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Die Musikkultur der späten Postklassik Mesoamerikas Perspektiven ...

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<strong>Die</strong> <strong>Musikkultur</strong> <strong>der</strong> <strong>späten</strong> <strong>Postklassik</strong> <strong>Mesoamerikas</strong><br />

<strong>Perspektiven</strong> <strong>der</strong> Musikarchäologie<br />

Arnd Adje Both<br />

Magisterarbeit<br />

Lateinamerika Institut, Freie Universität Berlin 1999<br />

Rudolf-Virchow För<strong>der</strong>preis 2000<br />

überarbeitet und ergänzt 2001<br />

WEB PUBLICATION 2009<br />

URL: http://www.mixcoacalli.com/?cat=20


2<br />

Abb. 1 Aztekische Felltrommel: die berühmte huehuetl aus Malinalco, Mexiko.


3<br />

Inhalt<br />

1. Einleitung<br />

2. <strong>Die</strong> Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong>: Modelle, Verfahren und <strong>Perspektiven</strong><br />

2.1 Modelle<br />

2.2 Verfahren<br />

2.2.1 Archäoorganologie<br />

2.2.2 Musikikonologie<br />

2.2.3 Ethnohistorie <strong>der</strong> Musik<br />

2.2.4 Musikethnologie<br />

2.3 <strong>Perspektiven</strong><br />

3. <strong>Die</strong> Rezeption <strong>der</strong> aztekischen <strong>Musikkultur</strong> in <strong>der</strong> frühen Kolonialzeit<br />

4. <strong>Musikkultur</strong>elle Einrichtungen in Tenochtitlan, Hochtal von Mexiko<br />

4.1 Einrichtungen des Herrscherpalastes<br />

4.1.1 Das „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“<br />

4.1.2 Das „Haus des Gesangs“<br />

4.2 Einrichtungen des Tempelbezirks<br />

4.2.1 Der „Ort des Bandes“<br />

4.2.2 Der „Ort des Tanzes“<br />

4.2.3 <strong>Die</strong> „Roten Tempel“ o<strong>der</strong> „5-Häuser“<br />

5. Schlussfolgerungen<br />

6. Bibliographie


4<br />

1. EINLEITUNG<br />

Eine musikarchäologische Untersuchung stützt sich meist auf nur wenige und stark fragmentierte<br />

Daten. Während die Musik einer archäologischen Kultur in ihren Gestaltungsprinzipien<br />

unwie<strong>der</strong>bringbar verklungen ist, lässt sich unter Berücksichtigung erhaltener Klangartefakte und<br />

musikikonologischer Darstellungen oft nur ein ausschnitthaftes Bild rekonstruieren. Das gilt auch<br />

für die Kulturen <strong>Mesoamerikas</strong>, doch aus <strong>der</strong> umfangreichen Quellenlage zur Kultur <strong>der</strong> Azteken<br />

(Hochtal von Mexiko, späte <strong>Postklassik</strong>, ca. 1350 – 1521 n.Chr.), zu <strong>der</strong> wertvolle ethnohistorische<br />

Informationen zählen, sind vielfältige Aufschlüsse zu gewinnen. <strong>Die</strong>se ermöglichen auch ein<br />

Verständnis <strong>der</strong> musikarchäologischen Zeugnisse früherer Kulturen <strong>Mesoamerikas</strong>.<br />

<strong>Die</strong> aztekische <strong>Musikkultur</strong>, die in ihrer Vielfalt noch nicht umfassend dargestellt wurde, erfuhr<br />

ihre höchste Entfaltung in Tenochtitlan, dem politischen und religiösen Zentrum <strong>der</strong> Azteken im<br />

Hochtal von Mexiko, das 1521 durch die Spanier zerstört wurde und heute unter <strong>der</strong> kolonialen<br />

Altstadt im Zentrum von Mexiko-Stadt liegt. Ihre direkten Vorläufer fand sie in den<br />

zentralmexikanischen Kulturen <strong>der</strong> mittleren <strong>Postklassik</strong> (ca. 1150 - 1300/1350 n.Chr.), die<br />

vornehmlich mixtekisch beeinflusst waren. Durch Tradierungen, die zu einem gegenseitigen und<br />

wechselseitigen Austausch musikalischer Formen führten, bestanden Kontinuitäten, die bis in die<br />

Präklassik (ca. 1500 – 300/150 v.Chr.) zurückverfolgt werden können. Exemplarisch kann dies am<br />

Instrumentarium abgelesen werden, das sich bis auf wenige Ausnahmen nur in <strong>der</strong> Symbolik und<br />

eigenständigen Formen gleicher Instrumententypen sowie <strong>der</strong> Einführung neuer Technologien, wie<br />

<strong>der</strong> Metallverarbeitung in <strong>der</strong> frühen <strong>Postklassik</strong> um 800 n.Chr., von Kultur zu Kultur unterschied<br />

und sich bis zur Konquista kontinuierlich entfaltete. Als Ausgang für eine systematische<br />

Untersuchung bietet sich die späte <strong>Postklassik</strong> in beson<strong>der</strong>er Weise an.<br />

Da bisher keine allgemeinverbindliche Methodik <strong>der</strong> Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong> aufgestellt<br />

wurde, soll zunächst ein interdisziplinäres Modell vorgeschlagen und anhand <strong>der</strong> Datengrundlage<br />

erörtert werden (Kap. 2). Um zu einer allgemeinen Vorstellung des Klangbildes<br />

mesoamerikanischer Instrumental- und Vokalmusik zu gelangen, wird darauf die europäische<br />

Rezeption indigener Musiktraditionen in <strong>der</strong> frühen Kolonialzeit reflektiert (Kap. 3). Ein<br />

Schwerpunkt liegt hier auf <strong>der</strong> Wahrnehmung des Klangbildes <strong>der</strong> aztekischen Musik in Verbindung<br />

mit Kampfhandlungen, Tempelkulten und Zeremonialtänzen. Zugleich wird ein wichtiger Aspekt <strong>der</strong><br />

frühen Missionsgeschichte Mexikos beleuchtet. Unter Berücksichtigung aller verfügbaren<br />

Informationen sollen zum Schluss die gesellschaftlich relevanten Einrichtungen <strong>der</strong> aztekischen<br />

<strong>Musikkultur</strong> untersucht werden (Kap. 4). Ein Schwerpunkt liegt hier auf <strong>der</strong> Beschreibung<br />

verschiedener Gebäude- und Hofkomplexe innerhalb des aztekischen Zeremonialzentrums<br />

Tenochtitlan. Wie aus einer sorgfältigen Interpretation schriftlicher Überlieferungen hervorgeht,<br />

wurde dort eine instrumentale Tempelritual-, Zeremonialtanz- und Palastmusik gepflegt, mit <strong>der</strong><br />

verschiedene Gruppen spezialisierter Musiker innerhalb des Tempelbezirks und im Herrscherhaus<br />

betraut waren.


5<br />

2. DIE MUSIKARCHÄOLOGIE MESOAMERIKAS: MODELLE, VERFAHREN UND<br />

PERSPEKTIVEN<br />

2.1 Modelle<br />

Fig. 1: „the model for musical/ cultural study of ancient material culture“<br />

(Olsen, 1990: 176, fig. 1)<br />

Dale A. Olsen stellte anhand einer Untersuchung von Aerophonen <strong>der</strong> Etrusker und vorspanischer<br />

Kulturen Kolumbiens ein interdisziplinäres Modell <strong>der</strong> Musikarchäologie auf, das 1988 in dem von<br />

Ellen Hickmann und David W. Hughes herausgegebenen Band The Archaeology of Early Music<br />

Cultures präsentiert und 1990 überarbeitet wurde. 1 Es setzt sich aus vier analytischen<br />

Untersuchungsmethoden o<strong>der</strong> Verfahren („processes“) zusammen, die <strong>der</strong> Musikarchäologie<br />

(„archaeomusicological process“), <strong>der</strong> Musikikonologie („music iconological process“), <strong>der</strong><br />

Ethnographie („historiographic process“) und <strong>der</strong> Ethnologie („ethnological analogy process“)<br />

entsprechen und um den jeweiligen Schwerpunkt einer musikarchäologischen Untersuchung<br />

angeordnet sind. 2 Je nach Fragestellung kann es sich dabei um die Bedeutung und Funktion<br />

bestimmter Musikinstrumente einer archäologischen Kultur handeln, o<strong>der</strong>, um von Olsen<br />

angeführte Beispiele zu nennen, ihre jeweilige Konstruktionsweise, Spieltechnik o<strong>der</strong> Handhabung<br />

(„organological knowledge“, „tuning system knowledge“, etc.).<br />

1 Olsen (1988; 1990).<br />

2 Olsen (1988: 306; 1990: 176, fig. 1).


6<br />

Umfassende Aufschlüsse sind Olsen zufolge nur dann möglich, falls substantielle Informationen zu<br />

je<strong>der</strong> Verfahrensweise vorliegen und gebührend berücksichtigt werden. 3 Das heißt, dass <strong>der</strong> Erfolg<br />

einer musikarchäologischen Untersuchung maßgeblich von <strong>der</strong> Datengrundlage sowie <strong>der</strong><br />

gegenseitigen Ergänzung verschiedener Quellen abhängt. Aufgrund <strong>der</strong> zumeist stark<br />

fragmentierten Lage können allerdings eine o<strong>der</strong> sogar mehrere <strong>der</strong> Methoden aus dem<br />

Untersuchungsfeld herausfallen, sodass die Ergebnisse ausschnitthaft bleiben.<br />

Ein Modell <strong>der</strong> Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong><br />

Fig. 2: Modell <strong>der</strong> Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong><br />

<strong>Die</strong> Datengrundlage <strong>der</strong> Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong> wurde schon zu Beginn <strong>der</strong> 30er Jahre<br />

von Daniel Castañeda und Vicente T. Mendoza definiert. 4 Zu den verfügbaren Quellen zählten sie<br />

archäologisch aufgefundene Musikinstrumente, Musikerfigurinen und Miniaturdarstellungen des<br />

Instrumentariums, bil<strong>der</strong>handschriftliche Darstellungen, schriftliche Überlieferungen aus <strong>der</strong><br />

Kolonialzeit und rezent verwendete Musikinstrumente vorspanischen Ursprungs. 5 In ihrer<br />

umfangreichen Untersuchung vorspanischer Perkussionsinstrumente, die zu <strong>der</strong> 1933 erschienenen<br />

Monographie Instrumental Precortesiano führte, bestimmten sie Materialien, Abmessungen und<br />

Herstellungstechniken, widmeten sich <strong>der</strong> Akustik archäologischer Instrumente, indem sie Repliken<br />

anfertigten, nahmen die Symbolik auf und stellten ikonologische sowie ethnohistorische<br />

Informationen zusammen. Darin erfüllten sie bereits den interdisziplinären Forschungsansatz <strong>der</strong><br />

Musikarchäologie.<br />

3 Olsen (1990: 176).<br />

4 Castañeda/ Mendoza (1933: röm. V-VI).


7<br />

Um nun den Bedingungen <strong>der</strong> Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong> Rechnung zu tragen, werden die<br />

ersten drei von Olsen vorgeschlagenen Untersuchungsmethoden inhaltlich übernommen und durch<br />

Hinzufügung von Subverfahren, wie <strong>der</strong> Ethnolinguistik, ausgebaut, wodurch <strong>der</strong> interdisziplinäre<br />

Charakter weiter vertieft wird (siehe Kap. 2.2.1-2.2.3). <strong>Die</strong> erste von Olsen irritierend als<br />

Musikarchäologie bezeichnete Untersuchungsmethode wird Archäoorganologie (Instrumentenkunde<br />

archäologischer Klangartefakte) genannt, da es sich auch bei den an<strong>der</strong>en Verfahrensweisen um<br />

Methoden <strong>der</strong> Musikarchäologie handelt. <strong>Die</strong> Musikethnologie als vierte von Olsen gleichwertig<br />

behandelte Untersuchungsmethode ist im Fall <strong>der</strong> Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong> nur dann<br />

anwendbar, falls kulturelle Kontinuitäten eindeutig nachgewiesen werden können (siehe Kap.<br />

2.2.4). Überprüft werden kann dies durch die Ethnohistorie <strong>der</strong> Musik und die Historische<br />

Musikwissenschaft.<br />

2.2 Verfahren<br />

2.2.1 Archäoorganologie<br />

Von großem Interesse für die Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong> sind konservierte Klangartefakte.<br />

Dazu zählt grundsätzlich jedes Instrument, mit dem eine Lauterzeugung möglich ist. <strong>Die</strong> nach <strong>der</strong><br />

organologischen Systematik 6 in Membranophone, Ideophone und Aerophone eingeteilten<br />

Instrumente werden, wenn möglich, nach ihrem Fundkontext, Materialbeschaffenheit,<br />

Herstellungstechnik und Akustik untersucht. <strong>Die</strong>se Parameter bieten Aufschluss über die zeitliche<br />

und räumliche Verbreitung, kulturspezifische Funktion und technische Funktionsweise <strong>der</strong><br />

Klangartefakte. <strong>Die</strong> in <strong>der</strong> Interpretation äußerst wichtige Instrumentensymbolik fällt in den<br />

Untersuchungsbereich <strong>der</strong> Musikikonologie (siehe Kap. 2.2.2).<br />

Falls <strong>der</strong> Fundkontext, <strong>der</strong> in älteren Grabungen selten adäquat dokumentiert wurde, keine<br />

exakte Datierung zulässt, können Analyseverfahren wie die Dendrochronologie o<strong>der</strong> die<br />

Radiocarbon-Methode ( 14 C-Datierung) hinzugezogen werden. Anhand <strong>der</strong> Materialbeschaffenheit<br />

lässt sich überprüfen, wann und in welcher Region bestimmte Musikinstrumente produziert und auf<br />

welchen Handelswegen sie möglicherweise ausgetauscht wurden. So ist auch die Kenntnis <strong>der</strong><br />

inner- und interkulturellen Beziehungen und Kontaktsituationen <strong>Mesoamerikas</strong> zu vertiefen. Mit<br />

Hilfe <strong>der</strong> Neutronenaktivierungsanalyse kann beispielsweise nachgewiesen werden, in welcher<br />

Region die mehrfach tubularen Kernspaltflöten aus Keramik entwickelt wurden, die in <strong>der</strong> Klassik<br />

(300/150 v.Chr. - 750/900 n.Chr.) an <strong>der</strong> Golfküste, im zentralen Maya-Tiefland, in Oaxaca und<br />

dem zentralen Hochland bekannt waren und <strong>der</strong>en Tonvorrat das Spiel komplexer Melodien zulässt.<br />

5 Castañeda/ Mendoza (1933: röm. V).<br />

6 Hornbostel/ Sachs (1914)


8<br />

Röntgenaufnahmen unbeschädigter Klangartefakte, die bereits von Flöten, Gefäßwasserpfeifen<br />

und aus maritimen Schneckengehäusen angefertigten Trompeten erstellt wurden, führen neben <strong>der</strong><br />

Untersuchung aufgefundener Fragmente sowohl zu Erkenntnissen <strong>der</strong> Herstellungstechnik als auch<br />

<strong>der</strong> technischen Funktionsweise. Anhand von Arbeitsspuren, beispielsweise an <strong>der</strong> Innenwandung<br />

erhaltener Holztrommeln, können ebenfalls Hinweise auf die Herstellungstechnik gewonnen<br />

werden. So ist an dem Abriss <strong>der</strong> Oberfläche einer aztekischen Standtrommel aus dem Museo<br />

Nacional de Antropología E História von Mexiko-Stadt abzulesen, dass das Fell ursprünglich mit<br />

einem starken Klebematerial befestigt war, so dass keine zusätzliche Pflockbespannung benötigt<br />

wurde. Abdruck- und Abnutzungsspuren an <strong>der</strong> Oberfläche liefern auch Indizien auf mögliche<br />

Spieltechniken. An den Zungen erhaltener Schlitztrommeln ist genau abzulesen, an welcher Stelle<br />

sie geschlagen wurden.<br />

<strong>Die</strong> Vermessung, Umzeichnung und fotografische Dokumentation <strong>der</strong> Klangartefakte von<br />

mindestens zwei Seiten dient zusammen mit den zuvor gewonnenen Daten einem organologisch<br />

exakten Nachbau. Mit ihnen o<strong>der</strong> aber auf gut erhaltenen Instrumenten, zu denen in Mesoamerika<br />

viele Keramikflöten zählen, ist <strong>der</strong> eigene und unverwechselbare Lautvorrat reproduzierbar.<br />

Experimentell sollten verschiedene Spieltechniken angewendet werden. Falls mehrere Instrumente<br />

im Verbund aufgefunden wurden, kann ihre Akustik auch im Zusammenspiel überprüft werden. So<br />

treten im gleichzeitigen Spiel von Keramikflöten häufig Dissonanzen auf, denen im Ritualkontext<br />

möglicherweise eine wichtige Funktion zukam.<br />

2.2.2 Musikikonologie<br />

Der ikonologischen Interpretation <strong>der</strong> Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong> dienen zum einen die<br />

erhaltenen Klangartefakte selbst, und zum an<strong>der</strong>en Figurinen, Statuen, Reliefs, Wandmalereien<br />

und Bil<strong>der</strong>handschriften. Da viele Musikinstrumente aus vergänglichen Materialien hergestellt<br />

wurden und meist nur ein kleiner Teil aus dem Gesamtspektrum des Instrumentariums erhalten<br />

geblieben ist, kommt gerade den letztgenannten Quellgruppen große Bedeutung zu. Aus ihnen geht<br />

hervor, dass musikalische Praktiken nicht nur in <strong>der</strong> <strong>Postklassik</strong> (ca. 950 - 1520 n.Chr.), son<strong>der</strong>n<br />

schon in <strong>der</strong> Präklassik (ca. 1500 - 300/150 v.Chr.) und <strong>der</strong> Klassik (ca. 300/150 v.Chr. - 750/900<br />

n.Chr.) eine wichtige Rolle spielten. Da die musikikonologischen Zeugnisse meist datiert werden<br />

können, liefern auch sie einen wichtigen Beitrag zur Stratifikation des vorspanischen<br />

Instrumentariums.


9<br />

<strong>Die</strong> Symbolik eines Klangartefakts kann u.a. aus <strong>der</strong> Formgebung, Bemalung, Inzisierung o<strong>der</strong><br />

applizierten figürlichen Elementen hervorgehen und liefert wichtige Hinweise auf seine autochthone<br />

Bedeutung und Funktion. So legt die Tierform vieler Musikinstrumente eine spezifische kultische<br />

Verwendung nahe, da Tiere vielfach als Manifestationen bestimmter Gottheiten galten. Auch die<br />

charakteristische Form und Symbolik kann auf die Herkunft eines Klangartefakts hinweisen und<br />

eine Datierung ermöglichen. Falls in einem Fundort eine signifikante Menge gleicher Instrumente<br />

aus an<strong>der</strong>en Regionen aufgefunden werden, liefert dies Indizien auf mögliche Kultureinflüsse, wie<br />

es beispielsweise die in Oaxaca und Veracruz aufgefundenen aztekischen Räuchergefässrasseln<br />

nahe legen. Anhand <strong>der</strong> Funde des „Barrio Oaxaqueño“ von Teotihuacan (Hochtal von Mexiko,<br />

Klassik, ca. 150 v.Chr. - 750 n.Chr.) ist so die Kontaktsituation zwischen <strong>der</strong> zentralmexikanischen<br />

Metropole und Monte Albán (Hochland von Oaxaca, Klassik, ca. 300 v.Chr. - 750/ 800 n.Chr.)<br />

überprüfbar. Auch an<strong>der</strong>e inter- und innerkulturelle Austausch- und Einflussnahmesituationen<br />

sowie die Rolle, die Musik dabei spielte, sind musikikonologisch nachzuweisen. So lässt sich<br />

feststellen, welche Unterschiede zwischen den Musikpraktiken großer Zeremonialzentren und ihrem<br />

jeweiligen Einflussgebiet bestanden, wie es in <strong>der</strong> Forschung zur Maya-Kultur von Interesse wäre.<br />

Zu den für die Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong> relevanten figürlichen Darstellungen zählen<br />

Terrakotten von Tänzern und Musikern sowie stilisierte Miniaturdarstellungen von<br />

Musikinstrumenten aus Stein o<strong>der</strong> Terrakotta. Anhand von Musikerfigurinen lassen sich häufig<br />

Instrumente nachweisen, die nicht mehr erhalten sind, und bestimmte Spielhaltungen exakt<br />

nachvollziehen. Im Verbund aufgefundene Ensemble, die aus Oaxaca, Zentral- und Westmexiko<br />

bekannt geworden sind, liefern Anhaltspunkte zu unterschiedlichen Arrangements. Bei bestimmten<br />

postklassischen Statuen aus Holz, Terrakotta o<strong>der</strong> Stein handelt es sich um Darstellungen<br />

zentralmexikanischer Gottheiten des Tanzes, <strong>der</strong> Musik und des Rausches, die die kultische<br />

Funktion von Musikpraktiken nahe legen.<br />

Musiker, Musikinstrumente sowie kostümierte Krieger und Priester in Tanz- o<strong>der</strong><br />

Prozessionsstellungen sind in Mesoamerika häufig auf Stelen, Reliefplatten und Tongefäßen sowie<br />

in Wandmalereien und Bil<strong>der</strong>handschriften festgehalten. Anhand dieses reichen Datenbestandes<br />

können ebenfalls unterschiedliche Spieltechniken und Arrangements, aber auch bestimmte<br />

Funktionen des Instrumentariums und <strong>der</strong> spezifische Kontext von Musikpraktiken ausschnitthaft<br />

rekonstruiert werden. So wurden in Teotihuacan Wandmalereien vorwärtsschreiten<strong>der</strong> Raubkatzen<br />

aufgefunden, die Schneckentrompeten blasen und eine Prozession musizieren<strong>der</strong> Jaguar-Priester<br />

nahe legen. Aus <strong>der</strong> Darstellung großer Kreistänze in aztekischen und mixtekischen<br />

Bil<strong>der</strong>handschriften geht hervor, dass Tänzer elaboriert kostümiert waren und vielfach mit Fe<strong>der</strong>n<br />

geschmückte Handrasseln aus Kalebassen mit einem Griffstiel und Reihenrasseln aus Muscheln<br />

trugen. Da oft wesentliche Bestandteile des Bedeutungsgeflechtes einer Handlung in formalen<br />

Darstellungen wie diesen zum Ausdruck gebracht wurden, kann die musikikonologische<br />

Interpretation beson<strong>der</strong>s wertvolle Erkenntnisse liefern. <strong>Die</strong> Farbgebung, wie in den erhaltenen<br />

Bil<strong>der</strong>handschriften Braun für Holz o<strong>der</strong> Keramik, Gelb für Gold und an<strong>der</strong>e Metalle, Weiß mit roten<br />

Sprenkeln für Knochen, Gelb mit schwarzen Flecken für Raubtierfell o<strong>der</strong> Türkisgrün für<br />

Quetzalfe<strong>der</strong>n, lässt zudem Rückschlüsse auf die Materialien zu, aus denen Musikinstrumente und


10<br />

ihr Schmuckwerk ursprünglich bestanden. Häufig geht erst aus diesen Darstellungen <strong>der</strong><br />

ursprüngliche Zustand aufgefundener Klangartefakte hervor. Einen piktographischen Hinweis auf<br />

Instrumentalmusik o<strong>der</strong> rezitativen Gesang liefern Voluten o<strong>der</strong> „sound scrolls“, die an Form und<br />

Symbolik in <strong>der</strong> Teotihuacan-Kultur einen hohen Aussagewert erreichten. Auch die<br />

Bil<strong>der</strong>handschriften als solche dienten möglicherweise als Träger musikalischer Information, da sie<br />

„gesungen“ wurden.<br />

2.2.3 Ethnohistorie <strong>der</strong> Musik<br />

Einen umfassenden Einblick in die vielfältigen Musiktraditionen <strong>Mesoamerikas</strong> und ihres<br />

soziokulturellen Kontextes ermöglichen Schriftquellen aus <strong>der</strong> frühen Kolonialzeit, die die mittlere<br />

und späte <strong>Postklassik</strong> (ca. 1150 - 1520 n.Chr.) abdecken. Da sie hauptsächlich von spanischen<br />

Missionaren auf <strong>der</strong> Grundlage indianischer Informanten und eigener Beobachtungen verfasst<br />

wurden, ist eine kritische Interpretation unerlässlich, um etwaige Missdeutungen o<strong>der</strong> bewusst<br />

vorgenommene Desinformationen nicht zu übernehmen, die dem europäischen Verständnis <strong>der</strong><br />

Kolonialzeit entsprechen.<br />

Wertvolle Erkenntnisse erschließen sich in <strong>der</strong> Beschreibung vorspanischer Musikpraktiken in<br />

Zusammenhang mit Zeremonialtänzen, Prozessionen und Tempelritualen, aber auch aus<br />

überlieferten Mythen, in denen Musikinstrumenten eine beson<strong>der</strong>e Rolle zugewiesen wurde.<br />

Umfangreiche, so doch weit verstreute Informationen liefern beson<strong>der</strong>s Fray Bernardino de<br />

Sahagún, Fray Toribio de Benavente (Motolinía) und Fray <strong>Die</strong>go Durán. Im Einzelfall sind<br />

verschiedene Spieltechniken überliefert, wie in den Cantares Mexicanos, einem anonymen<br />

Manuskript aus dem 16. Jhd., das exakte Angaben über eine mit den Nahuatl-Silben to, co, ti, ci<br />

und qui kodifizierte Rhythmus- und Schlagtechnik aztekischer Holztrommeln enthält. <strong>Die</strong><br />

musikalische Dynamik im Ablauf aztekischer Zeremonialtänze wird von Fray Toribio de Benavente<br />

(Motolinía) beschrieben, Fray <strong>Die</strong>go Durán liefert Angaben über die symbolische Handhabung<br />

aztekischer Keramikflöten.<br />

Einen wichtigen Beitrag zum Verständnis <strong>der</strong> Musiktraditionen <strong>Mesoamerikas</strong> eröffnen die von<br />

spanischen Missionaren erstellten Wörterbücher und bilinguären Chroniken, wie das Vocabulario en<br />

langua Castellana y Mexicana von Fray Alonso de Molina o<strong>der</strong> die Historia General de las cosas de<br />

Nueva España von Fray Bernardino de Sahagún, aber auch Schriften in Nahuatl, die in spanischer<br />

Orthographie von Nachfahren <strong>der</strong> ehemaligen aztekischen Herrschaftsschicht verfasst wurden. Es<br />

sind aber auch mixtekische, zapotekische und an<strong>der</strong>e Terminologien des musikalischen<br />

Gesamtkomplexes überliefert, die miteinan<strong>der</strong> verglichen werden können. Mit ihrer Hilfe kann nicht<br />

nur <strong>der</strong> spezifische Kontext und die Funktion bestimmter Musikinstrumente rekonstruiert werden,<br />

son<strong>der</strong>n auch ihre autochthone Klassifikation, letztendlich sogar das Konzept von Musik und Tanz<br />

sowie die Wahrnehmung instrumentaler und vokaler Klangmuster in Mesoamerika. Als ein Beispiel<br />

kann die überlieferte Terminologie <strong>der</strong> Stabrassel angeführt werden, eines Aufschlagideophons, das<br />

im Fruchtbarkeitskult aztekischer Priester und als Attribut verschiedener Gottheiten im Zuge von


11<br />

Prozessionen eine wichtige Rolle spielte. Allgemein als chicahuaztli, von chicahua, „etwas stark<br />

machen“, also „Instrument zum Starkmachen“, bezeichnet, ist darüber hinaus <strong>der</strong> Terminus ayauhchicahuaztli,<br />

von ayahuitl, „Nebel, Wolke“, also „Instrument zur Stärkung <strong>der</strong> (Nebel-)Wolke“<br />

(damit es regnet), überliefert. <strong>Die</strong> magische Funktion enthüllen weitere Bezeichnungen, wie<br />

ayauhquahuitl, „Nebelholz“, und nahualquahuitl, von nahualli, „Zauber, etwas Geheimes“, und<br />

quahuitl, „Holz“, also „Zauberholz“.<br />

<strong>Die</strong> Ethnohistorie <strong>der</strong> Musik kann auch in bezug <strong>der</strong> Musiktraditionen präklassischer und<br />

klassischer Kulturen <strong>Mesoamerikas</strong> von Nutzen sein. <strong>Die</strong>se Möglichkeit ist allerdings von<br />

archäologischen und ikonologischen Evidenzen abhängig, die eine kulturelle Kontinuität nahe legen.<br />

So könnte eine Parallelisierung <strong>der</strong> ethnohistorisch überlieferten Funktionen <strong>der</strong><br />

Schneckentrompete im Tempelkult <strong>der</strong> Azteken mit <strong>der</strong> Bedeutung des selben Instruments in <strong>der</strong><br />

Teotihuacan-Kultur zu Fehlinterpretationen führen, falls die Wandmalereien nicht berücksichtigt<br />

würden, aus denen sich musikikonologisch eine differenzierter Kontext erschließt.<br />

2.2.4 Musikethnologie<br />

So wie die Ethnohistorie nur von bedingter Aussagefähigkeit in bezug auf klassische und<br />

präklassische Kulturen ist o<strong>der</strong> die Ikonologie einer Kultur nicht fehlende Daten einer an<strong>der</strong>en zu<br />

ersetzen vermag, lassen sich musikethnologische Untersuchungen nur dann auf das Musikwesen<br />

archäologischer Kulturen übertragen, falls kulturelle Kontinuitäten ethnohistorisch und<br />

musikhistorisch nachgewiesen werden können. Bestimmte Aspekte vorspanischer Musiktraditionen,<br />

wie ihre religiöse Funktion o<strong>der</strong> repetitive Gestaltungselemente, sind zwar noch bei indigenen<br />

Gruppen Mexikos, Guatemalas und des Südwestens <strong>der</strong> USA lebendig, aber durch Synkretismen<br />

verdeckt o<strong>der</strong> von mo<strong>der</strong>nen Einflüssen überlagert, also in <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Weise immer<br />

transformiert. Zur Überprüfung kann <strong>der</strong> Ethnolinguistik eine wichtige Stellung zukommen.<br />

Deutlich gemacht werden kann die Problematik an <strong>der</strong> rezenten Funktion von<br />

Schrapideophonen aus Holz bei nordmexikanischen Ethnien <strong>der</strong> Sierra Madre Occidental, wie den<br />

Rarámuri (Tarahumara) und den Yaqui, im Vergleich zu <strong>der</strong> Funktion ähnlicher Instrumente aus<br />

menschlichen Oberschenkelknochen in Mesoamerika. Während Schraphölzer heute mit einer<br />

Resonanzschale aus Holz o<strong>der</strong> einer Kalebasse zu Heilritualen <strong>der</strong> Rarámuri und im Hirschtanz <strong>der</strong><br />

Yaqui verwendet werden, erfuhr <strong>der</strong> Schrapknochen in <strong>der</strong> <strong>Postklassik</strong> <strong>Mesoamerikas</strong> mit einem<br />

Totenschädel-Resonanzkörper im Ahnen- und Totenkult Verwendung, um Verstorbene in <strong>der</strong><br />

gefährlichen Unterwelt zu kräftigen. Das Ideophon, das die Azteken omichicahuaztli, „Instrument<br />

zur Knochenstärkung“, nannten, hat zwar bis heute eine magische, Leben und Fruchtbarkeit<br />

spendende Funktion bewahrt, wie sich in <strong>der</strong> Verwendung in Heilritualen und dem Hirschtanz zeigt,<br />

Handhabung und Klangkontext müssen zeit- und kulturspezifisch aber deutlich differenziert<br />

werden. Ebenso wenig ist die Funktion des jährlichen Schlangentanzes <strong>der</strong> Hopi-Priester (Arizona,<br />

USA) mit dem Schlangen- und Froschtanz <strong>der</strong> aztekischen mazatecah-Priester in <strong>der</strong><br />

Atamalcualiztli-Zeremonie parallelisierbar, die dem Venuszyklus folgte und einmal in acht Jahren


12<br />

stattfand. Allzu leichtfertig aufgestellte Analogien können vor diesem Hintergrund zu<br />

Fehlinterpretationen führen und sind umso weniger tragbar, je weiter die zeitlichen, räumlichen<br />

und kulturellen Referenzpunkte voneinan<strong>der</strong> entfernt liegen.<br />

2.3 <strong>Perspektiven</strong><br />

<strong>Die</strong> Katalogisierung und Systematisierung <strong>der</strong> Musikinstrumente <strong>Mesoamerikas</strong>, <strong>der</strong> sich bislang<br />

mehrere Forschergenerationen widmeten, kann unter Berücksichtigung kulturspezifischer<br />

Unterschiede noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Während <strong>der</strong> Bestand von Museen<br />

und Privatsammlungen noch nicht zu Genüge aufgearbeitet und publiziert ist, kommen bei<br />

fortlaufen<strong>der</strong> Ausgrabungstätigkeit ständig neue typologische Varianten des Instrumentariums zu<br />

Tage.<br />

Eine systematische Stratifikation <strong>der</strong> Klangartefakte unter chronologischen, typologischen und<br />

kulturspezifischen Gesichtspunkten wurde bisher lediglich von Pablo Castellanos erstellt. 7 Unter<br />

kulturspezifischen Studien hervorzuheben sind die Untersuchungen von Castañeda und Mendoza<br />

(Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>), Norman Hammond (Maya-Tiefland), José Antonio Guzmán Bravo,<br />

José Antonio Nava y Gómez Tagle und Susana Dultzin Dubín (Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>), Agustín<br />

Pimentel Díaz (Oaxaca) sowie Peter Crossley-Holland und Jorge Dájer (beide Westmexiko). 8 <strong>Die</strong><br />

monographischen Standardwerke von Samuel Martí und Juan Guillermo Contreras Arias weisen in<br />

ihrem Überblickscharakter Typologisierungen nach <strong>der</strong> Instrumentensystematik auf. 9 Unter den<br />

wenigen bisher erschienenen organologischen Einzeluntersuchungen mesoamerikanischer<br />

Klangartefakte hervorzuheben sind Studien von Castañeda und Mendoza, Martí, Nowotny, Boilés,<br />

Flores Dorantes und Flores García sowie Rawcliffe, López und Winter. 10<br />

<strong>Die</strong> ersten Rekonstruktionsversuche <strong>der</strong> Klangstrukturen mesoamerikanischer Musikinstrumente<br />

wurden von Hilborne T. Cresson und Castañeda an aztekischen Kernspaltflöten sowie von<br />

Castañeda und Mendoza an postklassichen Keramik- und Zungenschlitztrommeln vorgenommen. 11<br />

Aktuellere Untersuchungen haben gezeigt, dass sich in <strong>der</strong> wissenschaftlichen Ermittlung möglicher<br />

Skalensysteme ein äußerst wi<strong>der</strong>sprüchliches Bild ergeben kann. So kamen Robert Stevenson,<br />

Alberto Rossel und Cesar Bolaños in unabhängigen Untersuchungen <strong>der</strong> selben Keramik-Panflöten<br />

<strong>der</strong> Nasca-Kultur (Peru) zu voneinan<strong>der</strong> abweichenden Ergebnissen. 12 In dieser Hinsicht schreibt<br />

Ellen Hickmann: „Wie etwa ist zu belegen, wie man eine Flöte spielte, in welcher Neigung zum<br />

Luftstrom, mit welchem Blasdruck? Wurde <strong>der</strong> Tonvorrat in ganzer Breite genutzt o<strong>der</strong> selektiv?<br />

[...] Nach vielen Versuchen muss man sich eingestehen, dass sich Klang-, Intervall- und<br />

7<br />

Castellanos (1970).<br />

8<br />

Castañeda/ Mendoza (1933); Hammond (1972); Guzmán Bravo/ Nava y Gómez Tagle/ Dultzin<br />

Dubín, et al. (1984); Pimentel Díaz (1990); Crossley-Holland (1994); Dájer (1995).<br />

9<br />

Martí (1955); Contreras Arias (1988).<br />

10<br />

Castañeda/ Mendoza (1933); Castañeda (1930; 1942); Mendoza (1941); Martí (1953; 1955;<br />

1966); Nowotny (1961); Boilés (1965; 1966; 1981); Flores Dorantes (1977); Flores Dorantes/ Flores<br />

García (1981; 1984); Rawcliffe (1992); Martínez López/ Winter (1994).<br />

11<br />

Cresson (1883); Castañeda (1930). Siehe Martí (1968: 151).<br />

12<br />

Bolaños (1988: 72, 82).


13<br />

Skalenbildung jedem akustischen und auch ikonographischen Deutungsversuch entziehen, [...].“ 13<br />

<strong>Die</strong>se Aussage gilt nicht nur in bezug auf die Melodik, son<strong>der</strong>n auch auf die Metrik, Rhythmik und<br />

an<strong>der</strong>e Gestaltungsprinzipien <strong>der</strong> vorspanischen Musik.<br />

Einer Rekonstruktion <strong>der</strong> Spieltechniken und akustischen Möglichkeiten archäologischer<br />

Musikinstrumente ist durch das improvisierte Spiel auf originalen o<strong>der</strong> organologisch exakten<br />

Nachbauten näherzukommen, dem sich in Mexiko seit Beginn <strong>der</strong> 80er Jahre u.a. Tribu (Agustín<br />

Pimentel, Alejandro und David Mendez und Ramiro Ramírez), Antonio Zepeda und Jorge Reyes mit<br />

großem Erfolg widmen. 14 Dabei spielt nach Hickmann die „Erfahrung des Noch-Traditionellen“ und<br />

„viel Inspiration“ eine große Rolle. 15 So fanden die Musiker von Tribu heraus, dass auf <strong>der</strong><br />

Schneckentrompete Melodien gespielt werden können, indem unterschiedlich stark angeblasen und<br />

<strong>der</strong> austretende Schall am Trichter <strong>der</strong> Trompete mit <strong>der</strong> Hand reguliert wird. Durch eine<br />

Anwendung <strong>der</strong> zirkulären Atemtechnik, die für Mesoamerika allerdings nicht nachgewiesen ist,<br />

kann das Instrument zudem anhaltend gespielt werden, sodass sich seine Resonanz verstärkt.<br />

Werden mehrere Trompeten gleichzeitig gespielt, entstehen Interferenzen, denen im Ritualkontext<br />

sicherlich eine große Bedeutung zukam.<br />

Ein kulturspezifischer Katalog <strong>der</strong> musikikonologischen Daten <strong>Mesoamerikas</strong>, <strong>der</strong> als „Codicé<br />

Musical Mexicano“ schon von Castañeda und Mendoza angedacht wurde, 16 ist ebenfalls noch nicht<br />

erstellt worden. Musikikonologische Einzelstudien an Musikinstrumenten <strong>der</strong> <strong>Postklassik</strong> wurden<br />

von Eduard Seler, Hermann Beyer, Marshall H. Saville sowie Castañeda und Mendoza angestellt. 17<br />

Als einzige Wissenschaftlerin hat sich Bertina Olmedo Vera mit Instrumentenminiaturen beschäftigt<br />

(pers. Komunikation). Musiker- und Tänzerfigurinen wurden von Samuel Martí (Oaxaca und<br />

Westmexiko), Franz Feuchtwanger (Zentralmexiko) und Jorge Dájer (Westmexiko) berücksichtigt. 18<br />

Während von den erhaltenen Wandmalereien <strong>der</strong> Klassik bisher nur die von Bonampak<br />

Aufmerksamkeit erfuhren, 19 haben sich mit den erhaltenen Bil<strong>der</strong>handschriften verstärkt<br />

Ethnochoreographen auseinan<strong>der</strong>gesetzt. Hervorzuheben sind hier die Untersuchungen von Samuel<br />

Martí und Gertrude Prokosch-Kurath sowie María Sten. 20<br />

<strong>Die</strong> Ethnohistorie postklassischer Musiktraditionen ist aufgrund des begrenzten Datenbestandes<br />

<strong>der</strong> Schriftquellen relativ weit fortgeschritten, doch sind selbst Aspekte, die bereits eingehend<br />

untersucht wurden, durch eine sorgfältige Interpretation zu vertiefen. Eine monographische<br />

Zusammenfassung ethnohistorischer Daten wurde von Robert Stevenson erstellt, Informationen zu<br />

einzelnen Musikinstrumenten auch von Martí, Corona Nuñez, Soriano und Neumann. 21 <strong>Die</strong><br />

Erhaltenen Texte vorspanischer Vokalmusik erfuhren durch Brinton, Seler, Garibay, Bierhorst,<br />

13<br />

Hickmann/ Häusler (1997: 931).<br />

14<br />

Ronquillo/ Yehya (1994). <strong>Die</strong> CD Los Brujos del Aguatierra (Global Entertainment, 1997) von<br />

Antonio Zepeda, die u.a. mit Keramikflöten aus dem Museo de la Antropología von Jalapa<br />

aufgenommen ist, liefert in diesem Zusammenhang beste Anregungen. In <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />

Handhabung des Instrumentariums ist allerdings immer von einer subjektiven Interpretation<br />

auszugehen.<br />

15<br />

Hickmann/ Häusler (1997: 932).<br />

16<br />

Castañeda/ Mendoza (1933: röm. VI).<br />

17<br />

Seler (1898; 1899; 1904a); Beyer (1916); Saville (1925), Castañeda/ Mendoza (1933).<br />

18<br />

Martí (1955; 1970); Feuchtwanger (1980); Dájer (1995).<br />

19<br />

Martí (1955); Hammond (1972).<br />

20<br />

Martí/ Prokosch-Kurath (1964); Sten (1990).<br />

21<br />

Stevenson (1952; 1968); Martí (1953); Corona Nuñez (1966); Soriano (1969); Neumann (1976).


14<br />

Johansson und Saurin Aufmerksamkeit. 22 Noch nicht gebührend berücksichtigt wurde die<br />

terminologische Komponente des musikalischen Gesamtkomplexes. Ansätze zu einer<br />

ethnolinguistischen Interpretation des vorspanischen Konzeptes von Musik und Tanz liefern Thomas<br />

Stanford und Mark B. King. 23<br />

Insgesamt besteht ein großes Defizit musikarchäologischer Untersuchungen, die nicht nur Licht auf<br />

die unterschiedlichen Klangtraditionen werfen, son<strong>der</strong>n auch das Wissen über die kulturellen<br />

Leistungen <strong>Mesoamerikas</strong> bereichern könnten. So sind we<strong>der</strong> die archäologischen, noch die<br />

ikonologischen und ethnohistorischen Quellen zeit- und kulturspezifisch ausreichend<br />

zusammengestellt und interpretiert worden. Bestimmte Kulturzentren sind unter<br />

musikarchäologischen Gesichtspunkten gar nicht erfasst. Eine Sichtung und Zusammenstellung <strong>der</strong><br />

verschiedenen Quellgruppen würde nicht nur <strong>der</strong> Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong> eine ungeahnte<br />

Fülle neuer Interpretationsmöglichkeiten eröffnen. Versuche, Musiktraditionen <strong>Mesoamerikas</strong> bis<br />

heute aufzuzeichnen, wurden von Ruth Un<strong>der</strong>hill, Henrietta Yurchenco, Samuel Martí und Gertrude<br />

Prokosch-Kurath, Donald N. Brown, Julio Estrada und Peter García, E. Fernando Nava López und<br />

Irene Vázquez Valle unternommen. 24<br />

22<br />

Brinton (1969a; 1969b); Seler (1904a); Garibay (1953-54); Bierhorst (1985); Johansson (1991;<br />

1992; 1996); Saurin (1999).<br />

23<br />

Stanford (1966); King (1994).<br />

24<br />

Un<strong>der</strong>hill (1936); Yurchenco (1963); Martí/ Prokosch-Kurath (1964); Brown (1971); Estrada/<br />

García (1992); Nava López (1997); Vázquez Valle (1997).


15<br />

3. DIE REZEPTION DER AZTEKISCHEN MUSIKKULTUR IN DER FRÜHEN KOLONIALZEIT<br />

Eine wichtige Säule <strong>der</strong> Musikarchäologie <strong>Mesoamerikas</strong> stellen ethnohistorische Daten dar, die aus<br />

<strong>der</strong> frühen Kolonialzeit überliefert sind. Ohne sie wäre die elaborierte Musiktradition <strong>Mesoamerikas</strong><br />

und ihre autochthone Funktion nicht mehr nachzuvollziehen. Der Wahrnehmung indigener Musik<br />

durch Europäer im 16. Und 17. Jahrhun<strong>der</strong>t wurde bisher allerdings wenig nachgegangen, obwohl<br />

so aufschlussreiche Informationen über die Lautsphäre <strong>Mesoamerikas</strong> gewonnen und Aussagen zu<br />

<strong>der</strong> Entfaltung von Klangstrukturen im gesellschaftlichen Kontext <strong>Mesoamerikas</strong> getroffen werden<br />

können.<br />

<strong>Die</strong> Bedeutung, <strong>der</strong> Musik in archäologischen Kulturen beigemessen wurde, kann tatsächlich nur<br />

auf <strong>der</strong> Grundlage des kulturellen Umfeldes interpretiert werden, in dem sich musikalische<br />

Praktiken entwickelten. Obwohl im Einzelfall die Akustik von erhaltenen Klangartefakten, wie<br />

Keramikflöten o<strong>der</strong> Schneckentrompeten, reproduziert werden kann, beruht jede Aussage zu ihrer<br />

Klangwirkung allein auf <strong>der</strong> Ästhetik von Musik. <strong>Die</strong> Erkenntnis, dass sich auf bestimmten<br />

Kernspaltflöten mikrotonale Frequenzbereiche und Dissonanzen o<strong>der</strong> auf Schneckentrompeten<br />

resonante Interferenzen erzeugen lassen, vermag heute lediglich Aussagen zu den physikalischen<br />

und physischen Aspekten <strong>der</strong> Perzeption von Klangstrukturen zu liefern, sollten die vorliegenden<br />

ethnohistorischen Informationen zu dem kulturspezifischen Kontext <strong>der</strong> Instrumente nicht<br />

berücksichtigt werden.<br />

Im folgenden werden Chronisten, in <strong>der</strong> Hauptsache spanische Missionare, aber auch<br />

Ministerialbeamte und einfache Söldner, zur Sprache kommen, die <strong>der</strong> frühkolonialzeitlichen<br />

Klangassoziation aztekischer Musik Ausdruck verliehen. Dabei soll eine chronologische Reihenfolge<br />

eingehalten werden, die sich vornehmlich am Beobachtungszeitraum misst. Zu den Chronisten, die<br />

in <strong>der</strong> ersten Hälfte des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts noch von europäischen Einflüssen weitgehend ungefärbte<br />

indigene Musiktraditionen beobachten konnten, zählen Bernal Díaz del Castillo, Fray Pedro de<br />

Gante, Fray Toribio de Benavente („Motolinía“), Fray Bernardino de Sahagún und Fray <strong>Die</strong>go<br />

Durán. Ihren Überlieferungen kommt aus Gründen <strong>der</strong> Authentizität großer Wert zu. <strong>Die</strong> Chronisten<br />

<strong>der</strong> folgenden Generation, wie Fray Jerónimo de Mendieta, Francisco Hernández, Fray José de<br />

Acosta und Fray Juan de Torquemada, bezogen sich in ihren Aussagen bereits auf frühere<br />

Beobachtungen. Wie sich herausstellt, sind ihre Beschreibungen bereits weit subjektiver und von<br />

einer größeren Verfremdung historischer Tatsachen geprägt.<br />

Bernal Díaz del Castillo<br />

<strong>Die</strong> Historia Verda<strong>der</strong>a de la Conquista de la Nueva España von Díaz del Castillo, <strong>der</strong> als Söldner<br />

unter Hernán Cortés an <strong>der</strong> Eroberung Mexikos (1519-1521) teilnahm, spiegelt neben den Cartas<br />

de Relación de la Conquista de México von Hernán Cortés maßgeblich die Legitimationsweise<br />

frühkolonialzeitlicher Interessen wie<strong>der</strong>. An<strong>der</strong>s als in den Cartas de Relación handelt es sich in <strong>der</strong><br />

ein halbes Jahrhun<strong>der</strong>t später nie<strong>der</strong>geschriebenen Historia Verda<strong>der</strong>a allerdings um einen<br />

Rückblick auf die Ereignisse, in dem bestimmte Sachverhalte auch zeitlich bedingt verfälscht<br />

wie<strong>der</strong>gegeben sein können.


16<br />

In <strong>der</strong> Natur einer Eroberungsgeschichte liegt, dass sich Díaz del Castillo hauptsächlich auf die<br />

Klangcharakteristik von Kampfhandlungen bezog. 25 In stereotyper Erzählstruktur erwähnte er<br />

Holztrommeln („atabalejos“, „atambores“, „tambores“), Schneckentrompeten („caracoles“,<br />

„trompas“), Keramikflöten und Pfeifen („cornetas“, trompetillas“, „silbos“) sowie „großes Geschrei“<br />

(„grandes gritos“). 26 Dabei stießen die Spanier auf keine nennenswerten Unterschiede zwischen<br />

den Kulturen <strong>der</strong> yukatekischen und <strong>der</strong> zentralen Golfküste im Vergleich zu denen<br />

Zentralmexikos. 27 Während Instrumente auch zur taktischen Signalgebung eingesetzt wurden,<br />

diente das Kampfgeschrei, das Díaz del Castillo mit „alala, alala“ wie<strong>der</strong>gab, als Geräuschkulisse<br />

aus dem Hinterhalt geführter Überraschungsangriffe. 28 An verschiedenen Stellen, beson<strong>der</strong>s in<br />

Kapitel 152 des zweiten Bandes, das sich auf die Kämpfe um das aztekische Zeremonialzentrum<br />

Tenochtitlan im Hochtal von Mexiko bezieht, beschrieb <strong>der</strong> Chronist neben Schneckentrompeten<br />

und Flöten die große Holztrommel des aztekischen Haupttempels, vor <strong>der</strong> die in Gefangenschaft<br />

geratenen Spanier zum Tanz gezwungen wurden.<br />

„Y allí tenían un atambor muy grande en demasía, que cuando le tañían el sonido de él era tan<br />

triste y de tal manera como dicen instrumento de los infiernos, y más de dos leguas de allí se oía;<br />

decían que los cueros de aquel atambor eran de sierpes muy grandes.“ 29<br />

„Volmamos a decir como nos íbamos retrayendo oímos tañer del cu mayor, que es donde<br />

estaban sus ídolos Uicholobos [Anm. Huitzilopochtli] y Tezcatepuca [Anm. Tezcatlipoca], que<br />

señorea el altor de él a toda la gran ciudad, y tañian un atambor, el más triste sonido, en fin, como<br />

instrumento de demonios, y retumbaba tanto que se oyera [a] dos leguas y juntamte con el<br />

muchos atabalejos y caracoles y bocinas y silbos; [...].“ 30<br />

„[...] tornó a sonar el atambor muy doloroso del Uichilobos y otros muchos caracoles y cornetas<br />

y otras como trompetas, y todo (el sonido) de ellos espantable, y mirábamos al alto cu donde los<br />

tañian, y vimos que llevaban por fuerza las gradas arriba a nuestros compañeros que habían<br />

tomado en la <strong>der</strong>rota que dieron a Cortés, que los llevaban a sacrificar; y desde que ya los tuvieron<br />

arriba en una placeta que se hacía en el adoratorio donde estavan sus malditos ídolos, vimos que a<br />

muchos de ellos les ponían plumajes en las cabezas y con unos como aventadores les hacían bailar<br />

delante del Uichilobos, y después que habían bailado, luego les ponían de espaldas encima de unas<br />

piedras, algo delgadas, que tenían hechas para sacrificar, y con unos navajones de pe<strong>der</strong>nal los<br />

aserraban por los pechos y les sacaban los corazones bullendo y se los ofrecían a sus ídolos que allí<br />

presentes tenían, [...].“ 31<br />

Aus diesen Bemerkungen hervorgeht, dass Díaz del Castillo die Klangstruktur aztekischer<br />

Holztrommeln, Schneckentrompeten und Keramikflöten als „unheimlich“, „schmerzvoll“<br />

(„doloroso“), „entsetzlich“ und „grauenhaft“ („espantable“) wahrnahm. <strong>Die</strong> Zylin<strong>der</strong>trommel des<br />

Haupttempels von Tenochtitlan wird als „Werkzeug des Satans“ („instrumento de los demonios“)<br />

und „Hölleninstrument“ („instrumento de los infiernos“) von entsprechend „sehr dunkler“ („más<br />

triste“) und „schauriger“ („espantable“) Klangfarbe beschrieben. 32 Aus heutiger Sicht ist schwer zu<br />

25<br />

Stevenson (1968: 13); Moreno (1961: 202).<br />

26<br />

Díaz del Castillo (1960, Vol. I: 114, 395, 484).<br />

27<br />

Moreno (1961: 203).<br />

28<br />

Díaz del Castillo (1960, Vol. I: 114, 395, 484).<br />

29<br />

Díaz del Castillo (1960, Vol. I: 282).<br />

30<br />

Díaz del Castillo (1960, Vol. II: 34).<br />

31<br />

Díaz del Castillo (1960, Vol. II: 39).<br />

32<br />

Zu bezweifeln ist, dass sie mit einer Schlangenhaut bespannt war, da die großen aztekischen<br />

Holztrommeln nachweislich mit Hirsch-, Coyote- o<strong>der</strong> Ozelotfellen bespannt waren (Contreras Arias,<br />

1988: 47).


17<br />

bestimmen, ob Díaz del Castillo die indigene Musik, die für ihn untrennbar mit Kampfgeschehen<br />

und dem rituellen Menschenopfer verbunden war, tatsächlich als diabolisch wahrnahm o<strong>der</strong> nur zur<br />

Legitimation <strong>der</strong> Eroberung zu dämonisieren versuchte. 33 Sicher ist, dass er dem religiösen<br />

Klassifikationsschemata <strong>der</strong> Kolonialzeit folgte.<br />

Fray Pedro de Gante<br />

Der Franziskaner Fray Pedro de Gante zählte zu den ersten zwölf Geistlichen, die 1523/24 mit<br />

einem offiziellen Missionsauftrag nach Amerika gesandt wurden. Auf den Ruinen von Tenochtitlan<br />

glie<strong>der</strong>te er einer kleinen Kapelle mit dem Namen San José de los Naturales die erste europäische<br />

Schule <strong>der</strong> neuen Kirchenprovinz an, die nach dem Vorbild vorspanischer Priesterschulen<br />

Jungendlichen <strong>der</strong> ehemaligen aztekischen Oberschicht offen stand. 34 Gante setzte die Erkenntnis,<br />

dass die indigene Musik elementare sozioreligiöse Funktionen erfüllt hatte, mit großem Erfolg in die<br />

christliche Missionstätigkeit um, indem in das Ausbildungs- und Missionsprogramm <strong>der</strong> Schule<br />

verstärkt liturgische Kirchenmusik aufgenommen wurde. 35 In einem von Stevenson auszugsweise<br />

wie<strong>der</strong>gegebenen Brief an König Phillip II. aus dem Jahr 1557 äußerte sich <strong>der</strong> Missionar dazu, aus<br />

welcher Ursache Musik im Kirchendienst zur Christianisierung eingesetzt werden konnte.<br />

„[...] Por la gracia de Dios empeceles a conocer y enten<strong>der</strong> sus condiciones y quilates y como<br />

me debia haber con ellos y es que toda su adoracion dellos a sus dioses era cantar y bailar delante<br />

dellos, porque cuando habian de sacrificar a algunos por alguna cosa, ansi como por alcanzar<br />

vitoria de sus enemigos, o por temporales necesidades, antes que los matasen habian de danzar<br />

delante del idolo, y como yo oí esto y que todos sus cantares eran dedicados a sus dioses,<br />

compuse un cantar muy solemne sobre la ley de Dios. [...] y también diles libreas para pintar en<br />

sus mantas, para bailar con ellas, porque ansi se usaba entre ellos conforme a los bailes y a los<br />

cantares que ellos cantaban, asi se vestian de alegria o de luto o de vitoria.“ 36<br />

In diesem Brief bezeichnete Gante die indigenen Musik- und Tanzpraktiken, die er wie Díaz del<br />

Castillo explizit mit dem rituellen Menschenopfer in Verbindung brachte, als „Anrufung“<br />

(„adoración“), in ihrer Intention also als religiös. Durch ihre Aufnahme in den Kirchendienst unter<br />

christlichem Vorzeichen konnte an diese Funktion nahtlos angeknüpft werden und eine Bekehrung<br />

gelingen. 37 Indem vorspanische Musikpraktiken zu Missionszwecken weiter toleriert wurden,<br />

nahmen die Geistlichen allerdings Synkretismen in Kauf, die vielfach bis heute Bestand haben.<br />

Liturgische Gesänge aus <strong>der</strong> europäischen Musiktradition führten einige Missionare nicht nur in<br />

Latein, son<strong>der</strong>n auch in indigenen Sprachen ein. 38<br />

33 In diesem Zusammenhang ist auf das Verständnis einer „Teufelsmusik als Gegenbild <strong>der</strong><br />

Engelmusik“ im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t hinzuweisen, die als „Verzerrung <strong>der</strong> himmlischen Instrumente“ und<br />

„Zunge des Bösen“ interpretiert wurde und so auch in <strong>der</strong> apokalyptischen Malerei Ausdruck fand<br />

(Walter/ Jaschinski, 1995: 8-27).<br />

34 Stevenson (1968: 91-95).<br />

35 <strong>Die</strong> Einrichtung hatte Vorbildcharakter für das 1536 in Tlatelolco gegründete Colegio de Santa<br />

Cruz, in dem auch Fray Bernardino de Sahagún lehrte. Das Ausbildungsprogramm setzte sich dort<br />

aus dem „Trivium“ (Grammatik, Rhetorik, Logik) sowie dem „Quadrivium“ (Arithmetik, Geometrie,<br />

Astronomie und Musik) zusammen (León-Portilla, 1994: 13-14).<br />

36 Gante (nach Stevenson, 1968: 93).<br />

37 Siehe Turrent (1993: 115-193).<br />

38 Stevenson (1968: 154-240); Sell (1994: 37-44).


18<br />

Fray Toribio de Benavente („Motolinía“)<br />

Der Franziskaner Fray Toribio de Benavente zählte wie Gante zu den ersten zwölf Geistlichen, die<br />

sich 1523/24 nach Amerika einschifften. Als barfuss laufen<strong>der</strong> Mönch wurde er von den Azteken<br />

„armer Mann“ (motolinia) genannt. 39 Wie an<strong>der</strong>e Chronisten, die sich schon kurz nach <strong>der</strong><br />

Eroberung in Zentralmexiko ansiedelten, konnte er die indigenen Musiktraditionen von<br />

europäischen Einflüssen noch weitgehend ungestört beobachten. Im zweiten Band <strong>der</strong> um 1540<br />

verfassten Memoriales e Historia de los Indios de la Nueva España ging <strong>der</strong> Missionar auf den<br />

mehrstündigen Ablauf und die musikalische Dynamik von Zeremonialtänzen im Tempelbezirk von<br />

Tenochtitlan ein.<br />

„Queriendo comenzar á bailar, tres ó cuatro indios levantan unos silbos muy vivos; luego tocan<br />

los atabales en tono bajo, y poco a poco van sonando más, é oyendo la gente que los atabales<br />

comienzan, sienten todos el cantar y comienzan el baile. Los primeros cantos van en tono bajo,<br />

como bemolados, y despacio: el primer canto es conforme a la fiesta, y siempre dan principio de<br />

canto aquellos dos maestros, y luego todo el coro prosigue el canto y el baile juntamente, [...].<br />

Cada verso ó copla, repiten tres ó cuatro veces, y van procediendo y diciendo su cantar bien<br />

entonados, que ni en el canto ni en los atabales ni en el baile sale uno de otro. Acabado un cantar<br />

(dado caso que los primeros parecen más largos por ir más despacio, aunque no tardan en ninguno<br />

una hora); acabado uno, toma la vez que el atabal muda el tono: todos cesan de cantar, é hecho<br />

ciertos compases de intervalo en el canto, mas no en el baile, luego los maestros echan otro cantar<br />

un poco más alto y el compás más vivo, y ansí van subiendo los cantos y mudando los tonos y<br />

sonadas, como quien de una baja múda y pasa á una alta, y de una danza á un contrapás. Andan<br />

bailando algunos muchachos y niños, hijos de principales, de siete y ocho años, que cantan y<br />

bailan con los padres. Como los muchachos cantan en primera voz, agracian mucho el canto. A<br />

tiempos tañen sus trompetas é unas flautillas no muy entonadas. Otros dan silvos en unos<br />

huesezuelos que suenan mucho.<br />

Desde hora de vísperas hasta la noche, los cantos y bailes vanse avivando y alzando los tonos,<br />

y la sonada es más graciosa; parece que llevan algun aire de los hinos que tiene su canto alegre, y<br />

los atabales tambien van más subiendo; y como la gente es mucha en cantidad, óyese grand<br />

trecho, en especial á do el aire lleva la voz, y más de noche, que luego proveian de grandes<br />

lumbres y muchas, cierto era muy cosa de ver.“ (Kap. XXVI, „De la manera que estos naturales<br />

tenían de bailes y danzas; De la grand destreza y conformidad que todos guardaban en el baile y<br />

en el canto“). 40<br />

Bei dieser Beschreibung handelt es sich um eine <strong>der</strong> detailliertesten Darstellungen aztekischer<br />

Zeremonialtänze, die Motolinía zufolge nach einem schrillen Flötensignal in langsamem Tempo mit<br />

tiefen und kontinuierlich intensivierten Trommelschlägen begannen. An <strong>der</strong> Instrumentalmusik<br />

missfiel dem Missionar beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> durchdringende Klang verschiedener Signalpfeifen, den er als<br />

„unharmonisch“ („no muy entonado“) wahrnahm. Der einleitende Tanzgesang, <strong>der</strong> Motolinía<br />

zufolge den jeweiligen Anlass thematisierte, wurde von zwei Gesangsleitern in „tiefer“ und<br />

„herabgesetzter“ bzw. „gedämpfter“ Stimmlage („en tono bajo, como bemolado“) intoniert und von<br />

den Tänzern im Chorus beantwortet, wobei einzelne Phrasen bis zu viermal wie<strong>der</strong>holt wurden.<br />

Motolinía bezeichnet die Vokalmusik in diesem Zusammenhang als „sehr harmonisch“ und<br />

„wohlklingend“ („bien entonado“).<br />

<strong>Die</strong> musikalische Dynamik aztekischer Tänze war Motolinía zufolge kontinuierlichen<br />

Steigerungen unterworfen. Je<strong>der</strong> nach einem formalen Rhythmuswechsel neu intonierte Gesang<br />

39 Stevenson (1968: 95-96); Burrus (1973: 144).<br />

40 Motolinía (1970: 182-183).


19<br />

wurde dazu von den Gesangsleitern höher transponiert, während die Instrumentalisten das Tempo<br />

intensivierten. Nächtliche Tänze, <strong>der</strong>en Erscheinungsbild im Schein <strong>der</strong> Feuer beeindruckten,<br />

bezeichnete Motolinía in diesem Zusammenhang als „beson<strong>der</strong>s sehenswert“ („muy cosa de ver“),<br />

die Vokalmusik als „anmutig“ („graciosa“), sogar „fröhlich“ und „heiter“ („alegre“). Beson<strong>der</strong>s die<br />

aztekischen Holztrommeln, die mit großer Sorgfalt hergestellt und kunstfertig beschnitzt o<strong>der</strong><br />

vollständig skulptiert waren, riefen bei dem Missionar Aufmerksamkeit hervor.<br />

„Los atabales eran dos: el uno alto redondo, más grueso que un hombre, de cinco palmos en<br />

alto, de muy buena ma<strong>der</strong>a, hueco de dentro y bien labrado; por de fuera pintado: en la boca<br />

poníanle su cuero de venado curtido y bien estirado. Desde el borde hasta el medio hace su<br />

diaponte [diapente], y tañenle por sus puntos y tonos que suben y bajan, concertando y entonando<br />

con sus cantares. El otro atabal es de arte que sin pintura no se podria dar bien á enten<strong>der</strong>: este<br />

sirve de contrabajo y ambas suenan bien y se oyen lejos. [...] El atabal grande encorado se tañe<br />

con las manos, y el otro, como los atabales de España, con palos, aunque es de otra hechura.“ 41<br />

Motolinía zufolge wurden diese Instrumente so gespielt, dass eine mit dem Gesang<br />

korrespondierende Melodiefolge mit mindestens zwei Tönen erzeugt wurde. Im Unterschied zu <strong>der</strong><br />

großen Zylin<strong>der</strong>trommel mit drei getreppten Standfüßen (huehuetl), die für ein gefühlvolles Spiel<br />

mit den Händen geschlagen wurde, kamen für die Zungenschlitztrommel (teponaztli) leicht<br />

gekrümmte Holzschlägelpaare mit Gummimänteln (olmaitl) zur Anwendung. Zu großen Tänzen<br />

wurden die Musikinstrumente meist zentral auf Podesten o<strong>der</strong> Bastmatten aufgestellt. 42 Darüber,<br />

ob das Ensemble in Zeremonialtänzen nur aus Holztrommeln, Keramikflöten und Pfeifen bestand<br />

o<strong>der</strong> auch an<strong>der</strong>e Instrumente zur Verwendung kamen, liefern die Memoriales lei<strong>der</strong> keinen<br />

Aufschluss. Ikonologisch sind zumindest auch Handrasseln belegt (Abb. 5, 6, 8, 9).<br />

Auffallend ist, dass Motolinía im Unterschied zu Díaz del Castillo, Gante und an<strong>der</strong>en Chronisten<br />

jede Erwähnung des religiösen Kontextes <strong>der</strong> aztekischen Musik vermeidet, die unweigerlich zu<br />

einer Relativierung seiner Beschreibung geführt hätte. Möglicherweise führte erst die Toleranz des<br />

Missionars zu einer vergleichbar präzisen Beobachtung indigener Musikpraktiken. Anhand <strong>der</strong><br />

Beschreibung <strong>der</strong> Synchronizität aztekischer Tänze wird dies beson<strong>der</strong>s deutlich.<br />

„[...] y toda aquella multitud traen los piés tan concertados como unos muy diestros danzadores<br />

de España; y lo que más es, que todo el cuerpo, ansí la cabeza como los brazos y manos van tan<br />

concertados, medido y ordenado, que no discrepa ni sale uno de otro medio compás, mas lo que<br />

uno hace con el pié <strong>der</strong>echo y tambien con el izquierdo, lo mesmo hacen todos en un mesmo<br />

tiempo y compás; cuando uno abaja el brazo izquierdo y levanta del <strong>der</strong>echo, los mesmo y al<br />

mesmo tiempo hacen todos, de manera que los atabales y el canto y los bailadores todos llevan su<br />

compás concertado; todos son conformes, que no discrepa uno de otro una jota, de los cual los<br />

buenos danzadores de España que lo ven se espantan, y tienen en mucho las danzas de estos<br />

naturales, y el gran acuerdo y sentimiento que en ellas tienen y guardan.<br />

Los que quedan más apartados en aquella rueda podemos decir que llevan el compasillo, que es<br />

de un compás hacer dos, y van más vivos y meten más obra en la danza; y estos de la rueda todos<br />

son conformes unos á otros. Los que andan en medio del coro hacen su compás entero, y los<br />

movimientos, ansí de los piés como del cuerpo, van con más gravedad. Ciertos levantan y abajan<br />

los brazos con mucha gracia.“ 43<br />

41<br />

Motolinía (1970: 181-182).<br />

42<br />

Motolinía (1970: 181); Durán (1967, Vol. I: 190).<br />

43<br />

Motolinía (1970: 182).


20<br />

<strong>Die</strong>ser Beschreibung zufolge rief noch lange nach <strong>der</strong> Eroberung die Perfektion indigener<br />

Musikpraktiken, in <strong>der</strong> die elaborierte Instrumental- und Vokalmusik eine harmonische Synthese<br />

mit großen Zeremonialtänzen einging, unter den Europäern großes Staunen hervor.<br />

Fray Bernardino de Sahagún<br />

<strong>Die</strong> umfangreichste Chronik des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts, die zwölfbändige Historia General de las Cosas<br />

de Nueva España, wurde von Fray Bernardino de Sahagún angefertigt, <strong>der</strong> als Franziskaner 1529<br />

nur wenige Jahre nach den ersten Missionaren in Zentralmexiko siedelte. Sahagún ließ sich<br />

zunächst in Tepeapulco nie<strong>der</strong>, um in einer intensiven Auseinan<strong>der</strong>setzung mit aztekischen<br />

Informanten aus <strong>der</strong> ehemaligen Oberschicht zunächst die Primeros Memoriales zu verfassen, und<br />

zog später in die neue Hauptstadt des Vizekönigreiches, um sein Werk fortzusetzen. 44 In dem um<br />

1570 verfassten ersten Band <strong>der</strong> Historia General ging auch er auf die Synchronizität aztekischer<br />

Zeremonialtänze ein.<br />

„[...] esta manera de danzas o bailar, es muy diferente de nuestros bailes y danzas, [...] en un<br />

gran coro según la cantidad de los que eran, llevando flores en las manos, y ataviados con<br />

plumajes; hacían todos a una un mismo meneo con el cuerpo y con los pies y con las manos, cosa<br />

bien de ver y bien artificiosa; todos los meneos iban según el son que tañian los tañedores del<br />

atambor y del teponaztli. Con esto iban cantando con gran concierto todos y con voces muy<br />

sonoras los loores de aquel dios a quien festejaban, y lo mismo usan ahora, aunque en<strong>der</strong>ezado de<br />

otra manera: en<strong>der</strong>ezan los meneos con tenencias y atavíos conforme a lo que cantan, porque<br />

usan diversísimos meneos y diversísimos tonos en el cantar; pero todo muy agraciado, y aun muy<br />

místico. Es el bosque de la idolatría que no está talado.“ (Kap. XVI: „Que trata del dios llamado<br />

Ixtlilton, que quiere decir El Negrillo, y también se llama Tlaltetecuin“). 45<br />

Wie Motolinía bezeichnete Sahagún die aztekischen Tänze als „kunstfertig“ („artificioso“) und<br />

„sehenswürdig“ („cosa bien de ver“). <strong>Die</strong> zeremonielle Instrumental- und Vokalmusik nahm er als<br />

„beson<strong>der</strong>s wohlklingend“ („muy sonora“) wahr, verglich die „heidnische Metaphorik“ <strong>der</strong> Gesänge<br />

aber mit einem „Wald des Götzendienstes, <strong>der</strong> noch nicht geschlagen sei“ („el bosque de la<br />

idolatría que no está talado“). In dieser Hinsicht sprach sich Sahagún indirekt für ein Verbot<br />

vorspanischer Musikpraktiken aus, die noch in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts praktiziert<br />

wurden und in <strong>der</strong> Missionierung möglicherweise keine große Rolle mehr spielten.<br />

Fray <strong>Die</strong>go Durán<br />

Der Dominikaner Fray <strong>Die</strong>go Durán, <strong>der</strong> als Kind in Tetzcoco aufwuchs, 46 geht im ersten Band <strong>der</strong><br />

zwischen 1570 und 1581 verfassten Historia de las Indias de Nueva España e Islas de la Tierra<br />

Firme ausführlich auf die unterschiedlichen Klangcharakteristika <strong>der</strong> aztekischen Musik ein. Wie aus<br />

<strong>der</strong> folgenden Beschreibung hervorgeht, korrespondierten die Tanzbewegungen nicht nur mit <strong>der</strong><br />

Instrumentalmusik, wie Motolinía und Sahagún überliefern, son<strong>der</strong>n auch mit den Intervallen <strong>der</strong><br />

Vokalmusik.<br />

„Preciábanse mucho los mozos de saber bien bailar y cantar y de ser guías de los demás de los<br />

bailes. Preciábanse de llevar los pies a son y de acudir a su tiempo con el cuerpo a los meneos que<br />

ellos usan, y con la voz a su tiempo. Porque el baile de éstos no solamente se rige por el son,<br />

44<br />

Esteve Barba (1966: 181); D’olwer/ Celine (1973: 185-239); López Austin (1993: 13-20).<br />

45<br />

Sahagún (HG 1956: 62-63).<br />

46<br />

Stevenson (1968: 108-111); Esteve Barba (1964: 196-198).


21<br />

empero tambien por los altos y bajos, que el canto hace cantando y bailando juntamente. Para los<br />

cuales cantares había entre ellos poetas que los componían, dando a cada canto y baile diferente<br />

sonada, como nosotros los usamos con nuestros cantos, dando al soneto y a la octava rima y al<br />

terceto sus diferentes sonadas para cantarlos, y así de los demás.“ (Kap. XXI, „De la relación del<br />

Dios de los bailes y de las escuelas de danza que había en Mexico en los templos para servicio de<br />

los dioses“). 47<br />

Das musikalische Gestaltungsprinzip aztekischer Zeremonien wurde Durán zufolge durch<br />

entsprechende Kompositionen bestimmt, <strong>der</strong>en Entstehungsprozess er mit dem <strong>der</strong> europäischen<br />

Musiktradition verglich. An verschiedenen Stellen äußerte sich <strong>der</strong> Missionar zu den<br />

Klangcharakteristika <strong>der</strong> Instrumental- und Vokalmusik, und lieferte damit Aufschluss über die<br />

Vielfalt vorspanischer Musikpraktiken.<br />

„Así tenían éstos diferencias en sus cantos y bailes, pues cantaban unos muy reposados y<br />

graves, los cuales bailaban y cantaban los señores y en las solemnidades grandes, y de mucha<br />

autoridad, cantándolos con mucha mesura y sosiego. Otros había de menos gravedad y más<br />

agudos, que eran bailes y cantos de placer, que ellos llaman »bailes de mancebos«, en los cuales<br />

cantaban algunos cantares de amores y de requiebros, como hoy en día se cantan, cuando se<br />

regocijan.“ 48<br />

„No menos pone ver un indio [...] con una trompeta en la mano, que sólo verlo desvanece a los<br />

que lo miran, y él está tan sesgo y entero que no hace sentimiento de cosa que le dé pena, [...].“<br />

49<br />

„Los cuales [cantares idólatras] eran tan tristes que sólo el son y baile pone tristeza. El cual he<br />

visto bailar algunas veces con cantares a lo divino, y es tan triste que me da pesadumbre oírlo y<br />

tristeza.“ 50<br />

„Especialmente a Motecuhzoma, que es el señor de quien más noticia se tiene y de<br />

Nezahualpiltzintli de Tetzcoco, les tenían compuestos en sus reinos cantares de sus grandezas y de<br />

sus victorias y vencimientos, y linajes, y de sus extrañas riquezas. Los cuales cantares he oído yo<br />

muchas veces cantar en bailes públicos, que aunque era conmemoración de sus señores, me dio<br />

mucho contento de oír tantas alabanzas y grandezas.“ 51<br />

<strong>Die</strong> aztekischen Zeremonialgesänge beschrieb Durán wie an<strong>der</strong>e Chronisten als „getragen“<br />

(„reposado“), „ernst“ und „feierlich“ („grave“). <strong>Die</strong>se Musik konnte von sehr trauriger Wirkung sein<br />

und eine tiefe Melancholie hervorrufen. Im Gegensatz dazu standen die „gewöhnlichen“ Gesänge<br />

säkularen Charakters, die <strong>der</strong> Missionar als „sehr gellend“ o<strong>der</strong> „durchdringend“ („más agudo“)<br />

wahrnahm. <strong>Die</strong> charakteristische Klangfarbe aztekischer Spaltflöten empfand auch er als<br />

unangenehm und bezeichnete sie „misstönend“ und unerträglich „schief“ („sesgo y entero“). An <strong>der</strong><br />

Palastmusik, die von Hofmusikern zu verschiedenen Anlässen dargeboten wurde, 52 fand Durán<br />

an<strong>der</strong>erseits ausdrücklich großes Gefallen („mucho contento“). Mit Blick auf die Mission äußerte<br />

sich Durán ähnlich wie Sahagún zu <strong>der</strong> religiösen Metaphorik aztekischer Vokalmusik, <strong>der</strong>en<br />

verschlüsselte Aussagen den Europäern unverständlich waren.<br />

„Todos los cantares de éstos son compuestos por unas metáforas tan oscuras que apenas hay<br />

quien las entienda, si muy de propósito no se estudian y platican para enten<strong>der</strong> el sentido de ellas.<br />

47 Durán (1967, Vol. I: 192).<br />

48 Durán (1967, Vol. I: 192-193).<br />

49 Durán (1967, Vol. I: 205).<br />

50 Durán (1967, Vol. I: 196).<br />

51 Durán (1967, Vol. I: 195).<br />

52 Siehe Kap. 4.1.1: Das „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“.


22<br />

Yo me he puesto de propósito a escuchar con mucha atención lo que cantan y entre las palabras y<br />

términos de la metáfora, y peréceme disparate y, después, platicado y conferido, son admirables<br />

sentencias, así en lo divino que agora componen, como en los cantares humanos que componen.<br />

Ya en esto, entiendo, no hay qué repren<strong>der</strong> en general; digo, en particular creo podrá haber algún<br />

descuido, que se huelge de estar lamentando sus dioses antiguos y de cantar aquellos cantares<br />

idólatras y malos, no es posible menos.“ 53<br />

Aus diesem Textauszug geht hervor, dass einige <strong>der</strong> noch in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 16.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts tolerierten Gesänge für Durán „abgöttische“, „schlechte“ und „heidnische“<br />

Glaubensvorstellungen transportierten. An<strong>der</strong>en Missionaren legte er nahe, die Aussagen in einer<br />

inhaltlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Sängern unmittelbar zu überprüfen.<br />

Fray Jerónimo de Mendieta<br />

Der Franziskaner Jerónimo de Mendieta, <strong>der</strong> 1554 nach Zentralmexiko gelangte, verfasste<br />

zwischen 1571 und 1596 die Historia Eclesiástica Indiana, die in Teilen aus einer wortwörtlichen<br />

Abschrift früherer Chroniken besteht. 54 In Kap. XIV bezog er sich auf den beachtlichen<br />

Missionserfolg, <strong>der</strong> Gante zugeschrieben wurde.<br />

„El tercero año los pusieron en el canto, y algunos se reían y burlaban de los que les<br />

enseñaban, y otros los estorbaban diciendo que no saldrían con ello, así porque parecían<br />

desentonados como porque mostraban tener flacas voces, y a la verdad no las tienen comúnmente,<br />

ni pueden tener tan suaves como los españoles, [...]. Pero como hay muchos en que escoger,<br />

siempre hay buenas capillas y algunos contrabajos, altos, tenores y tiples que pueden competir con<br />

los escogidos de las iglesias catedrales, y en común todos ellos salen con el canto, lo que no es<br />

entre nosotros, que por mucho que en ello se ejerciten, hay muchos que poco ni mucho saldrán<br />

con ello. El primero que les enseño el canto, juntamente con Fray Pedro de Gante, fue un<br />

venerable sacerdote viejo, llamado Fr. Juan Caro, que bien barato y cumplido se mostraba con<br />

ellos, pues sin saber palabra de su lengua ni ellos de la española, se estaba todo el día<br />

enseñándoles y hablando y platicándoles las reglas del canto en romance, tan de propósito y sin<br />

pesadumbre, como si ellos fueran meros españoles. Y los muchachos estaban la boca abierta<br />

mirándole, y oyéndole muy atentos a ver lo que quería decir. [...] La primera cosa que aprendieron<br />

y cantaron los indios fue la misa de Nuestra Señora, que comienza en el introito Salve, Sancta<br />

parens. No hay pueblo de cien vecinos que no tenga cantores que oficien las misas y vísperas en<br />

canto de órgano, con sus instrumentos de música.“ (Kap. XIV, „De como los indios fueron<br />

enseñados en la música y en lo demás que pertenece al servicio de la iglesia, y lo que en ello han<br />

aprovechado“). 55<br />

Mendieta verglich hier das Stimmvermögen <strong>der</strong> Azteken mit dem <strong>der</strong> Spanier und kam zu dem<br />

Schluss, dass die Sänger überwiegend schwache Stimmen („flacas voces“) besaßen, die „nicht so<br />

geschmeidig“ („ni tan suave“) wie die <strong>der</strong> Europäer seien, und dass ihr Gesang deshalb „schief“<br />

und „unharmonisch“ („desentonado“) klinge. Zumindest in bezug auf den aztekischen Zeremonialund<br />

Palastgesang sieht diese pauschale Wertung über die positiven Äußerungen <strong>der</strong>jenigen<br />

Chronisten hinweg, die noch in <strong>der</strong> ersten Hälfte des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts die indigenen<br />

Musikpraktiken beobachten konnten. Aus Kap. XIX geht hervor, dass die Missionare zu Festen nach<br />

dem christlichen Kalen<strong>der</strong> sowohl traditionelle Prozessionen und Tänze als auch die Verwendung<br />

53 Durán (1967, Vol. I: 195-196).<br />

54 Stevenson (1968: 111-115); Esteve Barba (1964: 172-177). An einem Vergleich von Kap. XXVI<br />

<strong>der</strong> Memoriales von Motolinía (1970: 181-183) mit Kap. XXXI <strong>der</strong> História Eclesiástica (Mendieta,<br />

1973: 85-87) lässt sich dies verdeutlichen.<br />

55 Mendieta (1973: 39).


23<br />

vorspanischer Musikinstrumente erlaubten und damit bewusst die Entstehung von Synkretismen in<br />

Kauf nahmen.<br />

„De trecho a trecho hacen sus arcos triunfales, y en las cuatro esquinas que hace el circuito o<br />

vuelta de la procesión levantan cuatro como capillas, muy entoldadas y adornadas de imágines y<br />

de verjas de flores con su altar en cada una, [...] sale una danza de niños bien ataviados al son de<br />

algunas coplas devotas (motetes) que juntamente con los menestriles cantan los cantores. [...] se<br />

hace a la salida del patio enfrente de la puerta de la iglesia, que es el primer para<strong>der</strong>o o descanso<br />

de la procesión, en la cual van otras danzas y bailes que causan regocijo, [...]. En cuyo principio<br />

(que es a la hora de las primeras vísperas) se comienzan a levantar los espíritus con el ruido de la<br />

mucha música de trompetas y atabales, y campanas chicas y grandes y medianas, y chirimías y<br />

otros instrumentos que se tañen [...]. Las vísperas en los tales días siempre se cantan en canto de<br />

órgano, diferenciando los instrumentos musicales, con la solemnidad que se pueden cantar en una<br />

iglesia catedral.“ (Kap. XIX, „De la solemnidad con que los indios celebran las Pascuas y fiestas<br />

principales, y de las procesiones ordinarias que hacen“). 56<br />

Indem an die Tradition <strong>der</strong> zu kalendarisch festgelegten Zeitpunkten praktizierten Zeremonie<br />

angeknüpft wurde, ließen sich christliche Glaubensgrundsätze von den Missionaren dramatisieren<br />

und nachhaltig vermitteln. Zu den vorspanischen Musikinstrumenten, die im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t noch<br />

im Kirchendienst toleriert wurden, zählten Schneckentrompeten, Holztrommeln und Schellen. Den<br />

Klang dieser Instrumente nahm Mendieta als „Krach“ o<strong>der</strong> „Lärm“ („ruido“) wahr.<br />

Francisco Hernández<br />

Als Hofarzt König Phillips II. reiste Francisco Hernández zwischen 1571 und 1577 durch<br />

Zentralmexiko, um den botanischen Reichtum des Vizekönigreichs aufzunehmen. 57 Seine<br />

Beobachtungen <strong>der</strong> indigenen Kultur flossen mit den Berichten <strong>der</strong> Missionare in die um 1576/77<br />

verfassten Antigüedades de la Nueva España ein. Aus diesem Werk geht hervor, dass Hernández<br />

wie Motolinía gegenüber <strong>der</strong> aztekischen Musik einen positiven Standpunkt vertrat.<br />

„[...] Al mismo tiempo se tocaban diversos instrumentos músicos de los que comportaba la<br />

época y la gente, como flautas, caracoles, huesos con estrías atravesadas, y tímpanos,<br />

acompañados de canto y halagando así más suavemente los oídos.“ (Kap. IV, „De la comida<br />

pública del rey“). 58<br />

„El canto era en su mayor parte grave y tardo y lo que se cantaba estaba en prosa.“ (Kap. VI,<br />

„Del nitoteliztli“). 59<br />

In <strong>der</strong> Beschreibung des im aztekischen Herrscherpalast verwendeten Instrumentariums erwähnte<br />

Hernández nicht nur Flöten, Schneckentrompeten und Schrapknochen, son<strong>der</strong>n auch kleine<br />

getriebene Metallbecken o<strong>der</strong> Gongs, für <strong>der</strong>en Verwendung in Mesoamerika nur wenige Belege<br />

existieren. 60 Beson<strong>der</strong>s die Klangfarbe <strong>der</strong> Musik, die in den zentralmexikanischen<br />

Herrscherhäusern zur Aufführung kam, bezeichnete er als „sehr wohlklingend“ und „geschmeidig“<br />

(„más suavemente“), den aztekischen Zeremonialgesang als überwiegend „schwer“, „feierlich“ und<br />

„getragen“ („grave y tardo“) sowie „in Prosa abgefasst“ („en prosa“).<br />

56 Mendieta (1973: 50).<br />

57 León-Portilla (1986: 12-19).<br />

58 Hernández (1986: 113).<br />

59 Hernández (1986: 117).


24<br />

Fray José de Acosta<br />

Der Franziskaner Fray José de Acosta, <strong>der</strong> sich auf einer Rückreise von Peru nach Spanien zwischen<br />

1586 und 1588 in Zentralmexiko aufhielt, 61 äußerte sich im fünften Band <strong>der</strong> 1589 verfassten<br />

Historia Natural y Moral de las Indias zu <strong>der</strong> Klangcharakteristik aztekischer Ritualmusik, wobei er<br />

sich wie Hernández auf die Aussagen früherer Missionare stützte.<br />

„Su perpetuo ejercicio de los sacerdotes era inciensar a los ídolos, [...]. A esta hora [a media<br />

noche] se levantaban todas las dignidades del templo, y en lugar de campanas, tocaban unas<br />

bocinas y caracoles grandes, y otros unas flautillas, y tañían un gran rato un sonido triste, y<br />

después de haber tañido, salía el hebdomadario o semanero, vestido de una ropa blanca como<br />

dalmática, con su inciensario en la mano, [...].“ 62<br />

Acosta beschrieb an dieser Stelle den Mitternachtsritus (tlaticatlahuiliztli) eines Tempelrituals, das<br />

in Tenochtitlan von Opferpriestern mit Schneckentrompeten und Keramikflöten zu astronomisch<br />

festgelegten Zeitpunkten während <strong>der</strong> Nacht praktiziert wurde und die Nachtwache <strong>der</strong><br />

Trommelspieler (tozohualiztli) einleitete. 63 Den Klang dieses Rituals charakterisierte <strong>der</strong> Chronist<br />

ebenso wie Díaz del Castillo als „sehr finster“ o<strong>der</strong> „traurig“ („gran rato un sonido triste“). Obwohl<br />

es sich um die gleichen Signalinstrumente handelte, die auch im rituellen Menschenopfer<br />

verwendet wurden, stellte Acosta keinen dämonischen Kontext wie Díaz del Castillo her.<br />

Fray Juan de Torquemada<br />

Zu den wenigen Missionaren, die noch im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t bezug auf die traditionelle indigene<br />

Musik nahmen, zählt Fray Juan de Torquemada. Der Franziskaner vertrat wie Díaz del Castillo und<br />

Mendieta wie<strong>der</strong> einen eurozentrischen Standpunkt, wie aus zwei Passagen <strong>der</strong> um 1615<br />

verfassten Monarquía Indiana hervorgeht.<br />

„[...] Porque no dormían de noche sino que la velaban toda con muchas hogueras de fuego que<br />

hacían, y bocinas y cuernos que tañían, haciendo grande estruendo y ruido con estos instrumentos,<br />

en demonstración de la continua vela que tenían, [...].“ (Vol. 10, Kap. XXXIV: „De las fiestas del<br />

calendario mexicano“) 64<br />

„Serviase siempre con mucha música, de flautas, zampoñas, caracoles, huesos, atabales y otros<br />

instrumentos de poco deleite a los oídos de los españoles, y no alcanzaban otros mejores, ni tenían<br />

música de canto (como la que usamos en voces concertadas) porque no sabían el arte, hasta que<br />

de los castellanos lo aprendieron (en especial fue maestro de él, en esta nueva iglesia, el<br />

apostólico varón fray Pedro de Gante, fraile lego de la esclarecida orden de mi glorioso padre San<br />

Francisco) aunque en sus bailes y fiestas cantaban en voces iguales, al son de su teponaztli<br />

[...].“(Vol. 2, Kap. LXXXVIII, „De la manera con que se servía el rey Motecuhzuma en su comida y<br />

la gente que le asistía a ella [...]“). 65<br />

Wie Mendieta nahm Torquemada die aztekische Instrumentalmusik als „Krach“ und „Lärm“<br />

(„estruendo“, „ruido“) wahr, den er für europäische Ohren als „wenig ergötzlich“ („de poco<br />

deleite“) charakterisierte. In seinem Urteil ging Torquemada allerdings weiter als an<strong>der</strong>e<br />

60<br />

Flores Dorantes (1977).<br />

61<br />

Esteve Barba (1964: 102-111).<br />

62<br />

Acosta (1940: 239).<br />

63<br />

Sahagún (PM 1997: 80, 123-126, 154-155; HG 1957: 252-253, 305-307; CF 1981: 76);<br />

Torquemada (1976: 275). Siehe Kap. 4.2.1: Der „Ort des Bandes“.<br />

64<br />

Torquemada (1964: 127).<br />

65<br />

Torquemada (1975: 314).


25<br />

Chronisten, indem er argumentativ darzulegen versuchte, dass die Azteken vor <strong>der</strong> Eroberung<br />

keine mit <strong>der</strong> europäischen Musiktradition vergleichbare Harmoniebildung („voces concertadas“)<br />

und deshalb auch keinen Gesang im europäischen Sinne kannten. So diente die vormals reiche<br />

vorspanische Musiktradition, die keine 100 Jahre nach <strong>der</strong> Eroberung bereits dem akkulturativen<br />

Druck <strong>der</strong> Kolonialgesellschaft unterlegen war, in ihrem Nie<strong>der</strong>gang dazu, den Azteken jede<br />

ästhetische Empfindung abzusprechen. Torquemada zufolge erfuhren sie die wahre Kunst <strong>der</strong> Musik<br />

erst in <strong>der</strong> Missionsschule. Seine Aussagen, die wie die des Díaz del Castillo Beispiele für den<br />

Eurozentrismus <strong>der</strong> frühen Kolonialzeit darstellen, übergehen die positiven Bemerkungen <strong>der</strong><br />

Chronisten des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Wie Sahagún und Durán plädierte Torquemada dafür,<br />

„heidnische“ Gesänge endgültig zu verbieten. 66<br />

Zusammenfassung<br />

Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Schriftquellen aus <strong>der</strong> frühen Kolonialzeit erschließt sich in <strong>der</strong> subjektiven<br />

Perzeption indigener Musik ein differenziertes Bild, das erst gegen Ende des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

zugunsten einer pauschalen Abwertung verdrängt wurde. Geprägt war die eurozentrische Sicht von<br />

renaissancezeitlichen Hörvorstellungen, die beson<strong>der</strong>s durch die polyphone liturgische<br />

Kirchenmusik und die Kenntnis arabischer Musik bestimmt und mit dem vorspanischen<br />

Klangverständnis unvereinnehmbar waren. <strong>Die</strong>s traf beson<strong>der</strong>s auf die als dunkel, unheimlich und<br />

schwermütig empfundene Musik <strong>der</strong> Schneckentrompeten und Holztrommeln im Tempelkult zu,<br />

aber auch auf die als schrill und misstönend bezeichnete Klangfarbe von Keramikflöten. Während in<br />

hohen Stimmlagen praktizierte Gesänge als gellend, durchdringend, schief und ungeschmeidig<br />

empfunden wurden, riefen beson<strong>der</strong>s die getragen, ernst und feierlich vorgetragenen und als<br />

beson<strong>der</strong>s wohlklingend und harmonisch bezeichneten Zeremonialgesänge Wohlgefallen hervor. 67<br />

Bewun<strong>der</strong>ung fanden die Missionare auch an <strong>der</strong> beeindruckenden Synchronizität großer<br />

Zeremonialtänze sowie an <strong>der</strong> als wohlstimmig wahrgenommenen Palastmusik, die in den<br />

zentralmexikanischen Herrscherhäusern aufgeführt wurde. Eine nicht unwesentliche Rolle spielte<br />

sicherlich <strong>der</strong> exotische Eindruck auf die Europäer.<br />

Unabhängig davon wie die Musik wahrgenommen wurde, erfuhren vorspanische Musikpraktiken<br />

ihre endgültige und entscheidende Wertung erst in Bezug auf die christliche Mission. Schon in <strong>der</strong><br />

Eroberungsphase wurden Gesänge, Zeremonialtänze und die Tempelmusik in Zusammenhang mit<br />

dem rituellen Menschenopfer als elementarer Ausdruck religiöser Identität erkannt, diabolisiert und<br />

bald nach <strong>der</strong> Eroberung unterbunden. 68 Auffallend ist, dass diejenigen Chronisten, die nicht auf<br />

66<br />

Brinton (1969: 11).<br />

67<br />

Motolinía (1970: 182f.); Sahagún (HG 1956: 62-63); Durán (1967, Vol. I: 192-196); Hernández<br />

(1986: 113, 117).<br />

68<br />

Verschiedene Verbote wurden in den 40er Jahren unter Erzbischof Fray Juan de Zumárraga und<br />

Vizekönig Antonio de Mendoza ausgesprochen (Martí/ Prokosch-Kurath, 1964: 165; Gibson, 1964:<br />

132, 187). <strong>Die</strong> entscheidenden Umstände, wie und warum es dazu kam, wurden bisher noch nicht<br />

untersucht. So bleibt hypothetisch, ob <strong>der</strong> plötzlich aufflammende Kult um die Erscheinung <strong>der</strong> Hl.<br />

Jungfrau von Guadalupe zwischen dem 9. und 12. Dezember 1531 in Tepeyac, dem Ort eines <strong>der</strong><br />

aztekischen Erdgöttin Tonantzin geweihten Bergheiligtums, mit diesen Verboten in Verbindung zu<br />

bringen ist.


26<br />

die Verbindung von Musikpraktiken mit Opferpraktiken eingingen, zu <strong>der</strong> objektivsten Beschreibung<br />

indigener Musiktraditionen fanden.<br />

Einmal erkannt, dass die Musik- und Tanzpraktiken vor <strong>der</strong> Eroberung zur religiösen Identität<br />

beitrugen, wurden sie in den Kirchendienst eingebunden. 69 Der Missionserfolg dabei war beachtlich,<br />

während die Entstehung von Synkretismen in Kauf genommen wurde. Beson<strong>der</strong>s in Prozessionen,<br />

die in großen Kreistänzen auf offenen Kirchenhöfen mündeten, wurde unter christlichem<br />

Vorzeichen an die vorspanische Zeremonie angeknüpft. Dabei wurde auch die Verwendung<br />

traditioneller Musikinstrumente toleriert, die für viele Missionare allerdings nur als Krach- und<br />

Lärmmacher angesehen wurden. <strong>Die</strong> Verbindung, die europäische und vorspanische<br />

Musikinstrumente, bilinguale liturgische Gesänge, kirchliche Prozessionen und traditionelle Tänze in<br />

<strong>der</strong> frühen Kolonialzeit eingingen, dürfte nicht nur aus musikwissenschaftlicher Sicht zu einer<br />

hochinteressanten Mischung beigetragen haben, die in dieser Form nur im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

existierte. Traditionelle Gesänge und damit die verbliebene authentische Musiktradition wurden zu<br />

Beginn des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts im Kirchendienst verboten, nachdem einflussreiche Missionare<br />

mehrfach auf „heidnische“ Metaphern mit verschlüsselten Botschaften verwiesen hatten.<br />

69 Siehe Turrent (1993: 115-193).


27<br />

4. MUSIKKULTURELLE EINRICHTUNGEN IN TENOCHTITLAN, HOCHTAL VON MEXIKO<br />

<strong>Die</strong> Organisationsstruktur des Musikwesens einer vorspanischen Kultur kann anhand relevanter<br />

Gebäude- und Hofkomplexe von Tenochtitlan, des politischen und religiösen Zentrums <strong>der</strong> Azteken<br />

im Hochtal von Mexiko, genau nachvollzogen werden. Lediglich Guzmán Bravo und Nava y Gómez<br />

Tagle berücksichtigten diesen wichtigen soziokulturellen Aspekt, <strong>der</strong> bisher noch nicht dargestellt<br />

worden ist. 70 Dabei unterschieden sie „professionelle Musiker“ und „Tempelmusiker“ <strong>der</strong> Azteken,<br />

ohne näher auf diese wichtige Differenzierung einzugehen. Wie sich herausstellt, waren die<br />

Wirkungsstätten verschiedener Musikergruppen entwe<strong>der</strong> dem Herrscherpalast von Tenochtitlan<br />

angeglie<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> befanden sich innerhalb des Tempelbezirks.<br />

Zu den Einrichtungen <strong>der</strong> Hofmusiker zählte das „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“ (mixcoacalli), das<br />

als Teil des Herrscherpalastes Versammlungsräume und ein Magazin für Musikinstrumente barg<br />

(Kap. 4.1.1), und das „Haus des Gesangs“ (cuicacalli), ein großer Gebäude- und Hofkomplex nahe<br />

des Palastes, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Vermittlung zeremonieller Tänze und Gesänge an verschiedene<br />

Bevölkerungsgruppen diente (Kap. 4.1.2). Zu den Einrichtungen des Tempelbezirks zählte <strong>der</strong> mit<br />

dem Priesterhaus in Verbindung stehende „Ort des Bandes“ (mecatlan), ein Magazin für kultisch<br />

hoch signifikante Musikinstrumente (Kap. 4.2.1), <strong>der</strong> „Ort des Tanzes“ (netotiloyan), ein großer<br />

Platz zu Fuße des Haupttempels (Kap. 4.2.2), und die „roten Tempel“, Gottheiten <strong>der</strong> Musik<br />

geweihte Heiligtümer (Kap. 4.2.3).<br />

4.1 Einrichtungenen des Herrscherpalastes<br />

4.1.1 Das „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“ (mixcoacalli)<br />

Sahagún und Motolinía beschreiben das „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“ als Versammlungsort <strong>der</strong><br />

beson<strong>der</strong>s begabten Palastmusiker von Tenochtitlan und Tlatelolco, die dort in direktem Kontakt<br />

mit dem aztekischen Herrscher standen.<br />

„Mixcoacalli: there were established all the kinds of singer-dancers of Tenochtitlan and<br />

Tlatilulco. There they awaited the word of the ruler, that he would dance, or try some song, or<br />

learn some new song.“ 71<br />

„[...] y cada señor en su casa tenia capilla con sus cantores, componedores de danzas y<br />

cantares, y estos buscaban que fuesen de buen ingenio para saber componer los cantares en su<br />

modo de metro o de coplas que ellos tenían.“ 72<br />

Ob ein Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Funktion des „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“ als Einrichtung <strong>der</strong><br />

Palastmusiker und <strong>der</strong> Gottheit Mixcoatl („Wolkenschlange“) bestand, ist unklar. Ein eindeutiger<br />

Beleg dafür ist we<strong>der</strong> in den überlieferten Texten mit historischem Inhalt noch in <strong>der</strong> aztekischen<br />

70<br />

Guzmán Bravo/ Nava y Gómez Tagle (1984: 89-104).<br />

71<br />

Sahagún (CF 1954: 45). Vgl. Sahagún (1952b: 210; CF 1959: 37).<br />

72<br />

Motolinía (1970: 181).


28<br />

Mythologie zu finden. 73 Mixcoatl wurde u.a. mit den Chichimecah assoziiert, einer aztekischen<br />

Sammelbezeichnung für die nomadisch lebenden Ethnien Nordwest-Mexikos, und in diesem<br />

Zusammenhang beson<strong>der</strong>s mit <strong>der</strong> Jagd in Verbindung gebracht. 74 In Tenochtitlan war ihm die<br />

„Löffelreiher-Zeremonie“ (Quecholli) geweiht, in <strong>der</strong> u.a. eine rituelle Treibjagd veranstaltet<br />

wurde. 75 Angesichts <strong>der</strong> plakativen und in Bezug auf Mixcoatl eindeutigen Riten, in denen<br />

Menschen als gefangene Hirsche an Stangen getragen und auf dem „Tempel <strong>der</strong> Wolkenschlange“<br />

(mixcoateopantli) geopfert wurden, 76 hatte des „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“ eine Funktion, die in<br />

keinem Zusammenhang mit dem Kult des Mixcoatl zu stehen scheint.<br />

Nach Sahagún, <strong>der</strong> das Gebäude zu den Baulichkeiten des Herrscherpalastes zählte, 77 ist das<br />

„Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“ in <strong>der</strong> Nähe des ehemaligen Tempelbezirks von Tenochtitlan zu<br />

lokalisieren. Vergleichbare Institutionen existierten auch in an<strong>der</strong>en politischen und religiösen<br />

Zentren <strong>der</strong> <strong>späten</strong> <strong>Postklassik</strong>. 78 Motolinía berichtet, dass die Hofmusiker zu Zeremonialtänzen aus<br />

dem Herrscherpalast auf den großen Tanzplatz des Tempelbezirks zogen und auf die gleiche Weise<br />

zurückkehrten.<br />

„El dia que habian de bailar, ponian luego por la mañana una grande estera en medio de la<br />

plaza á do se habian de poner los atabales, é todos se ataviaban é se ayuntaban en casa del señor,<br />

y de allí salian cantando y bailando. [...] A la noche tornaban cantando al palacio, y allí daban fin al<br />

canto á prima noche ó á gran rato de la noche andada, y á la media noche.“ 79<br />

Wie aus einer Bemerkung von Sahagún hervorgeht, war dem „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“<br />

möglicherweise eine Produktionsstätte für Musikinstrumente und Tanzkostüme angeglie<strong>der</strong>t, an<br />

<strong>der</strong>en Herstellung sich die Musiker beteiligten. 80 Exklusive Materialien, aus denen sie angefertigt<br />

wurden, wie Meeresschneckengehäuse, bestimmte Hölzer o<strong>der</strong> Metalle konnten hier direkt aus den<br />

Tributbeständen des Herrscherpalastes bezogen werden.<br />

Sahagún nennt Zungenschlitztrommeln (teponaztli) und ihre gummiüberzogenen<br />

Holzschlägelpaare (olmaitl), Standtrommeln (huehuetl), Handrasseln (ayacachtli), Metallschellen,<br />

Becken o<strong>der</strong> Gongs (tetzilacatl) und globulare Keramikflöten (zozoloctli), die im „Haus <strong>der</strong><br />

Wolkenschlange“ aufbewahrt wurden. 81 <strong>Die</strong>se Aufzählung kann keineswegs vollständig sein, denn<br />

nach einer Darstellung im Codex Florentinus ist die Liste zumindest um Schneckentrompeten<br />

(teccitzli, quiquiztli o<strong>der</strong> atecocolli) und tubulare Keramikflöten (tlapitzalli) zu erweitern (Abb. 2). 82<br />

Aus einem in den Cantares Mexicanos überlieferten Gesang geht zudem hervor, dass im „Haus <strong>der</strong><br />

73<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> möglichen Beziehung zwischen Mixcoatl und den aztekischen Gottheiten <strong>der</strong> Musik<br />

kommt eine ikonologische Untersuchung des Farbsymbols „Rot“ und <strong>der</strong> Zahlensymbole „5“ und<br />

„400“ in Frage. Wie aus den Anales de Quauhtitlan (1974: 166f.) hervorgeht, wurden Mixcoatl<br />

ursprünglich Pfeile, Reiherfe<strong>der</strong>n und Grasballen auf einem gestampften Erdaltar dargebracht.<br />

Reiherfe<strong>der</strong>n sind als Fe<strong>der</strong>insignien für die aztekischen Musiker belegt (Sahagún, CF 1954: 43).<br />

74<br />

Anales de Quauhtitlan (1974: 166-167); Vgl. Sullivan u.a. (PM 1997: 64). Den Otomí galt Mixcoatl<br />

als Hauptgottheit (Torquemada, 1976: 222-223). In den Zentren Cuitlahuac, Chalco, Tlaxcallan,<br />

Huexotzinco und Tepeacan wurde die Gottheit als Camaxtli verehrt (Nicholson, 1971: 426).<br />

75<br />

Sahagún (PM 1997: 64; CF 1981: 25-26, 171-172).<br />

76<br />

Sahagún, ebd. Dabei handelte es sich um rituell gebadete Opfergefangene, die sinng. „eroberte“<br />

o<strong>der</strong> „überwundene“, also gefangene „Hirsche“ (mazapolioaya) genannt wurden.<br />

77<br />

Sahagún (CF 1954: 45).<br />

78<br />

Motolinía (1970: 181).<br />

79<br />

ebd.<br />

80<br />

Sahagún (CF 1954: 45). Siehe Guzmán Bravo (1993: 29).<br />

81 ebd.<br />

82 Sahagún (CF 1954: lám. 70).


29<br />

Wolkenschlange“ während einer Kampfhandlung eine metallene o<strong>der</strong> goldverzierte Trommel<br />

(teocuitlahuehuetl) gespielt wurde. 83 <strong>Die</strong>sem Instrument kam als Insignie des Herrschers eine<br />

beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu, denn <strong>der</strong> Klang <strong>der</strong> Zylin<strong>der</strong>trommel und beson<strong>der</strong>es metallische Klänge<br />

galten als Symbole für Herrschaft und Macht. 84 Eine niedrige bauchige Holztrommel stellte auch<br />

den Thron des Herrschers dar (Abb. 5). 85 Ob weitere Klangwerkzeuge zu dem Ensemble <strong>der</strong><br />

Palastmusiker zählten ist nicht überliefert. 86 Im „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“ wurden darüber hinaus<br />

Fe<strong>der</strong>insignien, Masken und Tanzkostüme aufbewahrt. 87<br />

Zu den professionellen Hofmusikern des Herrscherpalastes, den „[dem Herrscher]<br />

unterstehenden Sängern“ (mecehualcuicanimeh), zählten Sahagún zufolge Trommelspieler o<strong>der</strong><br />

„Schläger“ (tlatzotzonqui) sowie Schneckentrompeten- und Flötenspieler o<strong>der</strong> „Bläser“<br />

(tlapitzqui). 88 Da keine Bezeichnungen <strong>der</strong> Spieler von Rassel-, Klapper-, und Metallinstrumenten<br />

überliefert sind, zählten diese Musiker möglicherweise ebenfalls zu den „Schlägern“, o<strong>der</strong> es<br />

handelte sich um spezialisierte Priester. <strong>Die</strong> Perkussionisten spielten eine beson<strong>der</strong>e Rolle, da<br />

Vokalintonation und Choreographie immer mit <strong>der</strong> Rhythmus- und Melodiefolge bestimmter<br />

Trommelschläge korrespondierte. 89 Sie waren wahrscheinlich auch an <strong>der</strong> Führung von<br />

Kampfhandlungen beteiligt und in diesem Zusammenhang für die taktische Signalgebung mit<br />

portablen Trommeln, wie <strong>der</strong> „kleinen Schlitztrommel“ (teponaztontli), verantwortlich. Auf<br />

bestimmte Musikinstrumente spezialisierten „Schläger“ und „Bläser“ wurden auch nach ihrem<br />

jeweiligen Instrument benannt. Überliefert sind die Bezeichnungen „Schlitztrommelspieler“<br />

(teponazoani) o<strong>der</strong> „Schlitztrommelsänger“ (teponazcuicani), „Zylin<strong>der</strong>trommelschläger“ (huehuetzotzonqui<br />

o<strong>der</strong> huehuetzotzonani), „Schneckentrompetenspieler“ (quiquizoani) sowie „Pfeifen- und<br />

Flötenbläser“ (tlapitzqui, zozolocpitzqui und huilacapitzoani). 90 Musiker, die für bestimmte<br />

Lautsignale mit <strong>der</strong> Hand verantwortlich waren, hießen „Handbläser“ (mapipitzoani). 91 Für eine<br />

beson<strong>der</strong>s talentierte Gruppe, die Motolinía zufolge für die Komposition und das Arrangement<br />

83<br />

CM (1957: 124).<br />

84<br />

Sahagún (CF 1969: 74-75). Vgl. Dyckerhoff (1970: 153-155). Dass Metalltrommeln, hier als<br />

Botengabe zur Auffor<strong>der</strong>ung militärischen Beistandes, nicht nur als Insignien Verwendung fanden, ist<br />

durch eine Bemerkung von Díaz del Castillo (1988: 179) belegt.<br />

85<br />

Möglich ist, dass es sich auch bei <strong>der</strong> originalgroßen Steinnachbildung einer solchen Trommel<br />

(Abb. 25) um einen Thron handelt.<br />

86<br />

Auszuschließen sind Instrumente, die aufgrund ihrer beson<strong>der</strong>en Funktion von ausgewählten<br />

Priestern in den Heiligtümern des Tempelbezirks aufbewahrt wurden. Während Schneckentrompeten,<br />

Keramikflöten und Holztrommeln sowohl in <strong>der</strong> Palast- als auch <strong>der</strong> Tempelmusik eine Rolle spielten,<br />

sind darunter Stabrasseln, Schildkrötenklappern und Schrapknochen zu zählen.<br />

87<br />

Sahagún (CF 1954: 45).<br />

88<br />

ebd. An<strong>der</strong>son und Dibble (Sahagún, CF 1954: 45) übersetzen macehualcuicanimeh unpräzise mit<br />

„singer-dancers“. Das Nomen macehualcuicani ist jedoch von macehualli, „vasallo“ (Molina, 1970,<br />

Vol. II: 51v.) und nicht von macehuani, „baylador o danzador“ (Molina, ebd.), abgeleitet. Eine<br />

Unterscheidung zwischen Instrumentalisten und Sängern ist terminologisch nicht fassbar.<br />

Musikinstrumentenspieler galten ebenfalls als „Sänger“ (cuicani o<strong>der</strong> cuicamatini), so wie<br />

Instrumentalmusik als „Gesang“ und Instrumentalspiel als „Instrumentengesang“ verstanden wurde<br />

(siehe Kap. 4.2.3: <strong>Die</strong> „roten Tempel“). Das Nomen für „Schlitztrommelschläger“ teponazcuicani<br />

(wörtl. „Schlitztrommelsänger“) verdeutlicht dieses autochthone Konzept von Musik, das auch auf<br />

den Tanz ausgedehnt war, denn hier hieß es „mit den Füßen zu singen“ (Stanford, 1966: 102-103,<br />

107-110). Molina (1970, Vol. I: fol: 111r.) gibt tlatzotzonqui mit „tañedor“ wie<strong>der</strong>. <strong>Die</strong> Bezeichnung<br />

ist abgeleitet von tzotzona (CM, 1957: 54-55), „tañer, tocar, o repicar atabales“ (Molina, 1970, Vol.<br />

II: fol: 157r.).<br />

89<br />

Motolinía (1970: 181-182); Durán (1967, Vol. I: 192).<br />

90<br />

Molina (1970, Vol. I: fol. 63r., 111r., Vol. II: fol: 132r., 157r.); Sahagún (CF 1957: 26; CF 1959:<br />

45). Vgl. Garibay (1953-54, Vol. I: 166).<br />

91<br />

Sahagún (CF 1957: 26). Vgl. Garibay (1953-54, Vol. I: 166).


30<br />

neuer Gesänge und Tänze zur Huldigung <strong>der</strong> aztekischen Herrscher verantwortlich war, 92 sind zwei<br />

Bezeichnungen, „Liedschaffer“ (cuicapiquini) und „Liedschreiber“ (cuicatlaliani), belegt. 93<br />

Zu verschiedenen Anlässen, wie <strong>der</strong> täglichen Tischzeremonie des Herrschers und an<strong>der</strong>en<br />

Zusammenkünften, spielten die Hofmusiker im Palast auf, wurden aber auch zu den Tanzfesten<br />

wohlhaben<strong>der</strong> Fernhändler (pochtecah) gerufen und für ihre Leistungen vergütet. 94 Im „Haus des<br />

Gesangs“ (Kap. 4.1.2) und bei den Zeremonialtänzen im Tempelbezirk (Kap. 4.2.2) stellten sie die<br />

Instrumentalisten, Gesangsleiter und Tanzführer dar. Da sie von Abgaben entbunden waren und ihr<br />

Lebensunterhalt zugleich aus Tributeinkünften gesichert war, handelte es sich bei ihnen wie bei den<br />

Kunsthandwerkern (toltecah) um eine wohlhabende professionelle Gruppe des Palastgefolges. 95<br />

Anlässlich <strong>der</strong> „1-Blume-Zeremonie“ (ce xochitl), die an dem gleichnamigen Tag des<br />

Ritualkalen<strong>der</strong>s begann und über einen vom Herrscher persönlich festgelegten Zeitraum von bis zu<br />

40 Tagen währte, wurden alle professionellen Musiker, Tänzer und Sänger von Tenochtitlan und<br />

Tlatelolco fürstlich bewirtet und beschenkt. 96 Im „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“ trafen sie zusammen,<br />

tauschten ihr Wissen aus und vermittelten Musikpraktiken weiter. Beson<strong>der</strong>s bekannt waren sie<br />

dafür, dass sie die regionaltypischen Gesänge und Tänze frem<strong>der</strong> Ethnien aufführen konnten und<br />

nicht nur in ihrer Arrangierung und Choreographie, son<strong>der</strong>n auch in ihrer eigenen Sprache<br />

beherrschten. 97 Dazu wurde neben <strong>der</strong> typischen Instrumentalbegleitung auch auf die jeweilige<br />

Kostümierung und Maskierung Wert gelegt. So trugen die Musiker zum cuextecayotl-Tanzgesang<br />

(sinng. „in <strong>der</strong> Weise <strong>der</strong> Huaxtecah“) gelbgefärbtes Haar und Masken in konischer Form mit<br />

Nasenpflöcken, spitzgefeilten Zähnen und aufgemalten Pfeilnarben, um aus aztekischer Sicht die<br />

typischen Merkmale <strong>der</strong> Huaxtecah zu imitieren. 98 <strong>Die</strong> verwendeten Instrumente frem<strong>der</strong> Ethnien<br />

zählten möglicherweise zur Kriegsbeute.<br />

92<br />

Motolinía (1970: 181).<br />

93<br />

Sahagún (CF 1957: 26). Molina (1970, Vol. II: fol. 26v.) gibt mit cuicatlali, „componedor de<br />

canto“, eine kontraktierte Form von cuicatlaliani an. <strong>Die</strong> Termini sind zusammengesetzt aus dem<br />

Nomen cuicatl, für „Gesang“ und „Musik“ (Simeón, 1977: 136), und den Verben tlalia, das Molina<br />

(1970, Vol. II: fol. 124r.) zufolge u.a. „komponieren“ bedeutet, bzw. piqui, das Molina (1970, Vol. II:<br />

fol. 82r.) mit „inventar alguna cosa, crear o plasmar dios alguna creatura de nuevo“ wie<strong>der</strong>gibt (vgl.<br />

Andrews, 1975: 464).<br />

94<br />

Sahagún (PM 1997: 199; 1952b: 206-215; CF 1957: 26, 123; CF 1959: 33-43); Hernández<br />

(1986: 112-113); Torquemada (1975: 313-314).<br />

95<br />

Durán (1967, Vol. I: 195); Sahagún (CF 1957: 26, 123). Vgl. Castellanos (1970: 68). Van<br />

Zantwijk (1985: 172-176) führt in Diagramm 8.4 <strong>der</strong> „körperschaftlichen Berufsgruppen“ unter ce<br />

xochitl zwar Musiker, Tänzer und Sänger an, geht im laufenden Text aber nicht weiter darauf ein.<br />

96<br />

Sahagún (CF 1954: 45; CF 1957: 25-26). In den mit <strong>der</strong> „1-Blume-Zeremonie“ verbundenen<br />

Tänzen (Abb. 8) präsentierte sich <strong>der</strong> Herrscher öffentlich in seiner kostbaren Tanzkleidung, die u.a.<br />

aus Quetzalfe<strong>der</strong>-, Gold- und Grünsteinschmuck bestand (Sahagún, PM 1997: 206. Vgl. Guzmán<br />

Bravo/ Nava y Gómez Tagle, 1984: 89; Sten, 1990: 32).<br />

97<br />

Namentlich nennt Sahagún (CF 1954: 45) den „Tanzgesang in <strong>der</strong> Weise von Huexotzinco“<br />

(huexotzincayotl meoaz cuicatl), den „in <strong>der</strong> Weise von Anahuac“ (anahuacayotl) und den „in <strong>der</strong><br />

Weise <strong>der</strong> Huaxtecah“ (cuextecayotl). An an<strong>der</strong>er Stelle überliefert Sahagún (CF 1957: 25-26) die<br />

Namen 20 weiterer Tanzgesänge. Einer Aufzählung von Hernández (1986: 116-118) zufolge erhöht<br />

sich die Zahl auf über 40 unterschiedliche „Weisen“ (Vgl. die von García Pimentel zusammengestellte<br />

Liste im Anhang von Hernández, 1946: 277-282; Martí/ Prokosch-Kurath, 1964: 217-220). Allein 70<br />

verschiedene Lie<strong>der</strong> sollen für den Herrscher Nezahualcoyotl komponiert worden sein (Castellanos,<br />

1970: 68). <strong>Die</strong> Titel mit ethnischem bzw. regionalem Bezug weisen darauf hin, dass es sich um<br />

adaptierte Musikpraktiken unterworfener Gruppen handelte. Ihre Aufführung wirft Licht auf den<br />

Anspruch, den die Azteken auf „erobertes“ Kulturgut erhoben, dem zugleich ein großer<br />

Unterhaltungswert zukam.


31<br />

4.1.2 Das „Haus des Gesangs“ (cuicacalli)<br />

Das „Haus des Gesangs“ zählte ebenfalls zu den Einrichtungen des Herrscherpalastes von<br />

Tenochtitlan. 99 Es bestand aus einem sorgfältig gebauten und reich ausgeschmückten<br />

Gebäudekomplex, <strong>der</strong> einen großen Tanzhof umschloss. Mit diesem Hof in Verbindung gebracht<br />

werden können die Bezeichnungen „Ort des Gesangs“ (cuicoyan), „Im Haus des Gesangs“<br />

(cuicacalco) und „Ort, an dem die Leute den Tanz lernen“ (netotiliznemachtiloyan). 100<br />

Vergleichbare Institutionen existierten auch in an<strong>der</strong>en Zentren <strong>der</strong> <strong>späten</strong> <strong>Postklassik</strong>.<br />

„Y es, que en todas las ciudades había junto a los templos, unas casas grandes, donde residían<br />

maestros que enseñaban a bailar y cantar. A las cuales casas llamaban cuicacalli, que quiere decir<br />

»casa de canto«.“ 101<br />

„En la ciudad de México y de Tezcoco y de Tacuba [Anm. Tlacopan], de quien es nuestro<br />

particular intento tratar [...], había casas de danza muy bien edificadas y galanas, con muchos<br />

aposentos grandes y espaciosos, alrededor de un hermoso patio grande para el ordinario baile.“ 102<br />

Im Unterschied zu dem „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“ und an<strong>der</strong>en Einrichtungen ist die Lage des<br />

„Hauses des Gesangs“ ethnohistorisch überliefert. Durán zufolge befand sich <strong>der</strong> Komplex<br />

südwestlich <strong>der</strong> Einfriedung des Tempelbezirks, dort, wo in <strong>der</strong> frühen Kolonialzeit die Portales de<br />

Merca<strong>der</strong>es standen. 103 Wird, wie Fernando Horcasitas und Doris Heyden nahe legen, von <strong>der</strong><br />

heutigen Lage <strong>der</strong> Portales an <strong>der</strong> Plaza de la Constitución zwischen Calle Ma<strong>der</strong>o und Calle 16. de<br />

Septiembre ausgegangen, so befand sich das „Haus des Gesangs“ südwestlich des Tempelbezirks<br />

und war möglicherweise dem unter dem aztekischen Herrscher Moteuhczuma I. in <strong>der</strong> Mitte des<br />

15. Jahrhun<strong>der</strong>ts erbauten Palast angeschlossen (Fig. 5, „Palacio de Cihuacoatl“). 104<br />

Zu festgelegten Tageszeiten wurde die Einrichtung von verschiedenen Gesellschaftsgruppen in<br />

Anspruch genommen. So versammelte sich täglich eine Gruppe ranghoher Krieger (tequihua), um<br />

Tänze einzustudieren und sich mit Konkubinen (ahuianimeh) zu vergnügen. 105 Musiker, die Durán<br />

98<br />

Sahagún (CF 1954: 45).<br />

99<br />

Sahagún (CF 1954: 43). Der Terminus ist zusammengesetzt aus dem Nominalstamm cuicatl, <strong>der</strong><br />

Siméon (1977: 136) zufolge mit „Gesang“ o<strong>der</strong> mit „Musik“ übersetzt werden kann, und calli,<br />

„Haus“. Vokal-, Instrumentalmusik und Tanz waren in Mesoamerika sprachlich und konzeptionell<br />

sehr eng miteinan<strong>der</strong> verknüpft (Stanford, 1966: 103-115), so dass cuicacalli auch mit „Haus <strong>der</strong><br />

Lie<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Musik und des Tanzes“ übersetzt werden kann.<br />

100<br />

Tezozomoc (1943: 6-11) beschreibt das cuicoyan als „casa de canto de mujeres“, in das die<br />

Töchter <strong>der</strong> unter dem aztekischen Herrscher Itzcoatl unterworfenen Herrschaftslinien gebracht<br />

wurden. Gemäß Sahagún (CF 1952: 54-55) war das cuicacalco ein Hof, in dem mit netzartigen<br />

Umhängen bekleidete jugendliche telpochcalli-Schüler zwischen Sonnenuntergang und dem<br />

mitternächtlichen Schneckentrompetensignal (tlaticatlahuiliztli) <strong>der</strong> Tempelmusiker Tanzgesänge<br />

praktizierten. <strong>Die</strong> Bezeichnung netotiliznemachtiloyan ist zusammengesetzt aus dem Nominalstamm<br />

netotiliz(-tli), „danza o baile“ (Molina, 1970, Vol. I: fol. 35v.) und nemachtiloyan, „escuela donde<br />

aprenden y se enseñan“ (Molina, 1970, Vol. II: fol. 66v.). Stanford (1966: 109) gibt mit<br />

nonitotilismachtiloyan eine defektive kompositive Form an, lei<strong>der</strong> ohne Quellenverweis.<br />

101<br />

Durán (1967, Vol. I: 188-189).<br />

102<br />

Durán (1967, Vol. I: 190).<br />

103<br />

ebd.<br />

104<br />

Horcasitas/ Heyden (Durán, 1971: 291).<br />

105<br />

Durán (1967, Vol. I: 194-195). Bei den tequihua handelte es sich um erfahrene Kämpfer, die vier<br />

Gefangene gemacht hatten und zur Teilnahme an den Kriegsräten im „Adlerhaus“ (quauhcalli) bzw.<br />

„Haus <strong>der</strong> Krieger“ (tequihuacacalli) des Herrscherpalastes berechtigt waren (Carrasco, 1971: 357).<br />

Sahagún (CF, 1981: 5-6) berichtet, dass sie im „Haus des Gesangs“ zur Tozoztontli-Zeremonie<br />

bestimmte Gesänge im Sitzen praktizierten.


32<br />

zufolge im „Haus des Gesangs“ lebten, waren ranghohe Tanzführer und Gesangsleiter. 106 Sie<br />

fanden sich täglich nach Sonnenaufgang auf dem Tanzhof ein, um Sahagún zufolge „ihre<br />

Aufmerksamkeit dem Tanz zu schenken“ und sich dabei mit netzartigen Umhängen, roten<br />

Stirnbän<strong>der</strong>n, Reiher-Fe<strong>der</strong>schmuck und Ohrpflöcken aus Grünstein von den Kriegern<br />

abzusetzen. 107 Ihre kostbare Tanzkleidung deutet darauf hin, dass es sich um ranghohe Adlige<br />

(teuhctin) aus <strong>der</strong> Oberschicht von Tenochtitlan handelte. Sehr wahrscheinlich traten sie auch als<br />

Tanzführer in Zeremonialtänzen auf. Darüber hinaus müssen zwei Gesangsleiter, die beson<strong>der</strong>s für<br />

die Vermittlung von Tanzgesängen verantwortlich waren, eine wichtige Funktion im „Haus des<br />

Gesangs“ erfüllt haben. Es handelte sich um ranghohe Palastmusiker, den „Herrn <strong>der</strong> Gesänge“<br />

(tlapitzcatzin) und einen Stellvertreter (tzapotlatehuatzin), die eine Schlüsselposition im<br />

aztekischen Zeremonialwesen innehatten. 108 Der „Herr <strong>der</strong> Gesänge“ überwachte Sahagún und<br />

Torquemada zufolge nicht nur die Vermittlung <strong>der</strong> Vokalmusik an verschiedene<br />

Gesellschaftsgruppen, son<strong>der</strong>n sorgten auch dafür, dass sie im Ablauf großer Zeremonien, die im<br />

Tempelbezirk abgehalten wurden, fehlerfrei angestimmt wurde. 109 Er „besaß“ den Gesang und<br />

„sprach über ihn“ (ipa[n] tlatoaia in cuicatl), war also für seine Vermittlung zuständig. 110 Dazu<br />

hatte er wie die Tempelmusiker auf spezielle Bil<strong>der</strong>handschriften Zugriff, „Gesangsbüchern“<br />

(cuicamatl), in denen piktographisch („por carácteres“) musikalische Informationen festgehalten<br />

wurden. 111<br />

In den Abendstunden galt das „Haus des Gesangs“ <strong>der</strong> täglichen Vermittlung von<br />

Zeremonialtänzen und Tanzgesängen an Kin<strong>der</strong> und Jugendliche aus Tenochtitlan, die von ihrem<br />

sozialen Status unabhängig war und die beson<strong>der</strong>e Bedeutung von Tanzpraktiken in <strong>der</strong><br />

aztekischen Gesellschaft unterstreicht. 112 Sie war Pflicht und begann laut Durán im Alter von 12 bis<br />

14 Jahren und dem Codex Mendoza zufolge mit 15 Jahren, bevor sich <strong>der</strong> Ausbildungsweg<br />

106 Durán (1967, Vol. I: 189).<br />

107 Sahagún (CF 1954: 43).<br />

108 Sahagún (PM 1997: 84; HG 1956: 249); Torquemada (1976: 264). Vgl. Guzmán Bravo/ Nava y<br />

Gómez Tagle (1984: 103-104). Es bieten sich verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten von<br />

tlapitzcatzin an. Der hier angeführte Vorschlag, <strong>der</strong> auf den Nominalstamm tlapitzahualiztli, „canto, o<br />

adelgazamiento así“ (Molina, 1970, Vol. II: fol. 132r.), zurückgeht, wird <strong>der</strong> Funktion des<br />

Gesangsleiters wegen präferiert. Brinton (1969a: 25) kommt zu <strong>der</strong> Übersetzung von „the noble<br />

flute player“, nach tlapitzqui, „tañedor de flauta, de chirimía, o trompeta“ (Molina, ebd.). Martí<br />

(1961: 112), Guzmán Bravo und Nava y Gómez Tagle (1984: 103) führen den Titel nach einer<br />

falschen Schreibweise (tlapitzcaltzin) auf tlapitzalli („Flöte“) und calli („Haus“) zurück und geben ihn<br />

mit „señor de la casa de flautas“ wie<strong>der</strong>. Sullivan et al. (PM 1997: 84) kommt nach <strong>der</strong> Orthographie<br />

<strong>der</strong> Primeros Memoriales mit „the custodian“ zu einer weiteren Übersetzung, indem sie den Titel<br />

nach Molina (ebd.) mit <strong>der</strong> Bezeichnung für „Wächter“ (tlapixqui) in Verbindung bringt.<br />

109 Sahagún (PM 1997: 84; HG 1956: 249); Torquemada (1976: 264). Beide vergleichen die<br />

Funktion des „Herrn <strong>der</strong> Gesänge“ mit <strong>der</strong> des Kantor („chantre“ bzw. „maestro de capilla“) aus <strong>der</strong><br />

europäischen Musiktradition, <strong>der</strong> Chorknaben unterrichtete und das Kirchenorchester leitete.<br />

Demzufolge hatte er auch auf die Instrumentalmusik Einfluss.<br />

110 Sahagún (PM 1997: 89).<br />

111 Sahagún (HG 1956: 307, CF 1952a: 65). Siehe Guzmán Bravo/ Nava y Gómez Tagle (1984:<br />

104). Möglicherweise wurde <strong>der</strong> Inhalt von Bil<strong>der</strong>handschriften allgemein „gesungen“ (Sullivan,<br />

1986: 9; King, 1994: 102-136). In den erhaltenen Exemplaren können demzufolge musikalische<br />

Informationen enthalten sein.<br />

112 Durán (1967, Vol. I: 189-191).


33<br />

differenzierte. 113 Eine Stunde vor Sonnenuntergang wurden die Jugendlichen aus den einzelnen<br />

Vierteln (calpultin) von den „Anführern <strong>der</strong> Jungen“ (teanqueh) und den „Anführerinnen <strong>der</strong><br />

Mädchen“ (cihuatepixqueh) abgeholt und in geschlechtlich getrennten Gruppen zum „Haus des<br />

Gesangs“ geführt. 114 Darauf bereiteten sie sich in separaten Räumen auf die einzustudierenden<br />

Tanzgesänge vor, während für die Trommeln in <strong>der</strong> Mitte des Tanzhofes Bastmatten ausgelegt<br />

wurden. 115 Darauf traten die Jungen auf den Hof heraus und for<strong>der</strong>ten die Mädchen zum Tanz auf,<br />

indem sie sie bei <strong>der</strong> Hand nahmen. 116 Sahagún zufolge hielten sich die Schüler bis zum ersten<br />

Trompetensignal (tlatlapitzaliztli) <strong>der</strong> Tempelmusiker bei Sonnenuntergang im „Haus des Gesangs“<br />

auf. 117 <strong>Die</strong> mit den Tanzgesängen simultan ausgeführten Bewegungsmuster waren so komplex,<br />

dass es schwer war sie zu erlernen. Durán überliefert, dass wie<strong>der</strong>holt Hilfestellungen gegeben<br />

werden mussten und die Schüler stolz darauf waren, wenn es ihnen gelungen war den Rhythmen<br />

und Tempi <strong>der</strong> Trommelspieler zu folgen. 118 Zu den aztekischen Choreographien, die im „Haus des<br />

Gesangs“ vermittelt wurden, zählte ein tlanahua genanntes Bewegungsmuster, das mit<br />

Abwandlungen in gemischt-geschlechtlichen Zeremonialtänzen praktiziert wurde. Aus einer<br />

Darstellung dieser Tanzbewegung im „Atlas“ von Durán (Codex Durán) geht hervor, dass sich die<br />

Tanzpartner dabei nicht an den Händen, son<strong>der</strong>n den Handgelenken hielten und <strong>der</strong> Tanzkreis nicht<br />

geschlossen war, son<strong>der</strong>n von einem Tanzführer mit einer Fe<strong>der</strong>fächer-Insignie (ehecacehuaztli)<br />

angeführt wurde (Abb. 4). Musikinstrumente, die in <strong>der</strong> Ausbildung von Bedeutung waren, waren<br />

hauptsächlich Rasselinstrumente, die zu bestimmten Tänzen von allen Teilnehmern gespielt<br />

wurden. 119 <strong>Die</strong> Ausbildung im „Haus des Gesangs“ fand alle vier Jahre ihren Höhepunkt in <strong>der</strong><br />

Itzcalli-Zeremonie, in <strong>der</strong> die Jugendlichen ihre Tänze auf dem großen Zeremonialtanzplatz im<br />

Tempelbezirk aufführten und dabei das erste Mal im Leben fermentierten Agavesaft (octli) trinken<br />

durften, <strong>der</strong> mit psychoaktiven Substanzen versetzt war. 120 Weitere Informationen zu diesem<br />

wichtigen Initiationsritual, dem „Herausführen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>“ (pilquixtiliztli), liegen nicht vor. 121<br />

113<br />

Durán (1967, Vol. I: 189-190); Codex Mendoza (1992: fol. 61). Siehe Berdan (1976: 259). Erst<br />

mit dem Eintritt <strong>der</strong> Jungen aus <strong>der</strong> Unterschicht (macehualtin) in das telpochcalli, wo beson<strong>der</strong>s auf<br />

die Ausbildung in Kampftechniken Wert gelegt wurde, <strong>der</strong> Mädchen in das ichpochcalli, sowie <strong>der</strong><br />

Söhne und Töchter <strong>der</strong> herrschenden Schicht (pipiltin) in das calmecac und das tlamacazcalli<br />

differenzierte sich die Ausbildung (Zantwijk, 1985: 176; Berdan, 1976: 243-261; 1989: 73-77).<br />

114<br />

Durán (1967, Vol. I: 189-190). <strong>Die</strong>se Aufseher hatten nicht nur die Aufgabe, die Jugendlichen<br />

ordnungsgemäß zum „Haus des Gesangs“ hin- und zurückzuführen, son<strong>der</strong>n auch auf etwaige<br />

Verfehlungen zu achten. Bei Verstößen gegen den Moralkodex, u.a. bei Unzuverlässigkeit,<br />

Ausbleiben, Aufmüpfigkeit, Trunkenheit, Sexualkontakt und <strong>Die</strong>bstahl, wurden harte Strafen<br />

verhängt, die bis zum Ausschluss aus dem „Haus des Gesangs“ und sogar <strong>der</strong> Todesstrafe führen<br />

konnten (Durán, 1967: Vol. I: 189; Sahagún, CF 1954: 43-44).<br />

115<br />

Durán (1967, Vol. I: 190).<br />

116<br />

Durán (1967, Vol. I: 190-191). Im „Haus des Gesangs“ wurden unter den Augen <strong>der</strong><br />

telpochtlatoqueh Liebschaften toleriert, während jede Zusammenkunft außerhalb <strong>der</strong> Institution<br />

untersagt war. Durán (ebd.) berichtet, dass hier auch Heiratsversprechen erfolgten, <strong>der</strong>en Einlösung<br />

für Mädchen bereits ab 14 und für Jungen ab 20 Jahren erfolgte (Carrasco, 1971: 369; Berdan,<br />

1976: 252).<br />

117<br />

Sahagún (CF 1954: 43).<br />

118<br />

Durán (1967, Vol. I: 190-191).<br />

119<br />

Dazu zählt <strong>der</strong> ayacachpixollo-Tanz in <strong>der</strong> Tlacaxipehualiztli-Zeremonie (Sahagún, PM 1997: 57).<br />

Sullivan u.a. (PM 1997: 57) übersetzt ayacachpixollo mit „the sowing of the rattles“. Im Kontext <strong>der</strong><br />

Tlacaxipehualiztli-Zeremonie bedeutet dies „man schleu<strong>der</strong>t die Samen mit (o<strong>der</strong> in) <strong>der</strong> Rassel“<br />

(verstanden als eine mit <strong>der</strong> Aussaat des Maises und <strong>der</strong> Keimzeit verbundene Ritualhandlung).<br />

120<br />

Sahagún (PM 1997: 67, 78).<br />

121<br />

ebd. Vgl. Sullivan u.a. (PM 1997: 66). Der Terminus setzt sich zusammen aus pilli, „Kind“, und<br />

einem von quixtilia, „jmd. herausführen“, dem Applikativ von quiza bzw. quiztiquiza, „schnell<br />

herauskommen“ (Molina, 1970, Vol. II: fol. 90v.), abgeleitetem Verbalnomen.


34<br />

4.2 Einrichtungen des Tempelbezirks<br />

4.2.1 Der „Ort des Bandes“ (mecatlan)<br />

Innerhalb des ehemaligen Tempelbezirks von Tenochtitlan ist ein wichtiges Heiligtum<br />

hervorzuheben, in dem bestimmte Priester rituell hoch signifikante Musikinstrumente<br />

aufbewahrten. 122 <strong>Die</strong>se „Ort des Bandes“ genannte Einrichtung, die möglicherweise dem<br />

Priesterhaus (calmecac) angeschlossen war und zu <strong>der</strong> wie zum „Haus <strong>der</strong> Wolkenschlange“ ein<br />

Schrein sowie Versammlungsräume gehörte, stand Torquemada zufolge in <strong>der</strong> Nähe des großen<br />

Schädelgerüsts (huey tzompantli) westlich des Haupttempels. 123 Sie galt vornehmlich <strong>der</strong><br />

Vermittlung formaler Spieltechniken <strong>der</strong> Schneckentrompeten und Keramikflöten sowie <strong>der</strong><br />

Einweisung in die rituelle Funktion dieser Instrumente im Tempelkult.<br />

„Había otra casa y lugar junto a éste [hueitzumpantli], que era como escuela, adonde aprendían<br />

a tañer diversos géneros de instrumentos músicos, en especial trompetas y flautas, de los cuales<br />

géneros usaban mucho en sus bailes y areitos y llamábane esta casa mecatlan (en el cordel o<br />

soga).“ 124<br />

„Mecatlan: here was a place of teaching; here were taught the soun<strong>der</strong>s of trumpets, those who<br />

dwelt in the mecatlan. Frequently, each day, [they sounded trumpets].“ 125<br />

<strong>Die</strong> Bedeutung des „Ort des Bandes“ im aztekischen Priesterwesen zeigt sich darin, dass<br />

Windinstrumenten eine schöpferische Kraft beigemessen wurde. Bestimmte Priester leiteten mit<br />

dem vibrierenden Klang von Schneckentrompeten (tlatlapitzaliztli) nächtliche Tempelrituale ein,<br />

beson<strong>der</strong>s Blutopferpraktiken und Rauchopfer, aber auch die Nachtwache <strong>der</strong> Trommelspieler<br />

(tozohualiztli). 126 <strong>Die</strong> mit <strong>der</strong> Mondgottheit Teccizteccatl und dem weiblichen Geschlecht assoziierte<br />

Schneckentrompete war im aztekischen Fruchtbarkeitskult von großer Bedeutung, da man ihren<br />

Ton als „Urlaut“ interpretierte, <strong>der</strong> die Erschaffung des Zeitalters „4-Bewegung“ (nahui ollin) und<br />

<strong>der</strong> Menschen symbolisierte. 127<br />

122<br />

Sahagún (CF 1981: 172-173); Torquemada (1976: 227).<br />

123<br />

Torquemada (1976: 227).<br />

124<br />

ebd.<br />

125<br />

Sahagún (CF 1981: 172-173).<br />

126<br />

Sahagún (PM 1997: 80, 123-125, 154-155; HG 1956: 252-253, 305-307; CF 1981: 76);<br />

Torquemada (1976: 275); Acosta (1940: 239). Der Terminus tlatlapitzaliztli, den Molina (1970, Vol.<br />

II: 139r.) mit „el acto de soplar a menudo“ wie<strong>der</strong>gibt, ist von tlatlapitza, „soplar muchas veces“<br />

(ebd.), abgeleitet. Nach Sahagún (PM 1997: 80, 123-125, 154-155; HG 1956: 252-253) fand das<br />

Ritual fünf o<strong>der</strong> sieben mal im Laufe <strong>der</strong> Nacht statt; während des Sonnenunterganges und bei<br />

Eintritt <strong>der</strong> Dunkelheit, zwischen Sonnenuntergang und Mitternacht (ein o<strong>der</strong> zwei mal bei Aufgang<br />

des Mondes), um Mitternacht, zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang (bei Aufgang <strong>der</strong> Venus)<br />

und kurz vor o<strong>der</strong> bei Sonnenaufgang.<br />

127<br />

Corona Nuñez (1966); Soriano (1969); Nicholson/ Quiñones Keber (1983: 111). Wie aus <strong>der</strong><br />

Leyenda de los Soles (1974: 331-332) hervorgeht, bekommt Quetzalcoatl in <strong>der</strong> Unterwelt die zur<br />

Erschaffung <strong>der</strong> Menschen benötigten Knochen <strong>der</strong> Wesen vorangegangener Zeitalter ausgehändigt,<br />

da er die Schneckentrompete <strong>der</strong> Unterweltsgottheit Mictlantecuhtli zu blasen vermag, <strong>der</strong>en<br />

spiralförmiger Windkanal erst durch Zauberkraft (Wind) mit Hilfe von Bienen aus Knochensubstanz<br />

geformt werden muss. Nach Torquemada (1976: 120-121), <strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e Version des Mythos<br />

überliefert, spielt Xolotl als Manifestation von Quetzalcoatl auf <strong>der</strong> Knochenflöte (topitz) des<br />

Mictlantecuhtli.


35<br />

Torquemada zufolge war <strong>der</strong> „Ort des Bandes“ jedoch nicht ausschließlich Aerophonen<br />

geweiht. 128 in einem Gesang an die aztekische Feuergottheit Ixcozauhqui, dessen Bedeutung<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> bei Torquemada als „Haus <strong>der</strong> Zauberei“ beschriebenen Einrichtung unklar ist, wird<br />

eine bestimmte Holztrommel erwähnt, die dort gespielt wurde.<br />

„[...] In mecatlan, my lords, the [drumbeat] throbs. In the eightfold place, the sorcerer from<br />

the house of sorcery descends. This means, in mecatlan, you who are my lords [the beat of the<br />

yucca drum] throbs, the yucca grows; it shoots up.“ 129<br />

Bei dieser Belegstelle handelt es sich um den einzigen Nachweis einer Trommel, die aus <strong>der</strong> Wurzel<br />

einer Sukkulente (iczotl) und nicht dem Stamm <strong>der</strong> Sumpfzypresse (ahuehuetl) gefertigt wurde.<br />

Weitere Instrumente, die im Tempelkult eine wichtige Rolle spielten, wie Zungenschlitztrommeln,<br />

Schildkrötenklappern, Stabrasseln o<strong>der</strong> Metallschellen, wurden in an<strong>der</strong>en Heiligtümern des<br />

Tempelbezirks aufbewahrt.<br />

Der Hauptpriester des „Ort des Bandes“, bei dem es sich möglicherweise um einen ranghohen<br />

Schneckentrompetenspieler handelte, diente <strong>der</strong> weiblichen Fruchtbarkeitsgottheit Tlazolteotl<br />

(„Unratfresserin“), die mit Sexualität, Empfängnis und Geburt assoziiert wurde. 130 Hier liegt auf<br />

symbolischer Ebene eine Verbindung mit <strong>der</strong> Schneckentrompete als ein Instrument mit kraft- und<br />

lebensspenden<strong>der</strong> Funktion vor. 131 Ein weiterer Priester mit dem Titel mixcoazotla, <strong>der</strong> nach<br />

Guzmán Bravo und Nava y Gómez Tagle ausgewählte Tempelnovizen (tlamacazqueh) in die<br />

formale Spieltechnik <strong>der</strong> im „Ort des Bandes“ aufbewahrten Instrumente einwies, muss dieser<br />

Einrichtung ebenfalls eng verbunden gewesen sein. 132 Ihm kam eine beson<strong>der</strong>s wichtige Funktion<br />

in <strong>der</strong> Vermittlung musikalischer Praktiken zu. Seine Schüler nahmen wie die <strong>der</strong> bedeutenden<br />

Opferpriester (tlamacatzcatepitzitzin), die für die Signalgebung mit Schneckentrompeten während<br />

des rituellen Menschenopfers verantwortlich waren, an den nächtlichen tlatlapitzaliztli-Ritualen<br />

teil. 133 Sahagún zufolge lebten diese Musiker im „Ort des Bandes“. 134<br />

Ob die Tempelsänger ebenfalls <strong>der</strong> Einrichtung unterstanden, ist nicht belegt. Wahrscheinlicher<br />

ist, dass sie im Priesterhaus, dem „Haus des Bandes“ (calmecac), lebten und unterschiedlichen<br />

Tempelheiligtümern dienten. Eine wichtige Gruppe, die für die Ritualgesänge <strong>der</strong> Berg- und<br />

Regenwesen (tlaloqueh) zuständig war, wurde von einem ranghohen Priester mit dem Titel<br />

epcoacuacuilli tepictoton angeführt. 135 Eine an<strong>der</strong>e Gruppe, bei <strong>der</strong> es sich möglicherweise um die<br />

sog. „400-Kaninchen“ (centzontotochtin) handelte, die mythologisch die „unendlich vielen“ („400“)<br />

Formen des Rausches symbolisierten, unterstand einem einflussreichen Pulquepriester mit dem<br />

128<br />

Torquemada (1976: 227).<br />

129<br />

Sahagún (PM 1997: 137). Vgl. Seler (1923: 1008-1011).<br />

130<br />

Sahagún (PM 1997: 88-89). Der Titel des Priesters, tlazolcuacuilli, setzt sich zusammen aus<br />

tlazolli, „vasura que echan en el maludar“, o<strong>der</strong> tlazollo, „cosa llena de vasura“ (Molina, 1970, Vol.<br />

II: 118v.) und cuacuilli, <strong>der</strong> allgemeinen Bezeichnung für „Tempelpriester“. Um <strong>der</strong> morbiden<br />

Konnotation des Namens Rechnung zu tragen, kann tlazolcuacuilli wie von Seler (1904a: 1012) als<br />

„Unrathpriester“ o<strong>der</strong> „Priester <strong>der</strong> Fäulnis“ übersetzt werden. Angesichts dieses Titels ist interessant<br />

festzustellen, dass er Sahagún (HG 1956: 251) zufolge für die peinliche Sauberkeit des Gebäudes<br />

verantwortlich war.<br />

131<br />

Corona Nuñez (1966); Soriano (1969); Nicholson/ Quiñones Keber (1983: 111).<br />

132<br />

Guzmán Bravo/ Nava y Gómez Tagle (1984: 97).<br />

133<br />

Sahagún (PM 1997: 126; HG 1956: 305-307; CF 1981: 76); Torquemada (1976: 275).<br />

134<br />

Sahagún (CF 1981: 172-173).<br />

135<br />

Sahagún (PM 1997: 89; HG 1956: 251).


36<br />

Titel ometochtzin, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Pulquegottheit Ometochtli („2-Kaninchen“) diente. 136 Zu <strong>der</strong> möglichen<br />

Anbindung des „Ortes des Bandes“ mit dem Priesterhaus ist anzumerken, dass auf dem Dach des<br />

Priesterhauses aus Stein nachgebildete Schneckenhauspektorale als Symbol <strong>der</strong> Gottheit<br />

Quetzalcoatl und des aztekischen Priesterwesens angebracht waren. 137<br />

<strong>Die</strong> Bezeichnung „Ort des Bandes“ vermag Aufschlüsse darüber zu liefern, welche Funktionen dem<br />

Heiligtum zu Teil kamen. So bieten sich verschiedene Übersetzungsvorschläge an, wie „Ort des<br />

Bandes“ (im Sinne <strong>der</strong> Nabelschnur), „Ort des Bandes“ (im Sinne einer Insignie) o<strong>der</strong> „Ort <strong>der</strong><br />

Mecatecah“ (im Sinne von „Ort <strong>der</strong> Leute, die Macuilxochitl verehren“), die jeweils an<strong>der</strong>e<br />

Interpretationswege eröffnen. Der erste Vorschlag wird hier präferiert.<br />

(1) „Ort des Bandes“ im Sinne <strong>der</strong> Nabelschnur<br />

Dem Namen <strong>der</strong> Einrichtung liegt zunächst eine allgemeine aztekische Bezeichnung für jede Art<br />

von Schnur, Seil o<strong>der</strong> Band zugrunde. Molina übersetzt mecatl bzw. mecatlamachtli mit „cordel, o<br />

soga, o azote de cordeles“ bzw. „cordón“, Torquemada gibt mecatlan mit „en el cordel o soga“<br />

wie<strong>der</strong>. 138 Zieht man die sexuellen Assoziationen <strong>der</strong> Erd- und Fruchtbarkeitsgöttin Tlazolteotl in<br />

Verbindung mit <strong>der</strong> Schneckentrompete in Betracht, so ist es möglich, dass hier unter „mecatl“ die<br />

Nabelschnur verstanden wurde, so, wie <strong>der</strong> Terminus auch in <strong>der</strong> Verwandtschaftsterminologie<br />

Verwendung fand. 139 <strong>Die</strong> Nabelschnur symbolisierte möglicherweise das Verbindungselement mit<br />

den Ahnen. Sahagún überliefert, dass in einem Initiationsritual die Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Herrscher im<br />

Priesterhaus „aufgereiht“ wurden und bezog sich dabei möglicherweise auf den „Ort des Bandes“.<br />

„There one is given [gifts], and is chosen for him [our lord]. For there we speak in his worthy<br />

house - there where [the shell trumpet] is blown, where the fire is bored, where the children of our<br />

lords are reared - where there is sweeping, the clearing of trash; where [sin] is put to one side.“<br />

140<br />

Der „Ort des Bandes“ kann dieser Interpretation zufolge als das Heiligtum einer spezialisierten<br />

Gruppe von Priestern verstanden werden, die mit Hilfe <strong>der</strong> Schneckentrompete im Tempelkult<br />

sowohl eine Verbindung zu Fruchtbarkeit schaffenden Kräften als auch zu den Ahnen herstellten.<br />

(2) „Ort des Bandes“ im Sinne einer Insignie<br />

Guzmán Bravo, Nava y Gómez Tagle und Sten gehen davon aus, dass alle Musiker von<br />

Tenochtitlan, Sten zufolge auch die Tänzer, im „Ort des Bandes“ ein bestimmtes Band als<br />

Rangzeichen erhielten. 141 Folgt man dieser Vermutung, zu <strong>der</strong> keine ethnohistorischen Angaben<br />

vorliegen, kann mecatlan als „Ort des Bandes“ im Sinne einer bestimmten Insignie aztekischer<br />

Musiker übersetzt werden. Sahagún zufolge trifft dies zumindest auf ranghohe Tanzführer zu, die<br />

136<br />

Sahagún (PM 1997: 82; HG 1956: 249); Torquemada (1976: 265). Vgl. Seler (1904b: 439-440,<br />

489).<br />

137<br />

Corona Nuñez (1966); Soriano (1969).<br />

138<br />

Molina (1970, Vol. II: fol. 55r.); Torquemada (1975: 227).<br />

139<br />

Lockhart (1992: 72) führt den Terminus tlacamecahuan, <strong>der</strong> aus „Mensch“ (tlacatl) und „Schnur“<br />

(mecatl) zusammengesetzt ist, für „jemandes Nachfahren“ an.<br />

140<br />

Sahagún (CF 1952: 60).<br />

141<br />

Guzmán Bravo/ Nava y Gómez Tagle (1984: 91, 100-101); Sten (1990: 32).


37<br />

ein rotes Haarband (tzonchichilicpatl) mit Reiherfe<strong>der</strong>schmuck trugen (vgl. Abb. 8). 142 <strong>Die</strong><br />

Bezeichnung dafür ist allerdings nicht aus mecatl, son<strong>der</strong>n icpatl zusammengesetzt und besagte<br />

Tanzführer zählten zu den Palastmusikern, die dem „Haus des Gesangs“ unterstanden. Indes sind<br />

Musiker und Tänzer in verschiedenen Dokumenten mit zumeist roten Stirnbän<strong>der</strong>n dargestellt, die<br />

seitlich o<strong>der</strong> am Hinterkopf so zusammengebunden waren, dass in einer Schlaufe Fe<strong>der</strong>n befestigt<br />

werden konnten (Abb. 4, 6, 8, 9). Stirn- o<strong>der</strong> armbandartige, mit Fe<strong>der</strong>n besetzte Insignien sind<br />

auch neben <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Paraphernalia des „Hauses <strong>der</strong> Wolkenschlange“ abgebildet (Abb.<br />

2, 3).<br />

(3) „Ort <strong>der</strong> Mecatecah“ im Sinne von „Ort <strong>der</strong> Leute, die Macuilxochitl verehren“<br />

Seler stellte einen Bezug zwischen dem „Ort des Bandes“ und den von den Azteken unterworfenen<br />

Mecatecah her, einer Gruppe, in <strong>der</strong> ursprünglich Macuilxochitl verehrt wurde: „Vielleicht war also<br />

das mecatlan das Heiligthum eines aus jenen Gegenden [Tehuacan, Cozcatlan und Teotitlan] nach<br />

Mexico verpflanzten Gottes, wo die Kunst, die dieser Gott in seiner Heimath zu vertreten schien,<br />

die Musik, ausgeübt wurde“. 143 <strong>Die</strong>se Deutung wird von López Austín aufgegriffen, <strong>der</strong> die Priester<br />

<strong>der</strong> Einrichtung Mecatecah („mecatecas“) bezeichnet. 144<br />

4.2.2 Der „Ort des Tanzes“ (netotiloyan)<br />

Zu den Anlagen des ehemaligen Tempelbezirks von Tenochtitlan zählte auch ein großer<br />

Zeremonialtanzplatz am Fuße des Haupttempels, <strong>der</strong> „Ort des Tanzes“ genannt und mit „Hof des<br />

Tempels von Huitzilopochtli“ o<strong>der</strong> „Hof <strong>der</strong> Gottheiten“ (teoitoalco) umschrieben wurde. 145<br />

„Netotiloyan: here danced the ceremonially bathed captives [...], when they were about to die.<br />

And when they died, it was at midnight, not by day [...].“ 146<br />

„On the second day of this month [Panquetzaliztli] all began to perform a dance and to sing the<br />

canticles of Uitzilopochtli in the courtyard of his pyramid. They began these canticles in the<br />

afternoon, and they ended at nearly ten o’clock. These dances and songs lasted twenty days.“ 147<br />

Verschiedenen Chronisten zufolge handelte es sich um einen rektangular angelegten, vertieften<br />

und mit Steinplatten eingefassten Hofkomplex, dessen drei bzw. vier Zugänge mit den<br />

Hauptzugängen des Tempelbezirks verbunden waren. 148 Laut Motolinía diente er Zeremonialtänzen<br />

142<br />

Sahagún (CF 1954a: 43). Der Terminus tzonchichilicpatl ist zusammengesetzt aus tzontli, „cabello<br />

o pelo“ (Molina, 1970, Vol. II: fol. 153r.), chichiliuhqui, „bermeja cosa o colorada“ (Molina, 1970,<br />

Vol. II: fol. 19v.) und icpatl, „hilo“ (Molina, 1970, Vol. II : fol. 33v.). An<strong>der</strong>son und Dibble (CF<br />

1954a: 43) übersetzen tochacatl inic quilpia intzonchichilicpatl mit „[...] their forked heron feather<br />

ornaments and the red cord with which they bound their hair; [...]“.<br />

143<br />

Seler (1904: 1012).<br />

144<br />

López Austin (1965: 150-151).<br />

145<br />

Sahagún (CF 1955: 53; CF 1981: 27, 173). Molina (1970, Vol. II: 71r.) gibt netotiloyan, ein<br />

lokatives Verbalnomen, das aus <strong>der</strong> Passivform des Verbs itotia für „tanzen“, ne(-i)totilo,<br />

zusammengesetzt ist, mit „corro, o lugar donde bailan“ wie<strong>der</strong>. <strong>Die</strong> Bezeichnung teoitoalco ist von<br />

den Nomen teotl für „Gottheit“ und itoalli für „Hof“ abgeleitet.<br />

146<br />

Sahagún (CF 1981: 173).<br />

147 Sahagún (CF 1981: 27).<br />

148 Durán (1967, Vol. II: 548); Sahagún (CF 1955: 53).


38<br />

mit mehreren Hun<strong>der</strong>t bis zu 4000 Teilnehmern. 149 Dass er nur wenige Zugänge aufwies, wurde<br />

auf beson<strong>der</strong>s grausame Weise in dem Massaker <strong>der</strong> Spanier unter Pedro de Alvarado am 23. Mai<br />

1520 während <strong>der</strong> Toxcatl-Zeremonie an unbewaffneten Tänzern <strong>der</strong> aztekischen Oberschicht von<br />

Tenochtitlan ausgenutzt (Abb. 7). 150<br />

Weit angelegte Hofanlagen um zentrale Plattformen o<strong>der</strong> Pyramiden in unmittelbarer Nähe<br />

großer Tempelanlagen wurden bislang in vielen Zentren <strong>Mesoamerikas</strong> freigelegt. Obwohl die Lage<br />

und Größe des zentralen Tanzplatzes von Tenochtitlan anhand ethnohistorischer Informationen<br />

überliefert ist, wurde ein solches Areal, das sich ausgehend vom Haupttempel in westlicher<br />

Richtung erstreckt haben muss und wahrscheinlich den Rundtempel des Quatzalcoatl umschloss, in<br />

den bisher publizierten Rekonstruktionen des Tempelbezirks nicht berücksichtigt (vgl. Fig. 5). 151<br />

Nur wenige Informationen liegen zu Theaterplätzen und o<strong>der</strong> dem Theater dienenden<br />

Plattformen vor, die verschiedenen Chronisten zufolge den Quetzalcoatl-Tempeln von Tenochtitlan<br />

und Cholollan angeglie<strong>der</strong>t waren. 152 Möglicherweise wurde dort wie im Herrscherpalast Geschichte<br />

in Form von getanzten und gesungenen Mythen für ein größeres Publikum inszeniert und auf diese<br />

Weise oral tradiert. Der Tanz kann in diesem Zusammenhang als ein von kostümierten Sängern<br />

aufgeführtes Kultspiel mit dramaturgischem Aufbau betrachtet werden, das von Instrumentalisten<br />

musikalisch begleitet wurde.<br />

Sind die Handlungen auf solchen Bühnen in den Schriftquellen nicht überliefert, so ist das<br />

Prinzip zumindest in <strong>der</strong> Theatralik aztekischer Zeremonien fassbar. 153 Als Beispiel kann ein von<br />

Durán beschriebener Tanz angeführt werden, in dessen Folge eine Episode im mythischen Land<br />

tamoanchan <strong>der</strong> weiblichen Gottheit Xochiquetzal („Quetzalfe<strong>der</strong>blume“) dargestellt wurde, in<br />

<strong>der</strong>en Sphäre verschiedene Gottheiten auf <strong>der</strong> Jagd scheinbar unwissend eindrangen. 154 Dazu<br />

wurden auf dem „Ort des Tanzes“ mit verschiedenen Blüten dekorierte Bäume aufgestellt und<br />

darunter ein Blumenschrein errichtet. Während des Tanzes erschienen als Kolibris und<br />

Schmetterlinge verkleidete Jugendliche, die auf die Bäume kletterten und taten als ob sie sich an<br />

den Blüten laben würden. Darauf kamen als verschiedene Gottheiten kostümierte Tänzer mit<br />

Blasrohren hinzu, die die Vögel und Schmetterlinge zu erlegen suchten. In diesem Moment trat die<br />

Repräsentantin <strong>der</strong> Xochiquetzal auf, gebot den Eindringlingen Einhalt und führte sie in den<br />

künstlichen Wald, um ihnen Blumen und Tabak darzubieten. 155 Darauf rief sie die unter ihrem<br />

Schutz stehenden Tiere zu sich herunter, damit sich alle Gottheiten und sicherlich auch die<br />

zuschauenden Teilnehmer <strong>der</strong> Zeremonie an ihrem Spiel amüsieren konnten.<br />

149<br />

Motolinía (1970: 182).<br />

150<br />

Sahagún (CF 1955: 53-54); Durán (1967, Vol. II: 547-549).<br />

151<br />

Marquina (1960: lám 2); López Luján (1993: 67, fig. 11).<br />

152<br />

León-Portilla (1959: 13-16); Marquina (1960: 68); Castellanos (1970: 59).<br />

153<br />

Toriz Proenza (1997).<br />

154<br />

Durán (1967, Vol. I: 193). Vgl. Sahagún (CF 1981: 210).<br />

155<br />

Der Empfang kommt einem Begrüßungsritual gleich, wie es Sahagún (1952b: 206-215) für ein<br />

Tanzfest wohlhaben<strong>der</strong> Kaufleute beschreibt.


39<br />

4.2.3 <strong>Die</strong> „Roten Tempel“ o<strong>der</strong> „5-Häuser“<br />

Archäologische Funde im Zentrum von Mexiko-Stadt belegen, dass innerhalb des ehemaligen<br />

Tempelbezirks von Tenochtitlan mindestens drei Heiligtümer den Gottheiten <strong>der</strong> Musik Macuilxochitl<br />

(„5-Blume“) und Xochipilli („Prinz <strong>der</strong> Blume“) geweiht waren. Sowohl für die Tempel- als auch die<br />

Palastmusiker müssen diese sog. „Roten Tempel“ o<strong>der</strong> „5-Häuser“ von vorrangiger Bedeutung<br />

gewesen sein. Da zu ihnen keine ethnohistorischen Informationen vorliegen, besteht eine<br />

umgekehrte Quellensituation als zu den zuvor beschriebenen Einrichtungen, <strong>der</strong>en komplexe<br />

Organisation und Funktion ausschließlich aus den Chroniken des 16. und 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

hervorgeht.<br />

(1) Der „südliche-“ und <strong>der</strong> „nördliche Rote Tempel“<br />

Archäologisch gut dokumentiert sind mit Gebäude „C“ und „F“ zwei Strukturen an <strong>der</strong> Süd- und<br />

Nordflanke des ehemaligen aztekischen Haupttempels (Fig. 6), die 1980 während des „Proyecto<br />

Templo Mayor“ unter <strong>der</strong> Leitung von Eduardo Matos Moctezuma freigelegt wurden. <strong>Die</strong> dort<br />

geborgenen Depots, „Ofrenda 78“ und „Ofrenda M“, enthielten Metallschellen und eine große Zahl<br />

Miniaturnachbildungen aztekischer Musikinstrumente aus Terrakotta, Vulkangestein und<br />

Grünstein. 156 Genau untersucht und kontextualisiert wurden diese Objekte im Museo del Templo<br />

Mayor von Bertina Olmedo Vera in einer bislang unveröffentlichten Arbeit. 157 Bemerkenswert ist die<br />

erhaltene Wandbemalung des „südlichen roten Tempels“ („Templo Rojo Sur“), die in Anlehnung an<br />

die Symbolik <strong>der</strong> Teotihuacan-Kultur (Hochtal von Mexiko, Klassik, ca. 150 v.Chr. – 750 n.Chr.)<br />

aus roten Kreisen und einem Mäan<strong>der</strong>motiv besteht. 158 <strong>Die</strong> Heiligtümer sind im Codex Matritenses<br />

neben dem Haupttempel unter den Bezeichnungen „5-Haus“ (macuilcalli) und „5-Eidechse“<br />

(macuilcuetzpallin) mit gleichnamigen Gottheiten dargestellt, bei denen es sich um Manifestationen<br />

des Macuilxochitl handelte, die zu den „Gottheiten <strong>der</strong> Lust und <strong>der</strong> Freude“ (ahuiateteo) gezählt<br />

werden (Abb. 18). 159<br />

(2) Der „westliche Rote Tempel“<br />

Ein vergleichbares Heiligtum, das sich etwa 200 m westlich des Haupttempels befand und<br />

„westlicher Roter Tempel“ o<strong>der</strong> „Templo Rojo occidental“ bezeichnet wird, ist weniger gut<br />

dokumentiert. Auf die Überreste dieses Bauwerks stieß <strong>der</strong> Archäologe Leopoldo Batres am 13.<br />

156 Broda (1982: 100-102); Nagao (1985: 135); López Luján (1993: 396, 413-414); Olmedo Vera<br />

(1998, 1999: pers. Kommunikation). Vergleichbare Objekte kamen nicht nur in „Ofrenda 78“ und<br />

„Ofrenda M“ zu Tage, son<strong>der</strong>n auch in einer Anzahl weiterer Depots. Dazu zählen „Ofrenda H“<br />

innerhalb des steinernen Schädelgerüstes an <strong>der</strong> Nordostflanke des Haupttempels sowie „Ofrenda<br />

69“ nördlich des Haupttempels mit Nachbildungen von Flöten, Schneckentrompeten, Stabrasseln,<br />

Standtrommeln und Schildkrötenklappern aus Grünstein (López-Luján, 1993: 354-355, 417-418).<br />

Dabei handelt es sich im Unterschied um Weihegaben mit einer großen Zahl an<strong>der</strong>er Artefakte, die in<br />

Zusammenhang mit dem Kultkomplex des Haupttempels zu interpretieren sind.<br />

157 Olmedo Vera (1998, 1999: pers. Kommunikation).<br />

158 Olmedo Vera (1999: pers. Kommunikation) geht davon aus, dass in den roten Tempeln die<br />

Geburt des Zeitalters „4-Bewegung“ (nahui ollin) zelebriert wurde, die aus aztekischer Sicht in<br />

Teotihuacan stattfand und in <strong>der</strong> Musik eine wichtige Rolle spielte.


40<br />

Dezember 1900 in <strong>der</strong> Calle de las Escalerillas, die heute Calle República de Guatemala heißt. 160<br />

<strong>Die</strong> Struktur barg ein in vielen Merkmalen mit „Ofrenda 78“ vergleichbares Depot, allerdings nicht<br />

nur eine Fülle rot bemalter Miniaturnachbildungen aztekischer Musikinstrumente aus Terrakotta<br />

und Vulkangestein, son<strong>der</strong>n auch Keramiktrommeln (Abb. 30), Keramikflöten, eine<br />

Schildkrötendarstellung und das Idol einer Gottheit <strong>der</strong> Musik (Abb. 23a). 161 Der Fund erfuhr unter<br />

musikarchäologischen Gesichtspunkten bislang lediglich von Olmedo Vera Beachtung, die ihre<br />

Hauptaufmerksamkeit dem „südlichen-“ und „nördlichen Roten Tempel“ schenkte. Im folgenden<br />

werden die in <strong>der</strong> Calle Guatemala gefundenen Artefakte interpretiert.<br />

Fundbeschreibung<br />

Der Fundkontext wurde von Batres ebenso wenig dokumentiert wie die Gebäudestruktur des<br />

„westlichen Roten Tempels“. Eine zeitliche Einordnung, die mit einer <strong>der</strong> Bauphasen des<br />

Haupttempels in Verbindung zu bringen wäre, kann deshalb nur stilistisch und durch<br />

Materialanalysen vorgenommen werden. Das Depot wurde nach Seler dort freigelegt, „wo die<br />

westliche Außenseite <strong>der</strong> Kathedrale auf die Calle de las Escalerillas stößt“, 162 also etwa 200 m<br />

westlich des Haupttempels (vgl. Fig. 5). Es handelt sich um den ersten Fund in Mexiko-Stadt, <strong>der</strong><br />

eine signifikante Ansammlung von Miniaturnachbildungen aztekischer Musikinstrumente enthielt.<br />

Dabei handelt es sich um Ritualparaphernalia, die wahrscheinlich bei <strong>der</strong> Überbauung des<br />

Heiligtums als Weihegaben nie<strong>der</strong>gelegt wurden. 163<br />

<strong>Die</strong> Keramiktrommeln und das Standbild aus Vulkangestein unterstreichen die Bedeutung des<br />

Depotfunds und sind für die Interpretation beson<strong>der</strong>s relevant. Von ebenso großer Wichtigkeit ist<br />

auch die Anzahl und Zusammenstellung <strong>der</strong> Miniaturnachbildungen sowie ihre<br />

Materialbeschaffenheit und Farbgebung. <strong>Die</strong>se Parameter sind glücklicherweise gut dokumentiert.<br />

Batres führt etwa 100 Fundstücke inklusive Fragmente an, die aus Vulkangestein o<strong>der</strong> Terrakotta<br />

hergestellt und rot bemalt sind (Abb. 23a, 30-35, 38). 164 Das Verhältnis gut erhaltener Exemplare<br />

zu Fragmenten liegt bei etwa 50:50, insgesamt wurden etwa 80 Objekte rituell zerschlagen und<br />

deponiert (vgl. Fig. 7). Nach einem Vergleich <strong>der</strong> Angaben mit den von Castañeda und Mendoza<br />

publizierten Fotos (Abb. 30-36) besteht kein Zweifel an <strong>der</strong> Richtigkeit <strong>der</strong> von Batres angegebenen<br />

Menge. <strong>Die</strong> von Marshall H. Saville angegebene Zahl von etwa 100 Miniaturnachbildungen erscheint<br />

als zu hoch. 165<br />

159<br />

Seler (1904b: 771, 776-777).<br />

160<br />

Batres (1902: 47-50).<br />

161<br />

Seler (1960: 885-890); Castañeda/ Mendoza (1933: 170-174).<br />

162<br />

Seler (1960: 885).<br />

163<br />

Siehe Stevenson (1968: 67).<br />

164<br />

Batres (1902: 47-50). Vgl. Seler (1960: 885-890).<br />

165 Saville (1925: 63).


41<br />

Idol einer aztekischen Gottheit <strong>der</strong> Musik<br />

Das rot bemalte Idol aus porösem Vulkangestein (tezontli) wird als Darstellung von Xochipilli o<strong>der</strong><br />

Macuilxochitl gedeutet, nachdem Batres einen Vergleich mit Euterpe, <strong>der</strong> griechischen Muse <strong>der</strong><br />

Musik, angestellt hatte. 166 <strong>Die</strong> Größenangaben variieren zwischen 1,05 m (Batres), 0,97 m (Seler)<br />

und 0,95 m (Solís Olguín; Nagao; Pasztory) Höhe. 167 Repräsentiert ist ein auf einem schmalen<br />

Podest sitzen<strong>der</strong> Mann mit Lendenschurz, <strong>der</strong> seine Beine an den Körper herangezogen und die<br />

Arme über den Knien verschränkt hat (Abb. 23a). 168 Sein fünffach geglie<strong>der</strong>ter Kopfputz wird als<br />

stilisierte Fe<strong>der</strong>haube des quetzalcoxcoxtli-Vogels gedeutet, <strong>der</strong> Tiergestalt (nahualli) des<br />

Xochipilli. 169 Zu dem Fe<strong>der</strong>schmuck zählen drei Rosetten über den Ohren und am Hinterkopf, aus<br />

denen auf den Schultern sowie dem Nacken endende Schleifen hervorgehen. Unterhalb <strong>der</strong><br />

Hinterkopfschleife ist ein Steg mit vertikalen Einkerbungen über die Wirbelsäule geführt. <strong>Die</strong> Augen<br />

wirken geschlossen und weisen keine Höhlung für Einlegearbeiten auf. Ein rundes Loch im<br />

Brustbein von 5 cm Durchmesser war im Unterschied dazu für eine heute fehlende Inkrustation aus<br />

Obsidian o<strong>der</strong> einem an<strong>der</strong>en Material vorgesehen.<br />

Stein- und Holzdarstellungen mit vergleichbaren ikonographischen Eigenschaften bezüglich<br />

Haltung und Kopfputz wurden auch in an<strong>der</strong>en Orten Zentralmexikos gefunden (Abb. 23). 170 Ein<br />

Exemplar aus <strong>der</strong> Sammlung Uhde, das im Ethnologischen Museum in Berlin aufbewahrt wird und<br />

in vielerlei Hinsicht dem Idol aus <strong>der</strong> Calle Guatemala gleicht (Abb. 23b), ist ebenfalls aus<br />

Vulkangestein gefertigt, 34 cm hoch und ruht auf einem schmalen Podest von 20 x 16 cm.<br />

Farbresten nach zu urteilen war es im Unterschied zu dem Idol des „westlichen Roten Tempels“ nur<br />

auf dem Mund rot und sonst weiß bemalt. Im Bereich des Solar-Plexus befindet sich ein nach innen<br />

konisch zulaufendes Loch mit einem Durchmesser von 3 cm für eine Inkrustation, die auch hier<br />

nicht mehr vorhanden ist.<br />

Miniatur einer Schildkröte<br />

Zu den Miniaturnachbildungen aus Vulkangestein zählt eine Schildkröte von etwa 15 cm Länge und<br />

7 cm Höhe, die mit ihrem Kopf und den Füßen dargestellt ist (Abb. 33 j). 171 Sie ist die einzige<br />

Miniatur des Depotfunds, bei <strong>der</strong> es sich um keine Darstellung eines Musikinstruments handelt.<br />

Vergleichbar ist eine lebensgroße Steindarstellung, die 1967 während <strong>der</strong> Notgrabungen zum Bau<br />

<strong>der</strong> Metro in <strong>der</strong> Avenida Uruguay Ecke Avenida J. M. Pino Suárez südlich des ehemaligen<br />

166<br />

Batres (1902: 47-50).<br />

167<br />

Batres (1902: 47); Seler (1960: 885); Solís Olguín (1982: 94); Nagao (1985: 107); Pasztory<br />

(1983: 216).<br />

168<br />

<strong>Die</strong>se Haltung ist mit <strong>der</strong> von Idolen <strong>der</strong> aztekischen Feuergottheit Tepeyollotl („Herz des<br />

Berges“) bzw. Xiuhtecuhtli („Herr des Türkises“) aus Mexiko-Stadt vergleichbar (Solís Olguín, 1982:<br />

94, Abb. 25, 26; Broda, 1987: Abb. 29, 30). Solís Olguín (1982: 94) nimmt an, dass es sich um die<br />

gleiche Kategorie aztekischer Gottheiten handelt. Ein Grund dafür mag sein, dass sowohl<br />

Macuilxochitl als auch Tepeyollotl und Xiuhtecuhtli das Zentrum bzw. „Herz“ (yollotl) des Kosmos in<br />

Verbindung mit <strong>der</strong> rituellen Zahl „5“ (macuilli) repräsentierten.<br />

169<br />

Seler (1902: 160-166; 1960: 885-888); Mendoza (1956: 19); Nowotny (1961: 109); Pasztory<br />

(1983: 216).<br />

170<br />

Seler (1902: 160, 166, Abb. 361, 370, 371; 1908: 439, Abb. 36; 1960: 885-888, Abb. 85-87);<br />

Nowotny (1961: 108-111, 113, Abb. 1); Pasztory (1983: 225-226, Abb. 195-198).<br />

171<br />

Seler (1960: 889-890, Abb. 88).


42<br />

Tempelbezirks gefunden wurde. 172 Eine weitere lebensgroße Darstellung aus Chalco zeigt im<br />

Unterschied zu den in Mexiko-Stadt gefundenen Objekten keinen Schildkrötenkopf, son<strong>der</strong>n ein<br />

menschliches Gesicht mit den ikonographischen Eigenschaften des Macuilxochitl (Abb. 24 c). 173<br />

Klangartefakte<br />

Keramiktrommeln (xochihuehuetl)<br />

Neben den Flöten wurden fünf Membranophone aus Keramik gefunden. Ein Exemplar ist mit 17,3<br />

cm Höhe und einem Randdurchmesser von 18,5 cm proportional größer als die vier an<strong>der</strong>en, <strong>der</strong>en<br />

Höhe zwischen 11,2 und 11,8 cm und Randdurchmesser zwischen 10,9 und 12,3 cm beträgt (Abb.<br />

30). 174 <strong>Die</strong> zweistufig rot bemalten Klangartefakte, <strong>der</strong>en Membran nicht mehr erhalten war,<br />

wurden von Batres und Seler zunächst als Behälter für Opfergaben gedeutet und erst von<br />

Castañeda und Mendoza als Keramiktrommeln („timbales“) identifiziert, die in <strong>der</strong> Gefäßwand ein<br />

Schalloch zur Entweichung des Klangs aufweisen. 175 Darüber ist <strong>der</strong> Kopf eines Mannes mit<br />

Ohrpflöcken, einem stilisierten Fe<strong>der</strong>kamm sowie einer Doppelrosette mit einer zweiteiligen<br />

Schleife angebracht, dessen ikonographische Eigenschaften auf die Haube des quetzalcoxcoxtli-<br />

Vogels bzw. Xochipilli deuten. 176 <strong>Die</strong> Maske ist innen hohl und an <strong>der</strong> Unterseite offen, so dass sie<br />

einen nach unten gerichteten Schallkanal bildet (Abb. 30a). Am Bauch des Gefäßes sind darüber<br />

hinaus zwei Henkel appliziert, die möglicherweise als Vorrichtung für einen um den Hals<br />

getragenen Gurt dienten. 177 Castañeda und Mendoza befestigten an zwei Trommeln eine neue<br />

Membran aus Ziegenfell und stellten fest, dass sich ein klarer, wohl schwingen<strong>der</strong> und metallischer<br />

Klang erzeugen lässt, <strong>der</strong> trotz des geringen Resonanzkörpervolumens laut und durchdringend<br />

ist. 178<br />

Ein nahezu identisches Klangartefakt, das Seler um 1900 in Teotitlan, Puebla, erwarb, wurde im<br />

Ethnologischen Museum untersucht (Abb. 36 a-d),. 179 <strong>Die</strong> Trommel ist 14 cm hoch und hat einen<br />

Randdurchmesser von 12,5 cm. Sie ist im Unterschied zu den in <strong>der</strong> Calle Guatemala<br />

aufgefundenen Trommeln nur auf <strong>der</strong> Unterseite des Bauches rot bemalt. Am Hals ist zusätzlich ein<br />

stark abgegriffenes Mäan<strong>der</strong>band rot und schwarz voneinan<strong>der</strong> abgesetzter Elemente mit zwei<br />

Rosetten und Schleifen aufgetragen, das <strong>der</strong> Wandbemalung des „südlichen roten Tempels“<br />

entspricht. <strong>Die</strong> Schallöffnung in <strong>der</strong> Gefäßwand hat einen Durchmesser von 1,8 cm und sitzt etwa 2<br />

cm über dem Innenboden. Eine zweite Öffnung von 2,2 x 2 cm ist hinter <strong>der</strong> Kopfmaske<br />

angebracht (Abb. 36 b). Während die Verwendung von Keramiktrommeln für die aztekische Kultur<br />

ethnohistorisch nicht zu belegen ist, zeigen dies auch aztekische Musikerfigurinen sitzen<strong>der</strong><br />

172<br />

Matos Moctezuma (1979: 235).<br />

173<br />

Guzmán Bravo/ Nava Y Gómez Tagle/ Dultzin Dubín (1984: 181); Piana (1993: 351).<br />

174<br />

Castañeda/ Mendoza (1933: 171). <strong>Die</strong> 17,3 cm hohe Trommel ist mit einer geringen Abweichung<br />

(im Mittel 4,5 mm) um ein Drittel höher als die vier kleineren Trommeln. Auch ihr Randdurchmesser<br />

ist um ein Drittel größer, sodass <strong>der</strong> Klang <strong>der</strong> großen Trommel um eine Dritteleinheit transponiert<br />

wurde.<br />

175<br />

Batres (1902: 47-50); Seler (1960: 887); Castañeda/ Mendoza (1933: 110, 170-173).<br />

176<br />

Seler (1960: 885-886, Abb. 84); Castañeda/ Mendoza (1933: 171).<br />

177<br />

Castañeda/ Mendoza (1933: 172).<br />

178<br />

ebd.<br />

179<br />

Seler (1960: 457-458).


43<br />

Keramiktrommelspieler mit Menschen- und Affengesichtern aus den Sammlungen Uhde und<br />

Schultze-Jena, die ebenenfalls im Ethnologischen Museum von Berlin aufbewahrt werden (Abb.<br />

37).<br />

Tubulare Kernspaltflöten aus Keramik (tlapitzalli)<br />

Zu den Klangartefakten des Depots zählen eine rot bemalte Keramikflöte von 22 cm Länge sowie<br />

12 Fragmente des gleichen Flötentyps, <strong>der</strong> durch einen langen schnabelförmigen Kernspalt<br />

(Aerodukt), einen geschwungenen und sich nach unten verjüngenden Tubus mit vier Grifflöchern<br />

und einen blütenförmigen Schalltrichter gekennzeichnet ist. 180 <strong>Die</strong> Fragmente gehören<br />

wahrscheinlich zu drei o<strong>der</strong> vier weiteren Keramikflöten (Abb. 29). Vergleichbare aztekische<br />

Aerophone <strong>der</strong> Sammlungen Uhde, Strebel und Bauer mit einer Länge zwischen 18,2 und 22,6 cm<br />

werden im Ethnologischen Museum von Berlin aufbewahrt. 181<br />

Miniaturen aztekischer Musikinstrumente<br />

Schlitztrommeln (teponaztli)<br />

Insgesamt wurden 16 gut erhaltene Miniaturen kastenförmiger Zungenschlitztrommeln gefunden,<br />

die wie alle übrigen Objekte rot bemalt sind. 182 Drei Exemplare sind 20 cm lang und bestehen aus<br />

Vulkangestein, alle an<strong>der</strong>en sind zwischen 12 und 19 cm lang und aus Terrakotta gefertigt (Abb.<br />

34-35). 183 Auf den Miniaturen aus Terrakotta sind sowohl die paarweisen Schlägel (olmaitl) des<br />

Aufschlagideophons als auch <strong>der</strong> Bastring repräsentiert, <strong>der</strong> eine runde Öffnung an <strong>der</strong> Unterseite<br />

<strong>der</strong> Miniaturen verdeckt. 184 Ein gut erhaltenes Terrakotta-Exemplar des Depotfunds, das Batres<br />

1910 an Seler verkaufte, befindet sich in <strong>der</strong> Schausammlung des Ethnologischen Museums von<br />

Berlin (Abb. 35). Es ist hohl, 12,8 cm lang und mit Schlägeln und Unterlage insgesamt 6,2 cm<br />

hoch, während <strong>der</strong> Durchmesser des Trommelkörpers 4,8 cm beträgt. Eine originalgroße<br />

Steinnachbildung einer Schlitztrommel, die aus Chalco stammt, zeigt auf ihrer Vor<strong>der</strong>seite ein<br />

Gesicht mit den ikonographischen Eigenschaften des Macuilxochitl (Abb. 24 b).<br />

Klangsteine (tehuehuetl)<br />

Zu dem Fund zählen sieben Darstellungen des piktographischen Zeichens für „Stein“ (tetl), die aus<br />

Terrakotta gefertigt und zwischen 11 und 12 cm lang sind (Abb. 33 a-g). 185 Sie symbolisieren<br />

180<br />

Batres (1902: 49).<br />

181<br />

<strong>Die</strong> Abmessungen zwischen dem Aufschnitt und den vier Grifflöchern dieser Flöten sowie <strong>der</strong><br />

Grifflöcher untereinan<strong>der</strong> stimmen mit minimalen Abweichungen überein. <strong>Die</strong>s legt nahe, dass in<br />

Mesoamerika ein kulturkonstantes Konzept von Musik existierte, das bereits in <strong>der</strong> Herstellung von<br />

Klangwerkzeugen berücksichtigt wurde. An <strong>der</strong> Proportionierung <strong>der</strong> fünf Keramiktrommeln wird dies<br />

ebenso deutlich.<br />

182<br />

Batres (1902: 50); Seler (1960: 885).<br />

183<br />

Batres (1902: 48-49).<br />

184<br />

<strong>Die</strong> Funktion <strong>der</strong> verdeckten Öffnung (Abb. 35d) ist nicht bekannt. Möglich ist, dass die Objekte<br />

auf nicht mehr erhalte Miniaturnachbildungen <strong>der</strong> Holzgestelle gesteckt wurden, mit denen die<br />

Schlitztrommel in Zeremonialtänzen auf die Spielhöhe <strong>der</strong> Standtrommel gebracht wurde (Abb. 4, 7,<br />

8), während die aztekischen Priester im Tempelkult eine Hockstellung vor <strong>der</strong> Schlitztrommel<br />

einnahmen (Abb. 10).<br />

185<br />

Batres (1902: 48-49); Seler (1960: 890, Abb. 93).


44<br />

Klangspiele (Lithophone), die im Original wahrscheinlich aus hell klingenden Basaltplatten<br />

bestanden. 186 Auch diese Miniaturen weisen einen Ring and <strong>der</strong> Unterseite auf, <strong>der</strong> wie bei den<br />

Schlitztrommelminiaturen eine Öffnung verdeckt (Abb. 33 e und g). 187 Auf <strong>der</strong> Oberseite sind<br />

kleine Murmeln dargestellt, die die Schlägel repräsentieren und im Original möglicherweise aus<br />

demselben Gestein hergestellt wurden. Vergleichbare Exemplare zählen auch zu „Ofrenda 78“. 188<br />

Schildkrötenklappern (ayotl, ayochicahuaztli)<br />

<strong>Die</strong> Nachbildungen dieser Aufschlagideophone, von denen neben zwei gut erhaltenen Exemplaren<br />

24 Fragmente gefunden wurden, sind aus Terrakotta gefertigt, 12 bzw. 15 cm lang und 7 cm hoch<br />

(Abb. 33 h, i, k und l). 189 Sie sind mit einem Ring als Unterlage dargestellt, <strong>der</strong> im Tempelkult auch<br />

für die Zungenschlitztrommel verwendet wurde. <strong>Die</strong>se Unterlage, <strong>der</strong> „Sitz“ (icpalli) <strong>der</strong> Klapper,<br />

hob die Instrumente für eine bessere Klangentfaltung vom Boden ab und bestand im Original mit<br />

großer Wahrscheinlichkeit aus einen Bastring. 190 Auf <strong>der</strong> Oberseite sind die Schlägel aus<br />

Hirschgeweih repräsentiert (Abb. 12, 22). 191<br />

Schrapknochen (omichicahuaztli)<br />

<strong>Die</strong> Nachbildungen von Schrapknochen sind zwischen 15,5 und 16 cm lang (Abb. 31 h-n). 192 <strong>Die</strong>se<br />

Ideophone bestanden im Original aus menschlichen Oberschenkelknochen mit vertikalen<br />

Einkerbungen und wurden mit einer Ratsche aus Muschel über einem auf einem Bastring ruhenden<br />

Totenschädel-Resonanzkörper gespielt. Batres erwähnt zwei gut erhaltene Exemplare und sechs<br />

Fragmente, 193 die zu weiteren vier Exemplaren zusammengesetzt werden konnten (Abb. 31 h-n).<br />

Da zwei größere Bruchstücke übrig blieben, die nicht mehr zusammengesetzt werden konnten, ist<br />

davon auszugehen ist, dass insgesamt sieben Exemplare in jeweils zwei Teile zerschlagen und<br />

deponiert wurden. <strong>Die</strong> Miniaturen weisen jeweils 13 Einkerbungen auf und sind zusammen mit <strong>der</strong><br />

Ratsche repräsentiert, wie auch die Zungenschlitztrommeln, Schildkrötenklappern und Klangsteine<br />

zusammen mit ihren Schlagwerkzeugen dargestellt wurden.<br />

Stabrasseln (chicahuaztli, ayauhchicahuaztli, nahualquahuitl)<br />

Zu den Nachbildungen von Stabrasseln des Depotfunds zählen drei Exemplare aus porösem<br />

Vulkangestein, die 29, 31 und 35 cm lang sind, und eines aus Terrakotta, das 22,5 cm lang ist<br />

(Abb. 31 d-g, 38 a-d). 194 Zwei <strong>der</strong> Fundstücke, darunter das einzige aus Terrakotta, wurden von<br />

Batres 1910 zusammen mit <strong>der</strong> Schlitztrommelminiatur an Seler verkauft und befinden sich im<br />

Ethnologischen Museum von Berlin (Fig. 38). Sie weisen die typische mehrfach gerundete Stabform<br />

des Schüttelideophons mit seitlich angebrachten Schlitzen auf, die auch in Bil<strong>der</strong>handschriften<br />

dargestellt wurden (Abb. 16, 18). Im Unterschied zu vergleichbaren Objekten aus Terrakotta und<br />

186<br />

Seler (1960: 890); Contreras Arias (1988: 33-34); Olmedo Vera (1999: pers. Kommunikation).<br />

187<br />

Batres (1902: 48); Seler (1960: 890, Abb. 93); Castañeda/ Mendoza (1933: Foto 87 a-g).<br />

188<br />

Olmedo Vera (1998: pers. Kommunikation).<br />

189<br />

Batres (1902: 49). Vgl. Seler (1960: 889-890, Abb. 92).<br />

190<br />

Seler (1960: 889).<br />

191<br />

Olmedo Vera (1999: pers. Kommunikation).<br />

192<br />

Batres (1902: 49-50).<br />

193<br />

ebd.<br />

194<br />

Batres (1902: 49).


45<br />

Grünstein, die am Haupttempel zu Tage kamen, 195 besitzen die in <strong>der</strong> Calle Guatemala gefundenen<br />

Nachbildungen keine pfeilartigen Spitzen, son<strong>der</strong>n dreigliedrige Kronen.<br />

Handrasseln (ayacachtli, ayacachicahuaztli)<br />

Drei Rasselnachbildungen aus dem Depotfund sind aus porösem Vulkangestein gefertigt und<br />

zwischen 17 und 18 cm lang (Abb. 31 a-c), drei weitere, detaillierter ausgearbeitete Miniaturen von<br />

12 bzw. 14,5 cm Länge bestehen aus Terrakotta (Abb. 31, Nr. 2-4, 6-8). 196 Darüber hinaus wurden<br />

6 Fragmente von Rasselnminiaturen aus Terrakotta gefunden. <strong>Die</strong> Schüttelideophone bestanden im<br />

Original aus mit Samen o<strong>der</strong> Steinchen gefüllten und an einen Griffstiel befestigten Kürbisschalen,<br />

die mit Fe<strong>der</strong>n geschmückt waren.<br />

Fundinterpretation<br />

Objekte Material Anzahl<br />

Statue einer Gottheit Vulkangestein 1<br />

Schildkrötenminiatur Vulkangestein 1<br />

Miniaturen von<br />

Schildkrötenklapperen<br />

Keramik 2<br />

24<br />

Fragmente<br />

Miniaturen von Schlitztrommeln Vulkangestein 3<br />

Keramik 13<br />

Miniaturen von Klangsteinen Keramik 7<br />

Miniaturen von Schrapknochen Keramik 7<br />

Miniaturen von Stabrasseln Vulkangestein 3<br />

Keramik 1<br />

Miniaturen von Handrasseln Vulkangestein<br />

3<br />

Keramik 3<br />

6<br />

Fragmente<br />

Kernspaltflöten Keramik 1<br />

Fragmente<br />

Gefäßtrommeln Keramik 5<br />

Fundbestand Batres, 13. Dez. 1900<br />

An dem Idol weist <strong>der</strong> stilisierte Fe<strong>der</strong>kamm des quetzalcoxcoxtli-Vogels auf eine Gottheit <strong>der</strong><br />

Musik, Macuilxochitl o<strong>der</strong> Xochipilli, hin (vgl. Abb. 19-21). 197 Er galt als die Tiergestalt des<br />

Xochipilli, <strong>der</strong> in dieser Form über das rituelle Ballspiel wachte. 198 <strong>Die</strong> fünffache Glie<strong>der</strong>ung des<br />

Kopfputzes entspricht dem Zahlensymbol „5“ des Macuilxochitl, das „Rausch“ und „Zentrum“<br />

symbolisierte. 199 An<strong>der</strong>e Merkmale aztekischer Gottheiten <strong>der</strong> Musik, wie das um den Mund<br />

195<br />

López Luján (1993: 246, 258, 354-355).<br />

196<br />

Batres (1902: 49-50).<br />

197<br />

Seler (1902: 160-166, Abb. 363-369; 1908: 439; 1960: 885-888, Abb. 85-87); Mendoza (1956:<br />

19); Nowotny (1961: 108-111); Solís Olguín (1982: 94-95); Pasztory (1983: 217).<br />

198<br />

Sahagún (PM 1997: 139-140; CF 1981: 210). Vgl. Seler (1902: 164-165; 1908: 439; 1960: 885-<br />

888), Nicholson (1971: 416-419); Sullivan et al. (1997: 139-140, 152).<br />

199<br />

Nicholson (1971: 417-418).


46<br />

gemalte weiße bzw. rote Blüten- o<strong>der</strong> Handsymbol (Abb. 19-22, 24a-b), 200 o<strong>der</strong> die Symbole<br />

psychoaktiver Pflanzen auf dem Körper von Xochipilli (Abb. 23g), weist das Idol nicht o<strong>der</strong> nicht<br />

mehr auf. 201<br />

Bei <strong>der</strong> Schildkrötenminiatur handelt es sich möglicherweise um eine weitere Repräsentation<br />

einer Gottheit <strong>der</strong> Musik, da Macuilxochitl auf symbolischer Ebene mit <strong>der</strong> „Schildkröte“ (ayotl) als<br />

auch mit <strong>der</strong> „Eidechse“ (cuetzpallin) verflochten war (vgl. Abb. 24 c), die wie<strong>der</strong>um bestimmte<br />

Rauschformen symbolisierten. 202 Einer <strong>der</strong> „Roten Tempel“ wird im Codex Matritensis mit „5-<br />

Eidechse“ identifiziert. 203<br />

Auch die Keramiktrommeln können als Verkörperungen von Xochipilli o<strong>der</strong> Macuilxochitl<br />

angesehen werden, da die über den Schallöchern angebrachten Köpfe den stilisierten Fe<strong>der</strong>kamm<br />

des quetzalcoxcoxtli-Vogels tragen. 204 Auf diesen Instrumenten zu spielen kann somit als<br />

Produktion des Klangs bzw. <strong>der</strong> „Stimme“ dieser Gottheit verstanden werden, die Castañeda und<br />

Mendoza experimentell als weitreichend, wohlschwingend, klar und metallisch bezeichneten. 205 In<br />

diesem Zusammenhang sollte darauf hingewiesen werden, dass Musikinstrumente, beson<strong>der</strong>s Fellund<br />

Zungenschlitztrommeln, mythologisch als Sänger <strong>der</strong> Sonne galten, die sich erst auf <strong>der</strong> Erde<br />

in ihrer bekannten Gestalt manifestierten (Abb. 28 b). 206 <strong>Die</strong> Produktion instrumentaler<br />

Klangstrukturen könnte demnach mit <strong>der</strong> „Stimme“ o<strong>der</strong> dem „Gesang“ bestimmter Sonnenwesen<br />

assoziiert worden sein. Der Instrumentalist nahm möglicherweise die Funktion eines Mittlers ein,<br />

durch den die Gottheit sang. Eine <strong>der</strong> im Ethnologischen Museum von Berlin aufbewahrten<br />

Musikerfigurinen mit dem Fe<strong>der</strong>kamm des quetzalcoxcoxtli-Vogels (Abb. 37 a) veranschaulicht<br />

dieses Konzept <strong>der</strong> Inbesitznahme des Musikers von einer Gottheit. Zu erwähnen ist, dass einige<br />

<strong>der</strong> untersuchten Figurinen affengesichtig sind (Abb. 37 b) und <strong>der</strong> Affe als Tageszeichen von<br />

Xochipilli mit Tanz und Ekstase in Verbindung gebracht wurde. 207<br />

Das Zahlensymbol „5“ tritt nicht nur am fünffachen Kopfputz des Idols auf, son<strong>der</strong>n auch in <strong>der</strong><br />

Anzahl <strong>der</strong> Keramiktrommeln. Auch bei den Keramikflöten kann es sich um ursprünglich fünf<br />

Exemplare gehandelt haben, von denen vier rituell zerschlagen wurden. <strong>Die</strong> „5“ versinnbildlichte in<br />

diesem Zusammenhang das Zentrum o<strong>der</strong> „Herz“ (yollotl) des hochkomplexen indianischen<br />

Kosmogramms dreier Weltachsen, mit denen auf <strong>der</strong> Horizontalen die vier Himmelsrichtungen bzw.<br />

die Sonnenauf- und Untergangsstände <strong>der</strong> Sonnenwenden und auf <strong>der</strong> Vertikalen Zenith und Nadir<br />

miteinan<strong>der</strong> verbunden waren. 208 <strong>Die</strong>ser Vorstellung wurde musikalisch entsprochen, indem<br />

200<br />

Seler (1902: 163, Abb. 365, 367); Spranz (1964: 72-74, 317). Entsprechende Farbreste, die den<br />

Untersuchungen bisher entgangen sind, können vielleicht noch festgestellt werden. Das im<br />

Völkerkundemuseum von Berlin untersuchte Idol trägt rote Farbspuren am Mund.<br />

201<br />

Wasson (1980: 56-78).<br />

202<br />

Vgl. Guzmán Bravo/ Nava y Gómez Tagle/ Dultzin Dubín u.a. (1984: 181). Schildkröten und<br />

Eidechsen waren auch mit <strong>der</strong> Agave-Gottheit Mayahuel assoziiert. Formen des Rausches<br />

repräsentierten zudem die sog. „400-Kaninchen“ (centzontotochtin), die ihrerseits von<br />

Tempelsängern dargestellt wurden (siehe Kap. 4.2.1: Der „Ort des Bandes“). Bei den genannten<br />

Tieren handelte es sich um Formen <strong>der</strong> Macuiltonalequeh und <strong>der</strong> Ahuiateteo, eines Komplexes<br />

aztekischer Gottheiten, die von Macuilxochitl und Xochipilli vertreten wurden (Seler, 1904b: 439,<br />

489; Nicholson, 1971: 419-420, Sullivan u.a.: PM 1997: 120).<br />

203<br />

Seler (1904b: 771, 776-777).<br />

204<br />

Seler (1960: 889).<br />

205<br />

Castañeda/ Mendoza (1933: 172-173).<br />

206<br />

Mendieta (1973: 50-51). Vgl. Ceballos Novelo (1956); Nicholson (1971: 402).<br />

207 Seler (1960: 885-889).<br />

208 Nicholson (1971: 403-406).


47<br />

Keramikflöten und an<strong>der</strong>e Musikinstrumente in Richtung <strong>der</strong> mit dem Zahlensymbol „4“<br />

assoziierten Weltrichtungen gespielt wurden. 209 Während diese vielleicht durch die vier kleineren<br />

Trommeln repräsentiert wurden, könnte das Zentrum mit <strong>der</strong> größeren Trommel sowie <strong>der</strong><br />

erhaltenen Flöte in Verbindung gebracht worden sein.<br />

<strong>Die</strong> Materialbeschaffenheit, Größe, Farbgebung, Anzahl und Zusammenstellung <strong>der</strong><br />

Miniaturnachbildungen ist ebenfalls nicht willkürlich gewählt. <strong>Die</strong>se Parameter spiegeln einen<br />

beson<strong>der</strong>en Kultkomplex wi<strong>der</strong>, dessen exakte Bedeutung unter Berücksichtigung des<br />

Fundkontextes zu klären ist. 210 Vielleicht repräsentieren die Objekte ein großes o<strong>der</strong> verschiedene<br />

Ensemble, dessen spezifische Funktion im Fundkontext zu deuten ist. Auffallend ist, dass keine<br />

Miniaturnachbildungen aus Grünstein zu dem Fund zählen und die Bemalung ausschließlich rot ist,<br />

denn die am aztekischen Haupttempel gefundenen Miniaturen weisen im Unterschied nicht nur<br />

rote, son<strong>der</strong>n auch weiße und blaue Farbreste auf. Der von Batres gemachte Depotfund enthält<br />

zudem keine Darstellungen von Standtrommeln. Überproportional sind hingegen<br />

Zungenschlitztrommeln, Schildkrötenklappern und Rasselinstrumente vertreten. Jeweils drei<br />

Nachbildungen von Schlitztrommeln, Stab- und Handrasseln bestehen wie die Statue und die<br />

Schildkrötendarstellung aus Vulkangestein, alle an<strong>der</strong>en Objekte sind aus Terrakotta gefertigt.<br />

<strong>Die</strong> verhältnismäßig hohe Anzahl <strong>der</strong> Miniaturen von Zungenschlitztrommeln darf nicht darüber<br />

hinwegtäuschen, dass überwiegend Klapper-, Rassel- und Schrapinstrumente dargestellt sind.<br />

Beson<strong>der</strong>s diese Musikinstrumente, <strong>der</strong>en exakte Bedeutung im Tempelkult ethnohistorisch kaum<br />

überliefert ist, weisen auf den möglichen Kontext des Depotfunds hin. In diesem Zusammenhang<br />

lohnt sich ein Blick auf die Terminologie des aztekischen Instrumentariums. So ist die Funktion <strong>der</strong><br />

Stabrassel, mit <strong>der</strong> bestimmte Priester Prozessionen anführten, 211 terminologisch in den<br />

überlieferten Bezeichnungen chicahuaztli, ayauhchicahuaztli, ayauhquahuitl und nahualquahuitl als<br />

„magisches Instrument zur Stärkung des Nebels und <strong>der</strong> Wolken“ im Fruchtbarkeitskult fassbar. 212<br />

Das Verb chicahua, „stark machen, etwas stärken“, 213 findet sich auch in den Bezeichnungen <strong>der</strong><br />

Schildkrötenklapper (ayotl bzw. ayochicahuaztli), des Schrapknochens (omichicahuaztli) und <strong>der</strong><br />

Handrassel (ayacachtli bzw. ayacachicahuaztli) wie<strong>der</strong>. <strong>Die</strong>se Instrumente bilden mit über 40<br />

Exemplaren den Hauptbestandteil des Fundes, so dass von einem Komplex aztekischer<br />

Musikinstrumente zur „magischen Stärkung“ gesprochen werden kann, wozu Klapper-, Schrap- und<br />

Rasselgeräusche beson<strong>der</strong>s wichtig gewesen zu sein scheinen. Der Symbolcharakter von Musik ist<br />

hier auf die mythologische Assoziation einzelner Instrumente mit bestimmten Gottheiten, aber<br />

auch auf bestimmte Lautassoziationen zurückzuführen. So waren Klapper- und Rasselinstrumente<br />

mit den aztekischen Regen- und Windgottheiten über die Assoziation prasselnden Regens sowie<br />

des Warngeräusches von Klapperschlangen, die im Frühling ihre Verstecke verlassen, verbunden.<br />

In diesem Zusammenhang soll daran erinnert werden, dass das Idol des Macuilxochitl einen Steg<br />

mit vertikalen Einkerbungen am Rücken aufweist, <strong>der</strong> möglicherweise die Funktion eines<br />

209<br />

Durán (1967, Vol. I: 39).<br />

210<br />

Olmedo Vera (1999: pers. Kommunikation).<br />

211<br />

Sahagún (HG 1938: 146; CF 1981: 77).<br />

212<br />

Sahagún (CF 1981: 77). Vgl. Seler (1899: 111-112); Martí (1968: 56, 66); Velazquez (1971:<br />

106).<br />

213<br />

Simeón ( 1977: 94).


48<br />

Schrapideophons erfüllte. So könnte es sich bei dem Standbild um ein beson<strong>der</strong>es Litophon<br />

handeln, dessen kultische Verwendung in Zusammenhang mit den an<strong>der</strong>en Artefakten zu deuten<br />

ist.<br />

Der Fundbestand lässt keinen Zweifel daran, dass Batres die Weihesetzung eines Heiligtums<br />

aufdeckte, das, vergleichbar mit dem „südlichen-“ und „nördlichen roten Tempel“, den aztekischen<br />

Gottheiten <strong>der</strong> Musik geweiht war. Möglicherweise handelt es sich bei den Objekten um<br />

Ritualparaphernalia, die bei einer Überbauung <strong>der</strong> Struktur „begraben“ wurden. Unter<br />

Berücksichtigung ethnohistorischer Daten kommt bezüglich <strong>der</strong> Funktion des „westlichen roten<br />

Tempels“ und seiner institutionellen Anbindung innerhalb des Tempelbezirks <strong>der</strong><br />

Zeremonialtanzplatz (netotiloyan), das Schädelgerüst (tzompantli) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ballspielplatz (tlachtli)<br />

in Betracht. Neuesten Ausgrabungsergebnissen zufolge bestand eine enge Anbindung an den<br />

Ballspielplatz. 214<br />

(1) Zeremonialtanzplatz (netotiloyan)<br />

Durán überliefert, die sich an den Zugängen zum Tanzhof des „Haus des Gesangs“ kleine Tempel<br />

befanden, in denen man Bildnisse einer Gottheit <strong>der</strong> Musik verehrte, die zu bestimmten<br />

Gelegenheiten auch in <strong>der</strong> Mitte des Tanzplatzes aufgestellt wurden.<br />

„[...] tenían un dios de los bailes, a quien pedían licencia para bailar, antes que empezasen su<br />

baile. Y primero componían al ídolo a la manera que ellos sacaban el disfraz y dábanle rosas a las<br />

manos y al cuello, con algunas plumas que le ponían a las espaldas, como los indios acostumbran<br />

llevar en los bailes. [...] Era este ídolo de piedra y tenía unos agujeros en las manos, donde le<br />

ponían las rosas, o plumas. Teníanlo en un aposento frontero del patio donde era el ordinario baile,<br />

y dicen que en algunas festividades le sacaban al patio, y le ponían junto al atambor que ellos<br />

llaman teponaztli.“ 215<br />

Da vergleichbare Heiligtümer auch dem Zeremonialtanzplatz im Tempelbezirk angeglie<strong>der</strong>t<br />

gewesen sein können, ist nicht auszuschließen, dass <strong>der</strong> „westliche rote Tempel“ einem ähnlichen<br />

Zweck diente. Vor dem aufgefundenen Idol wurde wahrscheinlich nicht nur um Erlaubnis zum Tanz,<br />

son<strong>der</strong>n auch zur formalen Produktion instrumentaler Klangmuster bzw. des „Gesangs“ bestimmter<br />

Gottheiten gebeten. Trifft diese Vermutung zu, so ist <strong>der</strong> „westliche rote Tempel“ am Westzugang<br />

des großen Tanzplatzes zu lokalisieren. Wie von Durán beschrieben, ist im Codex Magliabecchiano<br />

ein Zeremonialtanz um eine rot bemalte Gottheit <strong>der</strong> Musik mit einem weißen Umhang dargestellt<br />

(Abb. 9).<br />

(2) Schädelgerüst (tzompantli)<br />

Eine Anbindung des „westlichen roten Tempels“ mit dem großen Schädelgerüst des Tempelbezirks<br />

kommt insofern in Betracht, als dass Xochipilli konzeptionell eng mit <strong>der</strong> Gottheit Xipe Totec<br />

verbunden war, die u.a. das Prinzip von Leben durch Opfertod repräsentierte. 216 In einem<br />

totenköpfigen Idol, das den Fe<strong>der</strong>kamm des quetzalcoxcoxtli-Vogels trägt (Abb. 23d) und <strong>der</strong><br />

Haltung <strong>der</strong> Gottheiten <strong>der</strong> Musik entspricht, werden diese Zusammenhänge deutlich. Einen Bezug<br />

214 Olmedo Vera (1999: pers. Kommunikation).<br />

215 Durán (1967, Vol. I: 189).


49<br />

zum aztekischen Todeskult liefern beson<strong>der</strong>s die Miniaturen von Schrapknochen, <strong>der</strong>en 13<br />

Einkerbungen <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Sphären <strong>der</strong> Totenwelt entsprechen. Wie schon gesagt hatte dieses<br />

über einem Totenschädel-Resonanzkörper gespielte Musikinstrument im aztekischen Totenkult eine<br />

wichtige Funktion zur „magischen Stärkung <strong>der</strong> Knochen“, also zur Kräftigung <strong>der</strong> Ahnen in <strong>der</strong><br />

Unterwelt durch Schrapgeräusche. Im Fall des Schädelgerüstes handelte es sich dabei um Opfertote,<br />

die für die Aufrechterhaltung des kosmischen Gefüges, insbeson<strong>der</strong>e für die Sonne in ihrem<br />

nächtlichen Lauf durch die Unterwelt, ihr Leben gelassen hatten. Lei<strong>der</strong> liefern die<br />

ethnohistorischen Quellen keine Informationen zu <strong>der</strong> Rolle, die Musik im Zusammenhang mit dem<br />

Kult des Schädelgerüstes einnahm.<br />

(3) Ballspielplatz (tlachtli)<br />

Wird die von Ignacio Marquina rekonstruierte Lage <strong>der</strong> Bauwerke des Tempelbezirks von<br />

Tenochtitlan berücksichtigt (Fig. 5), so liegt <strong>der</strong> Fundort des „westliche roten Tempels“ exakt an<br />

<strong>der</strong> Stelle des Ballspielplatzes, 217 wie auch durch die Ausgrabungen von Álvaro Barrera belegt<br />

wird. 218 So wurden nahe des Fundortes des „westlichen roten Tempels“ wurden nicht nur die<br />

Steinringe das Ballspielplatzes gefunden, son<strong>der</strong>n in einem Depot mit Kautschuk-Bällen fünf<br />

Keramikpfeifen mit <strong>der</strong> Darstellung des quetzalcoxcoxtli-Vogels, fünf Keramikflöten mit dem<br />

applizierten Kopf des Xochipilli und fünf Miniaturen von Keramiktrommeln. 219 In diesem<br />

Zusammenhang ist zu sehen, dass Xochipilli als quetzalcoxcoxtli-Vogel mit seinem Lied über den<br />

Ballspielplatz wachte. 220 Das Konzept von Musik und rituellem Ballspiel scheint sich hier mit dem<br />

von Fruchtbarkeit und Regeneration zu überlagern. So verschmolz Xochipilli als solare Gottheit von<br />

jugendlicher Kraft mit <strong>der</strong> Maisgottheit Cinteotl und wurde so zum „roten Cinteotl“, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong><br />

untergehenden Sonne assoziiert wurde. 221 Auf eine enge Verflechtung des „westlichen roten<br />

Tempels“ mit dem aztekischen Fruchtbarkeitskult deutet auch die Zusammenstellung <strong>der</strong><br />

Miniaturen und ihre Farbgebung hin, denn als die symbolische Farbe <strong>der</strong> aztekischen<br />

Fruchtbarkeits- und Vegetationsgottheiten galt rot, und Rasselinstrumente galten als die<br />

wichtigsten Musikinstrumente in diesem Kult. 222 Zu <strong>der</strong> Rolle von Musik in Zusammenhang mit dem<br />

rituellen Ballspiel (ollamaliztli) liegen lei<strong>der</strong> keine ethnohistorischen Informationen vor.<br />

Zusammenfassung<br />

Anhand <strong>der</strong> Interpretation des archäologischen Fundes, <strong>der</strong> dem „westlichen roten Tempel“<br />

zugeordnet wird, lassen sich die Vorteile <strong>der</strong> interdisziplinären Methode <strong>der</strong> Musikarchäologie<br />

<strong>Mesoamerikas</strong> verdeutlichen. Obwohl die Quellenlage Aussagen in vorliegendem Umfang lediglich<br />

216<br />

Fernández (1959: 35-36); Nicholson (1971: 422-424); Castellanos (1970: 65).<br />

217<br />

Marquina (1960; lám 2).<br />

218<br />

Olmedo Vera (1999: pers. Kommunikation).<br />

219<br />

Olmedo Vera (1999: pers. Kommunikation); Laura del Olmos (2000: pers. Kommunikation).<br />

220<br />

Sahagún (PM 1997: 139-140; CF 1981: 210). Vgl. Seler (1902: 164-165); Sullivan et al. (1997:<br />

139-140, 152).<br />

221<br />

Nicholson (1971: 416-419) versteht Cinteotl, Xochipilli und Macuilxochitl als Vertreter eines<br />

Komplexes von Fruchtbarkeitsgottheiten.<br />

222<br />

López Luján (1993: 258).


50<br />

für das Zeremonialzentrum <strong>der</strong> Azteken Tenochtitlan zulässt, ist davon auszugehen, dass eine<br />

vergleichbare soziokulturelle und institutionelle Differenzierung auf Palast- und Tempelbezirke<br />

verteilter Einrichtungen auch in an<strong>der</strong>en Zentren <strong>der</strong> <strong>späten</strong> <strong>Postklassik</strong> vorlag. Sie wurde in ihren<br />

Grundzügen möglicherweise von vorhergehenden Kulturen übernommen und hat in einer<br />

vergleichbaren Form vielleicht schon in <strong>der</strong> Klassik existiert, wie die großen Tanzplätze vieler<br />

Zeremonialzentren nahe legen. Für Tenochtitlan kann sie schematisch folgen<strong>der</strong>maßen dargestellt<br />

werden:<br />

Tempelbezirk<br />

Ballspielplatz<br />

westl. roter Tempel<br />

Schädelgerüst<br />

Palastbezirk<br />

MECATLAN<br />

NETOTILOYAN<br />

Tanzplatz<br />

nördl. roter Tempel<br />

Haupttempel<br />

südl. roter Tempel<br />

CUICACALLI<br />

Tanzhof MIXCOACALLI<br />

Fig. 6


51<br />

5. SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />

Unter Berücksichtigung <strong>der</strong> im ersten Teil formulierten Methodik <strong>der</strong> Musikarchäologie<br />

<strong>Mesoamerikas</strong> wurden ethnohistorische, ikonologische und archäologische Daten berücksichtigt, die<br />

sich wie in einem Puzzle zu einem Bild zusammenfügen ließen. Schon die frühkolonialzeitliche<br />

Rezeption indigener Musik hat gezeigt, dass in <strong>der</strong> <strong>späten</strong> <strong>Postklassik</strong> <strong>Mesoamerikas</strong> von einem<br />

elaborierten Musikwesen auszugehen ist. In ihrer Funktion deutlich voneinan<strong>der</strong> abgegrenzt war die<br />

Musik <strong>der</strong> Hof- und die <strong>der</strong> Tempelmusiker von Tenochtitlan, die sich auf verschiedene<br />

Einrichtungen verteilten. Während die ersteren eine privilegierte Berufsgruppe ohne<br />

Priesterfunktionen innerhalb des Herrscherpalastes bekleideten und für die dortige Musik und die<br />

Leitung von Zeremonialtänzen zuständig war, oblag verschiedenen Priestergruppen einzig und<br />

allein die Musik im Tempelkult. Anhand <strong>der</strong> Funktion des Palastgesangs, mit dem die Hofmusiker<br />

u.a. Geschichte tradierten, indem sie Herrscherdynastien huldigten, und des Ritualgesangs, <strong>der</strong> von<br />

den Tempelsängern an Gottheiten gerichtet wurde, wird diese Differenzierung deutlich.<br />

Unterschiedliche musikalische Genres beherrschten vor allem die Palastmusiker, während die<br />

Tempelmusiker auf die Musik bestimmter Kultkomplexe spezialisiert waren. Das Spektrum<br />

aztekischer Musikpraktiken ist damit allerdings noch nicht abgedeckt. So ist wenig von einer<br />

„Volksmusik“ bekannt, die außerhalb des Palast- und Tempelbezirke existierte.<br />

Obwohl weitgehend auf das gleiche Instrumentarium zugegriffen wurde, nur bestimmte<br />

Klangmittel, wie Stabrasseln, wurden ausschließlich von Priestern verwendet, dürfte klar geworden<br />

sein, dass sich die Musik je nach Anlas unterschied, u.a. durch die Anwendung verschiedener<br />

Arrangements und Spieltechniken, aber auch in <strong>der</strong> Rhythmik, Melodik, Dynamik und an<strong>der</strong>en<br />

Gestaltungselementen. Eine Synthese ging die Palast- und die Tempelmusik in den<br />

Zeremonialtänzen des Tempelbezirks ein. Daran waren sowohl ranghohe Hofmusiker beteiligt, die<br />

u.a. als Gesangleiter und Tanzführer agierten, als auch Opferpriester, die das rituelle<br />

Menschenopfer auf dem Haupttempel mit Schneckentrompeten begleiteten. Charakteristische<br />

Klangbil<strong>der</strong> unterschiedlicher Musikpraktiken waren den Chronisten aus dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t nach<br />

zu urteilen „schrill“ (Flöten und Pfeifen), „wohlklingend“ (Instrumental- und Vokalmusik im<br />

Herrscherpalast), „gellend“, „fröhlich“, „heiter“, „ernst“, „feierlich“ und „getragen“ (Vokalmusik zu<br />

unterschiedlichen Anlässen) sowie „dumpf“ und „schwermütig“ (Perkussionsinstrumente und<br />

Schneckentrompeten im Tempelkult). In dieser Wahrnehmung ist allerdings von einer europäischen<br />

Ästhetik auszugehen, die nicht dem indigenen Hörempfinden entsprach. Als ein Beispiel dafür kann<br />

das rhythmusbetonte Klangbild von Kriegstänzen angeführt werden, das für die Azteken Ausdruck<br />

<strong>der</strong> Freude war, Díaz del Castillo aber als „schaurig“ wahrnahm.<br />

Auf das vielschichtige aztekische Konzept von Musik konnte nur am Rande eingegangen<br />

werden. So existierte ein Verständnis des Musikers als Inpersonifikation einer Gottheit, die durch<br />

ihn „sang“. Dabei wurde kein Unterschied zwischen <strong>der</strong> Vokal- und <strong>der</strong> Instrumentalmusik<br />

gemacht: ein Musikinstrument zu spielen hieß „auf ihm zu singen“. Musik konnte auf diese Weise<br />

zum Gesang einer Gottheit werden. <strong>Die</strong> Instrumente selbst, wie Holztrommeln, Keramiktrommeln,<br />

Schneckentrompeten und Flöten, repräsentierten Gottheiten und nahmen einen mythologisch


52<br />

begründeten Idolstatus ein. Natürliche Geräusche und Klänge, z.B. Wind, Regen,<br />

Klapperschlangengerassel o<strong>der</strong> Vogelstimmen, die man mit Gottheiten in Verbindung brachte,<br />

wurden auf ihnen imitiert. Metallische Klänge galten als Zeichen von Herrschaft und Macht, <strong>der</strong><br />

Klang <strong>der</strong> Schneckentrompete als schöpferischer „Urton“. Das Klangbild vieler Rituale wurde durch<br />

diese Lautassoziationen bestimmt und kann unter Berücksichtigung aller musikarchäologisch<br />

relevanten Informationen nachvollzogen werden, auch wenn sich seine Gestaltungselemente einer<br />

abschließenden Erkenntnis entziehen.<br />

DANK<br />

an Univ.-Prof. Dr. Ursula Thiemer-Sachse und Dr. Elke Ruhnau für die Betreuung <strong>der</strong><br />

Arbeit, Dr. Marie Gaida, Dr. Manuela Fischer und Arthur Diolulu für die Hilfe im Museum<br />

für Völkerkunde, Dr. Bertino Olmedo Vera für die Unterstützung aus Mexiko-Stadt, Rossi<br />

Koenitz, Matthias Lewy, Alex Herrera und Norbert Díaz de Acre für die Anregungen und<br />

Verbesserungsvorschläge sowie Agustín Pimentel Díaz, David Méndez, Alejandro Méndez<br />

und Ramiro Ramírez für die musikalische Inspiration.


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Sáenz. Ausgewählt und mit einem Nachwort versehen von Claus Litterscheid. Frankfurt, Main: Insel<br />

Verlag.<br />

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Oraciones, adagios, adivinanzas y metáforas del libro sexto del Códice Florentino. Paleografía,<br />

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<strong>Die</strong> holzgeschnitzte Pauke von Malinalco und das Zeichen atl-tlachinolli. Mitteilungen <strong>der</strong><br />

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Gesammelte Abhandlungen zur amerikanischen Sprach- und Alterthumskunde, Bd. 3. Berlin:<br />

Behrend & Co.<br />

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Gesammelte Abhandlungen zur amerikanischen Sprach- und Alterthumskunde, Bd. 4. Berlin:<br />

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63<br />

ABBILDUNGEN


64<br />

Abb. 2<br />

Codex Florentinus (Sahagún, Vol. VIII: lám. 70. Nach Guzmán Bravo/Nava y Gómez<br />

Tagle, 1984: 102). Paraphernalia <strong>der</strong> Palastmusiker. Zentralmexiko, frühe<br />

Kolonialzeit (16. Jhd.). Biblioteca Medicea Laurenziana, Madrid.<br />

Abb. 3<br />

Codex Mendoza (1992, Vol. III: fol. 70r.). Paraphernalia <strong>der</strong> Palastmusiker,<br />

huehuetl-Spieler. Zentralmexiko, frühe Kolonialzeit (Mitte 16. Jhd.), Bodleian<br />

Library, Oxford.<br />

Abb. 4<br />

Codex Durán (Vol. II: lám 32. Nach Sten, 1990: 117). Kreistanz. Zentralmexiko,<br />

frühe Kolonialzeit (16. Jhd.). Bibliotéca Nacional, Madrid.


65<br />

Abb. 5<br />

Codex Florentinus, Sahagún, VOL. III: fol. 425r. (Gruzinski, 1992: 33, fig. 16). Der<br />

aztekische Herrscher auf einer huehuetl als Thron. Zentralmexiko, frühe Kolonialzeit<br />

(16. Jhd.). Biblioteca Medicea Laurenziana, Madrid.<br />

Abb. 6<br />

Codex Florentinus, Sahagún (1989, Vol. IX, lám 31). Ensemble <strong>der</strong> Palastmusiker,<br />

huehuetl- und ayacachtli-Spieler. Zentralmexiko, frühe Kolonialzeit (16. Jhd.).<br />

Biblioteca Medicea Laurenziana, Madrid.<br />

Abb. 7<br />

Codex Durán (1995, Vol. I: lám 59). Massaker durch die Spanier auf dem<br />

netotiloyan während <strong>der</strong> Toxcatl-Zeremonie am 23. Mai 1520. Zentralmexiko, frühe<br />

Kolonialzeit (16. Jhd.). Bibliotéca Nacional, Madrid.


66<br />

Abb. 8<br />

Codex Florentinus, Sahagún, VOL. I: fol. 262v. (Gruzinski, 1992: 130, fig. 104).<br />

huehuetl-, teponaztli- und ayacachtli-Spieler.(Palastmusiker). Zentralmexiko, frühe<br />

Kolonialzeit (16. Jhd.). Biblioteca Medicea Laurenziana, Madrid.<br />

Abb. 9<br />

Codex Magliabecchiano (1983, Vol. I: fol. 82r.). huehuetl-, teponaztli- und<br />

ayacachtli-Spieler, Xochipilli im Zentrum. Zentralmexiko, frühe Kolonialzeit (16.<br />

Jhd.). Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz.<br />

Abb. 10<br />

Codex Mendoza (1992, Vol. III: fol. 63r.). teponaztli-Spieler (Priester) während <strong>der</strong><br />

Nachtwache. Zentralmexiko, frühe Kolonialzeit (Mitte 16. Jhd.), Bodleian Library,<br />

Oxford.


67<br />

Abb. 11<br />

Codex Magliabecchiano (1983, Vol. I: fol. 72r.). huehuetl-Spieler (Priester).<br />

Zentralmexiko, frühe Kolonialzeit (16. Jhd.). Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz.<br />

Abb. 12<br />

Codex Magliabecchiano (1983, Vol. I: fol 72r.). Priester mit ayotl und ayacachtli.<br />

Zentralmexiko, frühe Kolonialzeit (16. Jhd.). Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz.<br />

Abb. 13<br />

Codex Magliabecchiano (1983, Vol. I: fol 90r.) chicahuaztli-Spieler/Xipe Totec<br />

(Priester). Zentralmexiko, frühe Kolonialzeit (16. Jhd.). Biblioteca Nazionale<br />

Centrale, Florenz.


68<br />

Abb. 14<br />

Codex Borbonicus (1992: fol. 27). chicahuaztli-Spieler/Xipe Totec (Priester).<br />

Zentralmexiko, späte <strong>Postklassik</strong> (14./15. Jhd.). Bibliothèque de l’Assemble<br />

Nationale, Paris.<br />

Abb. 15<br />

Codex Matritenses (Sahagún, PM 1974: lám 4, fig.1).<br />

Xochipilli (rechts) und an<strong>der</strong>e Gottheiten.<br />

Zentralmexiko, frühe Kolonialzeit (Mitte 16. Jhd.).<br />

Abb. 16<br />

Codex Matritenses (Sahagún, PM 1974: lám 1,<br />

fig. 2). Rechts unten: chicahuaztli- und<br />

ayacachtli-Spieler (Priester). Frühe Kolonialzeit<br />

(Mitte 16. Jhd.).


69<br />

Abb. 17<br />

Codex Matritenses (Sahagún, PM 1974: lám 3, fig. 12). Rechts unten: quiquiztli-<br />

Spieler (Priester). Frühe Kolonialzeit (Mitte 16. Jhd.).<br />

Abb. 18<br />

Codex Matritenses (Sahagún, PM: fol. 269r.). Haupttempel, links und rechts davon<br />

<strong>der</strong> „südl.-“ und „nördl. rote Tempel“ (macuilcalli und macuilcuetzpallin). Frühe<br />

Kolonialzeit (16. Jhd.).


70<br />

Abb. 19<br />

Codex Magliabecchiano (1983, Vol. I: fol. 60r.). Macuilxochitl und singende patolli-<br />

Spieler. Zentralmexiko, frühe Kolonialzeit (16. Jhd.). Biblioteca Nazionale Centrale,<br />

Florenz.<br />

Abb. 20<br />

Codex Magliabecchiano (1983, Vol. I: fol. 47r.). Xochipilli. Zentralmexiko, frühe<br />

Kolonialzeit (16. Jhd.). Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz.<br />

Abb. 21<br />

Codex Borbonicus (1992: fol. 4). Macuilxochitl mit huehuetl. Zentralmexiko,<br />

<strong>Postklassik</strong>. Bibliothèque de l’Assemble Nationale, Paris.


71<br />

Abb. 22<br />

Codex Borgia (1974: fol. 60). Links: Xochiquetzal mit ayotl und ayacachtli, rechts:<br />

Xochipilli mit huehuetl. <strong>Postklassik</strong>. Biblioteca Apostolica Vaticana, Rom.


72<br />

Abb. 23a<br />

Macuilxochitl. Mexiko-<br />

Stadt (Tenochtitlan),<br />

Calle de las Escalerillas<br />

(Guatemala),<br />

Zentralmexiko,<br />

<strong>Postklassik</strong>, Stein<br />

(tezontle), Farbspuren<br />

(Körper rot), h zw. 0,95<br />

und 1,05m, b 36 cm.<br />

Museo Nacional de<br />

Antropología e História,<br />

Mexiko-Stadt. Pasztory,<br />

1983: 217, pl. 176.<br />

Abb. 23c<br />

Macuilxochitl. Puebla,<br />

Zentralmexiko,<br />

<strong>Postklassik</strong>, Holz, h 44<br />

cm, b 18 cm. Museum für<br />

Völkerkunde, Wien. Nach<br />

Pasztory, 1983: 271, pl.<br />

284.<br />

Abb. 23b<br />

Macuilxochitl. Zentralmexiko,<br />

<strong>Postklassik</strong>, Stein (tezontle),<br />

Farbspuren (Körper weiß,<br />

Mund rot), h 43 cm, b 20<br />

cm, t 16 cm. Museum für<br />

Völkerkunde, Berlin,<br />

Sammlung Uhde, Inv.-Nr.<br />

IVca 3747. Seler, 1960: 885,<br />

Abb. 84.<br />

Abb. 23d<br />

Macuilxochitl mit<br />

Totenkopfmaske.<br />

Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>,<br />

Stein, h 61 cm. British<br />

Museum, London. Pasztory,<br />

1983: 226, pl. 197.


73<br />

Abb. 23e<br />

Macuilxochitl.<br />

Zentralmexiko,<br />

<strong>Postklassik</strong>, Stein, h 74,8<br />

cm. Museum für<br />

Völkerkunde, Mannheim.<br />

Pasztory, 1983: 225, pl.<br />

196.<br />

Abb. 23f<br />

Xochipilli. Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>,<br />

Stein, h 28 cm, b 24 cm. The Cleveland<br />

Museum of Art. Sammlung Norweb.<br />

Pasztory, 1983: 229, pl. 204.<br />

Abb. 23g<br />

Xochipilli mit Thron. Tlalmanalco, Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, h 1,15 m, b 53 cm. Museo Nacional<br />

de Antropología e História, Mexiko-Stadt. Pasztory, 1983: 213, pl. 161.


74<br />

Abb. 24a<br />

teponaztli-Nachbildung (Macuilxochitl). Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Terrakotta, b 61<br />

cm. Museo Nacional de Antropología e História, Mexiko-Stadt. Nach Carrasco/Matos<br />

Moctezuma, 1992: 157.<br />

Abb. 24b<br />

teponaztli-Nachbildung (Macuilxochitl). Chalco, Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Stein<br />

(tezontle), h 34 cm, b 71,5 cm, t 24,5 cm. Museo Nacional de Antropología e<br />

História, Mexiko-Stadt. Gendrop, 1970: 249, fig. 278c.<br />

Abb. 24c<br />

Macuilxochitl (als Schildkröte). Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Stein, h 38 cm, t 54 cm.<br />

Museo Nacional de Antropología e História, Mexiko-Stadt. Nach Carrasco/Matos<br />

Moctezuma, 1992: 52.


75<br />

Abb. 25<br />

huehuetl-Nachbildung. Tlalmanalco, Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Stein, h 41,8 cm, Ø 52 cm. Museo<br />

Nacional de Antropología e História, Mexiko-Stadt. Castañeda/Mendoza, 1933: fot. 52.<br />

Abb. 26<br />

Steinnachbildung einer Schneckentrompete. Mexiko-Stadt (Tenochtitlan), Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>,<br />

h 43,2 cm, b 74,5 cm. Museo del Templo Mayor, Mexiko-Stadt. Nach Carrasco/ Matos Moctezuma,<br />

1992: 120.<br />

Abb. 27<br />

Standtromel (huehuetl). Malinalco, Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Ze<strong>der</strong>nholz (Sabino), h 98 cm, Ø<br />

max. 42 cm. Museo del Estado de México, Tenango. Nicholson/Quiñones Keber, 1983: 147, fig. 61b.


76<br />

Abb. 28a<br />

Zungenschlitztrommel (teponaztli). Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Holz, l 49 cm, Ø 17 cm. British<br />

Museum, London. Inv.-Nr. 1949 Am. 22, 218. Sammlung Oldman. Pasztory, 1983: 272, pl. 287.<br />

Abb. 28b<br />

Zungenschlitztrommel (teponaztli). Tlaxcallan, Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Holz (Nogal), Muschel-<br />

und Pyrit-Inkrustierung, l 60 cm, Ø 18 cm. Museo Nacional de Antropología e História, Mexiko-Stadt.<br />

Carrasco/Matos Moctezuma, 1992: 119.<br />

Abb. 28c<br />

Zungenschlitztrommel (teponaztli). Cholollan, Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Holz, t 48 cm. American<br />

Museum of Natural History, New York. Nach Pasztory, 1983: 261, colorpl. 51.


77<br />

Abb. 29<br />

Umzeichnung einer tubularen Kernspaltflöte aus Keramik (tlapitzalli). Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>.<br />

Terrakotta, l ca. 20 cm. Wead,<br />

Abb. 30<br />

Keramiktrommeln. Mexiko-Stadt (Tenochtitlan), Calle de las Escalerillas (C. Guatemala),<br />

Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, h zw. 11,2 und 17,3 cm. Museo Nacional de Antropología e História,<br />

Mexiko-Stadt. Castañeda/Mendoza, 1933: fot. 67.


78<br />

Abb. 31<br />

Miniaturen von Handrasseln, Stabrasseln, Schrapknochen und Keramikflöte. Mexiko-Stadt<br />

(Tenochtitlan), Calle de las Escalerillas (C. Guatemala), Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>. Museo Nacional<br />

de Antropología e História, Mexiko-Stadt. Castañeda/Mendoza, 1933: fot. 89.<br />

Abb. 33<br />

Miniaturen von Klangsteinen und Schildkrötenklappern. Mexiko-Stadt (Tenochtitlan), Calle de las<br />

Escalerillas (C. Guatemala), Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>. Museo Nacional de Antropología e História,<br />

Mexiko-Stadt. Castañeda/Mendoza, 1933: fot. 87.


79<br />

Abb. 34<br />

Miniaturen von Zungenschlitztrommeln. Mexiko-Stadt (Tenochtitlan), Calle de las Escalerillas (C.<br />

Guatemala), Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>. Museo Nacional de Antropología e História, Mexiko-Stadt.<br />

Nach Castañeda/Mendoza, 1933: fot. 1.<br />

Abb. 35 a<br />

Abb. 35 b<br />

Abb. 35 c<br />

Abb. 35 d<br />

teponaztli-Miniatur. Mexiko-Stadt (Tenochtitlan), Calle de las Escalerillas (C. Guatemala),<br />

Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, h 4,7 cm, b 12,8 cm, t 5 cm. Museum für Völkerkunde, Berlin,<br />

Sammlung Seler, Inv.-Nr. IVca 32094.


80<br />

Abb. 36 a<br />

Keramiktrommel. Teotitlan (Puebla), Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, h 14 cm, Ø max. 12,5<br />

cm Museum für Völkerkunde, Berlin, Sammlung Seler, Inv.-Nr. IVca 25645. Seler, 1908:<br />

457, Abb. 2.<br />

Abb. 36 b<br />

Abb. 36 c<br />

Abb. 36 d


81<br />

a b<br />

Abb. 37 a<br />

Keramiktrommelspieler (Xochipilli-Xipe). Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>,Terrakotta,<br />

h 7,2 cm. Museum für Völkerkunde, Berlin, Sammlung Uhde, Inv.-Nr. IVca 363.<br />

Abb. 37 b<br />

Keramiktrommelspieler (Xochipilli-Xipe). Huexotla, Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Terrakotta, h 6,5 cm.<br />

Museum für Völkerkunde, Berlin, Inv.-Nr. IVca 42879a.<br />

Abb. 37 c<br />

Keramiktrommelspieler (Xochipilli-Xipe). Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Terrakotta,<br />

h 8,6 cm (Bügel fehlt). Museum für Völkerkunde, Berlin, Sammlung Uhde, Inv.-Nr. IVca 317.


82<br />

a<br />

b<br />

Abb. 38<br />

Abb. 38a-b chicahuaztli-Miniatur. Mexiko-Stadt (Tenochtitlan), Calle de las Escalerillas (C. Guatemala),<br />

Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, h 31 cm, b max. 6 cm. Museum für Völkerkunde, Berlin, Sammlung<br />

Seler, Inv.-Nr. IVca 34092.<br />

Abb. 38c-d chicahuaztli-Miniatur. Mexiko-Stadt (Tenochtitlan), Calle de las Escalerillas (C. Guatemala),<br />

Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, h 22,5 cm, b max. 4,6 cm (Museum für Völkerkunde, Berlin,<br />

Sammlung Seler, Inv.-Nr. IVca 32093).<br />

a<br />

b c<br />

c<br />

d<br />

Abb. 39<br />

Abb. 39a omichicahuaztli. Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong>, Oberschenkelknochen, l 36 cm (Museum of the<br />

American Indian, New York. Nach Martí, 1970: 53, Abb. 30).<br />

Abb. 39b omichicahuaztli. Zentralmexiko, <strong>Postklassik</strong> (Museum of Tulane, New Orleans. Gendrop, 1970:<br />

249, fig. 278e).<br />

Abb. 39c Holzschraper mit Kalebassenschale (Yurchenko, 1947: 7).

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