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Termiten in Bayern! - Holzwurmfluesterer.de

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5 | 2009<br />

Fachzeitschrift für<br />

Schädl<strong>in</strong>gsbekämpfung<br />

<strong>Termiten</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>!<br />

In dieser Ausgabe:<br />

<strong>Termiten</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> | Ofenfi<br />

schchen | Symposium Schädl<strong>in</strong>gsbekämpfung<br />

| Asiatische Tigermücke |<br />

DSV-Bun<strong>de</strong>sversammlung


6 Holz- und Bautenschutz<br />

DpS 5 | 2009<br />

<strong>Termiten</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> – das kl<strong>in</strong>gt<br />

unglaublich, ist aber wahr.<br />

Stephan Biebl und Lutz Parisek<br />

berichten im Folgen<strong>de</strong>n von<br />

e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz im Hause e<strong>in</strong>er<br />

bayrischen Familie.<br />

E<strong>in</strong> Auftrag <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Art be<strong>de</strong>utete<br />

<strong>de</strong>r Holzschädl<strong>in</strong>gsbefall bei e<strong>in</strong>er nie<strong>de</strong>rbayrischen<br />

Familie, die <strong>in</strong> ihrem Holzhaus Trockenholztermiten<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Innenwand ent<strong>de</strong>ckt<br />

hatten. Diese konnten sich nach E<strong>in</strong>schleppung<br />

durch e<strong>in</strong>en peruanischen Holzspiegel im trockenen<br />

Na<strong>de</strong>lholz e<strong>in</strong>er Holzblockwand etablieren.<br />

Nach Feststellung und fachlicher Untersuchung<br />

durch Sachverständige für Holzschutz wur<strong>de</strong><br />

die lokalisierte Befallsstelle mit Hilfe regelbarer<br />

Mikrowellen-Technologie behan<strong>de</strong>lt.<br />

Wie kann das se<strong>in</strong>?<br />

Wie s<strong>in</strong>d die <strong>Termiten</strong> nach <strong>Bayern</strong> gekommen?<br />

Diese Frage mussten sich die bei<strong>de</strong>n Sachverständigen<br />

für Holzschutz, Lutz Parisek und<br />

Stephan Biebl stellen, nach<strong>de</strong>m die Familie aus<br />

e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Geme<strong>in</strong><strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Nähe von Regensburg<br />

<strong>in</strong> Nie<strong>de</strong>rbayern um Hilfe gerufen hatte.<br />

Das Ehepaar Schuster (Name von <strong>de</strong>n Verfassern<br />

geän<strong>de</strong>rt) hatte sich vor 15 Jahren als<br />

Hochzeitsgeschenk e<strong>in</strong>en großen Holzspiegel<br />

aus Peru gekauft und im damaligen Massivhaus<br />

an die Wand gehängt. Über 9 Jahre h<strong>in</strong>g<br />

<strong>de</strong>r Spiegel an e<strong>in</strong>er „kühlen“ Ste<strong>in</strong>wand ohne<br />

Befallsanzeichen. Nach <strong>de</strong>m Umzug <strong>de</strong>r Familie<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Holzhaus h<strong>in</strong>g <strong>de</strong>r Spiegel an e<strong>in</strong>er „warmen“<br />

Innenwand. An dieser Stelle wur<strong>de</strong> beim<br />

zufälligen Abhängen nach 6 Jahren von Herrn<br />

Schuster im November 2008 e<strong>in</strong> Fraßloch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Holzoberfläche <strong>de</strong>r Blockwand ent<strong>de</strong>ckt. Nach<br />

weiterer Suche <strong>de</strong>r Ursache und Ent<strong>de</strong>ckung<br />

von freilaufen<strong>de</strong>n Insekten (Arbeiter<strong>in</strong>nen)<br />

begann die erste Suche nach Hilfe über das<br />

Internet und führte nach e<strong>in</strong>iger Verwirrung<br />

wegen verschie<strong>de</strong>nartiger Möglichkeiten von<br />

Schadorganismen (Hausbock, Spl<strong>in</strong>tholzkäfer<br />

usw.) o<strong>de</strong>r Verfahren (Begasung, Heißluft,<br />

Holzschutzmittel usw.) zum Anruf bei e<strong>in</strong>em<br />

örtlichen Schädl<strong>in</strong>gsbekämpfer. Dieser teilte<br />

nach Untersuchung e<strong>in</strong>er entnommenen<br />

Insektenprobe bei e<strong>in</strong>em Holzschutzsachverständigen<br />

<strong>de</strong>r Familie Schuster mit, dass es sich<br />

um „<strong>Termiten</strong>“ han<strong>de</strong>lt und er ke<strong>in</strong>e geeignete<br />

Bekämpfungsmöglichkeit anbieten kann.<br />

Die holzschutztechnische Untersuchung<br />

In ihrer Not knüpfte die Familie Schuster<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl verschie<strong>de</strong>ner Kontakte, immer<br />

verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Hoffnung, die ersehnte<br />

und dr<strong>in</strong>gend benötigte Hilfe zu bekommen.<br />

Schließlich lan<strong>de</strong>n die ersten Fotos <strong>de</strong>r vorgefun<strong>de</strong>nen<br />

<strong>Termiten</strong> beim Sachverständigen Lutz<br />

Parisek. Nach e<strong>in</strong>igen Telefonaten und Absprache<br />

mit <strong>de</strong>n Hauseigentümern reiste Parisek zur<br />

holzschutztechnischen Untersuchung an <strong>de</strong>n<br />

Befallsort, um Näheres herauszuf<strong>in</strong><strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n<br />

Befall noch konkreter zu lokalisieren. Familie<br />

<strong>Termiten</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>!<br />

Freigelegter Fraßgang mit Kotpupillen <strong>de</strong>r <strong>Termiten</strong>.<br />

Schuster hatte zu diesem Zeitpunkt bereits<br />

<strong>de</strong>n Spiegel entfernt und bei über 70° C <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

„Sauna“ gestellt und soweit <strong>in</strong> Eigenleistung<br />

thermisch behan<strong>de</strong>lt.<br />

Nach Entfernung <strong>de</strong>s Türrahmens vom Ba<strong>de</strong>zimmer<br />

im Obergeschoss <strong>de</strong>s E<strong>in</strong>familienhauses<br />

wur<strong>de</strong>n im Querschnitt e<strong>in</strong>es Innenwandbalkens<br />

2–3 mm große Austrittslöcher sichtbar,<br />

die verklebt waren. Der betroffene Balken war<br />

soweit äußerlich bis auf die verklebten Öffnungen<br />

unversehrt. Erst nach e<strong>in</strong>er Freilegung mit<br />

Hilfe von Werkzeug konnten Fraßgänge und<br />

vere<strong>in</strong>zelte „Nestchen“ mit leben<strong>de</strong>n Larven<br />

und Kotpupillen sichtbar gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />

Die genaue Untersuchung durch <strong>de</strong>n Sachverständigen<br />

Parisek ergab, dass sich <strong>de</strong>r Befall<br />

offensichtlich nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Balken <strong>de</strong>r Innenwand<br />

verteilte und sonst nur Teile <strong>de</strong>s Türrahmens<br />

ger<strong>in</strong>ge Fraßspuren zeigten. Aufgrund <strong>de</strong>r<br />

Bo<strong>de</strong>n-Wand-Anschlüsse wur<strong>de</strong> die Möglichkeit<br />

<strong>de</strong>r Verschleppung <strong>in</strong> angrenzen<strong>de</strong> Bauteile als<br />

sehr ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>gestuft. E<strong>in</strong>zig <strong>de</strong>r H<strong>in</strong>weis durch<br />

die Familie Schuster, dass vor e<strong>in</strong>em Jahr „komische<br />

E<strong>in</strong>tagsfliegen“ im Ba<strong>de</strong>zimmer ent<strong>de</strong>ckt<br />

wur<strong>de</strong>n, war als Schwierigkeit zu sehen, da es<br />

vermutlich e<strong>in</strong> Hochzeitsflug war, bei <strong>de</strong>m man<br />

nicht ausschließen kann, ob sich <strong>de</strong>r Befall auch<br />

auf an<strong>de</strong>re Bereiche ausgeweitet hatte.<br />

E<strong>in</strong>e Probe mit leben<strong>de</strong>n <strong>Termiten</strong> wur<strong>de</strong><br />

nach Hamburg zu Dr. Uwe Noldt von <strong>de</strong>r BfH<br />

(Bun<strong>de</strong>sforschungsanstalt für Wald- und Holzwirtschaft)<br />

geschickt, <strong>de</strong>r die e<strong>in</strong>gesandte Probe<br />

als „Trockenholztermiten“ bestätigen konnte.<br />

Nach professioneller Untersuchung und<br />

Prüfung <strong>de</strong>r Örtlichkeiten, wur<strong>de</strong>n nach Rücksprache<br />

bei verschie<strong>de</strong>nen Instituten und<br />

Fachexperten unterschiedliche Bekämpfungs-<br />

möglichkeiten diskutiert. Aufgrund hoher<br />

Kosten und persönlicher E<strong>in</strong>wän<strong>de</strong> seitens <strong>de</strong>r<br />

Familie Schuster, wur<strong>de</strong> e<strong>in</strong>e komplette Gebäu<strong>de</strong>behandlung<br />

durch Begasung mittels Sulfuryldifluorid<br />

o<strong>de</strong>r als Alternative das thermisch<br />

geregelte Warmluftverfahren vorerst nicht <strong>in</strong> die<br />

Auswahl <strong>de</strong>r Verfahren genommen. Auch e<strong>in</strong>e<br />

chemische Behandlung mit Holzschutzmitteln<br />

war aufgrund <strong>de</strong>r baulichen Bed<strong>in</strong>gungen, (Innenwand<br />

im unmittelbaren Wohnbereich) und<br />

anwendungstechnischen Überlegungen nicht<br />

zielführend o<strong>de</strong>r erfolgversprechend. Zu<strong>de</strong>m<br />

besitzen die <strong>in</strong> Deutschland geprüften HSM<br />

ke<strong>in</strong>e Zulassung gegen <strong>Termiten</strong>.<br />

Die Wahl fiel letztlich auf <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz von<br />

Mikrowellentechnologie, da diese rückstandsfrei<br />

und direkt wirksam ist. Der Kun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong><br />

allerd<strong>in</strong>gs im Vorfeld darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass<br />

e<strong>in</strong>e lokale Bearbeitung nur ohne Gewährleistung<br />

durchführbar ist und e<strong>in</strong> Wie<strong>de</strong>rbefall<br />

über an<strong>de</strong>re Bauteile nicht ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Bekämpfung mittels Mikrowellentechnologie<br />

Nach <strong>in</strong>tensiver Vorplanung und Festlegung<br />

<strong>de</strong>s Bearbeitungsumfangs wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r erste Behandlungsterm<strong>in</strong><br />

noch kurz vor Weihnachten<br />

vere<strong>in</strong>bart, damit Familie Schuster zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st<br />

„psychologisch beruhigt“ das Weihnachtsfest<br />

feiern konnte.<br />

Die zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r Maßnahmen festgestellte<br />

Ausgleichsfeuchte beim Fichtenholz betrug im<br />

Mittel 10 %. Vor je<strong>de</strong>r Mikrowellen-Anwendung<br />

steht e<strong>in</strong> erster Probeversuch, um die Anwendungsdauer<br />

pro behan<strong>de</strong>lter Holzoberfläche


Querschnitt<br />

<strong>de</strong>r behan<strong>de</strong>l-<br />

ten Innen-<br />

wand mit<br />

Fraßlöchern.<br />

zeitlich festlegen zu können. Hierzu wur<strong>de</strong>n<br />

2 Wärmefühler über kle<strong>in</strong>e Bohrungen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Wand positioniert, um die erfor<strong>de</strong>rlichen Temperaturwerte<br />

punktuell zu erfassen. Mittels<br />

Hornstrahlantennen konnten an <strong>de</strong>n <strong>de</strong>f<strong>in</strong>ierten<br />

Messstellen im Holz Solltemperaturen von über<br />

+60° C <strong>in</strong>nerhalb von 20–25 M<strong>in</strong>uten erreicht<br />

wer<strong>de</strong>n. Da Holz als guter Wärmespeicher gilt,<br />

wer<strong>de</strong>n die erreichten Temperaturen noch e<strong>in</strong>e<br />

gewisse Zeit gehalten, bis diese unter e<strong>in</strong>e<br />

M<strong>in</strong><strong>de</strong>sttemperatur fallen.<br />

Danach wur<strong>de</strong>n die zwei e<strong>in</strong>gesetzten Antennen<br />

immer so versetzt, dass die <strong>in</strong>folge ihrer<br />

Abstrahlcharakteristik entstehen<strong>de</strong>n Wärmelücken<br />

geschlossen wur<strong>de</strong>n. E<strong>in</strong>e weitere Kontrolle<br />

<strong>de</strong>r Temperatur im Oberflächenbereich<br />

erfolgte mit Hilfe e<strong>in</strong>er Thermografiekamera.<br />

Zusätzlich wur<strong>de</strong> an e<strong>in</strong>er schwer behan<strong>de</strong>lbaren<br />

Stelle im Türbereich e<strong>in</strong>e Erwärmung mittels<br />

Detailaufnahme<br />

Querschnitt<br />

mit Fraßlöchern.<br />

regelbarer Heizmatte durchgeführt und mit<br />

Hilfe <strong>de</strong>r Wärmefühler überwacht. Nach ca. 8,5<br />

Stun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n die betroffenen Holzoberflächen<br />

von bei<strong>de</strong>n Seiten (Gang und Ba<strong>de</strong>zimmer)<br />

mit e<strong>in</strong>em Sicherheitszuschlag von ca. 1 m nach<br />

oben und unten thermisch behan<strong>de</strong>lt.<br />

An e<strong>in</strong>em Folgeterm<strong>in</strong> Mitte Januar 2009<br />

wur<strong>de</strong>n noch zur Sicherheit alle Holzstän<strong>de</strong>r<br />

zwischen Blockwand und <strong>de</strong>r Gipskartonplattenebene<br />

nachbehan<strong>de</strong>lt, da hier erschwerte<br />

E<strong>in</strong>sicht bestand.<br />

Risikoe<strong>in</strong>schätzung und Nachsorge<br />

Unter <strong>de</strong>r Annahme, dass die vorhan<strong>de</strong>ne<br />

<strong>Termiten</strong>kolonie <strong>in</strong> allen reproduzierbaren<br />

Stadien abgetötet wur<strong>de</strong> und ke<strong>in</strong>e an<strong>de</strong>ren<br />

Geschlechtstiere ausgewan<strong>de</strong>rt s<strong>in</strong>d, dürfte e<strong>in</strong><br />

Wie<strong>de</strong>rbefall nicht mehr möglich se<strong>in</strong>.<br />

Zwei leben<strong>de</strong><br />

Trockenholztermiten.<br />

Holz- und Bautenschutz 7<br />

DpS 5 | 2009<br />

2 Hornstrahlantennen im E<strong>in</strong>satz von Gangseite. 1 Hornstrahlantenne von Badseite auf Fliesenoberfläche.<br />

Da durch die Mikrowellenanwendung ke<strong>in</strong><br />

vorbeugen<strong>de</strong>r Schutz besteht, ist zw<strong>in</strong>gend<br />

erfor<strong>de</strong>rlich, <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r behan<strong>de</strong>lten Holzbauteile<br />

weiterh<strong>in</strong> zu beobachten und auf Befall<br />

zu kontrollieren. Die versteckte Lebensweise <strong>de</strong>r<br />

Trockenholztermiten und die nur kurzweilige<br />

Paarungsdauer (Hochzeitsflug) erschweren e<strong>in</strong>e<br />

visuelle Kontrolle durch die Hauseigentümer.<br />

Bis zur Nachfrage Mitte März wur<strong>de</strong>n von<br />

Familie Schuster allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>erlei Lebenszeichen<br />

mehr ent<strong>de</strong>ckt.<br />

Lutz Parisek, ö.b.u.v.Sachverständiger<br />

für Holzschutz, Walsdorf<br />

Dipl.-Ing. Stephan Biebl, Fachberater<br />

für Schädl<strong>in</strong>gsbekämpfung, Benediktbeuren

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