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Kapitel 2

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2 Übersicht zu Stromrichtern<br />

2.1 Ideale Ventile<br />

In der Leistungselektronik eingesetzte Ventile haben grundsätzlich zwei Aufgaben.<br />

Erstens schalten sie den Strom ein und aus und zweitens wirken sie wie ein<br />

Ventil, d.h., sie lassen den Strom nur in einer Richtung durch. Ergänzend kommt<br />

noch die Steuermöglichkeit hinzu. Hier gibt es wiederum zwei unterschiedliche<br />

Wirkungsweisen. Erstens kann der Einschaltpunkt durch einen Steuerimpuls zeitlich<br />

gesteuert werden. Liegt ein Steuersignal an der Steuerelektrode (z.B. Gate)<br />

und positive Spannung zwischen Anode und Kathode, schaltet das Ventil ein. Der<br />

Übergangswiderstand wird fast Null. Das Ausschalten erfolgt automatisch bei einer<br />

Spannungsdifferenz zwischen Anode und Kathode kleiner Null. Der Übergangswiderstand<br />

wird sehr groß. Zweitens wird sowohl das Einschalten als auch<br />

das Ausschalten durch einen Impuls am Gate eingeleitet.<br />

Da in den Simulationsbeispielen die Eigenschaften von Netzwerken untersucht<br />

werden, können bei dieser Simulationstiefe Ventile mit idealem Schaltverhalten<br />

angenommen werden. Sie haben dann keine Innenwiderstände und sind somit in<br />

ihrem Schaltverhalten verlustfrei.<br />

Bei Verlustbetrachtungen müssen die Innenwiderstände der Schaltelemente berücksichtigt<br />

werden. Je nach Fragestellung führen entweder einfachere oder aufwendigere<br />

Simulationen zum Ziel. Der Ingenieur muss den technisch und wirtschaftlich<br />

sinnvollsten Ansatz finden.<br />

2.2 Mechanische Schalter<br />

Diese Schalter sind hier nur zum Vergleich mit den Halbleiterventilen aufgeführt.<br />

Sie können als veränderliche ohmsche Widerstände mit zwei Zuständen aufgefasst<br />

werden. Entweder sind ihre Widerstände bei offenem Schalter sehr groß oder sie<br />

sind bei geschlossenem Schalter fast Null. Geöffnet isolieren sie sowohl posit ive<br />

als auch negative Sperrspannungen. Geschlossen leiten sie den Strom unabhängig<br />

von seiner Richtung. Sie sperren oder leiten im Gegensatz zu den Halbleiterventilen<br />

je nach Schaltzustand in beiden Spannungsrichtungen. Sie haben also keine<br />

Ventilwirkung. Die Fläche der Strom-Spannungs-Kennlinie in Bild 2.1 ist ein Maß<br />

für die Schaltleistung. Sie wird aus dem Produkt des maximalen Durchlassstromes<br />

und der maximalen Sperrspannung bestimmt. Oft müssen maximale Leistungsgrenzen<br />

vorgesehen werden, so dass sich an den Ecken der Grenzkennlinien hyperbolische<br />

Einschnitte ergeben. Mechanische Schalter trennen im geöffneten Zu-


2.3 Halbleiterschalter 37<br />

stand die metallische Verbindung. Das ermöglicht eine sichere Arbeit im abgeschalteten<br />

Zustand. Die Schalter haben je nach Größe der bewegten Massen eine<br />

gewisse Trägheit. Sie können deswegen nicht mit hohen Schaltfrequenzen arbeiten.<br />

Außerdem sind die mechanischen Teile verschleißanfällig.<br />

2.3 Halbleiterschalter<br />

Bild 2.1: Mechanischer Schalter<br />

Es gibt ungesteuerte und gesteuerte Halbleiterschalter. Letztere können durch<br />

Zündimpulse über ihr Gate eingeschaltet werden, wenn gleichzeitig die Spannung<br />

über der Anode zur Kathode positiv ist. Sie arbeiten in der Regel richtungs abhängig.<br />

Man nennt sie deswegen auch Ventile . Nichtabschaltbare Ventile werden<br />

durch einen Stromnulldurchgang ausgeschaltet, der durch den äußeren Schaltkreis<br />

erzwungen wird.<br />

Ferner muss sichergestellt werden, dass der Spannungsabfall am Ventil für einige<br />

Zeit negativ wird, bis Restladungsträger abgeflossen sind. Die dazu benötigte Zeitspanne,<br />

die Freiwerdezeit tq, muss überschritten werden. Aus Sicherheitsgründen<br />

wird eine Schonzeit tc größer als tq vorgesehen, bevor die Spannung am Ventil über<br />

Anode und Kathode wieder pos itiv werden darf. Die Schonzeit tc wird durch<br />

den Schaltungsaufbau vorgegeben, während die Freiwerdezeit bauteilabhängig ist.<br />

Sie folgt aus den Unterlagen des Herstellers. Abschaltbare Ventile dagegen benötigen<br />

zusätzlich einen zweiten Steuerimpuls und damit eine zweite Steuerelektrode<br />

zum Ausschalten.<br />

2.3.1 Nicht abschaltbare Ventile<br />

I<br />

Dioden sind nicht steuerbare, nicht abschaltbare Halbleiterschalter. Während die<br />

Ein- und Ausschaltzeitpunkte mechanischer Schalter willkürlich von außen vor gegeben<br />

werden, schalten Dioden spannungsabhängig. Sie schalten ein, wenn die<br />

U


38<br />

2 Übersicht zu Stromrichtern<br />

Spannung in Richtung von Anode A nach Kathode K positiv wird und schalten bei<br />

entgegengesetzter Spannung aus. Sie lassen Strom nur in einer Richtung durch; sie<br />

arbeiten richtungsabhängig. Sie trennen die Leitungen beim Abschalten nicht galvanisch.<br />

A K<br />

Bild 2.2: Ideale Diodenkennlinie<br />

Thyristoren sind steuerbare Halbleiterschalter. Sie werden durch Steuerimpulse<br />

über ihr Gate G eingeschaltet. Das funktioniert nur, wenn die Spannung in Richtung<br />

von der Anode zur Kathode positiv ist. Das Ausschalten erfolgt beim Nulldurchgang<br />

des Laststroms. Das schränkt ihre Anwendungen ein. Im abgeschalteten<br />

Zustand können sie sowohl positive Sperrspannungen UT als auch negative Sperrspanungen<br />

UR aufnehmen, wenn der Halbleiter ladungsfrei ist. Um das zu erreichen,<br />

muss für eine ge wisse Schonzeit tq> tc über dem Ventil eine ne gative Sperrspannung<br />

anliegen, damit die Restladungen als Rückstrom abgeleitet werden können.<br />

Die Einhaltung der Freiwerdezeit tc muss durch den Schaltungs aufbau gewährleistet<br />

sein.<br />

A<br />

Bild 2.3: Ideale Thyristorkennlinie<br />

K<br />

G


2.3 Halbleiterschalter 39<br />

2.3.2 Abschaltbare Ventile<br />

Zu den abschaltbaren Ventilen gehören Halbleiterventile mit unterschiedlichen<br />

Eigenschaften hinsichtlich Schaltleistung, Durchlassstrom, Sperrspannung und<br />

Schaltfrequenz.<br />

Zu ihnen zählen:<br />

• GTO (Gate Turn Off Thyristor)<br />

Bild 2.4: Ideale abschaltbare Ventile<br />

• IGBT (Insulated Gate Bipolar Transistor)<br />

• BJT (Bipolar Junction Transistor)<br />

• MOSFET (Metall Oxide Semiconductor Field Effect Transistor)<br />

Da wegen der Idealisierung des Schaltverhaltens die Innenwiderstände vernachlässigt<br />

werden, schalten die Ventile ohne Schalt- und Durchlassverluste. Da sie keine<br />

bewegten Massen besitzen, ist die Schaltzeit minimal. Sie werden hauptsächlich<br />

beim Schalten von Gleichstromkreisen verwendet, da hier der für den Abschaltvorgang<br />

der Thyristoren notwendige Stromnulldurchgang meist nicht eintritt. Bei<br />

sehr großen Leistungen werden in diesem Bereich noch Thyristoren mit be sonderen<br />

Lösch-Schaltungen zum Erzwingen des Stromnulldurchgangs eingesetzt.<br />

Schaltbedingungen gesteuerter Ventile:<br />

Einschaltbedingung<br />

1. Es muss eine positive Sperrspannung vorhanden sein.<br />

2. Es muss ein positiver Zündimpuls am Gate liegen.<br />

Ausschaltbedingung<br />

1. Stromnulldurchgang bei nicht abschaltbaren Ventilen<br />

2. Zündimpuls bei abschaltbaren Ventilen<br />

A<br />

K<br />

E i n<br />

A u s


40<br />

2.4 Reale Ventile<br />

2 Übersicht zu Stromrichtern<br />

Die Strom-Spannungs-Kennlinie des Thyristors in Bild 2.5 zeigt das reale Schaltverhalten<br />

eines Ventils.<br />

Im leitenden Zustand ist die Durchlasskennlinie geneigt. Der Innenwiderstand des<br />

Halbleiters bestimmt diese Neigung und damit die Durchlassverluste. Am Ventil<br />

fällt die Durchlassspannung UT ab.<br />

Im Sperrzustand fließen in beiden Richtungen negative Sperrströme. Dies sind IR<br />

bei negativer Sperrspannung UR und IT bei positiver Sperrspannung UT.<br />

2.4.1 Leistungsvergleich<br />

Bild 2.5: Realer Thyristor<br />

Ideale Schalter sind definitionsgemäß verlustlos, während im realen Betrieb die<br />

Schaltelemente ihre Schalt- und Durchlassverluste (Bild 2.6) durch entsprechende<br />

Kühlung an die Umgebung abführen müssen. Schaltverluste sind proportional zur<br />

Schaltfrequenz und besitzen hohe Scheitelwerte. Deswegen müssen zwischen den<br />

Schalthandlungen Erholungszeiten für ausreichende Kühlung liegen. Dadurch<br />

wird die maximale Schaltfrequenz begrenzt. Zunehmend gibt es wegen der hohen<br />

Schaltfrequenzen Probleme bezüglich der elektromagnetischen Verträglichkeit<br />

(EMV).


2.5 Stromrichterfunktionen 41<br />

u<br />

i<br />

p<br />

Schaltsignale<br />

Tabelle 2.1: Abschaltbare Ventile<br />

t<br />

Bild 2.6: Verlustlose und verlustbehaftete Ventile<br />

Ventile Grenzen Schaltverzögerung<br />

MOSFET UDS = 1000 V bei<br />

iD = 15 A UDS = 50 V<br />

bei iD = 250 A<br />

IGBT UCE = 1600 V<br />

iC = 1200 A<br />

GTO UAK = 4500 V<br />

iA = 3000 A<br />

i<br />

pV = 0<br />

2.5 Stromrichterfunktionen<br />

uV<br />

t<br />

t<br />

Minimale<br />

Pulsweite<br />

pV<br />

Schaltverluste<br />

Einsatzbereich<br />

0,05..0,5 µs 0,5...2 µs hohe Schaltfrequenzen bis<br />

1 MHz, Schaltleistung bis<br />

10 kVA<br />

0,4...1,2 µs 2..5 µs mittlere Schaltleistung,<br />

mittlere Fre quenzen<br />

10..40 µs 50...200 µs hohe Schaltleistung, niedrige<br />

Fre quenzen, hoher<br />

Beschaltungsaufwand<br />

Leistungselektronische Systeme bestehen aus einer elektrischen Quelle und einer<br />

Last. Ein leistungselektronischer Kreis enthält Schalter, Speicher und Steuerkreise.<br />

Elektrische Energie wird zwischen Erzeuger und Verbraucher ausgetauscht (Bild<br />

2.7). Sie können zeitabhängig ihre Rollen vertauschen. Ein Motor kann z.B.<br />

Bremsenergie ins Netz zurückspeisen und wird dann zum Erzeuger, also zum Generator.<br />

Trägermedium der Energie sind Wechselspannung und Wechselstrom. Es<br />

gehört zur Aufgabe der Stromrichter, den Energieträger sowohl in der Amplitude<br />

als auch in der Frequenz variabel passend für die jeweilige Anforderung bereit zustellen.<br />

Die Frequenz der Gleichspannung mit f = 0 Hz ist in diesem Zusammenhang<br />

nur ein Sonderfall. Der Gleichrichter ist also ein spezieller Stromrichter mit<br />

der Ausgangsfrequenz f = 0 Hz.<br />

u<br />

i<br />

Schaltsignale<br />

i<br />

Durchlassverluste<br />

uV<br />

t<br />

t<br />

t


42<br />

2 Übersicht zu Stromrichtern<br />

Zu den wichtigsten Anwendungsbereichen der Stromrichter gehören:<br />

• Speisung drehzahlvariabler Gleichstromantriebe<br />

• Speisung drehzahlvariabler Drehstromantriebe mit Synchron- oder Asynchronmaschinen<br />

• Versorgung von Inselnetzen (Bordnetze)<br />

• Bereitstellung einer unterbrechungsfreien Stromversorgung durch USV-Anlagen<br />

• Energieübertragung<br />

• Hochspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ); Vermeidung von Wechselspannungs-Übertragungsverlusten<br />

bei großen Entfernungen<br />

• Netzkurzkupplung (zwischen Netzen unterschiedlicher Stabilität und Frequenz)<br />

• Versorgung von allgemeinen Wechselstromlasten (Lautsprecher durch geschaltete<br />

Leistungsverstärker oder Lichtbogenstrecken von Schweißanlagen)<br />

• Einspeisung regenerativer Energie (Fotovoltaik; Windgeneratoren)<br />

• kurzzeitige Energiespeicherung (Akkumukatoren)<br />

• Blindleistungskompensation (dynamische Kompensationsanlagen)<br />

2.5.1 Gleichrichter<br />

Bild 2.7: Stromrichterfunktionen<br />

Sie arbeiten am Wechselspannungsnetz (einphasig) oder am Drehstromnetz (dreiphasig).<br />

Ungesteuerte Ventile, wie Dioden, formen den Effektivwert der Wechselspannung<br />

US in einen konstanten Gleichspannungsmittelwert Ud um. Die Eingangsfrequenz<br />

f1 = fNetz wird in die Ausgangsfrequenz f2 = 0 umgeformt. Gesteuerte<br />

Ventile, wie Thyristoren, erzeugen zusätzlich am Ausgang eine gesteuerte<br />

Gleichspannung Udα, deren Betrag stets kleiner als die ungesteuerte Gleichspannung<br />

Ud ist. Bei ungesteuerten Gleichrichtern ist Ud = Udα (α = 0°). Man spricht<br />

dann von Vollsteuerung.


2.5 Stromrichterfunktionen 43<br />

2.5.2 Wechselrichter<br />

Sie formen die Energie eines Gleichstromnetzes der Frequenz f1 = 0 und der Spannung<br />

Ud in die Spannung US mit der Frequenz f2 = fNetz um, wenn es sich um einen<br />

netzgeführten Wechselrichter handelt. Ein selbstgeführter Wechselrichter kann im<br />

Unterschied zum netzgeführten Wechselrichter jede beliebige Ausgangsfrequenz f2<br />

abgeben. Bei der Netzführung synchronisieren sich die Zündimpulse mit dem Takt<br />

der Netzfrequenz. Bei der Selbstführung gibt eine einstellbaren Taktfrequenzquelle<br />

(Quarz) die Zündimpulse vor.<br />

2.5.3 Gleichstromumrichter (Gleichstromsteller)<br />

Sie formen eine konstante Gleichspannung Ud1 in eine veränderbare Gleic hspannung<br />

Ud2 ≤ Ud1 um.<br />

2.5.4 Wechselstromsteller<br />

Sie formen eine Wechselspannung U1 der Frequenz f1 in eine Wechselspannung<br />

U2 < U1 mit f2 = f1 um. Sie werden in einphasiger Ausführung als Wechselstromsteller<br />

und in dreiphasiger Ausführung als Drehstromsteller bezeichnet.<br />

2.5.5 Frequenzumrichter<br />

Sie formen als Direktumrichter eine Wechselspannung U1 der Frequenz f1 in eine<br />

Wechselspannung U2 der Frequenz f2 um, mit der Bedingung, dass f2

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