strong>ischer Fassung eingesetzt.« (MP6, L)<br />
2.1.5 Erweiterung der musikpädagogisch<strong>en</strong> Kompet<strong>en</strong>z<br />
K<strong>en</strong>nzeichn<strong>en</strong>d für die Fortbildung war, dass die Vermittlung theoretischer<br />
Grundlag<strong>en</strong> von <strong>Musik</strong> stets mit der Frage verknüpft wurde, wie sich diese Inhalte<br />
im Unterricht oder in der Kindergart<strong>en</strong>arbeit einsetz<strong>en</strong> lass<strong>en</strong>. Das führte dazu,<br />
dass die Teilnehmerinn<strong>en</strong> in jeder Fortbildung zugleich eine Fülle von Anregung<strong>en</strong><br />
für das didaktisch-methodische Vorgeh<strong>en</strong> erhielt<strong>en</strong>:<br />
»Was man alles so mach<strong>en</strong> kann, das war mir vorher überhaupt nicht bewusst<br />
gewes<strong>en</strong>, ich hätte nie mit d<strong>en</strong> Kindern schon an Stabspiel<strong>en</strong> gearbeitet, ich hätte<br />
eher nur Lieder gesung<strong>en</strong>.« (MP1, L)<br />
»Ich habe Method<strong>en</strong> vermittelt bekomm<strong>en</strong>, wie ich die Gestaltung des <strong>Musik</strong>unterrichts<br />
mach<strong>en</strong> kann, z. B. bei dem Thema <strong>Musik</strong> mach<strong>en</strong>, eine Methode, wie<br />
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man d<strong>en</strong> Kindern d<strong>en</strong> Umgang mit d<strong>en</strong> Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> nahe bringt, zum Beispiel in<br />
Form einer Geschichte, die Geschichte mit der Handpuppe, dass man d<strong>en</strong> Kindern<br />
sagt, ihr geht erst los, w<strong>en</strong>n die Handpuppe d<strong>en</strong> Arm hebt.« (MP6, L)<br />
»Wo ich persönlich etwas mitg<strong>en</strong>omm<strong>en</strong> habe, ist im Bereich selber Instrum<strong>en</strong>te<br />
zu bau<strong>en</strong>, mit Klanggeschicht<strong>en</strong> umzugeh<strong>en</strong>, wo ich vorher sehr viel Vorbereitung<br />
für gebraucht habe, das kann ich jetzt sehr schnell mit d<strong>en</strong> Kindern mach<strong>en</strong>.«<br />
(MP6, E)<br />
»Weiter ausbau<strong>en</strong> werde ich auch die Rhythmik.« (MP6, E)<br />
»Der Bereich <strong>Musik</strong> mach<strong>en</strong> mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong>, da wusste ich bislang noch gar<br />
nicht, dieses Thema anzufass<strong>en</strong>, wie ich das am best<strong>en</strong> gestalte mit d<strong>en</strong> Kindern,<br />
da wurd<strong>en</strong> für mich sehr wichtige Unterrichtsinhalte vermittelt in dem Projekt.«<br />
(MP6, L)<br />
2.2 Steigerung des Selbstvertrau<strong>en</strong>s<br />
Mit der Steigerung der fachlich<strong>en</strong> Kompet<strong>en</strong>z wuchs auch das Selbstvertrau<strong>en</strong>:<br />
Die Teilnehmerinn<strong>en</strong> der Fortbildung traut<strong>en</strong> sich mehr zu in Bezug auf das Sing<strong>en</strong>,<br />
d<strong>en</strong> Einsatz von Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> im Unterricht; sie bearbeitet<strong>en</strong> neue Them<strong>en</strong><br />
mit d<strong>en</strong> Kindern. Auch hier sind Veränderung<strong>en</strong> seit Beginn der Fortbildung zu<br />
verzeichn<strong>en</strong>:<br />
Mehr Sicherheit im<br />
<strong>Musik</strong>unterricht bzw.<br />
der <strong>Musik</strong>erziehung<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
++ ++ ++<br />
L (6/9)<br />
E (8/11)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 45<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
++ ++ ++<br />
L (6/10)<br />
E (9/11)<br />
»Mein Selbstvertrau<strong>en</strong> ist gewaltig gewachs<strong>en</strong>, ich habe nicht mehr so viel Angst,<br />
etwas vorzusing<strong>en</strong>.« (MP1, E)<br />
»Fortbildung gibt mir sehr viel Sicherheit in meinem <strong>Musik</strong>unterricht, ich bin<br />
fachfremd, durch diese Fortbildung fühle ich mich jetzt schon viel sicherer.«<br />
(MP1, L)
»Ich gehe mit einem ganz ander<strong>en</strong> Selbstbewusstsein in d<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>raum.« (MP4,<br />
L)<br />
»Ich traue mir es jetzt zu, d<strong>en</strong> Bereich <strong>Musik</strong> mach<strong>en</strong> mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> im Unterricht<br />
umzusetz<strong>en</strong>, da fühle ich mich jetzt sicher.« (MP6, L)<br />
»Ich bin motivierter, neue Dinge umzusetz<strong>en</strong> und anzugeh<strong>en</strong>, z. B. Klanggeschicht<strong>en</strong>,<br />
neue Tänze mit d<strong>en</strong> Kindern auszuprobier<strong>en</strong>.« (MP6, E)<br />
2.3 Veränderung der Einstellung zur <strong>Musik</strong><br />
Steigerung der Kompet<strong>en</strong>z und größeres Selbstbewusstsein schließlich führt<strong>en</strong> zu<br />
einer verändert<strong>en</strong> Einstellung der Teilnehmerinn<strong>en</strong> geg<strong>en</strong>über der <strong>Musik</strong>: <strong>Musik</strong><br />
wird nunmehr als wichtiger Bestandteil des Leb<strong>en</strong>s und damit auch als wichtiger<br />
Bestandteil des Unterrichts bzw. der Kindergart<strong>en</strong>arbeit geseh<strong>en</strong> – eine Einstellung,<br />
die sich bereits relativ früh festigte und bis zum Ende der Fortbildung<br />
durchzog:<br />
Veränderte Einstellung<br />
zu <strong>Musik</strong><br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
++ ++ ++ ++ ++ ++<br />
»<strong>Musik</strong> hat für mich ein<strong>en</strong> ander<strong>en</strong> Stell<strong>en</strong>wert bekomm<strong>en</strong>, ich übe in meiner<br />
Freizeit viel mehr mit der Gitarre, dann klimpere ich auch oft auf dem Keyboard<br />
oder greife zur Flöte.« (MP2, L)<br />
»Ich habe für mich eine Erweiterung der Einstellung zu der musisch<strong>en</strong> Seite erfahr<strong>en</strong>,<br />
ich habe immer gerne mit Kindern gesung<strong>en</strong>, aber das ist jetzt für mich<br />
noch wichtiger geword<strong>en</strong>, dass ich konkreter schaue, welche Lieder nehme ich,<br />
mit welch<strong>en</strong> Inhalt<strong>en</strong>, was kann ich mit d<strong>en</strong> Liedern mach<strong>en</strong>.« (MP2, E)<br />
»Ich habe Spaß bekomm<strong>en</strong> am Umgang mit <strong>Musik</strong>, bei der Umsetzung im Kindergart<strong>en</strong>.«<br />
(MP3, E)<br />
»Das Projekt hat mich einfach überzeugt, wirklich was zu mach<strong>en</strong>, mehr zu tun<br />
im Bereich <strong>Musik</strong>.« (MP3, E)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 46<br />
MP6<br />
(2003/5)
»Ich habe die Erk<strong>en</strong>ntnis gewonn<strong>en</strong> durch das Projekt, dass eb<strong>en</strong> <strong>Musik</strong> eine andere<br />
Eb<strong>en</strong>e ist, die wir nicht in unserem Leb<strong>en</strong> ausschließ<strong>en</strong> soll<strong>en</strong>, und für mich<br />
ist das ganz klar, dass ich da weiter lern<strong>en</strong> möchte.« (MP5, L)<br />
»Ich glaube, dass ich durch dieses Projekt erkannt habe, dass sich meine Aufgab<strong>en</strong><br />
verändert hab<strong>en</strong>: Ich sehe als meine Aufgabe, Kindern <strong>Musik</strong> täglich erlebbar<br />
zu mach<strong>en</strong>, das erleb<strong>en</strong> die in d<strong>en</strong> erst<strong>en</strong> zwei Jahr<strong>en</strong> gar nicht als Fach, weil es<br />
auch in d<strong>en</strong> ander<strong>en</strong> Fächern eingesetzt wird.« (MP6, L)<br />
»Meine Einstellung zum <strong>Musik</strong>unterricht hat sich in der Form verändert, dass ich<br />
sag<strong>en</strong> möchte, dass für mich <strong>Musik</strong> ein Muss für jede Grundschullehrerin sein<br />
sollte.« (MP6, L)<br />
Kategorie 3: Auswirkung<strong>en</strong> auf d<strong>en</strong> Unterricht und die Kindergart<strong>en</strong>arbeit<br />
Der nächste Schritt in der Prozesskette »Implem<strong>en</strong>tierung der neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur«<br />
betrifft d<strong>en</strong> Unterricht bzw. die Kindergart<strong>en</strong>arbeit: Welche Veränderung<strong>en</strong> lass<strong>en</strong><br />
sich hier nachweis<strong>en</strong>?<br />
Schritt 1:<br />
Externe<br />
Fortbildung<br />
Schritt 2:<br />
Kompet<strong>en</strong>z/<br />
Einstellung<br />
der Lehre-<br />
rinn<strong>en</strong> und<br />
Erzieherinn<strong>en</strong><br />
Schritt 3:<br />
Unterricht/<br />
Erziehung<br />
im Kindergart<strong>en</strong><br />
Es gab Veränderung<strong>en</strong> auf zwei Eb<strong>en</strong><strong>en</strong>, die im Folg<strong>en</strong>d<strong>en</strong> aufgezeigt werd<strong>en</strong>:<br />
– Veränderung des <strong>Musik</strong>unterrichts bzw. der <strong>Musik</strong>erziehung im Kindergart<strong>en</strong><br />
– Veränderung des sonstig<strong>en</strong> Unterrichts bzw. der Kindergart<strong>en</strong>arbeit allgemein<br />
3.1 Veränderung<strong>en</strong> des <strong>Musik</strong>unterrichts bzw.<br />
der <strong>Musik</strong>erziehung im Kindergart<strong>en</strong><br />
Inhalte aus der Fortbildung wurd<strong>en</strong> relativ schnell in d<strong>en</strong> eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Unterricht bzw.<br />
in die eig<strong>en</strong>e <strong>Musik</strong>erziehung im Kindergart<strong>en</strong> übernomm<strong>en</strong>; in der zweit<strong>en</strong> Hälfte<br />
des Projekts wurd<strong>en</strong> diese Veränderung<strong>en</strong> jedoch besonders deutlich: Off<strong>en</strong>bar<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 47
dauerte es einige Zeit, bis die Teilnehmerinn<strong>en</strong> und Teilnehmer die »Prinzipi<strong>en</strong>«<br />
der neu<strong>en</strong> Konzeption verstand<strong>en</strong> hatt<strong>en</strong> und auf dieser Basis d<strong>en</strong> Unterricht<br />
grundleg<strong>en</strong>d verändert<strong>en</strong>.<br />
Veränderung<strong>en</strong> in <strong>Musik</strong>unterricht/-erziehung<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
+ + + ++ ++ ++<br />
Die erste Umsetzung der Fortbildung im eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Unterricht bzw. der eig<strong>en</strong><strong>en</strong><br />
Kindergart<strong>en</strong>arbeit bestand darin, dass Inhalte übernomm<strong>en</strong> wurd<strong>en</strong>:<br />
»Ich nehme jedes Mal nach der Fortbildung ganz viel mit in d<strong>en</strong> Kindergart<strong>en</strong>,<br />
zum Beispiel verschied<strong>en</strong>e Lieder wie heute das ori<strong>en</strong>talische Lied.« (MP5, E)<br />
»Mein <strong>Musik</strong>unterricht ist viel besser geword<strong>en</strong>: Früher war mein <strong>Musik</strong>unterricht<br />
ein <strong>Musik</strong>unterricht mit dem Kassett<strong>en</strong>rekorder, mittlerweile ist es normal,<br />
dass wir sing<strong>en</strong>, dass wir auf Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> spiel<strong>en</strong>, dass wir tanz<strong>en</strong>, also mein<br />
<strong>Musik</strong>unterricht ist ganz anders geword<strong>en</strong>, auch von der Vielfalt, was ich jetzt<br />
mach<strong>en</strong> kann.« (MP4, L)<br />
»Es sind viele Bausteine im Bereich von Liedern, von Instrum<strong>en</strong>talspiel, von Instrum<strong>en</strong>talspiel<br />
mit einer ganz<strong>en</strong> Gruppe von Kindern, mit Stabspiel<strong>en</strong>, Liedbegleitung,<br />
das ist alles dazugekomm<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
Dabei zeigt sich gerade geg<strong>en</strong> Ende der Fortbildung, dass die Lehrerinn<strong>en</strong> und<br />
Erzieherinn<strong>en</strong> jetzt über die Kompet<strong>en</strong>z verfüg<strong>en</strong>, Inhalte der Fortbildung eig<strong>en</strong>ständig<br />
umzuwandeln. Sie übernehm<strong>en</strong> nicht fertige Konzepte, sondern hab<strong>en</strong><br />
off<strong>en</strong>bar das Prinzip verstand<strong>en</strong> und könn<strong>en</strong> auf dieser Basis neue Them<strong>en</strong> bearbeit<strong>en</strong>:<br />
»Wir hab<strong>en</strong> so viele Sach<strong>en</strong> erarbeitet, dass man jetzt wirklich mal guck<strong>en</strong> muss,<br />
was bietet sich an umzusetz<strong>en</strong> und wie mache ich es.« (MP6, L)<br />
»Bei d<strong>en</strong> einzeln<strong>en</strong> Modul<strong>en</strong>, die man gemacht hat, kann man jetzt auch mal konz<strong>en</strong>trierter<br />
sag<strong>en</strong>, das schaue ich mir mal an und schaue, was könnte man mach<strong>en</strong>,<br />
was könnte pass<strong>en</strong>, dafür habe ich jetzt die Zeit, mir das g<strong>en</strong>auer anzuseh<strong>en</strong> und<br />
vielleicht ein<strong>en</strong> Schwerpunkt in ein bestimmtes Modul zu leg<strong>en</strong>.« (MP6, E)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 48<br />
MP6<br />
(2003/5)
Im Unterricht find<strong>en</strong> sich insbesondere die Bereiche wieder, in d<strong>en</strong><strong>en</strong> die Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
der Fortbildung ihre Kompet<strong>en</strong>z erweitert hab<strong>en</strong>:<br />
– Behandlung neuer Them<strong>en</strong> im Unterricht<br />
»Ich habe früher die Kinder fast nicht mit unterschiedlich<strong>en</strong> Art<strong>en</strong> von <strong>Musik</strong><br />
konfrontiert, klassische <strong>Musik</strong> eher w<strong>en</strong>iger.« (MP5, L)<br />
»Ich werde in Zukunft auch schon im dritt<strong>en</strong> Schuljahr damit beginn<strong>en</strong>, d<strong>en</strong><br />
Kindern eine Oper näher zu bring<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
»Was ich interessant finde, ist, dass man Stücke erarbeit<strong>en</strong> kann, das fand ich<br />
ganz toll, da werde ich mich auf jed<strong>en</strong> Fall richtig reinhäng<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
»Ich habe vorher noch nie irg<strong>en</strong>dein<strong>en</strong> Tanz mit d<strong>en</strong> Kindern gemacht und<br />
jetzt hab ich schon viele Tänze ausgetestet.« (MP3, E)<br />
– verstärkter Einsatz von <strong>Musik</strong>instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />
»Ich habe gelernt, Lieder zu begleit<strong>en</strong>, und das war dann auch der erste Impuls<br />
in der Arbeit mit d<strong>en</strong> Kindern, dass ich jetzt verstärkt die Gitarre einsetze.«<br />
(MP3, E)<br />
»Dieses Orff-Spiel mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong>, das war für mich immer eine Sonderveranstaltung<br />
ohne gleich<strong>en</strong>, die habe ich vielleicht einmal im Schuljahr gemacht,<br />
das setze ich jetzt viel öfter ein.« (MP3, L)<br />
»Vor der Fortbildung war<strong>en</strong> die Instrum<strong>en</strong>te hauptsächlich im Schrank, da<br />
habe ich mich nicht rangetraut, mittlerweile ist es so, dass ich sage, so jetzt<br />
stelle ich die Instrum<strong>en</strong>te dahin und die Kinder dürf<strong>en</strong> sie b<strong>en</strong>utz<strong>en</strong>.« (MP5, E)<br />
»Erreicht ist, dass wir wes<strong>en</strong>tlich mehr mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> arbeit<strong>en</strong>, dass wir<br />
selber Instrum<strong>en</strong>te bau<strong>en</strong>, dass wir bei Fest<strong>en</strong> Lieder begleit<strong>en</strong>, Tänze vorführ<strong>en</strong>.«<br />
(MP6, E)<br />
– stärkere Betonung des Sing<strong>en</strong>s<br />
»Ich mache jetzt noch mehr Sing- und Kreisspiele.« (MP2, E)<br />
»Ich setze jetzt andere Method<strong>en</strong> ein, Lieder einzuführ<strong>en</strong>, damit die Kinder ein<br />
deutliches Bild von dem bekomm<strong>en</strong>, was sie sing<strong>en</strong>, und nicht nur mehr versuch<strong>en</strong>,<br />
d<strong>en</strong> Klang der Worte nachzuahm<strong>en</strong>, sondern auch d<strong>en</strong> Inhalt der Worte<br />
zu versteh<strong>en</strong>.« (MP5, E)<br />
Eine besondere Rolle im Unterricht bzw. der Kindergart<strong>en</strong>arbeit spielt<strong>en</strong> Projekte:<br />
»Ich habe mit d<strong>en</strong> Kindern schon so manche kleine Projekte gemacht wie z. B. ein<br />
Zirkusprojekt. Da hab<strong>en</strong> wir eine Aufführung gehabt, da spielte <strong>Musik</strong> als Beglei-<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 49
tung eine Rolle, dann gab es eine Aufführung zum Latern<strong>en</strong>fest, da gab es eine<br />
Geräuschegruppe oder Theateraufführung<strong>en</strong>, wo wir dann auch eine Begleitgruppe<br />
mit Selbstbauinstrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> hatt<strong>en</strong> an bestimmt<strong>en</strong> Stell<strong>en</strong>.« (MP5, E)<br />
Das Projekt »Bilder einer Ausstellung« wurde dabei immer wieder herausgestellt:<br />
»Das Projekt ›Bilder einer Ausstellung‹ war das Highlight dieses Projektes.«<br />
(MP5, L)<br />
»Das Projekt ›Bilder einer Ausstellung‹ war ein ganz besonderer Schwerpunkt,<br />
wo lange darauf hingearbeitet wurde, das war von Bedeutung für mich und die<br />
ander<strong>en</strong> Teilnehmer.« (MP6, L)<br />
Insgesamt stellte sich heraus, dass die Teilnehmerinn<strong>en</strong> der extern<strong>en</strong> Fortbildung<br />
s<strong>en</strong>sibler und bewusster mit ihrem Unterricht verfahr<strong>en</strong>:<br />
»Für die Vorbereitung des <strong>Musik</strong>unterrichts ist mir noch wichtiger geword<strong>en</strong>, zu<br />
guck<strong>en</strong>, welche Klasse ich da vor mir habe, welche Voraussetzung<strong>en</strong> die Klass<strong>en</strong><br />
hab<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
»Die Durchführung ist zielgerichteter, dadurch, dass ich weiß, was ich will, ist<br />
mein <strong>Musik</strong>unterricht ein Stück weit auch disziplinierter.« (MP6, L)<br />
»Ich bin s<strong>en</strong>sibler geword<strong>en</strong>, ich mache mehr, ich gucke g<strong>en</strong>auer hin, was ich mache,<br />
ich wähle Lieder gezielter aus, ich setze die Gitarre ein.« (MP3, E)<br />
»Ich rede sehr viel w<strong>en</strong>iger im <strong>Musik</strong>unterricht, ich gebe d<strong>en</strong> Triangelton vor oder<br />
hebe die Hand oder zeige nur mit dem Finger, setzt euch hin, da brauche ich nicht<br />
mehr viel sag<strong>en</strong>, das hab<strong>en</strong> die voll verinnerlicht.« (MP2, L)<br />
3.2 Veränderung<strong>en</strong> des sonstig<strong>en</strong> Unterrichts bzw.<br />
der Kindergart<strong>en</strong>arbeit allgemein<br />
Diese Veränderung<strong>en</strong> im Verhalt<strong>en</strong> der Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> sind nun<br />
keineswegs nur auf d<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>unterricht beschränkt, sondern wirk<strong>en</strong> auf andere<br />
Gebiete des Unterrichts bzw. der Kindergart<strong>en</strong>arbeit. Geg<strong>en</strong> Ende des zweit<strong>en</strong><br />
Projektjahres wurde d<strong>en</strong> Beteiligt<strong>en</strong> deutlich, dass sich ihre sonstige pädagogische<br />
Arbeit verändert hat; geg<strong>en</strong> Ende des Projekts (insbesondere zu d<strong>en</strong> beid<strong>en</strong> letzt<strong>en</strong><br />
Messzeitpunkt<strong>en</strong>) wurd<strong>en</strong> diese Veränderung<strong>en</strong> off<strong>en</strong>kundig:<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 50
Veränderung<strong>en</strong> in Unterricht<br />
und Kindergart<strong>en</strong>arbeit<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
+ + + ++ ++<br />
Eine der wichtig<strong>en</strong> Veränderung<strong>en</strong> war, dass Elem<strong>en</strong>te aus dem <strong>Musik</strong>unterricht<br />
zunehm<strong>en</strong>d in andere Bereiche (Sprach- und Sachunterricht, Mathematik, Verkehrserziehung)<br />
übernomm<strong>en</strong> wurd<strong>en</strong>:<br />
»Zählübung<strong>en</strong> im Mathematikunterricht nicht nur mit dem Auge, sondern auch<br />
mit d<strong>en</strong> Ohr<strong>en</strong>, sodass man gar nicht mehr sag<strong>en</strong> kann, hier ist der <strong>Musik</strong>unterricht,<br />
hier ist der Mathematikunterricht, Sprach- oder Sachunterricht, sondern dass<br />
es doch miteinander vernetzt ist.« (MP2, L)<br />
»Wir hab<strong>en</strong> jetzt zum Beispiel das Thema Verkehr, dass man ein Lied aussucht,<br />
und für die einzeln<strong>en</strong> Verkehrsteilnehmer übernimmt immer eine bestimmte<br />
Gruppe eine bestimmte Bewegung.« (MP2, L)<br />
»Was wir schon im Sportunterricht gemacht hab<strong>en</strong>, wir stampf<strong>en</strong> nach Rhythmus<br />
oder wir beweg<strong>en</strong> uns trippelnd oder wie Pferde.« (MP2, L)<br />
»Sprache hat sehr viel mit <strong>Musik</strong> zu tun und ich setze im Sprachunterricht oft <strong>Musik</strong><br />
ein, das ist jetzt irg<strong>en</strong>dwie so ein durchgängiges Elem<strong>en</strong>t.« (MP5, L)<br />
<strong>Musik</strong> wurde hier letztlich zu einem fachübergreif<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Unterrichtsprinzip:<br />
»Mittlerweile ist es für mich selbstverständlich geword<strong>en</strong>, ich weiß gar nicht, wie<br />
es vorher ohne <strong>Musik</strong>elem<strong>en</strong>te ging, ohne Gesang, ohne rhythmische Dinge.«<br />
(MP5, L)<br />
»Es sind so die Kleinigkeit<strong>en</strong>, die sich mehr in mein<strong>en</strong> Blick dräng<strong>en</strong>, die ich eher<br />
als Möglichkeit<strong>en</strong> erk<strong>en</strong>ne, um <strong>Musik</strong> als Mittel einzusetz<strong>en</strong>, danach suche ich<br />
natürlich auch, z. B. sich gestalterisch ausdrück<strong>en</strong>, das wird z. B. durch Bewegung<br />
ausgedrückt, es gibt da eine Beschreibung der Entfaltung einer Tulp<strong>en</strong>zwiebel.«<br />
(MP6, L)<br />
»Ich setze durch das Projekt verstärkt <strong>Musik</strong> ein, um Kinder zur Ruhe zu bring<strong>en</strong>,<br />
dass sie sich sammeln.« (MP3, L)<br />
»Ich kann durch Liedinhalte Dinge vermitteln, die ich sonst im Unterricht nur<br />
durch unglaublich<strong>en</strong> Aufwand und Gerede und Diskussion vermitteln kann, z. B.<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 51<br />
MP6<br />
(2003/5)
im Umgang mit Ausländern, mit Fremd<strong>en</strong>, mit Leut<strong>en</strong>, die mir nicht geheuer sind,<br />
mit Leut<strong>en</strong>, die anders sind.« (MP6, L)<br />
Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> verändert<strong>en</strong> durch das Projekt off<strong>en</strong>bar ihre Einstellung<br />
zu Kindern grundsätzlich:<br />
»Ich habe gemerkt, dass ich die Kinder besser, leiser führe, heute mache ich viel<br />
in klein<strong>en</strong> Grupp<strong>en</strong>.« (MP2, L)<br />
»Diese ermutig<strong>en</strong>de Pädagogik, ich verhalte mich insgesamt anders, ich bin ruhiger<br />
d<strong>en</strong> Kindern geg<strong>en</strong>über und ich bemühe mich, mehr positive Sach<strong>en</strong> herauszufind<strong>en</strong>.«<br />
(MP6, L)<br />
»Das hat auch Konsequ<strong>en</strong>z<strong>en</strong> d<strong>en</strong> Kindern geg<strong>en</strong>über, dass ich versuche, die Kinder<br />
zu ermutig<strong>en</strong>, Dinge selbst zu mach<strong>en</strong>, w<strong>en</strong>n sie sag<strong>en</strong>, dass sie es nicht könn<strong>en</strong>,<br />
dass ich versuche, ihn<strong>en</strong> zu vermitteln, dass sie es wohl könn<strong>en</strong>.« (MP6, E)<br />
Kategorie 4: Veränderung<strong>en</strong> in Verhalt<strong>en</strong> und Einstellung der Kinder<br />
Der nächste Schritt in der Prozesskette betrifft Verhalt<strong>en</strong> und Einstellung der Kinder:<br />
Inwieweit beeinflusst der neue <strong>Musik</strong>unterricht das Verhalt<strong>en</strong> und die Einstellung<br />
der Kinder? Lass<strong>en</strong> sich Veränderung<strong>en</strong> in Bezug auf <strong>Musik</strong> beleg<strong>en</strong>?<br />
Gibt es darüber hinaus weitere Veränderung<strong>en</strong>?<br />
4.1 Verhalt<strong>en</strong> der Kinder geg<strong>en</strong>über der <strong>Musik</strong><br />
In diesem Bereich lass<strong>en</strong> sich Indikator<strong>en</strong> am eindeutigst<strong>en</strong> festhalt<strong>en</strong>:<br />
– Wie viele Kinder im Vergleich zu ander<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong> oder Grupp<strong>en</strong> spiel<strong>en</strong> ein<br />
<strong>Musik</strong>instrum<strong>en</strong>t?<br />
– Wie viele Kinder k<strong>en</strong>n<strong>en</strong> Not<strong>en</strong>?<br />
– In welchem Maß könn<strong>en</strong> Kinder d<strong>en</strong> Rhythmus halt<strong>en</strong>?<br />
– Inwieweit sing<strong>en</strong> Kinder spontan?<br />
Als z<strong>en</strong>traler und leicht zu erfass<strong>en</strong>der Indikator wurde in d<strong>en</strong> beteiligt<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong><br />
nach der Zahl der Kinder gefragt, die ein <strong>Musik</strong>instrum<strong>en</strong>t spiel<strong>en</strong>. Das zum letz-<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 52
t<strong>en</strong> Messzeitpunkt (die Kinder sind jetzt in der viert<strong>en</strong> Klasse) erhob<strong>en</strong>e Ergebnis<br />
ist eindeutig: Währ<strong>en</strong>d in vergleichbar<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong> im Durchschnitt vier bis fünf<br />
Kinder ein Instrum<strong>en</strong>t spielt<strong>en</strong>, sind es in d<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong>, die an dem Projekt beteiligt<br />
war<strong>en</strong>, im Durchschnitt zehn Kinder. Im Einzeln<strong>en</strong> ergeb<strong>en</strong> sich folg<strong>en</strong>de<br />
Werte:<br />
jetzige Klasse vergleichbare Klass<strong>en</strong><br />
23 3–4<br />
18 7–8<br />
11 7–8<br />
11 3–4<br />
10 5–6<br />
7 7<br />
6 1<br />
5 3<br />
3 0<br />
Durchschnitt: 10 Durchschnitt: 4–5<br />
Dabei gibt aus Sicht der beteiligt<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> eine bemerk<strong>en</strong>swerte Bandbreite<br />
an Instrum<strong>en</strong>te, von Blockflöte über Klavier, Geige, Oboe bis zu Posaune und<br />
Orgel:<br />
»Das Besondere ist die Vielfalt an Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong>, die die Kinder lern<strong>en</strong>. Zum Beispiel<br />
lern<strong>en</strong> in einer Klasse zwei Kinder Klavier, drei Kinder Gitarre, drei Kinder<br />
Geige, ein Kind Oboe, zwei Kinder Blockflöte. Sonst lernt<strong>en</strong> die Kinder eher<br />
Blockflöte, vereinzelt Klavier.« (MP6, L)<br />
Auch in d<strong>en</strong> Kindergärt<strong>en</strong> stellt<strong>en</strong> Erzieherinn<strong>en</strong> ein gesteigertes Interesse der<br />
Kinder am Spiel<strong>en</strong> von <strong>Musik</strong>instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> fest:<br />
»In meiner Gruppe sind mittlerweile vier Kinder, die lern<strong>en</strong> Gitarre spiel<strong>en</strong>, dann<br />
habe ich zwei Klavierspielerinn<strong>en</strong> und sechs Kinder aus meiner Gruppe sind in<br />
der musisch<strong>en</strong> Frühförderung der <strong>Musik</strong>schule.« (MP3, E)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 53
Auch d<strong>en</strong> Eltern fiel das gesteigerte Interesse ihrer Kinder an <strong>Musik</strong> auf:<br />
»Ich hätte nie gedacht, dass innerhalb eines Jahres die Kinder schon Flöte spiel<strong>en</strong><br />
könn<strong>en</strong>, sie kann die Töne schon wie ein Lied weiterspiel<strong>en</strong>, sie pustet da nicht<br />
einfach nur so rein, sondern das klappt schon ganz gut.« (MP5, EL)<br />
»Er geht jetzt auch zur <strong>Musik</strong>schule und hat mich völlig verrückt gemacht, dass er<br />
unbedingt ein Instrum<strong>en</strong>t lern<strong>en</strong> wollte.« (MP6, EL)<br />
»Sie spielt jetzt Klavier auf eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Wunsch hin.« (MP6, EL)<br />
Eine Reihe weiterer Indikator<strong>en</strong> weis<strong>en</strong> auf ein verändertes musikalisches Verhalt<strong>en</strong><br />
der Kinder hin:<br />
Mehr Kinder als in vergleichbar<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong> k<strong>en</strong>n<strong>en</strong> die Not<strong>en</strong>.<br />
Mehr Kinder<br />
k<strong>en</strong>n<strong>en</strong> Not<strong>en</strong><br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
+ ++ ++ ++ ++<br />
L (8/10)<br />
»Die Kinder, die Not<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>, sind bei mir in der Klasse bestimmt 15 Kinder.<br />
Das war in d<strong>en</strong> sonstig<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong> bis auf die Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong>kinder nie der Fall, es<br />
war<strong>en</strong> sonst in der Klasse vier oder fünf Kinder, das ist jetzt schon eine Verdreifachung.«<br />
(MP4, L)<br />
»Nur fünf von 28 Kindern könn<strong>en</strong> die C-Dur-Tonleiter noch nicht in ihrer ganz<strong>en</strong><br />
Skala.« (MP5, L)<br />
Die Kinder könn<strong>en</strong> besser d<strong>en</strong> Rhythmus halt<strong>en</strong>.<br />
Besseres<br />
Rhythmusgefühl<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 54<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
+ ++ ++ ++ ++<br />
L (6/10)<br />
E (10/11)
»Die Hälfte meiner Gruppe, wir sind 25 Kinder, kann schon d<strong>en</strong> Takt halt<strong>en</strong>.«<br />
(MP3, E)<br />
»Die Kinder hab<strong>en</strong> gelernt, d<strong>en</strong> ganz natürlich<strong>en</strong> Bewegungsdrang zu kombinier<strong>en</strong><br />
mit der musikalisch<strong>en</strong> Vorgabe, ich habe kein<strong>en</strong> in der Klasse, der da rumkugelt,<br />
w<strong>en</strong>n ich sage, bewegt euch mal und versucht, eure Bewegung abzustimm<strong>en</strong><br />
mit dem, was ihr da hört.« (MP4, L)<br />
»Die Hälfte der Kinder aus meiner Klasse könn<strong>en</strong> Rhythm<strong>en</strong> halt<strong>en</strong>, nicht alle,<br />
aber ich stelle auf jed<strong>en</strong> Fall ein<strong>en</strong> Lernzuwachs fest.« (MP6, L)<br />
»W<strong>en</strong>n ich d<strong>en</strong><strong>en</strong> Rhythm<strong>en</strong> vorspiele oder vorklatsche, könn<strong>en</strong> 20 von 25 Kindern<br />
Rhythm<strong>en</strong> umsetz<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
Das veränderte Rhythmusgefühl bemerk<strong>en</strong> auch die Eltern:<br />
»Er hat ein besseres rhythmisches Gefühl, ein besseres Gefühl für Tempi.« (MP6,<br />
EL)<br />
»Mit meiner Tochter war ich bei der schulärztlich<strong>en</strong> Untersuchung, da gibt es unter<br />
anderem ein<strong>en</strong> Test, wo das Rhythmusgefühl ausgetestet werd<strong>en</strong> soll, die<br />
Schulärztin klopfte da ein<strong>en</strong> Rhythmus vor, mit einem Bleistift hinter einem<br />
Buch, z. B. zwei lang, zwei kurz, das konnte sie dann auch nachklopf<strong>en</strong>, dann<br />
wurd<strong>en</strong> die Blöcke länger und schwieriger, da hat sie bestimmt zehnmal geklopft,<br />
da war ich schon froh, dass ich das nicht klopf<strong>en</strong> musste, aber meine Tochter hat<br />
das hingekriegt.« (MP6, EL)<br />
Kinder sing<strong>en</strong> häufiger spontan.<br />
Kinder sing<strong>en</strong><br />
häufiger spontan<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
+ ++<br />
L (6/9)<br />
E (10/11)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
++ ++ ++<br />
Diese Beobachtung teil<strong>en</strong> Erzieherinn<strong>en</strong> und Lehrerinn<strong>en</strong> mit d<strong>en</strong> Eltern:<br />
»Beim Basteln, da fang<strong>en</strong> die Kinder einfach an, mal dies oder das zu sing<strong>en</strong>, sie<br />
sind da spontaner geword<strong>en</strong> und sing<strong>en</strong> jetzt öfters.« (MP3, E)<br />
»Kinder sing<strong>en</strong> eher spontan als in normal<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong>.« (MP4, L)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 55<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
E (9/11)
»Ich vergleiche meine beid<strong>en</strong> Kinder, der eine hat daran teilg<strong>en</strong>omm<strong>en</strong>, der andere<br />
nicht, ich finde, dass mein Sohn, der daran teilnehm<strong>en</strong> kann, singt mehr, es<br />
gehört zu seinem Leb<strong>en</strong> dazu, das kann ich von dem ander<strong>en</strong> nicht sag<strong>en</strong>.« (MP4,<br />
EL)<br />
»Sie singt jetzt zu Hause öfters als früher, sie singt zu all<strong>en</strong> Geleg<strong>en</strong>heit<strong>en</strong>, zum<br />
Frühstück, in der Badewanne, beim Spiel<strong>en</strong>.« (MP5, EL)<br />
»In sämtlich<strong>en</strong> Leb<strong>en</strong>slag<strong>en</strong> singt sie, w<strong>en</strong>n sie Hausaufgab<strong>en</strong> macht, beim Spiel<strong>en</strong>,<br />
in der Badewanne, beim Spazier<strong>en</strong> geh<strong>en</strong>.« (MP6, EL)<br />
»Zu Beginn des Projektes hat er nicht gesung<strong>en</strong>, er hatte d<strong>en</strong> Mund zu, das war<br />
was für Mädch<strong>en</strong>, jetzt singt er.« (MP6, EL)<br />
4.2 Veränderte Einstellung der Kinder zur <strong>Musik</strong><br />
Hinter diesem (beobachtbar<strong>en</strong>) verändert<strong>en</strong> Verhalt<strong>en</strong> geg<strong>en</strong>über der <strong>Musik</strong> steht<br />
ein Einstellungswandel der Kinder. Zwei Faktor<strong>en</strong> werd<strong>en</strong> in d<strong>en</strong> Interviews immer<br />
wieder g<strong>en</strong>annt:<br />
− größeres Interesse der Kinder an <strong>Musik</strong><br />
− Entwicklung eines ander<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>verständnisses<br />
Größeres Interesse der Kinder an <strong>Musik</strong> wurde ab dem zweit<strong>en</strong> Jahr des Projekts<br />
von dem überwieg<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Teil der Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> konstatiert:<br />
Größeres Interesse<br />
der Kinder an <strong>Musik</strong><br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
+ ++ ++<br />
L (9/9)<br />
E (8/11)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 56<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
++ ++ ++<br />
L (9/10)<br />
E (7/11)<br />
Aus Sicht der Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> zeigt sich dieses gesteigerte Interesse<br />
besonders an der größer<strong>en</strong> Nachfrage der Kinder nach <strong>Musik</strong>:<br />
»Die Kinder fordern oftmals selber auch, mal wieder was zu sing<strong>en</strong> oder frag<strong>en</strong><br />
dann auch, was gibt es d<strong>en</strong>n dazu an Tänz<strong>en</strong> oder Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong>.« (MP3, E)
»Kinder frag<strong>en</strong> auch immer nach, könn<strong>en</strong> wir mal wieder mit d<strong>en</strong> Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong><br />
spiel<strong>en</strong>, da experim<strong>en</strong>tier<strong>en</strong> die Kinder auch sehr gerne.« (MP4, E)<br />
»Ich habe d<strong>en</strong> Kindern vor kurzem ein Lied vorgestellt, das war auf einer emotional<strong>en</strong><br />
Eb<strong>en</strong>e ... da ist ein Vogel gestorb<strong>en</strong> und es ging darum, dies<strong>en</strong> Abschied zu<br />
verarbeit<strong>en</strong>, die Trauer zuzulass<strong>en</strong>. Ich wollte das nur mit d<strong>en</strong> Kindern sing<strong>en</strong>,<br />
aber die wollt<strong>en</strong> auch sofort begleit<strong>en</strong>, sie wollt<strong>en</strong> dann lange Not<strong>en</strong> spiel<strong>en</strong>,<br />
Klänge lieg<strong>en</strong> lass<strong>en</strong>.« (MP5, L)<br />
»Früher hab<strong>en</strong> sich die Kinder eher mit einfach<strong>en</strong> Sach<strong>en</strong> begnügt, heute möcht<strong>en</strong><br />
sie schon differ<strong>en</strong>ziertere Begleitung, da komm<strong>en</strong> dann so Äußerung<strong>en</strong> wie, die<br />
spiel<strong>en</strong> ja alle das Gleiche, da müss<strong>en</strong> die Hölzer doch was anderes spiel<strong>en</strong> und<br />
auch die Trommeln.« (MP5, L)<br />
Aus Sicht der Eltern äußert sich das gesteigerte Interesse der Kinder an <strong>Musik</strong> in<br />
dem Wunsch, ein Instrum<strong>en</strong>t zu lern<strong>en</strong> und an dem spontan<strong>en</strong> Sing<strong>en</strong>:<br />
»Ich finde es <strong>en</strong>orm, wie sich mein Sohn in der Zeit <strong>en</strong>twickelt hat, das ist spitze,<br />
dass er sagt, ich möchte jetzt ein Instrum<strong>en</strong>t lern<strong>en</strong>, jetzt singt er.« (MP6, EL)<br />
Noch <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>der dürfte jedoch sein, dass die Kinder mit der Zeit ein anderes<br />
Verständnis für <strong>Musik</strong> <strong>en</strong>twickeln und <strong>Musik</strong> bewusster hör<strong>en</strong>. In d<strong>en</strong> Interviews<br />
war diese Entwicklung nicht von Anfang an vorhand<strong>en</strong>, wohl aber seit Mitte des<br />
Projekts, und sie hat sich geg<strong>en</strong> Ende, im dritt<strong>en</strong> und viert<strong>en</strong> Jahr, nachweislich<br />
verstärkt:<br />
Kinder <strong>en</strong>twickeln ein anderes<br />
Verständnis für <strong>Musik</strong>, hör<strong>en</strong><br />
<strong>Musik</strong> bewusster<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
+ + ++ ++<br />
»Die Kinder merk<strong>en</strong>, in der <strong>Musik</strong> steckt irg<strong>en</strong>detwas drin, das hab<strong>en</strong> die schon<br />
gelernt, w<strong>en</strong>n ich jetzt d<strong>en</strong> Elefant<strong>en</strong> höre aus dem Karneval der Tiere, da merk<strong>en</strong><br />
die Kinder, da kommt was Großes heraus, was Schweres, die Kinder merk<strong>en</strong> jetzt<br />
an der <strong>Musik</strong>, dass es was Schweres ist, keiner hat gesagt, dass es ein Känguru ist<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 57<br />
MP6<br />
(2003/5)
oder eine Ameise und warum nicht, weil die <strong>Musik</strong> halt so tief ist oder weil es so<br />
dunkel klingt.« (MP3, L)<br />
»Früher war Hör<strong>en</strong> von <strong>Musik</strong> etwas, was neb<strong>en</strong>bei passierte, heute hör<strong>en</strong> sie<br />
wirklich hin, sie hab<strong>en</strong> gelernt, <strong>Musik</strong> mit Sinn zu verbind<strong>en</strong>.« (MP5, L)<br />
»Die Kinder nehm<strong>en</strong> die Lieder mehr so auf und bring<strong>en</strong> es auch anders rüber,<br />
dass man merkt, dass sie d<strong>en</strong> Text verstand<strong>en</strong> hab<strong>en</strong> oder auch ein<strong>en</strong> Bezug zum<br />
Lied hab<strong>en</strong>.« (MP5, E)<br />
Auch Eltern nehm<strong>en</strong> dieses veränderte Verständnis für <strong>Musik</strong> wahr:<br />
»Was ich ganz toll finde, dass, w<strong>en</strong>n sie Lieder singt, sie singt die Lieder nicht nur<br />
runter, sondern sie macht diese Mimik mit, sie spricht beim Sing<strong>en</strong> mit d<strong>en</strong> Händ<strong>en</strong>,<br />
w<strong>en</strong>n es z. B. um die Sonne geht, dann zeigt sie mit d<strong>en</strong> Händ<strong>en</strong> nach ob<strong>en</strong><br />
oder w<strong>en</strong>n die Blum<strong>en</strong> sprieß<strong>en</strong>, dann bückt sie sich.« (MP5, EL)<br />
»Was ich beobachtet habe in dieser Zeit ist, dass mein Sohn die Lieder nicht mehr<br />
so auf sich einrieseln lässt, sondern mehr wie beim Buch les<strong>en</strong>, da Fantasie mit<br />
aufbringt, die Fantasie erk<strong>en</strong>nt man daran, dass er <strong>Musik</strong>stücke versucht zu interpretier<strong>en</strong>.«<br />
(MP6, EL)<br />
»Mein Sohn versteht <strong>Musik</strong> nicht mehr als ein Konserv<strong>en</strong>produkt aus dem Radio,<br />
sondern er hört hin, er versucht zu hör<strong>en</strong>, was da ist.« (MP6, EL)<br />
4.3 Entwicklung der kognitiv<strong>en</strong> Fähigkeit<strong>en</strong> der Kinder<br />
Das Projekt »Förderung der <strong>Musik</strong>kultur bei Kindern« zielte zunächst darauf ab,<br />
die Einstellung der Kinder zu <strong>Musik</strong> zu verändern. Diese Veränderung wirkt sich<br />
jedoch auch auf das sonstige Verhalt<strong>en</strong> der Kinder aus, insbesondere in d<strong>en</strong> Bereich<strong>en</strong><br />
kognitive Fähigkeit<strong>en</strong> und Sozialkompet<strong>en</strong>z.<br />
Seit dem Ende des erst<strong>en</strong> Jahres, verstärkt aber in der zweit<strong>en</strong> Hälfte des Projekts,<br />
nehm<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> ein deutliches Ansteig<strong>en</strong> der Fähigkeit<br />
des Zuhör<strong>en</strong>s bei d<strong>en</strong> Kindern wahr. Und das nicht nur im <strong>Musik</strong>unterricht,<br />
sondern auch in ander<strong>en</strong> Fächern.<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 58
Kinder hör<strong>en</strong> einander<br />
besser zu<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
+ + + ++ ++ ++<br />
Die Tatsache, dass Kinder gelernt hab<strong>en</strong> hinzuhör<strong>en</strong>, wirkt sich auf d<strong>en</strong> gesamt<strong>en</strong><br />
Unterricht aus:<br />
»Die Kinder lern<strong>en</strong> in dies<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>stund<strong>en</strong> ein Zuhör<strong>en</strong>, was sie hinübernehm<strong>en</strong><br />
in d<strong>en</strong> ander<strong>en</strong> Unterricht.« (MP1, L)<br />
Geg<strong>en</strong> Ende des Projekts find<strong>en</strong> sich auch bei Eltern zunehm<strong>en</strong>d Äußerung<strong>en</strong>, die<br />
auf eine Förderung des Zuhör<strong>en</strong>s durch das Projekt hindeut<strong>en</strong>:<br />
»Sie kann unheimlich gut zuhör<strong>en</strong> und aufpass<strong>en</strong> und sich auf einzelne Person<strong>en</strong><br />
auch gut konz<strong>en</strong>trier<strong>en</strong>, das habe ich schon beobachtet an ihr, w<strong>en</strong>n die hier im<br />
Kreis sitz<strong>en</strong> und die Erzieherin erzählt was, da hört sie gut zu.« (MP5, EL)<br />
»Er konnte mit fünf Jahr<strong>en</strong> noch nicht richtig sprech<strong>en</strong>, er war nicht in der Lage<br />
zu hör<strong>en</strong> im Sinne von zuhör<strong>en</strong>, durch d<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>unterricht hat sich das geändert,<br />
er kann jetzt gut zuhör<strong>en</strong> und g<strong>en</strong>au wiedergeb<strong>en</strong>, was er gehört hat.« (MP6, EL)<br />
Zuhör<strong>en</strong> könn<strong>en</strong> ist ein <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>der Faktor für Konz<strong>en</strong>trationsfähigkeit. Eine<br />
deutlich höhere Konz<strong>en</strong>trationsfähigkeit wird bei einem groß<strong>en</strong> Teil, w<strong>en</strong>n auch<br />
nicht bei all<strong>en</strong> Kindern sowohl von d<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> als auch<br />
von d<strong>en</strong> Eltern bestätigt:<br />
Kinder könn<strong>en</strong> sich über<br />
ein<strong>en</strong> länger<strong>en</strong> Zeitraum<br />
konz<strong>en</strong>trier<strong>en</strong><br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
+ ++<br />
L (7/9)<br />
E (8/11)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 59<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
++ ++ ++<br />
L (7/10)<br />
E (10/11)<br />
»Die Klasse ist unheimlich konz<strong>en</strong>triert und hat ein hohes Maß an Disziplin, dafür<br />
finde ich keine Erklärung als die, das kommt vom <strong>Musik</strong>unterricht her.« (MP5, L)
»Sie kann das Geles<strong>en</strong>e, zum Beispiel bei Matheaufgab<strong>en</strong>, w<strong>en</strong>n sie das liest, versteht<br />
sie das unheimlich schnell, kann die sofort umsetz<strong>en</strong>, das Schriftliche im<br />
Kopf sofort umd<strong>en</strong>k<strong>en</strong>, diese Textaufgab<strong>en</strong>, vorher musste sie das ein paar Mal<br />
les<strong>en</strong>, jetzt liest sie sich das einmal durch und weiß dann auch, um was es geht,<br />
diese Konz<strong>en</strong>tration ist anders geword<strong>en</strong>.« (MP6, EL)<br />
»Er ist konz<strong>en</strong>trierter geword<strong>en</strong>, früher musste er ständig in Bewegung sein, mit<br />
sein<strong>en</strong> Fingern, immer, und hat eine Unterstützung erfahr<strong>en</strong>, ein Medium an die<br />
Hand bekomm<strong>en</strong> durch das rhythmische Arbeit<strong>en</strong> mit d<strong>en</strong> Händ<strong>en</strong>, mit d<strong>en</strong> Fingern,<br />
d. h. seine Bewegung<strong>en</strong> sind nicht fahrig, sondern konz<strong>en</strong>trierter geword<strong>en</strong>.«<br />
(MP6, EL)<br />
»Was mir immer auffällt, dass bei dies<strong>en</strong> musikalisch, plastisch<strong>en</strong>, künstlerisch<strong>en</strong><br />
Projekt<strong>en</strong> gerade die wild<strong>en</strong> Jungs plötzlich eine Konz<strong>en</strong>tration aufbring<strong>en</strong>, die<br />
über sich selbst hinauswachs<strong>en</strong>.« (MP6, EL)<br />
Geg<strong>en</strong> Ende des Projekts find<strong>en</strong> sich bei d<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> zunehm<strong>en</strong>d<br />
Hinweise auf ein gesteigertes Selbstbewusstsein der Kinder:<br />
Gesteigertes Selbstbewusstsein<br />
der Kinder<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
++ ++<br />
Eb<strong>en</strong> dieses wird von Eltern als Erfolg des Projekts geseh<strong>en</strong>:<br />
»Er ist sehr locker geword<strong>en</strong>, auch in der Öff<strong>en</strong>tlichkeit zu präs<strong>en</strong>tier<strong>en</strong>, und das,<br />
glaube ich, hat das Projekt unterstützt und dort viele Hemmung<strong>en</strong> abgebaut.«<br />
(MP5, EL)<br />
»Am Anfang war sie sehr schüchtern, sie erzählte nichts, sagte nichts, sie brauchte<br />
ewig lange, bis sie auftaute, da hat sie sich jetzt gemacht und ich glaube, das hat<br />
auch was damit zu tun, dass sie jetzt z. B. Flöte spielt und dadurch auch Anerk<strong>en</strong>nung<br />
und Zustimmung von d<strong>en</strong> ander<strong>en</strong> bekommt und darauf ist sie unheimlich<br />
stolz.« (MP5, EL)<br />
»Er macht bei Aufführung<strong>en</strong> mit, macht dort die Bewegung mit, obwohl er immer<br />
sehr schüchtern gewes<strong>en</strong> ist.« (MP6, EL)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 60<br />
MP6<br />
(2003/5)
4.4 Veränderung<strong>en</strong> im Sozialverhalt<strong>en</strong> der Kinder<br />
Auf sozialer Eb<strong>en</strong>e wurde ab Mitte des Projekts bei d<strong>en</strong> beteiligt<strong>en</strong> Kindern eine<br />
größere Ausgeglich<strong>en</strong>heit beobachtet:<br />
Kinder sind insgesamt<br />
ausgeglich<strong>en</strong>er<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
+ ++ ++ ++ ++<br />
»Ich finde, dass mein Sohn ausgesproch<strong>en</strong> gerne zur Schule geht und <strong>en</strong>tspannt<br />
zur Schule geht und <strong>en</strong>tspannt mittags nach Hause kommt, sehr ausgeglich<strong>en</strong> ist.«<br />
(MP5, EL)<br />
»Die Kinder sind ruhiger geword<strong>en</strong>, das Gesamtverhalt<strong>en</strong> der Gruppe ist anders,<br />
das Sozialverhalt<strong>en</strong> ist da, z. B. im Stuhlkreis, es ist ruhiger, es wird geguckt, wer<br />
gibt jetzt Angab<strong>en</strong>, was passiert jetzt.« (MP6, E)<br />
Diese höhere Ausgeglich<strong>en</strong>heit führt auf der Eb<strong>en</strong>e des Klass<strong>en</strong>verbandes zu verändert<strong>en</strong><br />
Umgangsform<strong>en</strong> der Kinder miteinander: Sie hör<strong>en</strong> einander zu, nehm<strong>en</strong><br />
mehr Rücksicht aufeinander, <strong>en</strong>twickeln ein höheres Gemeinschaftsgefühl; die<br />
Kinder schaff<strong>en</strong> sich Regeln, unterstütz<strong>en</strong> sich, es wird w<strong>en</strong>iger Aggressivität<br />
festgestellt:<br />
»Ein Stück Sozialverhalt<strong>en</strong> nehm<strong>en</strong> die Kinder mit aus dem <strong>Musik</strong>unterricht hinaus:<br />
Umgang mit ander<strong>en</strong> Kindern, Respekt vor dem ander<strong>en</strong>. Damit geht einher,<br />
dass Streitigkeit<strong>en</strong> nicht mehr handgreiflich ausgetrag<strong>en</strong> werd<strong>en</strong>, sie versuch<strong>en</strong><br />
dann eher miteinander zu red<strong>en</strong>.« (MP2, L)<br />
»Allgemeine Fertigkeit<strong>en</strong> nehm<strong>en</strong> sie mit aus diesem <strong>Musik</strong>unterricht wie das<br />
aufeinander Eingeh<strong>en</strong>, das auf ein<strong>en</strong> Rücksicht nehm<strong>en</strong>.« (MP3, L)<br />
»Es ist jetzt gut möglich, im Klass<strong>en</strong>verband zu arbeit<strong>en</strong> ... dass wirklich nur einer<br />
spricht und die ander<strong>en</strong> hör<strong>en</strong> zu ... da muss ich jetzt nicht mehr auf die Gesprächsregeln<br />
hinweis<strong>en</strong>, das hat sich verselbstständigt.« (MP5, L)<br />
Dabei lass<strong>en</strong> sich solche Veränderung<strong>en</strong> auch erst in der zweit<strong>en</strong> Hälfte des Projekts<br />
deutlich feststell<strong>en</strong>:<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 61<br />
MP6<br />
(2003/5)
Kinder <strong>en</strong>twickeln<br />
mehr Gemeinschaftsgefühl<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
+ ++<br />
L (7/9)<br />
E (10/11)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 62<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
++ ++ ++<br />
L (7/10)<br />
E (10/11)<br />
Geg<strong>en</strong> Ende des Projekts wurde dieses veränderte Sozialverhalt<strong>en</strong> auch von d<strong>en</strong><br />
Eltern hervorgehob<strong>en</strong>:<br />
»Das Gemeinschaftliche, das aufeinander Zugeh<strong>en</strong>, das ist in dieser Klasse sehr<br />
stark.« (MP6, EL)<br />
Ein Bereich, der sich erst im Verlauf des Projekts als zunehm<strong>en</strong>d bedeutsam herausstellte,<br />
ist die Integration ausländischer Kinder, die off<strong>en</strong>bar durch <strong>Musik</strong> in<br />
viel<strong>en</strong> Fäll<strong>en</strong> besser möglich ist als auf sprachlicher Eb<strong>en</strong>e:<br />
<strong>Musik</strong> fördert die Integration<br />
ausländischer Kinder<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
+ + + + ++<br />
Beeindruck<strong>en</strong>d sind die Beispiele, die einzelne Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> in<br />
diesem Zusamm<strong>en</strong>hang aufführ<strong>en</strong>:<br />
»Wir hatt<strong>en</strong> im letzt<strong>en</strong> Jahr ein Kind aus dem Kosovo bekomm<strong>en</strong>, was unter dies<strong>en</strong><br />
Kriegseinflüss<strong>en</strong> furchtbar gelitt<strong>en</strong> hat und sehr verschreckt war, und da hatte<br />
ich eb<strong>en</strong> auch gemerkt, wie dieses Kind durch Lieder und auch durch Bewegung<br />
immer lockerer wurde.« (MP2, E)<br />
»Ich hatte ein<strong>en</strong> russisch<strong>en</strong> Jung<strong>en</strong>, der war eher zurückhalt<strong>en</strong>d, eher w<strong>en</strong>ig motiviert,<br />
w<strong>en</strong>ig leistungsbereit, hatte nur Fußball im Kopf, durch <strong>Musik</strong> hör<strong>en</strong>, d<strong>en</strong>ke<br />
ich, hat er gelernt, sich zu besinn<strong>en</strong>, sich auf Lern<strong>en</strong> einzulass<strong>en</strong>, zu versprachlich<strong>en</strong>,<br />
sag<strong>en</strong>, was er empfindet. Er ist jetzt eher bereit, etwas zu sag<strong>en</strong>. Er hat jetzt<br />
eine größere Erzählbereitschaft, was sich auch in d<strong>en</strong> ander<strong>en</strong> Fächern bemerkbar<br />
macht.« (MP6, L)<br />
MP6<br />
(2003/5)
»<strong>Musik</strong> fördert das Multikulturelle und verbindet. Ich hatte z. B. ein portugiesisches<br />
Kind und ein türkisches Kind in meiner Klasse. Die hab<strong>en</strong> ihre eig<strong>en</strong>e <strong>Musik</strong><br />
und ihre eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Lieder aus ihrem Land auf CD mitgebracht und der türkische<br />
Junge hat uns dazu die Tänze vorgeführt und erklärt, wie man sich dazu bewegt.<br />
Dann wollte die ganze Klasse die Tänze lern<strong>en</strong> und die <strong>Musik</strong> k<strong>en</strong>n<strong>en</strong> lern<strong>en</strong>.«<br />
(MP6, L)<br />
Förderung der Konz<strong>en</strong>trationsfähigkeit, Förderung des Sozialverhalt<strong>en</strong>s und insbesondere<br />
auch Integration ausländischer Kinder sind Ziele, die gerade in der geg<strong>en</strong>wärtig<strong>en</strong><br />
Diskussion um Erziehung im Mittelpunkt steh<strong>en</strong>. Dabei bleibt die<br />
Wirkung direkter Trainingsprogramme nicht selt<strong>en</strong> hinter d<strong>en</strong> Erwartung<strong>en</strong> zurück.<br />
Die Dat<strong>en</strong> des Projekts deut<strong>en</strong> darauf hin, dass <strong>Musik</strong> hier ein<strong>en</strong> ander<strong>en</strong><br />
und möglicherweise wes<strong>en</strong>tlich erfolgreicher<strong>en</strong> Ansatz bietet: Geg<strong>en</strong> Ende des<br />
Projekts werd<strong>en</strong> von all<strong>en</strong> Beteiligt<strong>en</strong>, d<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> eb<strong>en</strong>so<br />
wie d<strong>en</strong> Eltern, die gesteigerte Konz<strong>en</strong>trationsfähigkeit und das veränderte Sozialverhalt<strong>en</strong><br />
der Kinder betont. Dabei scheint der Vorteil der <strong>Musik</strong> geg<strong>en</strong>über<br />
direkt<strong>en</strong> Trainingsprogramm<strong>en</strong> darin zu lieg<strong>en</strong>, dass hier ein anderer Weg auf der<br />
Basis eines ander<strong>en</strong> Mediums eingeschlag<strong>en</strong> wird. Ausgangspunkt scheint zu sein,<br />
dass <strong>Musik</strong>förderung dazu anregt, g<strong>en</strong>auer und s<strong>en</strong>sibler zu hör<strong>en</strong> – eine Fähigkeit,<br />
die ein<strong>en</strong> <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Faktor für Konz<strong>en</strong>trationsfähigkeit darstellt.<br />
Auf der Eb<strong>en</strong>e des Sozialverhalt<strong>en</strong>s scheint es zum ein<strong>en</strong> die größere Ausgeglich<strong>en</strong>heit<br />
musizier<strong>en</strong>der Kinder zu sein, die d<strong>en</strong> Ansatz zu w<strong>en</strong>iger Aggression<br />
und mehr Miteinander bietet. Auf der ander<strong>en</strong> Seite ist <strong>Musik</strong>, wie sie hier betrieb<strong>en</strong><br />
wird, keine monologische, sondern eine gemeinsame Tätigkeit, die damit von<br />
selbst das Miteinander fördert. Was die Integration ausländischer Kinder betrifft,<br />
so ist hier zu bed<strong>en</strong>k<strong>en</strong>, dass verbale Kommunikation mit ausländisch<strong>en</strong> Kindern<br />
immer Kommunikation unter Ungleich<strong>en</strong> (unter solch<strong>en</strong>, die eine Sprache sprech<strong>en</strong><br />
und solch<strong>en</strong>, die es nicht tun) ist. Kommunikation miteinander durch <strong>Musik</strong><br />
ist Kommunikation auf einer gleich<strong>en</strong>, unmittelbar<strong>en</strong> Eb<strong>en</strong>e: <strong>Musik</strong> ist unmittelbar<br />
verständlich, rührt unmittelbar an, gibt jedem die Möglichkeit, sein Selbstwertgefühl<br />
zu <strong>en</strong>twickeln. Zwei Lehrerinn<strong>en</strong> drück<strong>en</strong> dies zusamm<strong>en</strong>fass<strong>en</strong>d als<br />
Ergebnis ihrer Arbeit im Projekt wie folgt aus:<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 63
»<strong>Musik</strong> fördert die Integration ausländischer Kinder, da <strong>Musik</strong> eine Eb<strong>en</strong>e ist, die<br />
ohne Sprache auskommt, sondern über Musizier<strong>en</strong>, Tanz<strong>en</strong>, Bewegung, Rhythmus<br />
geht.« (MP6, L)<br />
»<strong>Musik</strong> fördert das Selbstvertrau<strong>en</strong> und Selbstbewusstsein gerade auch der ausländisch<strong>en</strong><br />
Kinder. Sie gelang<strong>en</strong> zu einem Selbstbewusstsein dadurch, dass sie<br />
Anerk<strong>en</strong>nung durch die ander<strong>en</strong> erlang<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
Kategorie 5: Implem<strong>en</strong>tierung des neu<strong>en</strong> Konzepts in d<strong>en</strong><br />
Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong><br />
Zielsetzung des Projekts war es, das neue Verständnis von <strong>Musik</strong> nicht nur bei<br />
d<strong>en</strong> an der extern<strong>en</strong> Fortbildung beteiligt<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> sowie<br />
d<strong>en</strong> Kindern der jeweilig<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong> und Kindergart<strong>en</strong>grupp<strong>en</strong> zu etablier<strong>en</strong>, sondern<br />
darüber hinaus in d<strong>en</strong> jeweilig<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong> insgesamt. Als<br />
eines der wichtigst<strong>en</strong> Instrum<strong>en</strong>te dafür war eine interne Fortbildung angedacht,<br />
bei der die Teilnehmerinn<strong>en</strong> der extern<strong>en</strong> Fortbildung ihr Wiss<strong>en</strong> und ihre Erfahrung<br />
an die übrig<strong>en</strong> Kolleg<strong>en</strong> weitergeb<strong>en</strong> sollt<strong>en</strong>.<br />
Die interne Fortbildung rückt im zweit<strong>en</strong> und zu Beginn des dritt<strong>en</strong> Jahres in<br />
d<strong>en</strong> Vordergrund: Es werd<strong>en</strong> hier verstärkt interne Fortbildung<strong>en</strong> durchgeführt<br />
und Erfahrung<strong>en</strong> weitergegeb<strong>en</strong>:<br />
»Ich trage fast alles weiter ins Kollegium, was ich hier lerne, und es geht nur, dass<br />
man wirklich gemeinsam mit d<strong>en</strong> Kolleg<strong>en</strong> das ausprobiert, was ansteht, dass sie<br />
es selber unmittelbar auch erfahr<strong>en</strong>.« (MP3, E)<br />
»Wir hab<strong>en</strong> eine große schulinterne Fortbildung gemacht, das war Ende des erst<strong>en</strong><br />
Schuljahres auch noch mal als Initialzündung an das Kollegium, zu hoff<strong>en</strong>, dass<br />
man so auch noch mal die Begeisterung für das Projekt weck<strong>en</strong> zu könn<strong>en</strong>, auch<br />
eine positive Neugier weck<strong>en</strong> zu könn<strong>en</strong> ... wir hab<strong>en</strong> uns danach noch drei Mal<br />
nach d<strong>en</strong> Konfer<strong>en</strong>z<strong>en</strong> für eine halbe Stunde zusamm<strong>en</strong>gesetzt und dann noch<br />
einmal exemplarisch einige Sach<strong>en</strong> gemacht.« (MP3, L)<br />
»Ich mache die Weitergabe im Alltäglich<strong>en</strong>, im Praktisch<strong>en</strong>, d<strong>en</strong>n das ist auch<br />
das, was sich setzt, was man in der Praxis umsetz<strong>en</strong> kann.« (MP4, E)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 64
Im letzt<strong>en</strong> Drittel des Modellversuchs schi<strong>en</strong> die Umsetzung der intern<strong>en</strong> Fortbildung<br />
wieder etwas abzuflach<strong>en</strong>. Sie wurde nur noch teilweise regelmäßig durchgeführt<br />
und nur an einzeln<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> ist davon die Rede gewes<strong>en</strong>, die interne<br />
Fortbildung nach Abschluss des Projekts weiterzuführ<strong>en</strong>:<br />
»Ich kann mir vorstell<strong>en</strong>, dass wir die interne Fortbildung beibehalt<strong>en</strong>, als interne<br />
Fortbildung im Bereich <strong>Musik</strong>.« (MP6, L)<br />
Insgesamt ergibt sich somit ein wechselhaftes Bild:<br />
Durchführung von intern<strong>en</strong><br />
Fortbildung<strong>en</strong> im Fach <strong>Musik</strong><br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
++ ++<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
++ + +<br />
Gründe, dass die interne Fortbildung nicht in erwartetem Umfang gegriff<strong>en</strong> hat,<br />
lieg<strong>en</strong> auf verschied<strong>en</strong><strong>en</strong> Eb<strong>en</strong><strong>en</strong>:<br />
– In viel<strong>en</strong> Fäll<strong>en</strong> fehlte eine organisierte regelmäßige Fortbildung zum Thema<br />
<strong>Musik</strong>. Das galt insbesondere für die Kindergärt<strong>en</strong>, wo sich die interne Fortbildung<br />
häufig auf d<strong>en</strong> informell<strong>en</strong> Austausch beschränkt hat.<br />
– Einer der <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Vorteile der extern<strong>en</strong> Fortbildung lag darin, dass d<strong>en</strong><br />
Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> die Angst vor dem <strong>Musik</strong>unterricht g<strong>en</strong>omm<strong>en</strong><br />
und ihn<strong>en</strong> Selbstvertrau<strong>en</strong> und Sicherheit im Umgang mit <strong>Musik</strong> vermittelt<br />
werd<strong>en</strong> konnt<strong>en</strong>. Das ist im Rahm<strong>en</strong> einer intern<strong>en</strong> Fortbildung nicht in diesem<br />
Maß möglich.<br />
– Schließlich fehlte off<strong>en</strong>bar auch eine explizite Konzeption für die interne<br />
Fortbildung. Die Frage, wie sich überhaupt die Prinzipi<strong>en</strong> des neu<strong>en</strong> Konzepts<br />
weitervermitteln lass<strong>en</strong>, war nicht ausdrücklich Geg<strong>en</strong>stand der bisherig<strong>en</strong><br />
(erst<strong>en</strong>) Phase des Projekts.<br />
Dies wird auch deutlich, w<strong>en</strong>n man die Akzeptanz des Projekts bei Schul- bzw.<br />
Kindergart<strong>en</strong>leitung<strong>en</strong> und in d<strong>en</strong> jeweilig<strong>en</strong> Kollegi<strong>en</strong> betrachtet: Die Einrichtungsleitung<strong>en</strong>,<br />
die stärker in das Projekt eingebund<strong>en</strong> war<strong>en</strong>, stand<strong>en</strong> ganz und<br />
gar dahinter. Hingeg<strong>en</strong> ist es nicht oder nur zum Teil gelung<strong>en</strong>, die jeweilig<strong>en</strong><br />
Kollegi<strong>en</strong> für das Projekt zu begeistern.<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 65<br />
MP6<br />
(2003/5)
Ab dem zweit<strong>en</strong> Messzeitpunkt wird die hohe Akzeptanz des Projekts bei<br />
Schul- und Kindergart<strong>en</strong>leitung deutlich:<br />
Akzeptanz des Projekts bei<br />
der Schul- bzw. Kindergart<strong>en</strong>leitung<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
+ ++ ++<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 66<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
++ ++ ++<br />
L (8/10)<br />
E (10/11)<br />
»Ich als Kindergart<strong>en</strong>leitung stehe da voll hinter.« (MP2, E)<br />
»Ich stehe voll und ganz zu 100 Proz<strong>en</strong>t hinter diesem Projekt, auch weil ich so<br />
viele Defizite geseh<strong>en</strong> habe in der Schule, Liederk<strong>en</strong>ntnisse, das ist ja eine Katastrophe.«<br />
(MP2, L)<br />
»Die Leitung ist super interessiert, fragt immer, was ist gemacht word<strong>en</strong>, kannst<br />
du wieder was vorstell<strong>en</strong>.« (MP3, E)<br />
»Die Schulleitung unterstützt uns in all<strong>en</strong> Bereich<strong>en</strong> total, setzt sich sehr ein,<br />
w<strong>en</strong>n wir irg<strong>en</strong>detwas an Material brauch<strong>en</strong>, da ist immer sofort Rückhalt da, hat<br />
also bei der Schulleitung höchste Priorität.« (MP4, L)<br />
Die Akzeptanz im Kollegium wurde anfangs eher positiv, im Laufe der Zeit aber<br />
auch durchaus skeptisch beurteilt:<br />
Akzeptanz des Projekts im<br />
Kollegium<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
+ + +/– +/– +/– ++/–<br />
L (7/10)<br />
E (10/11)<br />
»Das Kollegium ist off<strong>en</strong> für die Annahme von weiter<strong>en</strong> Information<strong>en</strong> oder an<br />
weiter<strong>en</strong> Technik<strong>en</strong>, wie man Inhalte in diesem Fach pädagogisch aufbereit<strong>en</strong><br />
kann.« (MP1, L)<br />
»Die Akzeptanz des Projektes ist bei mein<strong>en</strong> Kolleg<strong>en</strong> insgesamt gut, mittlerweile<br />
spüre ich sehr deutlich, dass die Kolleg<strong>en</strong> das wirklich sehr ernst nehm<strong>en</strong> und<br />
auch wichtig die Information<strong>en</strong>, die ich mitbringe.« (MP2, E)
»Die Akzeptanz bei uns im Team ist gespalt<strong>en</strong>, die eine Hälfte steht voll dahinter,<br />
will auch wiss<strong>en</strong>, was ich hier mache, die andere Hälfte hat kein<strong>en</strong> Drang, sich<br />
das anzuhör<strong>en</strong>, die hab<strong>en</strong> kein<strong>en</strong> Zugang zu <strong>Musik</strong> und mach<strong>en</strong> da auch nichts.«<br />
(MP3, L)<br />
»Ich würde mal sag<strong>en</strong>, so 50 Proz<strong>en</strong>t steh<strong>en</strong> hinter dem Projekt und 50 Proz<strong>en</strong>t,<br />
die sind ziemlich gleichgültig, die find<strong>en</strong> das Projekt zwar in Ordnung, aber zeig<strong>en</strong><br />
w<strong>en</strong>iger Interesse und frag<strong>en</strong> auch kaum nach.« (MP4, L)<br />
»Das Projekt ist einfach noch zu w<strong>en</strong>ig im Bewusstsein der ander<strong>en</strong> Kolleg<strong>en</strong>.«<br />
(MP4, E)<br />
»Im Mom<strong>en</strong>t habe ich so d<strong>en</strong> Eindruck, das Kollegium d<strong>en</strong>kt, es ist schön, dass<br />
die das mach<strong>en</strong> und es ist auch wichtig, aber wir hab<strong>en</strong> damit nichts zu tun.«<br />
(MP5, L)<br />
Trotzdem hat das Projekt die Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong> insgesamt beeinflusst: Es<br />
werd<strong>en</strong> verstärkt Singnachmittage mit Eltern durchgeführt, musikalische Darbietung<strong>en</strong><br />
bei Schul- und Kindergart<strong>en</strong>fest<strong>en</strong>, das Frühlingssing<strong>en</strong> der ganz<strong>en</strong> Schule,<br />
Vorführung<strong>en</strong> im Kindergart<strong>en</strong> mit <strong>Musik</strong> usw.:<br />
»Für unsere Einrichtung ist die Fortbildung eine Bereicherung, weil man bewusster<br />
mit <strong>Musik</strong>, Tanz, Bewegung umgeht, es wird anders wahrg<strong>en</strong>omm<strong>en</strong> und gelebt<br />
durch die Inhalte, die ich aus dem Seminar mitbringe in die Einrichtung.«<br />
(MP3, E)<br />
»Wir sind verstärkt dazu übergegang<strong>en</strong>, auch Elternab<strong>en</strong>de mit Liedgut einzuleit<strong>en</strong><br />
oder auch zur Auflockerung d<strong>en</strong> Eltern die Lieder vorzustell<strong>en</strong>, die auch mit<br />
d<strong>en</strong> Kindern geübt werd<strong>en</strong>.« (MP3, E)<br />
»Das Projekt hat das <strong>Musik</strong>leb<strong>en</strong> in unserer Schule bereichert durch Singnachmittage,<br />
Schulfeste, musikalische Aufführung<strong>en</strong> mit Kindern.« (MP3, Exp)<br />
»Im Schulleb<strong>en</strong> ist <strong>Musik</strong> fest verankert, z. B. hab<strong>en</strong> wir Frühlingssing<strong>en</strong>, da trifft<br />
sich die ganze Schule, da wird gemeinsam gesung<strong>en</strong> und auch Instrum<strong>en</strong>te mit<br />
eingebund<strong>en</strong>, dann zu Schulfest<strong>en</strong>, da gibt es musikalische Darbietung<strong>en</strong>.« (MP5,<br />
L)<br />
Insgesamt ist <strong>Musik</strong> damit an zahlreich<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong> fester Bestandteil<br />
des Schul- oder Kindergart<strong>en</strong>programms geword<strong>en</strong> und hat die Entwicklung<br />
schuleig<strong>en</strong>er Lehrpläne beeinflusst:<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 67
»Nach d<strong>en</strong> Sommerferi<strong>en</strong> habe ich damit begonn<strong>en</strong>, ein<strong>en</strong> Liedernachmittag anzubiet<strong>en</strong><br />
bei Eltern und Kindern.« (MP4, E)<br />
»Die Stund<strong>en</strong>tafel allein hat sich etwas verändert, dass <strong>Musik</strong> mit zwei fest<strong>en</strong><br />
Stund<strong>en</strong> eingebaut ist, vorher war es nur eine.« (MP6, L)<br />
»In unser Schulprogramm werd<strong>en</strong> wir auf jed<strong>en</strong> Fall auch ein<strong>en</strong> Baustein <strong>Musik</strong><br />
hineinbring<strong>en</strong>, der dann auch Konzerte in Aussicht stellt.« (MP6, L)<br />
Es ergibt sich dabei folg<strong>en</strong>de Übersicht:<br />
<strong>Musik</strong> ist Teil des Schulund<br />
Kindergart<strong>en</strong>programms<br />
geword<strong>en</strong><br />
Das Projekt hat die Entwicklung<br />
schuleig<strong>en</strong>er Lehrpläne<br />
beeinflusst<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 68<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
+ ++ ++ ++<br />
L (9/10)<br />
E (11/11)<br />
Aber off<strong>en</strong>bar sind es insbesondere die Teilnehmerinn<strong>en</strong> der extern<strong>en</strong> Fortbildung,<br />
die diese Maßnahm<strong>en</strong> vorantreib<strong>en</strong> und das neue Verständnis von <strong>Musik</strong> an<br />
d<strong>en</strong> jeweilig<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong> etablier<strong>en</strong>.<br />
Kategorie 6: Auswirkung<strong>en</strong> des Projekts auf die <strong>Musik</strong>kultur in d<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong><br />
Es ist off<strong>en</strong>kundig gut gelung<strong>en</strong>, durch das Projekt ein neues Verständnis für <strong>Musik</strong><br />
in d<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong> zu etablier<strong>en</strong>. Das Projekt hat das musikalische Verhalt<strong>en</strong> in<br />
d<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong> verändert:<br />
Neues Verständnis für <strong>Musik</strong><br />
in d<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong><br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
++ ++ ++ ++<br />
++<br />
L (7/10)<br />
MP6<br />
(2003/5)
»Eltern acht<strong>en</strong> mehr auf die musikalische Förderung ihrer Kinder; sie sing<strong>en</strong> und<br />
musizier<strong>en</strong> auch zu Hause.« (MP3, L)<br />
»Eltern bewert<strong>en</strong> das Fach jetzt auch vor d<strong>en</strong> Kindern anders und dadurch geh<strong>en</strong><br />
die Kinder auch mit dem Fach anders um.« (MP3, L)<br />
In d<strong>en</strong> Interviews mit d<strong>en</strong> Eltern wird übereinstimm<strong>en</strong>d deutlich, dass die Eltern<br />
der <strong>Musik</strong> größere Bedeutung beimess<strong>en</strong>:<br />
»Ich finde das Projekt empfehl<strong>en</strong>swert, weil dadurch <strong>Musik</strong> auch geweckt wird,<br />
man <strong>en</strong>tdeckt eig<strong>en</strong>e Fähigkeit<strong>en</strong>, von d<strong>en</strong><strong>en</strong> man nichts gewusst hat, mein Sohn<br />
z. B. w<strong>en</strong>n er singt, das hört sich wunderschön an.« (MP6, EL)<br />
»Ich finde es gut, dass die <strong>Musik</strong> jetzt ein<strong>en</strong> größer<strong>en</strong> Raum in dem Schulalltag<br />
einnimmt, das finde ich ganz, ganz wichtig und das sollte an jeder Schule so<br />
sein.« (MP6, EL)<br />
Zugleich veränderte sich im Projektkontext die <strong>Musik</strong>kultur in d<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong>: Es<br />
wird, so die Äußerung<strong>en</strong> der Eltern, deutlich mehr gesung<strong>en</strong>, es werd<strong>en</strong> mehr <strong>Musik</strong>instrum<strong>en</strong>te<br />
gespielt, <strong>Musik</strong> hat insgesamt ein<strong>en</strong> größer<strong>en</strong> Stell<strong>en</strong>wert bekomm<strong>en</strong>:<br />
»Ich singe jetzt sehr viel mehr mit meinem Sohn ... durch ihn lerne ich einfach<br />
neue Lieder und erweitere damit auch mein<strong>en</strong> Liedschatz.« (MP6, EL)<br />
»Teilweise sind die Lieder sehr neu für mich, aber sehr schön, er zeigt mir die<br />
Texte, ich sage, die Melodie k<strong>en</strong>ne ich nicht, dann singt er vor und dann versuch<strong>en</strong><br />
wir gemeinsam das Lied zu sing<strong>en</strong>.« (MP6, EL)<br />
»Bei uns zu Hause gibt es insofern eine Veränderung, dass man plötzlich hört,<br />
dass w<strong>en</strong>n er in seinem Zimmer sitzt und ein Lied singt, dann kommt aus dem<br />
Wintergart<strong>en</strong>, wo meine Leb<strong>en</strong>sgefährtin sitzt und ein Buch liest, die fängt dann<br />
an, mitzusing<strong>en</strong> und ich fange dann auch an zu klatsch<strong>en</strong> in dem ander<strong>en</strong> Raum<br />
und plötzlich hab<strong>en</strong> wir Hausmusik.« (MP6, EL)<br />
»Ich habe kein Instrum<strong>en</strong>t gespielt, also habe ich die Griffe und Not<strong>en</strong> von der<br />
Blockflöte mitgelernt, um zu wiss<strong>en</strong>, ob das jetzt richtig ist, ich konnte vorher<br />
keine Not<strong>en</strong>, ich hab es mir dann auch vorgespielt auf der Blockflöte, um zu wiss<strong>en</strong>,<br />
er spielt richtig.« (MP6, EL)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 69
»Ich wollte auch mal wieder auf dem Glock<strong>en</strong>spiel spiel<strong>en</strong> und da habe ich es mir<br />
von meinem Sohn zeig<strong>en</strong> lass<strong>en</strong>, da war er ganz stolz, dass er mir was zeig<strong>en</strong><br />
durfte.« (MP6, EL)<br />
»Alleine würde ich mit der Flöte nicht spiel<strong>en</strong>, aber jetzt zusamm<strong>en</strong> mit meiner<br />
Tochter macht mir das wieder richtig Spaß.« (MP6, EL)<br />
»Es werd<strong>en</strong> Spielart<strong>en</strong> zu Hause übernomm<strong>en</strong> wie Tanz<strong>en</strong> oder Bewegungsform<strong>en</strong>,<br />
die er in der Schule gelernt ha.t« (MP6, EL)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 70
Teil III: Z<strong>en</strong>trale Ergebnisse und Konsequ<strong>en</strong>z<strong>en</strong><br />
1.1 Gesamteinschätzung des Projekts<br />
Das Projekt wurde über d<strong>en</strong> gesamt<strong>en</strong> Verlauf von d<strong>en</strong> Beteiligt<strong>en</strong> ausnahmslos<br />
als sehr positiv eingeschätzt. Das gilt in erster Linie für die Teilnehmerinn<strong>en</strong>:<br />
Ich persönlich halte das<br />
Projekt für sehr sinnvoll<br />
Das Projekt insgesamt ist<br />
aus meiner Sicht erfolgreich<br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
++ ++ ++<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
++ ++ ++<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 71<br />
++<br />
++ ++ ++<br />
Die Teilnehmerinn<strong>en</strong> hielt<strong>en</strong> das Projekt zwar von Anfang an für sehr sinnvoll:<br />
»Ich bin froh, dass dieses Projekt läuft.« (MP1, L)<br />
»Ich glaube, diese Fortbildung ist eine ganz wichtige Sache, ich stehe da nach wie<br />
vor hinter.« (MP1, E)<br />
Aber erst nach einiger Zeit – g<strong>en</strong>auer geg<strong>en</strong> Ende des zweit<strong>en</strong> Jahres – wurd<strong>en</strong> die<br />
Erfolge im eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Unterricht bzw. der eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Arbeit im Kindergart<strong>en</strong> erk<strong>en</strong>nbar<br />
und führt<strong>en</strong> zu einer ausnahmslos positiv<strong>en</strong> Einschätzung:<br />
»Meine Gesamteinschätzung zum Projekt ist sehr positiv, ich hatte bislang noch<br />
keine Projektmüdigkeit.« (MP3, L)<br />
»Das Projekt ist ein ganz toller Ansatz, <strong>Musik</strong> in d<strong>en</strong> Grundschul<strong>en</strong> wieder leb<strong>en</strong>dig<br />
werd<strong>en</strong> zu lass<strong>en</strong>.« (MP4, L)<br />
»Ich halte das Projekt schon für sehr gut, man könnte schon fast sag<strong>en</strong>, es sind<br />
100 Punkte, weil ich das von der Sache für sehr sinnvoll halte.« (MP6, E)<br />
Diese Einschätzung wird von d<strong>en</strong> Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong>, d<strong>en</strong> Schulleitung<strong>en</strong>, der Schulaufsicht<br />
und schließlich auch d<strong>en</strong> Eltern geteilt.<br />
MP6<br />
(2003/5)
– Die Einschätzung des Konzepts durch die Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> ist sehr positiv:<br />
»Ich habe das Projekt sehr positiv aufgefasst und das hat auch zu meiner erfolgreich<strong>en</strong><br />
Arbeit mit beigetrag<strong>en</strong>.« (MP6, Exp)<br />
– Bei d<strong>en</strong> Schul- und Kindergart<strong>en</strong>leitung<strong>en</strong> ist die Einschätzung des Projekts<br />
bis auf d<strong>en</strong> erst<strong>en</strong> Messzeitpunkt ausnahmslos sehr positiv. Stellte sich zu Anfang<br />
noch die Frage: »Ist die zeitliche Investition gerechtfertigt, könn<strong>en</strong> wir<br />
das schaff<strong>en</strong>?« (MP1, L), find<strong>en</strong> sich zu d<strong>en</strong> nächst<strong>en</strong> Messzeitpunkt<strong>en</strong> nur<br />
noch positive Äußerung<strong>en</strong>:<br />
»Ich stehe voll und ganz hinter dem Projekt.« (MP3, L)<br />
»Das Projekt ist bei der Schulleitung völlig akzeptiert.« (MP6, L)<br />
»Das Projekt muss auf jed<strong>en</strong> Fall weiterlauf<strong>en</strong>, in all<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
– Auch seit<strong>en</strong>s der Schulaufsicht wird das Konzept für gut befund<strong>en</strong>:<br />
»Stärk<strong>en</strong> des Projektes sehe ich in der Entwicklung der Einzelschul<strong>en</strong>, die<br />
durch diese qualitativ sehr hohe Fortbildung der Teams ein<strong>en</strong> groß<strong>en</strong> Zugewinn<br />
erfahr<strong>en</strong> bezüglich des <strong>Musik</strong>unterrichtes, aber auch insgesamt in der<br />
schulisch<strong>en</strong> Entwicklung, des Schulleb<strong>en</strong>s, der Qualitäts<strong>en</strong>twicklung im Fach<br />
selbst.« (MP3, Exp)<br />
»Diese hoch qualitative Fortbildung ... ist eine für das Land NRW sehr spann<strong>en</strong>de<br />
Geschichte ... um möglicherweise in der Zukunft Profit zu hab<strong>en</strong>, um<br />
diesem eklatant<strong>en</strong> Fachlehrermangel im Fach <strong>Musik</strong> <strong>en</strong>tgeg<strong>en</strong>zuwirk<strong>en</strong>.«<br />
(MP3, Exp)<br />
– Bei d<strong>en</strong> Eltern ist die positive Einschätzung des Projekts erst im Laufe der Zeit<br />
<strong>en</strong>tstand<strong>en</strong>. Zu Beginn gab es einige Vorbehalte, da die Eltern zunächst keine<br />
g<strong>en</strong>au<strong>en</strong> Information<strong>en</strong> über das Projekt bekomm<strong>en</strong> hatt<strong>en</strong>:<br />
»Ich könnte mir vorstell<strong>en</strong>, dass einige w<strong>en</strong>ige Eltern Vorbehalte hab<strong>en</strong> könnt<strong>en</strong>,<br />
weil sie nicht wiss<strong>en</strong>, was mach<strong>en</strong> die Kinder da.« (MP1, EL)<br />
»Die nicht so Akzeptanz der Eltern kommt durch die Unk<strong>en</strong>ntnis zustande,<br />
dass es am Anfang nur hieß, jetzt sind die beid<strong>en</strong> Kolleg<strong>en</strong> di<strong>en</strong>stags gar nicht<br />
mehr da.« (MP2, EL)<br />
Vom Messzeitpunkt 3 bis zum Abschluss steh<strong>en</strong> die Eltern dem Projekt sehr positiv<br />
geg<strong>en</strong>über:<br />
»Auch von d<strong>en</strong> Eltern ist das Projekt mittlerweile sehr gut ang<strong>en</strong>omm<strong>en</strong>.« (MP3,<br />
EL)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 72
»Ich finde das Projekt toll, da habe ich 100-proz<strong>en</strong>tige Akzeptanz.« (MP6, EL)<br />
Dass dieses Konzept weitergeführt werd<strong>en</strong> muss, darin stimm<strong>en</strong> fast alle Befragt<strong>en</strong><br />
überein:<br />
Das Projekt sollte an all<strong>en</strong><br />
Schul<strong>en</strong> oder Kindergärt<strong>en</strong><br />
eingeführt werd<strong>en</strong><br />
MP1<br />
(2000/5)<br />
MP2<br />
(2000/11)<br />
MP3<br />
(2001/5)<br />
++<br />
L (7/9)<br />
E (10/11)<br />
MP4<br />
(2001/11)<br />
MP5<br />
(2002/5)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 73<br />
MP6<br />
(2003/5)<br />
++ ++ ++<br />
L (8/10)<br />
E (11/11)<br />
Besonders nachdrücklich wird dies von d<strong>en</strong> beteiligt<strong>en</strong> Eltern gefordert, die d<strong>en</strong><br />
Wert der neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>erziehung für ihre Kinder erfahr<strong>en</strong> hab<strong>en</strong>:<br />
»Ich wünschte mir, dass dieses Projekt auch an dieser Schule irg<strong>en</strong>dwie leb<strong>en</strong>dig<br />
gehalt<strong>en</strong> wird und dass auch die ander<strong>en</strong> Kolleg<strong>en</strong> an dieser Schule davon erfahr<strong>en</strong><br />
und Dinge in ihr<strong>en</strong> eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Unterricht trag<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>.« (MP 5, EL)<br />
»Aus der Erfahrung, die ich hier gemacht habe, würde ich sag<strong>en</strong>, dass mein nächstes<br />
Kind auch an so eine Schule geht, wo <strong>Musik</strong> gefördert wird, weil ich finde,<br />
dass das vernachlässigt wird in unserer Gesellschaft.« (MP 5, EL)<br />
»Das Projekt muss auf jed<strong>en</strong> Fall weiterlauf<strong>en</strong>, in all<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong>, dass das Interesse<br />
anderer Kinder für <strong>Musik</strong> geweckt wird.« (MP 6, EL)<br />
Gerade die Einschätzung der Eltern ist hier beacht<strong>en</strong>swert: Sie hab<strong>en</strong> ja erst mit<br />
der Zeit von d<strong>en</strong> Inhalt<strong>en</strong> des Projekts erfahr<strong>en</strong>, hab<strong>en</strong> aber das veränderte Verhalt<strong>en</strong><br />
ihrer Kinder erlebt. Sie sind nicht im <strong>en</strong>ger<strong>en</strong> Sinn Beteiligte, sondern seh<strong>en</strong><br />
das Projekt von auß<strong>en</strong>, aus ihrer Perspektive als Eltern. Sie sind damit gleichsam<br />
neutral, aber die wohl <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>de Beurteilungsinstanz. Und sie bescheinig<strong>en</strong><br />
uneingeschränkt (in keinem Elterninterview gab es eine Ablehnung) d<strong>en</strong> Erfolg<br />
des Projekts. Sie sind es, die die Weiterführung des Projekts im Blick auf ihre<br />
Kinder, auf die <strong>Musik</strong>kultur in d<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong> und nicht zuletzt im Blick auf die<br />
Gesellschaft fordern.<br />
Eindrucksvoll wird die Bedeutung des Modellversuchs auch in d<strong>en</strong> folg<strong>en</strong>d<strong>en</strong><br />
Zitat<strong>en</strong> des Projektleiters zum viert<strong>en</strong> Messzeitpunkt ausgedrückt:
»Die Frage ist, was sind die eig<strong>en</strong>tlich<strong>en</strong> Antriebskräfte, das Projekt zu mach<strong>en</strong>?<br />
... das ist die Überzeugung, wie ich sie trage, dass <strong>Musik</strong> ein<strong>en</strong> groß<strong>en</strong> Beitrag für<br />
die Bildung von M<strong>en</strong>sch<strong>en</strong> leist<strong>en</strong> kann.« (MP4, Exp)<br />
»<strong>Musik</strong> löst zwar nicht alle Probleme, aber <strong>Musik</strong> kann ein wichtiger Faktor werd<strong>en</strong><br />
... <strong>Musik</strong> ist wichtig, da wo wir nicht mehr motivier<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>, da wo wir kein<br />
Wahrnehmungstraining mehr mach<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>, weil uns gar keine Method<strong>en</strong> mehr<br />
zur Verfügung steh<strong>en</strong>, da wo Kinder lern<strong>en</strong>, aufeinander zuzugeh<strong>en</strong>, kreativ zu<br />
sein, Kreativität zuzulass<strong>en</strong> und zu <strong>en</strong>twickeln.« (MP4, Exp)<br />
Demgeg<strong>en</strong>über ist die Einschätzung des Projekts durch das Kollegium bis in die<br />
Endphase zwiespältig, Einwände werd<strong>en</strong> insbesondere geg<strong>en</strong> die daraus resultier<strong>en</strong>de<br />
schwierigere Organisation des Stund<strong>en</strong>plans und im Blick auf rechtliche<br />
Frag<strong>en</strong> deutlich:<br />
»Dass die zwei Kolleg<strong>en</strong> an der Fortbildung teilnehm<strong>en</strong>, das hat ganz massiv d<strong>en</strong><br />
Stund<strong>en</strong>plan beeinflusst ... die sind an diesem Di<strong>en</strong>stag nun mal nicht da und das<br />
muss dann hier an der Schule anders geregelt werd<strong>en</strong>, womit ich nicht unbedingt<br />
einverstand<strong>en</strong> bin.« (MP6, L)<br />
»Bei d<strong>en</strong> beid<strong>en</strong> darauf folg<strong>en</strong>d<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong> gab es Probleme, weil die Kolleginn<strong>en</strong><br />
nicht dahinter stand<strong>en</strong>, sondern sich nur darauf versteift<strong>en</strong> zu hinterfrag<strong>en</strong>, ob<br />
d<strong>en</strong>n noch alle rechtlich<strong>en</strong> Dinge eingehalt<strong>en</strong> word<strong>en</strong> sind, mit Schulkonfer<strong>en</strong>z<br />
und allem Pipapo und dann gar nicht zur eig<strong>en</strong>tlich<strong>en</strong> Arbeit kam<strong>en</strong>.« (MP4, L)<br />
Diese Zitate zeig<strong>en</strong> die Gr<strong>en</strong>z<strong>en</strong> des Erreicht<strong>en</strong> auf: Die Implem<strong>en</strong>tierung der<br />
neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur im Unterricht der an der extern<strong>en</strong> Fortbildung beteiligt<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong><br />
und Erzieherinn<strong>en</strong>, bei d<strong>en</strong> Kindern und in d<strong>en</strong> Famili<strong>en</strong> ist uneingeschränkt<br />
gelung<strong>en</strong>. Die Akzeptanz bei d<strong>en</strong> beteiligt<strong>en</strong> Schulleitung<strong>en</strong> und der<br />
Schulaufsicht ist eb<strong>en</strong>so erreicht. Aber best<strong>en</strong>falls zu einem Teil konnte die Akzeptanz<br />
bei ander<strong>en</strong> Lehrkräft<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> der beteiligt<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> und<br />
Kindergärt<strong>en</strong> herbeigeführt werd<strong>en</strong>. Nicht gelung<strong>en</strong> – aber das war auch nicht<br />
Geg<strong>en</strong>stand dieses Projekts – ist die Implem<strong>en</strong>tierung der neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur über<br />
die beteiligt<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong> hinaus.<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 74
1.2 Erfolgsfaktor<strong>en</strong> für die Implem<strong>en</strong>tierung der neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur<br />
bei d<strong>en</strong> Kindern und Famili<strong>en</strong><br />
Abschließ<strong>en</strong>d stellt sich die Frage nach d<strong>en</strong> relevant<strong>en</strong> Erfolgsfaktor<strong>en</strong>: Welche<br />
Faktor<strong>en</strong> führt<strong>en</strong> zum Erfolg des Projekts bei d<strong>en</strong> beteiligt<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> und<br />
Erzieherinn<strong>en</strong>, im Unterricht und bei d<strong>en</strong> Eltern?<br />
Im Grunde wurd<strong>en</strong> die relevant<strong>en</strong> Faktor<strong>en</strong> bereits in d<strong>en</strong> vorausgegang<strong>en</strong><strong>en</strong><br />
Abschnitt<strong>en</strong> ausgeführt. Sie sei<strong>en</strong> hier nochmals zusamm<strong>en</strong>gefasst:<br />
1.2.1 Erfolgsfaktor Konzeption<br />
Ein <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>der Erfolgsfaktor war die Konzeption und hier insbesondere die<br />
Verzahnung von Theorie und praktischer Ausrichtung auf d<strong>en</strong> Unterricht:<br />
– Im Unterschied zu ander<strong>en</strong> Fortbildung<strong>en</strong> ging es hier nicht ausschließlich um<br />
die Entwicklung von Unterrichtseinheit<strong>en</strong>, d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong> wurde vielmehr<br />
ein theoretisch geleitetes Verständnis von <strong>Musik</strong> vermittelt:<br />
»Es ist sicherlich ein Erfolgsfaktor, dass es nicht um Unterrichtsbeispiele auf<br />
der vorder<strong>en</strong> Eb<strong>en</strong>e gegang<strong>en</strong> ist, sondern dass das Theorie war« (MP6, L)<br />
– Im Unterschied zu eher theoretisch ausgerichtet<strong>en</strong> musikwiss<strong>en</strong>schaftlich<strong>en</strong><br />
Ausbildung<strong>en</strong> war<strong>en</strong> diese theoretisch<strong>en</strong> Grundlag<strong>en</strong> aber hier unmittelbar auf<br />
die praktische Umsetzung in Schule und Kindergart<strong>en</strong> ausgerichtet. In jeder<br />
Fortbildung zielt<strong>en</strong> die Inhalte zugleich auf die praktische Anw<strong>en</strong>dung. Es gab<br />
keine Fortbildung, aus der die Teilnehmerinn<strong>en</strong> nicht konkrete Anregung<strong>en</strong><br />
für ihre Arbeit übernehm<strong>en</strong> konnt<strong>en</strong>:<br />
»Für mich war der wichtigste Punkt dieses Projekts zu seh<strong>en</strong>, dass es funktioniert,<br />
z. B. mit Instrum<strong>en</strong>t<strong>en</strong> zu arbeit<strong>en</strong> und dass ich das hinkriege ... ich habe<br />
jetzt viel mehr Möglichkeit<strong>en</strong> der Umsetzung k<strong>en</strong>n<strong>en</strong> gelernt« (MP5, L)<br />
– Auch Anzahl und Bandbreite der Them<strong>en</strong> trug<strong>en</strong> zum Erfolg bei. Sie bildet<strong>en</strong><br />
die Basis, auf der die Teilnehmerinn<strong>en</strong> dann je nach Situation die unterschiedlich<strong>en</strong><br />
Elem<strong>en</strong>te einsetz<strong>en</strong> konnt<strong>en</strong>:<br />
»Auch ein Faktor für d<strong>en</strong> Erfolg war, dass ich von d<strong>en</strong> musikalisch<strong>en</strong> Inhalt<strong>en</strong><br />
ein riesiges Repertoire k<strong>en</strong>n<strong>en</strong> gelernt habe, was man mach<strong>en</strong> kann, Lieder,<br />
<strong>Musik</strong>stücke aus Musicals oder Opern« (MP6, L)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 75
1.2.2 Erfolgsfaktor Methodik<br />
Im Laufe der Fortbildung hab<strong>en</strong> sich bestimmte immer wiederkehr<strong>en</strong>de Form<strong>en</strong><br />
des methodisch<strong>en</strong> Vorgeh<strong>en</strong>s <strong>en</strong>twickelt und bewährt. Im Wes<strong>en</strong>tlich<strong>en</strong> wurd<strong>en</strong><br />
hier folg<strong>en</strong>de Arbeitsform<strong>en</strong> als wichtig für d<strong>en</strong> Erfolg angeseh<strong>en</strong>:<br />
– knappe Informationsvermittlung im Pl<strong>en</strong>um<br />
– praktisches Erprob<strong>en</strong> einzelner Them<strong>en</strong><br />
– Vorstell<strong>en</strong> von Unterrichtsbeispiel<strong>en</strong><br />
– Erfahrungsaustausch<br />
– Grupp<strong>en</strong>arbeit<br />
– gemeinsame Projekte<br />
1.2.3 Erfolgsfaktor Tandem<br />
Das Tandem ist ein z<strong>en</strong>trales Merkmal und wird von Projektleiter und Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
als <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>der Erfolgsfaktor geseh<strong>en</strong>: Eine in <strong>Musik</strong> ausgebildete<br />
Fachkraft arbeitet zusamm<strong>en</strong> mit einer Kollegin, die im Rahm<strong>en</strong> ihres Studiums<br />
nicht in <strong>Musik</strong> ausgebildet wurde: »Diese Tandemkraft ist eine tolle Idee, wie ich<br />
was umgestalt<strong>en</strong> kann oder methodisch anders mach<strong>en</strong> kann, die hätte ich als Laie<br />
nicht, desweg<strong>en</strong> ist das sehr ang<strong>en</strong>ehm.« (MP 1, L)<br />
»Erreicht word<strong>en</strong> ist, das eine theoretische Vorstellung, das Tandemkonzept einzusetz<strong>en</strong>,<br />
hervorrag<strong>en</strong>d funktioniert.« (MP 6, Exp)<br />
Das Tandem erfüllt eine Reihe wichtiger Funktion<strong>en</strong>:<br />
– Erfahrungsaustausch zwisch<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
– Weitergabe fachlich<strong>en</strong> Wiss<strong>en</strong>s von ausgebildet<strong>en</strong> Lehrerinn<strong>en</strong> an eine andere<br />
Kollegin<br />
– gemeinsame Vor- und Nachbereitung des <strong>Musik</strong>unterrichts<br />
– gemeinsame Vorbereitung und Durchführung der intern<strong>en</strong> Fortbildung<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 76
1.2.4 Erfolgsfaktor Kompet<strong>en</strong>z und Engagem<strong>en</strong>t der beteiligt<strong>en</strong> Person<strong>en</strong><br />
Allgemein wird in d<strong>en</strong> Interviews die Person des Projektleiters als <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>der<br />
Erfolgsfaktor für das Projekt geseh<strong>en</strong>. Besonders hervorgehob<strong>en</strong> werd<strong>en</strong> dabei<br />
seine hohe fachliche Kompet<strong>en</strong>z, seine positive Einstellung und die Motivation,<br />
mit der er die Fortbildungsteilnehmerinn<strong>en</strong> hat mitreiß<strong>en</strong> könn<strong>en</strong>, sowie seine<br />
Fähigkeit<strong>en</strong> im Umgang mit d<strong>en</strong> Teilnehmerinn<strong>en</strong>.<br />
Grundsätzlich das Gleiche gilt für die Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong>, der<strong>en</strong> fachspezifische Kompet<strong>en</strong>z<br />
mehrfach betont wurde. Somit zählt die Auswahl der Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong> zu d<strong>en</strong> besonders<br />
wichtig<strong>en</strong> Voraussetzung<strong>en</strong> für das Geling<strong>en</strong> eines solch<strong>en</strong> Projekts.<br />
Schließlich wird als Erfolgsfaktor die Gruppe der Teilnehmer der extern<strong>en</strong><br />
Fortbildung selbst geseh<strong>en</strong>: Sämtliche Teilnehmerinn<strong>en</strong>, zehn Lehrerinn<strong>en</strong> und elf<br />
Erzieherinn<strong>en</strong>, unterstrich<strong>en</strong> die Wichtigkeit dieses Faktors:<br />
»Ein Erfolgsfaktor war die Gruppe der Teilnehmer und Teilnehmerinn<strong>en</strong>, dass wir<br />
uns gut versteh<strong>en</strong>, uns gut k<strong>en</strong>n<strong>en</strong> gelernt hab<strong>en</strong>, uns auch viel austausch<strong>en</strong>, nicht<br />
nur im Bereich <strong>Musik</strong>.« (MP6, L)<br />
»Ich sehe 80 Proz<strong>en</strong>t des Erfolges in der Eig<strong>en</strong>leistung, der Ide<strong>en</strong> der Lehrerinn<strong>en</strong><br />
und Lehrer.« (MP6, Exp)<br />
Dabei wird insbesondere auf das Engagem<strong>en</strong>t der Teilnehmer verwies<strong>en</strong>:<br />
»Ohne Eig<strong>en</strong><strong>en</strong>gagem<strong>en</strong>t der Teilnehmer wäre ein Erfolg des Projektes gar nicht<br />
möglich.« (MP4, L)<br />
Die gleiche Einschätzung des hoh<strong>en</strong> Engagem<strong>en</strong>ts der Teilnehmerinn<strong>en</strong> findet<br />
sich auch bei Schulleitung, Kolleg<strong>en</strong>, Schulaufsicht und weiter<strong>en</strong> Beobachtern:<br />
»Wir hab<strong>en</strong> hoch <strong>en</strong>gagierte Lehrkräfte, die an der Fortbildung teilnehm<strong>en</strong> und<br />
dieses Engagem<strong>en</strong>t auch wieder ins Kollegium zurücktrag<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
»Die Person<strong>en</strong>, unsere beid<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>lehrer sind schon das Wichtigste für d<strong>en</strong> Erfolg<br />
des Projektes. Die verkörpern das, die sind unsere Ansprechpartner, w<strong>en</strong>n wir<br />
das weiterführ<strong>en</strong>, w<strong>en</strong>n die nicht da wär<strong>en</strong>, wäre die Fortführung schwierig.«<br />
(MP4, L)<br />
»Wir hab<strong>en</strong> zwei begeisterte Lehrkräfte nach d<strong>en</strong> vier Jahr<strong>en</strong> Ausbildung, die Begeisterung<br />
immer noch sehr deutlich zeig<strong>en</strong>.« (MP6, L)<br />
© Verlag <strong>Bertelsmann</strong> <strong>Stiftung</strong> 77
Auch von d<strong>en</strong> Eltern werd<strong>en</strong> Motivation und Begeisterung der Teilnehmerinn<strong>en</strong><br />
als Erfolgsfaktor<strong>en</strong> für das Projekt g<strong>en</strong>annt:<br />
»Gut finde ich auch die Motivation der Lehrerin, w<strong>en</strong>n sie die nicht hätte, könnte<br />
sie das, was sie jetzt neu dazulernt, auch nicht erfolgreich hier in die Schule trag<strong>en</strong>.«<br />
(MP4, EL)<br />
»Die Klass<strong>en</strong>lehrerin ist sehr <strong>Musik</strong> begeistert und bringt diese Begeisterung auch<br />
auf die Kinder rüber.« (MP6, EL)<br />
»Die Lehrerin hat Spaß an <strong>Musik</strong>, das merkt man ihr an.« (MP6, EL)<br />
Dadurch, dass es sich um eine gleich bleib<strong>en</strong>de Teilnehmergruppe gehandelt hat,<br />
ist es im Laufe der Zeit gelung<strong>en</strong>, Vertrau<strong>en</strong>sverhältnisse, geg<strong>en</strong>seitige Sympathie<br />
und Wertschätzung aufzubau<strong>en</strong> – auch das wird als Geheimnis des Erfolgs geseh<strong>en</strong>:<br />
»Die Gruppe ist sich näher gekomm<strong>en</strong>, man ist sehr vertraut geword<strong>en</strong>, man hat<br />
keine Hemmung<strong>en</strong> mehr, nach dem Motto, ich singe falsch oder verhaspele<br />
mich.« (MP4, L)<br />
»Die Teilnehmer unter sich sind schön zusamm<strong>en</strong>gewachs<strong>en</strong>, obwohl sie so unterschiedliches<br />
Alter hab<strong>en</strong>, da ist Teamarbeit erreicht.« (MP 4, Exp)<br />
»Wir sind eine gute Gruppe, wir harmonier<strong>en</strong> sehr gut miteinander, das ist sicherlich<br />
ein Erfolgsfaktor, d<strong>en</strong>n das macht das Lern<strong>en</strong> auch einfacher.« (MP5, E)<br />
1.2.5 Erfolgsfaktor Materiali<strong>en</strong><br />
Materiali<strong>en</strong> werd<strong>en</strong> bis zum Ende des Projekts als wichtiger Faktor für eine erfolgreiche<br />
Implem<strong>en</strong>tierung des Konzepts g<strong>en</strong>annt. Sie unterstütz<strong>en</strong> die musikalische<br />
Arbeit im eig<strong>en</strong><strong>en</strong> Unterricht oder im Kindergart<strong>en</strong> und di<strong>en</strong><strong>en</strong> d<strong>en</strong> Kolleg<strong>en</strong><br />
als Anregung:<br />
»Ich bin froh, dass ich so viele Materiali<strong>en</strong> bekomm<strong>en</strong> habe, mit d<strong>en</strong><strong>en</strong> ich arbeit<strong>en</strong><br />
kann, und je nachdem, was ich von der Klasse als Reaktion bekomme, da<br />
muss ich guck<strong>en</strong>, ob ich methodisch-didaktisch etwas ändern muss, da lass<strong>en</strong> mir<br />
die Materiali<strong>en</strong> dann auch die Freiräume dazu, das finde ich gut.« (MP6, L)<br />
»Die Materialsammlung hilft mir im Punkte Systematik, Anregung<strong>en</strong> zur Unterrichtsgestaltung.«<br />
(MP6, L)<br />
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Andererseits wird der Wert der Materiali<strong>en</strong> auch kritisch eingeschätzt:<br />
»D<strong>en</strong> Wert der Materiali<strong>en</strong> schätze ich nicht sehr hoch ein, d<strong>en</strong>n die brauch<strong>en</strong> fast<br />
immer eine Erklärung in der ›face to face‹-Kommunikation.« (MP 6, L)<br />
Beide Auffassung<strong>en</strong> lass<strong>en</strong> sich durchaus verbind<strong>en</strong>: Die Material<strong>en</strong> biet<strong>en</strong> hilfreiche<br />
Anregung<strong>en</strong>, aber die Idee, die Philosophie der neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur lässt<br />
sich nicht durch Materiali<strong>en</strong> vermitteln:<br />
»Das Wichtigste ist dabei nicht das Material, das Wichtigste sind die Int<strong>en</strong>tion<strong>en</strong>,<br />
die das Material verdeutlicht. Es geht nicht um die Einzelfaktor<strong>en</strong>, die wir da hab<strong>en</strong>,<br />
sondern ... alles, was wir anbiet<strong>en</strong> sind Grundide<strong>en</strong> und zu dies<strong>en</strong> Grundide<strong>en</strong><br />
biet<strong>en</strong> wir euch Beispiele.« (MP4, Exp)<br />
Entscheid<strong>en</strong>d für die Umsetzung ist letztlich die persönliche Erfahrung, <strong>en</strong>tscheid<strong>en</strong>d<br />
sind off<strong>en</strong>bar die Person des Projektleiters und die Doz<strong>en</strong>t<strong>en</strong>. D. h. Materiali<strong>en</strong><br />
bild<strong>en</strong> grundsätzlich immer nur ein – zweifelsohne hilfreiches – Unterstützungsmom<strong>en</strong>t,<br />
könn<strong>en</strong> aber d<strong>en</strong> Kernprozess der persönlich<strong>en</strong> Weitergabe der<br />
Idee der neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur nicht ersetz<strong>en</strong>.<br />
1.3 Off<strong>en</strong>e Frag<strong>en</strong>: Wie geht es weiter?<br />
Zweifelsfrei gelung<strong>en</strong> ist, so das eindeutige Ergebnis, die Implem<strong>en</strong>tierung der<br />
neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur in d<strong>en</strong> beteiligt<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong>, bei d<strong>en</strong> Kindern und Eltern. Nicht<br />
geleistet wurde eine Implem<strong>en</strong>tierung über die einzeln<strong>en</strong> Klass<strong>en</strong> hinaus, was aber<br />
auch nicht angestrebt word<strong>en</strong> war.<br />
Off<strong>en</strong>kundig ist, dass die Implem<strong>en</strong>tierung über die Klass<strong>en</strong> hinaus nicht in<br />
der aufwändig<strong>en</strong> Form wie in dem bisherig<strong>en</strong> Projekt gescheh<strong>en</strong> kann. Um etwa<br />
auf Landeseb<strong>en</strong>e diese neue Form der <strong>Musik</strong>kultur an all<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong><br />
zu implem<strong>en</strong>tier<strong>en</strong>, könn<strong>en</strong> gewiss nicht alle Lehrer und Erzieher eine derart<br />
angelegte externe Fortbildung durchlauf<strong>en</strong>. Hierfür müss<strong>en</strong> neue Form<strong>en</strong> gefund<strong>en</strong><br />
werd<strong>en</strong>.<br />
Zu der Frage, welches die Faktor<strong>en</strong> sind, die eine solche Implem<strong>en</strong>tierung<br />
unterstütz<strong>en</strong> oder behindern, find<strong>en</strong> sich in d<strong>en</strong> Interviews bereits einige Hinweise:<br />
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– Entscheid<strong>en</strong>d für die Konzeption dürfte die Verbindung von theoretischem<br />
Wiss<strong>en</strong>, konkretem Erleb<strong>en</strong> und praktischer Umsetzung sein. Wie man eine<br />
Implem<strong>en</strong>tierung an weiter<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong> und Kindergärt<strong>en</strong> auch immer durchführt,<br />
gesichert muss sein, dass diese Verbindung erhalt<strong>en</strong> bleibt.<br />
– Auf methodischer Eb<strong>en</strong>e bietet das Tandem ein<strong>en</strong> wichtig<strong>en</strong> Ansatzpunkt,<br />
dess<strong>en</strong> Funktion für eine weitere Implem<strong>en</strong>tierung jedoch noch zu klär<strong>en</strong> wäre:<br />
Eine qualifizierte <strong>Musik</strong>pädagogin gibt ihr Wiss<strong>en</strong> an eine andere Kollegin<br />
weiter. Ein solches Tandem ist auch für d<strong>en</strong> weiter<strong>en</strong> Prozess durchaus vorstellbar.<br />
Zu klär<strong>en</strong> wäre jedoch, inwieweit ein solches Tandem zusätzliche Unterstützung<br />
(etwa in Form von Supervision oder als Austausch zwisch<strong>en</strong> verschied<strong>en</strong><strong>en</strong><br />
Tandems) b<strong>en</strong>ötigt.<br />
– Die Implem<strong>en</strong>tierung eines solch<strong>en</strong> neu<strong>en</strong> Konzepts in d<strong>en</strong> beteiligt<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong><br />
und Kindergärt<strong>en</strong> steht und fällt mit d<strong>en</strong> beteiligt<strong>en</strong> Person<strong>en</strong>, ihrer Kompet<strong>en</strong>z<br />
und ihrem Engagem<strong>en</strong>t. Es deutet Einiges darauf hin, dass auch die weitere<br />
Implem<strong>en</strong>tierung auf eb<strong>en</strong>solche Promotor<strong>en</strong> angewies<strong>en</strong> sein wird, d. h.<br />
auf Person<strong>en</strong>, die mit <strong>en</strong>tsprech<strong>en</strong>der Kompet<strong>en</strong>z und großem Einsatz die Idee<br />
der neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur in einer »face to face»-Kommunikation weitergeb<strong>en</strong><br />
könn<strong>en</strong>. In welcher Form das geschieht, bleibt g<strong>en</strong>auer zu klär<strong>en</strong>.<br />
– Nicht überbewert<strong>en</strong> sollte man die Bedeutung von Materiali<strong>en</strong>. Ein noch so<br />
gut gestalteter Materiali<strong>en</strong>satz kann das persönliche Erfahr<strong>en</strong> der neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur<br />
nicht ersetz<strong>en</strong>. Aber er kann es sehr wohl unterstütz<strong>en</strong> und d<strong>en</strong> jeweilig<strong>en</strong><br />
Lehrerinn<strong>en</strong> und Erzieherinn<strong>en</strong> Ide<strong>en</strong> und Anregung<strong>en</strong> vermitteln.<br />
Wie der Prozess »Implem<strong>en</strong>tierung der neu<strong>en</strong> <strong>Musik</strong>kultur an ander<strong>en</strong> Schul<strong>en</strong>«<br />
im Einzeln<strong>en</strong> zu gestalt<strong>en</strong> ist, dafür fehlt bislang eine klare Konzeption. Im Blick<br />
auf die Nachhaltigkeit des Projekts insgesamt wäre es wichtig, an eb<strong>en</strong> dieser<br />
Konzeption zu arbeit<strong>en</strong>.<br />
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Literatur<br />
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