Der SSB- Brennstoffzellenbus - Mobilität 21
Der SSB-
Brennstoffzellenbus
Stuttgarter Straßenbahnen AG
Schockenriedstr. 50
70565 Stuttgart
www.ssb-ag.de
Die Busgeschichte der SSB beginnt am
29. September 1926. Damals startete
das Unternehmen mit der als Schnellverbindung
konzipierten Linie A vom
Stuttgarter Westen nach Cannstatt. Über
die Jahre hinweg ist das SSB-Busnetz
ständig gewachsen, heute sind auf über
50 Linien rund 250 Busse bis weit in
die Region hinaus im Einsatz. Täglich
fahren etwa 170.000 Fahrgäste mit
Bussen, etwa ein Drittel aller SSB-
Kunden.
Mit Bussen verbindet die SSB immer
auch innovative Projekte. Obwohl sie
oft mit nicht unerheblichen Investitionen
verbunden sind, versucht die SSB,
neue Technologien zu fördern. Für das
Unternehmen ist es wichtig, frühzeitig
in die Weiterentwicklungen bei der
Bustechnik einbezogen zu werden.
Zum einen lassen sich dabei Erfahrungen
aus der Praxis in diese Entwicklungen
einbringen, zum anderen kann
sich das Unternehmen auf bevorstehende
Innovationen einstellen. So ist
das Brennstoffzellenprojekt nicht das
erste Projekt, bei dem die SSB durch
Praxiserfahrungen zur Entwicklungsarbeit
beiträgt.
Bereits zwischen 1979 und 1984 hatte
sich die SSB mit 13 Hybrid-Bussen an
einem Feldversuch mit elektrischen
Antrieben beteiligt. Der Strom kam aus
einem rund 3.000 kg schweren Bleibatterie-Satz.
Die Batterien wurden bei
der Fahrt in weniger dicht besiedelten
Gebieten durch einen mitgeführten
Dieselgenerator nachgeladen.
Zwischen 1997 und 2003 sammelte die
SSB weitere Erfahrungen auf dem Gebiet
des elektrischen Antriebs von Bussen.
Damals startete ein Pilotprojekt
mit 17 dieselelektrischen Gelenkbussen
und zwei dieselelektrischen Solobussen,
die bis Frühjahr 2003 auf der Linie
42 im Einsatz waren. Die Motoren
wurden von einem Dieselgenerator mit
Strom versorgt. Dieser Feldversuch war
bereits 1997 im Hinblick auf den zukünftigen
Einsatz der Brennstoffzelle
initiiert worden.
Bei den Brennstoffzellenbussen wird
der Dieselgenerator nun durch die
Brennstoffzellen ersetzt. Nicht zuletzt
ist der Einsatz der Brennstoffzelle auch
eine logische Weiterentwicklung der in
den ersten Niederflurfahrzeugen eingesetzten
dieselelektrischen Antriebe.
Brennstoffzellenbusse sind umweltfreundlicher
und leiser als herkömmliche
Busse, und sie nutzen Kraftstoffe,
die aus erneuerbaren Energien hergestellt
werden können.
Ein Fest im Schloss
zur Begrüßung
Die Beschäftigten der Finanzdirektion
blickten neugierig aus den Fenstern
ihrer Büros im Neuen Schloss: Mit einem
lauten Geklapper kippte am 4.
November vergangenen Jahres eine
Dominokette mit über hundert, fast einen
Meter hohen Dominosteinen um.
Zuvor hatte Stuttgarts Oberbürgermeister
Schuster von DaimlerChrysler
Vorstand Jürgen Weber symbolisch
den Schlüssel für die Busse überreicht
bekommen und in einen der Steine
eingepasst. Als schließlich der letzte
der Steine gegen die im Innenhof des
Schlosses aufgestellte Busbox stieß,
flog deren Tür auf und – gefolgt von
einer laut schmetternden Marching
Band – hatten die Brennstoffzellenbusse
ihren Auftritt.
Anlass für diese besondere Show war
die offizielle Übergabe der drei Brennstoffzellenbusse
an die SSB, bevor die
Busse tags darauf in den Linieneinsatz
kamen. Der Übergabe im Schlosshof
ging als offizieller Teil im Marmorsaal
des Neuen Schlosses eine kurze Diskussionsrunde
voraus.
Busse seit September 2003 in Stuttgart
Bereits Mitte bzw. Ende September
2003 waren die drei Busse mit eigener
Kraft vom Werk Mannheim in den
SSB-Betriebshof Gaisburg gekommen
und in der Buswerkstatt erstmal gründlich
inspiziert worden. Das gesamte
Projekt wird vom Leiter Kfz-Werkstätten,
Markus Wiedemann betreut.
Es folgten die Einweisung der sechs eigens
für den Test ausgewählten Fahrer
der Brennstoffzellenbusse und die ersten
Probefahrten. „Die Busse fahren
sich gut“, so die Reaktionen der Kollegen
vom Bus, Enzo Perconte, Peter
Schweitzer, Bruno Wacker, Ralf Alles,
Jürgen Hommel und Udo Becker. In
kurzer Zeit erfuhren sie alles über die
Technik, die Bedienung, Besonderheiten
und Störungshinweise. Auch mussten
sie sich mit der Wasserstoff-Tankstelle
auf dem Gelände der EnBW in Gaisburg
vertraut machen. Denn tanken ist
in ihrem Job als Busfahrer jetzt ebenso
inbegriffen, wie Checks vor und nach
jedem Einsatz, die protokolliert werden
müssen.
Rückblick
Vor fast drei Jahren: Der Vertrag
Für die SSB begann das Projekt „Brennstoffzelle“
vor über drei Jahren. Am
Dienstag, 20. März 2001, war der große
Tag. Damals wurde von der SSB
und EvoBus DaimlerChrysler der Vertrag
über den Kauf von drei Brennstoffzellen-Busse
unterzeichnet. Star
der anschließenden Pressekonferenz
auf dem Stuttgarter Schlossplatz war
noch der Nebus, eine Abkürzung für
„New Electric Bus“. Dieser erste Brennstoffzellenbus
von DaimlerChrysler
wurde 1997 vorgestellt. Mit ihm wurden
erstmals die Einsatzmöglichkeit
des Brennstoffzellen-Antriebs für Stadtbusse
nachgewiesen. Nebus war auf
Welttournee, er hatte in Oslo, Hamburg,
Perth, Melbourne, Mexico City
und Sacramento, Lissabon und vielen
anderen Städten zu beweisen, dass
Brennstoffzellenantrieb wohl eine Alternative
auch im rauen Nahverkehr
ist.
Der Bus
Rund 240 Busse zählt die Busflotte der
SSB. Davon sind über 70 Fahrzeuge
vom Typ Citaro. Diese niederflurigen
Stadtbusse setzt die SSB seit 2001 auf
den Linien ein. Mit den Brennstoffzellenbussen
hat die SSB erstmals
Solobusse mit drei Türen, eine Innenschwenktür
und zwei Außenschwenk-
Schiebetüren, im Einsatz. Alle drei
Busse des Projekts haben die gleiche
Ausstattung.
Citaros haben sich bei den Nahverkehrsbetrieben
bewährt, so dass es nahelag,
auch für das Projekt Brennstoffzelle
auf gewohnte Technik nicht zu
verzichten und einen Standardbus umzurüsten.
Brennstoffzellen, Speicherflaschen
für den Wasserstoff und Kühleinrichtung
für die Brennstoffzellen
wurden auf das Dach verbannt, der
Dieselmotor durch einen Elektromotor
ersetzt. Geblieben sind der konventionelle
Antrieb über Getriebe, Kardanwelle
und Achse. Der Elektromotor
leistet 205 Kw, rund 280 PS. Die Höchstgeschwindigkeit
ist auf 70 Stundenkilometer
begrenzt.
Die Technik hat nicht nur ihren Preis,
sondern auch ihr Gewicht. Rund 2,3
Tonnen schwerer ist ein Brennstoffzellenbus
im Vergleich zum Dieselmodell
mit 11,8 Tonnen. So ist eine Richtung
für die Weiterentwicklung dieser Zukunftstechnik
bereits vorgegeben:
Brennstoffzellenbusse der Zukunft
müssen leichter werden, die Technik
kleiner.
Optisch fallen die Busse auf, akustisch
nicht. Statt durch das typische Diesel-
Motorgeräusch machen sich die Busse
höchstens durch ein leises Pfeifen bemerkbar.
Auch im Inneren sind die
Busse gegenüber den anderen Bussen
im Linienverkehr durch den Elektromotor
wesentlich leiser. Einen herkömmlichen
Auspuff sucht man vergebens,
denn als „Abgas“ dampft reines
Wasser aus dem Edelstahl-Auspuff an
der Dachkante des Hecks.
Die Zutaten für die Energieerzeugung
liefern neun Gasflaschen auf dem
Dach. Sie enthalten 44 Kilogramm reinen
Wasserstoff, der mit einem Druck
von 350 bar gespeichert ist. Bei den
Gasflaschen handelt es sich um besonders
robuste und leichte Kohlenfasertanks,
die mit einer Aluminiumschicht
ausgekleidet sind. Abhängig
von den Bedingungen auf der Strecke
kann ein Bus damit etwa 200 Kilometer
fahren. Der Brennwert von einem
Kilogramm Wasserstoff entspricht etwa
dem von 3,4 Litern Diesel.
Sind die Busse mit soviel Wasserstoff
an Bord auch sicher? Die Busse sind
sicher, das bestätigte der Technische
Überwachungsverein. Denn die neue
Technologie musste strengen Prüfungen
standhalten. Die Busse werden, was die
Sicherheitsbestimmungen betrifft, wie
„Gasfahrzeuge“ behandelt, die inzwischen
ja sogar auch in Tiefgaragen
fahren dürfen. Entsprechend gibt es
für die Brennstoffzellenbusse keine Beschränkungen.
Sie können überall fahren,
auch in Tunnel.
Daten
Länge: 11950 mm
Breite: 2550 mm
Höhe: 3690 mm
E Motor: 205 KW Nennleistung
Getriebe: 6 HP 592
Speichervolumen: 1845 l
Speicherdruck: 350 bar
Achsübersetzung: AV 132 i = 6,2
Reifengröße 295/60 R 22,5
V max.: 70 Km/h
Sitzplätze: 26 plus 2 Klappsitze
Leergewicht: 14100 kg
Achslast vorne: 5000 kg
Achslast hinten: 9100 kg
Klimaanlage: Webasto XXL
Dachlast: ca. 3400 kg
Semiaktives Fahrwerk
(Elektrisch gesteuerte Stoßdämpfer Wabco)
Wasserstofftanks
Brennstoffzellen
Kühleinheit
Klimaanlage
Elektromotor
Ein ganz besonderes Design
Ein Zukunftsprojekt wie das der Brennstoffzellenbusse
in Stuttgart ist ein
Projekt mit vielen Förderern. Das sollen
die Fahrgäste auch sehen. Deshalb
sind auf der Busfront alle Unternehmen
mit Logo abgebildet, die das Projekt
finanziell unterstützen. Auf der
Heckseite des Busses sind darüber hinaus
alle Unternehmen, die ihr technologisches
Wissen eingebracht haben,
oder das Projekt ideell unterstützt haben,
zu finden.
Auffallend ist die Seitengestaltung des
„Fuel Cell Bus“, so die englische Bezeichnung
für den Brennstoffzellenbus.
Der Slogan der SSB, „Menschen bewegen
Menschen“, wurde leicht verändert
in „Ideen bewegen Menschen“. Und
natürlich kann jeder lesen, dass es sich
bei dem vorbeifahrenden Bus um den
Brennstoffzellenbus handelt. Und damit
man sieht, dass die Energie, mit
der der Bus fährt, während der Fahrt
durch eine chemische Reaktion erzeugt
wird, sind die Bestandteile Wasser und
Sauerstoff als Atome mit den entsprechenden
Abkürzungen dargestellt.
Gestaltet hat diese Beklebung
die Stuttgarter Werbeagentur
Bransch und Partner, langjähriger
Werbepartner der SSB.
SSB-Partner im Projekt „CUTE“
Clean Urban Transit For Europe
Clean Urban Transport for
Europe oder abgekürzt CUTE
heißt das europäische Projekt,
an dem neun Städte in
sieben Ländern teilnehmen.
Ein weiteres Projekt „Ectos“
läuft parallel zu CUTE. Im
Projekt „Ectos“ werden drei
Brennstoffzellenbusse in
Reykjavik getestet.
Stuttgart ist eine der Städte,
in denen die Busse getestet
werden. Mit dabei sind außerdem
die Hamburger
Hochbahn, außerdem Verkehrsbetriebe
aus Island,
Großbritannien, Niederlande,
Spanien, Portugal, Luxemburg
und Schweden. Sie haben
ebenfalls im letzten
Jahr je drei Busse erhalten.
Die Aufgabenstellung für
die Betriebe ist unterschiedlich.
Während in Stuttgart
der Einfluss von Topographie
auf Verbrauch und
Technik zu prüfen ist, sollen
die Busse in anderen Städten
zeigen wie sie u.a. mit
unterschiedlichen klimatischen
Bedingungen zurechtkommen.
Unterschiedlich –
und das ist der zweite Aspekt
des Projekts – ist auch
die Erzeugung des Wasserstoffs
in den einzelnen
Städten. Setzt Stuttgart auf
Dampfreformierung, werden
in anderen Städten der Wasserstoff
angeliefert oder das
Elektrolyseverfahren genutzt.
Porto
Madrid
Reykjavik
Hamburg
London Amsterdam
Barcelona
Luxembourg
Stuttgart
Die Gesamtkosten des Projekts
in Stuttgart für die
zwei Jahre betragen rund
5,7 Millionen Euro. Darin
sind die Investitionen und
Unterhaltung für die drei
Fahrzeuge, die Anlage zur
Wasserstofferzeugung, die
Tankstelle sowie die Betriebskosten
enthalten.
Stockholm
Sie werden von der Europäischen
Union, vom Bundesministerium
für Wirtschaft
und Arbeit, vom Ministerium
für Verkehr und Umwelt
Baden-Württemberg,
von der EnBW Energie Baden-Württemberg,
von der
Stiftung Energieforschung
Baden-Württemberg, von BP
und von der SSB getragen.
Auf der Linie 44 unterwegs
Die Auswahl der an dem
Europaprojekt beteiligten
Städte kommt nicht von ungefähr.
Stuttgart soll zeigen,
wie die Busse sich verhalten,
wenn es auf der Straße
bergauf und bergab geht.
Dafür wurde die Buslinie 44
ausgewählt, eine Linie, die
mitten in die Stuttgarter
Innenstadt fährt. Über ein
Jahr lang pendelten die Busse
auf der rund 4,5 Kilometer
langen Strecke zwischen
Westbahnhof und Schlossplatz.
Auf der Strecke gehören
die Busse fast schon
zum Stadtbild, wenn sie
dampfend ihre Runden ziehen
und dabei rund 170 Höhenmeter
mit über sechs
Prozent Steigung bewältigen.
Zum 12. Dezember 2004
wurde die Meßlatte noch
höher gelegt. Nachdem sich
zum Fahrplanwechsel die
Strecke der Linie 44 ändert,
müssen die Busse noch größere
Anforderungen erfüllen.
Die neue Linie 44 ist
9.500 Meter lang und führt
vom Westbahnhof über den
Stuttgarter Hauptbahnhof
zum Messegelände Killesberg.
Die Steigung beträgt
jetzt bis zu 8,5 Prozent, 25
Haltestellen werden bedient.
Wie auch im ersten Jahr
sind die Busse von Montag
bis Freitag im Einsatz und
fahren zeitlich zwischen den
normalen Bussen im Linienverkehr,
ersetzen sie aber
nicht.
Kleiststraße
44
44
44
Feuerbach
Senefelderstraße
Herweghstraße
Leipziger
Schwabstraße
Platz Seyfferstraße
Westbahnhof
Stuttgart
West
44
44
44
Killesberg
Messe Kunstakademi e
Feuersee
Marienstraße
Viergiebelweg
Obere
Mönchhalde
Helfferichstraße Türlenstraße
Am
(Bürgerhospital )
Kriegsbergturm
Im
Kaisemer Postdörfle
44 44
500 m 1 km 1.5 km 2 km
Denn allzuhäufig müssen sie
Sonderaufgaben aller Art
wahrnehmen: Für Sonderfahrten
beispielsweise zu
Veranstaltungen wie dem
World Mobility Forum oder
dem Wissenschaftssommer.
Stuttgart
Nord
44
44
44
44
Stuttgart Süd
44
44
Schlossplatz
Charlottenplatz
44
44
44
44
Hauptbf
(Arnulf-Klett-Platz)
Staatsgaleri e
44
44
Rathaus
Ö sterreichischer
Platz
44
44 44
Dorotheenstraße
Zudem sind sie gefragte
Besichtigungsobjekte für
Wissenschaftler, Ingenieure,
Politiker, Studenten, Journalisten
und Besuchergruppen
aus aller Welt.
Die Fahrer
Wir fahren bei jedem Wetter
– sagen die sechs Fahrer, die
speziell für die Brennstoffzellenbusse
eingeteilt sind.
Der Zuspruch war riesig, als
die SSB ihre Fahrerinnen
und Fahrer fragten, ob sie
interessiert seien, die Spezialbusse
zu fahren. „Das
Interesse an der Technik war
ausschlaggebend dafür“, davon
ist Fahrer Udo Becker
überzeugt. So musste letztlich
das Los entscheiden.
Ralf Alles, Udo Becker, Jürgen
Hommel, Vinzenzo Perconte,
Peter Schweitzer und
Bruno Wacker heißen die
sechs, die während ihres
Dienstes auf der Linie auch
noch viele Zusatzaufgaben
haben. Morgens müssen verschiedene
Checks durchgeführt
werden, bevor der Bus
auf die Linie geht. Tagsüber
sind sie nicht nur im Fahrdienst,
sondern auch im
Auskunftsdienst.
„Was heißt eigentlich Fuel
Cell Bus?“, „Schadet der
Dampf nicht den Blättern an
den Bäumen?“ oder „Was
tanken Sie?“ , das sind, so
Jürgen Hommel, häufige
Fragen. Und zum Abschluss
ihres Dienstes sind sie auch
noch Tankwart. Die Technik
halten sie für zukunftsweisend
und sie sind fasziniert
von den innovativen Bussen
„Wir sind überrascht von
der Resonanz bei den Fahrgästen“,
so einstimmig die
sechs Busfahrer. Die Busse
werden fotografiert und
manche Fahrgäste lassen sogar
einen Bus der Linie 44
aus, nur um danach mit den
Brennstoffzellenbus zu fahren.
„Die Fahrgäste finden
es besonders gut, dass die
Busse keine Abgase haben,
was für die Stadtmenschen
doch immer mehr zu Belastung
wird“, so Ralf Alles.
„Die Busse machen für sich
selbst auch Werbung“, sagt
Bruno Wacker, schließlich
ziehen sie oft eine ordentliche
Wolke hinter sich her,
jedoch keine Abgas-, sondern
eine Dampfwolke. Dass
sich die SSB an solchen
Versuchen beteiligt, halten
die Fahrer ebenfalls für
wichtig und richtig. „Ewig
wird es mit dem Diesel nicht
weitergehen“, sagt Vinzeno
Perconte und Peter Schweizer
ergänzt: „Wir brauchen
Alternativen“.
„Die Busse lassen sich gut
fahren“, auch darin sind
sich die Fahrer einig. Trotz
des Mehrgewichts, so die
Buskapitäne, könne man im
Verkehr gut mitschwimmen.
Das Fahrverhalten der Brennstoffzellenbusse
entspricht
dem der Dieselbusse. Amaturenbrett
und Fahrerplatz
sind nahezu unverändert,
nur wenige Anzeigen und
Schalter sind hinzugekommen.
Die Brennstoffzelle
Der Strom, den der Elektromotor des
Busses braucht, wird in den Brennstoffzellen
erzeugt. Rund 1.900 solcher
kleiner Einzelzellen sind in zwei etwa
80 x 60 x 60 cm großen Gestellen, den
„BZ-Stacks“, für die Stromversorgung
des Elektromotors im Bus gebündelt.
Denn eine einzelne Zelle erzeugt nur
eine sehr geringe Spannung von ca.
einem Volt, so dass die Zellen in Reihe
geschaltet werden.
Das Prinzip der Brennstoffzelle ist seit
mehr als 150 Jahren bekannt, sie ist
älter als der Verbrennungsmotor. Bereits
1839 wurde der Grundstein für
die heutige Brennstoffzellentechnik gelegt.
Damals konstruierte der wallisische
Jurist und Physiker Sir William
Robert Grove (1811-1896) den ersten
funktionsfähigen Prototypen.
Die Entdeckung wurde erst in den 50er
Jahren, ein Jahrhundert später, wieder
aktuell, zunächst für Raumfahrt und
Militär. In Raumfahrzeugen und
U-Booten gibt es Bedarf an elektrischer
Energie, ohne dass Verbrennungsmotoren
eingesetzt werden können. Da
Batterien für Raumfahrzeuge zu
schwer sind, entschied sich die NASA
(z.B. im Apollo Programm) für die direkte
chemische Energieerzeugung
durch Brennstoffzellen. Die zivile Nutzung
der Brennstoffzelle wurde erst
Ende des 20. Jahrhunderts interessant.
Wissenschaftler und Ingenieure entwickelten
zu Beginn der 90er Jahre verschiedene
neue Konzepte und Technologien,
mit denen es gelang, die
Leistungsfähigkeit kontinuierlich zu
steigern und gleichzeitig die Kosten
zu senken. Inzwischen reichen die Einsatzmöglichkeiten
von Fahrzeugantrieben,
Hausheizungen und Großkraftwerken
mit mehreren Megawatt
Leistung bis in den Bereich der Kleinstanwendungen
wie Handys oder mobile
Computer hinein. DaimlerChrysler hat
als Pionier diese Technologie entscheidend
vorangetrieben und seit 1994
zahlreiche Forschungs- und Prototypen-Fahrzeuge
vorgestellt.
Die Brennstoffzelle kehrt den Prozess
der aus dem Schulunterricht bekannten
Elektrolyse um, also die Zerlegung
von Wasser mit Hilfe elektrischer Energie
in die gasförmigen Bestandteile
Wasserstoff und Sauerstoff. Die Brennstoffzelle
nimmt genau diese beiden
Stoffe und verwandelt sie wieder in
Wasser, wobei elektrische Energie freigesetzt
wird.
Brennstoffzellen sind sehr einfach aufgebaut.
Die eigentliche Zelle besteht
aus drei übereinander liegenden Schichten:
Die erste Schicht ist die Anode,
die zweite ein Elektrolyt und die dritte
Schichte bildet die Kathode. Anode
und Kathode dienen als Katalysator.
Die mittlere Schicht besteht aus einer
Trägerstruktur, die den Elektrolyten in
sich aufnimmt. Als Elektrolyten dienen
in den verschiedenen Brennstoffzellentypen
jeweils unterschiedliche
Stoffe.
Element mit Kanälen für
Wasserstoff und Sauerstoff
Elektrode
Endplatte mit Anschlüssen
Protonenleitende
Membran (PEM)
Katalysator
Es gibt verschiedene Brennstoffzellen-Typen,
die sich in
Aufbau und Funktionsweise
unterscheiden. Exemplarisch
hier anhand einer PEM-Brennstoffzelle
das Arbeitsprinzip:
Befindet sich an der Anode
Wasserstoff und an der Kathode
Sauerstoff, läuft folgender
Vorgang ab: Ein Wasserstoffmolekül
wird unter Abgabe von
Elektronen in zwei Wasserstoffatome
gespalten. Die entstehendenen
Wasserstoff-Ionen
wandern durch die protonenleitende
Membran (Elektrolyt)
zur Kathode und oxidieren mit
Sauerstoff zu Wasser.
einzelne Brennstoffzelle
Element mit Kanälen für Wasserstoff
und Sauerstoff
Damit Wasser entstehen kann,
werden die Elektronen benötigt,
die vorher an der Anode
abgegeben wurden. Die Membran
ist für Elektronen nicht
durchlässig, sondern nur für
Protonen. Verbindet man nun
die beiden Elektroden mit einem
elektrischen Leiter, so
wandern die Elektronen durch
diesen von der Anode zur Kathode:
es fließt ein nutzbarer,
elektrischer Strom. Dieser Prozess
läuft kontinuierlich ab solange
ausreichend Wasserstoff
und Sauerstoff an Anode und
Kathode zur Verfügung stehen.
Die Tankstelle
Wasserstoff, die dritte industrielle Revolution,
so bezeichnete der amerikanische
Bestsellerautor und Zukunftsforscher
Jeremy Rifkin die derzeitige
Entwicklung. Wasserstoff gilt als Energieträger
der Zukunft. Wasserstoff ist
auf der Erde in fast unerschöpflichem
Ausmaß vorhanden, allerdings kaum
in Reinform. Bevor also der Wasserstoff
in die Speicherflaschen auf dem
Bus gefüllt wird, muss er erstmal produziert
werden. Für die Produktion des
Wasserstoffs gibt es verschiedene Verfahren.
In Stuttgart wird der Wasserstoff
im Verfahren der Dampfreformierung
gewonnen, ein technisch
ausgereiftes Verfahren, dass auch in
verschiedenen Großanlagen verwendet
wird. In einer chemischen Reaktion
wird der Wasserstoff gewonnen. Ausgangsprodukte
sind dabei Erdgas, Wasser
und Sauerstoff. Die Reaktion läuft
in drei Stufen ab:
1. Stufe: Eine Mischung aus drei Teilen
Wasserdampf und einem Teil Erdgas
wird in einem Ofen auf 720 Grad erhitzt.
Es entsteht ein wasserstoffreiches
Gas aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff.
Das wasserstoffreiche Gas wird
abgekühlt auf etwa 350 Grad.
2. Stufe: Der Wasserstoffanteil in dem
Gas muss erhöht werden. Dazu reagieren
Kohlenmonoxid und zugeführtes
Wasser zu Kohlendioxid und Wasserstoff.
3. Stufe: Der Wasserstoff muss gereinigt
werden. Reste von Wasser, Erdgas,
Kohlenmonoxid und Kohlendioxid
müssen entfernt werden. Das Ergebnis
ist ein 99,9 Prozent reiner Wasserstoff.
Zur Produktion des Wasserstoffs und
zur Betankung der Busse wurde eine
Wasserstoffanlage auf dem Gelände
der EnBW (Energie Baden-Württemberg)
in Stuttgart Gaisburg gebaut. Die
Tankstelle wurde von der Firma Brochier
errichtet, die Wasserstoffproduktionsanlage
lieferte die Firma Mahler
IGS GmbH mit Sitz in Stuttgart.
Mahler IGS gehört zu den international
führenden Anbietern von Anlagen
zur Erzeugung von Industriegasen. Seit
1950 hat das Unternehmen mehr als
4.500 Anlagen weltweit in Betrieb genommen.
Die Anlage ist so dimensioniert, dass
sie den Wasserstoffbedarf produziert,
den die Busse am Tag abnehmen. Am
Wochenende wird die Wasserstoffproduktion
automatisch reduziert. Zur
Notversorgung steht ein Trailer zur
Verfügung, aus dem die Busse ebenfalls
betankt werden können.
Dampf-Reformer
Wasseraufbereitung
Kühlsystem
Verdichter-
Station
Gas-Reinigung
Zapfsäule
Speicher
Die Werkstatt
Wenn für andere Busse nach
dem anstrengenden täglichen
Dienst auf der Linie
Feierabend ist, gilt das für
die Brennstoffzellenbusse
noch nicht. Nach täglich
rund acht Stunden auf der
Linie warten in der Werkstatt
umfangreiche Checks
auf sie. Sind alle Leitungen
dicht, was passiert durch
das ständige Anfahren und
Abbremsen auf der Linie,
funktionieren die Anzeigen,
wie ist der Wasserstoffverbrauch.
Rund 15 Punkte
umfasst die täglich abzuarbeitende
Checkliste. Für den
Bushersteller sind das wichtige
Informationen wenn es
darum geht, die Technologie
weiterzuentwickeln und serienreif
zu machen.
Alle Checks erfolgen in
Gaisburg, in der größten
Buswerkstatt der SSB. Dort
werden rund 160 Busse gewartet,
repariert aber auch
gereinigt und gewaschen.
Zwar kommen die Brennstoffzellenbusse
zum Check
in die Werkstatthalle, die
Abstellung erfolgt im Freien.
Damit die Brennstoffzelle
nicht unterkühlt wird, werden
die Busse über Nacht an
eine Heizung mit externer
Stromversorgung angeschlossen.
In der Werkstatt wurden an
zwei Stellplätzen Wasserstoffsensoren
und Gas-Ablassleitungen
installiert, um
auch die Brennstoffzellenbusse
neben den anderen
Bussen warten zu können.
Mit Dampf auf den Schulhof
SSB stellt Brennstoffzellenbus
für Schulen bereit
Unterricht mit der Praxis
verbinden – das ist das Ziel
der Aktion „Mit Dampf auf
den Schulhof“. Bei dieser
Aktion haben interessierte
Schulen die Möglichkeit, einen
der drei Brennstoffzellenbusse
der Stuttgarter
Straßenbahnen AG für den
Unterricht anzufordern.
Denn Energie, Energieerzeugung
und Umweltaspekte
sind wichtige Themen sowohl
im Physik- als auch
Chemie-Unterricht.
Bei der Aktion „Mit Dampf
auf den Schulhof“ fährt der
Bus zu den Schulen, um
dort als Anschauungs- und
Er„fahr“ungsobjekt zu dienen.
SSB-Mitarbeiter und
ein Techniker, der die Fahrzeuge
täglich betreut, stehen
für Fragen bereit.
Schulen, die Interesse haben,
die Brennstoffzellenbusse
ebenfalls in ihren
Unterricht einzubinden,
wenden sich zur Terminabsprache
an:
Stuttgarter Straßenbahnen AG
Öffentlichkeitsarbeit
Telefon 0711.7885-2686
presse@mail.ssb-ag.de.
Wasserstoffbus zu verkaufen
Vom Dampfbus, wie die
Straßenbähnler den jüngsten
Spross in der Palette ihres
Fuhrparks liebevoll nennen,
gibt es auch ein Modell.
Rietze, ein Modellautohersteller
aus Altdorf bei
Nürnberg, produziert diese
Nachbildung des Daimler-
Chrysler-Brennstoffzellenbusses.
Der Maßstab ist
1:87, also die bekannte HO-
Baugröße, die zu handelsüblichen
Modelleisenbahnen
passt. Der Aufbau des Modells
unterscheidet sich bis
zur Fensteroberkante – wie
beim Vorbild – zunächst
nicht wesentlich vom Grundmodell,
dem bekannten Bustyp
„Citaro“. Allerdings ist,
vorbildgerecht, ein „Dreitürer“
nachgebildet, eine Neuheit
bei SSB-Bussen, die
bisher beim Standardwagen
immer über zwei Türen verfügten.
Auffallend bei Vorbild und
Modell sind die markanten
Dachaufbauten, die im Großen
einen Teil der Brennstoffzellentechnik
enthalten
und auch beim Modellbus
genau nachgebaut sind.
Während man dem „echten“
Bus aber höchstens von einer
Brücke herunter aufs
Dach linsen kann, lässt sich
das 137 Millimeter lange
Modell aus allen Perspektiven
betrachten. Auch sonst
ist der HO-Modellbus in vielen
Einzelheiten – bis hin zu
extra eingesetzten Scheinwerfernachbildungen
– gut
getroffen.
Die SSB-Version ist für
29,00 Euro erhältlich in den
drei SSB-Kundenzentren Rotebühlpassage,Charlottenplatz
und Degerloch sowie
beim SSB-Marketing,
Stuttgart-Möhringen,
Haltestelle SSB-Zentrum,
Raum 4-23,
Tel. 0711.7885-7700
Umweltbericht der SSB
Umweltschutz hat bei der
SSB als öffentlichem Unternehmen
einen hohen Stellenwert.
Das Unternehmensziel,
Fahrgäste täglich zu
überzeugen und neue hinzuzugewinnen
ist auch ein
Ziel für den Umweltschutz.
Denn Busse und Bahnen
sind anerkannt umweltverträgliche
Verkehrsmittel mit
geringem Flächen- und
Energieverbrauch, geringer
Lärmentwicklung und niedrigen
Schadstoffemissionen.
90 Prozent der SSB-Busse
sind mit einem Abgas-Nachbehandlungssystemausgerüstet.
Mehr über umweltfreundliche
Mobilität steht im Umweltbericht
der SSB. Er erscheint
in unregelmäßigen
Abständen. Den Umweltbericht
2001 erhalten Sie bei
der SSB, Telefonnummer
0711.7885-2687.