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Ausgabe RIND<br />

<strong>04</strong> 2012<br />

<strong>Rind</strong>ergrippe<br />

– Damit ist nicht zu spaßen!<br />

0<br />

Tuberkulose und<br />

Paratuberkulose<br />

– Trotz ähnlicher Namen zwei<br />

unterschiedliche Krankheiten<br />

0<br />

Kurz notiert<br />

Behandlung boviner<br />

Atemwegserkrankungen<br />

beim <strong>Rind</strong><br />

0<br />

Was ist besser für die Milchkuh:<br />

Raps oder Soja?<br />

0<br />

<strong>Rind</strong>ergrippe vorbeugen<br />

mit Impfungen<br />

Erscheint quartalsweise<br />

ISSN 1867-4003


2 | 3<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Mit Beginn der feuchtkalten und windigen Jahreszeit der Herbstmonate ist es wieder so weit, dass die<br />

<strong>Rind</strong>ergrippe Einzug hält. Am ehesten betroffen davon sind Kälber und Jungrinder im Alter von vier<br />

Wochen bis vier Monate, da deren Atmungsapparat bei geringerer funktioneller Widerstandskraft noch<br />

nicht voll entwickelt ist. Erst im Alter von 12 Monaten hat sich die Lunge ausgebildet. Dr. Siegfried<br />

Kalchreuter erklärt, wie die <strong>Rind</strong>ergrippe entsteht und wie die Behandlung und Vorbeugung am besten<br />

gelingt.<br />

Die <strong>Rind</strong>ergrippe ist eine hochansteckende Infektion, die besonders junge Tiere befällt und zu den infektiösen Faktorenkrankheiten zählt. (Foto: Engels)


Generell ist das <strong>Rind</strong> aufgrund anatomischer und physiologischer<br />

Struktur vergleichsweise anfälliger gegen Atemwegserkrankungen,<br />

da die Lunge eine starke Gliederung in einzelne Abschnitte<br />

ohne Querverbindungen untereinander aufweist. So bedeutet<br />

eine Entzündung eines Lungenabschnittes mit Luftwegblockade<br />

sogleich den Ausfall des betreffenden Lungenteils mit<br />

nicht unerheblichen Leistungseinbußen.<br />

Viren bereiten Bakterien den Weg<br />

Noch immer gehen die wirtschaftlichen Verluste durch Früh-<br />

und Spätschäden einer <strong>Rind</strong>ergrippe in die Millionenbeträge. Je<br />

nach Schweregrad reichen die Erkrankungen von der subklinischen<br />

Form bis zur irreversiblen Schädigung der Lunge mit Verenden<br />

des Tieres. Oftmals wird das Problem der <strong>Rind</strong>ergrippe-Infektion<br />

nicht rechtzeitig erkannt und entsprechend behandelt.<br />

Es ist meist immer derselbe Krankheitsverlauf: Zunächst erfolgt<br />

der Befall des Tieres mit Viren unter Stressbedingungen wie<br />

schlechtes Stallklima oder Überbelegung, die den Organismus<br />

schwächen. Die Ersterkrankung mit leichtem Temperaturanstieg<br />

und wässrigem Tränenfluss wird zum Wegbereiter für die bakterielle<br />

Sekundärinfektion, wenn nicht rechtzeitig eingegriffen<br />

wird.


4 | 5<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Neben Antibiotika werden im akuten Erkrankungsfall häufig NSAIDs zur Schmerzstillung und Entzündungshemmung eingesetzt.<br />

Es kommt sonst zur massiven Schädigung<br />

im Lungenbereich mit beeinträchtigter Sauerstoffversorgung<br />

des gesamten Organismus,<br />

was sich negativ auf die Entwicklung des Tieres<br />

wie verminderte Zunahmen und verlängerte<br />

Aufzucht bzw. Mast mit geschwächter<br />

Immunität und eingeschränkter Milchleistung<br />

als Spätschaden auswirkt.<br />

Tiere gut beobachten<br />

Landwirte sollten daher ihre Tiere besonders<br />

oft in dieser unwirtlichen Jahreszeit beobachten.<br />

Sobald ein Tier sich von der Gruppe<br />

absondert, beim Tränken schwächelt und angestrengt<br />

atmet, muss sofort die Körpertemperatur<br />

gemessen werden. Wenn ein Kalb in<br />

Ruhe steht oder liegt und vermehrt Luft holt<br />

mit mehr als 36 Atemzügen pro Minute, sollte<br />

der Tierarzt informiert werden. Denn dann<br />

besteht höchstwahrscheinlich eine infektiöse<br />

Lungenentzündung. Maßnahmen gegen die<br />

Keime und gegen die Entzündung sind dann<br />

umgehend zu erfolgen.<br />

Moderne diagnostische Hilfsmittel helfen<br />

bei der Abklärung der Problematik und beim<br />

Auffinden des Erregers. Neben Nasentupferproben<br />

aus dem Nase-Rachen-Raum zum<br />

Virusnachweis (z.B. BRSV, BHV1, PI-3) wird<br />

zunehmend die Lungenspülung zur Untersuchung<br />

des Tracheobronchialsekretes mit<br />

Bestimmung der beteiligten bakteriellen Erreger<br />

(z.B. Mannheimia haemolytica, Pasteurella<br />

multocida, Haemophylus somnus,<br />

Mycolpasma bovis, Chlamydien) mit Resistenztest<br />

als sichere Methode angewandt. Sie<br />

gewährleistet den Nachweis von den Infektionserregern<br />

mit hoher Treffsicherheit, die<br />

tatsächlich für das Krankheitsgeschehen verantwortlich<br />

sind.<br />

Dann können die Problemkeime im<br />

Betrieb identifiziert werden und gezielt<br />

Präventivmaßnahmen (z.B. Impfprogramm<br />

gegen Grippeviren) und Therapiemaßnahmen<br />

mit dem Tierarzt abgestimmt werden.<br />

Tierarzt entscheidet über<br />

richtige Therapie<br />

Die Entscheidung für den richtigen<br />

Arzneimitteleinsatz muss der Tierarzt treffen.<br />

Eitriger Nasenausfluss ist nur eines von vielen Symptomen, wenn ein Tier an <strong>Rind</strong>ergrippe<br />

erkrankt.<br />

Foto: Engels<br />

Foto: Intervet


1210 06050<strong>04</strong><br />

Bei Fieber (Körpertemperatur liegt über<br />

39.5°C) ist einerseits der Einsatz von Antibiotika<br />

zur Abtötung ursächlicher Erreger<br />

nötig und andererseits müssen der Bronchialkrampf<br />

gelöst und die Entzündung gehemmt<br />

sowie der Schleim verflüssigt werden. Es gibt<br />

mittlerweile auch Kombinationspräparate,<br />

die Antibiotika und einen Wirkstoff zur Lösung<br />

des Bronchialkrampfes mit Entzündungshemmung<br />

beinhalten. Diese Präparate<br />

hemmen den grippalen Infekt, senken das<br />

Fieber, stellen den Appetit wieder her und blockieren<br />

die entzündlichen Vorgänge im Lungengewebe.<br />

So können Totalverluste sowie<br />

Spätschäden verhindert werden.<br />

Vorbeugung besser als Behandlung<br />

Der medizinische Einsatz ersetzt nicht<br />

vorbeugende Maßnahmen in Haltung und<br />

Fütterung wie etwa die rechtzeitige Biestmilchverabreichung<br />

(Qualitätstest mit Kolostrometer),<br />

die Optimierung der Eisen- und<br />

Selenversorgung zur Stärkung der Immunität,<br />

bedarfsgerechte Tränkegaben sowie<br />

Stressvermeidung durch Haltung der Kälber<br />

in kleinen, gleichaltrigen Gruppen bei gutem<br />

Stallklima mit zugfreier Frischluft. Kurze<br />

Transportzeiten bei Zukauf von Tieren sowie<br />

die Jungviehaufzucht nach der Igluphase in<br />

eigenen Stallungen getrennt vom Großvieh<br />

mit viel Auslauf und trockenen Liegeplätzen<br />

durchzuführen sind ebenfalls empfehlenswerte<br />

Maßnahmen. Und auch die gezielte und<br />

regelmäßige Parasitenbekämpfung hilft, einer<br />

<strong>Rind</strong>ergrippe vorzubeugen, da Parasitenbefall<br />

die Tiere schwächt und sie damit anfälliger<br />

für jedwede Erkrankung sind.<br />

<br />

Dr. Siegfried Kalchreuter<br />

Zum Lebensstart<br />

ideal geschützt<br />

Generell ist das <strong>Rind</strong> aufgrund anatomischer und physiologischer Struktur vergleichsweise<br />

anfälliger gegen Atemwegserkrankungen, da die Lunge eine starke Gliederung in einzelne<br />

Abschnitte ohne Querverbindungen untereinander aufweist.<br />

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der kraftvolle „Startschuss” für neugeborene Kälber<br />

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Foto: Intervet


6 | 7<br />

Foto: Regina Bartel<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Verschiedene Mycobakterien sind die Verursacher von Tuberkulose und Paratuberkulose in <strong>Rind</strong>erbeständen.<br />

Beide Krankheiten sind meldepflichtig und führen zur Tötung der betroffenen Tiere. Staatliche<br />

Gesundheitsüberwachung und gutes Herdenmanagement auf den Betrieben helfen, sie zurückzudrängen,<br />

hat Regina Bartel recherchiert.<br />

Sauberkeit vor dem Abkalben – nicht nur die Box, auch die Kuh sollte vor der Geburt gereinigt werden.


Es gibt viele Arten von Mykobakterien, die<br />

meisten davon sind Bodenbewohner, die sich<br />

von organischem Material ernähren, indem<br />

sie es zersetzen. Die stäbchenförmigen Bakterien<br />

dieser Gattung mögen sauerstoffhaltige<br />

Umgebung, sie sind sehr widerstandsfähig<br />

gegenüber Säuren, aber empfindlich gegen<br />

UV-Licht und sie teilen sich nur langsam.<br />

Selbst die schnelleren unter ihnen brauchen<br />

mehrere Tage, um eine Kolonie zu bilden. So<br />

träge und unauffällig die meisten von ihnen<br />

sind, ein paar Mykobakterien-Arten haben<br />

sich als Krankheitserreger etabliert und bevorzugen<br />

jeweils unterschiedliche Wirtsorganismen.<br />

Zu den von Mykobakterien verursachten<br />

Krankheiten gehören die menschliche<br />

Lepra und die Geflügeltuberkulose. Beim<br />

<strong>Rind</strong> sind die bedeutendsten Krankheiten die<br />

Paratuberkulose und die Tuberkulose.<br />

Tuberkulose weltweit verbreitet<br />

Aufgrund der engen Verwandtschaft der<br />

Bakterien untereinander fasst man die<br />

Tuberkuloseauslöser zum Mycobacterium<br />

tuberculosis-Komplex (MTC) zusammen.<br />

Die Bakterien dieser Gruppe unterscheiden<br />

sich in der Wahl ihrer Wirte und in der<br />

Pathogenität, also der Fähigkeit, die Krankheit<br />

auszulösen. <strong>Rind</strong>ertuberkulose wird von<br />

Mycobacterium bovis verursacht. Sie ist in<br />

vielen Ländern der Welt verbreitet, vor allem<br />

in Afrika ist sie ein häufiges und wirtschaftlich<br />

sehr bedeutsames Problem in <strong>Rind</strong>erbeständen,<br />

aber auch in Teilen Asiens und<br />

Amerikas kommt sie weiterhin vor. In den<br />

Wildtierbeständen von Kanada, USA, Neuseeland<br />

und Großbritannien liegen Reservoire<br />

des Krankheitserregers. In Deutschland<br />

gilt die <strong>Rind</strong>ertuberkulose als getilgt, den-<br />

Während Tuberkuloseerreger die Atemwege angreifen, findet Paratuberkulose im Magen-<br />

Darm-Trakt statt.<br />

noch treten immer wieder vereinzelte Fälle<br />

auf. Klingt unlogisch, ist es aber nicht: 99,9 %<br />

der <strong>Rind</strong>erbestände müssen seit mehr als 10<br />

Jahren amtlich bestätigt frei von Tuberkulose<br />

sein, damit ein Land von der Weltorganisation<br />

für Tiergesundheit, der OIE (Office International<br />

de Epizooties), den Status „tuberkulosefrei“<br />

zuerkannt bekommt. Das hat Deutschland<br />

im Jahr 1997 erreicht und seitdem halten<br />

können.<br />

<strong>Rind</strong>ertuberkulose durch<br />

Kontakt zu Menschen<br />

Die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung<br />

in Deutschland ist sehr gering. Der Zukauf<br />

von Tieren aus Ländern mit hoher Durchseuchungsrate<br />

oder eine Übertragung durch<br />

andere Spezies und den Menschen aber möglich.<br />

Foto: Regina Bartel


8 | 9<br />

Foto: Regina Bartel<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Menschen sind tatsächlich die Hauptansteckungsquelle<br />

für neue Tuberkulosefälle<br />

beim <strong>Rind</strong>. Kranke oder Bakterien ausscheidende<br />

Betriebsangehörige, die direkten Kontakt<br />

mit den <strong>Rind</strong>ern haben – seien es Mitarbeiter<br />

oder Familienangehörige – können die<br />

Tiere infizieren. Umgekehrt gilt das aber auch.<br />

Tuberkulose ist eine Zoonose: Sie ist sowohl<br />

vom <strong>Rind</strong> auf den Menschen als auch umgekehrt<br />

übertragbar.<br />

An der Tuberkulose des Menschen ist zwar<br />

meist ein verwandtes Bakterium M. tuberculosis<br />

schuld, doch bei etwa einem Prozent der<br />

Tuberkulosefälle in Deutschland, die Menschen<br />

betreffen, ist M. bovis beteiligt. Prävention<br />

bei <strong>Rind</strong>er-Tuberkulose bedeutet<br />

also auch Schutz des Menschen vor dem Erreger.<br />

Kot ist die Ansteckungsquelle Nr. 1 für Paratuberkulose.<br />

Die Erkrankung kann außerdem über den<br />

Handel und Transport infizierter Tiere verbreitet<br />

werden. Sie ist nicht auf <strong>Rind</strong>er beschränkt,<br />

M. bovis kann unter anderem bei<br />

Schafen, Ziegen, Pferden, verschiedenen Zootierarten<br />

und Wild eine Tuberkulose auslösen.<br />

Ebenso bei Hunden und Katzen und die sind<br />

auf Bauernhöfen aus den Ställen kaum fern zu<br />

halten.<br />

Schleichender<br />

Krankheitsverlauf<br />

Tuberkulose verläuft beim <strong>Rind</strong> oft lange<br />

Zeit symptomlos, so dass sich viele Stallkumpane<br />

mittels Tröpfcheninfektion ange-<br />

steckt haben können, bevor die Krankheit<br />

überhaupt auffällt. Wenn klinische Symptome<br />

auftreten, sind diese meist unspezifisch:<br />

Chronischer Husten und Abmagerung kommen<br />

auch bei anderen Erkrankungen vor. Das<br />

Befinden des Tieres verschlechtert sich in<br />

Schüben mit wiederholten Fieberanfällen.<br />

Die Lymphknoten schwellen an. Ist die Lunge<br />

befallen, dann hustet das Tier und atmet<br />

schneller. Tuberkulose kann generalisieren,<br />

das bedeutet, den ganzen Körper mit all seinen<br />

Organen in Mitleidenschaft ziehen.<br />

Eine Besonderheit des Tuberkulose-Erregers<br />

ist, dass der befallene Wirt das Bakterium<br />

abkapseln kann: Es wird eingeschlossen und<br />

geht in eine inaktive Form über. Dann kommt<br />

die Erkrankung zum Erliegen, kann aber jederzeit<br />

wieder ausbrechen.


Tuberkulintest gibt Klarheit<br />

Tuberkulin ist eine Proteinmischung, die<br />

aus Mycobakterien oder synthetisch hergestellt<br />

wird: Es löst eine Immunreaktion aus,<br />

wenn das Immunsystem gleichzeitig auch<br />

Kontakt zu Mycobakterien hat. Liegt eine<br />

Infektion vor, dann bekämpft der Organismus<br />

das Tuberkulin, diese Abwehrreaktion<br />

des Immunsystems ist in der Haut messbar.<br />

Dazu spritzt der Tierarzt an einer Stelle am<br />

Hals oder am Schulterblatt eine winzige<br />

Menge Tuberkulin und 72 Stunden später<br />

steht das Ergebnis fest: Ist die Haut an der<br />

Stelle deutlich verdickt und entzündet, gilt das<br />

Ergebnis als positiv, das Tier hat Tuberkulose.<br />

Hat sich an der Hautstelle nicht viel getan und<br />

keine Entzündung gebildet, ist der Test negativ.<br />

Mit Tuberkulin experimentierte bereits<br />

Robert Koch um 1890. Was sich der Tuberkuloseforscher<br />

als Heilmittel erhofft hatte,<br />

wurde zum flächendeckend eingesetzten<br />

Diagnoseverfahren. Etwa in den 1920er<br />

Jahren etablierte sich der Tuberkulintest für<br />

<strong>Rind</strong>erbestände in vielen Staaten, so auch in<br />

Deutschland. Die Tests fanden flächendeckend<br />

in regelmäßigen Abständen statt, diese<br />

Maßnahme wurde erst mit der offiziellen<br />

Feststellung der Tuberkulosefreiheit abgeschafft.<br />

Schutz für Mensch und Tier<br />

Weiterhin überwacht werden allerdings<br />

Milch- und Fleischerzeugung. So kommt es,<br />

dass die exakte Diagnose beim Tier oft erst<br />

nach seinem Tod bei der amtlichen Fleischuntersuchung<br />

am Schlachthof erfolgt oder bei<br />

der Untersuchung verendeter Tiere durch die<br />

Untersuchungsämter der Bundesländer. Verdächtige<br />

Organveränderungen melden die<br />

Landeseinrichtungen an das Nationale Referenzlabor<br />

für Tuberkulose am Friedrich-<br />

Loeffler-Institut, wo Proben untersucht werden.<br />

Die Krankheit ist anzeigepflichtig, die<br />

Behandlung verboten, daher werden infizierte<br />

Tiere getötet.<br />

Da Tuberkulose über infizierte tierische<br />

Lebensmittel übertragbar ist, ist die Pasteurisierung<br />

der Milch eine wirkungsvolle Vorsorge.<br />

Außerdem sollen die amtlichen Fleischuntersuchungen<br />

am Schlachthof dafür sorgen,<br />

dass infiziertes Material nicht die Reise in<br />

den Lebensmitteleinzelhandel antritt.<br />

Paratuberkulose:<br />

Nicht Lunge sondern Darm<br />

betroffen<br />

Auch bei der Paratuberkulose ist ein Mycobakterium<br />

der Auslöser: Mycobacterium<br />

avium spp. Paratuberculosis (MAP). Die vor<br />

allem im englischen Sprachraum auch nach<br />

ihrem Entdecker als Johnsche Krankheit<br />

bezeichnet wird, hielt man zunächst für eine<br />

andere Ausbildung der Tuberkulose, die ein-<br />

In den ersten Wochen einzeln und dann in altersgleichen Gruppen gehalten minimiert sich<br />

das Ansteckungsrisiko.<br />

fach nur ein anderes Organsystem angreift:<br />

statt der Lungen den Magen-Darm-Trakt. Das<br />

ist nicht so. Obwohl der Erreger verwandt mit<br />

dem der Tuberkulose ist, ist die Krankheit<br />

doch eine gänzlich andere und eigenständige.<br />

Meist infizieren sich schon die Jungtiere<br />

über mit Kot verschmutztes Futter. Die Bakterien<br />

sind in Gülle und Boden lange, bis zu<br />

einem Jahr, überlebensfähig, da sie von einer<br />

schützenden Wachsschicht ummantelt sind.<br />

Kälber infizierter Kühe können sich schon im<br />

Mutterleib oder über das Kolostrum anstecken.<br />

Die Inkubationszeit kann zwischen einem<br />

und zehn Jahren liegen. Als Kalb infizierte<br />

Tiere, scheiden meist ab einem Alter von etwa<br />

zwei Jahren selbst MAP aus. Zum Ausbruch<br />

der Krankheit bei diesen Tieren kommt es<br />

aber erst erheblich später, oft zwischen dem 3.<br />

und 6. Lebensjahr.<br />

Jahrelang versteckte<br />

Infektion<br />

Im Verlauf der Krankheit besiedelt das<br />

Bakterium den Darm und dringt von dort aus<br />

in die anderen Organe vor.<br />

Da der Darm geschädigt ist, verringert<br />

sich seine Fähigkeit, Nährstoffe aufzunehmen.<br />

Das Tier ist in seiner Leistung eingeschränkt,<br />

was wirtschaftliche Verluste für den<br />

Betrieb mit sich bringt. Kommt es zum Ausbruch<br />

der Krankheit, dann magert das betroffene<br />

Tier immer mehr ab, obwohl es gut frisst.<br />

Zu Anfang hat es mal Durchfall und mal nicht,<br />

später geht nur noch dünner, blasiger Kot ab.<br />

Kühe bringen leichte Kälber zur Welt und sie<br />

lassen in der Milchleistung nach, die irgendwann<br />

gänzlich zum Erliegen kommt. Langfristig<br />

mergelt der Patient aus und stirbt an<br />

Entkräftung. Das Bakterium vermehrt sich<br />

nur im lebenden Wirt, kann aber über die<br />

Milch in die Lebensmittelkette gelangen. Pasteurisierung<br />

reduziert die Bakterienbelastung<br />

deutlich.<br />

Das ist insofern von Bedeutung, als dass<br />

seit Jahren in der Diskussion ist, ob die Morbus<br />

Crohn-Erkrankung des Menschen, an der<br />

allein Deutschland geschätzte 150.000 Patienten<br />

leiden, mit der Paratuberkulose des <strong>Rind</strong>es<br />

zusammenhängt. Bei Morbus Crohn-<br />

Patienten wird häufiger als in der Normalbevölkerung<br />

auch MAP im Darm gefunden.<br />

Ob das Ursache oder Folge der Krankheit ist,<br />

ist bisher nicht geklärt. Daher ist auch unklar,<br />

ob es sich bei der Paratuberkulose um eine<br />

Zoonose handelt.<br />

Foto: Regina Bartel


10 | 11<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

In altersgleichen Gruppen ist die Ansteckung mit Paratuberkulose durch ältere Tiere verringert.<br />

Meldepflicht und hohe<br />

Dunkelziffer<br />

Paratuberkulose ist eine meldepflichtige<br />

Erkrankung. Etwa 350 Fälle im Jahr werden in<br />

Deutschland registriert. MAP-Infektionen<br />

sind allerdings nicht so selten, wie diese<br />

gemeldete Fallzahl hoffen lässt: Der langsame<br />

und lange versteckte Verlauf der Infektion<br />

bewirken, dass jedes nachgewiesen kranke<br />

Tier für Dutzende steht, die sich im Laufe der<br />

Jahre angesteckt haben. Paratuberkulose gilt<br />

als versteckte <strong>Rind</strong>erseuche. Zwischen 10 und<br />

15 % der deutschen Herden sollen schätzungsweise<br />

betroffen sein, wobei wiederum<br />

nicht alle, sondern zwischen 15 und 30 % der<br />

Tiere durchseuchter Bestände das Bakterium<br />

in sich tragen.<br />

Nachweisbar ist die Infektion über Blut<br />

und Kot. Doch Paratuberkulose gilt als unheilbar,<br />

die Behandlung ist zwecklos und das<br />

Bakterium aus dem Bestand nur schwer wieder<br />

loszuwerden.<br />

Keime ausscheidende Tiere sollten also<br />

schnell aus dem Bestand entfernt werden. Für<br />

Herden mit erheblichen Paratuberkulose-<br />

Problemen kann es tatsächlich eine Lösung<br />

sein, die komplette Herde zu merzen und mit<br />

paratuberkulosefreien Tieren neu aufzubauen.<br />

Allerdings wird diese radikale Lösung<br />

unter anderem von den Tierseuchenkassen<br />

inzwischen skeptisch betrachtet, denn zur<br />

Sanierung gehört mehr, als nur die Tiere auszutauschen.<br />

Herdensanierung ist langwierig<br />

Eine Bestandssanierung dauert Jahre. Die<br />

wesentliche Maßnahme ist Hygiene. Die für<br />

eine Ansteckung mit MAP besonders empfindlichen<br />

Jungtiere sollten in einer sauberen<br />

Abkalbebox zur Welt kommen und erst einmal<br />

keinerlei Kontakt zu Kot älterer Tiere<br />

haben. Es hilft, die Kuh vor der Geburt zu reinigen,<br />

auf die Hygiene der eigenen Hände zu<br />

achten und das Neugeborene nur mit absolut<br />

sauberen Gerätschaften zu transportieren.<br />

Kolostrum muss sauber gemolken werden. Da<br />

diese Hygiene-Maßnahmen auch vor einer<br />

Vielzahl anderer ansteckender Keime schützt,<br />

sind sie immer sinnvoll. Die Kälbchen zunächst<br />

in Einzelboxen unterzubringen und<br />

später in altersgleichen Gruppen zu halten ist<br />

ebenfalls hilfreich. Es gibt viele Wege, wie Kot<br />

von älteren Tieren zu den jüngeren gelangen<br />

kann. Dazu gehören Geräte und Gummistiefel<br />

genau wie die Profile von Fahrzeugreifen,<br />

an denen etwas haften bleiben kann.<br />

Auch Tränkwasser und Futter sollten unter<br />

sauberen Bedingungen aufgenommen werden<br />

können. Bei Weideflächen für Jungtiere<br />

ist zu bedenken, dass auf mit Tierkot gedüngten<br />

Flächen MAP noch lange überleben.<br />

Beim Zukauf von Tieren ist nicht nur der<br />

Paratuberkulosestatus des Herkunftsbetriebes<br />

interessant, sondern auch die Einhaltung<br />

von Hygienemaßnahmen durch das Transportunternehmen<br />

wichtig.<br />

Fazit<br />

http://bit.ly/SWPvXt<br />

Regina Bartel<br />

Von den durch Mykobakterien übertragenen<br />

Erkrankungen sind für <strong>Rind</strong>er vor allem<br />

die Tuberkulose und die Paratuberkulose relevant.<br />

Bei der Tuberkulose ist eine Ansteckung<br />

zwischen <strong>Rind</strong> und Mensch möglich. Vor<br />

allem die Paratuberkulose, deren Zoonosestatus<br />

nicht geklärt ist, ist in hiesigen Beständen<br />

ein Problem. Vor allem der langsame,<br />

schleichende Verlauf von Mykobakterieninfektionen<br />

macht die Sanierung der Herden<br />

schwierig. Nur konsequent eingehaltene Hygienemaßnahmen<br />

können die Jungtiere vor<br />

einer frühen Infektion schützen.<br />

Hier gibt es weitere Informationen:<br />

<br />

Regina Bartel<br />

Auf der Webseite des Bundesministerums für<br />

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

findet sich ein ausführlicher Ratgeber<br />

Paratuberkulose, den das Friedrich Löffler<br />

Institut zusammen mit Wissenschaftlern anderer<br />

Forschungseinrichtungen erstellt hat.<br />

Hier findet sich eine vielzahl an Hygienemaßnahmen<br />

für die Paratuberkuloseprophylaxe:


Kurz notiert<br />

Das Langzeit-Makrolid Tildipirosin, das<br />

seit einem Jahr auf dem Markt erhältlich ist,<br />

überzeugt laut einer Pressemitteilung des<br />

Unternehmens Intervet vor allem durch seinen<br />

sehr schnellen Wirkungseintritt, die hohe<br />

Anreicherung im Zielorgan Lunge und die<br />

langanhaltenden Wirkstoffkonzentrationen<br />

oberhalb der MHK90-Werte für die relevanten<br />

bakteriellen Erreger der <strong>Rind</strong>ergrippe.<br />

Dies unterstreichen die Ergebnisse einer experimentellen<br />

Metaphylaxe-Studie sowie eines<br />

Therapie-Feldversuches.<br />

Studien belegen<br />

Wirksamkeit von Langzeit-<br />

Antibiotikum<br />

In der Metaphylaxe-Challenge-Studie<br />

erhielten 18 gesunde Bullenkälber zunächst<br />

entweder 4 mg Tildipirosin/kg KGW, 2,5 mg<br />

Tulathromycin/kg KGW oder 2 ml/100kg<br />

KGW NaCl. Am Tag 5 wurden alle Kälber massiv<br />

intratracheal mit Mannheimia haemolytica<br />

infiziert. Die pathologische und bakteriologische<br />

Untersuchung der Lungen nach der<br />

Sektion am Tag 8 zeigte, dass die Befunde der<br />

Tildipirosin-Gruppe entschieden besser ausfielen<br />

als in den Kontrollgruppen (Tulathromycin<br />

und NaCl). Bei denjenigen Tieren, die<br />

Tildipirosin erhalten hatten, konnten keine<br />

Erreger aus dem Lungengewebe isoliert werden.<br />

Die Erregerelimination aus dem Bronchialsekret<br />

war bei allen Tildipirosin-Tieren<br />

erfolgreich (100 %), während sie in der<br />

Tulathromycin-Gruppe nur bei einem Tier<br />

gelang und in der NaCl-Gruppe gar nicht<br />

stattfand. In der NaCl-Gruppe starben noch<br />

vor Versuchsende 5 von 6 Tieren. Auch in der<br />

Tulathromycin-Gruppe verendete ein Tier<br />

nach der Belastungsinfektion. Unter Tildipirosin<br />

gab es keine Mortalität. Auch hinsichtlich<br />

der klinischen Befunde wie Körpertemperatur,<br />

Allgemeinbefinden, Appetit,<br />

Atemfrequenz und -qualität zeigte die Tildipirosingruppe<br />

signifikant bessere Ergebnisse<br />

als die Tulathromycin- und NaCl-<br />

Kontrollgruppen.<br />

Eine Therapie-Feldstudie mit insgesamt<br />

1<strong>04</strong> Kälbern (52 Kälber wurden mit Tildipirosin,<br />

52 mit Tulathromycin behandelt)<br />

bewies den schnellen Wirkungseintritt von<br />

Tildipirosin – der im Mittel 12 Stunden früher<br />

einsetzte als in der Tulathromycin-Kontrollgruppe.<br />

Zudem wurden die gute Verträglichkeit,<br />

die langanhaltende Wirkung und die<br />

niedrige Rückfallrate des Langzeit-Makrolids<br />

bestätigt.<br />

Stallposter und Broschüre<br />

erhältlich<br />

In Zusammenarbeit mit Frau Prof.<br />

Kerstin E. Müller, Berlin, hat Intervet ein<br />

anschauliches und informatives „Stallposter<br />

zur Früherkennung der <strong>Rind</strong>ergrippe“ sowie<br />

einen „Leitfaden zum Atemwegweiser für<br />

Kälber und <strong>Rind</strong>er“ entwickelt. Achten Sie als<br />

Tierhalter aufmerksam auf die ersten Anzeichen<br />

der <strong>Rind</strong>er-/Kälbergrippe. Wann ist<br />

noch alles im grünen Bereich, wann herrscht<br />

Alarmstufe Rot? Diese Atemwegweiser fassen<br />

die wichtigsten Informationen zu Risikoperioden<br />

und äußeren Symptomen für den<br />

Tierhalter zusammen und stehen unter<br />

www.msd-tiergesundheit.de/rindergrippe<br />

kostenlos zum Download bereit.<br />

Dieses Poster informiert zum einen über<br />

die kritischen Perioden in Bezug auf Atemwegserkrankungen<br />

beim Kalb. Zum anderen<br />

wird aufgezeigt, wie sich gesunde, frischinfizierte<br />

und schwerkranke Kälber hinsichtlich<br />

Verhalten, Kopfhaltung und dem Aussehen<br />

der Augen und Nasengegend unterscheiden.<br />

Zusätzlich zum Stallposter ist nun<br />

auch die ausführliche Broschüre zur Früherkennung<br />

der <strong>Rind</strong>ergrippe „Leitfaden zum<br />

Atemwegweiser für <strong>Rind</strong>er und Kälber“<br />

erhältlich.<br />

<br />

Literaturquellen zu den Studien auf Anfrage<br />

Quelle: Intervet


12 | 13<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

In modernen Kuhställen ist heute Hochleistungstiere<br />

und deren Fütterung ein ausgeklügeltes<br />

System. Das Futter soll alles liefern,<br />

was die Kuh benötigt, um mehrere tausend<br />

Liter Milch pro Jahr zu geben und das möglichst<br />

viele Jahre bei guter Gesundheit. Die<br />

Zusammensetzung des Futters entscheidet<br />

dabei auch darüber, ob es zu Stoffwechselerkrankungen<br />

wie dem Milchfieber kommen<br />

kann.<br />

Als Protein-Komponente wird heute überwiegend<br />

Sojaextraktionsschrot gefüttert.<br />

Doch die Hülsenfrucht, deren Anbaufläche<br />

vor allem in Südamerika rapide wächst, ist ökologisch<br />

umstritten und am Markt umkämpft.<br />

Ob der heimische Raps langfristig eine wirkliche<br />

und alleinige Alternative für die Milchkuhfütterung<br />

darstellen kann, untersuchten<br />

die Versuchsanstalten der Landwirtschaftskammer<br />

Schleswig-Holstein zusammen mit<br />

Wissenschaftlern anderer Kammern und der<br />

Universität Hohenheim. Dazu wurden <strong>Rind</strong>er<br />

der Rasse Deutsch Holstein auf den drei Versuchsanlagen<br />

mit Gras- und Maissilage und<br />

einer Ergänzung aus Raps-, Raps- und Soja<br />

oder nur Sojaextraktionsschrot gefüttert. Damit<br />

der Energiegehalt des Futters vergleichbar<br />

blieb, wurden die Rationen mit kleinen Mengen<br />

Fett auf ein einheitliches Kalorienniveau<br />

gebracht.<br />

Auf einem Pressegespräch zum Thema<br />

<strong>Rind</strong>erfütterung in Hamburg stellte Dr. Karin<br />

Mahlkow-Nerge, Landwirtschaftkammer<br />

Schleswig-Holstein, die Ergebnisse vor: Es<br />

sieht gut aus für den Raps. Die Kühe können<br />

ausreichend Protein in ihrem Stoffwechsel<br />

verwerten und der Proteinanteil der Milch ist<br />

gleich oder höher als bei Sojafütterung. Auch<br />

bei der Futterqualität punktete der Raps: „Die<br />

Qualität ist hoch, die Eiweißgehalte stabil“,<br />

sagte Mahlkow-Nerge, „die Rapsschalen sind<br />

unverdaulich, aber der Wert der Ration liegt<br />

im Inneren.“ Milchkuhfütterung mit einem<br />

heimischen, gentechnikfreien Produkt ist also<br />

auch bei Hochleistungskühen möglich.<br />

Regina Bartel<br />

Hier ist die Original-Publikation zu finden:<br />

http://www.riswick.de/pdf/forum-2012-08extraktionsschrot.pdf<br />

<br />

Kurz notiert<br />

Foto: Sandten


Im Kampf gegen die <strong>Rind</strong>ergrippe sollte man nicht allein auf Medikamente setzen. Aufklärung und<br />

Unterstützung bei der Diagnostik und Früherkennung sowie die Vorbeugung sind hierbei ebenso wichtig.<br />

Thomas Wengenroth hat recherchiert, wie die Vorbeugung mittels Impfungen optimal angegangen<br />

werden kann.<br />

Eitriger Nasenausfluss bei Kühen oder Kälbern ist ein Alarmzeichen für <strong>Rind</strong>ergrippe.<br />

Foto: Intervet


14 | 15<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Ein effizientes <strong>Rind</strong>ergrippemanagement,<br />

das gezielte und konsequente Prophylaxe und<br />

Metaphylaxe einschließt, schützt den Bestand<br />

vor irreversiblen Lungenschäden, die die Leistungsfähigkeit<br />

der Tiere immens beeinträchtigen.<br />

Somit wird der Betrieb vor langfristigen<br />

finanziellen Einbußen bewahrt. Da die Erkrankung<br />

einzelner Tiere schnell auf die gesamte<br />

Herde übergreifen kann, ist es von großer<br />

Bedeutung, die bereits erkrankten Tiere zu<br />

therapieren und die noch gesund erscheinenden<br />

Kälber mit einem lang wirksamen Antibiotikum<br />

vorbeugend (metaphylaktisch) zu<br />

behandeln.<br />

Strategisches Impfmanagement,<br />

um den Bestand von<br />

Anfang an zu schützen<br />

<strong>Rind</strong>ergrippe ist nicht nur ein Kälber-, sondern<br />

ein Bestandsproblem. Eine frühzeitige<br />

Impfung aller impffähigen Tiere senkt den Infektionsdruck<br />

und erhöht den Schutz der gesamten<br />

Herde durch einen homogeneren Immunstatus<br />

des Betriebes. Dadurch können die<br />

Behandlungskosten gesenkt werden, insbesondere<br />

während Risikoperioden wie Absetzen,<br />

Umstallen, Transporten oder in der kalten<br />

Jahreszeit.<br />

Die Frühimpfung von Kälbern ab dem 8.<br />

Lebenstag als auch die Impfung hochtragender<br />

Kühe und Färsen ist insbesondere deshalb<br />

wichtig, weil die Kälber über das Kolostrum<br />

der geimpften Muttertiere sofort über einen<br />

passiven Immunschutz verfügen, bevor sie<br />

selbst dazu in der Lage sind, eine aktive Immunisierung<br />

aufzubauen. Spätestens zwei<br />

Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung<br />

wird eine maximale humorale Immunantwort<br />

gegenüber dem BRSV (Bovines<br />

Respiratorisches Syncytial Virus), Parainfluenza-3-Virus<br />

und M. haemolytica Serotyp A1<br />

und A6 erreicht.<br />

<strong>Rind</strong>ergrippe ist nicht nur ein Kälber-, sondern ein Bestandsproblem. Eine frühzeitige Impfung aller<br />

homogeneren Immunstatus des Betriebes. ( Foto: Intervet)<br />

Kälber und Muttertiere impfen<br />

Muttertiere können über maternale Antikörper<br />

ihre Kälber effektiv vor Infektionen<br />

schützen. Dies gilt auch für die Haupterreger<br />

der Enzootischen Bronchopneumonie – die<br />

Kälber- bzw. <strong>Rind</strong>ergrippe.<br />

Eine Impfung der hochtragenden Kühe<br />

boostert den bereits vorhandenen Immunschutz<br />

und sichert die Übertragung von<br />

maternalen Antikörpern auf ihre Kälber. Die<br />

Impfung der hochtragenden Kühe ist Teil des<br />

Rundumschutzes für den gesamten Bestand.<br />

Doch nicht alle Betriebe setzen diese einfache<br />

Präventionsmaßnahme auch konsequent um.<br />

In über 400 Videos geben<br />

Tierärzte Auskunft<br />

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impffähigen Tiere senkt den Infektionsdruck und erhöht den Schutz der gesamten Herde durch einen<br />

Foto: Intervet<br />

Muttertiere können über maternale Antikörper ihre Kälber effektiv vor Infektionen schützen.<br />

Maternale Antikörper schützen<br />

Kälber<br />

Die Bedeutung der passiven Immunität<br />

durch kolostrale maternale Antikörper bei<br />

Kälbern wurde bei Infektionen mit BRSV (Bovine<br />

Respiratorisches Synzytial Virus) gezeigt:<br />

Die passiv über das Kolostrum (Biestmilch)<br />

erworbenen maternalen Antikörper können<br />

eine Infektion mit dem BRS-Virus und dessen<br />

Vermehrung zwar nicht verhindern, die maternalen<br />

Antikörper bieten jedoch zumindest<br />

teilweise einen Schutz vor der klinischen<br />

Symptomatik.<br />

So waren Häufigkeit und Schwere von<br />

BRSV-Infektionen bei Kälbern mit maternalen<br />

Antikörpern geringer ausgeprägt: Je mehr<br />

maternale Antikörper im Serum der Kälber<br />

gemessen worden waren, desto weniger<br />

schwer und häufig waren respiratorische Erkrankungen.<br />

In einer Challenge-Studie mit<br />

dem BRS-Virus wurden drei Gruppen von<br />

Kälbern miteinander verglichen.<br />

Eine Gruppe hatte Kolostrum erhalten<br />

und wurde mit BRSV infiziert. Zwei Vergleichsgruppen<br />

hatten kein Kolostrum erhalten,<br />

eine wurde mit BRSV infiziert und eine<br />

weitere blieb als Kontrolle ohne Infektion. Die<br />

durch die Kolostrum-Fütterung vermittelte<br />

passive Immunität führte dazu, dass bei diesen<br />

Kälbern die BRSV-Infektionen weniger<br />

heftig ausfielen als in der Kontrollgruppe<br />

ohne Kolostrum-Schutz.<br />

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ISSN 1867-4003<br />

<br />

Titelfoto: © tinleYla


16<br />

Foto: Intervet<br />

aktuell<br />

TIERGESUNDHEIT RIND<br />

Im Zweifel, ob das Tier erkrankt ist, sollte schnellstmöglich der<br />

Tierarzt gerufen werden, der eine schnelle Behandlung einleiten<br />

kann.<br />

Das Konzept der Impfung kurz vor der Kalbung zur<br />

Stimulierung maternaler Immunität wird bereits sehr erfolgreich<br />

bei der Prävention von Durchfällen bei neugeborenen Kälbern eingesetzt.<br />

Für die Prävention der Enzootischen Pneumonie beim <strong>Rind</strong><br />

durch maternale Immunität gibt es bislang nur wenige wissenschaftliche<br />

Untersuchun-gen.<br />

Die Studien zu BRSV-Infektionen bei Käl-bern und aktuelle<br />

Studien zeigen die Bedeu-tung, die eine Impfung hochtragender<br />

Kühe und Färsen gegen die Erreger der Enzooti-schen<br />

Bronchopneumonie hat.<br />

Saisonale Impfung<br />

Die enzootische Bronchopneumonie (EBP) kann zwar das ganze<br />

Jahr über auftreten, doch kommt sie saisonal gehäuft bei kalter<br />

Witterung vor. Und so fallen ihr jeden Herbst zahlreiche Tiere<br />

anheim. Doch dies müsste nicht sein, denn es gibt gezielte Prophylaxemaßnahmen,<br />

in erster Instanz die rechtzeitige Schutzimpfung<br />

aller impffähigen Tiere eines Bestandes. Vorbeugende Schutzimpfungen<br />

erhöhen gezielt die Immunität geimpfter Tiere, verhelfen<br />

ihnen somit, die Erreger erfolgreich abzuwehren und senken Inzidenz<br />

und Schwere von Atemwegserkrankungen sowie wirtschaftliche<br />

Einbußen.<br />

Doch leider existiert eine gewisse „Impfmüdigkeit“, die Tierhalter<br />

jedes Jahr aufs Neue beschleicht und den Erregern der <strong>Rind</strong>ergrippe<br />

die Chance gibt, in den Beständen zu grassieren und sich ungehindert<br />

auszubreiten. Ist die EBP jedoch erst einmal zum Bestandsproblem<br />

avanciert, sind die Klagen von Seiten der Landwirte über<br />

hohe Aufzuchtverluste, persistierende Lungenschädigungen, verminderte<br />

Tageszunahmen, höheres Erstkalbealter und reduzierte<br />

Milchleistung hoch. Vernünftig also, rechtzeitig vorzubeugen! Weitere<br />

Informationen hierzu gibt gerne der Tierarzt.<br />

<br />

Thomas Wengenroth

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