Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey - Kasseler Gesundheitstage
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<strong>Kasseler</strong> <strong>Gesundheitstage</strong><br />
„Gesundheit ist unser Ziel“<br />
Kassel, 08. März 2012<br />
Gesundheit bis ins hohe Alter?<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Adelheid</strong> <strong>Kuhlmey</strong><br />
Institut für Medizinische Soziologie<br />
im Zentrum für Human- und Gesundheitswissenschaften<br />
der Charité – Universitätsmedizin Berlin
Das Alter(n)<br />
Der Begriff Alter steht für eine bestimmte<br />
Lebensphase; eine Periode am Ende<br />
der menschlichen Biographie.<br />
Altern dagegen ist ein Prozess. Der<br />
begriffliche Schwerpunkt liegt auf den<br />
Mechanismen, die zum Alter führen und<br />
die dem Altwerden zugrunde liegen.
Das Alter(n)<br />
Entwicklung des Anteils älterer und hochbetagter<br />
Menschen 1953 - 2050<br />
Alter in Jahren Kalenderjahr Zu-/Abnahme<br />
Bevölkerungszahl<br />
60 und älter<br />
Bevölkerungszahl<br />
80 und älter<br />
1953 1971 2000 2020 2050 1953 2000<br />
bis<br />
2000<br />
bis<br />
2050<br />
10.618.429 15.567.540 18.881.148 22.886.300 25.199.500 77,8% 33,5%<br />
783.540 1.536.469 2.934.837 5.266.500 7.919.800 274,6% 169,9%<br />
Quelle: Berechnungen im Rahmen der 4. Altenberichtserstattung
Die Gesundheit<br />
Gesundheit ist … überwiegend ein<br />
gesellschaftlicher Begriff. Gesundheit<br />
wieder herzustellen heißt in Wahrheit:<br />
Den Kranken zu einer Art von<br />
Gesundheit zu bringen, die in der<br />
jeweiligen Gesellschaft die jeweils<br />
anerkannte ist, ja in der Gesellschaft<br />
selbst erst gebildet wird.<br />
(Ernst Bloch)
Chronische Erkrankungen<br />
Verteilung der Todesursachen 65-Jähriger und Älterer, aufgeschlüsselt<br />
nach Einzelerkrankungen<br />
Quelle: Menning 2006
Multimorbidität<br />
Berliner Altersstudie: Jeder vierte über 70-Jährige leidet an fünf<br />
gleichzeitig behandelten Erkrankungen (Steinhagen-Thiessen/Borchelt<br />
1996)<br />
Alterssurvey: 24% der über 70-Jährigen gaben an, an fünf und mehr<br />
Erkrankungen zu leiden (Tesch-Römer 2002)<br />
Gesundheitssurvey: Ca. die Hälfte der über 65-Jährigen weisen drei oder<br />
mehr relevante chronische Erkrankungen auf (Kohler/Ziese 2004)
Bickel et al. 2002; 2009<br />
C h a r i t é – U n i v e r s i t ä t s m e d i z i n B e r l i n
Die Gesundheit<br />
Risiko der Pflegebedürftigkeit (in %)<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0,5<br />
3,5<br />
vor dem 60. Lebensj. zwischen 60. u. 80.<br />
Lebensj.<br />
28<br />
nach 80. Lebensj.
Die Gesundheit<br />
Medikalisierungsthese:<br />
Gesamtmorbidität nimmt zu<br />
v e r s u s<br />
Kompressionsthese:<br />
Verschiebung der<br />
Morbiditätsanfälligkeit<br />
in die letzten Lebensjahre
Gesundes Alter(n) ist abhängig von:<br />
1. dem persönlichen<br />
Gesundheitsverhalten<br />
2. den Verhältnissen eines Gesundheits-<br />
systems<br />
3. den sozialen Ressourcen, die im<br />
Lebenslauf erworben wurden<br />
4. den biographischen Ereignissen, die im<br />
Alter auftreten
Das gesunde Alter(n)<br />
Muster des Lebensinvestments zwischen<br />
20 und 105 Jahren<br />
Junges<br />
Erwachsenen-<br />
Alter<br />
25-34 Jahre<br />
• Beruf<br />
• Freunde<br />
• Familie<br />
• Unabhängigkeit<br />
Mittleres<br />
Erwachsenen-<br />
Alter<br />
35-54 Jahre<br />
• Familie<br />
• Beruf<br />
• Freunde<br />
• Kognitive<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Höheres<br />
Erwachsenen-<br />
Alter<br />
55-65 Jahre<br />
• Familie<br />
• Gesundheit<br />
• Freunde<br />
• Kognitive<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Hohes<br />
Erwachsenen-<br />
Alter<br />
70-84 Jahre<br />
• Familie<br />
• Gesundheit<br />
• Kognitive<br />
Leistungsfähigkeit<br />
• Freunde<br />
Sehr hohes<br />
Erwachsenen-<br />
Alter<br />
85-105 Jahre<br />
• Gesundheit<br />
• Familie<br />
• Nachdenken<br />
über das<br />
Leben<br />
• Kognitive<br />
Leistungsfähigkeit<br />
(Staudinger, U. 1996)
Gesundes Alter(n) ist abhängig von:<br />
1. dem persönlichen Gesundheitsverhalten<br />
2. den Verhältnissen eines<br />
Gesundheitssystems<br />
3. den sozialen Ressourcen, die im<br />
Lebenslauf erworben wurden<br />
4. den biographischen Ereignissen, die im<br />
Alter auftreten
Die Top-20 der „Nicht-Krankheiten“<br />
(British Medical Journal 2003)<br />
1. älter werden<br />
2. arbeiten<br />
3. Langeweile<br />
4. Tränensäcke<br />
5. Ignoranz<br />
6. Haarausfall<br />
7. Sommersprossen<br />
8. große Ohren<br />
9. graues Haar<br />
10. Hässlichkeit<br />
11. Geburt<br />
12. Allergie<br />
13. Jetlag<br />
14. Unglücklichsein<br />
15. Zellulitis<br />
16. Kater<br />
17. unzureichende Penisgröße<br />
18. Schwangerschaft<br />
19. Ausrasten beim Autofahren<br />
20. Einsamkeit
Gesundes Alter(n) ist abhängig von:<br />
1. dem persönlichen Gesundheitsverhalten<br />
2. den Verhältnissen eines<br />
Gesundheitssystems<br />
3. den sozialen Ressourcen, die im<br />
Lebenslauf erworben wurden<br />
4. den biographischen Ereignissen, die im<br />
Alter auftreten
Schulbildung und Lebenserwartung<br />
Lebenserwartung ab 16 Jahren<br />
(in Jahren)<br />
Schulbildung mit Abitur ohne Abitur<br />
Männer 60,3<br />
57,0<br />
Frauen<br />
65,5<br />
61,6<br />
Stichprobe: ca. 12.000 Männer und Frauen ab 16 Jahren aus den alten<br />
Bundesländern<br />
Datenbasis: Befragung 1984-1993 (Sozio-ökonomisches Panel)<br />
Quelle: Klein, Th., 1996
Risikofaktoren für die Manifestation einer<br />
Alzheimer-Krankheit<br />
Risikofaktor gesichert wahrscheinlich<br />
Alter +<br />
Familiäre Belastung +<br />
ApoE4 + +<br />
Geschlecht + +<br />
unsicher interaktiv sehr<br />
unsicher<br />
Sozialer Status +<br />
Lebensstil +<br />
Schädel-Hirntrauma + +<br />
Depression +<br />
Hypothyreose +<br />
Diabetes +<br />
Umweltexposition +<br />
Aluminium +<br />
Zink +<br />
Rauchen + +<br />
Vitamin B12-Mangel +<br />
Körperliche Inaktivität +<br />
(Quelle: BMFSJF 2002)
Gesundes Alter(n) ist abhängig von:<br />
1. dem persönlichen Gesundheitsverhalten<br />
2. den Verhältnissen eines<br />
Gesundheitssystems<br />
3. den sozialen Ressourcen, die im<br />
Lebenslauf erworben wurden<br />
4. den biographischen Ereignissen, die<br />
im Alter auftreten
Selektive Optimierung mit Kompensation<br />
(Baltes/Baltes)<br />
Selektion = die Verringerung der großen Zahl<br />
von Lebenszielen und Aktivitäten<br />
Optimierung = das Bemühen, Reserven<br />
auszuschöpfen und Handlungen<br />
zu verbessern<br />
Kompensation = der Umgang mit Verlusten unter<br />
Heranziehen von Hilfen und<br />
Alternativen