Von fs-Autorin Helga Vogel Urlaub auf dem Reiterhof oder ein ...
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<strong>Von</strong> <strong>fs</strong>-<strong>Autorin</strong> <strong>Helga</strong> <strong>Vogel</strong><br />
<strong>Urlaub</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Reiterhof</strong> <strong>oder</strong> <strong>ein</strong> intensiver<br />
Lehrgang -was macht es für Behinderte zum<br />
<strong>ein</strong>zigartigen Erlebnis?<br />
Der Schwerpunkt des Behindertenreitens<br />
sollte <strong>ein</strong>erseits in <strong>ein</strong>er<br />
gründlichen Ausbildung liegen<br />
(siehe <strong>fs</strong> 4 und 5/01) andererseits<br />
in der Integration. Beides<br />
lässt sich am besten in Reitlehrgängen<br />
und -ferien verwirklichen.<br />
Behinderte und nichtbehinderte<br />
Reiter mit der gleichen<br />
Liebe zum Pferd und der<br />
gleichen Begeisterung fürs Reiten<br />
sind für diesen Zeitraum täg-<br />
lich zusammen. Dies ist beson-<br />
ders wichtig für alle, die im Alltag<br />
freizeit im sattel 6/2001<br />
nur zur Reitstunde gebracht und<br />
lediglich vom Schulpersonal betreut<br />
werden. Im Gegensatz zur<br />
wöchentlichen Reitstunde bringt<br />
<strong>ein</strong> Intensivtraining im Lehrgang<br />
größere Fortschritte.<br />
Fortschritte durch<br />
mehr Training<br />
Die Kombination von praktischem<br />
Reiten und theoreti-<br />
schem Unterricht ermöglicht es<br />
<strong>dem</strong> Reitlehrer, s<strong>ein</strong>e Schüler gezielt<br />
zu fördern, ihre reiterlichen<br />
Grundlagen zu verbessern, bei<br />
den behinderten Reitern beispielsweise<br />
das Reiten mit Spezialzügeln,<br />
Spezialsätteln und<br />
Steigbügelkörbchen auszuprobieren,<br />
um so bessere Möglichkeiten<br />
der Einwirkung <strong>auf</strong> das<br />
Pferd zu schaffen. Auch durch<br />
gezielten Pferdewechsel lässt<br />
sich <strong>ein</strong>e Steigerung der Leistung<br />
herbeiführen. Wer bisher<br />
nur den ,,guten alten Max” bekam<br />
und nun <strong>ein</strong> schwungvoller<br />
gehendes Pferd reiten kann,<br />
wird ganz andere Erfahrungen<br />
machen.<br />
Lehrgänge im<br />
eigenen Stall<br />
Optimal ist es, Reitlehrgänge im<br />
eigenen Stall durchzuführen,<br />
weil man hier die Pferde in ihrer<br />
Eignung am besten kennt. Zu<strong>dem</strong><br />
spart es Kosten, wenn die<br />
Reiter von zu Hause aus zum<br />
Lehrgang kommen können. Auf<br />
<strong>dem</strong> täglichen Stundenplan<br />
steht nicht nur das praktische<br />
Reiten, sondern auch Theorie,<br />
die alle Bereiche rund ums Pferd<br />
und Reiten umfasst. Dabei sind<br />
zwei der wichtigsten Themen<br />
Psychologie und Verhaltensweise<br />
der Pferde - profunde Kennt
Bereit für den gem<strong>ein</strong>samen<br />
Ausritt <strong>auf</strong> nervenstarken und<br />
trittsicheren Apaloosas - zwei<br />
behinderte und zwei nichtbehinderte<br />
Reiterinnen. <strong>Von</strong> links:<br />
Jochen Held (nach <strong>ein</strong>er Virusinfektion<br />
hat er <strong>ein</strong>e starke<br />
Spastik zurückbehalten, Peter<br />
<strong>Vogel</strong> (der Ehemann der <strong>Autorin</strong>,<br />
der den Ritt führte), Monika<br />
Barfigo (Spastik und Hörbehinderung),und<br />
Tina, die das<br />
Westernreiten <strong>ein</strong>mal kennen<br />
lernen wollte.<br />
nis darüber kann der Unfallverminderung<br />
dienen!<br />
In solchen Lehrgängen wächst<br />
das Selbstvertrauen und das<br />
Mit<strong>ein</strong>ander von behinderten<br />
und nichtbehinderten Pferdefreunden.<br />
Da werden Vorurteile<br />
<strong>auf</strong> beiden Seiten abgebaut, da<br />
gibt es gem<strong>ein</strong>same Freude, Erfolge,<br />
aber auch Probleme, da<br />
lernen alle von<strong>ein</strong>ander.<br />
Mehr Wissen,<br />
weniger Vorurteile<br />
Den Abschluss solcher Lehrgänge<br />
sollte <strong>ein</strong>e theoretische und<br />
<strong>ein</strong>e praktische Prüfung bilden.<br />
Dabei wird der Blinde jemanden<br />
zur Seite haben, der s<strong>ein</strong>e Antworten<br />
<strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Fragebogen<br />
niederschreibt, auch der an den<br />
Händen behinderte Reiter bekommt<br />
<strong>ein</strong>e Schreibhilfe. Natürlich<br />
gibt es Schleifen und kl<strong>ein</strong>e<br />
Andenken und <strong>ein</strong> tolles Abschlussfest<br />
bei <strong>dem</strong> es dann<br />
heißt: ,,Wie schade, dass es<br />
vorüber ist, wir hätten so gerne<br />
noch weitergelernt!“<br />
Vormittags lernen,<br />
nachmittags frei<br />
Ein Beispiel: Im Reittherapie-<br />
Zentrum Weißer Bogen in Köln<br />
haben wir in den Schulferien solche<br />
Reitlehrgänge durchgeführt<br />
und zwar vormittags. So konnten<br />
die Kinder und Jugendlichen<br />
zum Mittagessen zu Hause s<strong>ein</strong><br />
und nachmittags noch etwas anderes<br />
unternehmen. Um 8.15<br />
Uhr trafen sich alle am Stall, putzten,<br />
sattelten und trensten in aller<br />
Ruhe, und dann wurde in zwei<br />
Abteilungen geritten. Nach <strong>ein</strong>er<br />
halben Stunde Frühstückspause<br />
gab es theoretischen Unterricht.<br />
Um 12.30 Uhr waren wir fertig.<br />
Da in den Ferien viele Reiter verreist<br />
waren, fiel der Nachmittagsunterricht<br />
<strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Hof aus,<br />
so dass auch die Pferde Pause<br />
hatten. Bei diesem Modell wurden<br />
also die Kosten für Über-<br />
nachtung und Vollpension <strong>auf</strong><br />
<strong>ein</strong>em <strong>Reiterhof</strong> gespart.<br />
<strong>Reiterhof</strong> -<br />
vorher prüfen!<br />
Will man Reiterferien <strong>auf</strong> <strong>ein</strong>em<br />
Hof <strong>oder</strong> <strong>ein</strong>em Gestüt organisieren,<br />
bedarf dies genauer Über-<br />
legung: Denn man sollte Reiterferien<br />
nur dort verbringen, wo<br />
man die Pferde und vor allem die<br />
Wo gibt es<br />
Reiterhöfe<br />
für Behinderte?<br />
Es gibt <strong>ein</strong>ige Reiterhöfe<br />
die ihre Pferde und die<br />
Anlage zur Verfügung<br />
stellen füt Gruppen behinderter<br />
Kinder, die von<br />
Sonderschulen kommen.<br />
Diese Hofbesitzer verstehen<br />
häufig nichts vom<br />
Therapeutischen Reiten,<br />
sie vetrauen ihre Pferde<br />
aber den Pädagogen der<br />
Sonderschule an und<br />
werden wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />
den Unterricht erteilen,<br />
vielleicht kl<strong>ein</strong>e Ausritte<br />
organisieren. Hier ist gute<br />
Zusammenarbeit gefragt,<br />
damit k<strong>ein</strong>es der Kinder<br />
unter- <strong>oder</strong> überfordert<br />
wird.<br />
Reiterhöfe, wo auch<br />
Behinderte reiten und<br />
lernen können, findet man<br />
im Buch " <strong>Urlaub</strong> im<br />
Sattel", herausgegeben<br />
und zu beziehen über die FN<br />
Deutsche Reiterliche<br />
Ver<strong>ein</strong>igung in Warendorf<br />
<strong>oder</strong> über den Buchhandel<br />
für DM 16,80.<br />
Es gibt mittlerweile<br />
zahlreiche Branchenbücher<br />
rund um den Reitsport,<br />
überregional <strong>oder</strong> regional<br />
strukturiert, die dort<br />
<strong>auf</strong>geführten Reiterhöfe<br />
weisen ebenfalls die<br />
Möglichkeiten des Reitens<br />
für Behinderte aus,<br />
freizeit im sattel 6/2001
Einstellung der Menschen zu Be- den Ausritten braucht nicht un- sch<strong>ein</strong> fürs Geländereiten angehinderten<br />
genau kennt. Deshalb<br />
sollte man sich die Mühe mabedingt<br />
flott galoppiert werden.<br />
Eine Herausforderung ist <strong>ein</strong>e<br />
boten von FN und VFD) s<strong>ein</strong> - dabei<br />
muss auch der behinderte Rei- Fahrsportler Bern<br />
chen, selbst <strong>ein</strong>ige Zeit dort zu Strecke bergan und bergab, über ter s<strong>ein</strong> Pferd im Gelände in allen<br />
verbringen und alles genau zu<br />
prüfen, bevor man s<strong>ein</strong>e Gruppe<br />
schöne Wiesen- und Waldwege<br />
mit anschließen<strong>dem</strong> Füße-<br />
Gangarten sicher in der Hand haben,<br />
muss all<strong>ein</strong> von der Gruppe<br />
anmeldet. Wie in den Reitlehr- Kühlen im Bach. Beim Erfah- wegreiten und zu<strong>dem</strong> <strong>ein</strong> um-<br />
gängen liegt auch hier der rungsaustausch abends am La-<br />
Schwerpunkt <strong>auf</strong> <strong>ein</strong>em intensi- gerfeuer sieht man dann glückliven<br />
Training jeden Tag, <strong>dem</strong> Ver- che, strahlende Gesichter: Da ist<br />
tiefen des Wissens um das Pferd der Zurückhaltende plötzlich luund<br />
<strong>dem</strong> selbstverständlichen stig geworden, der Träumer ist<br />
Mit<strong>ein</strong>ander von behinderten <strong>auf</strong>gewacht und wird sich am<br />
und nichtbehinderten Men- nächsten Tag von Anfang an<br />
schen. Alle Teilnehmer sollten <strong>ein</strong> konzentrieren, der Aggressive ist<br />
Pflegepferd bekommen, für das ausgeglichen und kameradsieverantwortlich<br />
sind. Dabei hat schaftlich mit anderen, der Faule<br />
der Blinde <strong>ein</strong>en sehenden Part- setzt am nächsten Morgen s<strong>ein</strong>er,<br />
der Geh- <strong>oder</strong> Armbehinder- nen ganzen Ehrgeiz <strong>ein</strong>, das bestte<br />
auch <strong>ein</strong>en Helfer. geputzte Pferd zu haben.<br />
Die schönsten Reiterferien kann<br />
man erfahrungsgemäß <strong>auf</strong> ernem<br />
Gestüt verbringen. Neben Zum guten Schluss:<br />
<strong>dem</strong> Reiten kann man Stuten Spiele und Publikum<br />
und Fohlen <strong>auf</strong> großen Weiden<br />
fangreiches theoretisches Wissen<br />
rund ums Pferd vorweisen.<br />
Besondere<br />
Verantwortung des<br />
Leitenden<br />
Wenn man solche Ferien/Lehrgänge<br />
für Behinderte organisiert,<br />
muss man sich über folgendes im<br />
Klaren s<strong>ein</strong>: Man kann als Leiter<br />
die Augen nicht überall haben.<br />
Deshalb braucht man bei vielen<br />
Teilnehmern noch mindestens ernen<br />
guten Assistenten. Die behinderten<br />
Reiter müssen sich an<br />
Spielregeln halten, die der eige-<br />
Zehn Monate lang mit Pferd und<br />
Kutsche durch Amerika - so war es<br />
geplant. Doch nach knapp vier<br />
Monaten ist der querschnittgelähmte<br />
Fahrsportler Bernhard Kähny<br />
(vorerst) wieder daheim, s<strong>ein</strong>e beiden<br />
ebenfalls behinderen Partner fahren<br />
all<strong>ein</strong>e weiter. Was ist passiert?<br />
"Unsere Zielsetzungen für diese Tour<br />
gingen aus<strong>ein</strong>ander”, sagte Bernhard<br />
Kähny zu freizeit im Sattel.<br />
S<strong>ein</strong>e Ziele waren und sind: Anderen<br />
querschnittgelähmten Menschen<br />
durch s<strong>ein</strong> Beispiel Mut zum Leben<br />
machen, und den Fahrsport für<br />
Behinderte zu fördern, wenn möglich<br />
bis zur Zulassung zu den Parolympics.<br />
beobachten, das Spiel der Jung- Abschluss solcher Reiterferien<br />
pferde, das Verhalten rn in der Her- sollten Spiele s<strong>ein</strong>, um die erlernde<br />
- dabei ist es völlig gleichgül- te Geschicklichkeit und Sichernen<br />
Sicherheit dienen: Niemand<br />
darf beispilesweise die Anlage<br />
verlassen, ohne sich abzumelden.<br />
Wettbewerb, Turniersport mit Pferden<br />
- was nichtbehinderte Freizeittig,<br />
ob der <strong>ein</strong>e im Rollstuhl sitzt heit <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Pferd zu beweisen. Niemand darf in die Heu- und<br />
und der andere <strong>auf</strong> kräftigen B<strong>ein</strong>en<br />
danebensteht,<br />
Auch in solchen Reiterferien wird<br />
Zuschauer sind dann auch die Eltern<br />
und Freunde, die ihre Reiter<br />
abholen. Ihr Anfeuern, ihr Ap-<br />
Strohlager über den Ställen klettern.<br />
Wenn jemand krank wird<br />
<strong>oder</strong> sich nicht gut fühlt, soll er es<br />
Auf zum Westernrei<br />
die reiterliche Grundlage verbessert.<br />
Der Schwerpunkt liegt hier<br />
aber für die Fortgeschrittenen<br />
meist <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Geländereiten, <strong>auf</strong><br />
plaus sind fast noch mehr wert<br />
als die Ehrenpreise.<br />
Ziel für Fortgeschrittene kann<br />
auch der Reiterpass (der "Führersagen.<br />
Er soll den Verantwortlichen<br />
informieren, wenn er irgendwelche<br />
Probleme hat <strong>oder</strong><br />
etwas kaputtgegangen ist. m<br />
Unsere schönsten Reiterferien<br />
fanden <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Appaloosa-Gestüt<br />
Hausgrund im Bergischen Land statt,<br />
wohin ich vier Jahre lang von Köln<br />
aus mit Gruppen von 15 bis 18<br />
Intensiv und lehrreich-Erlebnisferien<br />
Teilnehmern gefahren bin, natürlich<br />
wieder mit behinderten und nichtbehinderten<br />
Reitern. Der damalige<br />
Bereits 1971, nach<strong>dem</strong> ich<br />
zwei Jahre lang Erfahrung<br />
im Behindertenreiten gesammelt<br />
hatte, führte ich die<br />
ersten Reiterferien durch. Ich<br />
wollte wissen, welche Auswirkungen<br />
es hat, wenn<br />
behinderte Menschen nicht<br />
nur <strong>ein</strong>mal in der Woche<br />
au<strong>fs</strong> Pferd kommen, sondern<br />
jeden Tag, und zu<strong>dem</strong><br />
intensiven Kontakt <strong>auf</strong>bauen<br />
können. Ich plante diese<br />
ersten Reiterferien sehr<br />
sorgfältig: Die behandelnde<br />
Ärztin und ich fuhren <strong>ein</strong>ige<br />
Zeit vorher zum <strong>Reiterhof</strong><br />
Neumühle im Taunus, um<br />
Menschen und Pferde, die<br />
räumlichen und sanitären<br />
Verhältnisse kennen zu<br />
lernen. Wir hatten <strong>ein</strong>en<br />
guten Eindruck, doch das<br />
genügte mir nicht. So wiederholte<br />
ich mit m<strong>ein</strong>er<br />
Familie den Besuch. Diesmal<br />
ritten wir die Pferde <strong>auf</strong> <strong>dem</strong><br />
Außenplatz und im Gelände<br />
und führten intensive Gespräche<br />
mit den Besitzern.<br />
Unser Eindruck war denkbar<br />
positiv, und so konnte ich es<br />
wagen, die Gruppe anzumelden.<br />
Ein Schulbus brachte<br />
die Kinder und Jugendlichen<br />
im Alter von neun bis<br />
17 Jahren dorthin. Es waren<br />
Spastiker und Contergangeschädigte,<br />
halbseitig<br />
gelähmte Reiter, <strong>ein</strong> Mehrfachbehinderter,<br />
<strong>ein</strong>e Studentin<br />
mit sehr starker<br />
Spastik beider B<strong>ein</strong>e, die nur<br />
mit Unterarmstockstützen<br />
gehen und nicht mehr<br />
all<strong>ein</strong>e stehen konnte. Alle<br />
Teilnehmer voltigierten <strong>oder</strong><br />
ritten zweimal am Tag. Die<br />
drei Jugendlichen, die seit<br />
zwei Jahren von mir unterrichtet<br />
wurden, konnten hier<br />
ihren ersten Ausritt genießen<br />
und waren mächtig<br />
stolz. Diese Ferien waren für<br />
alle <strong>ein</strong> Erlebnis, auch durch<br />
die fabelhafte Einstellung<br />
der Gastgeber-Familie. Sie<br />
betreuten mit großem Verständnis<br />
unsere Gruppe: mit<br />
fröhlichen Worten den<br />
ganzen Tag über, mit gutem<br />
Essen, gem<strong>ein</strong>samem<br />
Grünfutterholen <strong>auf</strong> <strong>dem</strong><br />
Traktor und Picknick am<br />
alten St<strong>ein</strong>bruch. Der Erfolg<br />
war in jeder Hinsicht großartig!<br />
H.V.<br />
Besitzer Peter Hückeswagen war<br />
selbst durch zwei Unfälle an <strong>ein</strong>er<br />
Hand und <strong>ein</strong>em Fuß behindert. Er<br />
sorgte für die schönsten Ferien, die<br />
Kinder mit Pferden verbringen<br />
können. Wir konnten die großzügige<br />
Reitanlage mit Außenplatz und<br />
Halle nutzen. Die Stuten mit ihren<br />
Fohlen weideten <strong>auf</strong> großen Wiesen<br />
mit Bachl<strong>auf</strong>, von Wald umgeben.<br />
Oft besuchten wir sie nach <strong>dem</strong><br />
Abendessen, saßen am Waldrand<br />
und beobachteten das Herdenverhalten.<br />
In <strong>ein</strong>em Jahr gab es 30<br />
Stuten mit Fohlen bei Fuß. Wer<br />
Appaloosas kennt, weiss, dass sie<br />
unterschiedliche Fellzeichnungen<br />
haben. Wir lernten ihre besonderen<br />
Merkmale kennen, erfuhren etwas<br />
über die Rasse, über die Zuchtschauen,<br />
Prüfungen, Show-Reiten und speziel-<br />
Ie Westernausrüstung. Das Reiten<br />
<strong>auf</strong> diesen nervenstarken und<br />
trittsicheren Pferden machte große<br />
1<br />
freizeit im sattel 6/2001
d Kähny<br />
reiter oft ablehnen, ist für<br />
Menschen mit Handicaps <strong>ein</strong>e<br />
wichtige Bereicherung. Wir<br />
Behinderte lernen bei solchen<br />
Turnieren unglaublich viel für<br />
unser Leben, für unsere Selbständigkeit,<br />
für unser Selbstwertgefühl"<br />
sagt Bernhard<br />
Kähny.<br />
Noch in den USA ist er gem<strong>ein</strong>sam<br />
mit Repräsentanten verschiedenster<br />
Behinderten-Organisationen quer durch die<br />
Staaten gereist, hat viele Kontakte ge-<br />
knüpft, mit Trainern gesprochen, Turniere<br />
besucht, ist selbst geritten und gefahren.<br />
S<strong>ein</strong> nächster Plan: Die Teilnahme an den<br />
ersten Deutschen Fahr-Meisterschaften für<br />
Menschen mit Behinderung. Dieser Wettbewerb<br />
findet vom 6. bis 9. September im<br />
Rahmen der Deutschen Zweispänner-<br />
eiten !<br />
Freude. Der Westernsattel gab mit s<strong>ein</strong>em<br />
tiefen Sitz Halt, die <strong>ein</strong>händige Zügelführung<br />
war besonders für Spastiker<br />
geeignet, die <strong>ein</strong>e Hand zur Sicherheit an<br />
das Horn nehmem konnten. Sie brauchten<br />
ihre Pferde nicht besonders zu treiben, und<br />
leichte Gewichtshilfen führten sofort zu<br />
<strong>ein</strong>er Richtungsänderung. Wir übten polebending<br />
und barrel-race.<br />
Am Ende der Ferien gab es <strong>ein</strong>en richtigen<br />
Wettkampf um Punkte. Am schönsten aber<br />
waren die Ausritte in der bergigen Natur.<br />
Den Unterricht gab in den ersten Jahren<br />
mit mir zusammen Mike Junge; er war<br />
<strong>ein</strong>er der ersten in Deutschland, der <strong>ein</strong><br />
Buch schrieb über "Westernpferde &<br />
Westerntraining”, in <strong>dem</strong> er <strong>ein</strong> Kapitel<br />
diesen Ferien mit den behinderten Reitern<br />
widmete. Er erwähnt darin unter anderem<br />
das Problem von Eltern, die ihren Kindern<br />
k<strong>ein</strong>en Mut machen, weil sie nur die<br />
Gefahr sehen, aber nicht die psychologisch<br />
wertvollen Erlebnisse des Kindes. S<strong>ein</strong><br />
Schlussatz lautet: "Wenn der Behinderte<br />
den Mut hat, hindert ihn nicht und lasst ihn<br />
nach Beurteilung s<strong>ein</strong>er Fähigkeiten reiten.<br />
Er bringt mehr zustande als <strong>ein</strong> gesunder<br />
Mensch, der zitternd vor Angst <strong>auf</strong> s<strong>ein</strong>em<br />
Pferd sitzt".<br />
Später übernahm der erst 16-jährige Frank<br />
Fischer den Unterricht mit mir zusammen.<br />
Auch er war begeistert vom Engagement<br />
.<br />
Meisterschaft in Münster statt. Und dann?<br />
Dann geht es wieder in die USA, zu gem<strong>ein</strong>samen<br />
Auftritten mit den amerikanischen<br />
Freunden, die immer wieder das Ziel haben:<br />
Werbung für den Behinderten-Fahrsport.<br />
Dass Bernhard Kähny diesen Weg weiter<br />
gehen kann, haben auch die <strong>fs</strong>-LeserInnen<br />
unterstützt - mit ihren Spenden für Linda<br />
Tellington-Jones Persönlichkeitsanalysen <strong>auf</strong><br />
der Equitana (<strong>fs</strong> 4/2001 Seite 13).<br />
der behinderten Reiter, und diese bewunderten<br />
ihn: Er konnte <strong>ein</strong> dreijähriges Pferd<br />
ohne Sattel und nur mit <strong>ein</strong>em Halsstrick<br />
versehen in allen Gangarten und Wendungen<br />
reiten - in völliger Harmonie. Als wir<br />
diese Reiterferien machten, waren weder<br />
Westernreiten noch Appaloosas in Deutschland<br />
sehr bekannt. Wir lernten also <strong>ein</strong>e<br />
neue Pferderasse und <strong>ein</strong>e andere Reitweise<br />
kennen. So wurden wir alle zu Appaloosa-<br />
Fans; manchmal fuhren wir sonntags<br />
hinaus. Wir wurden <strong>ein</strong>geladen zu Wanderungen,<br />
bei denen immer -auch im Schnee<br />
- zwei bis drei Pferde für die Gehbehinderten<br />
mitgeführt wurden. Wir waren<br />
natürlich auch beim Turnier dabei und<br />
begeistert von der Stimmung, den herausgeputzten<br />
Pferden und Reitern. Was mich<br />
am meisten be<strong>ein</strong>druckte, war die Ruhe der<br />
Pferde und ihrer Reiter vor <strong>ein</strong>em Start. Dies<br />
war gutes Westernreiten ohne Show.<br />
Auf diesem Gestüt waren auch andere<br />
Ferienkinder. Eines Abends kam ich von<br />
den Ställen zurück und sah die Kinder in<br />
der Runde <strong>auf</strong> der Wiese sitzen, in der<br />
Mitte der blinde Reiter aus m<strong>ein</strong>er Gruppe.<br />
Er las ihnen aus s<strong>ein</strong>er Reitlehre in Blindenschrift<br />
vor und gab so theoretischen Unterricht.<br />
Das alles geschah mit Selbstverständlichkeit<br />
und nicht <strong>auf</strong> Anordnung - <strong>ein</strong><br />
wunderbares Beispiel für Integration! H.V.<br />
freizeit im sattel 6/2001 11