KREATIVES MULTITALENT - background-verlag.de
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INTERVIEW<br />
94<br />
Schauspielerin und Mo<strong>de</strong>l Ekaterina Schmidt<br />
<strong>KREATIVES</strong><br />
<strong>MULTITALENT</strong><br />
Foto: Eric Thoma<br />
Die Saarlän<strong>de</strong>rin mit russischem<br />
Hintergrund ist immer<br />
in Action - ob auf <strong>de</strong>n<br />
Laufstegen, bei Fotoshoots<br />
o<strong>de</strong>r am Set. Durch ihre Auftritte<br />
zum Beispiel in „Lenßen - <strong>de</strong>r Film“,<br />
„Wilsberg“, „RTL II Comedy Show“<br />
und „Marienhof“ erlangte Ekaterina<br />
Schmidt breitere Bekanntheit.<br />
BACKGROUND fragte die junge Frau<br />
nach ihrem neuen Filmprojekt und<br />
ganz persönlichen Dingen...<br />
BACKGROUND: Frau Schmidt, Sie<br />
drehen zurzeit <strong>de</strong>n Comedy-Kurzfilm<br />
„2x2=6” - ein Projekt, das sie zusammen<br />
mit Drehbuchautor Harald Finkler<br />
entwickelt haben. Was versteckt<br />
sich hinter diesem Titel?<br />
SCHMIDT: Harald Finkler und ich<br />
hatten die I<strong>de</strong>e zu diesem Projekt in<br />
einem Café an einem verregneten<br />
Samstagnachmittag. Wir wollten eine<br />
kurze und komische Geschichte<br />
schreiben, in <strong>de</strong>r es zwischen <strong>de</strong>n<br />
Hauptpersonen erotisch knistert,<br />
gleichzeitig aber die Fetzen fliegen.<br />
Unser Drehbuch han<strong>de</strong>lt von zwei<br />
befreun<strong>de</strong>ten Paaren, die sich schon<br />
längere Zeit gegenseitig betrügen,<br />
das heißt, untereinan<strong>de</strong>r fremdgehen,<br />
mit <strong>de</strong>m Unterschied, dass dieses<br />
Mal die ganze Sache auffällt, weil<br />
sie zufällig im gleichen Hotel abgestiegen<br />
sind. Es geht also um Lebenslügen<br />
und Lebensgier von beruflich<br />
erfolgreichen Menschen um die 30,<br />
die in ihrer künstlichen und oft oberflächlichen<br />
Weltsicht nicht merken,<br />
wie sie sich zum Affen machen. Warum<br />
2 x 2 sechs wird, dürfen wir noch<br />
nicht verraten. Das ist eine Überraschung.<br />
BACKGROUND: Das low budget Projekt<br />
wird unter an<strong>de</strong>rem von <strong>de</strong>r Arnold<br />
Dach und Solar GmbH aus<br />
Schmelz unterstützt. Ihr Engagement<br />
BACKGROUND 01/2012
und das Ihrer Kollegen ist kostenlos.<br />
Was treibt Sie an?<br />
SCHMIDT: Es gibt viele, die beklagen<br />
sich, in unserem kleinen Bun<strong>de</strong>sland<br />
wür<strong>de</strong> zu wenig passieren. Wir halten<br />
uns da an eine alte chinesische Weisheit:<br />
„Es ist besser, ein Licht anzuzün<strong>de</strong>n<br />
als die Dunkelheit zu verfluchen."<br />
Natürlich ist es schwierig hier<br />
bei uns, ein etwas größeres Projekt zu<br />
realisieren, da die Rahmenbedingungen<br />
schlichtweg an<strong>de</strong>re sind als zum<br />
Beispiel in Medienhochburgen wie<br />
Berlin o<strong>de</strong>r Köln. Doch gera<strong>de</strong> das<br />
reizt uns. Wir wollen mit dieser Aufgabe<br />
wachsen und einen Traum verwirklichen.<br />
Ohne <strong>de</strong>n I<strong>de</strong>alismus und<br />
die Begeisterungsfähigkeit unseres<br />
Teams sowie die Hilfe von lokalen<br />
Sponsoren wäre unser Projekt sicher<br />
nicht möglich.<br />
BACKGROUND: Wie ist es für Sie, an<br />
<strong>de</strong>r Seite von Schauspielern wie Antonio<br />
Putignano (“Marienhof”/ARD)<br />
o<strong>de</strong>r Sandra Fleckenstein (“Unser<br />
Charly”/ZDF) zu spielen? Kann man<br />
dabei viel Erfahrung sammeln?<br />
SCHMIDT: Ich versuche bei je<strong>de</strong>m<br />
Dreh, etwas mitzunehmen, etwas<br />
zu lernen, und freue mich sehr auf<br />
die Zusammenarbeit mit diesen wun<strong>de</strong>rbaren<br />
Schauspielern. Das wird<br />
für mich bestimmt eine große Bereicherung.<br />
BACKGROUND: Neben <strong>de</strong>r Schauspielerei<br />
mo<strong>de</strong>ln Sie auch professionell.<br />
Worin sehen Sie Ihre Hauptaufgabe<br />
beziehungsweise was ist Ihre<br />
größere Lei<strong>de</strong>nschaft?<br />
SCHMIDT: Das Mo<strong>de</strong>ln ist aufregend,<br />
ich liebe es. Meine größte Lei<strong>de</strong>nschaft<br />
ist jedoch die Schauspielerei.<br />
BACKGROUND: Sie stehen mit bei<strong>de</strong>n<br />
Füßen im Beruf und sind außer<strong>de</strong>m<br />
zweifache Mutter. Wie gelingt es Ihnen,<br />
alles unter einen Hut zu bringen?<br />
BACKGROUND 01/2012<br />
SCHMIDT: Das ist nicht immer einfach.<br />
Manchmal bin ich einige Tage<br />
unterwegs. In <strong>de</strong>r Zeit kümmert sich<br />
mein Mann um die Kin<strong>de</strong>r. Vor vier<br />
Jahren musste ich zwei Monate in<br />
München arbeiten. In dieser Zeit waren<br />
meine Kin<strong>de</strong>r bei meinen Eltern in<br />
Russland. Damals habe ich sehnsüchtig<br />
die Tage gezählt, bis ich sie<br />
wie<strong>de</strong>r sehen konnte. Aber es gibt<br />
auch Zeiten, in <strong>de</strong>nen ich zu Hause<br />
bin und mich intensiv mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn<br />
beschäftige. An <strong>de</strong>n Wochenen<strong>de</strong>n<br />
haben wir immer Familienprogramm,<br />
fahren zusammen Rad,<br />
gehen japanisch essen, ins Kino und<br />
zu Kidsworld.<br />
BACKGROUND: Werfen wir einen<br />
Blick in Ihre Vergangenheit: Es war<br />
sicher ein großer Schritt, mit sechzehn<br />
Jahren Ihre Familie zu verlassen,<br />
um in Cheljabinsk zu studieren. Wie<br />
haben Sie diese Zeit erlebt?<br />
SCHMIDT: Ich spreche ungern über<br />
diese Zeit, mir stehen die Tränen in<br />
<strong>de</strong>n Augen, wenn ich zurück<strong>de</strong>nke.<br />
Ich habe Armut und Hunger, Krankheiten,<br />
Gewalt und Sehnsucht nach<br />
Wohlstand erfahren. Nur für die Monatskarte<br />
<strong>de</strong>r Straßenbahn hat das<br />
Geld gereicht, das mir meine Mutter<br />
gegeben hat. Einmal im Monat habe<br />
ich einen Sack Kartoffeln aus Mamas<br />
Garten mit <strong>de</strong>m Zug in die Stadt gefahren,<br />
auch Gurken und Marmela<strong>de</strong>.<br />
Je<strong>de</strong>n Tag gab es Kartoffeln mit<br />
Gurken und Tee. Manchmal ging ich<br />
zu meinen Freundinnen und durfte<br />
dort essen. Als ich krank war, musste<br />
ich in einem Krankenhaus bleiben,<br />
das extra für Kriminelle und Leute<br />
gemacht war, die sich keine Medikamente<br />
leisten konnten. Dort habe ich<br />
Menschen kennengelernt, die mir<br />
leid getan haben: Drogensüchtige,<br />
Prostituierte, Alkoholiker... Dort habe<br />
ich erfahren, was Erniedrigung be<strong>de</strong>utet.<br />
Trotz aller widrigen Umstän<strong>de</strong><br />
habe ich mein Studium an <strong>de</strong>r<br />
Schauspielschule erfolgreich been<strong>de</strong>t.<br />
Ich konnte in dieser Zeit kreativ<br />
arbeiten und mich in vielen Bereichen<br />
verwirklichen. Vor kurzem hat<br />
eine Zeitung aus <strong>de</strong>r Stadt in <strong>de</strong>r Nähe<br />
von Tundusch ein Interview mit<br />
mir veröffentlicht. Meine Eltern haben<br />
vor Stolz geweint. Es macht<br />
mich glücklich zu sehen, dass sie<br />
nicht umsonst hart gearbeitet haben<br />
und ich jetzt in <strong>de</strong>r Lage bin, ihnen<br />
alles zurückzugeben, was sie mir gegeben<br />
haben.<br />
BACKGROUND: Haben Sie sich gut<br />
eingelebt im Saarland o<strong>de</strong>r fehlen Ihnen<br />
Ihr Zuhause und Ihre Familie?<br />
SCHMIDT: Das Saarland ist mein<br />
zweites Zuhause gewor<strong>de</strong>n, hier kamen<br />
meine Kin<strong>de</strong>r zur Welt. Es ist Ihre<br />
Heimat und dadurch ist sie auch<br />
meine gewor<strong>de</strong>n. Natürlich fehlen<br />
mir meine Eltern und Schwestern.<br />
Mit meinen Kin<strong>de</strong>rn gehe ich sie je<strong>de</strong>n<br />
Sommer besuchen. Ich fin<strong>de</strong> es<br />
wichtig, dass meine Süßen Ihre Familie<br />
kennen und lieben, ein armes Leben<br />
im Dorf erleben und zu schätzen<br />
wissen, was sie haben. Wir nehmen<br />
Spielzeuge nach Tundusch mit und<br />
schenken sie <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn dort, die<br />
sich sehr darüber freuen.<br />
„Ich versuche bei je<strong>de</strong>m Dreh,<br />
etwas mitzunehmen und zu lernen“<br />
EKATERINA SCHMIDT<br />
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