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Wesentliche Änderungen durch das Bundeskinderschutzgesetz

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Prof. em. Peter-Christian Kunkel 1.3.2012<br />

<strong>Wesentliche</strong> <strong>Änderungen</strong> <strong>durch</strong><br />

<strong>das</strong> <strong>Bundeskinderschutzgesetz</strong><br />

© 2012. Kopien nur mit Genehmigung des Verfassers<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


I. Grundsätzliches<br />

2<br />

1. Fraglich ist, ob <strong>das</strong> BKiSchG mit der Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden<br />

(Art. 28 GG) zu vereinbaren ist, da Jugendhilfe Selbstverwaltungsangelegenheit ist,<br />

einzelne Regelungen (z. B. § 79a SGB VIII) aber tief in die Selbstverwaltung<br />

einschneiden.<br />

2. Ebenso ist fraglich, ob nach der Föderalismusreform nicht Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG<br />

verletzt ist, der Aufgabenzuweisungen des Bundes an die Gemeinden verbietet ( z.B.<br />

mit dem „Willkommensbesuch“ in § 2 KKG und dem Netzwerkgebot in § 3 KKG).<br />

Auch Art. 84 Abs.1 S.1 GG könnte berührt sein, der den Ländern erlaubt, <strong>das</strong><br />

Verfahren (z. B. in § 4 KKG oder in § 79a SGB VIII) abweichend zu regeln.<br />

3. Das KKG ist ein eigenständiges Gesetz außerhalb des SGB VIII und damit<br />

außerhalb der dort geltenden Regelungen z. B. für <strong>das</strong> Verhältnis: öffentlicher- freier<br />

Träger. Einzelne Regelungen des SGB VIII können aber entsprechend angewandt<br />

werden (z. B. § 80 SGB VIII zur Jugendhilfeplanung auf <strong>das</strong> Netzwerk nach § 3<br />

KKG).<br />

Das JA wird nicht nach dem SGB VIII tätig. Die Ausführung des KGG geschieht<br />

nicht notwendig <strong>durch</strong> <strong>das</strong> JA; der Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann irgendein<br />

Amt damit beauftragen.<br />

4. Da <strong>das</strong> KKG auch nicht in <strong>das</strong> SGB I einbezogen ist, gelten auch dessen Regeln nicht<br />

(z. B. Datenschutz nach § 35 SGB I), ebenso wenig die des SGB X (z. B.<br />

Verwaltungsverfahren).<br />

5. Das KKG ist ein (unsystematischer) Normen-Mix zur Regelung von<br />

- Frühen Hilfen (§ 1)<br />

- Aufbau eines Netzwerkes zum Kinderschutz allgemein (§ 2)<br />

- strafrechtlichem , verknüpft mit verwaltungsrechtlichem Datenschutz (§ 4).<br />

6. Das BKiSchG widerspricht dem Fachkräftegebot des § 72 SGB VIII, weil es<br />

Fachkräfte nicht ernst nimmt, wenn diese mit einer Fülle fachlicher Weisungen<br />

„gegängelt“ werden (z. B. zur Gesprächsführung).<br />

7. An vielen Stellen wird der Teufel der Unsicherheit mit dem Beelzebub der<br />

Bürokratie ausgetrieben (so z.B. mit der Offenbarungsbefugnis für<br />

Berufsgeheimnisträger in § 4 KKG).<br />

8. § 4 KGG gibt keine Klarheit, sondern- Sphinx gleich- Rätsel auf.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


3<br />

9. An manchen Stellen recycelt es den Papierausstoß der Runden Tische („Sexueller<br />

Kindesmissbrauch“ und „Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“) zu Paragrafen<br />

(z. B. in § 45 SGB VIII).<br />

10. Handwerklich ist <strong>das</strong> Gesetz unbefriedigend. Es werden nur wenige<br />

Redaktionsversehen des SGB VIII bereinigt, aber neue hinzugefügt (z. B. bei § 89a<br />

Abs.2 und § 65 SGB VIII; zu weiteren Fehlern vgl. den bereinigten Gesetzestext bei<br />

www.verwaltung modern.de/BKiSchG).<br />

11. Statt Deregulierung Überregulierung und überflüssige Doppelregelungen (z. B. § 8a<br />

Abs. 5 und § 86c Abs. 2 SGB VIII, § 72a Abs. 5 SGB VIII; § 3 Abs. 2 KKG und § 81<br />

SGB VIII; § 1 Abs. 2 KKG und § 1 Abs. 2 SGB VIII).<br />

12. Seit 1.1.2012 ist <strong>das</strong> Gesetz wirksam;es fehlen Übergangsregelungen.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


II. Die wesentlichen gesetzlichen <strong>Änderungen</strong><br />

1. Legaldefinition „Frühe Hilfen“ (§ 1 Abs. 4 KKG)<br />

Bis 3. Lebensjahr (also anders als „ Frühförderung“ nach SGB IX bis 6 J.).<br />

2. Informationspflicht /“Willkommensbesuch“ (§ 2 KGG)<br />

4<br />

- Pflicht („sollen“ ist „müssen“ im Regelfall) zur Information der Eltern über<br />

Leistungsangebote; Beratung nach § 16 Abs.3 SGB VIII; ohne Rechtsanspruch.<br />

- Persönliches Gespräch („Willkommensbesuch“ nach Ermessen<br />

(Auswahlermessen), aber nur auf Wunsch.<br />

- Kein Kontrollbesuch („Hausbesuch“), aber Automatismus des Verfahrens nach §<br />

8a SGB VIII bei Erkennen gewichtiger Anhaltspunkte für Kindeswohlgefährdung,<br />

wenn JA (oder in seinem Auftrag freier Träger mit Vereinbarung nach § 8a Abs.4<br />

SGB VIII) Besuch <strong>durch</strong>führt.<br />

- Zuständigkeit für Besuche nach Landesrecht zu bestimmen; JA nur subsidiär (auf<br />

freien Träger übertragbar). Auch anderes Amt kann von der Gebietskörperschaft<br />

für zuständig erklärt werden, um den § 8a –Automatismus zu verhindern.<br />

- Datenschutzregelung<br />

° fehlt in den Meldegesetzen der Länder (Ausnahme Saarland) für die Übermittlung<br />

der Daten der Meldebehörde an <strong>das</strong> JA. Nach Art.73 Abs.1 GG Meldewesen nach<br />

Föderalismusreform Bundeskompetenz;<br />

Lösung: Besuch <strong>durch</strong> Meldebehörde oder Standesamt oder JA nach<br />

Einwilligung der Eltern in Datenweitergabe von Meldebehörde an JA ( s. dijuf<br />

projekt familienbesuch 2012.de).<br />

° Ist ein Berufsgeheimnisträger i.S. v. § 4 KKG Willkommensbesucher, kann er<br />

„Gefahrdaten“ i.S.v.§ 8a an den ASD unter den Voraussetzungen des § 4 KKG<br />

übermitteln; ein „gewöhnlicher “ Mitarbeiter des JA nach § 69 Abs.Nr.1 SGB X<br />

i.V.m.§ 8a SGB VIII.<br />

3. Frühen Hilfen im Netzwerk (§ 3 Abs. 1-3 KKG / § 81 SGB VIII)<br />

- Verhältnis zu § 81 SGB VIII unklar.<br />

° Auch hier nur „ strukturelle Zusammenarbeit“, keine im Einzelfall, also kein<br />

Austausch personenbezogener Daten;<br />

° über Frühe Hilfen hinaus.<br />

°„bunt gewürfelter Haufen“ (z.B. § 75 Abs.3 SGB XII: auch Alten-und<br />

Pflegeheime).<br />

° erweiterungsfähig („insbesondere“)<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


5<br />

- Frühe Hilfen sollen leicht zugänglich sein. Zu diesem Zweck werden die wichtigsten<br />

Akteure im Kinderschutz (z.B. Jugendämter, Schulen, Gesundheitsämter,<br />

Krankenhäuser, Ärzte, Schwangerschaftsberatungsstellen, Polizei) in einem<br />

Netzwerk zusammengeführt. Eine Pflicht zur Zusammenarbeit besteht für diese<br />

nach dem KKG aber nicht, allerdings vereinzelt nach anderen Gesetzen (z. B.<br />

§ 4 Abs. 2 SchwKonfliktG; § 26 LKJHG BW; §1 Abs.4 KiSchutzG BW).<br />

- Verantwortlich für die Organisation des Netzwerks ist der öffentliche (örtliche)<br />

Träger. Gestrichen wurde „auf der Ebene des örtlichen Trägers“. Die bestehende<br />

Organisationsstruktur freier Träger ist dabei zu beachten (entspr. § 4 Abs.1<br />

SGBVIII); es kann ihnen aber auch die Organisation des Netzwerks – unter<br />

Letztverantwortung des öffentlichen Trägers - übertragen werden.<br />

4. Einsatz von Familienhebammen (§ 3 Abs. 4 KKG)<br />

- Finanzierung <strong>durch</strong> Bund in 2 Phasen:<br />

° ab 2012 stellt der Bund vier Jahre lang als Modell ( sog. Bundesinitiative)<br />

jährlich 30 Mio./45 Mio./51 Mio./51 Mio.,<br />

° danach dauerhaft in einem Fonds 51 Mio. Euro jährlich zur Verfügung;<br />

- Empfänger dieser Bundesmittel sind die Länder, nicht die Kommunen;<br />

- zweckbestimmt für Auf- und Ausbau des Netzwerks und für den Einsatz der<br />

Familienhebammen;<br />

- eine Verwaltungsvereinbarung mit den Ländern regelt die Ausgestaltung.<br />

- Bisher werden Hebammen nur bis zu 2 Monate nach der Geburt (medizinisch) tätig;<br />

länger nur nach ärztlicher Anordnung bei medizinischer Indikation. Die<br />

medizinischen Leistungsanteile der Hebammenleistung sind nach § 134a SGB V<br />

i.V.m.Hebammenvergütungsvereinbarung (Anlage 1 zu § 134a SGB V) von der<br />

GKV zu übernehmen. Die psychosoziale Begleitung der Eltern wird künftig aus<br />

Bundesmitteln finanziert.<br />

- Familienhebammen sind Hebammen mit einer zusätzlichen Ausbildung für die<br />

psychosoziale Begleitung;<br />

- Auch Kinderschwestern/-pfleger können eingesetzt werden (Begr.BT-Drs.17/6256<br />

S.32)<br />

- Zweifelhaft ist – bei Vorliegen eines Erziehungsdefizits- die Abgrenzung zur SPFH<br />

nach §§ 27, 31 SGB VIII. Die SPFH ist dann nachrangig ( § 10 Abs.1 SGB VIII).<br />

5. „Befugnisnorm“ für Berufsgeheimnisträger zur Informationsweitergabe an <strong>das</strong><br />

Jugendamt (§ 4 KKG)<br />

Die Regelung soll einerseits die Vertrauensbeziehung zwischen Geheimnisträger (z. B. Arzt)<br />

und „Geheimniszuträger“ (z. B. Patient) schützen, andererseits die Weitergabe wichtiger<br />

Informationen an <strong>das</strong> Jugendamt (also nicht an die Polizei) ermöglichen.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


6<br />

Abs.1 konkretisiert und spezifiziert die Heilberufe in Nr.1 und erweitert in Nr.7 den Kreis der<br />

Berufsgeheimnisträger gegenüber der Regelung in § 203 Abs. 1 StGB um die Lehrer und<br />

verdeutlicht den rechtfertigenden Notstand nach § 34 StGB („Notstandsbefugnis“), ist aber<br />

wohl eher als gegenüber der Schweigepflicht höherrangige (bundesgesetzliche) Befugnisnorm<br />

zu verstehen.<br />

Das Verhältnis zu § 203 StGB ist unklar, da dort die Lehrer nicht als schweigepflichtige<br />

Berufsgeheimnisträger nach Abs.1 aufgeführt sind, sondern als Amtsträger nach Abs.2<br />

gelten, also auch keine Offenbarungsbefugnis nach Abs.1 benötigen.<br />

StGB § 203 Verletzung von Privatgeheimnissen<br />

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich<br />

gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, <strong>das</strong> ihm als<br />

1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs,<br />

der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine<br />

staatlich geregelte Ausbildung erfordert,<br />

2. Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher<br />

Abschlussprüfung,<br />

3. …,<br />

4. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen<br />

in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder<br />

Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,<br />

4 a. Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3<br />

und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,<br />

5. staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem<br />

Sozialpädagogen oder<br />

6. …<br />

anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


7<br />

§ 203 StGB<br />

ein G e h e i m n i s *<br />

wird jemand anvertraut (gerade) als<br />

Abs. 1: Angehörigem einer Berufsgruppe: Abs. 2: öffentlichem Funktionsträger:<br />

Nr. 1: Arzt usw.<br />

Nr. 2: Berufspsychologe<br />

Nr. 4: Berater in öff. anerk. Beratungsstelle<br />

Nr. 4a: Berater in Beratungsstelle nach §§ 3 u.<br />

8 SchwkonfliktG<br />

Nr. 5: Staatl. anerk. SA/SP<br />

oder deren Gehilfen/Auszubildenden<br />

(Abs. 3)<br />

Abs. 1<br />

O f f e n b a r u n g s b e f u g n i s bei<br />

(1) Einwilligung<br />

- ausdrückliche<br />

- stillschweigende (konkludente)<br />

- mutmaßliche (nur, wenn ausdrückliche<br />

oder stillschweigende nicht möglich)<br />

(2) Bundesgesetzliche (höherrangige)<br />

Mitteilungspflicht (z.B. § 138 StGB) oder-<br />

befugnis (§ 4 KKG);<br />

(3) Rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB)<br />

- gegenwärtige Gefahr für ein Rechtsgut<br />

- nicht anders abwendbar**<br />

- Abwägung der Güter<br />

- Rechtsgut muss wesentlich höherwertig<br />

sein gg.über Berufsgeheimnis<br />

Nr. 1: Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB)<br />

Nr. 2: Für den öffentl. Dienst besonders<br />

Verpflichteter (§ 11 Abs. 1 Nr. 4<br />

StGB i.V.m. Verpflichtungsgesetz)<br />

Abs. 2<br />

- wie bei Absatz 1<br />

- zusätzlich: bei Aufgabenerfüllung<br />

der öffentlichen Verwaltung<br />

+<br />

datenschutzrechtlicher Zulässigkeit<br />

(hier: nach §§ 68-75 SGB X<br />

i.V.m. §§ 64, 65 SGB VIII)<br />

* (1) Tatsache, die sich auf (2) bestimmte Person bezieht und (3) nur Einzelnen oder<br />

beschränktem Personenkreis bekannt ist und (4) an deren Geheimhaltung der Betroffene<br />

ein schutzwürdiges Interesse hat auch (5) über den Tod hinaus.<br />

** Vgl. hierzu § 12 LKindSchuG RP und § 1 Abs. 5 KiSchutzG BW sowie § 4 KKG.<br />

© Kunkel 2012<br />

.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


StGB § 34 Rechtfertigender Notstand<br />

8<br />

1 Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit,<br />

Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder<br />

einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der<br />

widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der<br />

ihnen drohenden Gefahren, <strong>das</strong> geschützte Interesse <strong>das</strong> beeinträchtigte wesentlich<br />

überwiegt. 2 Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr<br />

abzuwenden.<br />

„anders abwendbar“ mit 3- stufigem Verfahren nach § 4 KKG:<br />

§ 4 KKG: Offenbarungsbefugnis von Geheimnisträgern<br />

in 3-stufigem Verfahren<br />

Erörterung m. Kind<br />

u. PSB/ Hinwirk.Hilfe<br />

A.aufHHH<br />

-<br />

1<br />

(Abs. 1)<br />

Gefährdungseinschätzung mit<br />

Einholen von Fachberatung*<br />

2<br />

(Abs. 2)<br />

*Anspruch auf Fachberatung <strong>durch</strong> i.e.F.<br />

(auch beim ASD, aber pseudonymisiert)<br />

-Hinweis auf Einschalten des JA<br />

- Offenbaren<br />

3<br />

(Abs. 3)<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


9<br />

§ 4 Abs.2 KKG schreibt die Pseudonymisierung (§ 3 Abs.6a BDSG) der<br />

personenbezogenen Daten für die Fachberatung vor; die Anonymisierung (§ 3<br />

Abs.6 BDSG) erfüllt aber den gleichen Zweck.<br />

Eine Offenbarungspflicht besteht bei Garantenstellung nach § 13 StGB (so<br />

ausdrücklich Art.14 Abs.6 Gesundheitsdienst- u.VerbraucherschutzG Bayern).<br />

Prüfschema zur Garantenstellung (§ 13 StGB)<br />

1<br />

Erfolgseintritt<br />

(= Rechtsgutverletzung)<br />

+<br />

2<br />

Pflicht zur Abwendung des Erfolgs<br />

(= Garantenstellung)<br />

+<br />

3<br />

Nichterfüllen von Garantenpflichten<br />

(z. B. solcher aus § 8a SGB VIII)<br />

+<br />

4<br />

Ursächlichkeit des Unterlassens für Erfolgseintritt<br />

(= Kausalität)<br />

+<br />

5<br />

Vorsatz oder Fahrlässigkeit hinsichtlich des Erfolgseintritts<br />

( = Schuld)<br />

©Kunkel 2012<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


10<br />

Eine verwaltungsrechtliche Pflicht der sog. Berufsgeheimnisträger, den Kinderschutz<br />

wie ein Jugendamt wahrzunehmen, enthält § 4 KKG nicht.<br />

Dem Berufsgeheimnisträger müssen nur gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung<br />

vorliegen, nicht dagegen muss ein dringender Verdacht bestehen oder<br />

die Kenntnis von Misshandlungen. Der Begriff der Kindeswohlgefährdung i.S. des<br />

§ 1666 BGB wird dem Berufsgeheimnisträger nicht bekannt sein. Er muss ihm daher<br />

bei der Beratung zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos erläutert werden.<br />

Gefährdung des Wohls des Kindes i.S.d. § 1666 BGB<br />

körperlich<br />

absehbar<br />

(Zeit)<br />

seelisch<br />

nachhaltig<br />

(Dauer)<br />

.<br />

©Kunkel 2012<br />

geistig<br />

erheblich<br />

(Tiefe)<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


11<br />

6. Anspruch von Kindern auf Beratung ohne Kenntnis der Eltern (§ 8 Abs. 3 SGB<br />

VIII)<br />

- Nur in einer Not- und Konfliktsituation (wie bisher).<br />

- PSB nur vorläufig „ausschaltbar“; auf Dauer nur mit § 1666 BGB.<br />

- Ausdrücklicher Rechtsanspruch (Klarstellung).<br />

- Der Hinweis auf § 36 SGB I ist verwirrend: § 36 SGB I gilt nur im<br />

Verwaltungsverfahren und erweitert dafür die Handlungsfähigkeit nach § 11 Abs.1<br />

Nr.2 SGB X, schränkt sie aber <strong>durch</strong> ein Veto-Recht der PSB wieder ein. Dies gilt<br />

nicht für die Beratung nach § 8 Abs.3 SGB VIII.<br />

Umgekehrt ist für § 36 SGB I keine Not- und Konfliktsituation erforderlich.<br />

7. Regelungen zum Schutzauftrag (§ 8a SGB VIII)<br />

- „ Einschätzung “statt „ Abschätzung“ ist juristisches Glasperlenspiel und nicht<br />

konsequent beibehalten (z.B.§ 8a Abs.2, § 42 Abs.3 SGB VIII).<br />

- Ersetzen von „Personensorgeberechtigten“ <strong>durch</strong> „Erziehungsberechtigte“(zum Begriff s.<br />

§ 7 Abs.1 Nr.6 SGB VIII); ebenfalls nicht konsequent beibehalten (z.B.§ 8a Abs.2 und<br />

Abs.3 SGB VIII; § 4 KKG), außerdem können nur Personensorgeberechtigte Hilfen in<br />

Anspruch nehmen (Abs.4), daher in Abs.5 zu Recht „Personensorgeberechtigten“.<br />

- Das Jugendamt muss (kein Ermessen) einen Hausbesuch machen, wenn dies nach<br />

fachlicher Einschätzung (objektiv) erforderlich ist, also nicht bloß (subjektiv) für<br />

erforderlich gehalten wird (Absatz 1 Satz 2); die Erforderlichkeit (und die Geeignetheit) ist<br />

gerichtlich nachprüfbar, für die fachliche Einschätzung besteht ein (nicht nachprüfbarer)<br />

Beurteilungsspielraum.<br />

- nur bei Kind ( § 7 Abs.1 Nr.1 SGB VIII).<br />

Beim Hausbesuch handelt es sich lediglich um eine Ausformung des<br />

Untersuchungsgrundsatzes in § 20 SGB X und des Beweismittels in § 21 Abs. 1 S. 2<br />

Nr. 4 SGB X.<br />

SGB X<br />

§ 20 Untersuchungsgrundsatz<br />

(1) 1 Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. 2 Sie bestimmt Art und Umfang<br />

der Ermittlungen; an <strong>das</strong> Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie<br />

nicht gebunden.<br />

§ 21 Beweismittel<br />

(1) 1<br />

Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen<br />

zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. 2 Sie kann insbesondere<br />

….<br />

4. den Augenschein einnehmen.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


Vereinbarungen mit Einrichtungen und Diensten (Absatz 4)<br />

- der Jugendhilfe (also nicht bei körperl.oder geistiger Beh.)<br />

- auch kommunale ohne JA?<br />

12<br />

- Inhalte des § 8a-Verfahrens konkretisiert (nicht mehr “entsprechend “JA)<br />

- i.e.F.<br />

° Begriff insoweit missglückt; normale Fachkraft nach § 72 SGB VIII<br />

° beratende Hinzuziehung (ohne Fallverantwortung; „coaching“)<br />

° Fall pseudonymisiert oder anonymisiert<br />

° beim freien oder öffentlichen Träger<br />

° Kriterien („Profi-Profil“) nach § 72 SGB VIII.<br />

- „insbesondere“, also z. B. Finanzierung des Verfahrens.<br />

- Vereinbarung kann <strong>durch</strong> Selbstverpflichtungserklärung ersetzt<br />

werden (siehe LT-Drucks. BW 14/6760 v. 28.7.2010 mit Beispielen;<br />

www.landtag-bw.de/WP 14/Drucksache/6000/14).<br />

Pflicht zur „Datenkommunikation“ mit zuständigem Leistungsträger (Absatz 5)<br />

° bei Zuständigkeitswechsel überflüssige Doppelregelung ( wie § 86c Abs.2 SGB<br />

VIII)<br />

° auch für „Zufalls-JA“(Wiesner). Beschränkung auf „Leistungen“ unvollständig,<br />

wenn Inobhutnahme an anderem Ort als dem des Bekanntwerdens.<br />

° datenschutzrechtlich ist die Mitteilungspflicht zugleich eine<br />

Übermittlungsbefugnis, die schon § 69 Abs.1 Nr.1 SGB X enthält, und eine<br />

Weitergabebefugnis, die schon § 65 Abs.1 Nr.3 SGB VIII enthält, also für die<br />

Befugnis überflüssige Doppelregelung.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


13<br />

Das Jugendamt als „Schaltstelle“ des Schutzauftrages<br />

nach § 8a SGB VIII<br />

JA (Abs. 1)<br />

Anhaltspunkte verifizieren<br />

Gefährdungseinschätzung<br />

- mehrere Fachkräfte<br />

- Einbeziehung der Beteiligten<br />

- Hausbesuch bei Kind<br />

Hilfeangebot<br />

Vereinbarung<br />

falls bei Gefahr im<br />

erforderlich: Verzug:<br />

Anrufung des FamG Inobhutnahme<br />

(Abs. 2 S. 1) (Abs. 2 S. 2 i.V.m.<br />

§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 2)<br />

© Kunkel 2012<br />

Außerdem:<br />

Inanspruchnahme<br />

(Hinwirken bzw. Einschalten)<br />

anderer Stellen<br />

(Abs. 3)<br />

Polizei<br />

Sozialleistungsträger<br />

Psychiatrie<br />

<br />

„Datenkommunikation“<br />

mit zuständigem<br />

Leistungsträger (Abs. 5)<br />

*Beratungsanspruch (§ 8b SGB VIII)<br />

- Qualitätsentwicklung des Schutzauftragsverfahrens (§ 79a Nr.3 SGB VIII).<br />

- Statistische Erfassung des Schutzauftragsverfahrens (§§ 98, 99 SGB VIII).<br />

freie Träger (Abs. 4)<br />

Handeln wie JA (ohne<br />

Hausbesuch)<br />

Einbeziehung i.e.F.mit<br />

„Profi-Profil“*<br />

Werben um Annahme von<br />

Hilfen<br />

Informationspflichten<br />

des JA<br />

<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


8. Anspruch auf „Kontaktberatung“ (§ 8b SGB VIII) von<br />

14<br />

a. „Kontaktpersonen“ (auch außerhalb der Jugendhilfe; nicht: ehrenamtlich Tätige),<br />

im Einzelfall,> JA (Abs. 1).<br />

Nur Beratung (Expertise),“Begleitung“ in Überschrift irreführend.<br />

Wie § 4 Abs.2 S.1 KKG. Satz 2 entsprechend anwendbar.<br />

Durch i.e.F., vorzugsweise beim freien Träger (mit Finanzierung), aber auch<br />

beim JA (auch im ASD), wenn pseudonymisiert oder anonymisiert.<br />

b. Einrichtungen , strukturell, > LJA ( Abs.2; insb. über „Ombudschaft“)<br />

c. Leistungsträgern nach §§ 18-29 SGB I ( Abs.2 ; insb. in Behindertenhilfe s.<br />

Änderung des § 21 SGB IX, obwohl diese kein Verfahren nach § 8a SGB VIII<br />

<strong>durch</strong>führen müssen).<br />

9. Erweiterung der Familienberatung (§ 16 Abs. 3 SGB VIII)<br />

- „ Soll“ = Pflicht im Regelfall, ohne Rechtsanspruch.<br />

- Inhalt: Partnerschaft und Erziehungskompetenz.<br />

- Auch Hilfe.<br />

- Anschlussleistung an Information nach § 2 Abs.1 KKG, aber weiterer<br />

Adressatenkreis.<br />

10. Zusammenarbeit mit Pflegepersonen ( § 37 SGB VIII)<br />

Die Beratungspflicht des ortsnahen (anderen, nicht zuständigen) JA und sein KE-Anspruch<br />

(Absatz 2) haben nach Streichung der Streichung der Sonderzuständigkeit in § 86 Abs.6<br />

SGB VIII nur Bedeutung für einen noch nicht 2 Jahre dauernden Wechsel der Pflegestelle.<br />

Ortsnahe Beratung kann erfolgen <strong>durch</strong> Pflegekinderdienst eines freien Trägers oder eines<br />

anderen JA.<br />

KE-Anspruch unsystematisch außerhalb der Regelung der KE (§§ 89 bis 89h SGB VIII<br />

i.V.m.§§ 102 bis 114 SGB X). Daher richtet sich der Umfang der KE nicht nach § 89f SGB<br />

VIII( Grundsätze am Ort des berechtigten Trägers) und § 109 SGB X (nicht<br />

Verwaltungskosten), sondern nach Vereinbarung. Darin auch Höhe des Pflegegeldes<br />

unabhängig von § 39 Abs.4 S.5 SGB VIII.<br />

Fixierung im Hilfeplan (Absatz 2a) wegen Kontinuität.<br />

11. Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII)<br />

Gleichstellung der Bereitschaftspflege mit Vollzeitpflege (Absatz 2 Satz 3).<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


12. Führungszeugnis bei Tages- und Vollzeitpflege (§§ 43, 44 SGB VIII)<br />

15<br />

Bedeutung nur für nicht vermittelte Pflegestellen ( für diese § 72a Abs.1 SGB VIII).<br />

Erlaubniserteilung nur nach Vorlage des Führungszeugnisses entsprechend § 72a SGB<br />

VIII (näher s.dort).<br />

„Sicherheitslücke“ aber bei Personen in Haushaltsgemeinschaft mit Pflegeperson (s.<br />

BZRG bei § 72a SGB VIII). Zu schließen, indem auch für sie ein Führungszeugnis<br />

verlangt wird ( s. Mitteilung des Bundesamts für Justiz bei § 72a SGB VIII).<br />

13. Erweiterte Anforderungen an die Betriebserlaubnis (§ 45 SGB VIII)<br />

Absatz 1 ist unverändert.<br />

Absatz 2 wird nun positiv formuliert: Rechtsanspruch auf Erlaubnis bei Gewährleistung<br />

des Kindeswohls. Dafür spricht (widerlegbare) Vermutung unter folgenden<br />

Voraussetzungen:<br />

- Betreuung, Erziehung, Bildung der Minderjährigen müssen räumlich, fachlich,<br />

wirtschaftlich, personell gesichert sein;<br />

- ihre Integration muss nun ( positiv) unterstützt,<br />

- ihre gesundheitliche Betreung darf dagegen lediglich nicht erschwert werden;<br />

- Partizipationsverfahren und<br />

- Beschwerdemanagement („ Ombudschaft“,vgl. hierzu Expertise von Prof. Dr<br />

Urban-Stahl, Zentrum Frühe Hilfen; www.fruehehilfen.de) müssen praktiziert<br />

werden.<br />

Zur Prüfung dieser Voraussetzungen müssen mit dem Antrag<br />

- Maßnahmen der Qualitätsentwicklung entsprechend den Vorgaben des JA nach §<br />

79a SGB VIII dargestellt ,<br />

- die Vorlage von Führungszeugnissen beim Träger der Einrichtung nachgewiesen<br />

werden (siehe näher bei § 72a SGB VIII).<br />

Entfallen ist – bedauerlicherweise - die Sicherstellung der Voraussetzungen <strong>durch</strong><br />

Vereinbarung (§ 45 Abs.2 S.4 SGB VIII a.F.); stattdessen werden sie dekretiert,<br />

was der Stellung der freien Träger nach § 4 Abs.1 S.2 SGB VIII widerspricht.<br />

Da die genannten Voraussetzungen für alle Einrichtungen gelten, müssen Partizipation<br />

und Ombudschaft auch im Kindergarten eingeführt werden.<br />

Soweit die alte Betriebserlaubnis den neuen Anforderungen nicht genügt, kann sie<br />

nach § 48 SGB X aufgehoben (widerrufen) oder nachträglich mit Auflagen versehen<br />

werden (§ 45 Abs.2 S.6 SGB VIII a.F.; § 45 Abs.4 S.2 SGB VIII n.F.).<br />

14. Erweiterung der Meldepflichten (§ 47 SGB VIII)<br />

Auch personenbezogene Ereignisse (Nr.2) sind zu melden.<br />

Schon Beeinträchtigung des Kindeswohls genügt.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


15. Ausschluss einschlägig Vorbestrafter (§ 72a SGB VIII)<br />

a. Beschäftigte beim öffentlichen Träger müssen Führungszeugnis vorlegen:<br />

- alle Hauptamtlichen (Abs.1).<br />

16<br />

- Ehrenamtliche erst nach seiner Entscheidung über „Gefahrgeneigtheit“ ihrer<br />

Tätigkeit (Abs.3), d.h. bei (möglichem)Vertrauensverhältnis.<br />

b. Beschäftigte beim freien Träger müssen Führungszeugnis vorlegen nach<br />

Sicherstellungsvereinbarung (oder Selbstverpflichtungserklärung)<br />

- alle Hauptamtler (Abs.2)<br />

- Ehrenamtler nur nach Vereinbarung über „Gefahrgeneigtheit“ ihrer Tätigkeit<br />

(Abs.4).<br />

c. Nur bei Aufgabenerfüllung nach § 2 SGB VIII, also nicht (reine) Sportvereine.<br />

Anders bei BE nach § 45 Abs.2 Nr.3 SGB VIII für (anderweitig) aufsichtsfreie<br />

Einrichtung.<br />

d. „ Regelmäßige Abstände“ = zwischen 3 und 5 Jahren.<br />

e. „Sicherheitslücke“, wenn Strafverfahren noch läuft (dann persönl.Erklärung)<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


Erklärung zur persönlichen Eignung i.S.v. § 72a SGB VIII<br />

Angaben zur erklärenden Person:<br />

Vorname und Name: …………………………………………………………<br />

Geburtsdatum: …………………………………………………………<br />

Ich versichere,<br />

17<br />

1. <strong>das</strong>s ich nicht wegen einer in der anhängenden Liste bezeichneten Straftat rechtskräftig verurteilt<br />

worden bin und<br />

2. <strong>das</strong>s derzeit weder ein gerichtliches Verfahren noch ein staatsanwaltschaftliches<br />

Ermittlungsverfahren gegen mich wegen einer solchen Straftat läuft bzw. anhängig ist.<br />

Ort, Datum: ………………………<br />

Unterschrift der erklärenden Person: ……………………………………<br />

Liste der in § 72a SGB VIII genannten Straftaten<br />

§ 171 StGB Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht<br />

§ 174 StGB Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen<br />

§ 174a StGB Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder<br />

Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen<br />

§ 174b StGB Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung<br />

§ 174c StGB Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs-<br />

oder Betreuungsverhältnisses<br />

§ 176 StGB Sexueller Missbrauch von Kindern<br />

§ 176a StGB Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern<br />

§ 176b StGB Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge<br />

§ 177 StGB Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung<br />

§ 178 StGB Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge<br />

§ 179 StGB Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen<br />

§ 180 StGB Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger<br />

§ 180a StGB Ausbeutung von Prostituierten<br />

§ 181a StGB Zuhälterei<br />

§ 182 StGB Sexueller Missbrauch von Jugendlichen<br />

§ 183 StGB Exhibitionistische Handlungen<br />

§ 183a StGB Erregung öffentlichen Ärgernisses<br />

§ 184 StGB Verbreitung pornographischer Schriften<br />

§ 184a StGB Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Schriften<br />

§§184b,c StGB Verbreitung, Erwerb, Besitz kinder-bzw.jugendpornographischer Schriften<br />

§ 184d StGB Verbreitung pornographischer Darbietungen <strong>durch</strong> Rundfunk, Medien- oder<br />

Teledienste<br />

§ 184e StGB Ausübung der verbotenen Prostitution<br />

§ 184f StGB Jugendgefährdende Prostitution<br />

§ 225 StGB Misshandlung von Schutzbefohlenen<br />

§§ 232 bis 233a StGB Menschenhandel<br />

§ 234 StGB Menschenraub<br />

§§ 235, 236 StGB Entziehung Minderjähriger, Kinderhandel<br />

(Stand: 15.02.2012)<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


18<br />

f. Kosten der Ausstellung trägt der Antragsteller. Ermäßigung nach § 12 JustizKV.<br />

g. Für Behörden gilt § 30 Abs. 5 i.V.m.§ 31 BZRG, für freie Träger § 30 Abs. 1 Nr. 2a<br />

BZRG.<br />

BZRG § 31 Erteilung des Führungszeugnisses und des erweiterten Führungszeugnisses an Behörden<br />

(1) Behörden erhalten über eine bestimmte Person ein Führungszeugnis, soweit sie es zur<br />

Erledigung ihrer hoheitlichen Aufgaben benötigen und eine Aufforderung an den Betroffenen, ein<br />

Führungszeugnis vorzulegen, nicht sachgemäß ist oder erfolglos bleibt. Die Behörde hat dem<br />

Betroffenen auf Verlangen Einsicht in <strong>das</strong> Führungszeugnis zu gewähren.<br />

(2) Behörden erhalten zum Zweck des Schutzes Minderjähriger ein erweitertes Führungszeugnis<br />

unter den Voraussetzungen des Absatzes 1. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.<br />

§ 12 Justizkostenvollzugsordnung<br />

Die Behörde kann ausnahmsweise, wenn dies mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse<br />

des Zahlungspflichtigen oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten erscheint, die Gebühren unter die<br />

Sätze des Gebührenverzeichnisses ermäßigen oder von der Erhebung der Kosten absehen.*<br />

Anlage (zu § 2 Abs. 1) Gebührenverzeichnis<br />

803 Führungszeugnis nach § 30 oder § 30a BZRG 13,00 EUR<br />

*Hierzu wird von der Dienststelle Bundeszentralregister (2006) ausgeführt:“Wird einFührungszeugnis<br />

für die Überprüfung der Eignung als Pflegeeltern oder als Tagespflegeperson oder für die Aufnahme<br />

in die Vermittlungskartei und die Erteilung der Pflegeerlaubnis gemäß § 43 SGB VIII benötigt,<br />

rechtfertigt dieser besondere Verwendungszweck die Befreiung von der Gebühr für die Erteilung des<br />

Führungszeugnisses. Dies gilt sowohl für Führungszeugnisse für private Zwecke als auch für<br />

Führungszeugnisse zur Vorlage bei einer Behörde. Soweit Ehe- oder Lebenspartner insbesondere der<br />

Tagespflegeeltern im Rahmen der Überprüfung ebenfalls ein Führungszeugnis vorlegen müssen, liegt<br />

ebenfalls ein Verwendungszweck vor, der eine Gebührenbefreiung rechtfertigt.“<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


19<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


20<br />

h. Datenschutz (Absatz 5)<br />

Datenerhebung nur von „Katalogdaten“ ( Satz 1) nicht möglich, da Führungszeugnis nicht<br />

differenziert; also werden auch„überschießende “ Daten erhoben. Diese dürfen nicht gespeichert<br />

werden (Satz 2). „Katalogdaten“ müssen gelöscht werden, wenn „Kandidat nicht antritt“ (Satz 4) oder<br />

Tätigkeit beendet hat (Satz 5).<br />

Doppelregelung mit §§ 62,63 SGB VIII und § 84 Abs.2 SGB X.<br />

i. MiStra<br />

In der „Anordnung über die Mitteilung in Strafsachen (MiStra)“v. 19.5.2008 sind Mitteilungspflichten<br />

der Staatsanwaltschaft auch über laufende Verfahren geregelt:<br />

Nach Nr.27 an <strong>das</strong> Landesjugendamt für Mitarbeiter/innen in erzieherischen Berufen in Einrichtungen.<br />

Nach Nr.35 an <strong>das</strong> Jugendamt bei erheblicher Gefährdung Minderjähriger.<br />

Nach Nr.32 an die Jugendgerichtshilfe.<br />

Außerdem nach Nr. 221 Abs.2 der RiStBV(Richtlinien für <strong>das</strong> Strafverfahren und <strong>das</strong><br />

Bußgeldverfahren) an <strong>das</strong> Jugendamt bei Sexualstraftaten an Kindern, wenn ein Beschuldigter<br />

freigelassen wird, der in häuslicher Gemeinschaft mit dem Kind lebt.<br />

Bei Anwendung der MiStra erübrigt sich somit in vielen Fällen die Einholung des<br />

Führungszeugnisses. Es bleibt aber dann von Bedeutung, wenn bis zur Verurteilung kein Anlass für<br />

eine Mitteilung bestand, z. B. weil die Person nicht in einer Einrichtung tätig war.Staatsanwalt und<br />

Richter sind in den genannten Fällen zur Mitteilung verpflichtet.<br />

16. Verbindliche Standards / Qualitätsentwicklung (§ 79a SGB VIII)<br />

In allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe , einschl. eines Beteiligungs- und<br />

Beschwerdemanagements (“Ombudschaft“) in Einrichtungen –also nicht auch noch in<br />

Diensten oder gar bei Veranstaltungen - nach § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII wird dem<br />

öffentlichen Träger Qualitätsentwicklung vorgeschrieben.<br />

Zuständig hierfür ist der Jugendhilfeausschuss (§ 71 SGB VIII).<br />

Freie Träger sind <strong>durch</strong> ein „Junktim“ eingebunden:<br />

Die Förderung des freien Trägers nach § 74 SGB VIII und die Erteilung der Betriebserlaubnis<br />

( § 45 SGB VIII) setzen die Beachtung der Standards voraus.<br />

Vereinbarungen zur Entwicklung dieser Standards sind nicht vorgeschrieben; daher fraglich,<br />

ob mit Autonomie des freien Trägers (§ 4 Abs.1 SGB VIII) vereinbar - wenn nicht ohnehin<br />

Vereinbarung über Qualitätsentwicklung nach § 78b Abs. 1 SGB VIII getroffen wird.<br />

Auch eine Selbstverpflichtungserklärung ist ausreichend.<br />

Die Qualität der Erfüllung aller Aufgaben nach § 2 SGB VIII setzt eine Antwort auf 3 Fragen<br />

voraus:<br />

(1) Welche Qualitäts-Grundsätze gelten für die Aufgabenerfüllung?<br />

(2) Welche Qualitäts-Maßstäbe sind dabei anzulegen?<br />

(3) Welche Maßnahmen „bürgen“ für Qualität?<br />

Gefordert werden Antworten hinsichtlich Ergebnis-, Prozess- und Strukturqualität.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


Schema zur Qualitätsentwicklung (§ 79a SGB VIII)<br />

für Qualität von:<br />

1) Leistungen (§ 2 Abs. 2)<br />

a) Gewährung<br />

b) Erbringung<br />

2) anderen Aufgaben<br />

(§ 2 Abs. 3)<br />

3) Schutzauftragsverfahren<br />

(§ 8a)<br />

4) „Netzwerken“<br />

(§ 81)<br />

5) „Ombudschaft“<br />

(§ 45 Abs. 2 Nr. 3)<br />

nach fachlichen Empfehlungen des LJA.<br />

21<br />

Grundsätze Maßstäbe Maßnahme<br />

Die Qualitätsentwicklung nach § 79a SGB VIII ist eine „Fortsetzung“ der<br />

Gewährleistungspflicht aus § 79 Abs. 2 SGB VIII.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


Gewährleistungspflicht des öffentlichen Trägers (§ 79 Abs. 2 SGB VIII)<br />

Aufgabenerfüllung<br />

Leistungen<br />

nach §§ 11-41<br />

SGB VIII<br />

andere Aufgaben<br />

nach<br />

§§ 42-60<br />

SGB VIII<br />

©Kunkel 2012<br />

Verpflichtungsgrad<br />

Muss<br />

Soll<br />

Kann<br />

22<br />

Rechtsanspruch<br />

nur wenn subjektivesöffentliches<br />

Recht in<br />

Verpflichtungsnorm(unabhängig<br />

vom Verpflichtungsgrad) <br />

Gesamtverantwortung<br />

für Bestand an<br />

Einrichtungen,<br />

Diensten, Veranstaltungen<br />

zur<br />

Erfüllung aller<br />

Aufgaben<br />

(§ 79 Abs. 1<br />

SGB VIII)<br />

Gewährleistungspflicht<br />

- für bestimmte<br />

Qualität( § 79a<br />

SGB VIII) der<br />

Einrichtungen,<br />

Dienste, Veranstaltungen<br />

geeignet<br />

erforderlich<br />

rechtzeitig<br />

ausreichend<br />

plural<br />

- i. d. R. nach Maßgabe<br />

des Jugendhilfeplans<br />

- mit Bindung für<br />

den Haushaltsplan<br />

- für alle Aufgaben<br />

(unabhängig von<br />

einem Rechtsanspruch)<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


17. Sonderzuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII bleibt erhalten<br />

23<br />

Entgegen dem Vorschlag des DIJuF wird die Sonderzuständigkeit zunächst beibehalten und<br />

evaluiert. In § 89a Abs.2 SGB VIII ist deshalb die Streichung zu streichen.<br />

18. Kontrolle des „Jugendamts-Hopping“ (§ 86c Abs. 2 SGB VIII)<br />

Unterrichtungspflicht (gegenseitig) über Umzug wie bisher (Satz 1).<br />

Übermittlungspflicht von Sozialdaten (Satz 2); Befugnis schon bisher (§ 69 Abs.1 Nr.1 SGB<br />

X). Übermittlungspflicht nach § 8a Abs.5 S.1 SGB VIII daneben überflüssige Doppelregelung<br />

Ob für anvertraute Daten zusätzlich Weitergabebefugnis nach § 65 SGB VIII erforderlich ist,<br />

ist unklar. Soweit es § 8a-Daten sind, wäre ohnehin § 65 Abs.1 Nr.3 SGB VIII einschlägig.<br />

Für andere Daten folgt aus dem Zweck des § 86c Abs.2 SGB VIII, die Kontinuität des<br />

Hilfeprozesses zu sichern, <strong>das</strong>s auch auch der gleiche Informationsstand hergestellt werden<br />

muss.<br />

Übergabe der Fallakte im Gespräch (Satz 3), d.h. mündlich oder fernmündlich.<br />

Übergabegespräch in § 8a Abs.5 S.2 SGB VIII ebenfalls überflüssigerweise doppelt geregelt .<br />

Übergabegespräch der beiden jeweils fallzuständigen Fachkräfte ist gleichsam die Brücke<br />

zwischen den beiden JÄ, damit nicht diesseits des Flusses der Fall abgebrochen und jenseits<br />

neu aufgerollt wird.<br />

Mit (angemessener) Beteiligung (Satz 4) der Leistungsadressaten, dafür genügt Anhörung.<br />

Diese entfällt, wenn Zuständigkeit nach § 86a Abs.4 oder § 86b Abs.3 SGB VIII nicht<br />

wechselt.<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc


24<br />

III. (Neue) Pflichten des Jugendamts<br />

1. Organisation des Netzwerks ( § 3 Abs.3 KKG).<br />

2. Einsatz der Familienhebammen ( § 3 Abs.4 KKG).<br />

3. Anpassung der Vereinbarungen mit Trägern nach § 8a Abs.4 SGB VIII.<br />

4. Pflichten zu Haus- und Familienbesuchen (§ 8a Abs. 1 S. 2 SGB VIII und § 2<br />

Abs.2 S.2 KKG).<br />

5. Pflicht zu „Kontaktberatung“ (§ 8b Abs. 1 SGB VIII).<br />

6. Pflicht zu erweiterter Familienberatung (Erziehungskompetenz; schon während der<br />

Schwangerschaft) nach § 16 Abs. 3 SGB VIII.<br />

7. Pflicht zu Beratung und Unterstützung der Pflegeperson auch außerhalb des<br />

zuständigen JA (§ 37 Abs. 2 S.2 SGB VIII) .<br />

Leistungsinhalte in Hilfeplan fixieren (§ 37 Abs. 2a SGB VIII).<br />

8. Pflicht zum Abschluss von Sicherstellungsvereinbarungen mit freien Trägern über<br />

Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses (§ 72a Abs. 2 und 4 SGB VIII i.V.m.<br />

§§ 30 Abs. 5 und 30a Abs. 1 BZRG).<br />

9. Pflicht zu Entwicklung, Anwendung und Evaluation von Grundsätzen, Maßstäben und<br />

Maßnahmen für die Qualität der Aufgabenerfüllung (§ 79a i.V.m. § 2 SGB VIII).<br />

10. Übergabegespräch bei Zuständigkeitswechsel (§ 86c Abs. 2 und § 8a Abs. 5 SGB<br />

VIII).<br />

11. Pflicht zu erweiterter Statistikmeldung (§§ 98, 99 SGB VIII).<br />

Literaturhinweis<br />

Der LPK-SGB VIII, 4.Aufl.2011 kommentiert bereits die <strong>Änderungen</strong> des SGB VIII.<br />

Meysen/Eschelbach, Das neue <strong>Bundeskinderschutzgesetz</strong>, 2012 ( 27,50 €).<br />

<strong>Änderungen</strong> BKiSchG 1 3 12.doc

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