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Der Jensen C-V8 Mk II ist eine Rarität. Trotzdem startet ... - Treser Club

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Fahrbericht <strong>Jensen</strong> C-v8<br />

Gentleman-<br />

Express<br />

<strong>Der</strong> <strong>Jensen</strong> C-<strong>V8</strong> <strong>Mk</strong> <strong>II</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Rarität</strong>. <strong>Trotzdem</strong> <strong>startet</strong> Klaus<br />

Steffens im wuchtigen Briten bei Oldtimer-Rallyes und gewinnt sogar die<br />

Silvretta Classic. Was macht das Kunststoff-Coupé so stark?<br />

Die in West bromWich, staffordshire<br />

beheimatete Marke <strong>Jensen</strong> wird im<br />

Automobil-Revue-Katalog von 1964 als<br />

„englische nutzfahrzeugfabrik mit kl<strong>eine</strong>r<br />

Personenwagenproduktion“ beschrieben.<br />

Das <strong>ist</strong> richtig, sogar die Personenwagen<br />

sind irgendwie nutzfahrzeuge:<br />

stabil, geräumig und nicht tot zu kriegen.<br />

Die Agenten des britischen Geheimdienstes<br />

fuhren deshalb <strong>Jensen</strong> C-v8 – und<br />

k<strong>eine</strong> Aston Martin.<br />

Heutzutage nutzt Klaus steffens sein<br />

kastanienfarbenes C-v8-Coupé für rasante<br />

Rallye-einsätze von der H<strong>ist</strong>o<br />

Monte bis zur silvretta Classic, aus der<br />

er in diesem Jahr zusammen mit Beifahrerin<br />

und ehefrau Karin sogar als Gesamtsieger<br />

hervorging. Deshalb <strong>ist</strong> dieser<br />

<strong>Jensen</strong> kein show-, sondern ein nutzfahrzeug.<br />

schon von weitem fallen die<br />

Minilite-Felgen auf, die an stelle der<br />

originalen 175er-Gummis mit üppigen<br />

215/70-Reifen bestückt sind. Dadurch<br />

wirkt das grimmig blickende vier-Augen-<br />

Gesicht noch aggressiver.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Jensen</strong> schaut nicht nur angriffslustig<br />

drein, er <strong>ist</strong> es auch. ein 6,2 Liter<br />

großer Chrysler-v8 mit 335 sAe-Ps und<br />

578 newtonmeter Drehmoment schiebt<br />

den 4,66 Meter langen viersitzer an die<br />

Le<strong>ist</strong>ungsbereiche <strong>eine</strong>s Jaguar e-Type<br />

2 + 2 oder Aston Martin DB5. Die Höchstgeschwindigkeit<br />

liegt bei 225 km/h, und<br />

48 Motor Klassik 12/2008 www.motor-klassik.de<br />

<strong>Der</strong> <strong>Jensen</strong> von Klaus<br />

Steffens <strong>ist</strong> wohl nicht<br />

Concours-tauglich,<br />

andererseits kann er<br />

einiges einstecken.<br />

Minilite-Felgen und<br />

das Webasto Tudor-<br />

Stoffdach sind sportliches,<br />

durchaus zeittypisches<br />

Zubehör<br />

Motor Klassik 12/2008<br />

49


Daten&Fakten<br />

<strong>Jensen</strong> C-<strong>V8</strong> <strong>Mk</strong> <strong>II</strong> (1964)<br />

Motor: Chrysler High Performance <strong>V8</strong>-<br />

Motor, Hubraum 6276 cm3, Bohrung x Hub<br />

108 x 85,9 mm, Verdichtung 10 : 1,<br />

Le<strong>ist</strong>ung 335 SAE-PS bei 4600/min, max.<br />

Drehmoment 578 Nm bei 2800/min,<br />

zentrale Nockenwelle (Kette)<br />

Kraftübertragung: Hinterradantrieb,<br />

Dreigang-Wandlerautomatik „Torqueflite“<br />

Karosserie/Farhwerk: Viersitziges Coupé,<br />

Karosserie aus Kunststoff, Stahl-Leiterrahmen<br />

mit Traversen, vorn doppelte Dreiecksquerlenker<br />

mit Schraubenfedern und<br />

Hebelstoßdämpfer, hinten Starrachse mit<br />

Blattfedern und einstellbaren Teleskopstoßdämpfern,<br />

Scheibenbremsen rundum,<br />

Reifenformat RS 6,70 - 15<br />

der sprint auf Tempo 100 dauert nur<br />

sieben sekunden. Damit war der 1963<br />

erstmals präsentierte C-v8 <strong>Mk</strong> <strong>II</strong> der<br />

schnellste viersitzer s<strong>eine</strong>r Zeit. Dank<br />

des langen Radstands und <strong>eine</strong>s hohen,<br />

weit nach hinten reichenden Dachaufbaus,<br />

der optisch an <strong>eine</strong> Jaguar-Limousine<br />

erinnert, finden auf den beiden schalenförmigen<br />

Rücksitzen zwei erwachsene<br />

genügend Platz.<br />

Aber: Die <strong>Jensen</strong>-Karosserie besteht<br />

aus Fiberglas und nährt deshalb im verbund<br />

mit der importierten Us-Maschine<br />

den verdacht, dass es sich bei dem C-v8<br />

um ein schludrig zusammengeschraubtes<br />

Kitcar handelt.<br />

Maße und Gewicht: Radstand 2670 mm,<br />

Länge x Breite x Höhe 4690 x 1715 x 1400<br />

mm, Leergewicht 1565 Kilogramm<br />

Fahrle<strong>ist</strong>ungen: Null bis 100 km/h in<br />

sieben Sekunden, Topspeed 225 km/h<br />

Bauzeit und Stückzahl: <strong>Mk</strong> I bis <strong>Mk</strong> <strong>II</strong>I<br />

von 1962 bis 1966, insgesamt 483 Stück<br />

Vier Instrumente von drei verschiedenen Herstellern liefern den Beweis: Ersatzteile sind für den <strong>Jensen</strong> kein<br />

großes Problem. Die Heckansicht zeigt im Gegensatz zur Wagenfront weiche, fast schon feminine Formen<br />

Weit gefehlt, denn unter dem attraktiven<br />

Kunststoffkleid steckt fortschrittlichste<br />

Autotechnik. so besteht das Leiter-Chassis<br />

vornehmlich aus zwei arm-<br />

dicken Längsrohren, die von unten die<br />

Torqueflite-Automatik und den Chrylserv8<br />

regelrecht in die Zange nehmen. vier<br />

scheibenbremsen und serienmäßige, höhenverstellbare<br />

Dreipunktgurte gewähren<br />

ein hohes Maß an aktiver und passiver<br />

sicherheit. Die Härte der hinteren<br />

stoßdämpfer <strong>ist</strong> vom Fahrer über <strong>eine</strong>n<br />

Drehknopf am Getriebetunnel in vier<br />

stufen einstellbar.<br />

schließlich im Innenraum: Holz und<br />

Leder, so weit das Auge reicht. Dazu<br />

Die beiden Sitze im Fond<br />

bieten sicheren Seiten-<br />

halt. Das Cockpit <strong>ist</strong> der<br />

Arbeitsplatz des Rallye-<br />

Teams mit modernem<br />

Radio, Außentemperaturanzeige<br />

und mechanischem<br />

Halda-Twinmaster<br />

hübsch gemachte staufächer neben den<br />

Rücksitzen und in der Mittelkonsole.<br />

ein Blick auf die Geschichte der traditionsreichen<br />

Marke macht ebenfalls<br />

deutlich, dass hier k<strong>eine</strong> stümper zu Gange<br />

waren. Die aus Birmingham stammenden<br />

Brüder Alan (1906 - 1993) und<br />

Richard <strong>Jensen</strong> (1909 - 1976) übernahmen<br />

1936 die Karosserie-Firma W. J.<br />

smith & sons, in der sie bereits mehrere<br />

Jahre als Konstrukteure und Designer<br />

arbeiteten. neben Lastwagen-Aufbauten<br />

entstanden auch sportliche Personenwagen,<br />

unter anderem auf Ford-Basis.<br />

<strong>eine</strong>r der Auftraggeber war kein Geringerer<br />

als Us-Filmstar Clark Gable.<br />

<strong>Der</strong> große <strong>Jensen</strong><br />

<strong>ist</strong> kein Show-, sondern<br />

ein Nutzfahrzeug<br />

<strong>Der</strong> erste <strong>Jensen</strong>-Personenwagen, ein<br />

offener Tourer mit 3,6-Liter-v8 von Ford,<br />

erschien 1935 und wurde 50 Mal gebaut.<br />

<strong>Trotzdem</strong> blieben Leichtbau-Lastwagen<br />

mit Alu-Kastenrahmen, die <strong>Jensen</strong> unter<br />

der Marke Jnsn vertrieb, die eigentlichen<br />

verkaufsschlager.<br />

Durch die Produktion von Rüstungsgütern,<br />

darunter Aufbauten für Lösch-<br />

und Krankenfahrzeuge, überstand <strong>Jensen</strong><br />

die Kriegsjahre mit gut gefüllten<br />

Kassen und widmete sich verstärkt der<br />

Produktion von Personenwagen.<br />

nach der großen PW-Limousine mit<br />

vier-Liter-sechszylinder von Austin präsentierte<br />

<strong>Jensen</strong> 1950 den ersten Inter-<br />

ceptor mit moderner Ponton-Karosserie<br />

aus Aluminium. <strong>Jensen</strong>-Designer eric<br />

neale, der 1946 von Wolseley kam, schuf<br />

vier Jahre später sein Me<strong>ist</strong>erstück.<br />

Die Karosserie des 541 mit kraftvollrundlichem<br />

Fastback-Heck bestand aus<br />

Fiberglas und ruhte bereits auf dem Leiterrahmen<br />

des nachfolgenden Typs C-v8,<br />

musste aber mit dem nur 130 Ps starken<br />

Austin-sechszylinder vorliebnehmen.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Jensen</strong> FF (Ferguson Formula)<br />

von 1966, der optisch wie auch technisch<br />

auf dem neuen, von vignale entworfenen<br />

Interceptor basierte, besaß als erstes serienauto<br />

permanenten Allradantrieb und<br />

<strong>eine</strong> ABs-Bremsanlage.<br />

Doch nicht nur zahlreiche technische<br />

neuerungen, sondern auch viele, von<br />

<strong>Jensen</strong> übernommene Fremdaufträge<br />

dokumentieren die vielseitigkeit der britischen<br />

Firma. so entstanden dort zeitweise<br />

unter anderem der Austin Healey<br />

und das volvo P 1800 Coupé.<br />

Doch am besten demonstriert steffens‘<br />

Rallye-<strong>Jensen</strong>, aus welchem Holz<br />

der exote geschnitzt <strong>ist</strong>. <strong>Der</strong> diplomierte<br />

Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieur,<br />

der s<strong>eine</strong>n C-v8 und noch andere<br />

hochkarätige Old- und Youngtimer selbst<br />

wartet, erstand das Coupé 2004 von<br />

<strong>eine</strong>m Mittdreißiger in england.<br />

„<strong>Der</strong> fuhr den Wagen als Alltagsauto<br />

und benötigte wegen nachwuchs ein<br />

praktisches Auto mit Hecklappe“, berichtet<br />

steffens. <strong>Der</strong> <strong>Jensen</strong> hatte den zweiten<br />

Motor, aber den ersten Lack. nach<br />

<strong>eine</strong>r gründlichen Trockenlegung der<br />

v8-Maschine spulten die neuen eigner<br />

mit ihrem kommoden engländer 40 000<br />

pannenfreie Kilometer ab.<br />

50 Motor Klassik 12/2008 www.motor-klassik.de www.motor-klassik.de<br />

Motor Klassik 12/2008 51


Klaus Steffens bezeichnet<br />

s<strong>eine</strong>n <strong>Jensen</strong> als <strong>eine</strong>n<br />

„guten Gleiter “. Für enge<br />

P<strong>ist</strong>en greift er lieber auf<br />

s<strong>eine</strong>n Triumph TR 4 zurück<br />

jetzt beWerben<br />

Wer an der Silvretta Classic 2009 vom 1. bis 5. Juli<br />

teilnehmen möchte, kann jetzt unter Telefon 07 11/<br />

1 82 14 24 oder unter www.silvretta-classic.de<br />

die Ausschreibung anfordern. Kurz zum Reglement:<br />

Teilnehmen können Klassiker und Youngtimer bis<br />

Baujahr 1988, <strong>eine</strong> besondere Ausrüstung <strong>ist</strong> für den<br />

Gesamtsieg nicht erforderlich – außer mindestens<br />

zwei Stoppuhren und <strong>eine</strong>m Beifahrer, der sie<br />

bedienen kann. Das Nenngeld beträgt 990 Euro.<br />

Und wer nach dem gleichen Wertungsmodus<br />

lieber durch Sachsen oder durch die Eifel fahren will,<br />

sollte sich die Termine unserer beiden anderen Rallyes<br />

vormerken: Sachsen Classic vom 12. bis 15. August,<br />

Eifel Classic vom 30. September bis 3. Oktober.<br />

52 Motor Klassik 12/2008<br />

<strong>Der</strong> Chrysler-<strong>V8</strong> überzeugt<br />

durch Kraft und Ausdauer<br />

Eine elektronische<br />

Zündung, <strong>eine</strong> zweite<br />

Benzinpumpe und der<br />

zusätzliche, einstellbare<br />

Kühllüfter halten die<br />

6,2-Liter-Maschine bei<br />

Laune. <strong>Der</strong> Motor <strong>ist</strong> tief<br />

und nach hinten versetzt<br />

im Chassis platziert<br />

Und jetzt sind wir dran. Mit <strong>eine</strong>m<br />

satten Klack fällt die Tür aus Aluminium<br />

ins schloss. Fahrer und Beifahrer sitzen<br />

weit voneinander entfernt und relativ<br />

nah an der Windschutzscheibe. Gut für<br />

ehepaare, die nicht mehr andauernd turteln<br />

müssen. <strong>Der</strong> nach hinten gerückte<br />

v8 und die Automatik machen sich im<br />

Innenraum ziemlich breit. Kalte Füße<br />

kriegt hier k<strong>eine</strong>r, der Chrysler-Bigblock<br />

heizt ordentlich ein.<br />

Auch auf der straße. schon bei 60<br />

km/h <strong>ist</strong> die dritte und letzte Fahrstufe<br />

erreicht. <strong>eine</strong> zügige Überlandfahrt<br />

spielt sich im Bereich von 2000/min bis<br />

2500/min ab. Wenn es mal schneller als<br />

100 km/h gehen soll und der Pilot sanft<br />

das Gaspedal niederdrückt, grummelt<br />

der massiv schallgedämpfte <strong>Jensen</strong> etwas<br />

stärker als bisher. Dann geht die<br />

Tachonadel zügig nach oben, während<br />

der Drehzahlzeiger fast stehen bleibt,<br />

um dann doch, ziemlich gelangweilt, der<br />

davoneilenden nachbarnadel zu folgen.<br />

so etwas nennt man Torque-show.<br />

Als Fahrer <strong>ist</strong> man über die Automatik<br />

heilfroh: Das große Lenkrad will mangels<br />

servo-Unterstützung mit beiden<br />

Händen fest im Griff gehalten werden.<br />

Die Zahnstangenlenkung arbeitet angenehm<br />

direkt – und nach wenigen Kilometern<br />

Fahrt weiß man, wie‘s lang geht.<br />

Zu den vertrauensbildenden Maßnahmen<br />

zählen zupackende Bremsen, ein<br />

neutrales Kurvenverhalten und <strong>eine</strong><br />

komfortable, aber k<strong>eine</strong>swegs schwammige<br />

Fahrwerksabstimmung. <strong>Der</strong> hohe<br />

nutzwert des <strong>Jensen</strong> C-v8 für sportliche<br />

Orientierungs- und Gleichmäßigkeitsfahrten<br />

steht also außer Frage.<br />

Hinzu kommt noch <strong>eine</strong> Menge<br />

spaß, den Individual<strong>ist</strong> steffens so definiert:<br />

„Mit dem seltenen <strong>Jensen</strong> fahren<br />

wir <strong>eine</strong>n wahren exoten, ohne jedoch<br />

alle 2000 Kilometer darüber nachdenken<br />

zu müssen, ob ich den Motor mal wieder<br />

überholen muss.“ Lieber, so scheint es,<br />

überholen er und s<strong>eine</strong> Frau die staunenden<br />

Konkurrenten.<br />

TexT: Franz-Peter hudek<br />

FOTOS: Dino eisele

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