Das Kartengeheimnis - Bihler Online
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<strong>Das</strong> <strong>Kartengeheimnis</strong><br />
Von Jostein Gaarder<br />
Jostein Gaarder, geboren 1952, studierte Philosophie, Theologie und<br />
Literaturwissenschaft in Oslo und unterrichtete danach zehn Jahre<br />
lang Philosophie an Schulen und in der Erwachsenenbildung.<br />
Daneben schrieb er Romane und Erzählungen für Kinder und<br />
Erwachsene.<br />
Sein erstes Buch, das in Deutschland publiziert wurde, war „Sofies<br />
Welt“ Es wurde ein sensationeller Erfolg und erhielt sogar den Deutschen<br />
Jugendliteraturpreis.<br />
Zwei Jahre vor „Sofies Welt“, nämlich 1990 jedoch schrieb Gaarder<br />
schon sein Buch „<strong>Das</strong> <strong>Kartengeheimnis</strong>“, das mit dem Preis der<br />
norwegischen Literaturkritik, dem bedeutendsten Literaturpreis des<br />
Landes, ausgezeichnet wurde.<br />
Was mich jedoch so stark an diesem Buch fasziniert, ist, das hier,<br />
ganz im Gegensatz zu „Sofies Welt“, anscheinend die<br />
Rahmenhandlung eine wichtigere Stellung als der philosophische<br />
Aspekt einnimmt. Dies ist jedoch keineswegs der Fall, vielmehr hat es<br />
der Autor geschafft, seine philosophischen Lehrsätze so geschickt zu<br />
verstecken, das der Leser sie fast unbemerkt mit aufnimmt und durch<br />
den Kontext, indem sie stehen, viel einfacher versteht, als bei „Sofies<br />
Welt“, wo die Grundsätze der einzelnen Philosophen sozusagen<br />
„heruntergebetet“ werden.<br />
<strong>Das</strong> „<strong>Kartengeheimnis</strong>“ besteht, so verrät es schon der Einband, im<br />
Prinzip aus drei verschiedenen Reisen: Einer realen von Arendal in<br />
Norwegen nach Athen, einer weiterer, phantastischen Reise auf eine<br />
magische Insel und natürlich einer Odyssee ins Reich der Philosophie.
Die beiden Hauptpersonen sind: Hans-Thomas, ein zwölfjähriger<br />
Junge aus Arendal und sein Vater, der das merkwürdige Hobby<br />
besitzt, Joker aus Spielkarten-Sätzen zu sammeln. Sie sind beide in<br />
einem Fiat nach Griechenland unterwegs, um dort ihre Mutter und<br />
Frau zu suchen, die vor acht Jahren beschlossen hatte, „sich selber zu<br />
finden“ und jetzt plötzlich auf dem Titelblatt einer griechischen<br />
Modeillustrierten wieder aufgetaucht ist.<br />
Über Thomas Vater wird einiges erzählt: Er war das Kind einer<br />
schwedischen Frau, die sich während des 2. Weltkrieges mit einem<br />
deutschen Soldaten eingelassen hatte, der später, acht Monate vor der<br />
Geburt seines Sohnes, an die Russische Front geholt worden war, und<br />
seitdem als verschollen galt. Somit war er als „Deutschenkind“<br />
verschrieen und gehänselt, so daß er mit siebzehn Jahren zur See ging<br />
und erst nach weiter sieben Jahren wieder zurückkehrte, und dann als<br />
Maschinist weiterarbeitete.<br />
Sein größtes Hobby ist jedoch das Philosophieren, und so kommt es,<br />
das sein Sohn, und damit auch der Leser, ständig damit konfrontiert<br />
wird. Auf ihrer Europatour machen die beiden regelmäßig sogenannte<br />
„Zigarettenpausen“, in denen der Vater dem Sohn das erzählte, was er<br />
sich während des Fahrens überlegt hatte.<br />
Lesestück 1<br />
Auf der Fahrt durch die Schweiz treffen sie an einer kleinen<br />
Tankstelle auf einen ebenfalls kleinen Mann. Dieser rät ihnen, als sie<br />
nach dem besten Weg nach Venedig fragen, über ein kleines Örtchen<br />
namens „Dorf“ zu fahren. Als sie weiterfahren wollten, gibt er Hans-<br />
Tomas ein grünes Etui mit einer kleinen Lupe.<br />
Lesestück 2<br />
Sie kommen erst spät in Dorf an und daher beschließt sein Vater,<br />
einen Tag dort zu bleiben. Während sich dieser am zweiten Abend<br />
angeregt mit den Gästen des kleinen Restaurants unterhielt, Ging<br />
Hans-Thomas durch das Dorf, welches so klein war, daß, wie er sagt,<br />
„man nur fünf Minuten benötigte, um sich umzusehen“ und welches<br />
übrigens, wie man später feststellte, von Venedig genauso weit<br />
entfernt war, wie die Tankstelle.
Dabei blieb er vor einer kleiner Bäckerei stehen und schaute sich<br />
einen Goldfisch an, der im Schaufenster stand, wobei er, je länger er<br />
ihn betrachtete, desto mehr mit seinen Gedanken abglitt. Plötzlich<br />
bemerkte er den Bäcker, der ihn zu sich hinein bat und sich dann<br />
angeregt mit ihm auf Norwegisch unterhielt, denn er hatte, so<br />
behauptete er, einige Zeit in der nähe von Arendal gelebt. Als Hans-<br />
Thomas ging gab er ihm eine Tüte mit vier Rosinenbrötchen mit,<br />
wobei er ihn darauf hinwies, das größte nur ganz zum Schluß und<br />
auch nur ganz alleine zu Essen.<br />
Dies tat Hans-Thomas dann auch und stieß dabei auf ein kleines, mit<br />
Mikroschrift geschriebenes Buch, das Brötchenbuch:<br />
Lesestück 3<br />
In ihr wir nun die dritte Reise geschildert, und ab sofort laufen alle<br />
drei parallel im Buch weiter. <strong>Das</strong> Buch berichtet von der Geschichte<br />
eines Seefahrers, der nach einem Schiffsunglück auf eine einsame<br />
Insel kommt, wo er nach einiger Zeit auf Zwerge trifft, die, neben der<br />
Eigenschaft, das er sie alle für Geisteskranke hielt, sich mit den<br />
Namen verschiedener Spielkarten. Den einzigen Menschen, den er<br />
antraf, war der alte Frode, auch ein gestrandeter Matrose, der ihn dann<br />
in das Geheimnis der Insel einweiht:<br />
Lesestück 4<br />
Was noch alles auf der Insel erlebt wurde, ob Hans-Thomas seine<br />
Mutter findet oder was der Vater noch an philosophischen Gedanken<br />
aus sich heraussprudeln läßt, verrate ich jetzt nicht. Es wird aber auf<br />
jeden Fall noch oftmals sehr spannend und ich kann das Buch allen<br />
nur wärmstens empfehlen, egal ob sie sich nun für Philosophie<br />
interessieren, oder nicht.<br />
Übrigens: Die Idee, „Sofies Welt“ zu schreiben, kam dem Autor beim<br />
Nachdenken über die Frage, was man Hans-Thomas, wohl empfohlen<br />
hätte, wenn er, von seiner Griechenlandreise heimgekehrt, in eine<br />
Buchhandlung gegangen wäre und nach einer für ihn geeigneten<br />
Philosophiegeschichte gefragt hätte. Deshalb stehen die Bücher nicht<br />
nur in einem Unmittelbaren Zusammenhang.