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Sachbericht 2012 als PDF - bei der WIESE eV

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D ER 5 E SSENER S E L B S T H I L F E P R E I S<br />

Rudolf Jelinek<br />

Sie sind die besten Vorbil<strong>der</strong> für eine aktive Bürgergesellschaft.<br />

Rede des Bürgermeisters anlässlich des Festes <strong>der</strong> Selbsthilfe<br />

mit Verleihung des 5. Essener Selbsthilfepreises<br />

Es gilt das gesprochene Wort<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />

<strong>der</strong> österreichische Publizist und Aphoristiker – Dr. Fritz Rinnhofer – hat es einmal auf den Punkt gebracht:<br />

„Selbsthilfe ist <strong>der</strong> beste Kraftstoff.“<br />

Selbsthilfegruppen erfüllen viele Aufgaben: sie beraten, unterstützen, informieren. Sie vertreten Interessen und For<strong>der</strong>ungen<br />

in Gremien und in <strong>der</strong> Öffentlichkeit, sie geben Tipps und Anregungen. Sie bieten damit ein Stück Lebensqualität,<br />

soziale Sicherheit und Entfaltungsmöglichkeiten. Vertrauen und Solidarität sind die <strong>bei</strong>den tragenden Säulen<br />

für das Funktionieren <strong>der</strong> Gruppen – so etwas ist Vorbild für die ganze Gesellschaft.<br />

Bei den Selbsthilfegruppen geht es um die Bewältigung von Lebensproblemen und Lebenskrisen – es geht darum,<br />

das Leben mit einer schweren Erkrankung zu lernen. Ich glaube, das ist die wesentliche Triebkraft: Der Wille zu leben.<br />

Hinzu kommen Wertschätzung, Verlässlichkeit, Wissens – und Managementkompetenz – ganz einfach die Fähigkeit,<br />

das Leben wie<strong>der</strong> zu meistern. Deshalb sind Selbsthilfegruppen wohl auch richtige Lerngruppen. Denn je<strong>der</strong><br />

einzelne lernt – und er lernt vom An<strong>der</strong>en.<br />

Das vielleicht Schönste da<strong>bei</strong> ist: Hier ist abschreiben erlaubt – mehr noch: es ist sogar wünschenswert. Korrekt<br />

ausgedrückt: Hier lernen alle voneinan<strong>der</strong>.<br />

So sind Selbsthilfegruppen für viele Menschen ein fester Halt im oft schweren neuen Alltag, sozusagen Trainer für<br />

neuen Lebensmut. Hier finden viele Unterstützung, neue Kontakte und Zuversicht. Und was für mich beson<strong>der</strong>s<br />

wichtig ist: In einer solchen Gemeinschaft rückt <strong>der</strong> Mensch wie<strong>der</strong> in den Vor<strong>der</strong>grund und die Krankheit in den<br />

Hintergrund.<br />

Meine Damen und Herren, Anfang November war ich <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Eröffnung <strong>der</strong> Messe „Mode. Heim. Handwerk“. Immer<br />

wie<strong>der</strong> <strong>bei</strong>ndruckend <strong>bei</strong> dieser Messe sind für mich die vielen Selbsthilfe-Stände in <strong>der</strong> Galeria. Frau Becker von<br />

<strong>WIESE</strong> e.V. hat dort schon zum 22. Mal gestanden – Hut ab!<br />

Ich bewun<strong>der</strong>e außerdem den Mut <strong>der</strong> Depressions-Selbsthilfegruppen mit ihrem Gemeinschaftsstand – denn wir<br />

wissen ja alle, dass psychische Erkrankungen nach wie vor ein tabuisiertes Thema sind.<br />

Gut finde ich auch, dass die Sucht-Selbsthilfeverbände gemeinsam die Überschrift „Sucht hat viele Gesichter“ gewählt<br />

haben.<br />

Mein herzlicher Dank geht natürlich ebenso an alle an<strong>der</strong>en Gruppen für ihr ehrenamtliches Engagement; nicht zuletzt<br />

an <strong>WIESE</strong> e.V. für die organisatorische Leistung und an die Messe Essen für die gute Unterstützung. Dieses<br />

Zusammenwirken ist auch Ausdruck für ein funktionierendes soziales Netz in unserer Stadt.<br />

Fest steht: Wir brauchen Menschen wie Sie alle hier – meine Damen und Herren –, die helfen ohne zu fragen, die<br />

an<strong>der</strong>en Mut machen und Kraft geben. Sie hinterlassen mit Ihrem Wirken in unterschiedlichen gesellschaftlichen<br />

Bereichen bleibende Spuren. Dieses freiwillige Engagement für an<strong>der</strong>e ist das Fundament einer menschlichen und<br />

solidarischen Gemeinschaft. Sie sind die besten Vorbil<strong>der</strong> für eine aktive Bürgergesellschaft.<br />

Sie alle haben verstanden: Solidarität besteht nicht aus Lippenbekenntnissen. Solidarität besteht einzig daraus, dass<br />

wir füreinan<strong>der</strong> einstehen. Denkt je<strong>der</strong> nur an sich, dann zerreißt das soziale Netz und wir stehen alleine da. Doch<br />

für unsere Gesellschaft gilt: Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Hilfe nötig hat, soll sie auch bekommen. Ganz im Sinne des katholischen<br />

Theologen Oswald von Nell-Breuning, <strong>der</strong> sehr treffend feststellte: „Es gibt keine Gemeinschaft und es kann keine<br />

geben, in <strong>der</strong> das Solidaritätsprinzip nicht gilt.“<br />

Es geht um eine vernünftige Balance zwischen staatlichen Pflichten, Eigeninitiative und gesellschaftlichem Engagement.<br />

Es gibt Dienste, die man we<strong>der</strong> kaufen noch bezahlen kann und die trotzdem geleistet werden müssen. Mitmenschlichkeit,<br />

Nächstenliebe und Solidarität sind solche unbezahlbaren Dienste. Wir hören immer wie<strong>der</strong>, dass in<br />

unserer Gesellschaft solche Werte verloren gehen. Aber gerade Ihr Engagement zeigt mir, dass es eine gegenläufige<br />

Bewegung gibt – dass diese Werte eben nicht verloren gehen, son<strong>der</strong>n dass sie gelebt werden.<br />

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