Ablehnung sofortige Vollziehung - Umweltruf
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Landesverwaltungsami . Postfach 20 02 56 . 06003 Halle (Saale)<br />
Frau<br />
Bärbel Claus<br />
Teucherner Weg 83<br />
06682 Teuchern OT Obernessa<br />
Entscheidung über den Antrag der <strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong><br />
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I~<br />
ANHALT<br />
1212-2012<br />
Hier: Genehmigungsbescheid vom 11. Januar 2012, 402.4.5-44008/09/50/2G<br />
Sehr geehrte Frau Claus,<br />
anliegend erhalten Sie eine Kopie der Entscheidung zum Antrag der Logistik-<br />
zentrum Bahnhof Nessa Verwaltungsgemeinschaft mbH i.G. vertreten durch<br />
die Rechtsanwälte Rommers, Robra, Meyer vom 30. März 2012 auf Anord-<br />
nung der <strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong> gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 80 Abs.<br />
2 Nr. 4 VwGO zum Genehmigungsbescheid vom 11. Januar 2012, 402.4.5-<br />
44008/09/50/2G zu Ihrer Kenntnis.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Im Auftrag<br />
Anlage<br />
<strong>Ablehnung</strong> der Anordnung der <strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong> vom 01.Juni 2012 mit<br />
dem Az: 402.4.5-44008/09/50/2G/sv<br />
SACHSEN-ANHALT<br />
LANDESVERWALTUNGSAMT<br />
Referat Immissionsschutz,<br />
Chemikaliensicherheit,<br />
Gentechnik,<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
Halle, 04. Juni 2012<br />
Ihr Zeichen: 402<br />
Bearbeitet von: Herrn Dr. Discher<br />
Hans-Juergen.Discher@<br />
Ivwa.sachsen-anhalt.de<br />
Tel.: (0345) 514-2500<br />
Fax: (0345) 514-2512<br />
Dienstgebäude:<br />
Dessauer Straße 70<br />
06118 Halle (Saale)<br />
Hauptsitz:<br />
Ernst-Kamieth-Straße 2<br />
06112 Halle (Saale)<br />
Tel.: (0345) 514-0<br />
Fax: (0345) 514-1444<br />
Poststelle@<br />
Ivwa.sachsen-anhalt.de<br />
Internet:<br />
www.landesverwaltungsamt.<br />
sachsen-anhalt.de<br />
E-Mail-Adresse nur für.<br />
formlose Mitteilungen<br />
ohne elektronische Signatur<br />
Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt<br />
Deutsche Bundesbank<br />
Filiale Magdeburg<br />
BLZ 810000 00<br />
Konto 81001500<br />
BIC MARKDEF1810<br />
IBAN DE21810000000081001500
SACHSEN-ANHALT<br />
Landesverwaltungsamt<br />
<strong>Ablehnung</strong> der Anordnung der <strong>sofortige</strong>n<br />
<strong>Vollziehung</strong><br />
für den Genehmigungsbescheid vom 11.01.2012<br />
- Az: 402.4.5-44008/09/50/2G -<br />
für die Firma<br />
Logistikzentrum Bahnhof Nessa Verwaltungsgesellschaft mbH i. G.<br />
vertreten durch den Geschäftführer Herrn Marko Loreck<br />
vom 01.06.2012<br />
Az: 402.4.5-44008/09/50/2G/sv
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SACHSEN-ANHALT<br />
Landesverwaltungsamt<br />
402.4.5-44008/09/50/2G/sv<br />
I. Hauptsacheentscheidung<br />
Der Antrag der Fa. die Logistikzentrum Bahnhof Nessa Verwaltungsgesellschaft mbH i. G.<br />
(Antragstellerin, Ast.in) mit Posteingang vom 30.03.2012 auf Anordnung der <strong>sofortige</strong>n<br />
<strong>Vollziehung</strong> für den im Titelblatt erwähnten Genehmigungsbescheid wird abgelehnt.<br />
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin<br />
11.Sachverhalt<br />
Am 20. April 2009 wurde durch die Firma SVG Sortierungs- und Vermarktungsgesellschaft mbH<br />
(SVG) der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage<br />
zum Umschlagen von gefährlichen Abfällen, auf die die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und<br />
Abfallgesetzes Anwendung finden, mit einer Leistung von maximal 1.000 Tonnen je Tag am<br />
Standort in 06682 Nessa, Gemarkung Nessa, Flur 3, Flurstücke 134, 136, 140, 142 nach § 4<br />
BlmSchG gestellt.<br />
Das Genehmigungsverfahren wurde nach § 10 BlmSchG i. V. m. der Verordnung über das<br />
Genehmigungsverfahren (9. BlmSchV) durchgeführt.<br />
Der Antrag wurde mit Bescheid vom 07.07.2011 (Az.: 402.4.5-44008/09/50) wegen fehlender<br />
persönlicher Zuverlässigkeit des Geschäftsführers der SVG abgelehnt, wogegen die SVG in der<br />
Folgezeit klagte.<br />
Ein Urteil im Rechtsstreit erging nicht, denn mit Schreiben vom 29.12.2011 wurde seitens der<br />
SVG angezeigt, dass sich der Betreiber der Anlage ändert, welche nunmehr die Ast.in, vertreten<br />
durch den Geschäftsführer Herrn Marco Loreck, mit Sitz in Teuchern sein würde. Der<br />
Antragsgegenstand blieb vollumfänglich erhalten.<br />
Nach Prüfung der genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen und aufgrund des angezeigten<br />
Betreiberwechsels wurde die Genehmigung gemäß § 4 BlmSchG mit Datum vom 11.01.2012<br />
erteilt, da ich davon überzeugt war, dass die Voraussetzungen der §§ 5 und 6 BlmSchG nunmehr<br />
erfüllt waren. Die Genehmigung wurde gemäß § 12 Abs. 1 BlmSchG mit Auflagen verbunden.<br />
Mit Datum vom 23.03.2012 wurde durch Frau Bärbel Claus (Klägerin) Klage gegen die o. g.<br />
Genehmigung beim Verwaltungsgericht Halle (Saale) erhoben.<br />
Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist die aufschiebende Wirkung der Klage<br />
nicht Kraft Gesetzes aufgehoben. Der Begünstigte, der die aufschiebende Wirkung des<br />
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eingelegten Rechtmittels beseitigen will, muss bei der Behörde nach § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO die<br />
Anordnung der <strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong> beantragen.<br />
Daraufhin stellte die Ast.in mit Posteingang vom 30.03.2012 den Antrag auf Anordnung der<br />
<strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong> für die Errichtung der o. g. Anlage gemäß § 80 a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 80<br />
Abs. 2 NrA VwGO.<br />
Ihr besonderes Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO hat sie mit Schreiben vom<br />
30.03.2012 begründet.<br />
Sie führt aus im Vordergrund stehe vor allem ihr wirtschaftliches Interesse, die Genehmigung<br />
sofort ausnutzen zu dürfen. Am Standort seien etwa drei Millionen Euro investiert worden.<br />
Sie führt weiter an, dass sie inzwischen auf Basis der erteilten Genehmigung vertragliche<br />
Verpflichtungen gegenüber der BMG Recycling GmbH, der SVG Sortierungs- und<br />
Vermarktungsgesellschaft mbH, der Firma Böhme Containerdienst sowie der Firma Böttcher's<br />
Containerdienst übernommen habe.<br />
Sollte sie am Gebrauchmachen von der Genehmigung wegen der aufschiebenden Wirkung der<br />
eingelegten Klage gehindert sein, würde sie erheblichen vertraglichen Schadensersatzansprüchen<br />
der genannten Firmen ausgesetzt sein.<br />
Im Ergebnis dessen würden ca. 60 Arbeitsplätze bei der Genehmigungsinhaberin und der<br />
Firmengruppe im Bestand gefährdet und damit für sie existenzbedrohend sein.<br />
Die Ast.in gibt ferner an, dass nach der Erteilung der Genehmigung bereits die Verkehrsflächen<br />
für den beabsichtigten Anlagenbetrieb vorbereitet wurden.<br />
Der Klägerin wurde zunächst der vorläufige Entwurf einer Anordnung der <strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong><br />
zur Kenntnis gebracht und ihr wurde Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern. Der Entwurf war<br />
vorläufig, denn er berücksichtigte zunächst nur das Vorbringen der Ast.in. Nominell hatte die<br />
Klägerin zu dieser Zeit noch nicht Stellung zum Antragsvorbringen der Ast.in nehmen können.<br />
Von der ihr eingeräumten Möglichkeit hat die Klägerin mit Schreiben vom 09.05.2012 Gebrauch<br />
gemacht.<br />
Hierin trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass<br />
- die SVG mbH, mit ihrem Geschäftsführer, Herrn Andreas Böhme, die alleinige Gesellschafterin<br />
der Genehmigungsinhaberin sei. Die genannte Person sei aber unzuverlässig und so sei auch für<br />
die Genehmigungsinhaberin die erforderliche Zuverlässigkeit nicht vorhanden,<br />
- von der geplanten Umschlaganlage eine umfassende Gefährdung der Bevölkerung ausgehe,<br />
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Landesverwaltungsamt<br />
402.4.5-44008/09/50/2 G/sv<br />
- aus fürsorgerischen Gründen gegenüber der Genehmigungsinhaberin von einer Anordnung<br />
abgesehen werden soll, da bei Aufhebung der Genehmigung im Klageverfahren auf diese Kosten<br />
für die Stilllegung, den Rückbau, die Rekultivierung der kontaminierten Flächen, bzw.<br />
Schadenersatzansprüche der betroffenen Bürger zukämen, und schließlich<br />
- verwies die Klägerin auf Ihre Klagebegründung im laufenden Rechtsstreit vor dem VG Halle (4 A<br />
51/12 HAL).<br />
Nachdem ich die Faktenlage summarisch so festgestellt hatte, habe ich nunmehr die Prüfung der<br />
wechselseitig dargestellten Interessen, insbesondere die Nachvollziehbarkeit dieser Interessen<br />
zum Abschluss gebracht, um eine sachgerechte Entscheidung zu treffen.<br />
11.Würdigung<br />
1. Nach § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO kann die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auf<br />
Antrag des Begünstigten nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die <strong>sofortige</strong> <strong>Vollziehung</strong> anordnen, wenn<br />
ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an den Begünstigten gerichteten Verwaltungsakt<br />
eingelegt hat. § 80 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dient beim Verwaltungsakt mit Drittwirkung der<br />
Überwindung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) des Rechtsbehelfs des Dritten<br />
durch eine behördliche Anordnung der <strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong> (vgl. Schoch, in: Schoch/Schmidt-<br />
Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 80a RdNr. 23).<br />
Vom Zweck des § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO her kann der Antrag nur mit einem überwiegenden<br />
Vollzugsinteresse der Genehmigungsinhaberin (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Fall 2) begründet<br />
werden, da es keinen Anspruch der Genehmigungsinhaberin auf Anordnung der <strong>sofortige</strong>n<br />
<strong>Vollziehung</strong> im öffentlichen Interesse gibt. (vgl. Finkeinburg, Einstweiliger Rechtsschutz, RdNr.<br />
807).<br />
Da § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO somit die Anordnung der <strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong> im öffentlichen<br />
Interesse nicht betrifft, bedarf diese Anordnung stets eines Antrages des Begünstigten. § 80a Ab.1<br />
Nr. 1 VwGO betrifft deshalb nur die nachträgliche Anordnung der <strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong>, die<br />
Anordnung nach Erlass des Verwaltungsaktes und nach Einlegung eines Rechtsbehelfs.<br />
2. Dem Antrag konnte ich nicht stattgeben. Die in einem Verfahren nach § 80 a Abs. 1 VwGO zu<br />
treffende behördliche Entscheidung ergeht im Wege einer Interessenabwägung. Abzuwägen sind<br />
das Interesse der Ast.in an der <strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong> der ihr erteilten Genehmigung<br />
(<strong>Vollziehung</strong>sinteresse) und das Interesse der Kläger an der aufschiebenden Wirkung ihres<br />
Rechtsbehelfs (Suspensivinteresse). Das Suspensivinteresse findet seine Grundlage in § 80 Abs.<br />
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Landesverwaltungsamt<br />
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1 VwGO, das <strong>Vollziehung</strong>sinteresse ist im Falle der behördlichen Anordnung über § 80 Abs. 2 S.<br />
1 Nr. 4 VwGO im Einzelfall konkret festzustellen.<br />
Das Gewicht dieser gegenläufigen Interessen wird entweder durch die summarisch zu prüfenden<br />
Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (hier: Klage) - Abwägung aufgrund<br />
summarischer Erfolgsprüfung - oder durch die voraussichtlichen Folgen des Suspensiveffekts<br />
einerseits und der <strong>sofortige</strong>n <strong>Vollziehung</strong> andererseits (Folgenabwägung) bestimmt.<br />
a) Bei der Abwägung aufgrund summarischer Erfolgsprüfung gilt, dass Suspensivinteresse umso<br />
größeres Gewicht hat, je mehr der Rechtsbehelf Aussicht auf Erfolg hat, und dass umgekehrt das<br />
<strong>Vollziehung</strong>sinteresse umso mehr Gewicht hat, je weniger Aussicht auf Erfolg der Rechtsbehelf<br />
hat. Ist der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig oder bestehen ernstliche<br />
Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit, ist der Antrag nach § 80 a Abs. 1 VwGO regelmäßig<br />
abzulehnen.<br />
b) Davon zu unterscheiden ist aber die gebotene vorrangige Prüfung, ob überhaupt ein in die<br />
Abwägung einstellbares <strong>Vollziehung</strong>sinteresse der Ast.in besteht, welches eine Ausnahme von<br />
dem Grundsatz der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO rechtfertigt. Ist das nicht<br />
schon kraft Gesetzes der Fall (vgl. z. B. die Fälle des § 80 Abs. 2 Nrn. 1 - 3), so muss das<br />
<strong>Vollziehung</strong>sinteresse im Einzelfall entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4<br />
VwGO konkret festgestellt werden. Dabei begründet die von der Behörde aufgrund summarischer<br />
Erfolgsprüfung gewonnene Erkenntnis, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich<br />
rechtmäßig ist, als solche kein <strong>Vollziehung</strong>sinteresse in diesem Sinne (vgl. VGH Mannheim,<br />
Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - m. w. N., juris).<br />
c) Anhaltspunkte für eine offensichtliche Rechtswidrigkeit meiner Genehmigung vom 11.01.2012,<br />
welche an die Ast.in als jetzige Anlagenbetreiberin gerichtet ist, vermag ich nicht zu erkennen.<br />
Aus dem Vorbringen der Ast.in lässt sich der Schluss auf ein sich durchsetzendes<br />
<strong>Vollziehung</strong>sinteresse nicht ziehen.<br />
Das von der Ast.in geltend gemachte (wirtschaftliche) Interesse erschöpft sich in dem<br />
gewöhnlichen für jeden Genehmigungsinhaber gleichermaßen geltenden Interesse, die erteilte<br />
immissionsschutzrechtliche Genehmigung bezüglich des Umschlagens von Abfällen rasch<br />
ausnutzen zu können. Soweit die Ast.in geltend macht, aus erheblichen wirtschaftlichen Gründen<br />
(drohende Schadenersatzforderungen) sei das <strong>sofortige</strong> Umschlagen von Abfällen erforderlich,<br />
vermag dies kein überwiegendes Interesse der Ast.in zu begründen. Im Rahmen seiner<br />
wirtschaftlichen Dispositionen muss ein Anlagenbetreiber regelmäßig in Rechnung stellen, dass<br />
die Genehmigung im Fall der Einlegung dagegen gerichteter Rechtsbehelfe unter Umständen erst<br />
nach Eintritt der Bestandskraft ausgenutzt werden kann. Dies gilt erst Recht, wenn man die<br />
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Landesverwaltungsamt<br />
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besonderen Umstände des vorliegenden Falles betrachtet. Da wäre zum Einen die öffentliche<br />
Anteilnahme an dem Genehmigungsverfahren, d. h. die Vorgeschichte der umstrittenen<br />
Genehmigung, die eine Anfechtung derselben durch Dritte nahe legte. Da wäre zum Anderen aber<br />
auch der Umstand, dass ein Teil der behaupteten wirtschaftlichen Dispositionen der Ast.in (mit<br />
bestimmten Firmen) noch gar nicht in Vertragsschlüsse gemündet sind, während die von ihr<br />
geschlossenen Verträge sich auffällig nahezu nur im Bereich der Firmengruppe .Andreas Böhme"<br />
bewegen (zu der auch die Ast.in gehört), so dass die Frage nach der Durchsetzung von<br />
Schadenersatzansprüchen wohl kaum auf dem üblichen Wege geklärt würde.<br />
Dass innerhalb der erwähnten Firmengruppe möglicherweise Arbeitsplätze in Frage stehen<br />
könnten, begründet kein <strong>Vollziehung</strong>sinteresse der Ast.in. Hier liegt vielmehr ein<br />
Darlegungsmangel seitens der Ast.in vor; sie müsste schon darlegen, wie viele Arbeitsplätze bei<br />
ihr "bedroht" sind. Die Firmengruppe Böhme besteht nämlich aus jur. Personen des Privatrechts;<br />
ein bloßes Aufsummieren aller dort Beschäftigter, begründet kein <strong>Vollziehung</strong>sinteresse für die<br />
Ast.in.<br />
Hinzukommt, dass durch die Ast.in nicht dargelegt wurde, dass die getätigten Investitionen (worin<br />
eigentlich?) von angeblich drei Millionen Euro von ihr stammen. Die Genesis des Standortes sieht<br />
vielmehr so aus: 1988 wurde der Schienenstrang gebaut, der eigentlich als strategischer<br />
Lagerplatz für den Bau einer Autobahn in Richtung Westgrenze der DDR dienen sollte. Nach der<br />
Wende ging das Gelände in Eigentum der Gemeinde Nessa über. Diese beplante Mitte der<br />
neunziger Jahre das Industriegebiet und erschloss es auch. Hier unterhielt die Gemeinde eine<br />
eigene Anschlussbahn, bis sie in der Einheitsgemeinde Teuchern aufging. Der letzte rn gehört die<br />
Bahnanlage heute.<br />
Bereits seit 1998 besaß die Gemeinde Nessa die Genehmigung "Eisenbahnverkehrsleistungen im<br />
Güterverkehr" am Standort zu erbringen. Der oben erwähnte Andreas Böhme schloss mit der<br />
ehem. Gemeinde eine Nutzungsvereinbarung über jene Anlage im Industriegebiet Obernessa ab.<br />
Der Umschlagplatz selbst wurde am 14.12.2007 eröffnet. Güterverkehr wurde seither am Standort<br />
praktiziert. Es kamen Container aus ganz Europa und lieferten Schüttgut an, sie brachten z. B.<br />
Fracht aus Überseehäfen wie Rotterdam oder Amsterdam. Daneben wurde auch rieselfähiges<br />
Material, z. B. auch Getreide, umgeschlagen. Bereits von Anfang an wurden aber auch Abfälle<br />
umgeladen. Die Errichtung des Container Terminals wurde von der Firmengruppe Böhme in<br />
Kooperation mit der Fa. Lumcat GmbH in Markranstädt ermöglicht. Da die Ast.in damals aber<br />
noch nicht existierte, kann sie sich unmöglich mit investiven Mitteln an der Errichtung und der<br />
Einrichtung des Umschlagplatzes beteiligt haben.<br />
Die Anlage soll jetzt um den Umschlag von gefährlichen Abfällen erweitert werden. Die<br />
notwendige Infrastruktur für den Güterumschlag ist aber schon am Standort vorhanden. Welche<br />
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402.4.5-44008/09/50/2G/sv<br />
besonderen Standortinvestitionen für den Umschlag gefährlicher Abfälle in geschlossenen<br />
Containern durch die Astin jetzt erforderlich geworden sein sollten, erschließt sich mir nicht. Dies<br />
gilt umso mehr, als die Ast.in selbst im Genehmigungsverfahren für die Anlage keinerlei<br />
Investitionskosten angegeben hatte.<br />
Ich vermag auch nicht zu erkennen, wieso die von der Ast.in behauptete Vorbereitung von<br />
Verkehrsflächen für den beabsichtigten Anlagenbetrieb ein besonderes <strong>Vollziehung</strong>sinteresse<br />
begründen sollte. Wird die immissionsschutzrechtliche Genehmigung angefochten und erstellt die<br />
Ast.in trotzdem ein Konzept zur Vorbereitung des Betriebes, - das gilt sogar für ein<br />
Finanzierungskonzept -, welches nur auf den Fall der <strong>sofortige</strong>n Ausnutzbarkeit der Genehmigung<br />
ausgerichtet ist, so liegen planungs- und wirtschaftliche Probleme allein in der Risikosphäre der<br />
Ast.in und können nicht etwa zur Begründung eines vorrangigen privaten Vollzugs interesses<br />
herangezogen werden (vgl. auch VG Magdeburg, Beschl. vom 16.04.2010 -1 B 98/10 MD, n. v.).<br />
d) Die Ast.in meint ferner, es bestehe auch ein öffentliches Interesse an einer <strong>sofortige</strong>n<br />
Vollziehbarkeit der o. e. Genehmigung. Dem kann ich nicht folgen. Abgesehen davon, dass der<br />
Umschlagplatz schon keine Behandlungsanlage oder Entsorgungsanlage für gefährliche Abfälle<br />
darstellt, und daher bei der Aufstellung des Abfallwirtschaftsplanes für gefährliche Abfälle des<br />
Landes Sachsen Anhalt (AWP) nicht hätte berücksichtigt werden müssen, ist auch ohne ihn die<br />
Entsorgungssicherheit der hier im Land anfallenden gefährlichen Abfälle zweifelsfrei gewährleistet<br />
(vgl. AWP für gefährliche. Abfälle 2011, S. 54, letzter Absatz). Im Übrigen besteht auch kein<br />
öffentliches Interesse daran, gefährliche Abfälle von überall her - und sei es auch nur zum<br />
Umschlag - nach Sachsen-Anhalt zu holen.<br />
3. Demgegenüber trägt das Vorbringen der KI. zumindest teilweise durchaus einen auch sie<br />
betreffenden drittschützenden Charakter. Ich halte das klägerische Vorbringen zwar nicht für<br />
durchgreifend, aber immerhin für nachvollziehbar.<br />
Die Nachbarschaft erstreckt sich räumlich auf den Einwirkungsbereich der Anlage. Anders als z.B.<br />
im Baunachbarrecht bezieht sich im Immissionsschutzrecht, der personelle Schutzbereich auf alle,<br />
die Immissionen für eine gewisse Dauer ausgesetzt sind, also auch auf Mieter, Pächter und<br />
Arbeitnehmer. Diese sind im immissionsschutzrechtlichen Sinne daher auch alle Nachbarn des<br />
emittierenden Grundstücks und können daher insoweit die genannten Möglichkeiten des<br />
öffentlich-rechtlichen Schutzes vor Immissionen wahrnehmen.<br />
Die Klägerin gibt in der Klagebegründung vom 24.04.2012 auf die sich auch in diesem Verfahren<br />
bezieht an, dass sich Ihr Haus und Grundstück, Teucherner Weg 83 in 06682 Obernessa in<br />
unmittelbarer Nachbarschaft des Umschlagplatzes befindet.<br />
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SACHSEN-ANHALT<br />
Landesverwaltungsamt<br />
402.4.5-44008/09/50/2G/sv<br />
Der geplante Umschlagplatz befindet sich in einem Abstand von ca. 230 m (Luftlinie) von dem<br />
Grundstück der Klägerin. Die Klägerin befürchtet, dass durch den zu erwartenden Lärm ihre<br />
Wohnqualität drastisch verschlechtert wird. Ebenso befürchtet sie, dass die Ruhe und<br />
Rückzugsmöglichkeit durch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, Geruchsbelästigungen und andere<br />
zu erwartende schädliche Einflüsse, zu Nichte gemacht würden. Auch der Wertverlust ihres<br />
Eigentums wird von der Klägerin geltend gemacht.<br />
Da ein durchgreifendes Suspensivinteresse kraft Gesetzes den Regelfall bei der Drittanfechtung<br />
von Genehmigungen bildet (vgl. § 80 Abs.1 VwGO), muss das geltend gemachte<br />
<strong>Vollziehung</strong>sinteresse das erstere überwiegen. Wenn dieses <strong>Vollziehung</strong>sinteresse aber - wie<br />
oben ausgeführt - nicht hinreichend dargelegt ist, dann vermag ich ein Überwiegen desselben<br />
erst recht nicht festzustellen.<br />
111.Kostenentscheidung<br />
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs. 4 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
(BlmSchG) sowie auf den §§ 1, 3 und 5 des Verwaltungskostengesetzes des Landes Sachsen-<br />
Anhalt (VwKostG LSA) i. V. m. § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Gebührenordnung des Landes<br />
Sachsen-Anhalt (AIIGO LSA) i. V. m. der Anlage zur AIIGO Ifd. Nr. 1/10.<br />
Über die Höhe der Kosten ergeht ein gesonderter Kostenfestsetzungsbescheid.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Im uftrag<br />
Ze der<br />
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