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Nèijīng túܻ೪ – „Karte des inneren Gewebes“ - Qigong Yangsheng

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<strong>Nèijīng</strong> tú <strong>–</strong> <strong>„Karte</strong> <strong>des</strong> <strong>inneren</strong> <strong>Gewebes“</strong><br />

Teil II: Symbole und Praxisbezug<br />

Martina Darga<br />

<strong>Nèijīng</strong> tú, die <strong>„Karte</strong> <strong>des</strong> <strong>inneren</strong> <strong>Gewebes“</strong>, gehört zu<br />

den bekanntesten und anschaulichsten daoistischen<br />

Darstellungen <strong>des</strong> menschlichen Körpers. Bildlich und<br />

symbolisch stellt sie verschiedene Körperbereiche und<br />

innere Prozesse dar, die in der Inneren Alchemie<br />

(nèidān ) von Bedeutung sind. Nachdem im ersten<br />

Artikel zum <strong>Nèijīng</strong> tú (s. Zeitschrift für <strong>Qigong</strong> <strong>Yangsheng</strong><br />

2011, 66<strong>–</strong>75) die Hintergründe und Grundideen<br />

der Abbildung erklärt wurden, behandelt dieser Artikel<br />

einzelne Symbole sowie den Himmelskreislauf als Bezug<br />

zur Übungspraxis.<br />

I. Symbolik <strong>des</strong> <strong>Nèijīng</strong> tú<br />

Der Körper, den die Abbildung zeigt, kann in drei<br />

übereinander liegende Bereiche eingeteilt werden:<br />

unten der Bauchbereich bzw. das Abdomen, in der<br />

Mitte der Brustbereich und darüber der Kopf. Jede der<br />

drei Regionen enthält jeweils unterschiedliche Bildelemente<br />

mit symbolischer Bedeutung, von denen die<br />

wichtigsten im Folgenden erläutert werden.<br />

Bauchbereich<br />

Die Basis <strong>des</strong> unteren Körperbereichs bildet das Wasser<br />

<strong>–</strong> die Wandlungsphase Wasser und ihr zugeordnet der<br />

Funktionskreis Niere und damit auch die Essenz (jīng<br />

). In der Inneren Alchemie gilt die erste der drei<br />

Umwandlungsstufen als Transformation der Essenz in<br />

Qì . Im <strong>Nèijīng</strong> tú wird dargestellt, wie das Wasser<br />

bzw. die Essenz von einem Jungen und einem Mädchen<br />

mittels der „geheimnisvollen Yīn-Yàng-Tretmühle“<br />

durch die Wirbelsäule nach oben gepumpt wird. Dieses<br />

Symbol steht im Zusammenhang mit einer Übung, die<br />

Himmelskreislauf (zhōutiān ) genannt wird und<br />

auf die weiter unten eingegangen wird.<br />

Abb. 2: „Geheimnisvolle Yīn-Yàng Tretmühle“<br />

Des Weiteren kommt in diesem Motiv die Grundidee<br />

der Inneren Alchemie zum Ausdruck, dass eine<br />

Umkehr oder Rückkehr (făn ) zum Dào <br />

erforderlich ist, um Langlebigkeit zu gewinnen und die<br />

unvergängliche Wesensnatur in sich zu entfalten. Der<br />

Alchemist begibt sich auf einen Weg der Umkehr von<br />

der Vielfalt der vergänglichen Erscheinungswelt zur<br />

Einheit <strong>des</strong> unvergänglichen Dào, also zu jenem primordialen<br />

Zustand seines Seins, der alchemistischer<br />

Anschauung nach seit seiner Zeugung im Menschen<br />

angelegt ist. Diese Rückkehr umfasst gewissermaßen ein<br />

Umkehren derjenigen Prozesse, die im Vergehen enden.<br />

So gilt es beispielsweise in der Lebenspflege wie auch im<br />

<strong>Nèijīng</strong> tú, dass der Adept seine Essenz nicht veraus-<br />

50 Zeitschrift für <strong>Qigong</strong> <strong>Yangsheng</strong> 2012: 49 <strong>–</strong> 56


gaben, sondern sie bewahren und nach oben fließen<br />

lassen soll <strong>–</strong> ganz entgegengesetzt dem ge wöhn lichen<br />

Lauf <strong>des</strong> Wassers, das seiner Natur gemäß nach unten<br />

fließt. So geht die Essenz nicht nur nicht verloren,<br />

sondern wird zusätzlich gereinigt, verfeinert und<br />

umgewandelt.<br />

Maßgeblich wird das Abdomen durch das untere Zinnoberfeld<br />

(dāntián ) bestimmt. Dieses findet seine<br />

bildliche Entsprechung im Pflüger mit dem Ochsen<br />

oder Büffel, der die Erde umgräbt, damit in diesem<br />

bearbeiteten Feld der Keim <strong>des</strong> Elixiers der Unsterblichkeit<br />

aufgehen kann. Das Elixier der Unsterblichkeit<br />

wird häufig auch als Same bezeichnet, der gesät und<br />

gehegt werden muss, damit er wachsen kann. Wie das<br />

Bild der Pflügers andeutet, sind hierfür eine gute Vorbereitung<br />

und unermüdliche Arbeit notwendig.<br />

Abb. 3: Pflüger mit Büffel: Vorbereitung für den Keim <strong>des</strong><br />

Elixiers.<br />

Die beiden wichtigsten Energien im unteren Körperbereich<br />

und im Rahmen der ersten Stufe der Um wandlung<br />

sind die Essenz und das Qì. Sie werden in engem<br />

Zusammenhang mit dem unteren Zinnoberfeld gesehen,<br />

da ihre Umwandlung hier stattfindet. Aller dings<br />

beschränken sich die Prozesse der Umwandlung nicht<br />

allein auf die Zinnoberfelder, sondern es werden<br />

zusätzlich weitere Körperbereiche angesprochen, wie<br />

etwa die drei Passtore (sāngūan ), die mit den drei<br />

Zinnoberfeldern korrespondieren.<br />

Rechts vom Pflüger befinden sich zwei Öfen, aus denen<br />

Flammen schlagen sowie ein vierfaches Yīn-Yàng <br />

-Symbol. Die Öfen gelten in der Inneren Alchemie als<br />

diejenigen Orte, wo das Elixier der Unsterblichkeit<br />

hergestellt wird. Diese beiden Öfen im unteren Körperbereich<br />

symbolisieren hier die Sammelstellen der Essenz<br />

Zeitschrift für <strong>Qigong</strong> <strong>Yangsheng</strong> 2012: 49 <strong>–</strong> 56<br />

und <strong>des</strong> Qì. 1 Das Feuer hat in der Inneren Alchemie<br />

mehrere Bedeutungen und wird auch als ein Sinnbild für<br />

die Aufmerksamkeit verwendet, die den im Moment<br />

ablaufenden Prozess begleiten sollte <strong>–</strong> hier die erste Stufe<br />

der Umwandlung, die Transformation der Essenz in Qì.<br />

Abb. 4: Taijī -Symbole mit Stahlenkranz.<br />

Die vier tàijī -Symbole stehen für die Wandlungsphasen<br />

(xíng ) Holz, Feuer, Metall und Wasser.<br />

Die fünfte Wandlungsphase, die Mitte, kann in diesem<br />

Zusammenhang als die wahre Erde (zhēntŭ )<br />

verstanden werden, die für die Stille steht und die vier<br />

anderen Wandlungsphasen miteinander verbindet. 2 In<br />

diesem Bild wird angedeutet, dass die fünf Wandlungsphasen<br />

(wŭxíng ) harmonisiert werden können,<br />

indem der Praktizierende seine Aufmerksamkeit<br />

auf das untere Zinnoberfeld richtet.<br />

Das vierfache tàijí-Symbol strahlt in alle Richtungen<br />

aus, was ein Hinweis darauf sein mag, dass die im<br />

unteren Zinnoberfeld gesammelte und transformierte<br />

Kraft sich weiter über den ganzen Körper verbreiten<br />

kann.<br />

Brustbereich<br />

Der untere und mittlere Bereich <strong>des</strong> Körpers sind durch<br />

einen Maulbeerhain voneinander abgegrenzt, der auf<br />

die fünf Wandlungsphasen bezogen für die Wand-<br />

1 Komjathy, 2009, S. 74.<br />

2 Komjathy, 2009, S. 75.<br />

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