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Leseprobe als PDF - Verlag Heinrich Vogel

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Bekannte, aber<br />

häufig unterschätzte<br />

gefahren<br />

Grundlage dieser Fahreranweisung sind aktuelle Erkenntnisse<br />

des Allianz Zentrum für Technik (AZT) sowie die größte<br />

Lkw-Fahrerbefragung in Europa des Gesamtverbandes der<br />

Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Dabei wurden<br />

von der Unfallforschung der Versicherer im Jahr 2002 rund<br />

3.000 Lkw-Fahrer auf den Rastplätzen der Autobahnen in<br />

Deutschland interviewt. Unterstützt wurde die Befragung<br />

durch den Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) und das<br />

Mensch-Verkehr-Umwelt Institut für angewandte Psychologie<br />

(MVU). Durch die Erfahrung der befragten Fahrer konnten<br />

Schwachstellen und Unfallgefahren ermittelt werden.<br />

Zusammen mit der Analyse von Unfällen ergibt sich somit<br />

ein umfassendes Bild über das Lkw-Unfallgeschehen und<br />

dessen Ursachen.<br />

„Menschliches Fehlverhalten“, zumeist in Verbindung mit<br />

hoher Belastung und Stress, dominiert. Das schwächste<br />

Glied in der Kette von Sicherheitsmaßnahmen gegen Unfälle<br />

ist der Lkw-Fahrer. Er steht häufig im Spannungsfeld zwischen<br />

Kunden- und Unternehmerinteressen. Daher steht im<br />

Folgenden der Kraftfahrer und sein Verhalten im Verkehr im<br />

Mittelpunkt. Der Fahrer erhält konkrete Empfehlungen für<br />

die alltägliche Fahrpraxis und zur Vermeidung von Unfällen.<br />

Weiterhin werden wichtige Aspekte zur Fahrzeugsicherheit<br />

behandelt.<br />

Die Fahreranweisung versteht sich <strong>als</strong> weiterer Schritt zu<br />

mehr Sicherheit im Lkw-Verkehr. Allerdings können im Rahmen<br />

dieser Fahreranweisung nicht alle Sicherheitsaspekte<br />

abgedeckt werden. Dazu ist der Beruf des Lkw-Fahrers zu<br />

vielschichtig. Die Autoren empfehlen deshalb jedem Lkw-<br />

Fahrer zur weiteren Vertiefung das Lehrbuch und Nachschlagewerk<br />

„Berufskraftfahrer Lkw/Omnibus“ oder die Aus- und<br />

Weiterbildungsmedien EU-Berufskraftfahrer, <strong>Verlag</strong> <strong>Heinrich</strong><br />

<strong>Vogel</strong>.<br />

1. Konzentration<br />

1.1. schlafmangel<br />

Die Lkw-Fahrerbefragung des GDV zeigt, dass Lkw-Fahrer<br />

„Schlafmangel“ mit 88% <strong>als</strong> sehr gefährlich einstufen und<br />

dies völlig zurecht. Denn: Nach mehreren internationalen<br />

Studien sind etwa ein Viertel der Lkw-Unfälle mit Getöteten<br />

auf Autobahnen auf Einschlafen sowie Übermüdung beim<br />

Fahren zurückzuführen.<br />

Lkw-Fahrer sind im Arbeitsalltag einer hohen Belastung ausgesetzt.<br />

Nachwirkend ist dieser Stress im Feierabend oder in<br />

der Ruhephase nicht selten Auslöser für Schlafmangel – auch<br />

kann umgekehrt, von was auch immer ausgelöst, Schlafmangel<br />

zu Stress führen. Beide Faktoren führen dann beim<br />

Fahren häufig zu gefährlichen Ermüdungserscheinungen.<br />

2<br />

„ausgeschlafene Fahrer“<br />

Als Fahrer sind Sie daher gut beraten, wenn Sie ausgeruht<br />

und auf die kommende Tour gut vorbereitet die Fahrt antreten.<br />

Außerdem sollten Sie Pausen möglichst sinnvoll zur Entspannung<br />

und Erholung nutzen, beispielsweise mit gezielten<br />

Bewegungsübungen. Zigaretten und Kaffee sind kein Ersatz<br />

für Erholungspausen! Für den notwendigen Erholungsschlaf<br />

ist auch die Ernährung wichtig. Mehrere leichte Speisen sind<br />

einer kräftigen „Vollmahlzeit“ vorzuziehen.<br />

Einschätzung verschiedener Gefährdungen im Lkw-Verkehr –<br />

Frage: Für wie gefährlich halten Sie Beeinträchtigungen beim<br />

Lkw-Fahren durch folgende Punkte? (Quelle: GDV)<br />

1.2. Zu langes Fahren<br />

Mehr <strong>als</strong> ein Drittel der befragten Lkw-Fahrer fährt in der<br />

Woche durchschnittlich länger <strong>als</strong> 50 Stunden, obwohl die<br />

Lenkzeit in der Doppelwoche höchstens 90 Stunden betragen<br />

darf. Außerdem gaben 44% der Fahrer an, regelmäßig<br />

die maximale wöchentliche Arbeitszeit von 60 Stunden zu<br />

überschreiten, um ihre Aufträge erfüllen zu können. Und:<br />

Jeder fünfte Lkw-Fahrer hat meistens oder immer Probleme,<br />

die vorgeschriebenen Fahrtunterbrechungen und Ruhepausen<br />

einzuhalten.<br />

Obwohl die Fahrer die Nichteinhaltung von Lenk- und Ruhezeiten<br />

<strong>als</strong> kritisches Moment im Arbeitsalltag einschätzen,<br />

kalkulieren sie aber leider zu häufig das Risiko mit ein. Die<br />

Verkehrspsychologie weiß: Ruhezeiten und Pausen sind die<br />

effektivste Maßnahme um Ermüdung vorzubeugen!<br />

„Mindestunterbrechungen der Fahrt“<br />

Um Übermüdung zu vermeiden, müssen Sie daher die gesetzlich<br />

vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten unbedingt einhalten.<br />

Spätestens nach 4 1 /2 Stunden Fahrt muss eine Pause<br />

von 45 Minuten eingelegt werden. Besser ist es jedoch,<br />

Fahrten so einzuplanen, dass Sie möglichst viele Kurzpausen<br />

einlegen können. Diese stellen zwar allein noch kein Allheilmittel<br />

dar, sind aber doch eine sehr wirkungs volle, leicht<br />

selbst erkennbare Vorbeugung gegen Übermüdung. Achten<br />

Sie auch auf Ihre körpereigenen Signale wie Augenblinzeln,<br />

Augentränen, Gähnen, Lidschwere oder Doppelbilder, oft<br />

in Verbindung mit Durst und Frösteln. Sie sind Zeichen für<br />

Müdigkeit und dringender Anlass an der nächsten geeigneten<br />

Stelle eine Pause einzulegen. Dies gilt ganz besonders in<br />

den kritischen Nachtstunden nach Mitternacht.<br />

Nähere Informationen sind in der Fahreranweisung Lenk-<br />

und Ruhezeiten im Straßenverkehr, die im <strong>Verlag</strong> <strong>Heinrich</strong><br />

<strong>Vogel</strong> veröffentlicht ist, zusammengestellt.


Liste der berauschenden Mittel und Substanzen<br />

Berauschende Mittel Substanzen<br />

Cannabis Tetrahydrocannabinol (THC)<br />

Heroin Morphin<br />

Morphin Morphin<br />

Kokain Benzoylecgonin<br />

Amphetamin Amphetamin<br />

Designer-Amphetamin Methylendioxyethylamphetamin (MDE)<br />

Designer-Amphetamin Methylendioxymethamphetamin (MDMA)<br />

Designer-Amphetamin Methylendioxyamphetamin (MDA)<br />

Metamphetamin Metamphetamin<br />

(Aus der Anlage zu § 24a StVG)<br />

4. Fahrverhalten<br />

4.1. sicherheitsabstand<br />

Initiative zur medizinischen<br />

Unterwegsversorgung von<br />

Berufskraftfahrern/-innen.<br />

Informieren Sie sich unter<br />

www.docstoponline.eu über<br />

die teilnehmenden Ärzte etc.<br />

Aus der Lkw-Fahrerbefragung geht hervor, dass rund 95%<br />

der Lkw-Fahrer dichtes Auffahren für sehr/eher gefährlich<br />

einschätzen. Auch diese Einschätzung ist absolut richtig,<br />

wie eine Analyse von schweren Lkw-Unfällen des Verkehrstechnischen<br />

Instituts zeigt: Mehr <strong>als</strong> 10% dieser Unfälle sind<br />

auf ungenügendes Abstandsverhalten zurückzuführen. Die<br />

meisten Auffahrunfälle ereignen sich außerorts. Auf Autobahnen<br />

ist sogar jeder dritte schwere Lkw-Unfall ein Auffahrunfall.<br />

„Faustformel für sicherheitsabstand“<br />

Auf das Einhalten bzw. schnellstmögliche Wiederherstellen<br />

des erforderlichen Sicherheitsabstandes müssen Sie daher<br />

unbedingt achten, erst recht bei Überholvorgängen. Gemäß<br />

§ 4 StVO muss der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug<br />

in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter ihm<br />

gehalten werden kann, wenn der Vorausfahrende plötzlich<br />

bremst. Der Sicherheitsabstand darf auf Bundesautobahnen<br />

für Fahrzeuge mit mehr <strong>als</strong> 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht<br />

und einer Geschwindigkeit von über 50 km/h nie geringer<br />

<strong>als</strong> 50 m sein.<br />

Auf Landstraßen gilt darüber hinaus die Faustformel:<br />

Mindestabstand ist halbe Tachogeschwindigkeit in Metern<br />

(z.B. bei 60 km/h Abstand 30 m).<br />

Zur Kontrolle hat sich der „Zwei-Sekunden-Abstand“ bewährt,<br />

d.h. der Abstand ist dann ausreichend, wenn zwei<br />

Sekunden zwischen dem Vorbeifahren des vorausfahrenden<br />

Fahrzeugs an einem Leitpfosten und dem eigenen Erreichen<br />

dieses Leitpfostens vergehen.<br />

4.2. Knapper seitenabstand beim Überholen<br />

Knapper Seitenabstand beim Überholen gehört aus Sicht<br />

der Lkw-Fahrer zu den bedeutenden Risiken. Über 90%<br />

der befragten Fahrer halten derartige Manöver für (sehr)<br />

gefährlich. Auch hier zeigt die Unfallforschung, wie richtig<br />

die Fahrer mit ihrer Einschätzung liegen. Gerade beim Überholen<br />

von Zweirädern kommt es immer wieder zu schwersten<br />

Unfällen, weil der Seitenabstand nicht eingehalten wird<br />

oder zu früh eingeschert wird. Achten Sie deshalb beim<br />

Überholen grundsätzlich auf einen ausreichend großen Seitenabstand.<br />

Bei Zweiradfahrern muss dieser mindestens 2 m<br />

betragen – wenn es die Straßensituation erlaubt.<br />

„grundregeln beim Überholen“<br />

Wägen Sie zuerst ab, ob der Zeitgewinn durch das Überholen<br />

in einem angemessenen Verhältnis zu dem damit<br />

verbundenen Risiko und dem erhöhten Kraftstoffverbrauch<br />

steht. Bei schlechter Witterung und eingeschränkter Sicht<br />

sollten Sie grundsätzlich Überholvorgänge vermeiden. Viele<br />

Überholmanöver bringen in der Summe nicht den erhofft<br />

großen Zeitgewinn. Falls doch, vergewissern Sie sich vor<br />

dem Überholen durch einen Doppelblick in den Außenspiegel.<br />

Überholen ist nur dann zulässig, wenn kein schnelles<br />

Fahrzeug von hinten kommt und wenn mit deutlich höherer<br />

Geschwindigkeit zum Vordermann gefahren werden kann<br />

und darf (keine Elefantenrennen!). Setzen Sie den Fahrtrichtungsanzeiger<br />

so frühzeitig, dass der nachfolgende Verkehr<br />

über das Überholmanöver informiert ist. Halten Sie zusätzlich<br />

Blickkontakt zum Verkehrspartner, der überholt wird<br />

und vergewissern Sie sich, dass Sie beim Einscheren ausreichend<br />

Abstand zum überholten Fahrzeug halten.<br />

5. hohe geschwindigkeit<br />

Etwa 80% der vom Verkehrstechnischen Institut befragten<br />

Lkw-Fahrer bewerten hohe Geschwindigkeiten <strong>als</strong> (sehr)<br />

gefährlich. Auch die Bundesstatistik belegt die hohe Relevanz,<br />

denn in rund einem Drittel der Unfälle mit Personenschaden<br />

ist unangepasste Geschwindigkeit (mit)ursächlich.<br />

Geschwindigkeitsmessungen bei Lkw zeigen in diesem<br />

Zusammenhang, dass auf den allermeisten Strecken leider<br />

ca. 10–20 km/h schneller <strong>als</strong> erlaubt gefahren wird. Die<br />

Folgen bei Krisensituationen werden leider häufig unterschätzt:<br />

Wer anstatt 60 km/h mit 80 km/h fährt, hat einen<br />

um etwa 35 Meter längeren Anhalteweg. Wenn an gleicher<br />

Stelle hinter einem Stau ein Fahrzeug aus 60 km/h und ein<br />

weiteres Fahrzeug aus 80 km/h abbremsen, hat das schnellere<br />

an der Stelle, an der das langsamere vor Stauende bereits<br />

zum Stehen kommt, noch eine Geschwindigkeit von etwa<br />

45 km/h!<br />

Arbeitsplatz Lkw (Quelle: GDV)<br />

5

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