16.06.2013 Aufrufe

Dokumentation der Arbeit - Bastus Trump

Dokumentation der Arbeit - Bastus Trump

Dokumentation der Arbeit - Bastus Trump

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Auditive Mediengestaltung<br />

Dozent: Prof. Robert Henke<br />

Erstellung einer Uhr für Blinde mit Max/MSP,<br />

die auf Tastendruck die aktuelle Uhrzeit akustisch ausgibt<br />

vorgelegt von:<br />

Sebastian <strong>Trump</strong><br />

Wilmersdorfer Str. 133<br />

10627 Berlin<br />

sound studies<br />

1. Semester<br />

0179-5939593<br />

bastus@bastus.de


1. Einleitung und Konzept<br />

Eine akustische Uhr für Blinde zu entwickeln, benötigt vor <strong>der</strong> eigentlichen<br />

technischen Realisation in Max/MSP das Entwerfen eines schlüssigen und<br />

sinnvollen Konzepts. Mo<strong>der</strong>ne Computer haben von Haus aus Möglichkei-<br />

ten, die aktuelle Uhrzeit per Sprachausgabe auch Blinden in einer Kürze<br />

und Präzision mitzuteilen, die mit an<strong>der</strong>en akustischen Mitteln kaum zu<br />

erreichen scheint. Es ist demnach nötig, durch klangliche Qualität und Un-<br />

aufdringlichkeit gegenüber <strong>der</strong> Sprachausgabe zu bestechen und gleich-<br />

zeitig eine möglichst genaue Zeitangabe zu liefern. Hier muss ein Kom-<br />

promiss zwischen Genauigkeit und Länge <strong>der</strong> akustischen Mitteilung ge-<br />

macht werden.<br />

Die Idee dieser <strong>Arbeit</strong> ist, die Zeit als kurzes, in sich geschlossenes Musik-<br />

stück darzustellen: Stunden werden in aufsteigenden Quinten abgebildet,<br />

die bei mehr als 6 einen zweiten Akkord beginnen und zusätzlich anhand<br />

<strong>der</strong> Lage die Tageszeit beinhalten. Da sich die Akkordstruktur nicht selbst<br />

wie<strong>der</strong>holt, son<strong>der</strong>n mit je<strong>der</strong> weiteren Stunde ihre Qualität än<strong>der</strong>t, er-<br />

hält jede Tageszeit ihren eigenen charakteristischen Sound, <strong>der</strong> nach einer<br />

Eingewöhnungszeit zumindest eine grobe Orientierung auch ohne genau-<br />

es Mitzählen <strong>der</strong> Stunden erlaubt. Die Minuten werden durch eine darauf-<br />

folgende Melodie in 10er-Schritten dargestellt, <strong>der</strong>en Verlauf noch Aus-<br />

kunft darüber gibt, ob die 10er Einheit gerade erst begonnen hat o<strong>der</strong><br />

bald zu Ende ist. Die Skala dieser Melodie soll harmonisch in den Akkord,<br />

<strong>der</strong> von den Stunden aufgespannt wird, eingebettet sein. Klanglich könn-<br />

ten als Referenz Kirchenglocken dienen: Der perkussive Anschlag ermög-<br />

licht eine klare Trennung <strong>der</strong> Töne, lang ausklingende tonale Klanganteile<br />

lassen dann aber harmonische Zusammenhänge deutlich werden. Die<br />

Sounds von Stunden und Minuten müssen sich zusätzlich klar voneinan<strong>der</strong><br />

unterscheiden lassen.<br />

2


2. <strong>Dokumentation</strong><br />

Anmerkung: Das folgende Max-Patch blindenuhr.maxpat (mit hours~ und minutes~) liegt <strong>der</strong><br />

<strong>Arbeit</strong> bei. Zu Beginn muss evtl. <strong>der</strong> Audio-Ausgabe-Knopf aktiviert werden.<br />

Abbildung 1: blindenuhr.maxpat<br />

3


Abbildung 2: hours~<br />

2.1 Klangexperimente<br />

Abbildung 3: minutes~<br />

Um geeignete Sounds für die Umsetzung <strong>der</strong> Blindenuhr zu finden, wurde<br />

zunächst in einem Ableton Live Projekt MIDI-Clips mit den Akkorden <strong>der</strong><br />

Stunden und verschiedene Melodieverläufe für die Minuten erzeugt und<br />

mit verschiedenen synthetischen Klängen aus dem Operator abgespielt.<br />

Daraus ergaben sich einige Än<strong>der</strong>ungen bzw. Konkretisierungen für das<br />

Konzept <strong>der</strong> Zeitwie<strong>der</strong>gabe.<br />

Die Stunden werden wie ursprünglich geplant als zwei direkt aufeinan<strong>der</strong>-<br />

folgende gebrochene Hexachorden aus geschichteten Quinten vom mittle-<br />

ren C und E ab wie<strong>der</strong>gegeben (C-G-D-A-E-H, E-H-F#-C#-G#-D#). Es ergibt<br />

sich so ein impliziertes 6/8-Metrum und die Tonalität C lydisch, die erst mit<br />

den letzten drei Tönen (wenn diese je nach Uhrzeit überhaupt auftau-<br />

chen) verschwindet und dann mit E als Grundton ein zweites tonales Zen-<br />

trum einführt, das jedoch wie ein harmonisches Pendel mit <strong>der</strong> Minuten-<br />

melodie wie<strong>der</strong> zu Grundton C zurückgelangt.<br />

Zur Unterscheidung von Vormittag (AM) und Nachmittag (PM) werden<br />

beide Akkorde PM eine Oktave tiefer transponiert; dies macht zusätzliche<br />

4


harmonische Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Minutenmelodie nach Tageszeit unnötig,<br />

zumal <strong>der</strong>en harmonisches Verhältnis durch die verschiedenen Klangfar-<br />

ben ohnehin verschleiert und nicht so stark wahrgenommen wird.<br />

Zur Klangerzeugung <strong>der</strong> Stunden werden zwei Sinus-Generatoren durch<br />

Frequenzmodulation verknüpft, wobei die Modulator-Frequenz im Ver-<br />

hältnis 3:1 zur Grundfrequenz steht und zusätzlich etwas verstimmt wird.<br />

Das Ergebnis ist ein Klang, <strong>der</strong> dem von großen Standuhren vor allem in<br />

bestimmten Lagen sehr ähnlich ist, in <strong>der</strong> Tiefe aber auch an Glocken erin-<br />

nert.<br />

Bei den Minuten gibt es nur die Unterscheidung zwischen aufsteigen<strong>der</strong><br />

und absteigen<strong>der</strong> Tonfolge, die sich wie<strong>der</strong> im Tonraum C lydisch von C aus<br />

bewegt. Um sich klanglich von den Stunden zu unterscheiden, wurde ein<br />

klarer und hellerer Klang gesucht, <strong>der</strong> höher ist und eher nach Glocken-<br />

spiel klingt. Der Minuten-Ton wird ebenfalls durch FM-Synthese erzeugt,<br />

aber hier nur kurz beim Anschlagen mit dem 24-fachen <strong>der</strong> Grundfre-<br />

quenz moduliert.<br />

2.2 Programmierung<br />

Die Umsetzung mit Max/MSP erfor<strong>der</strong>te die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit ver-<br />

schiedenen Problemstellungen, darunter Auslesen <strong>der</strong> Uhrzeit, realistische<br />

Klangsynthese und scheinbar einfache Operationen wie die Unterschei-<br />

dung verschiedener Tageszeiten. Es wurde dabei folgen<strong>der</strong>maßen vorge-<br />

gangen:<br />

Das Objekt „date“ liefert auf die Message „time“ hin die aktuelle Sy-<br />

stemzeit als Liste in Stunden, Minuten und Sekunden, die zur weiteren<br />

Verarbeitung mit „unpack“ zerlegt wird. Ein zusätzlicher bang startet das<br />

„metro 200“-Objekt zur Ausgabe <strong>der</strong> Stunden. Je nach Tageszeit (Stun-<br />

den > 12) wird eine Tabelle mit jeweils 12 MIDI-Notennummern befüllt,<br />

die dann ein „counter“ einzeln abruft und weiterreicht, bis die aktuelle<br />

Stundenzahl erreicht ist.<br />

5


Im ersten Entwicklungsstadium wurden dann diese Nummern mittels<br />

„mtof“ in Frequenzen umgewandelt und in ein Sub-Patch zur Klangerzeu-<br />

gung weitergegeben. Das klangliche Ergebnis war damit allerdings nicht<br />

zufrieden stellend - <strong>der</strong> erwünschte Effekt des Ineinan<strong>der</strong>klingens <strong>der</strong> Tö-<br />

ne wurde nicht erreicht. Es war also nötig, sich näher mit Polyphonie in<br />

Max/MSP zu beschäftigen.<br />

Die MIDI-Nummern werden in <strong>der</strong> endgültigen Version mit dem Velocity-<br />

Wert 100 in eine Liste gepackt und an ein „poly“-Objekt geleitet, das den<br />

Tönen jeweils eine von 6 Stimmen zuweist. Diese Stimm-Nummer wird<br />

dann zusammen mit <strong>der</strong> Tonhöhe in ein „poly~“-Objekt geschickt, das bis<br />

zu 6 Instanzen des Patches „hours~“ erzeugt und damit polyphone Wie-<br />

<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> Stunden-Töne ermöglicht.<br />

Die Klangerzeugung darin ist relativ simple FM-Synthese mit einem „cy-<br />

cle~“ als Carrier und einem mit 3,627 multiplizierten Modulator-Cycle,<br />

dessen Frequenz in einer zusätzlichen Multiplikation auch die Modulati-<br />

onstiefe regelt. Die beiden erzeugten Sinus-Töne werden mittels „line~“<br />

mit einer Hüllkurve versehen und nach „rampsmooth~“ zur Vermeidung<br />

von Knacken an den Ausgang des „poly~“-Objekts geführt und wie<strong>der</strong>ge-<br />

geben.<br />

Das Vorgehen bei den Minuten ist größtenteils analog zum Stunden-Teil.<br />

Nach einem Durchlauf des Stunden-Counters und 400 ms Pause startet<br />

<strong>der</strong> 10er-Minuten-Zähler. Hier werden die Töne für die Tabelle <strong>der</strong> MIDI-<br />

Notennummern allerdings anhand <strong>der</strong> Unterscheidung <strong>der</strong> 1er Werte 0-4<br />

und 5-9 ausgewählt. Die Klangerzeugung funktioniert nach dem gleichen<br />

Prinzip wie bei den Stunden, die Modulationsfrequenz beträgt hier 24 mal<br />

die Grundfrequenz.<br />

6


3. Kritische Bewertung<br />

Insgesamt konnte das geplante Konzept für die Blindenuhr gut umgesetzt<br />

werden. Einzelne Details jedoch, wie Polophonie o<strong>der</strong> die Unterscheidung<br />

<strong>der</strong> Tageszeiten erfor<strong>der</strong>ten jedoch erheblich mehr als den geplanten<br />

Zeitaufwand zur Programmierung.<br />

Das Erkennen <strong>der</strong> Uhrzeit funktioniert nach kurzer Einhörphase sehr gut,<br />

auch ohne exaktes Mitzählen <strong>der</strong> Anschläge durch die Aufteilung in zwei<br />

Akkorde und den individuellen Sound, den jede Stunde entstehen lässt.<br />

Die Klänge selbst wurden sehr programmier-effizient umgesetzt und hät-<br />

te durch den Einsatz weiterer Klangerzeuger zur Addition o<strong>der</strong> Modulati-<br />

on noch verfeinert werden können.<br />

Demgegenüber steht jedoch ein Ergebnis, das <strong>der</strong> Aufgabenstellung<br />

durchaus gerecht wird. Die Uhrzeit wird auf Tastendruck akustisch als<br />

kleines Musikstück wie<strong>der</strong>gegeben und ist dabei auf 5 Minuten genau,<br />

ohne eine Gesamtlänge von maximal 4 Sekunden zu überschreiten. Damit<br />

ist die Information in genauso kurzer o<strong>der</strong> sogar kürzerer Zeit übermit-<br />

telt, als dies mittels Sprachausgabe möglich wäre und könnte so auch bei<br />

Nicht-Blinden für einen dezenten Hinweis auf die aktuelle Zeit Verwen-<br />

dung finden.<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!