Sonderausgabe zum 10-jährigen Vortragsjubiläum - von Rudi Walz
Sonderausgabe zum 10-jährigen Vortragsjubiläum - von Rudi Walz
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DO Info<br />
1/01<br />
<strong>Sonderausgabe</strong> <strong>zum</strong> <strong>10</strong>-<strong>jährigen</strong> <strong>Vortragsjubiläum</strong> des Deutschen Ordens zu Fragen der Zeit<br />
Vorwort Komtur<br />
Prof. Dr. Pusch, Fam. OT<br />
Das Genomprojekt!<br />
Faszination, Verheißung, Nachdenklichkeit<br />
Seite 2<br />
Großes Interesse fand der Vortrag<br />
<strong>von</strong> Professor Dr. Elsässer <strong>zum</strong><br />
aktuellen Thema Gentechnologie<br />
Seite 3-13<br />
<strong>10</strong> Jahre Veranstaltungsreihe<br />
„Mergentheimer Vorträge des<br />
Deutschen Ordens zu Fragen der<br />
Zeit“<br />
Seite 14-16<br />
SE.HH Hochmeister des<br />
Deutschen Ordens<br />
Abt. Dr. Bruno Platter<br />
erstmals in der Deutschordensstadt<br />
Bad Mergentheim. Resümee<br />
<strong>von</strong> Prof. Dr. Hubertus Brünner<br />
Komtur der Komturei an<br />
Tauber, Neckar, Bodensee<br />
Seite 17<br />
Veranstaltungen voller Würde,<br />
Andacht sowie Freude und Harmonie.<br />
Seite 18-25<br />
Der Deutschherrenmeister<br />
Dr. Eugen Volz<br />
Seite 26-27<br />
Conveniat, Ort der Begegnung,<br />
der Gespräche, der Freundschaft<br />
Seite 28-31<br />
Die Familiaren.<br />
Rechte und Pflichten<br />
Die Familiaren haben die großen<br />
Traditionen des Ordens zu pflegen<br />
und sie sind seinen Aufgaben verpflichtet:<br />
dem Bekenntnis und der Verbreitung<br />
des Glaubens und einer christlichen<br />
Gesinnung im privaten und öffentlichen<br />
Leben, der Treue zur römischen<br />
Kirche und der Betätigung<br />
christlicher Nächstenliebe. Insbesondere<br />
sollen sie sich den Kampf<br />
gegen den Verfall <strong>von</strong> Moral und Sitte<br />
und gegen die Förderung dieses<br />
Verfalls durch die Massenmedien<br />
<strong>zum</strong> Ziel setzen.<br />
Mergentheimer Vortrag des Deutschen Ordens zu Fragen der Zeit – Professor Dr. Elsässer<br />
Gentechnologie –<br />
Anmaßung oder Schöpfungsauftrag<br />
1
Das<br />
Genomprojekt!<br />
Faszination, Verheißung, Nachdenklichkeit<br />
Die jährliche Veranstaltung<br />
„MERGENTHEIMER VOR-<br />
TRÄGE DES DEUTSCHEN<br />
ORDENS ZU FRAGEN DER ZEIT“<br />
gehört seit <strong>10</strong> Jahren zu den besonderen<br />
Balleiveranstaltungen der Familiaren<br />
in Deutschland. Der bisherige<br />
stellvertretende Deutschherrenmeister<br />
und jetzige Komtur der Komturei<br />
„Franken“ Prof. Dr. H.-J. Pusch konnte<br />
in diesem Jahr wiederum sehr viele<br />
Zuhörerinnen und Zuhörer im ehemaligen<br />
Deutschordensschloss zu Bad<br />
Mergentheim begrüßen. Mehr als 160<br />
Gäste waren der Einladung des<br />
Deutschherren-Vorstandes gefolgt.<br />
Daneben konnte er – wie schon in jedem<br />
Jahr zuvor – den Hochmeister<br />
des Deutschen Ordens, den Deutschherrenmeister<br />
sowie die Bürgermeister<br />
der Stadt Bad Mergentheim und<br />
einiger umliegenden Ortschaften willkommen<br />
heißen. Er brachte vor allem<br />
auch seine Freude <strong>zum</strong> Ausdruck,<br />
dass auch wieder Mitglieder des Malteser-<br />
und Johanniter-Ordens sowie<br />
Grabesritter anwesend waren. Heuer<br />
hatte die Vortragsveranstaltung eine<br />
dreifache Bedeutung. Zum ersten Mal<br />
hatte der neue Hochmeister Abt Dr. B.<br />
Platter in offizieller Funktion Mergentheim<br />
aufgesucht. Prof. Pusch hieß<br />
ihn in ganz besonderer Weise herzlich<br />
willkommen. Mit wenigen Worten<br />
stellte er den neuen Hochmeister allen<br />
Gästen und über die anwesenden Medien<br />
auch der gesamten Öffentlichkeit<br />
vor. In gleicher Weise wurde auch der<br />
neue, aber in Bad Mergentheim sehr<br />
wohl bekannte Deutschherrenmeister,<br />
Staatssekretär a.D. Dr. E. Volz, offiziell<br />
eingeführt. Letztlich begrüßte er<br />
herzlich den Referenten Prof. Dr.<br />
Antonellus Elsässer OFM, em. Ordinarius<br />
für Moraltheologie an der<br />
Katholischen Universität Eichstätt.<br />
Das diesjährige Thema hatte<br />
sehr großes Interesse gefunden.<br />
Die Gentechnologie mit<br />
ihren zahlreichen Aspekten hat enorme<br />
Auswirkungen sowohl auf die biomedizinische<br />
Grundlagenforschung<br />
als auch auf angewandte biotechnologische,<br />
humangenetische, pharmakologische<br />
und klinische Verfahrensweisen.<br />
Industrieunternehmen sehen <strong>zum</strong><br />
Beispiel hier eine bedeutende Zukunftsentwicklung.<br />
Im Jahre 2000<br />
gab es in Deutschland schon 332<br />
Unternehmen, die sich mit gentechnischen<br />
Produkten beschäftigen. In diesem<br />
Bereich sind mehr als 12.000<br />
hoch qualifizierte Mitarbeiter tätig.<br />
Man rechnet mit einer jährlichen Zuwachsrate<br />
an gentechnischen Leistungen<br />
<strong>von</strong> 16 %. Jede neue Technologie<br />
und hier vor allem auch unser Wissenszuwachs<br />
über unser Genmaterial<br />
führt unweigerlich zu gesellschaftlichen<br />
Einwirkungen und Veränderungen.<br />
Es entstehen immer mehr ethische,<br />
juristische, aber auch soziale<br />
Fragen.<br />
Bei keiner anderen Frage gehen<br />
die Ansichten innerhalb der<br />
Parteien so auseinander wie<br />
bei der Bioethik. Das entspricht auch<br />
der allgemeinen öffentlichen Meinung.<br />
Auf dem evangelischen Kirchentag<br />
in Frankfurt am Main<br />
waren die neuen Möglichkeiten<br />
der Gentechnik das kontroversest<br />
diskutierte Thema.<br />
Die neuen Erkenntnisse der<br />
Genforschung verschärfen<br />
aber auch die Frage nach den<br />
Grenzen des Forschens und Handelns<br />
in der Wissenschaft.<br />
2<br />
Komtur Prof. Dr. Pusch<br />
Es ist verständlich, dass sich die<br />
Deutsche Bischofskonferenz<br />
schon im März mit diesen<br />
Problemen beschäftigte und eine umfassende<br />
Aussage veröffentlichte. Das<br />
Jahr 2001 steht unter dem Motto<br />
„Jahr der Lebenswissenschaften“ und<br />
die Bischöfe bringen deutlich <strong>zum</strong><br />
Ausdruck, dass alle gesellschaftlichen<br />
Kräfte dazu aufgerufen sind, über die<br />
Eigenart und die Auswirkungen der<br />
genanalytischen und biomedizinischen<br />
Wissenschaften nachzudenken.<br />
Zum richtigen Handeln, so schreiben<br />
die Bischöfe, müssen stets Aussagen<br />
<strong>von</strong> Religion, Anthropologie, Kulturwissenschaft,<br />
Philosophie und Ethik<br />
mitberücksichtigt werden. Jeder<br />
Mensch muss Verantwortung übernehmen<br />
und es ist deshalb gut, wenn<br />
wir Familiaren im Deutschen Orden<br />
die anstehende Problematik kennenlernen,<br />
die Diskussionen sorgfältig<br />
verfolgen und um eine fundierte Aussage<br />
ringen.<br />
Der Deutschherren-Vorstand<br />
hat sich deshalb entschlossen,<br />
den grundlegenden Vortrag zu<br />
veröffentlichen, um damit Diskussionen<br />
in den einzelnen Komtureien anzuregen.<br />
Komtur Prof. Dr. Pusch
Gentechnologie –<br />
Anmaßung oder Schöpfungsauftrag?<br />
Genetische Diagnostik – reproduktives und therapeutisches Klonen<br />
Prof. Dr. A. Elsässer, em. Ordinarius f. Moraltheologie a. d. KUE – Bad Mergentheim 4.05.01<br />
Den Ausgang der folgenden<br />
Überlegungen bildet die<br />
grundsätzliche Frage, was<br />
denn <strong>von</strong> der Gentechnologie - dem<br />
direkten Eingriff in die Erbsubstanz<br />
des Menschen, deren exakter Entschlüsselung<br />
und gezielter Veränderung<br />
- insgesamt zu halten ist. Handelt<br />
es sich bei dieser Manipulation<br />
möglicherweise um einen Frevel an<br />
der Natur? Um eine unzulässige<br />
Überheblichkeit und Anmaßung des<br />
Menschen gegenüber Gott? Um eine<br />
fundamentale Respekt- und Würdelosigkeit,<br />
wenn nicht nur Pflanzen und<br />
Tiere, sondern gar der Mensch selbst<br />
<strong>zum</strong> Objekt der Forschung und Technik<br />
gemacht wird? Kann und darf<br />
man also die Gentechnologie grundsätzlich<br />
bejahen oder muss man sie<br />
rundweg ablehnen? Wird man ihr mit<br />
einem glatten Ja oder Nein überhaupt<br />
gerecht? Oder verlangt sie nicht doch<br />
eher nach einer differenzierten Beurteilung,<br />
nach einem teilweisen Ja und<br />
einem teilweisen Nein?<br />
1. Die grundsätzliche Wertung<br />
der Gentechnologie (GT)<br />
Die Vermutung steht offenkundig dafür,<br />
dass man einem so hochkomplizierten<br />
Problem wie der Gentechnologie<br />
keinesfalls nach Art einer vereinfachenden<br />
Milchmädchenrechnung,<br />
sondern unbestritten nur durch eine<br />
differenzierte Bewertung gerecht werden<br />
kann. Doch wo und wie finden<br />
wir das rechte Urteil?<br />
Nicht wenige Christen sind der Meinung,<br />
wir hätten doch den geoffenbarten<br />
„Willen Gottes“. Aber haben wir<br />
ihn wirklich - den ausdrücklichen und<br />
eindeutigen Willen Gottes zu konkreten<br />
Fragen der Gentechnologie? Steht<br />
er etwa in der Heiligen Schrift? Wohl<br />
kaum; denn zur Zeit ihrer Abfassung<br />
existierte dieses Problem noch gar<br />
nicht.<br />
Doch wie verhält es sich mit einem<br />
wenigstens „indirekten“ biblischen<br />
Lösungsversuch? Die Probe aufs<br />
Exempel zwingt dazu, selbst diese<br />
Möglichkeit zu verneinen.<br />
So könnte man etwa unter Verweis<br />
auf das Gleichnis vom Weltgericht<br />
(Mt 26, 31-46) ohne weiteres sagen:<br />
„Ich, das ungeborene Kind, bin <strong>von</strong><br />
Gott gedacht gewesen als Frucht und<br />
Geschenk elterlicher Liebe; doch ihr<br />
habt mich in der Retorte gezeugt und<br />
mich <strong>zum</strong> Objekt eurer Gentechnologie<br />
gemacht, mein Erbgut untersucht<br />
und verändert,“ um daraus den<br />
Schluss zu ziehen: „Und alles, was ihr<br />
mir angetan habt, habt ihr dem Herrn<br />
selbst angetan!“<br />
Falsch ist eine solche indirekte<br />
Schlussfolgerung aus dem Bibeltext<br />
sicherlich nicht. Aber ist sie auch so<br />
zwingend eindeutig, dass man gar<br />
nicht anders kann, als ein generelles<br />
Verdikt über die Gentechnologie auszusprechen?<br />
Offensichtlich nicht. Denn mit derselben<br />
Berechtigung lässt sich umgekehrt<br />
ebenso legitim argumentieren:<br />
„Ich, das geborene Kind, bin durch eine<br />
genetisch bedingte Stoffwechselkrankheit<br />
belastet oder auf Grund eines<br />
Gendefekts mein Leben lang<br />
schwerstbehindert; ihr hättet dies sehr<br />
wohl frühzeitig diagnostizieren und<br />
durch einen gentherapeutischen Eingriff<br />
schon vor der Geburt auch heilen<br />
können - aber ihr habt es nicht getan!“<br />
Und auch da wäre wohl die Schlussfolgerung<br />
erlaubt: „Und alles, was ihr<br />
mir verweigert habt, das habt ihr dem<br />
Herrn selber verweigert!“<br />
Nein, der direkte und unkritische<br />
Rückgriff auf das Zeugnis der Offenbarung,<br />
die Hl. Schrift, erschließt uns<br />
offenkundig nicht den eindeutigen<br />
Willen Gottes in dieser so komplexen<br />
und komplizierten Fragestellung.<br />
Doch selbst für den Fall, dass dies<br />
wirklich möglich sein sollte, wäre das<br />
Problem noch keineswegs gelöst.<br />
Nehmen wir einmal an, wir Christen<br />
hätten tatsächlich die eindeutige Erkenntnis<br />
des Willens Gottes - wie<br />
könnten wir diesen -’Willen Gottes’<br />
den Nicht-Christen plausibel machen,<br />
die nicht an unseren Gott glauben und<br />
die seinen Willen darum auch nicht<br />
als maßgeblich für ihr Handeln anerkennen?<br />
Es wäre in überzeugender<br />
Weise schlechterdings unmöglich.<br />
3<br />
Prof. Dr. A. Elsässer<br />
Und die eigene Überzeugung Andersdenkenden<br />
trotzdem aufzuzwingen,<br />
wäre in unserem pluralistischen freiheitlich-demokratischen<br />
Rechtsstaat<br />
überdies unzulässig. Deshalb bleibt<br />
aber auch keine andere Möglichkeit,<br />
als einen gemeinsamen und sachlich<br />
fairen Diskurs zu führen bzw. sich<br />
gegenseitig auf allgemein-menschliche<br />
Grundwerte wie „Menschenwürde“<br />
oder „Wohl des einzelnen Individuums“<br />
zu verständigen und daraus<br />
Handlungsmaximen abzuleiten, auf<br />
die sich Christen wie Nicht-Christen<br />
einigen können und zu deren Einhaltung<br />
sich alle verpflichtet wissen - die<br />
Christen freilich auf Grund ihrer<br />
Glaubensüberzeugung aus vertiefter<br />
Motivation und mit umso größerer<br />
Radikalität.<br />
2. Das Dialogangebot <strong>von</strong> Seiten<br />
der Kirche und der Theologie<br />
In dem angesprochenen Diskurs fällt<br />
der Kirche und ihrer theologischen<br />
Ethik ein entscheidender Part zu.<br />
Einerseits nämlich versteht sich Kirche<br />
selbst als „Sachwalter Jesu Christi“<br />
und Künder seines Evangeliums,<br />
durch das die Würde des Menschen<br />
nachdrücklicher eingefordert und<br />
wirksamer geschätzt wird als durch<br />
jedes menschliche Gesetz. Andererseits<br />
sehen auch immer mehr Zeitgenossen<br />
angesichts des mit großen Risiken<br />
verbundenen wissenschaftstechnischen<br />
Fortschritts gerade in<br />
Kirche und Theologie einen vertrauenswürdigen<br />
„Anwalt des Menschen“,<br />
der frei ist <strong>von</strong> wirtschaftlichen<br />
und politischen Interessen (vgl.
Instruktion der Kongregation für die<br />
Glaubenslehre über die Achtung vor<br />
dem beginnenden menschlichen Leben<br />
und die Würde der Fortpflanzung<br />
v. <strong>10</strong>.03.1987, Einführung 1 u. 2;<br />
ebenso Gemeinsame Erklärung der<br />
DBK u. EKD „Gott ist ein Freund des<br />
Lebens“ v. 30.11.1989, III,2).<br />
Dieser Aufgabe und Erwartung können<br />
Kirche und Moraltheologie freilich<br />
nur gerecht werden, wenn und insoweit<br />
sie sich vor aller einseitigen<br />
Voreingenommenheit hüten bzw. sich<br />
um eine differenzierte Bewertung der<br />
Gentechnologie bemühen. Dies aber<br />
erfordert auf der einen Seite <strong>von</strong> ihnen<br />
selbstverständlich eine entschlossene<br />
Abwehr aller Angriffe auf die<br />
Würde des Menschen. Auf der anderen<br />
Seite aber gehört dazu auch eine<br />
ebenso nachdrückliche Verteidigung<br />
und Einforderung alles dessen, was<br />
immer dem recht verstandenen Wohl<br />
des Menschen dienen kann. Gerade<br />
deshalb aber dürfen Kirche und Theologie<br />
weder einfachhin dem Fortschritt<br />
das Wort reden, noch aber können<br />
und dürfen sie auch in das <strong>von</strong><br />
vielen Zeitgenossen geforderte bedingungslose<br />
Nein zu neuen bio-technologischen<br />
Möglichkeiten einstimmen<br />
und diese in Bausch und Bogen verwerfen;<br />
sie haben vielmehr bei aller<br />
Betonung der damit verbundenen Risiken<br />
und Gefahren, auch und vor allem<br />
deren positive Möglichkeiten her-<br />
auszustellen und zu betonen. Schließlich<br />
hat sich mittlerweile die allgemeine<br />
Überzeugung durchgesetzt,<br />
dass das bewusste Unterlassen positiver<br />
Möglichkeiten genau so unethisch<br />
bzw. unverantwortlich ist, wie die<br />
vorsätzliche Inkaufnahme <strong>von</strong> Übeln.<br />
In solchem Verständnis also möchte<br />
Kirche bei der Suche nach entsprechenden<br />
Problemlösungen als kompetenter<br />
"Dialogpartner" mitwirken, indem<br />
sie das Licht der Offenbarung<br />
mit der Sachkenntnis aller Menschen<br />
in Verbindung bringt, "damit der Weg,<br />
den die Menschheit neuerdings einschlägt,<br />
erhellt werde" - wie es das<br />
Zweite Vatikanische Konzil in der sogenannten<br />
"Pastoralkonstitution über<br />
die Kirche in der Weit <strong>von</strong> heute"<br />
(Gaudium et spes, Nr. 42) <strong>zum</strong> Ausdruck<br />
gebracht hat.<br />
3. Unterschiedliche Deutungshorizonte<br />
bzgl. der GT<br />
Für die Annahme eines solchen Angebots<br />
<strong>von</strong> Seiten der Welt bietet sich<br />
angesichts der augenblicklichen Bewusstseinslage<br />
eine zweifellos günstige<br />
Ausgangsposition. Immer mehr<br />
Zeitgenossen artikulieren nämlich<br />
nicht nur übereinstimmend das eigentlich<br />
ethische Problem in der lapidaren<br />
Frage: „Darf denn der Mensch<br />
wirklich alles, was er kann?“ Immer<br />
mehr geben auch ebenso unisono dieselbe<br />
Antwort: "Selbstverständlich<br />
4<br />
darf der Mensch keineswegs alles,<br />
was er rein technisch ohne weiteres<br />
machen könnte! Allerdings - und hier<br />
beginnen bereits die Verständigungsschwierigkeiten<br />
- entspringen die Vorbehalte<br />
gegenüber der Gentechnologie<br />
ganz unterschiedlichen Verstehens-<br />
und Begründungszusammenhängen.<br />
Aus ihrer Vielzahl lassen sich<br />
hauptsächlich drei Argumentationsmodelle<br />
herausfiltern und holzschnittartig<br />
darstellen.<br />
Eine erste weitverbreitete Ansicht begreift<br />
die Gentechnologie als störenden<br />
bzw. zerstörenden Eingriff in die<br />
Natur. Diese Position wird vor allem<br />
<strong>von</strong> sogenannten Ökogruppen propagiert<br />
und beruht auf der Überzeugung,<br />
dass die „Natur“ selbst alles <strong>zum</strong> Besten<br />
weiß und fügt, sofern sie dabei<br />
nur nicht behindert wird. Jeder<br />
menschliche Eingriff wirkt sich daher<br />
fast notwendigerweise ungünstig auf<br />
das sorgsam ausgependelte Öko-<br />
Gleichgewicht aus. Und deshalb<br />
wehrt und rächt sich auch die Natur,<br />
und der Mensch muss seinen Frevel<br />
an ihr bitter büßen.<br />
Eine zweite, <strong>zum</strong>eist betont „christliche“<br />
Anschauung betrachtet die Gentechnologie<br />
als menschlichen Eingriff<br />
in göttliche Rechte und lehnt sie deshalb<br />
als menschliche Anmaßung und<br />
Hybris radikal ab. Natur ist für diese<br />
Gruppe das Werk Gottes, in dem sich<br />
die Weisheit des Schöpfers widerspie-
gelt. Der Mensch kann und soll zwar<br />
mit Hilfe seiner Vernunft deren Größe<br />
und Schönheit immer tiefer erfassen;<br />
aber er hat keinesfalls das Recht,<br />
selbst in die Natur einzugreifen und<br />
sie „schöpferisch“ zu verändern. Tut<br />
er es dennoch, so setzt er sich gleichsam<br />
an die Stelle Gottes oder spielt<br />
sich <strong>zum</strong>indest als dessen Rivale auf.<br />
Eine dritte Gruppe schließlich versteht,<br />
ganz im Sinne des Zweiten Vatikanischen<br />
Konzils, Natur ebenfalls<br />
als Schöpfung Gottes. Diese aber ist -<br />
und darin besteht der entscheidende<br />
Unterschied zur zweiten Position -<br />
dem Menschen ohne Vorbehalt anvertraut,<br />
damit er sie vernünftig und frei<br />
- selbstverständlich aber in letzter<br />
Verantwortung vor Gott gestalte. Für<br />
diese Gruppe ist Gentechnologie daher<br />
nichts anderes als ein Teil des in<br />
Verantwortung wahrzunehmenden<br />
"Schöpfungsauftrags".<br />
Vergleicht man die drei genannten Positionen<br />
miteinander, so erscheint aus<br />
gläubig-christlichem Verständnis lediglich<br />
die letzte akzeptabel. Denn für<br />
einen überzeugten Christen gibt es<br />
weder eine unweise Mutter Natur<br />
noch eine allgewaltige Naturgottheit.<br />
Für ihn gibt es die Natur lediglich als<br />
Schöpfung Gottes. Und weil diese<br />
überdies nicht nur als heile Welt<br />
existiert, sondern in ihr auch krankmachende<br />
und zerstörende Unheilskräfte<br />
am Werke sind, ist sie unbedingt<br />
auf die menschliche Gestaltungskraft<br />
angewiesen; weshalb umgekehrt<br />
der Mensch nicht nur das<br />
Recht, sondern sogar die Pflicht hat,<br />
die Natur zu humanisieren. Für den<br />
Christen gibt es aber auch nicht die<br />
Vorstellung <strong>von</strong> einem eifersüchtigen<br />
Herrschergott, der den Menschen<br />
zwar seine Schöpfung anvertraut,<br />
gleichzeitig für sich selber aber bestimmte<br />
Reservate vorbehalten hat, in<br />
die der Mensch nicht ungestraft eindringen<br />
darf; für den Christen gibt es<br />
lediglich den dreifaltigen Schöpfergott,<br />
der den Menschen nach seinem<br />
Ebenbild erschaffen und ihn zu seinem<br />
Sachwalter bestellt hat mit dem<br />
Auftrag, diese seine Welt <strong>zum</strong> Wohl<br />
des Menschen selber wie auch <strong>zum</strong><br />
Wohle aller seiner Mitgeschöpfe zu<br />
gestalten sowie das Leben in ihr immer<br />
lebenswerter zu machen.<br />
4. Erfordernisse eines verantwortlichen<br />
Umgangs mit der<br />
GT<br />
Mit dem grundsätzlichen Ja zur Gentechnologie<br />
ist freilich keinerlei Freibrief<br />
ausgestellt für deren willkürliche<br />
oder schrankenlose Anwendung.<br />
Schließlich geht es grundsätzlich<br />
nicht nur um das "ob" ihres Einsatzes,<br />
sondern auch und noch mehr um das<br />
"wie" ihrer Anwendung. Wenn wir<br />
Christen schon da<strong>von</strong> überzeugt sind,<br />
dass Gott dem Menschen die Gestaltung<br />
der Natur als „Schöpfungsauftrag“<br />
übergeben hat, dann müssen wir<br />
auch wie selbstverständlich da<strong>von</strong><br />
ausgehen, dass der Mensch diesen<br />
Auftrag in vor Gott verantworteter<br />
Freiheit wahrzunehmen hat.<br />
Verantwortung übernehmen aber<br />
heißt, nach einem "Wort der deutschen<br />
Bischöfe", eigenständig und<br />
unter Beachtung aller sittlich relevanter<br />
Umstände herauszufinden suchen,<br />
"wo denn die Grenze liegt zwischen<br />
der dem Menschen aufgegebenen bewussten<br />
Steuerung seiner Lebensvorgänge<br />
und den seiner Würde widersprechenden<br />
Formen der Manipulation"<br />
(Wort ... nach dem Erscheinen<br />
der Enzyklika Humanae vitae v.<br />
30.8.1968).<br />
Und eine verantwortliche Entscheidung<br />
darüber fällen, welche Formen<br />
der Gentechnologie ethisch vertretbar<br />
sind und welche nicht, erfordert<br />
wiederum, dass der Mensch die ihm<br />
vor- und zur Verwirklichung aufgegebenen<br />
Werte respektiert, die Handlungsziele<br />
und die zu ihrer Erreichung<br />
notwendigen und geeigneten Mittel,<br />
Wege und Methoden prüft, sowie die<br />
Handlungsumstände und vor allem<br />
die Handlungsfolgen in sein Urteil<br />
mit einbezieht.<br />
Dies alles muss beachtet werden,<br />
wenn wir nunmehr das Für und Wider<br />
eines verantwortbaren Einsatzes der<br />
Gentechnologie im Humanbereich bedenken<br />
wollen – näherhin die aktuell<br />
diskutierten Möglichkeiten der diagnostischen<br />
bzw. prädiktiven Medizin<br />
wie auch des reproduktiven und therapeutischen<br />
Klonens.<br />
5. Einsatz d. Gen-Diagnostik z.<br />
nicht-therapeutischen Zwekken<br />
Die genetischen Untersuchungs-Me-<br />
5<br />
thoden finden nicht nur im medizinisch-diagnostischen<br />
Bereich Verwendung,<br />
sondern werden auch zu<br />
vielerlei anderen Zwecken eingesetzt,<br />
etwa im Arbeitsbereich, im Versicherungswesen,<br />
<strong>zum</strong> Vaterschaftsnachweis<br />
und in der Kriminalistik.<br />
In jedem Fall muss das ethische Urteil<br />
hierüber in differenzierter Weise getroffen<br />
werden. Ganz grundsätzlich<br />
zählt die Erbsubstanz <strong>zum</strong> Kernbereich<br />
der Persönlichkeit und gilt deshalb<br />
als ein besonders schutzwürdiges<br />
Gut. Jedes Eindringen durch Gen-<br />
Screening bzw. Genomanalyse berührt<br />
daher auch das "informationelle<br />
Selbstbestimmungsrecht" des Betreffenden.<br />
Und dieses garantiert nicht<br />
nur die freie Entscheidung darüber,<br />
wie viel Bescheid der Einzelne über<br />
sein Erbgut selbst gewinnen möchte,<br />
sondern auch die freie Entscheidung<br />
darüber, welche genetischen Informationen<br />
und Daten, in welchem Umfang,<br />
zu welchem Zeitpunkt und vor<br />
allem zu welchem Zweck er an Dritte<br />
weitergeben möchte. Allerdings handelt<br />
es sich weder bei der Schutzwürdigkeit<br />
des Erbgutes noch auch beim<br />
informationellen Selbstbestimmungsrecht<br />
um eine absolut unantastbare<br />
Größe. Daher sind begründete Ausnahmefälle<br />
denkbar, in denen etwa<br />
<strong>zum</strong> eigenen Wohl des Betreffenden,<br />
<strong>zum</strong> Schutz anderer oder zur Wahrung<br />
<strong>von</strong> Rechten Dritter ein Einblick<br />
in das Genom gerechtfertigt erscheint.<br />
Dass hierbei die Gefahr des "gläsernen<br />
Menschen" wie auch die Belange<br />
des Datenschutzes einer besonderen<br />
Aufmerksamkeit bedürfen, ist eine<br />
bare Selbstverständlichkeit.<br />
5.1 Gen-Screening im Wirtschaftsbereich<br />
Grundsätzlich erscheint es angebracht,<br />
dass in bestimmten Wirtschaftszweigen<br />
<strong>von</strong> den Bewerbern<br />
verlangt wird, dass sie sich <strong>zum</strong><br />
Schutz ihrer eigenen Gesundheit einer<br />
Untersuchung auf eine genetisch bedingte<br />
Sensibilität gegenüber bestimmten<br />
Werkstoffen unterziehen.<br />
Allerdings darf diese Vorsichtsmaßnahme<br />
keinesfalls dazu führen, dass<br />
in der Folge etwa aus reinen Rentabilitätsgründen<br />
die allgemeine Sicherheit<br />
am Arbeitsplatz vernachlässigt<br />
bzw. die Arbeitsbedingungen nicht
mehr dem Menschen, sondern der<br />
Mensch den Arbeitsbedingungen angepasst<br />
wird. Außerdem muss darauf<br />
geachtet werden, dass die grundsätzliche<br />
Chancengleichheit auf einen Arbeitsplatz<br />
nicht in unzulässiger Weise<br />
dadurch verzerrt wird, dass nur noch<br />
genetisch "überprüfte" Bewerber eingestellt<br />
oder umgekehrt alle Mitarbeiter<br />
ausgestellt werden, die zu einem<br />
solchen Gentest nicht bereit sind.<br />
5.2 Genanalysen i. Bereich gesetzlicher<br />
und privater Krankenversicherungen<br />
Die gleiche ablehnende Haltung erfahren<br />
Gentests auch im Bereich der<br />
gesetzlichen Krankenversicherung.<br />
Ihr Sinn und Zweck liegt ja in der<br />
Schaffung einer Solidargemeinschaft,<br />
die jedem Mitglied in gleicher Weise<br />
eine grundsätzliche Absicherung<br />
gegenüber unvorhersehbaren gesundheitlichen<br />
Risiken und Gefahren<br />
garantiert.<br />
Etwas schwieriger erweist sich die<br />
ethische Bewertung genetischer Analysen<br />
im Bereich <strong>von</strong> privaten Kranken-<br />
und Lebensversicherungen. Hier<br />
stehen die Interessen des Versicherungsnehmers<br />
nach Absicherung<br />
gegenüber bestimmten Risiken auf<br />
der einen sowie die Interessen des<br />
Versicherers und der Versicherungsgemeinschaft<br />
an der Kalkulierbarkeit<br />
und Begrenzung der Risiken auf der<br />
anderen Seite einander gegenüber.<br />
Und beide Interessenslagen sind nicht<br />
nur verständlich, sondern legitim.<br />
Und deshalb muss auch nach einem<br />
allerdings fairen und ausgewogenen<br />
Interessenausgleich gesucht werden;<br />
denn Versicherungsverträge beruhen<br />
grundsätzlich auf Gegenseitigkeit und<br />
können deshalb nicht nur zu Lasten<br />
des einen oder anderen Partners gehen.<br />
Dass dieser Grundsatz – auch im Hinblick<br />
auf freiwillige bzw. private<br />
Krankenversicherungen - allgemein<br />
anerkannt ist, belegt die Tatsache,<br />
dass nach geltendem Versicherungsrecht<br />
der Antragsteller dem Versicherer<br />
alle ihm bekannten Daten über den<br />
bisherigen Krankheitsverlauf sowie<br />
seinen aktuellen Gesundheitszustand<br />
offen legen muss. Hierzu können<br />
nicht nur Auskünfte <strong>von</strong> Ärzten –<br />
selbstverständlich nach Entbindung<br />
<strong>von</strong> ihrer Schweigepflicht – einge-<br />
holt, sondern in bestimmten eng umgrenzten<br />
und gesetzlich kontrollierten<br />
Fällen auch die Vorlage <strong>von</strong> bereits<br />
früher durchgeführten DNA-Analysen<br />
verlangt werden.<br />
Auszuschließen sind im Rahmen der<br />
privaten Krankenversicherungen<br />
allerdings prospektive Ermittlungen<br />
genetischer Dispositionen für möglicherweise<br />
später ausbrechende<br />
Krankheiten. Solche Forderungen<br />
würden nicht nur eine erhebliche Einschränkung<br />
des Persönlichkeitsrechts<br />
bedeuten, sondern auch die Gefahr einer<br />
genetischen Ausforschung sowie<br />
die Diskriminierung durch entsprechend<br />
erhöhte Prämienforderung heraufbeschwören.<br />
Im schlimmsten Fall<br />
könnte sogar die Tendenz <strong>zum</strong> Ausschluss<br />
<strong>von</strong> bestimmten Risikokandidaten<br />
verstärkt werden, was seinerseits<br />
wiederum zu einer Wettbewerbsverzerrung<br />
infolge niederer Prämienforderungen<br />
führen würde.<br />
5.3 Gen.-Untersuchungen b. Abschluss<br />
privater Lebensversicherungen<br />
Noch einmal anders zu beurteilen<br />
sind genomanalytische Untersuchungen<br />
im Zusammenhang mit privaten<br />
Lebensversicherungen. Dass vor Abschluss<br />
oder bei Änderung <strong>von</strong> solchen<br />
Versicherungsverträgen nicht<br />
nur die Ergebnisse aus früheren Genomanalysen<br />
mitgeteilt, sondern auch<br />
die Durchführung neuer genetischer<br />
Untersuchungen verlangt werden, gilt<br />
nicht <strong>von</strong> vornherein und grundsätzlich<br />
als unmoralisch. Private Lebensversicherungen<br />
haben – <strong>zum</strong>indest<br />
bisher noch – eine andere soziale<br />
Funktion als Krankenversicherungen,<br />
zu deren Abschluss alle verpflichtet<br />
sind. Sollten freilich solche Lebensversicherungen,<br />
wie diskutiert, künftig<br />
einen wesentlichen Bestandteil<br />
der privaten Altersvorsorge bilden,<br />
stellt sich auch die ethische Frage unter<br />
einer neuen Voraussetzung.<br />
Ein grundsätzlich ethisch besonders<br />
relevanter Aspekt im Bereich der privaten<br />
Lebensversicherungen bildet<br />
heute schon das Problem der Weitergabe<br />
der erhobenen personenbezogenen<br />
Daten z. B. an Rückversicherer,<br />
zentrale Datenbanken oder auch an<br />
einzelne Versicherungsvertreter. Diese<br />
Übermittlung kollidiert eindeutig<br />
6<br />
mit den Persönlichkeitsrechten und<br />
erfordert eine gesetzlich gesicherte<br />
Einschränkung – wobei jede leichtfertige<br />
oder gar missbräuchliche Praxis<br />
die genannte Datenübermittlung<br />
ethisch unzulässig macht.<br />
5.4 DNA-Analysen im Gerichtswesen<br />
DNA-Analysen spielen auch im Gerichtswesen<br />
eine entscheidende Rolle,<br />
sowohl im Rahmen <strong>von</strong> Zivilprozessen<br />
etwa <strong>zum</strong> Nachweis <strong>von</strong> genetischen<br />
Verwandtschaftsbeziehungen<br />
wie auch im Rahmen <strong>von</strong> Strafverfahren<br />
zur Auswertung <strong>von</strong> Tatspuren<br />
mit dem Ziel der Identifizierung und<br />
Überführung <strong>von</strong> Straftätern.<br />
Aus ethischer Sicht ist dagegen<br />
grundsätzlich nichts einzuwenden, ergänzen<br />
und verfeinern diese Analysen<br />
doch lediglich die herkömmlichen<br />
Methoden. Und gerechtfertigt erscheinen<br />
sie ebenfalls, trotzdem sie eindeutig<br />
das "informationelle Selbstbestimmungsrecht"<br />
tangieren. In beiden Fällen<br />
kollidiert nämlich dieses Persönlichkeitsrecht<br />
mit wohlbegründeten<br />
Rechten anderer: im Falle der Vaterschaftsfeststellung<br />
z. B. mit dem anerkannten<br />
Recht des Kindes auf<br />
Kenntnis seiner Abstammung, und im<br />
Falle einer Straftat mit dem Allgemeininteresse<br />
an einer funktionstüchtigen<br />
Rechtsordnung sowie einer<br />
wirksamen Strafverfolgung, die dem<br />
Schutz der Gemeinschaft sowie der<br />
Entlastung eines zu Unrecht Verdächtigten<br />
dienen. Beides sind so hochrangige<br />
Güter, dass die Einschränkung<br />
des Persönlichkeitsrechts des <strong>von</strong> der<br />
Untersuchung betroffenen Elternteils<br />
bzw. des Straftäters toleriert werden<br />
muss.<br />
Von größter Bedeutung für die ethische<br />
Beurteilung dieser Gen-Analysen<br />
ist allerdings die Frage nach ihrem<br />
"Tiefgang", d.h. die Frage, ob dabei<br />
kodierende oder nicht-kodierende,<br />
also mit Erbinformationen besetzte<br />
oder nicht-besetzte DNA-Abschnitte<br />
untersucht werden. Als ethisch unbedenklich<br />
gelten nur solche Methoden<br />
wie etwa das sogenannte "DNA-Fingerprinting-Verfahren"<br />
oder "DNA-<br />
Profiling", das keine persönlichkeitsrelevanten<br />
Einblicke in die genetische<br />
Konstitution und in die Persönlichkeitsstruktur<br />
erlaubt, sondern ledig-
lich das je eigene und unverwechselbare<br />
Verteilungsmuster bestimmter<br />
DNA-Sequenzen mit Hilfe einer Markierungsmasse<br />
sichtbar und damit eine<br />
Identifizierung möglich macht. Sie<br />
stellen keinen Eingriff in den Kernbereich<br />
der Persönlichkeit dar und ermöglichen<br />
auch keine genetische<br />
Ausforschung im Hinblick auf Charaktereigenschaften<br />
und weitere Persönlichkeitsmerkmale.<br />
Allerdings muss aus ethischer Sicht<br />
trotzdem Wert gelegt werden auf eine<br />
größtmögliche Absicherung sowohl<br />
hinsichtlich der Durchführung solcher<br />
Gentests, der Aufbewahrungsdauer<br />
des untersuchten Zellmaterials sowie<br />
der Verwendung der gewonnenen Persönlichkeitsdaten<br />
– am besten durch<br />
rechtsstaatliche Regelungen.<br />
6. Gentechnol. Untersuchungen<br />
z. med. Diagnosezwecken<br />
6.1 Gen-Screening bzw. Genomanalysen<br />
in der pränatalen Diagnostik<br />
Die intensivste Nutzung findet die<br />
prädiktive Medizin im Bereich der<br />
pränatalen Diagnostik. Mit ihr bietet<br />
sich die Chance, möglichst frühzeitig<br />
Erkrankungen und Fehlentwicklungen<br />
festzustellen und dadurch die optimale<br />
Betreuung <strong>von</strong> Mutter und<br />
Kind schon während der Schwangerschaft<br />
zu gewährleisten. Sie dient darüber<br />
hinaus der Objektivierung oder<br />
dem Abbau <strong>von</strong> Befürchtungen und<br />
Sorgen der Eltern bezüglich der Gesundheit<br />
ihres Kindes und verhilft so<br />
unter Umständen "unnötige Schwangerschaftsabbrüche<br />
auf Verdacht hin"<br />
zu vermeiden. Insofern stellt die pränatale<br />
Diagnostik letztlich nur eine<br />
Weiterentwicklung und Verfeinerung<br />
der bisherigen Untersuchungsmethoden<br />
dar und erweist sich auch aus<br />
ethischer Sicht als durchaus angeraten<br />
und verantwortbar. Sofern sie freilich<br />
eindeutig nicht der Vorbeugung, der<br />
Hilfe und Heilung dient, sondern gezielt<br />
durchgeführt wird mit dem Vor-<br />
satz, im Falle einer diagnostizierten<br />
Fehlbildung das ungeborene Kind zu<br />
töten, wird sie zur "Untersuchung auf<br />
Tötung hin" und damit zur unverantwortbaren<br />
Handlung (vgl. Instruktion,<br />
I,2).<br />
Obwohl also die prädiktive genetische<br />
Diagnostik als solche ethisch neutral<br />
ist und erst durch die Motivation des<br />
Handelnden ihre sittliche Qualität erhält,<br />
ergeben sich doch gewisse Probleme<br />
im Hinblick auf das mit den<br />
einzelnen Untersuchungen verbundene<br />
Risiko für Mutter und Kind, je<br />
nachdem, ob es sich um eine invasive<br />
oder nicht-invasive Methode handelt.<br />
So gilt z.B. die Ultraschall-Methode<br />
als ungefährlich, während für die Amniozentese<br />
ein Abort-Risiko <strong>von</strong><br />
0,5-1 % und für die Chorionzottenbiopsie<br />
ein Risiko <strong>von</strong> 2-4 % angegeben<br />
wird. Dies erfordert aus ethischer<br />
Sicht, dass die Verhältnismäßigkeit<br />
7<br />
zwischen vermuteter Krankheit oder<br />
Behinderung und angewandter Methode<br />
auf jeden Fall gewahrt bleiben<br />
bzw. der Grund für eine risikoreichere<br />
Untersuchung entsprechend gewichtig<br />
sein muss.<br />
Ein weiteres Problem ergibt sich auch<br />
insofern, als durch die prädiktive genetische<br />
Diagnostik viele Defekte<br />
zwar festgestellt, aber derzeit noch<br />
nicht oder nicht hinreichend therapiert<br />
werden können. Damit nämlich stellt<br />
sich die unausweichliche Frage, wie<br />
die da<strong>von</strong> betroffenen Menschen – Eltern<br />
ungeborener<br />
Kinder aber auch die<br />
Kinder selbst in späteren<br />
Jahren – mit<br />
solch belastendem<br />
Wissen umgehen. Es<br />
kann in einem Fall zu<br />
großen Konflikten<br />
führen, in einem anderen<br />
dagegen auch<br />
in sinnvolle Entscheidungen<br />
und Lebensweisen<br />
umgesetzt<br />
werden.<br />
Vielleicht aus solch<br />
banger Ungewissheit,<br />
in jedem Fall aber mit<br />
dem Hinweis auf ihre<br />
Bereitschaft, ihr Kind<br />
ohnehin so annehmen<br />
zu wollen, wie es zur<br />
Welt kommt, ob gesund<br />
oder krank, entscheiden sich<br />
manche Eltern gegen die Inanspruchnahme<br />
pränataler Diagnosemöglichkeiten<br />
und berufen sich dabei auf ihr<br />
"Recht auf Nichtwissen". Selbstverständlich<br />
ist die freie Entscheidung<br />
dieser Eltern zu respektieren; es darf<br />
niemand zu einer pränatalen Diagnose<br />
gedrängt, und es darf erst recht niemand<br />
diskriminiert werden, sofern er<br />
diese ablehnt. Doch bei allem Respekt<br />
vor der persönlichen Entscheidung<br />
der Eltern stellt sich dennoch die Frage,<br />
ob die bewusst herbeigeführte Unkenntnis<br />
über die Befindlichkeit des<br />
ungeborenen Kindes wirklich ganz in<br />
Ordnung ist. Selbstverständlich besitzt<br />
jeder Mensch das "Recht auf<br />
Selbstbestimmung"; und dazu gehört<br />
auch das Recht, selbst darüber zu entscheiden,<br />
ob jemand genauere Kenntnisse<br />
über die eigene Person erhalten<br />
möchte oder nicht. Doch im Fall der
pränatalen Diagnostik entscheiden<br />
Mutter und Vater nicht nur über sich<br />
selbst, sondern zugleich auch über ihr<br />
Kind – und ob dieses als unmittelbar<br />
Betroffener genau so denken würde<br />
wie die Eltern, ist <strong>zum</strong>indest ungewiss.<br />
Immerhin könnte durch dieses<br />
Nichtwissen auch eine mögliche Heilungschance<br />
für das Kind verpasst<br />
werden – und dies wäre eindeutig unverantwortlich.<br />
Schließlich begeben<br />
sich die Eltern auch der Möglichkeit,<br />
im Falle einer tatsächlichen Erkrankung<br />
oder Behinderung sich bis zur<br />
Geburt entsprechend einzustellen und<br />
vorzubereiten. Jedenfalls erscheint die<br />
Ablehnung aller vorsorglichen Maßnahmen<br />
aus ethischer Sicht nicht als<br />
selbstverständlich oder gar als besonders<br />
lobenswert.<br />
Umgekehrt freilich zeitigt die prädiktive<br />
genetische Medizin möglicherweise<br />
auch negative Folgen. So wird<br />
durch deren vermehrten Einsatz vor<br />
allem ein allgemeiner Einstellungswandel<br />
zu Krankheit, Behinderung<br />
und Normalität befürchtet. Außerdem<br />
könnte der irrigen Meinung Vorschub<br />
geleistet werden, dass eines Tages alle<br />
nur denkbaren Gesundheits- und Entwicklungsstörungen<br />
voraussehbar<br />
und damit das "perfekte Kind" planbar<br />
sei. Und schließlich könnte eine<br />
unkontrollierte Verbreitung pränataler<br />
Diagnostik und deren routinemäßige,<br />
möglicherweise <strong>von</strong> Seiten der Gesellschaft<br />
sogar zur Pflicht gemachte<br />
Nutzung zu einer schleichenden Stigmatisierung<br />
bzw. Diskriminierung<br />
<strong>von</strong> Menschen mit bestimmten genetischen<br />
Merkmalen und schlimmstenfalls<br />
sogar zu einer Verstärkung eugenischer<br />
Tendenzen führen.<br />
Allerdings folgt als Konsequenz aus<br />
solchen gewiss nicht unberechtigten<br />
Befürchtungen keineswegs eine pauschale<br />
Ablehnung der Gentechnologie<br />
<strong>zum</strong> Zweck der prädiktiven genetischen<br />
Diagnostik im pränatalen Bereich.<br />
Die Folgerung daraus kann nur<br />
lauten, dass der Mensch selbst es, wie<br />
auf allen Gebieten, in der Hand hat,<br />
ob die ambivalente Technik sich zu<br />
seinem Heil oder zu seinem Unheil<br />
auswirkt – je nachdem, ob er sie in<br />
verantwortlicher oder unverantwortlicher<br />
Weise <strong>zum</strong> Einsatz bringt. (vgl.<br />
Gemeinsames Wort der Deutschen<br />
Bischofskonferenz und des Rates der<br />
Evangelischen Kirche in Deutschland<br />
"Wie viel Wissen tut uns gut? Chancen<br />
und Risiken voraussagender Medizin,"<br />
v. 1997, 5-22)<br />
6.2 Die besondere Problematik der<br />
Präimplantationsdiagnostik<br />
Ein Problem besonderer Art bildet die<br />
Präimplantationsdiagnose insofern,<br />
als sie die genetische Untersuchung<br />
mit der In-vitro-Fertilisation verbindet,<br />
dem in der Retorte gezeugten<br />
Embryo Zellen entnimmt, diese auf<br />
Gendefekte untersucht und den Embryo,<br />
falls ein positives Ergebnis vorliegt,<br />
nicht in die Gebärmutter transferiert.<br />
6.2.1 Die In-vitro-Fertilisation<br />
Während auch in der evangelischen<br />
Kirche <strong>von</strong> der In-vitro-Fertilisation<br />
abgeraten wird, so dass auch hier erhebliche<br />
Bedenken gegen die Präimplantationsdiagnose<br />
bestehen (vgl.<br />
Gemeinsame Stellungnahme "Wie<br />
viel Wissen tut uns gut", S. 25), richtet<br />
sich das Nein des Lehramts in der<br />
katholischen Kirche nicht erst gegen<br />
die Präimplantationsdiagnose, sondern<br />
schon kategorisch gegen die Invitro-Fertilisation,<br />
weil dabei der untrennbare<br />
Zusammenhang zwischen<br />
ehelicher Begegnung in Liebe und die<br />
Zeugung des Kindes total auseinander<br />
und der Embryo selbst dem ungeschützten<br />
Zugriff Dritter ausgeliefert<br />
wird (vgl. Instruktion 1987, Nr. 4 u.<br />
5).<br />
Dieses strikte Verdikt gegen die In-vitro-Fertilisation<br />
wird allerdings nicht<br />
<strong>von</strong> allen Moraltheologen mitgetragen.<br />
Viele betrachten die assistierte<br />
Zeugung zur Erfüllung eines berechtigten<br />
Kinderwunsches innerhalb einer<br />
Ehe durchaus als einen Gesamtzusammenhang,<br />
der <strong>von</strong> der Liebe der<br />
Eltern umfangen und getragen wird.<br />
Und deshalb halten sie die Retorten-<br />
Zeugung unter der Voraussetzung für<br />
vertretbar, dass es sich um ein rein<br />
mechanisches Hindernis handelt (z.B.<br />
fehlende oder chronisch entzündete<br />
Eileiter), die Keimzellen <strong>von</strong> den beiden<br />
Ehegatten stammen (gegen Verwendung<br />
ehe-fremder Keimzellen)<br />
und alle befruchteten Eizellen (gegen<br />
ein Verbleiben überzähliger Embryonen)<br />
in die Gebärmutter der biologischen<br />
Mutter transferiert werden (ge-<br />
8<br />
gen Miet- oder Leihmutterschaft) vgl.<br />
A. Elsässer, Menschliches Leben aus<br />
der Retorte. Ist sittlich erlaubt, was<br />
medizinisch möglich ist?: Herder<br />
Korrespondenz 36(1982)293-296.<br />
6.2.2 Einwände gegen die PID<br />
Allerdings ändert auch diese offenere<br />
Einstellung zur In-vitro-Fertilisation<br />
nichts an den Haupteinwänden gegen<br />
die Präimplantationsdiagnose. Im<br />
Gegensatz zur Pränataldiagnose,<br />
durch die in der Regel lebenserhaltende<br />
und lebensfördernde Erkenntnisse<br />
gewonnen werden sollen, ist die Präimplantationsdiagnose<br />
<strong>von</strong> vornherein<br />
auf die Selektion menschlichen<br />
Lebens ausgerichtet und erhält dadurch<br />
eine andere ethische Handlungsqualität.<br />
Abgesehen da<strong>von</strong>, dass<br />
hierbei eine ethisch unzulässige<br />
Unterscheidung zwischen lebenswertem<br />
und lebensunwertem Leben vorgenommen<br />
und dadurch eugenischen<br />
Tendenzen Vorschub geleistet wird,<br />
erhebt sich die schwerwiegende Frage,<br />
was mit den "unbrauchbaren",<br />
weil genetisch oder durch den Untersuchungsvorgang<br />
geschädigten, aber<br />
vor allem auch den überzähligen<br />
"normalen" Embryonen geschehen<br />
soll.<br />
Das bundesdeutsche Embryonenschutzgesetz<br />
geht – genau so wie das<br />
Lehramt der katholischen Kirche (vgl.<br />
Instruktion, I,1) – da<strong>von</strong> aus, dass als<br />
Embryo nicht nur die bereits befruchtete,<br />
entwicklungsfähige menschliche<br />
Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung<br />
an zu betrachten und daher<br />
zu schützen ist, sondern auch jede<br />
einem Embryo entnommene totipotente<br />
Zelle, die sich noch zu einem Individuum<br />
zu entwickeln vermag<br />
(EschG §8 (1)). Es verbietet deshalb<br />
nicht nur die künstliche Erzeugung<br />
<strong>von</strong> Embryonen zu einem anderen<br />
Zweck als der Herbeiführung einer<br />
Schwangerschaft sowie jegliche Verwertung<br />
eines künstlich erzeugten<br />
Embryos zu einem nicht seiner Erhaltung<br />
dienenden Zweck, sondern auch<br />
die zyto- und molekulargenetische<br />
Präimplantationsdiagnose.<br />
6.2.3 Die Diskussion um eine Änderung<br />
des deutschen ESchG<br />
Da mittlerweile jedoch in <strong>10</strong> europäischen<br />
Staaten der Europäischen
Union die Präimplantationsdiagnostik<br />
zugelassen ist (Belgien, Dänemark,<br />
Frankreich, Griechenland, Großbritannien,<br />
Italien, Niederlande, Norwegen,<br />
Spanien) und weltweit bei<br />
mehreren hundert Paaren (<strong>von</strong> 400 ist<br />
die Rede) durchgeführt wurde, wird<br />
auch in unserem Land über eine entsprechende<br />
Änderung des Embryonenschutzgesetzes<br />
diskutiert. Man<br />
verweist dabei nicht nur auf die an-<br />
derslautende Regelung in den Nachbarstaaten<br />
und den mittlerweile auch<br />
schon üblichen Medizintourismus,<br />
sondern apostrophiert auch die unterschiedliche<br />
Toleranz gegenüber frühabtreibenden<br />
Medikamenten bzw.<br />
Verhütungsmitteln und dem verbrauchenden<br />
Umgang mit in vitro gezeugten<br />
Embryonen. Vor allem aber macht<br />
man aufmerksam auf die Widersprüche<br />
im eigenen Abtreibungsrecht und<br />
dem Embryonenschutzgesetz, d. h.<br />
auf die Tatsache, dass in unserem<br />
Lande – wie es etwas salopp ausgedrückt<br />
wurde – "ein Achtzeller in der<br />
Retorte besser geschützt sei als das<br />
Kind im Mutterleib"; dieses könne<br />
nämlich auf Grund der Gesetzeslage<br />
zwar nicht mehr aus embryopathologischer<br />
Indikation, wohl aber auf<br />
Grund einer medizinischen Indikation<br />
bzw. mit Rücksicht auf eine un<strong>zum</strong>ut-<br />
bare Belastung für die Eltern bis <strong>zum</strong><br />
Zeitpunkt der Geburt legal getötet<br />
werden. Außerdem betont man den<br />
Vorzug einer Diagnose noch vor Beginn<br />
der Schwangerschaft, weil sie<br />
für die Frau aus medizinischen wie<br />
psychologischen Gründen weniger<br />
belastend sei; weiterhin die Chance<br />
der Eltern, so früh wie nur möglich<br />
Gewissheit darüber zu gewinnen, ob<br />
sich das befürchtete Risiko bewahr-<br />
heitet oder nicht; und schließlich auf<br />
die Möglichkeit, dass gegebenenfalls<br />
durch den unterbleibenden Embryotransfer<br />
sogar einem späteren<br />
Schwangerschaftsabbruch vorgebeugt<br />
werde.<br />
6.2.4 Der Diskussionsentwurf d.<br />
Bundesärztekammer z. e. Richtlinie<br />
zur PID<br />
Nicht zuletzt infolge der da und dort<br />
laut geäußerten Forderung nach einer<br />
Änderung des Embryonenschutzgesetzes<br />
wie auch auf Grund der Überzeugung,<br />
dass die Präimplantationsdiagnose<br />
weltweit nicht aufzuhalten sei,<br />
plädiert die Bundesärztekammer für<br />
eine gesamtgesellschaftliche Diskussion<br />
und hat, ohne das Ergebnis präjudizieren<br />
zu wollen, im März 2000 einen<br />
Diskussionsentwurf zu einer<br />
Richtlinie zur PID vorgelegt. (Deut-<br />
9<br />
sches Ärzteblatt 97/9, 3.3.2000, A-<br />
525-A-528) Dieser Entwurf grenzt<br />
sich ausdrücklich sowohl gegenüber<br />
eugenischen Tendenzen als auch gegen<br />
eine bloße Reduktion auf Forschungsinteressen<br />
und anderen Instrumentalisierungen<br />
der Präimplantationsdiagnostik<br />
ab und möchte lediglich<br />
eine strenge und enge<br />
Eingrenzung der Indikation für diese<br />
Diagnostik zulassen. Das heißt, dass<br />
das Diagnoseverfahren wie auch die<br />
hierfür notwendige Zeugung <strong>von</strong> Embryonen<br />
in der Retorte ausschließlich<br />
auf Grund einer nachgewiesenen<br />
schweren erblichen Krankheit der Eltern<br />
und nach Abschluss des Acht-<br />
Zell-Stadiums des Embryos zur Anwendung<br />
kommen soll. Durch strenge<br />
Zulassungs-Regelungen, Antrags- und<br />
Meldeverfahren soll ein Missbrauch<br />
der Präimplantationsdiagnose möglichst<br />
ausgeschlossen, die Durchführung<br />
einheitlich gestaltet und ein verantwortlicher<br />
Einsatz gewährleistet<br />
werden.<br />
Zweifellos muss diesem Diskussionsentwurf<br />
der Bundesärztekammer große<br />
Ernsthaftigkeit zugebilligt werden,<br />
weshalb er auch aus ethischer Sicht<br />
nicht ohne weiteres verworfen werden<br />
darf. Dennoch gibt es natürlich auch<br />
große Vorbehalte. Einerseits wird be-
zweifelt, ob die In-vitro-Fertilisation<br />
mit den Gameten eines Risikopaares<br />
wirklich – im Sinne des EschG – in<br />
der Absicht geschieht, alle gezeugten<br />
Embryonen zu transferieren, wenn<br />
<strong>von</strong> vornherein schon die hohe Wahrscheinlichkeit<br />
für ein positives Untersuchungsergebnis<br />
feststeht und der<br />
Arzt den festen Willen hat, jeden genetisch<br />
kranken Embryo zu vernichten<br />
(vgl. "Zeugung auf Probe" bzw.<br />
"bedingte Zeugung"). Andererseits<br />
wird gefragt, ob es sich mit dem ärztlichen<br />
Ethos vereinbaren lasse, wenn<br />
der Arzt im selben Vorgang verantwortlich<br />
zeichnet sowohl für die Fertilisation<br />
als auch für die Selektion<br />
der kranken Embryonen. Weiterhin<br />
wird auf das ungelöste Problem hingewiesen,<br />
für welche Krankheitsdispositionen<br />
die Präimplantationsdiagnose,<br />
im Falle ihrer Einführung, eigentlich<br />
in Frage kommen soll. Die<br />
Bundesärztekammer selbst hat einen<br />
solchen Katalog nicht aufgestellt,<br />
wohl im Wissen um die damit verbundene<br />
und auch durch eine noch so restriktive<br />
Handhabung der Präimplantationsdiagnostik<br />
kaum zu vermeidende<br />
Schwierigkeit eugenischer und selektiver<br />
Tendenzen. Ganz vorsichtig<br />
wird – bei allem Verständnis für den<br />
Wunsch <strong>von</strong> genetisch belasteten Eltern<br />
nach eigenen gesunden Kindern<br />
– das Bedenken geäußert, ob die Belastung<br />
einzelner es rechtfertigt, dass<br />
eine ganze Gemeinschaft den bisher<br />
verteidigten Schutzwall für den<br />
Schutz des Lebens einzuebnen bereit<br />
sein kann und soll. Einerseits, so wird<br />
dagegen ins Feld geführt, gibt es kein<br />
Recht auf ein Kind und schon gar<br />
nicht auf ein gesundes Kind, und andererseits<br />
wäre es durchaus überlegenswert,<br />
diesem nicht unbedingt vitalen<br />
Elternbedürfnis auf andere<br />
Weise abzuhelfen. (vgl. J. Römelt,<br />
Präimplantationsdiagnostik. Anmerkungen<br />
<strong>zum</strong> Diskussionsentwurf der<br />
Deutschen Bundesärztekammer:<br />
Stimmen der Zeit (2000) 827-834)<br />
Und was schließlich den ständigen<br />
Hinweis auf anderslautende Praktiken<br />
in benachbarten Ländern oder den zu<br />
erwartenden Nachteil für den eigenen<br />
Forschungsstandort Deutschland angeht,<br />
wird auf den Grundsatz verwiesen,<br />
der für eine Gemeinschaft zweifellos<br />
in gleicher Weise Gültigkeit hat<br />
wie für den Einzelmenschen: jeder<br />
muss nach bestem Wissen und Gewissen<br />
seine Grundüberzeugung gewinnen<br />
und, wenn erforderlich, auch unter<br />
Verzichtleistung dazu stehen; und<br />
niemand kann und darf ein Handeln<br />
gegen seine Überzeugung mit dem<br />
Hinweis auf das Tun anderer rechtfertigen.<br />
Möglicherweise werden in der Diskussion<br />
(darauf hat Eberhard Schokkenhoff<br />
in der "Münchner Runde" des<br />
Bayerischen Fernsehens am Montag,<br />
11.2.2001 aufmerksam gemacht)<br />
unterschiedliche Ethiktraditionen vermischt:<br />
die anglikanische, die die<br />
Rechte des einzelnen gegenüber der<br />
Gemeinschaft weniger hoch ansetzt<br />
als die bundesdeutsche, in der vor allem<br />
auf Grund der Negativ-Erfahrungen<br />
im Dritten Reich (vgl. die staatlich<br />
verfügte Selektion „lebensunwerten“<br />
Lebens) die Persönlichkeitsrechte<br />
den Vorrang vor den Gemeinschaftsinteressen<br />
haben.<br />
7. Die Technik des reproduktiven<br />
Klonens <strong>von</strong> Menschen<br />
Mit der gelungenen Klonierung <strong>von</strong><br />
höheren Säugetieren (z. B. dem Schaf<br />
"Dolly" im Februar 1997) ist auch die<br />
Herstellung <strong>von</strong> menschlichen Doppelgängern<br />
in die Griffnähe dieser<br />
Technik geraten. Zum Glück besteht<br />
hier allerdings ein allgemeiner Konsens<br />
darüber, dass mit dem reproduktiven<br />
Klonen <strong>von</strong> Menschen eindeutig<br />
eine Grenze überschritten wird, die<br />
nicht überschritten werden darf (vgl.<br />
Deutsches Embryonenschutzgesetz,<br />
§ 8: "Wer künstlich bewirkt, dass ein<br />
menschlicher Embryo mit der gleichen<br />
Erbinformation wie ein anderer<br />
Embryo, ein Fötus, ein Mensch oder<br />
ein Verstorbener entsteht, wird mit<br />
Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder<br />
mit Geldstrafe bestraft." - Ebenso Zusatzprotokoll<br />
zur Bio-Ethik des Europarates<br />
v. 6.11.1997: "Jeglicher Eingriff,<br />
der darauf abzielt, ein genetisch<br />
identisches menschliches Wesen zu<br />
schaffen, sei es tot oder lebendig, ist<br />
verboten.").<br />
Zur Begründung dafür, warum trotzdem<br />
laut über das reproduktive Klonen<br />
<strong>von</strong> Menschen nachgedacht wird,<br />
werden vielerlei Gründe genannt. Sie<br />
soll der verbesserten Behandlung <strong>von</strong><br />
Unfruchtbarkeit und der Vermeidung<br />
<strong>10</strong><br />
<strong>von</strong> erbkrankem Nachwuchs dienen,<br />
die Reduplizierung eines verstorbenen<br />
oder als vortrefflich empfundenen<br />
Menschen sowie die Gewinnung eines<br />
optimal zugepassten Organspenders<br />
ermöglichen und schließlich die<br />
Möglichkeit der Forschung an Embryonen<br />
mit dem Ziel der Verhinderung<br />
oder Heilung <strong>von</strong> Erbkrankheiten<br />
fördern.<br />
Gewiss sind solche und ähnliche Zielsetzungen<br />
an sich nicht einfach als<br />
unethisch und verwerflich zu bezeichnen.<br />
Dennoch steht ihrer Verwirklichung<br />
einiges entgegen, sobald man<br />
sie an unseren Wertvorstellungen und<br />
Grundprinzipien misst: etwa das<br />
Axiom <strong>von</strong> der Unverletzlichkeit der<br />
Menschenwürde sowie die daraus folgenden<br />
Grundansprüche wie Recht<br />
auf Leben, Recht auf Integrität und<br />
Identität, Recht auf Selbstbestimmung<br />
sowie auf Individualität und deren<br />
nicht <strong>von</strong> vornherein begrenzte<br />
Entfaltungsmöglichkeit.<br />
Unter diesen Voraussetzungen muss<br />
konstatiert werden, dass durch die genannten<br />
Zielsetzungen wie etwa die<br />
Klonierung eines Menschen <strong>zum</strong><br />
Zweck der Organbeschaffung für einen<br />
anderen, erst recht natürlich<br />
durch die Klonierung zu eugenischen<br />
oder kommerziellen Zwecken, die<br />
Menschenwürde in gravierender<br />
Weise verletzt wird: <strong>zum</strong> einen durch<br />
Vertechnisierung und Verobjektivierung,<br />
insofern der Mensch <strong>zum</strong> hergestellten,<br />
verschrotteten und recycelbaren<br />
Technikprodukt degradiert wird);<br />
weiterhin durch Instrumentalisierung<br />
und Funktionalisierung, wenn ein<br />
Kind z. B. nicht um seiner selbst<br />
willen, sondern lediglich als Kopie<br />
seiner Eltern oder als Organspender<br />
für ein Geschwister gezeugt wird; und<br />
schließlich durch Entindividualisierung<br />
insofern als der Klon – was seine<br />
Erbanlagen angeht – keinesfalls als<br />
Original, sondern lediglich als bewusst<br />
und gezielt hergestellte Kopie<br />
eines Anderen anzusehen ist.<br />
Dabei muss gerade im Hinblick auf<br />
letzteren Gesichtspunkt beachtet werden,<br />
dass die Verletzung der Menschenwürde<br />
nicht in der bloßen Tatsache<br />
liegt, dass der geklonte Mensch<br />
(fast) dasselbe Genom besitzt wie ein<br />
anderer. Dies ist bei eineiigen Zwillingen<br />
auch der Fall (auf 340 Gebur-
ten trifft 1 ein-eiige Zwillingsbildung;<br />
insgesamt gibt es 1 % Zwillinge, da<strong>von</strong><br />
sind wiederum 20 % ein-eiig);<br />
und trotzdem ist jeder Zwilling eine<br />
eigenständige Persönlichkeit und besitzt<br />
die gleiche Würde. Der Grund<br />
dafür liegt in der Tatsache, dass das<br />
Genom zwar den je eigenen naturalen<br />
Dispositionsrahmen der leiblichen<br />
Natur einer Person darstellt, die Individualität<br />
und personale Identität eines<br />
Menschen aber nicht in seiner genetischen<br />
Ausstattung aufgeht, sondern<br />
das Resultat bildet aus seiner in<br />
Wechselwirkung mit der Umwelt sich<br />
vollziehenden Entfaltung (Hans Maier,<br />
dem lang<strong>jährigen</strong> Bayerischen<br />
Kultusminister wird das Bonmot zu-<br />
geschrieben: "wenn es jemals technisch<br />
möglich sein sollte, <strong>von</strong> W. A.<br />
Mozart einen Klon zu erzeugen, würde<br />
das Bayerische Schulgesetz garantiert<br />
verhindern, dass es tatsächlich<br />
ein echter Mozart würde!").<br />
Der eindeutige Verstoß gegen die<br />
Menschenwürde liegt beim reproduktiven<br />
Klonen also nicht in der bloß<br />
faktischen Übereinstimmung des<br />
Klon-Genoms mit dem Genom eines<br />
anderen Menschen, sondern in der<br />
Tatsache, dass ein Mensch <strong>von</strong> anderen<br />
Menschen gezielt so gemacht<br />
bzw. bewusst nach den genauen Vorstellungen<br />
und Erwartungen anderer<br />
sowie als Mittel zu fremdnützigen<br />
Zwecken hergestellt wird. (vgl. A.<br />
Eser u.a., Klonierung beim Menschen.<br />
Biologische Grundlagen und<br />
ethische Bewertung [Expertenstellungnahme<br />
im Auftrag des Bundesforschungsminister<br />
zur Vorlage bei<br />
der Sitzung des Rates für Forschung,<br />
Technologie und Innovation am<br />
23.4.1997]: Zeitschr. f. med. Ethik<br />
43(1997)169-181; ebenso J. Rüttgers,<br />
Klonieren <strong>von</strong> Menschen ist Angriff<br />
auf Freiheit, Menschenwürde und Demokratie<br />
[Erklärung des Bundesministers<br />
Dr. J. Rüttgers v. 29.4.1997 anlässlich<br />
der Vorstellung o. g. Stellungnahme.....9:<br />
a.a.O., 182-185]).<br />
8. Das therapeutische Klonen<br />
Weitaus interessanter, allerdings auch<br />
umstrittener als das reproduktive Klonen<br />
ist im Augenblick die therapeutische<br />
Stammzellklonierung, mit deren<br />
Hilfe versucht wird, z. B. Alzheimeroder<br />
Parkinsonsche Krankheit zu heilen<br />
oder auf Zukunft hin Zellen und<br />
Gewebe, möglicherweise sogar ganze<br />
Organe <strong>zum</strong> Zweck der problemlosen<br />
Transplantation herzustellen. Umstritten<br />
sind dabei keineswegs die genannten<br />
Ziele, kranken Menschen zu<br />
helfen und ihre Leiden zu lindern.<br />
Umstritten sind vielmehr die hierfür<br />
notwendigen Mittel und Wege. Das<br />
bisher übliche therapeutische Klonverfahren<br />
mit embryonalen Stammzellen<br />
setzt nämlich nicht nur die Gewinnung<br />
<strong>von</strong> Stammzellen voraus,<br />
durch die der menschliche Embryo<br />
zerstört wird, sondern beinhaltet auch<br />
den Verbrauch der noch totipotenten<br />
Stammzellen selbst, aus denen jeweils<br />
noch ein ganzer Mensch sich entwikkeln<br />
könnte.<br />
8.1 Unterschiedliche Antworten a.<br />
d. Frage n. d. Personstatus des<br />
Embryos<br />
Das ethische Urteil über dieses therapeutische<br />
Klonierungsverfahren hängt<br />
wesentlich da<strong>von</strong> ab, für "wen" oder<br />
für "was" man dasjenige hält, mit dem<br />
11<br />
experimentiert bzw. therapiert wird.<br />
Wer das, was durch die In-vitro-Fertilisation<br />
gezeugt wird, lediglich als<br />
künstlich gezogenen Zellhaufen betrachtet,<br />
wird keinen Grund erkennen,<br />
weshalb er damit nicht experimentieren<br />
bzw. therapieren soll. Wer dagegen,<br />
wie es das Lehramt der katholischen<br />
Kirche tut, jedes menschliche<br />
Wesen vom ersten Augenblick seines<br />
Daseins an als Person betrachtet bzw.<br />
ihm den Person-Status zuspricht, der<br />
muss ihm auch vom selben Zeitpunkt<br />
an die Personwürde und die daraus<br />
fließenden Rechte auf Würde, Unverfügbarkeit<br />
und Unversehrtheit zuerkennen<br />
(vgl. Instruktion, I, 1-5). Das<br />
heißt, er kann und darf in keiner<br />
Weise damit experimentieren, denn<br />
"keine Zielsetzung, auch wenn sie als<br />
solche noch so ehrenwert ist, wie die<br />
Voraussicht eines Nutzens für die<br />
Wissenschaft, für andere menschliche<br />
Wesen oder für die Gesellschaft,<br />
könnte dies rechtfertigen" (ebda I, 4).<br />
Diese Eindeutigkeit entspringt zweifellos<br />
der grundsätzlichen Sorge um<br />
die Würde des Menschen und der vorsorglichen<br />
Abwehr gegenüber einem<br />
befürchteten Dammbruch bzw. dem<br />
Betreten einer schiefen Ebene. Insofern<br />
kann niemand dieser Position in<br />
ihrem Anliegen wie auch in ihrer<br />
durchgängigen Konsequenz den Respekt<br />
versagen. Darüber hinaus aber<br />
kann sie – was konkret die therapeutische<br />
Stammzellklonierung betrifft –<br />
auch als nachdrücklicher Appell vor<br />
allem an die Biogenetiker verstanden<br />
werden, angesichts der sich abzeichnenden<br />
Möglichkeiten, mit "adulten<br />
Stammzellen" eventuell die gleichen<br />
Ziele zu erreichen, ihren Forschungsschwerpunkt<br />
auch unter Einsatz <strong>von</strong><br />
Zeit, Mühe und Finanzmitteln zu verlagern.<br />
Mit der Begründung, dass für<br />
die Erforschung dieser Möglichkeiten<br />
die embryonale Stammzellforschung<br />
eine unerlässliche Vorbedingung darstelle,<br />
hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
am 03.05.2001 allerdings<br />
den heftig umstrittenen Vorschlag<br />
gemacht, letztere dadurch zu<br />
ermöglichen, dass der Import embryonaler<br />
Stammzellen aus dem Ausland<br />
vom Gesetzgeber zugelassen und –<br />
falls dieser Import nicht ausreichend<br />
sei oder aus Konkurrenzgründen verhindert<br />
werde – das Experimentieren
mit sogenannten "überzähligen Embryonen"<br />
aus In-vitro-Fertilisationen<br />
im eigenen Land zu erlauben.<br />
Der strenge kirchliche Standpunkt<br />
steht und fällt freilich mit der Richtigkeit<br />
oder Unrichtigkeit der Annahme,<br />
dass dem Embryo tatsächlich ab dem<br />
ersten Augenblick seiner Existenz der<br />
Personstatus sowie die daraus fließenden<br />
Personrechte zukommen. Niemand<br />
kann dafür den Beweis antreten,<br />
aber auch niemand das Gegenteil<br />
mit absoluter Sicherheit belegen,<br />
denn dabei handelt es sich nicht um<br />
ein naturwissenschaftliches Faktum,<br />
sondern um eine philosophische bzw.<br />
theologische Setzung. Da es jedoch<br />
um den Menschen und seine Würde<br />
geht, ist es angebracht und geboten,<br />
die "via tutior", den sichersten Weg zu<br />
gehen, d.h. so lange das Personsein<br />
vom ersten Augenblick an anzunehmen,<br />
bis das Gegenteil da<strong>von</strong> eindeutig<br />
bewiesen ist.<br />
Und nach allem, was an Unkenntnis<br />
über das "Humangenom" bis dato zu<br />
hören ist, legt sich der berechtigte<br />
Schluss nahe, dass die Existenz einer<br />
Instanz gut und notwendig ist, die zur<br />
Besonnenheit mahnt – selbst auf die<br />
Gefahr hin, dass sie als "Bremser" abgestempelt<br />
wird.<br />
8.2 Gründe für und wider den Personstatus<br />
<strong>von</strong> Anfang an<br />
Vieles spricht in der Tat dafür, dass es<br />
so ist. Jedenfalls ist aus biologischer<br />
Sicht festzuhalten, dass das individuelle<br />
Menschsein mit der Kernver-<br />
schmelzung beginnt, dass weiterhin<br />
mit diesem Beginn der menschlichen<br />
Individualentwicklung auch die Potenzen,<br />
zu einer erwachsenen Person<br />
zu kommen, gegeben sind, und dass<br />
schließlich mit der Befruchtung ein<br />
kontinuierlicher Entwicklungs-Prozess<br />
in Gang kommt, der keine entscheidende<br />
Zäsur bzw. keinen qualitativen<br />
Sprung erkennen lässt. Die Zygote<br />
und die erwachsene Person sind<br />
zweifellos das gleiche biologische Individuum.<br />
Doch es spricht auch einiges gegen<br />
die Annahme, dass das Personsein des<br />
Menschen schon <strong>von</strong> allem Anfang an<br />
gegeben ist. So ist – abgesehen <strong>von</strong><br />
der Tatsache, dass nach der Zellkernverschmelzung<br />
noch keineswegs festliegt,<br />
welcher Teil der Blastozyste<br />
sich <strong>zum</strong> Trophoblast (Mutterkuchen)<br />
und welcher sich <strong>zum</strong> Embryoblast<br />
(Kind) entwickelt - noch völlig ungeklärt,<br />
welche entscheidende Rolle bei<br />
diesem Werdeprozess die Einnistung<br />
in die Gebärmutterschleimhaut spielt;<br />
erst mit der erst ab diesem Moment an<br />
gegebenen Möglichkeit des Empfangs<br />
<strong>von</strong> Positionssignalen (oben – unten).<br />
Außerdem wird auf Grund des Personbegriffs<br />
<strong>von</strong> Boethius: "Persona<br />
est naturae rationalis individua substantia"<br />
– "Person ist der ungeteilte<br />
Bestand einer vernünftigen Natur" –<br />
immer wieder angemerkt, dass man<br />
solange nicht <strong>von</strong> einem "unteilbaren<br />
und unverwechselbaren Ganzen"<br />
sprechen könne, als in der Embryonalentwicklung<br />
noch Teilung und Ver-<br />
12<br />
schmelzung (Zwillings- bzw. Chimärenbildung)<br />
möglich sind. Und was<br />
die "vernünftige Natur" angeht, wird<br />
auf die spätere Ausbildung der Gehirnstrukturen<br />
in der fünften oder<br />
sechsten Schwangerschaftswoche<br />
verwiesen.<br />
Dies alles beweist noch nicht das<br />
Gegenteil. Aber es macht aufmerksam<br />
auf die Tatsache, dass es sich bei der<br />
Annahme des Personseins bzw. bei<br />
der Setzung einer Grenzmarke um ein<br />
Werturteil handelt. Und dieses ruht<br />
auf der Kenntnisnahme <strong>von</strong> Sachverhalten<br />
auf. Ändern diese sich bzw.<br />
verändert sich durch die genetischen<br />
und molekularbiologischen Forschungsergebnisse<br />
das Verständnis<br />
über das Werden des Menschen im<br />
Hinblick auf die früh-ontogenetischen<br />
Entwicklungsprinzipien, kann und<br />
muss auch das Werturteil sich entsprechend<br />
wandeln. Doch dafür ist<br />
der augenblickliche Kenntnisstand<br />
noch zu unsicher. Und deshalb ist<br />
auch ein Handeln entsprechend der<br />
"via tutior" notwendig und angebracht.<br />
8.3 Die Frage nach dem Zeitpunkt<br />
der Beseelung d. Menschen<br />
Aus theologischer Sicht wird in diesem<br />
Zusammenhang immer wieder<br />
auf die Beseelung des Menschen verwiesen,<br />
die gar nicht anders als im ersten<br />
Augenblick der Existenz eines<br />
Menschen, d.h. als Simultanbeseelung,<br />
stattfinden könne, weil Gott<br />
gleich ursächlich wie die Menschen
wirke und bei der Entstehung des Leibes<br />
eben die Seele dazu erschaffe.<br />
Doch war und ist diese Annahme<br />
nicht immer einhellig. So haben sich<br />
die Theologen des Mittelalters für die<br />
Sukzessivbeseelung ausgesprochen<br />
und die These vertreten, "dass sich<br />
der Entwicklungsprozess beim Menschen<br />
in einer Stufung vollziehe: zunächst<br />
die materielle biologische,<br />
dann die psychologische und erst danach<br />
die geistige 'Beseelung' – wobei<br />
man diese beim Knaben in der 4. Woche<br />
der Schwangerschaft, beim Mädchen<br />
(in der Annahme ihrer Nichtanteilnahme<br />
beim Zeugungsvorgang)<br />
erst in der achten Woche der Schwangerschaft<br />
ansetzte. Zwar hat Albertus<br />
Magnus (� 1280), der Lehrer <strong>von</strong><br />
Thomas, in seinem späteren Leben<br />
nicht mehr die Sukzessiv-, sondern<br />
die Simultanbeseelung vertreten, wobei<br />
hier das größte Problem darin besteht,<br />
woher denn bei einer nachträglichen<br />
Zwillingsbildung die zweite<br />
Seele kommt bzw. was bei einer nachträglichen<br />
Chimärenbildung mit der<br />
zweiten Seele passiert.<br />
Immerhin griffen in späterer Zeit Ethiker<br />
und Theologen auf die epigenetische<br />
Entwicklung zurück und stellten<br />
<strong>zum</strong>indest die Frage – wie dies Karl<br />
Rahner getan hat -, ob denn nicht doch<br />
in diesem Entwicklungsprozess <strong>von</strong><br />
einer fortschreitenden 'Menschwerdung'<br />
und dementsprechend auch <strong>von</strong><br />
einer fortschreitenden<br />
Schutz(würdigkeit) der menschlichen<br />
Person die Rede sein könnte." (Und<br />
Johannes Gründel fügt hinzu: "Übrigens<br />
hat die katholische Kirche nur jene<br />
Meinung zensuriert, die den Augenblick<br />
der Beseelung erst mit der<br />
Geburt oder mit dem ersten intellektuellen<br />
Akt annimmt." ((Denzinger-<br />
Hünermann) n. 2135 u. 3220 ff) (J.<br />
Gründel, Läuft die Ethik immer<br />
"hinterher"? Zur Anwendung <strong>von</strong><br />
Klon-Verfahren und gentechnischen<br />
Experimenten mit menschlichen Embryonen:<br />
Nova acta Leopoldina NF<br />
83, Nr. 318, 157-166 (2000), hier 164)<br />
Dahinter steht die plausible Überzeugung,<br />
dass das göttliche Wirken bei<br />
der Entstehung eines Menschen nicht<br />
zu begreifen ist als ein der elterlichen<br />
Zeugung gleichwertiges, lediglich<br />
punktuell auftretendes und aus-<br />
schließlich die Erschaffung der Seele<br />
betreffendes Tun; Gott wirkt ja überhaupt<br />
nicht direkt in dieses Weltgeschehen<br />
hinein, sondern lediglich indirekt<br />
durch Zweitursachen. Insofern<br />
wäre da<strong>von</strong> auszugehen, dass der<br />
Mensch den Menschen zeugt und<br />
Gott sein Ja dazu in dem Sinn spricht,<br />
als er den Werdeprozess als Ganzes<br />
durchwirkt, und so dem gezeugten<br />
Menschen die Potenz <strong>zum</strong> Selbstüberstieg<br />
(Transzendenz) einerschafft. Dadurch<br />
wird der Werdeprozess in seiner<br />
Dynamik nicht behindert, sondern<br />
erst eigentlich ermöglicht. (vgl. A.<br />
Elsässer, Lassen sich Embryonen-<br />
Experimente ethisch rechtfertigen?:<br />
H.B. Würmeling (Hg), Leben als<br />
Labormaterial? Düssseldorf 1988,<br />
72-92, hier 81.)<br />
8.4 Problem e. prozesshaften<br />
Personwerdung u. gestuften<br />
Schutzwürdigkeit<br />
Legt man diese Überlegungen zugrunde,<br />
kann daraus keineswegs der<br />
Schluss gezogen werden, mit dem<br />
menschlichen Embryo dürfe in den<br />
allerersten Phasen seines Entwicklungsprozesses<br />
wahllos und willkürlich<br />
verfahren werden. Im Gegenteil.<br />
Für den, der diese Gedanken <strong>von</strong> einem<br />
angestoßenen Werdeprozess, der<br />
über das Vorhandene hinaus höhere<br />
Qualitäten entstehen lässt, akzeptiert,<br />
ist zwar ein Eingriff nicht <strong>von</strong> vornherein<br />
und absolut ausgeschlossen;<br />
aber für ihn kann ein Eingriff in den<br />
embryonalen Werdeprozess nur aus<br />
schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt<br />
erscheinen. Schließlich handelt<br />
es sich um den Abbruch eines Entwicklungsprozesses.<br />
Und je weiter<br />
dieser Entwicklungsprozess fortgeschritten<br />
ist und je mehr individuelle<br />
Merkmale zur Ausprägung gelangt<br />
sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass hier personales Sein<br />
bzw. eine mit Geistseele begabte Person,<br />
gegeben ist. Umso gewichtiger<br />
müssten aber dann auch die Gründe<br />
für einen Eingriff in den Werdeprozess<br />
sein, um Stammzellen zu gewinnen.<br />
Ob diese Schlussfolgerung freilich<br />
nicht doch zu an sich ungewollten<br />
negativen Konsequenzen hinsichtlich<br />
eines ungeteilten Lebensschutzes<br />
führt, darf <strong>zum</strong>indest in Frage gestellt<br />
werden.<br />
13<br />
9. Schlussgedanke<br />
Angesichts der rapiden Entwicklung<br />
im bioethischen Bereich erheben<br />
nicht wenige Zeitgenossen mit Recht<br />
die Forderung, Ethik und Moraltheologie<br />
müssten mehr als bisher prospektiven<br />
Charakter tragen und notwendigerweise<br />
um der Humanität<br />
willen die Aspekte der Ehrfurcht vor<br />
dem Leben wie auch des positiven<br />
Verzichtes ins Bewusstsein rufen.<br />
Ethiker und Moraltheologen nehmen<br />
dieses Anliegen ernst. Aber dies kann<br />
sie keinesfalls da<strong>von</strong> entbinden, alle<br />
relevanten Gesichtspunkte in wissenschaftlicher<br />
Redlichkeit und Sachlichkeit<br />
zur Kenntnis zu nehmen und zu<br />
prüfen. Denn die ihr gestellte Aufgabe<br />
liegt weder in der bloß einseitigen Befürwortung<br />
<strong>von</strong> bio-genetischen Verfahren,<br />
noch aber auch in der unreflektierten<br />
und rigoristischen Ablehnung<br />
der durch sie geschaffenen positiven<br />
Möglichkeiten. Es geht<br />
vielmehr um die Erfüllung des Schöpfungsauftrags<br />
im Sinne einer Optimierung<br />
oder Meliorisierung im Denken<br />
und im Umgang mit den neuen<br />
Techniken, also um eine aus menschlich-christlicher<br />
Verantwortung zu suchende<br />
und zu findende Antwort auf<br />
die Frage, "wo denn die Grenze<br />
(liegt) zwischen der dem Menschen<br />
aufgegebenen bewussten Steuerung<br />
seiner Lebensvorgänge und den seiner<br />
Würde widersprechenden Formen der<br />
Manipulation". (Wort der deutschen<br />
Bischöfe v. 30.8.1968, Nr. 14) Eine<br />
solche Antwort aber wird nicht gefunden<br />
durch Verweigerung, sondern nur<br />
durch die Bereitschaft aller, sich miteinander<br />
einzulassen, aufeinander zu<br />
hören, alles zu prüfen und das Gute<br />
schließlich zu behalten (vgl. 1 Thess<br />
5,21).
<strong>10</strong> JAHRE VERANSTALTUNGSREIHE<br />
„MERGENTHEIMER VORTRÄGE DES DEUTSCHEN ORDENS<br />
ZU FRAGEN DER ZEIT“<br />
Das Selbstverständnis und die Behandlungsbereiche<br />
des Deutschen Ordens<br />
waren in seiner Geschichte immer<br />
ausdrücklich auf politische Verantwortung<br />
und gesellschaftliche Gestaltung<br />
des Lebens ausgerichtet.<br />
Dieser Einsatz für das Reich Christi<br />
ist aber heute nicht mehr der zeitgebundene<br />
Kampf mit dem Schwert –<br />
so wie es in unserem Kompendium<br />
unter „Erbe und Auftrag des Deutschen<br />
Ordens“ steht – sondern gemäß<br />
der gesunden Überlieferung des Ordens<br />
der Kampf in der geistigen Auseinandersetzung,<br />
der Schutz der<br />
Wehrlosen und die Seelsorge am<br />
Menschen. Neben der Verwirklichung<br />
sozialcaritativer Aufgaben sind wir<br />
Familiaren besonders auch dazu aufgerufen,<br />
zu den Problemen der Zeit<br />
Stellung zu nehmen.<br />
Vor <strong>10</strong> Jahren gründete deshalb der<br />
damalige regierende Deutschherrenmeister<br />
Dr. Dieter Salch das Diskussionsforum<br />
„Mergentheimer Vorträge<br />
des Deutschen Ordens zu Fragen der<br />
Zeit“. Es sollten führende Persönlichkeiten<br />
aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft<br />
und Kultur angesprochen und<br />
eingeladen werden. Dazu kamen dann<br />
Repräsentanten der drei Zweige des<br />
Deutschen Ordens.<br />
Die organisatorische Leitung lag in<br />
den Händen des stellvertretenden<br />
Deutschherrenmeister Ferdinand <strong>von</strong><br />
Schrottenberg.<br />
Durch die besondere<br />
Themenwahl<br />
und die hochkarätigen<br />
Referenten<br />
hatte dann diese<br />
Vortragsreihe des<br />
Deutschen 0rdens<br />
im ehemaligen<br />
Deutschordensschloß<br />
zu Bad<br />
Mergentheim bald<br />
eine hohe Akzeptanz<br />
und Bedeutung<br />
gewonnen.<br />
Referenten und Themen der ersten<br />
vier Veranstaltungen waren :<br />
1991: Dr.Harald Vocke, Herausgeber<br />
des Deutschen Allgemeinen<br />
Sonntagsblattes, Würzburg<br />
„Islam und Christentum –<br />
Dialog oder Konfrontation „<br />
1992: S.E.Kardinal Meisner, Erzbischof<br />
der Diözese Köln<br />
„Welt im Wandel – Herausforderung<br />
an die Kirche“<br />
1993: S.K.H. Erzherzog Dr. Otto <strong>von</strong><br />
Habsburg<br />
„Christliches Europa“<br />
1994: Dipl.Theol. Hans Liebl,<br />
Universität München<br />
„Sekten -<br />
Eine Herausforderung für<br />
Familie, Gesellschaft und<br />
Kirche“<br />
Auch der 1995 neu gewählte<br />
Deutschherren-Vorstand unter dem<br />
Deutschherrenmeister Univ. Prof.<br />
Dr. med. Rudolf Schütz hatte die<br />
Mergentheimer Veranstaltungsreihe<br />
als weiteren Schwerpunkt angesehen.<br />
Planung und Organisation übernahm<br />
nun der neu gewählte stellvertretende<br />
Deutschherrenmeister Prof. Dr. med<br />
Hans-Joachim Pusch aus Bad Mergentheim.<br />
Der erste Vortrag unter der<br />
neuen Leitung war dem ethischen<br />
Aspekt vom Leben und Sterben gewidmet.<br />
Eingangs wurde der neu ge-<br />
14<br />
wählte Deutschherrenmeister vorgestellt,<br />
der gleichzeitig auch Referent<br />
des Abends war.<br />
1995: Univ.Prof.Dr.med.Rudolf<br />
Schütz, Universität Lübeck<br />
„Vom Altern und Sterben –<br />
Ethische Aspekte des Lebensendes“<br />
Handeln in der Endphase des Lebens<br />
bedeutet Zuwendung und menschlichen<br />
Beistand. Es wurde kritisch<br />
Stellung genommen zu der Diskussion<br />
über eine mögliche strafrechtliche<br />
Freigabe der Tötung unheilbarer<br />
oder schwerstpflegebedürftiger Erwachsenen<br />
sowie alter Menschen, die<br />
in einigen Nachbarländern schon zu<br />
konkretem Vorgehen geführt hat. Aus<br />
christlichem Verständnis ist hier eine<br />
klare Haltung einzunehmen. Der Referent<br />
als erfahrener Mediziner betonte,<br />
dass es sich häufig auch nicht um<br />
die Erlösung eines Betroffenen handele,<br />
sondern oft mehr um Erlösung<br />
<strong>von</strong> diesem.<br />
1997: S.E.Weihbischof Dr. Jaschke,<br />
Erzdiözese Hamburg<br />
„Gott sucht den Menschen“<br />
– Das apostolische Schreiben<br />
Tertio Millennio Adveniente<br />
und die Vorbereitung auf das<br />
Jahr 2000 –
Ziel der Kirche sei es, die Menschen<br />
einzuladen, Antwort auf den Ruf Gottes<br />
zu geben und sich den Problemen der<br />
Welt zu öffnen. Dazu gehöre auch eine<br />
kritische Gewissenserforschung über<br />
die dunklen Kapitel der Kirche, denen<br />
man nicht ausweichen solle. Weiter betonte<br />
der Referent, dass Europa auf eine<br />
Evangelisierung warte und die christlichen<br />
Völker Solidarität brauchen. Der<br />
Grundansatz für die Legitimation der<br />
christlichen Kirchen ist vor allem die<br />
Weitergabe des Glaubens. Angesichts<br />
einer weit verbreiteten religiösen<br />
Gleichgültigkeit sei es für die Kirche<br />
aber schwer geworden, den Heilsdialog<br />
den Menschen klar zu machen.<br />
1998: S.E.Bischof F.V.Lobkowicz,<br />
Diözese Ostrau-Troppau<br />
„Kirche im Untergrund –<br />
Kirche im Aufbruch“<br />
Der Gastredner erzählte in Bad Mergentheim<br />
über Tschechien und die dortige<br />
Entwicklung der Kirche. Die Kirche<br />
in Tschechien durchschritt einen<br />
langen Leidensweg unter der kommunistischen<br />
Herrschaft. Die kirchlichen<br />
Strukturen wurden systematisch zerstört.<br />
Die kommunistische Propaganda<br />
stellte die Bischöfe und den Vatikan<br />
als die größten Feinde des Volkes<br />
hin. Klöster wurden überfallen und<br />
die Angehörigen häufig unter nichtigen<br />
Gründen verurteilt und ins Gefängnis<br />
geworfen. Zeit und Raum für<br />
die Arbeit der noch treuen Kirchgänger<br />
war nur in Sakristeien unter dem<br />
Deckmantel der Liturgie möglich. Es<br />
war verständlich, dass unter diesen<br />
Bedingungen das Volk langsam seinen<br />
Glauben verlor.<br />
15<br />
Die Zeit nach der Wende brachte aber<br />
leider auch erhebliche Probleme mit<br />
sich. Der Enthusiasmus der verbliebenen<br />
Christen ließ nach, ebenso eine<br />
gewisse Romantik der Untergrundkirche.<br />
Lebendig und getragen <strong>von</strong> großer<br />
Hoffnung erlebten die Zuhörer einen<br />
interessanten Vortrag <strong>von</strong> einer<br />
imposanten Bischofspersönlichkeit.
1999: Bundestagspräsident a.D.<br />
Dr. Ph. Jenninger, Stuttgart<br />
„Erfahrungen und Erlebnisse<br />
als Botschafter beim Hl.Stuhl“<br />
Alt-Bundestagspräsident Dr. Philipp<br />
Jenninger berichtete aus seiner Zeit<br />
als Botschafter im Vatikan. Die Fragen<br />
der Weltpolitik beschäftigen die<br />
Botschaften beim Vatikan jeden Tag<br />
so intensiv und faszinierend wie<br />
kaum an einem anderen Ort der Welt.<br />
Wie wichtig den Völkern eine diplomatische<br />
Vertretung beim Vatikan geworden<br />
ist, belegte Dr. Jenninger mit<br />
der Tatsache, dass deren Zahl <strong>von</strong> 13<br />
Vertretungen im Jahre 1914 auf nunmehr<br />
168 angewachsen ist. Während<br />
seiner römischen Tätigkeit ging es vor<br />
allem um die Neugestaltung der Ost-<br />
West-Beziehungen. Er schilderte den<br />
Papst als eine imposante Persönlichkeit,<br />
der trotz Krankheit und Folgen<br />
des Attentats einen täglichen 18-Stunden-Arbeitstag<br />
leistet. Der Papst be-<br />
tonte den Diplomaten gegenüber immer<br />
wieder, dass er ein Moderator<br />
sein wolle für Menschenrechte und<br />
soziale Würde in der Welt. Besonders<br />
beeindruckend waren für Dr. Jenninger<br />
auch die sichtbaren Bemühungen<br />
der Ökumene in Rom. Bei der Zusammenführung<br />
der Christen verschiedener<br />
Konfessionen habe der<br />
Papst schon viel Mutiges in Wort und<br />
Tat gezeigt und dazu gehöre jetzt der<br />
Dialog mit dem Islam und dem Judentum.<br />
2000: S. E. Erzbischof Dr. P. Cordes,<br />
Präsident des Päpstlichen Rates<br />
„Cor unum“, Rom<br />
„Christliche Verantwortung an<br />
der Zeitenwende“<br />
Der Redner analysierte zuerst die Pluralität<br />
unserer Zeit. Das Christentum<br />
in der ehemals homogenen kulturellen<br />
Zone Europas habe kein Monopol<br />
mehr. Andere Weltreligionen sind<br />
sicht- und erfahrbar geworden. Nichtchristliche<br />
Formen neuer Religiosität<br />
schaffen einen bunten Markt der<br />
Möglichkeiten. Auch der Zustand der<br />
katholischen Kirche in Europa gibt<br />
Anlass zur Sorge. So beträgt die Teilnahme<br />
an den Sonntags-Gottesdiensten<br />
in der Bundesrepublik nur noch<br />
19,2 % mit weiterhin fallender Ten-<br />
denz. Glaubensinhalte und Glaubensideale<br />
gehen langsam verloren. Die<br />
Welt hat sich Gott entfremdet und der<br />
Säkularismus schwächt wie eine Epidemie<br />
Denken und Tun der Christen.<br />
Die christliche Identität geht immer<br />
mehr verloren. Erzbischof Cordes formulierte<br />
eindringlich, wenn jemand<br />
sich nicht mehr durch Wort und Zeugnis<br />
als Katholik bekennt, dann vergißt<br />
16<br />
es bald auch seine Umgebung und am<br />
Ende vergißt er es sogar selbst.<br />
2001: Prof. Dr. A. Elsässer OFM,<br />
em.Ordinarius für Moraltheologie<br />
an der Katholischen Universität<br />
Eichstätt<br />
„Gentechnologie – Menschliche<br />
Herausforderung oder<br />
Erfüllung des Schöpfungsauftrages<br />
?“<br />
Hier seine grundlegenden Vorbemerkungen:<br />
Die Gentechnologie insgesamt muss<br />
man heute als einen Teil des menschlichen<br />
Kultur- und Schöpfungsauftrages<br />
ansehen. Diesen hat der Mensch<br />
in verantworteter Freiheit wahrzunehmen<br />
und über dessen Erfüllung stets<br />
Rechenschaft abzulegen, nicht nur<br />
vor sich selbst, seinen Mitmenschen<br />
und Mitgeschöpfen, sondern letztlich<br />
vor Gott. Deshalb darf der Mensch<br />
nicht <strong>von</strong> Wissenschaft und Technik<br />
beherrscht werden oder sich bloßen<br />
Sach- und Wirtschaftszwängen unterwerfen.<br />
Er muß das Gesetz des Handelns<br />
stets selbst in die Hand nehmen.<br />
Für die Findung seiner Handlungsurteile<br />
hat er die vorgegebenen und zur<br />
Verwirklichung aufgegebenen Werte<br />
zu berücksichtigen. Er muss stets die<br />
Folgen seines Handelns rechtfertigen<br />
können.
Liebe Confratres,<br />
sehr geehrte Damen und<br />
Herren,<br />
das erste diesjährige gemeinsame<br />
Conveniat der<br />
südwestdeutschen Komtureien<br />
„AN TAUBER,<br />
NECKAR UND BODEN-<br />
SEE“ und „AM OBER-<br />
RHEIN“, dass anläßlich der<br />
Balleiveranstaltungen „Bad<br />
Mergentheimer Vorträge<br />
des Deutschen Ordens“ am<br />
5. Mai 2001 in Bad Mergentheim<br />
stattfand, verlief<br />
für alle Teilnehmer in einem<br />
eindrucksvollen Rahmen.<br />
Das besondere Gepräge<br />
gab die Anwesenheit unseres<br />
Hochwürdigsten<br />
Herrn Hochmeisters Dr.<br />
Bruno Platter. Auffällig und<br />
gleichermaßen wohltuend<br />
war die Freude und Harmonie<br />
unter den Familiaren,<br />
ihren Angehörigen, den Damen<br />
verstorbener Familiaren,<br />
den Deutschordensschwestern<br />
des Mergentheimer<br />
Konvents sowie den<br />
Deutschherren und den geladenen<br />
Gästen.<br />
Dankbar sind wir unserem<br />
neuen Hochmeister für seine<br />
wegweisenden Worte in<br />
der Predigt während des<br />
Pontifikalamtes im spätgotischen<br />
Münster und seine<br />
Ausführungen im Kapitelsaal<br />
des Deutschordensschlosses<br />
über die Stellung<br />
der Familiaren.<br />
Der Besuch in der ehemaligen<br />
Deutschordenskirche<br />
(seit 1817 ev. Pfarrkirche),<br />
in der wir mit großer Herzlichkeit<br />
<strong>von</strong> Herrn Pfarrer<br />
Kapp begrüßt wurden, war<br />
ein weiterer Höhepunkt dieses<br />
Conveniats. Ein Gebetsgedenken<br />
für alle Verstorbenen<br />
des Ordens und eine<br />
Kranzniederlegung in der<br />
Gruft der Deutschordenskirche<br />
bildete den Abschluss<br />
dieser ökumenischen<br />
Feierstunde.<br />
In einem gemeinsamen<br />
Konvent der Komtureien<br />
im Göttersaal des Schlosses<br />
haben der H.H. Hochmeister<br />
und der Deutschherrenmeister<br />
in großer Sachlichkeit<br />
und Offenheit die teils<br />
schwierigen Fragen beantwortet.<br />
Auch in dieser „Fragen-Antwort-Stunde“<br />
war<br />
die Brüderlichkeit wohltuend<br />
zu spüren<br />
Ich glaube mit dieser Art zu<br />
„helfen und zu heilen“ –<br />
und wo es nötig wird auch<br />
zu „wehren“ – sind wir auf<br />
dem richtigen Weg in eine<br />
gute Zukunft.<br />
In confraterlicher<br />
Verbundenheit<br />
Ihr<br />
Hubertus Brünner<br />
Komtur –<br />
17<br />
Komtur:<br />
Universitäts-Professor<br />
Dr. med. Hubertus Brünner
Die Bilder sprechen für sich:<br />
Veranstaltungen voller Würde, Andacht sowie<br />
Freude und Harmonie.<br />
Eucharistiefeier<br />
im spätgotischen<br />
Münster<br />
18
Empfang im Deutschordensschloss<br />
20<br />
Grußworte und Ansprachen des<br />
HH Hochmeisters und<br />
des Deutschherrenmeisters
�<br />
Die kundige Führung durch den Deutschherrenmeister Dr.<br />
Eugen Volz (Aufsichtsratsvorsitzender der Museums-GmbH)<br />
und Frau Museumsdirektorin Meike Trentin-Meyer<br />
22<br />
In großer Sachlichkeit und Offenheit beantwortete<br />
H.H. Hochmeister und der Deutschherrenmeister<br />
die Fragen der Familiaren. �
Willkommen durch Herrn Pfarrer Kapp beim<br />
Besuch der Schlosskirche<br />
und ehemaligen Deutschordenskirche<br />
Das Nachmittagsprogramm begann<br />
mit einem Besuch der Schlosskirche<br />
als ehemalige Deutschordenskirche.<br />
Glockengeläut und Orgelspiel begleiteten<br />
die Begrüßung der Familiaren<br />
und der mitgekommenen Angehörigen,<br />
als Pfarrer Hansmartin Kapp namens<br />
der evangelischen Gemeinde<br />
die Besucher am Portal empfing. „Tu<br />
dich auf du schöne Pforte“, spielte die<br />
Kantorin Dagmar Große beim Eintritt<br />
in die Kirche zur ökumenischen Andacht.<br />
Er freute sich, den Hochmeister<br />
und die Conventteilnehmer begrüßen<br />
zu können, führte Pfarrer Kapp<br />
bei der Vorstellung der in den Jahren<br />
1730 bis 1736 vom Ordensbaumeister<br />
Franz Joseph Roth erbauten Kirche<br />
aus. Kapp stellte die Benutzungsgeschichte<br />
über die Jahrhunderte hinweg<br />
und die Überlassung durch den<br />
württembergischen König an die spätere<br />
evangelische Gemeinde vor.<br />
Ferner ging er auf die 250-Jahr-Feier<br />
der Schlosskirche und das Jubiläum<br />
„800 Jahre Deutscher Orden in Bad<br />
Mergentheim“ ein. Abschließend<br />
machte er das Angebot einer gemeinsamen<br />
Nutzung an den Orden und an<br />
die katholische Gemeinde.<br />
„Der Besuch erfüllt mich mit Freude.<br />
23<br />
ich bin zutiefst beeindruckt und dankbar<br />
für dieses Kleinod der Gottesbegegnung,“<br />
meinte der Hochmeister in seiner Erwiderung<br />
mit dem Dank an die Einladung<br />
in die Kirche.<br />
Ein Orgelstück und ein Psalmengebet<br />
samt Lesung vom geistlichen Assistenten<br />
Dekan Westenfeld geleitet,<br />
beendete die ökumenische Andacht<br />
nach einem Osterlied, dem Segen des<br />
Hochmeisters und einem Marienlied.
Besuch der Grabstätten ehemaliger<br />
Hoch- und Deutschmeister in der Schlosskirche<br />
25
Liebe Confratres,<br />
sehr geehrte Damen und<br />
Herren<br />
Die „Mergentheimer<br />
Vorträge“ haben in<br />
diesem Jahr ihr<br />
zehnjähriges Jubiläum begehen<br />
können. Dazu möchte<br />
ich meine herzlichsten<br />
Glückwünsche verbunden<br />
mit großem Dank und Anerkennung<br />
aussprechen. Sie<br />
sind zu einer Institution geworden<br />
für die Gemeinschaft<br />
der Familiaren der<br />
Ballei Deutschland des<br />
Deutschen Ordens, für unser<br />
überregionales Deutschordensmuseum<br />
und für die<br />
gesamte Region. Dank gilt<br />
in erster Linie dem Initiator,<br />
Confrater Dr. Salch. Als<br />
Deutschherrenmeister <strong>von</strong><br />
1990 bis 1995 ist es ihm<br />
durch großen Einsatz und<br />
Engagement gelungen, die<br />
„Mergentheimer Vorträge“<br />
zu einer zentralen Veranstaltung<br />
unserer Ballei auszubauen.<br />
Unser ehemaliger<br />
stellvertretender<br />
Deutschherrenmeister<br />
Confrater Prof. Dr.<br />
Pusch hat die Vortragsreihe<br />
danach durch vorbildlichen<br />
Einsatz fortgeführt und dadurch<br />
große Verdienste erworben.<br />
Unlängst hat der erweiterte<br />
Vorstand<br />
des Deutschherrenbundes<br />
die „Mergentheimer<br />
Vorträge“ als zentrale Ver-<br />
anstaltung der Ballei bestätigt.<br />
Auf Grund der Mergentheimer<br />
Erfahrungen sollen<br />
nun weitere zentrale<br />
Veranstaltungen in der<br />
Bundesrepublik durchgeführt<br />
werden. Dazu gehören<br />
ein in den Grundzügen<br />
schon festgelegtes Forum in<br />
der Kommende Frankfurt-<br />
Sachsenhausen sowie eine<br />
noch zu gründende regionale<br />
Veranstaltung im nördlichen<br />
Bereich der Bundesrepublik<br />
und der seit 1992<br />
begangene Balleitag in<br />
Würzburg <strong>zum</strong> Gedenken<br />
an den Würzburger Bischof<br />
Konrad <strong>von</strong> Querfurt (ermordet<br />
am 03.12.1202), der<br />
1198 als Kanzler des Reiches<br />
an der Umwandlung<br />
des Deutschen Ordens <strong>von</strong><br />
einem Hospitalorden in einen<br />
Ritterorden mitwirkte.<br />
Bei diesen Veranstaltungen<br />
soll unser Auftrag hinterfragt<br />
werden, denn jeder<br />
Mensch braucht verlässliche<br />
Maßstäbe, wenn gemeinsames<br />
Leben gelingen<br />
soll. Dazu gehören unter<br />
anderem Menschlichkeit,<br />
Verantwortung auch Gott<br />
gegenüber, Achtung vor<br />
dem Leben in jeglicher<br />
Form.<br />
Der erweiterte Vorstand<br />
der Familiaren-Ballei<br />
Deutschland hat auf der<br />
1. Sitzung am 7. Juli 2001<br />
einige Zielsetzungen festgelegt,<br />
die unser Handeln<br />
in der nächsten Zeit bestimmen<br />
sollen:<br />
26<br />
Dr. Eugen Volz<br />
Deutschherrenmeister<br />
1. Erwartungen an die<br />
Familiaren seitens der<br />
Ballei<br />
a) gesellschaftliches Engagement<br />
b) Einbringen der persönlichen<br />
und beruflichen<br />
Erfahrungen in unsere<br />
Arbeit<br />
c) Glaubensvertiefung<br />
und Einsatz für die Kirche<br />
2. Erwartungen an die<br />
Familiaren seitens des Ordens<br />
a) Dienst in und für und<br />
mit dem Orden<br />
b) Klarheit nach innen<br />
und Zeugnis nach außen<br />
c) Rückkehr zu den Quellen<br />
3. „Helfen und Heilen“<br />
Der Schwerpunkt unserer<br />
Hilfsbereitschaft wird in
den nächsten Jahren auf<br />
der Unterstützung der Arbeit<br />
unserer Schwestern<br />
in Troppau liegen. Über<br />
Jahrzehnte haben die Ordensangehörigen<br />
dort unter<br />
schwersten Bedingungen<br />
im Auftrage des Ordens<br />
gelebt und gearbeitet.<br />
In den Zeiten des<br />
kommunistischen Regimes<br />
sind die althergebrachten<br />
Strukturen zerstört<br />
worden, aber die Ansätze<br />
zu einem Neubeginn<br />
sind gegeben. Hier gilt es<br />
zu helfen.<br />
4. Begegnungen<br />
Immer wieder sollten Begegnungen<br />
mit Confratres<br />
der anderen päpstlich anerkannten<br />
Ritterorden gesucht<br />
und gepflegt werden.<br />
„Das Verbindende<br />
dieser mittelalterlichen<br />
Gemeinschaften war und<br />
ist der leidenschaftliche<br />
Einsatz für Gott und sein<br />
Reich. Das Reich Gottes<br />
muss sich zunächst im eigenen<br />
Leben und Wirken<br />
widerspiegeln und die Sache<br />
Gottes ist immer auch<br />
Einsatz für die Sache des<br />
Menschen“, wie Kardinal<br />
Kasper in einem Vortrag<br />
<strong>zum</strong> Ordenstag der Ritterorden<br />
formulierte.<br />
Ein Anliegen <strong>von</strong> uns<br />
muss auch die Ökumene<br />
sein. Das Gespräch mit<br />
Christen aus anderen Kirchen<br />
(erst recht mit Angehörigen<br />
anderer Religionen)<br />
setzt natürlich vor-<br />
aus, dass man imstande<br />
ist, Rechenschaft über den<br />
eigenen Glauben zu geben.<br />
5. Investitur<br />
Die Feier der Familiarenaufnahme<br />
muss mehr<br />
denn je eine zentrale Veranstaltung<br />
unserer Gemeinschaft<br />
sein. Ein neues<br />
Mitglied muss etwas spüren<br />
<strong>von</strong> der Freude der<br />
großen Familiarengemeinschaft<br />
aus allen Landesteilen<br />
über sein jetzt Dazugehören.<br />
Die Investiturfeier gibt<br />
aber auch wieder der gesamten<br />
Gemeinschaft Gelegenheit,<br />
einen Gedankenaustauschvorzunehmen,<br />
die Freundschaft zu<br />
pflegen und Ideen zu vertiefen.<br />
Wenn an dieser<br />
Stelle einige Ziele<br />
genannt und<br />
der Blick nach vorne gerichtet<br />
werden soll, dann ist<br />
es auch gut, wenn noch einmal<br />
das <strong>von</strong> uns am Altar<br />
abgegebene Versprechen<br />
wiederholt wird, denn es<br />
sagt letztlich mehr aus als<br />
manche spitzfindige Formulierung.<br />
Wir haben gesagt:<br />
„Ich verspreche<br />
dem Hochmeister<br />
der Brüder vom Deutschen<br />
Haus St. Mariens in Jerusalem,<br />
als Familiare den<br />
Deutschen Orden durch<br />
mein Gebet, durch meinen<br />
27<br />
persönlichen Einsatz und<br />
tatkräftige Hilfe zu unterstützen<br />
und verpflichte<br />
mich zur Einhaltung der im<br />
Familiarenstatut festgelegten<br />
Ordnung“.<br />
Wir Familiaren, als<br />
ein Zweig des<br />
Deutschen Ordens,<br />
haben in der Vergangenheit<br />
hervorragende Arbeit<br />
geleistet. Ein Gleiches<br />
gilt auch für die Gegenwart<br />
und erst recht für die Zukunft.<br />
Dafür gilt allen Confratres<br />
Dank und<br />
Anerkennung, verbunden<br />
mit der Bitte weiterer<br />
Mitarbeit.<br />
Mit confraterlichem Gruß<br />
Ihr<br />
Dr. Eugen Volz<br />
Deutschherrenmeister
Conveniat 2001 in Bad Mergentheim<br />
Ort der Begegnung,<br />
der Gespräche, der Freundschaft<br />
28
Mit Gottes Segen ein<br />
baldiges Wiedersehen in Bad Mergentheim<br />
30
Verantwortlich für den Inhalt: Komtur Univ. Prof. Dr. med. Hans-Joachim Pusch<br />
Textbearbeitung, Gestaltung, Produktion: Rudolf <strong>Walz</strong> Fam. OT<br />
Fotos: Luftbild Bytomski, Würzburg; Foto Neuber, Mgh; Cfr. Remmlinger, Heilbronn; Ludwig Hammer, Bad Mergentheim;<br />
Landesbildstelle Baden, Karlsruhe (Steffen Hauswirth); Kunstschätze Verlag, Gerchsheim; Ingrid Pusch; Cfr. Rudolf <strong>Walz</strong> und<br />
Hildegard <strong>Walz</strong> uva.<br />
Wir danken allen, die <strong>zum</strong> Gelingen beigetragen haben u.a. dem DO-Hilfswerk Baden-Württemberg<br />
32<br />
Georg Stephan Dörffer<br />
(Würzburg 1771-1824)<br />
Muttergottes im Strahlenkranz.<br />
1798 stiftete Hochmeister Max Franz sie<br />
der Mergentheimer Kirchengemeinde<br />
St. Johannes als Prozessionsfigur.<br />
Sie wird bis heute alljährlich mitgeführt.